Julian hat geschrieben:(27 Nov 2016, 09:56)
Die Frage ist doch (und es ist eine berechtigte Frage), wie verfassungskonform ist die AfD und ihre Repräsentanten? Dass sie eine andere Politik wollen, ist klar, aber das gehört nun einmal zum Wechselspiel der Demokratie. Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass die AfD insgesamt gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einträte, dass sie sich also zum Beispiel gegen freie Wahlen oder Meinungsfreiheit ausspräche.
Wir können es ja empirisch beobachten, was in den Ländern geschieht, in denen autoritäre Rechtspopulisten tatsächlich an die Macht kommen. Dort werden dann Medien und Justiz "gesäubert". Oder nehmen wir die historische Erfahrung der Weimarer Republik - da gab es unterschiedliche, republiknahe Parteien, Sozialdemokraten, Konservative und Liberale, aber auch radikale Republikgegner, Monarchisten, Kommunisten und Nazis.
Dein Eindruck mag so sein, wie er ist, andere haben den Eindruck, mit der AfD habe ein Monstrum die Bühne betreten. Aus meiner Sicht stellt die AfD eine Gefahr für die nationale Sicherheit und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft dar. Aber wie auch immer, die Verfassungsväter haben ja eigens unter dem Eindruck des Scheiterns der ersten Republik das Konzept der wehrhaften Demokratie im Auge gehabt. Es wird sich zeigen, ob die Schilde dieser Wehrhaftigkeit ausfahren und diese Republik zu schützen vermögen.
Oder verstehst du unter "gegen die vom Volk gewählten Repräsentanten intrigieren" dass man Kritik an der Regierung und anderen Parteien äußert und das Ziel ausgibt, sie bei Wahlen von der Macht zu vertreiben? Das ist doch aber das Grundprinzip der Demokratie: der gewaltlose Machtwechsel.
Im allgemeinen werden Wahlkämpfe als Streit unter Demokraten und im Ton von Demokraten zeitlich begrenzt geführt. Die Freiheit der Presse und der Pluralismus wird dabei nicht in Frage gestellt, Aufhetzung und Spaltung des Volkes gar nicht angestrebt. Die unterlegene Opposition arbeitet oftmals konstruktiv und respektiert einfach die periodischen Mehrheitsverhältnisse samt ihrer Repräsentanten.
Man hat immer Alternativvorschläge, ich auch, aber man stellt sich nicht unbedingt mit einem Galgen vors Kanzleramt. Das ist einfach nicht der Tonus und der Stil unter Demokraten. Auswärtige, gegnerische Geheimdienste unterstützen aber ohnehin nicht unsere Demokratie, das darf man nicht erwarten.
Dass es in der AfD einige Spinner gibt, einzelne rassistische, rechtsextreme oder antisemitische Äußerungen, das bestreite ich nicht. Für mich ist die Sachlage hier aber ganz einfach: Entweder die AfD schafft es, sich von diesen Elementen zu trennen und sich insgesamt als nationalkonservative, nicht jedoch als rechtsradikale Partei aufzustellen, oder sie wird in diesem Land keinen durchschlagenden Erfolg haben.
Es gibt sicher auch arglose Wähler, aber den AfD-Führern traue ich keinen Meter weit. Die republiknahen Parteien sollten sich konsolidieren und dynamische Inhalte entwerfen, aber sich auch bewußt und konsensual als Banner-Parteien aufstellen, nach dem Vorbild der Weimarer Koalition. Den Populismus zu kopieren - CSU - halte ich für den völlig falschen Weg.
Wir können jedoch zuversichtlich sein. Gute 80 % wählen eben nicht links- oder rechtspopulistisch. Dieses klare Votum muss man nur zu sehen gewillt sein.