Misterfritz hat geschrieben:(20 Jan 2017, 19:45)
Frauen müssen auch Verantwortung tragen wollen, und nicht nur auf der mittleren Karriereebene, sondern auch ganz oben. Diese Verantwortung bedeutet aber auch eine Menge Stress, das scheuen Frauen oft. Hinzu kommt, dass Frauen sowieso nicht so risikobereit sind wie Männern - und ich nehme mal an, dass sich das nicht einfach mit Erziehung und Gesellschaft ändern lässt.
Wir werden sehen, wohin uns eine frauenfördernde Politik noch führen wird. Mir ist es seit je her zu sehr ein Totschlagargument, zu sagen dass Frauen halt "von Natur aus anders" seien und es daher nie zu gleicher beruflicher Teilhabe kommen werde.
Vor 50 Jahren, als Frauen selten überhaupt arbeiteten und sich meist nur um den Haushalt kümmerten, hat es sicherlich bereits das gleiche Totschlagargument gegeben, mit dem dann begründet wurde dass Frauen halt von Natur aus kein Interesse hätten im Beruf zu arbeiten. Aber wir haben ja nun in den letzten Jahrzehnten tatsächlich gesehen, dass sich die Teilhabe von Männern und Frauen im Beruf angleicht, was zeigt, dass frauenfördernde Politik was bringt.
Und heutzutage wird dann das Totschlagargument gebracht, Frauen seien halt "von Natur aus" nicht an Führungsaufgaben interessiert. Das ist mir zu einfach gedacht. Im Übrigen sehen wir auch in Führungsetagen bereits jetzt einen stetig steigenden Frauenanteil, was deiner Argumentation widerspricht.
Meine beiden Omas haben nie beruflich gearbeitet, was viel daran lag, dass sie in einer Welt aufwuchsen, in der es selbstverständlich war, in der es die soziale Norm war, dass Frauen nicht arbeiteten. Diese soziale Einstellung färbte dann auch auf sie ab.
Heute wachsen Frauen in einer Welt auf, in der es selbstverständlich ist, dass Männer die Führungsrollen im Berufsleben übernehmen. Hier mangelt es Frauen derzeit auch noch an Vorbildern.
Ich glaube, ein wichtiger Punkt um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen ist schlicht auch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In der Vergangenheit hieß es in Deutschland für Frauen zu oft "Kinder ODER Karriere". Hier muss die Politik bessere Rahmenbefingungen setzen, denn wenn eine Frau nach dem Kinderkriegen erstmal jahrelang aus dem Berufsleben raus ist und anschließend auch nur halbtags arbeiten kann, dann ist doch klar, dass dies ein Karriekiller ist, sodass diese Frauen beruflich gar nicht vorankommen können. Hier ist es wichtig, Anreize zu setzen damit Frauen nach der Geburt schnell wieder ins Berufsleben einsteigen (gut war diesbezüglich die Einführung des Elterngelds) und ein entsprechendes Betreuungsangebot in Kitas und Ganztagsschulen zu schaffen, sodass Frauen die Möglichkeit haben ganztags zu arbeiten.
Auch ansonsten ist ein weiterer Kulturwandel bei den Geschlechterrollen notwendig. Ich habe neulich folgende Statistik zur Hausarbeit gesehen:
http://www.zeit.de/karriere/2014-03/hau ... -vergleich
Hier ist abzulesen, dass Frauen in Deutschland auch heutzutage noch fast doppelt so viel Zeit mit Hausarbeit verbringen wie Männer (fast 1,5 Stunden mehr pro Tag). Es ist doch klar, dass dies zu größerer Erschöpfung führt bzw. dazu, dass Frauen dann nicht im gleichen Maß wie Männer dann noch Lust haben bzw. die Energie haben, im Berufsleben durchzustarten.
In Schweden hingegen haben die Geschlechterrollen bereits so weit angenähert, dass Frauen nur 15 min mehr pro Tag im Haushalt arbeiten als Männer. Das eröffnet ihnen dann natürlich auch mehr Perspektiven und mehr Zeit fürs Berufsleben.
Dass Frauen derzeit in beruflichen Führungspositionen noch deutlich unterrepräsentiert sind als Männer, hat also vielfältige Gründe. Da einfach mal salopp zu sagen "Frauen sind halt von Natur aus anders als Männer", halte ich für genauso zu kurz gedacht, wie dieses Argument vor 50 Jahren zu kurz gedacht war um zu erklären, warum Frauen überhaupt nicht am Arbeitsleben teilnehmen.
Ich bin überzeugt, dass die Unterrepräsentation von Frauen in Führungsrollen größtenteils kulturelle Ursachen (fehlende Vorbilder, sozialer Druck, Männercliquen) und praktische Ursachen hat (mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie).
Dementsprechend muss die Politik Rahmenbedingungen für einen sich weiter fortsetzenden Kulturwandel setzen, damit zukünftig das Potential von den Frauen unserer Gesellschaft noch besser genutzt werden kann, gerade beruflich.
Diesbezüglich fand ich auch eine Studie interessant, dass sich die Kreativität einer Führungsebene deutlich erhöht, je ausgeglichener sie mit beiden Geschlechtern besetzt ist.