Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

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Rautenberger
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Rautenberger »

imp hat geschrieben:(16 Aug 2020, 16:38)

Na, wenn die Tagesschau jetzt schon die antirussische Propaganda von Lukaschenko nachplappert, ist ihr nicht mehr zu helfen.
Es berichten mehrere Medien darüber und auch die offizielle Seite des Kreml. Von wegen "nachplappern"...
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imp
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

DarkLightbringer hat geschrieben:(16 Aug 2020, 17:25)

Der Operetten-Diktator wird wohl eher als letztes Stalin-Bärtchen interpretiert, was zumindest die sehr verhaltenen Statements der Linkspartei erklären würden.
Andrej Hunko sprach sich schon mal gegen Sanktionen aus und 2015 wollte er ja auch den Anschluss der Krim legitimieren lassen und bereiste nach Art der AfD (doch wieder anderes Bärtchen?) besetzte Gebiete.
Linkspartei. Die fragt in der Sache sowieso keiner. Wer ist Andrej Hunko? Ist das der Oppositionelle, der gesagt hat, die Verantwortlichen müssen im Land bestraft werden? Irgendwelche AFD-Clowns werden auch nicht gefragt. Gefragt sind jetzt die Bürger auf der Straße und später mal hoffentlich in den Gremien.
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Audi
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Audi »

Rautenberger hat geschrieben:(16 Aug 2020, 17:27)

Es berichten mehrere Medien darüber und auch die offizielle Seite des Kreml. Von wegen "nachplappern"...
Es ging wenn Belarus von außen angegriffen wird. Nirgends steht, dass Russland sich bei Protesten sich Einmischt.

The rallies were taking place after Russia agreed to offer security assistance in the case of external military threats to Belarus

https://www.bbc.com/news/world-europe-53795871

Usw.

Moskau äußert sich deutlich reservierter
Der Kreml teilt den Furor bislang nicht. Putins Telefonat mit Lukaschenka, das, wie mitgeteilt wird, auf belarussische Initiative erfolgt sei, stellte Moskau deutlich karger dar. Beide Seiten hätten ihre Überzeugung darüber ausgedrückt, dass alle entstandenen Probleme bald gelöst würden, heißt es darin.

Der Versuch dürfte in Moskau hinter den Kulissen neben Unmut auch Hohn und Spott hervorrufen: Man mag dort Schwächlinge und Verlierer nicht, selbst wenn man bisweilen gezwungen ist, sie zu retten wie den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der 2014 aus der Ukraine geschafft wurde und nun in Russland lebt (womöglich in Sotschi am Schwarzen Meer). Dabei ist die Lage auch für Putin misslich. Zu Beginn der Proteste nahmen viele Moskauer Beobachter noch an, dass er gestärkt aus der Schlappe seines widerborstigen Minsker Partners hervorgehen werde und von diesem dann größeres Entgegenkommen erwarten könnte, etwa endlich die Anerkennung der Krim-Annexion oder einen russischen Luftwaffenstützpunkt in Belarus. Doch dafür müsste sich Lukaschenka an der Macht halten, und zwar, mindestens weitgehend, aus eigener Kraft. Jetzt will Lukaschenka die russische Karte spielen und versucht immer verzweifelter, Parallelen zum „Majdan“ in der Ukraine zu ziehen.

Doch auch im Kreml dürfte man sehen, dass, anders als in der Ukraine, ein Bruch mit Russland keinerlei Rolle in den Protesten in Belarus spielt. Man hört keine Parolen gegen Putin oder Russland, keine Forderungen, sowjetische Denkmäler zu schleifen (stets ein Alarmsignal für Moskau), keine Appelle für einen Beitritt zur EU. Westliche Botschafter erhielten Applaus, als sie Ende der Woche Blumen für einen (ausweislich jetzt aufgetauchter Videoaufzeichnungen von Sicherheitskräften erschossenen) getöteten Demonstranten niederlegten. Aber es reisten, anders als seinerzeit nach Kiew, keine westlichen Politiker nach Minsk, um die Demonstranten zu unterstützen. Zwei Abgeordnete des Europäischen Parlaments versuchten es, wurden aber am vergangenen Freitag an der belarussischen Grenze abgewiesen – was für Lukaschenka, der doch eine westliche Unterwanderung der Protestbewegung darstellen will, eine verschenkte Chance war.

Weder Tichanowskaja, die bei ihren Auftritten Russisch spricht, noch ihre Mitstreiterinnen fordern einen Beitritt von Belarus zur EU oder ein Ende der Beziehungen mit Russland. Nicht nur, weil die Opposition ein Minimalprogramm zusammenhält, in dem es um faire Wahlen, die Freilassung politischer Gefangener und ein Ende der Staatsgewalt geht: Belarus ist mehr mit Russland verbunden als irgendein anderes Land, menschlich, kulturell, sprachlich, wirtschaftlich, finanziell. Eine klare Mehrheit will den Status quo in den Beziehungen zu Russland, eine Intervention Russlands oder gar eine Annexion wäre in beiden Ländern unpopulär.

So vermuten viele, dass Putin jetzt Lukaschenka auflaufen lässt. Schon in der „samtenen Revolution“ in Armenien 2018, deren Lenker glaubhaft versicherten, nur innere Angelegenheiten zu regeln, hatte er den Dingen ihren Lauf gelassen. Und 2010 nahm Moskau, wo Putin damals als Ministerpräsident fungierte, einen Umsturz in Kirgistan hin, der die eigene Rolle nicht infrage stellte; der damals gestürzte Präsident lebt übrigens in Minsk.

„Moskau orientiert sich immer zur siegenden Seite“, schrieb nun Artjom Schrajbman, Fachmann für russisch-belarussische Beziehungen. Zumal die Seite, die gerade siege, „auch nicht feindseliger ist“ als das herrschende Regime, „das russische Bürger als Geisel nimmt“, fügte Schrajbman mit Blick auf die Söldner hinzu.

https://www.google.com/amp/s/m.faz.net/ ... 3.amp.html

Das ist Game over für lukashenka
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DevilsNeverCry
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DevilsNeverCry »

DarkLightbringer hat geschrieben:(16 Aug 2020, 16:38)

Es heißt, beide Staatssender hätten die Ansprache Lukaschenkos NICHT übertragen.

Wenn sich das bestätigen sollte, dann dürfte der Machtverfall ziemlich offenkundig sein.
Welche sollen das sein?
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von NicMan »

Ich würde mich nun darauf festlegen, dass Lukaschenko am Ende ist. Die Demonstrationen gegen ihn sind überwältigend ( und der eigene Machtapparat lässt ihn nach und nach fallen. Es scheint undenkbar, dass nun irgendjemand bereit sein sollte für diesen Wahlfälscher zu sterben.
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imp
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

Audi hat geschrieben:(16 Aug 2020, 17:50)

Es ging wenn Belarus von außen angegriffen wird. Nirgends steht, dass Russland sich bei Protesten sich Einmischt.

The rallies were taking place after Russia agreed to offer security assistance in the case of external military threats to Belarus

https://www.bbc.com/news/world-europe-53795871

Usw.

Moskau äußert sich deutlich reservierter
Der Kreml teilt den Furor bislang nicht. Putins Telefonat mit Lukaschenka, das, wie mitgeteilt wird, auf belarussische Initiative erfolgt sei, stellte Moskau deutlich karger dar. Beide Seiten hätten ihre Überzeugung darüber ausgedrückt, dass alle entstandenen Probleme bald gelöst würden, heißt es darin.
Russland hätte davon nur Nachteile und es wäre wahrscheinlich nicht einmal in Russland selbst populär, in innere Angelegenheiten von Belarus einzugreifen.
Der Versuch dürfte in Moskau hinter den Kulissen neben Unmut auch Hohn und Spott hervorrufen: Man mag dort Schwächlinge und Verlierer nicht, selbst wenn man bisweilen gezwungen ist, sie zu retten wie den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der 2014 aus der Ukraine geschafft wurde und nun in Russland lebt (womöglich in Sotschi am Schwarzen Meer). Dabei ist die Lage auch für Putin misslich. Zu Beginn der Proteste nahmen viele Moskauer Beobachter noch an, dass er gestärkt aus der Schlappe seines widerborstigen Minsker Partners hervorgehen werde und von diesem dann größeres Entgegenkommen erwarten könnte, etwa endlich die Anerkennung der Krim-Annexion oder einen russischen Luftwaffenstützpunkt in Belarus. Doch dafür müsste sich Lukaschenka an der Macht halten, und zwar, mindestens weitgehend, aus eigener Kraft. Jetzt will Lukaschenka die russische Karte spielen und versucht immer verzweifelter, Parallelen zum „Majdan“ in der Ukraine zu ziehen.
Es gibt bisher keinerlei Anzeichen, dass die Stimmung im Land "gegen Russland" sei. Allenfalls wünschen sich manche Demonstranten einen Grad der Reform, der auch Russland nach heutigem Stand überholen würde. Aber auch in Russland geht alles auf einen Generationswechsel zu, der zwangsläufig auch ein neues Verhältnis zu politischen Freiheiten definieren muss. Putin wäre dumm, sich hier offensiv als der Mann von gestern zu präsentieren, der er ja ein Stück weit längst ist.
Doch auch im Kreml dürfte man sehen, dass, anders als in der Ukraine, ein Bruch mit Russland keinerlei Rolle in den Protesten in Belarus spielt. Man hört keine Parolen gegen Putin oder Russland, keine Forderungen, sowjetische Denkmäler zu schleifen (stets ein Alarmsignal für Moskau), keine Appelle für einen Beitritt zur EU. Westliche Botschafter erhielten Applaus, als sie Ende der Woche Blumen für einen (ausweislich jetzt aufgetauchter Videoaufzeichnungen von Sicherheitskräften erschossenen) getöteten Demonstranten niederlegten. Aber es reisten, anders als seinerzeit nach Kiew, keine westlichen Politiker nach Minsk, um die Demonstranten zu unterstützen. Zwei Abgeordnete des Europäischen Parlaments versuchten es, wurden aber am vergangenen Freitag an der belarussischen Grenze abgewiesen – was für Lukaschenka, der doch eine westliche Unterwanderung der Protestbewegung darstellen will, eine verschenkte Chance war.
Wenn die EU schlau ist, belässt sie es bei Gesten und Einladungen und Versprechen und lässt die Zivilgesellschaft ihre Dinge selbst regeln. Dazu gehört auch, dass Weißrussland mit etwaigen Straftätern und Befehlsgebern rechtsstaatlich sauber selber aufräumen sollte.
Weder Tichanowskaja, die bei ihren Auftritten Russisch spricht, noch ihre Mitstreiterinnen fordern einen Beitritt von Belarus zur EU oder ein Ende der Beziehungen mit Russland. Nicht nur, weil die Opposition ein Minimalprogramm zusammenhält, in dem es um faire Wahlen, die Freilassung politischer Gefangener und ein Ende der Staatsgewalt geht: Belarus ist mehr mit Russland verbunden als irgendein anderes Land, menschlich, kulturell, sprachlich, wirtschaftlich, finanziell. Eine klare Mehrheit will den Status quo in den Beziehungen zu Russland, eine Intervention Russlands oder gar eine Annexion wäre in beiden Ländern unpopulär.
Eine progressive Entwicklung in Weißrussland könnte auch für Russland sehr inspirierend sein - vor allem, wenn weiterhin wie bisher Todesfälle so gut es geht vermieden werden. Die derzeitigen Sprecher der Bewegung legen viel Wert auf friedliche und rechtsförmige Aktionen. Niemand beschießt hier das Parlament mit einem Katapult. Alle wollen, dass auf dem Weg zu Wahlen möglichst wenig zu Bruch geht.
So vermuten viele, dass Putin jetzt Lukaschenka auflaufen lässt. Schon in der „samtenen Revolution“ in Armenien 2018, deren Lenker glaubhaft versicherten, nur innere Angelegenheiten zu regeln, hatte er den Dingen ihren Lauf gelassen. Und 2010 nahm Moskau, wo Putin damals als Ministerpräsident fungierte, einen Umsturz in Kirgistan hin, der die eigene Rolle nicht infrage stellte; der damals gestürzte Präsident lebt übrigens in Minsk.
Russland kann hier auch gängige Klischees ein Stück weit entkräften. Eine solche Chance bietet sich so schnell nicht wieder.
„Moskau orientiert sich immer zur siegenden Seite“, schrieb nun Artjom Schrajbman, Fachmann für russisch-belarussische Beziehungen. Zumal die Seite, die gerade siege, „auch nicht feindseliger ist“ als das herrschende Regime, „das russische Bürger als Geisel nimmt“, fügte Schrajbman mit Blick auf die Söldner hinzu.
Schrajbman ist nicht ganz unparteiisch hier und auch nicht ganz ehrlich. Russland setzt durchaus nicht immer auf die, die sowieso gewinnen und investiert zur Not auch jahrelang viel. In der Sache hat er aber recht: Es gibt hier nichts zu verlieren, wenn man den Dingen einfach seinen Lauf lässt. "Die meisten Probleme lösen sich von selbst. Man darf sie nur nicht dabei stören".
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(16 Aug 2020, 18:08)

Welche sollen das sein?
"Belarus 1" soll einer heißen. Man müsste das mal näher erforschen.
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Rautenberger
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Rautenberger »

Audi hat geschrieben:(16 Aug 2020, 17:50)Dabei ist die Lage auch für Putin misslich. Zu Beginn der Proteste nahmen viele Moskauer Beobachter noch an, dass er gestärkt aus der Schlappe seines widerborstigen Minsker Partners hervorgehen werde und von diesem dann größeres Entgegenkommen erwarten könnte, etwa endlich die Anerkennung der Krim-Annexion oder einen russischen Luftwaffenstützpunkt in Belarus. Doch dafür müsste sich Lukaschenka an der Macht halten, und zwar, mindestens weitgehend, aus eigener Kraft.
Das glaube ich auch. Putin wird - egal was er tut - geschwächt aus dieser Krise hervorgehen.
Weder Tichanowskaja, die bei ihren Auftritten Russisch spricht, noch ihre Mitstreiterinnen fordern einen Beitritt von Belarus zur EU oder ein Ende der Beziehungen mit Russland. Nicht nur, weil die Opposition ein Minimalprogramm zusammenhält, in dem es um faire Wahlen, die Freilassung politischer Gefangener und ein Ende der Staatsgewalt geht: Belarus ist mehr mit Russland verbunden als irgendein anderes Land, menschlich, kulturell, sprachlich, wirtschaftlich, finanziell. Eine klare Mehrheit will den Status quo in den Beziehungen zu Russland, eine Intervention Russlands oder gar eine Annexion wäre in beiden Ländern unpopulär.
Das stimmt sicher. Aber: Die weißrussischen Oppositionellen fordern zwar keinen EU- oder NATO-Beitritt, stattdessen aber ein demokratisches, europäisches Weißrussland. Sie wollen eben nicht leben wie in Putins Moskau, sondern wie in Vilnius, Warschau, Berlin etc. Die Solidaritätsbekundungen zwischen den Demonstranten in Minsk und denen in Chabarowsk sind ja kein Zufall. Die weißrussischen Demonstranten gehen gegen die Autokratie und für Demokratie auf die Straße und sind somit natürliche Verbündete von Putins Gegnern. Dieses Konfliktpotenzial sollte man nicht unterschätzen.
So vermuten viele, dass Putin jetzt Lukaschenka auflaufen lässt. Schon in der „samtenen Revolution“ in Armenien 2018, deren Lenker glaubhaft versicherten, nur innere Angelegenheiten zu regeln, hatte er den Dingen ihren Lauf gelassen. Und 2010 nahm Moskau, wo Putin damals als Ministerpräsident fungierte, einen Umsturz in Kirgistan hin, der die eigene Rolle nicht infrage stellte; der damals gestürzte Präsident lebt übrigens in Minsk.
Weder Armenien noch Kirgistan sind vergleichbar mit Weißrussland. Bei Kirgistan aus geographischen Gründen, bei Armenien auch aus politischen. Armenien ist eingezwängt zwischen zwei Erzfeinden - darunter ein NATO-Mitglied - und somit auf Gedeih und Verderb auf Russland angewiesen. Die Revolution in Armenien konnte der Kreml deshalb sehr viel entspannter beobachten als die in der Ukraine oder in Georgien.

Wenn ich mir die Berichterstattung der staatlichen russischen Medien ansehe, zweifle ich übrigens daran, dass der Kreml mit einer Machtübernahme durch die weißrussische Opposition gut leben kann. Die Demonstrationen in Minsk werden ähnlich mit Propagandadreck beworfen wie die auf dem Maidan damals und es werden Vergleiche zum Maidan gezogen. Alles ist natürlich aus dem Ausland gesteuert bla bla bla. Sollten die Proteste gegen Lukaschenka am Ende erfolgreich sein, wird der geneigte Zuschauer von "Westi" und "Wremja" das als Niederlage Russlands betrachten müssen und sich womöglich fragen, warum Putin das zugelassen hat. Durch das Narrativ, das die Propagandamaschine des Kreml hier einführt, wird Putin in gewisser Weise auch unter Handlungsdruck gesetzt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Rautenberger »

DarkLightbringer hat geschrieben:(16 Aug 2020, 19:25)

"Belarus 1" soll einer heißen. Man müsste das mal näher erforschen.
Soweit ich weiß, sind die wichtigsten Sender BT (siehe tvr.by - da gehört auch Belarus 1 dazu) und ONT (ont.by - die Seite ist derzeit nicht erreichbar).

Der russische Sender Doschd und der amerikanische russischsprachige Sender Current Time haben live von der Rede berichtet und mussten dabei auf Livestreams von sehr schlechter Qualität zurückgreifen. Daher gehe ich davon aus, dass es kein Live-TV-Bild gab. Lukaschenkas Rückhalt bröselt auch beim Staats-TV. Auch dort soll ab Montag gestreikt werden. Es ist wohl kein Zufall, dass ONT bekanntgegeben hat, dass sein Frühstücksfernsehen von morgen an eine "Urlaubspause" einlegt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Rautenberger hat geschrieben:(16 Aug 2020, 22:28)

Das glaube ich auch. Putin wird - egal was er tut - geschwächt aus dieser Krise hervorgehen.

Das stimmt sicher. Aber: Die weißrussischen Oppositionellen fordern zwar keinen EU- oder NATO-Beitritt, stattdessen aber ein demokratisches, europäisches Weißrussland. Sie wollen eben nicht leben wie in Putins Moskau, sondern wie in Vilnius, Warschau, Berlin etc. Die Solidaritätsbekundungen zwischen den Demonstranten in Minsk und denen in Chabarowsk sind ja kein Zufall. Die weißrussischen Demonstranten gehen gegen die Autokratie und für Demokratie auf die Straße und sind somit natürliche Verbündete von Putins Gegnern. Dieses Konfliktpotenzial sollte man nicht unterschätzen.
(...)
Wenn ich mir die Berichterstattung der staatlichen russischen Medien ansehe, zweifle ich übrigens daran, dass der Kreml mit einer Machtübernahme durch die weißrussische Opposition gut leben kann. Die Demonstrationen in Minsk werden ähnlich mit Propagandadreck beworfen wie die auf dem Maidan damals und es werden Vergleiche zum Maidan gezogen. Alles ist natürlich aus dem Ausland gesteuert bla bla bla. Sollten die Proteste gegen Lukaschenka am Ende erfolgreich sein, wird der geneigte Zuschauer von "Westi" und "Wremja" das als Niederlage Russlands betrachten müssen und sich womöglich fragen, warum Putin das zugelassen hat. Durch das Narrativ, das die Propagandamaschine des Kreml hier einführt, wird Putin in gewisser Weise auch unter Handlungsdruck gesetzt.
Eben, das ist der Punkt.
Freie Wahlen und demokratischer Fortschritt werden mit dem Westen verbunden, nicht mit nordasiatischem Paternalismus. Die tatsächliche Freiheit wäre eindeutig eine Niederlage für den Kreml und zudem peinlich vor dem eigenen Volk, welches ja ebenfalls gedeckelt wird.
Ein schwacher Lukaschenko wäre etwas anderes, oder eben eine Marionette.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

Ich geb jetzt mal den Scholz. Ich fordere, dass sich Lukaschenko zurückzieht. Wie das bewirkt werden soll, das muss allerdings die Bevölkerung vor Ort entscheiden. Denn ich sitze ja in Deutschland und möchte dann doch lieber nicht anregen den Botschafter einzubestellen, um ihm meine Forderung mitzuteilen. Ich denke, es ist ausreichend, wenn ich meine Forderung in den deutschen Medien verbreite. Da wird sich der Lukaschenko ordentlich erschrecken. Mein Beitrag für die tapferen Demonstranten in Belarus. :)
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Audi »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Aug 2020, 08:44)

Ich geb jetzt mal den Scholz. Ich fordere, dass sich Lukaschenko zurückzieht. Wie das bewirkt werden soll, das muss allerdings die Bevölkerung vor Ort entscheiden. Denn ich sitze ja in Deutschland und möchte dann doch lieber nicht anregen den Botschafter einzubestellen, um ihm meine Forderung mitzuteilen. Ich denke, es ist ausreichend, wenn ich meine Forderung in den deutschen Medien verbreite. Da wird sich der Lukaschenko ordentlich erschrecken. Mein Beitrag für die tapferen Demonstranten in Belarus. :)
Was soll den Deutschland sonst tun? :?:
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Re: Was passiert gerade in Belarus ?

Beitrag von Europa2050 »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Aug 2020, 08:44)

Ich geb jetzt mal den Scholz. Ich fordere, dass sich Lukaschenko zurückzieht. Wie das bewirkt werden soll, das muss allerdings die Bevölkerung vor Ort entscheiden. Denn ich sitze ja in Deutschland und möchte dann doch lieber nicht anregen den Botschafter einzubestellen, um ihm meine Forderung mitzuteilen. Ich denke, es ist ausreichend, wenn ich meine Forderung in den deutschen Medien verbreite. Da wird sich der Lukaschenko ordentlich erschrecken. Mein Beitrag für die tapferen Demonstranten in Belarus. :)
Da bin ich anderer Meinung.

Lukaschenko wird seinen Krempel nicht zusammenpacken, weil Du, ich, Scholz oder Macron das fordern.
Er wird das eher probagandistisch ausschlachten.

Den Leuten von der Opposition eine Plattform bieten, Reiseerleichterungen einen Rückzugsraum bei Repression und ggf. persönliche Unterstützung.

Und natürlich, sollte die Opposition Erfolg haben, massive wirtschaftliche Unterstützung...

Alles andere kann m.E. ein Schuss nach hinten werden.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

Europa2050 hat geschrieben:(17 Aug 2020, 09:28)

Da bin ich anderer Meinung.

Lukaschenko wird seinen Krempel nicht zusammenpacken, weil Du, ich, Scholz oder Macron das fordern.
Er wird das eher propagandistisch ausschlachten.

Den Leuten von der Opposition eine Plattform bieten, Reiseerleichterungen einen Rückzugsraum bei Repression und ggf. persönliche Unterstützung.

Und natürlich, sollte die Opposition Erfolg haben, massive wirtschaftliche Unterstützung...

Alles andere kann m.E. ein Schuss nach hinten werden.
Ich hätte doch “Sarkasmus off“ drunter setzen sollen.

Selbstverständlich wird er nicht einfach abtreten, weil irgendwelche Externen, explizit aus der EU, das mal eben “fordern“. Deshalb habe ich das Wort oben auch hervorgehoben. Selbst eine Empfehlung wäre schon aussenpolitische anmaßend. Ich sehe es genauso wie du, diese “Forderungen“ könnten angesichts der Position Russlands auch ein Knieschuß werden. Denn ein schwacher, aber immer noch an der Macht befindlicher Lukaschenko ist ein gefundenes Fressen für Putin, dem der Einfluß auf Belarus ohnehin in der letzten Zeit zu schwach war. Wohingegen er nicht abschätzen kann, wie sich das Verhältnis zu einem ggfls neu installierten Machthaber gestalten wird. Es ist nicht gesichert, dass der nächste Mann, oder die Frau, den Selenskyj Spagat überhaupt versucht.
Zuletzt geändert von JJazzGold am Montag 17. August 2020, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

Audi hat geschrieben:(17 Aug 2020, 09:24)

Was soll den Deutschland sonst tun? :?:
Im Hintergrund wirken, aber sich nicht auf offener Bühne das Maul verbrennen, ohne wirklich aktiv zu werden.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Audi »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Aug 2020, 09:50)

Im Hintergrund wirken, aber sich nicht auf offener Bühne das Maul verbrennen, ohne wirklich aktiv zu werden.
Ich denke das tut man. Man sollte jetzt abwarten bislang verläuft es relativ friedlich und ich bin mir sicher lukaschenko wird abtreten.
Man sieht die Lehren vom maidan und hält sich zurück. Man sollte bloß nicht zerren und ein Eingreifen seitens Russland provozieren.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

Audi hat geschrieben:(17 Aug 2020, 10:02)

Ich denke das tut man. Man sollte jetzt abwarten bislang verläuft es relativ friedlich und ich bin mir sicher lukaschenko wird abtreten.
Man sieht die Lehren vom maidan und hält sich zurück. Man sollte bloß nicht zerren und ein Eingreifen seitens Russland provozieren.
Lukaschenko ist für den Kreml nicht notwendig deshalb wird man sich nicht einmischen
Selbstverständlich sind die auswärtigen Zuschauer in allen Himmelsrichtungen sehr aufmerksam und auch nicht völlig untätig. Ich bin mir sogar sicher, dass auf der Arbeitsebene große Bemühungen herrschen, sich für den Fall unglücklicher Zusammenstöße etwa an der Westgrenze mit allen in Frage kommenden Akteuren schnell auszutauschen. Niemand möchte hier versehentlich eine Eskalation auslösen.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

Audi hat geschrieben:(17 Aug 2020, 10:02)

Ich denke das tut man. Man sollte jetzt abwarten bislang verläuft es relativ friedlich und ich bin mir sicher lukaschenko wird abtreten.
Man sieht die Lehren vom maidan und hält sich zurück. Man sollte bloß nicht zerren und ein Eingreifen seitens Russland provozieren.
Lukaschenko ist für den Kreml nicht notwendig deshalb wird man sich nicht einmischen
Das tut nicht “man“ sondern die dafür verantwortlichen Gremien, siehe u.a. den EU Sondergipfel. Was ich wiederum für begrüßenswert halte. Nicht aber externes Geplärre, welches Lukaschenko mit seinem Versuch “von außen gesteuert“ in die Hände spielt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von streicher »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Aug 2020, 08:44)

Ich geb jetzt mal den Scholz. Ich fordere, dass sich Lukaschenko zurückzieht. Wie das bewirkt werden soll, das muss allerdings die Bevölkerung vor Ort entscheiden. Denn ich sitze ja in Deutschland und möchte dann doch lieber nicht anregen den Botschafter einzubestellen, um ihm meine Forderung mitzuteilen. Ich denke, es ist ausreichend, wenn ich meine Forderung in den deutschen Medien verbreite. Da wird sich der Lukaschenko ordentlich erschrecken. Mein Beitrag für die tapferen Demonstranten in Belarus. :)
:thumbup:
Alle Achtung vor den Demonstranten. Auch im Hinblick der gerade erst geschehenen harschen Repression und grausamen Folter, die viele erfahren haben. Und doch lassen sie sich nicht erschrecken und wagen trotzdem den großen Kampf.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

streicher hat geschrieben:(17 Aug 2020, 20:20)

:thumbup:
Alle Achtung vor den Demonstranten. Auch im Hinblick der gerade erst geschehenen harschen Repression und grausamen Folter, die viele erfahren haben. Und doch lassen sie sich nicht erschrecken und wagen trotzdem den großen Kampf.
Den Demonstranten zolle ich auch Anerkennung. Scholz in dieser Sache weniger.
Meinem Eindruck nach benötigen die Demonstranten solche Art “Ermutigung“ nicht.
Die wollen ihr Problem auf ihre Art lösen.
Interessant auch, dass die Oppositionsführerin keinen Herrschaftsanspruch für sich erhebt. Die Frau scheint mir recht geerdet zu sein.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von streicher »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Aug 2020, 20:29)

Den Demonstranten zolle ich auch Anerkennung. Scholz in dieser Sache weniger.
Meinem Eindruck nach benötigen die Demonstranten solche Art “Ermutigung“ nicht.
Die wollen ihr Problem auf ihre Art lösen.
Interessant auch, dass die Oppositionsführerin keinen Herrschaftsanspruch für sich erhebt. Die Frau scheint mir recht geerdet zu sein.
Swetlana Tichanowskaja... Ich denke auch: bei der Erfahrung, dass der eigene Mann in Haft ist... Sie fordert faire Neuwahlen. Die Führung würde sie übernehmen - nach den Neuwahlen, wie ich das verstanden habe.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

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Swetlana Tichanowskaja... Ich denke auch: bei der Erfahrung, dass der eigene Mann in Haft ist... Sie fordert faire Neuwahlen. Die Führung würde sie übernehmen - nach den Neuwahlen, wie ich das verstanden habe.
Schon erstmal auch sofort, aber eben um Neuwahlen einzuleiten. Daran ist jetzt wenig zu kritisieren, wenn es richtig fair läuft.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von JJazzGold »

streicher hat geschrieben:(17 Aug 2020, 20:43)

Swetlana Tichanowskaja... Ich denke auch: bei der Erfahrung, dass der eigene Mann in Haft ist... Sie fordert faire Neuwahlen. Die Führung würde sie übernehmen - nach den Neuwahlen, wie ich das verstanden habe.
Wenn ich die Reportage in Phoenix zugrunde lege, dann präferiert sie eine Übergangsregierung bis zu Neuwahlen und würde danach in der Nachfolgeregierung selbst keine führende Rolle übernehmen. Sie begreift sich eher als Initiatorin eines Machtwechsels. Das war allerdings die Aussage der Kommentatorin vor Ort, kein Interview mit Frau Tichanowskaja.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

https://www.youtube.com/watch?v=9FBu2rVuXGI
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

CNN berichtet, dass Trump ein wenig mit den Geschehnissen hadert.

https://www.washingtonpost.com/outlook/ ... right-now/
This would be the perfect moment for Donald Trump to act presidential. He does not need to do much, just evoke traditional values of liberty, human rights, free and fair elections, and the rule of law. As former Obama administration officials Michael McFaul and David Kramer recently noted, such statements put pressure on leaders like Lukashenko to realize the whole world is watching. Presidents from both parties have made similar pronouncements for decades. Secretary of State Mike Pompeo made such a statement already.

Here we arrive at a very awkward truth, however: The last thing Trump wants to do is praise ordinary citizens mobilizing against an illiberal despot about a rigged election.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Russisches Militär ist unterwegs - allerdings ohne Abzeichen.

https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... ichen.html

Wiederholt sich die Krim-Nummer?
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Dafür geht die deutsche Linke vorsichtig auf Distanz zu Lukaschenko.
Lange dominierten in der Linkspartei die Unterstützer autokratischer Regime wie in Belarus. Doch jetzt stellt sich die Führung der Linken gegen Lukaschenka. Woher kommt der Sinneswandel?
https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 09218.html (Bezahlschranke)

Will man sich modernisieren? Regierungsfähig werden?

Erst vor kurzem äußerte sich der Hardliner Hunko noch ganz anders:
Hunko erweckte mit seiner Mitteilung, die im Duktus an die Sprache der DDR-Nachrichtenagentur erinnerte, den Eindruck, dass die Linke, wenn es um Osteuropa geht, wieder einmal auf der Seite der autoritären Regime steht und nicht auf der Seite demokratischer Bewegungen.
(gleiche Quelle)

Aber wenn Putin seine berüchtigten Urlauber schickt, wird man sich doch nicht widersetzen wollen?
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

DarkLightbringer hat geschrieben:(17 Aug 2020, 23:33)

Dafür geht die deutsche Linke vorsichtig auf Distanz zu Lukaschenko.

https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 09218.html (Bezahlschranke)

Will man sich modernisieren? Regierungsfähig werden?

Erst vor kurzem äußerte sich der Hardliner Hunko noch ganz anders:
(gleiche Quelle)

Aber wenn Putin seine berüchtigten Urlauber schickt, wird man sich doch nicht widersetzen wollen?
Ist das nicht der, der auf Coronademos rennt und keinen Listenplatz mehr bekommt? Ist doch völlig wurst, was die Linken zur Lage meinen. Relevant ist, ob Merkel und ihre Stellvertreterin Volderleid den Leuten beistehen, wenn sie Erfolg haben.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

imp hat geschrieben:(17 Aug 2020, 23:44)

Ist das nicht der, der auf Coronademos rennt und keinen Listenplatz mehr bekommt? Ist doch völlig wurst, was die Linken zur Lage meinen. Relevant ist, ob Merkel und ihre Stellvertreterin Volderleid den Leuten beistehen, wenn sie Erfolg haben.
Vize-Chef der Linkspartei und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion im Bundestag.

Was den Beistand betrifft, so hat ja Litauen eine führende Rolle in Europa übernommen.
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Lucky Luke bietet Verfassungsreform an

Beitrag von imp »

https://www.tagesspiegel.de/wissen/aber ... 00544.html

Lucky Luke bietet jetzt eine Verfassungsreform und Neuwahlen an. Kürzlich hat er Neuwahlen noch ausgeschlossen. Es ist aber fraglich, ob es überhaupt noch nach ihm geht oder ob längst andere das Handeln der Regierung und Behörden lenken. Die Opposition fordert seinen sofortigen Rücktritt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Lukaschenko spielt auf Zeit, klammert sich an die Macht.

Die Opposition will die Bestreikung der Staatsbetriebe ausweiten, bis dem Apparat die Luft ausgeht.
Arbeiter rufen "Hau ab!", wenn der Diktator auftritt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von streicher »

DarkLightbringer hat geschrieben:(17 Aug 2020, 23:14)

Russisches Militär ist unterwegs - allerdings ohne Abzeichen.

https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... ichen.html

Wiederholt sich die Krim-Nummer?
Das würde zu Russland passen. Russland beteiligt sich hin und wieder unter Deckmantel - inclusive Abstreiten.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Cobra9 »

streicher hat geschrieben:(18 Aug 2020, 12:47)

Das würde zu Russland passen. Russland beteiligt sich hin und wieder unter Deckmantel - inclusive Abstreiten.

Russland ist viel zu zutrauen mittlerweile.

https://defence-blog.com/news/army/hybr ... 1ZNlExrX1w


Aber ich glaube nicht an eine Annexion.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von streicher »

Cobra9 hat geschrieben:(18 Aug 2020, 12:52)

Russland ist viel zu zutrauen mittlerweile.

https://defence-blog.com/news/army/hybr ... 1ZNlExrX1w


Aber ich glaube nicht an eine Annexion.
Das würde ich ebenfalls nicht annehmen. Putin sieht Lukaschenko lieber im Amt, der hat ja auch um Hilfe gebeten. Und Putin kennt das Problem mit anhaltenden Protesten, wenn auch regional, nun auch.
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Re: Was passiert gerade in Belarus ?

Beitrag von Europa2050 »

Cobra9 hat geschrieben:(18 Aug 2020, 12:52)

Russland ist viel zu zutrauen mittlerweile.

https://defence-blog.com/news/army/hybr ... 1ZNlExrX1w


Aber ich glaube nicht an eine Annexion.
Da gibt es ja noch das:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Russisc ... sche_Union

Aktuell von geringerer Bedeutung, aber was wäre, wenn Lukaschenko in seiner Hilflosigkeit handstreichartig auf dieser Basis die Aufnahme in die Russische Föderation bzw. eine Aktivierung bisher nicht umgesetzter Vertragsbestandteile beantragen (lassen) würde?

Und die russische Duma erfreut zustimmt...

Dann sind wir wieder bei der Krim, allerdings völkerrechtlich deutlich unkritischer, da keinem Staat etwas entrissen wird, sondern nur ein alter Vertrag umgesetzt wird...
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Re: Was passiert gerade in Belarus ?

Beitrag von imp »

Europa2050 hat geschrieben:(18 Aug 2020, 13:13)

Da gibt es ja noch das:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Russisc ... sche_Union

Aktuell von geringerer Bedeutung, aber was wäre, wenn Lukaschenko in seiner Hilflosigkeit handstreichartig auf dieser Basis die Aufnahme in die Russische Föderation bzw. eine Aktivierung bisher nicht umgesetzter Vertragsbestandteile beantragen (lassen) würde?
Das wäre ein Bruch der ukrainischen Verfassung und würde vermutlich den Rückhalt auch in Militär und Polizei gründlich ruinieren. Die Union ist Grundlage aller möglichen Spekulationen gewesen - unter anderem, Putin wolle die Rolle des Unionspräsidenten stärken und sich dann auf diese Rolle zurückziehen. Insgesamt wäre es derzeit weder bei russischen Bürgern noch bei weißrussischen Bürgern attraktiv, wenn Russland aktiv und unter internationalem Protest Reformbestrebungen in Weißrussland stört. Wenn Lukaschenko irgendwelche Hoffnungen hat, mit seiner politischen Richtung und seinem Personenverband in der reformierten Politik irgendeine Rolle zu spielen, kann er darauf nicht setzen.
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Re: Was passiert gerade in Belarus ?

Beitrag von Europa2050 »

imp hat geschrieben:(18 Aug 2020, 13:38)

Das wäre ein Bruch der ukrainischen Verfassung und würde vermutlich den Rückhalt auch in Militär und Polizei gründlich ruinieren. Die Union ist Grundlage aller möglichen Spekulationen gewesen - unter anderem, Putin wolle die Rolle des Unionspräsidenten stärken und sich dann auf diese Rolle zurückziehen. Insgesamt wäre es derzeit weder bei russischen Bürgern noch bei weißrussischen Bürgern attraktiv, wenn Russland aktiv und unter internationalem Protest Reformbestrebungen in Weißrussland stört. Wenn Lukaschenko irgendwelche Hoffnungen hat, mit seiner politischen Richtung und seinem Personenverband in der reformierten Politik irgendeine Rolle zu spielen, kann er darauf nicht setzen.
Na dein Wort in <je nach spiritueller Ausrichtung> Ohren.

Was Lukaschenka will, weis aktuell keiner, vermutlich nicht einmal er selbst. Seine letzten Ansprachen konkurrieren jedenfalls erfolgreich mit denen seines überseeischen Amtskollegen in Sachen „maximaler verbaler Schwachsinn“. Der Mann ist nicht mehr rationell, fällt bei dem Top-Strategen der letzten 20 Jahre halt besonders auf.
Die belarusischen Bürger werden genauso nach vollendeten und brutal durchgesetzten Tatsachen befragt, wie auf der Krim.
Und in „Hurra, wir sind wieder wer Russland“ kann Kisseljow das vermutlich einer groß genügen Masse verkaufen.

Muss nicht so sein, vielleicht wirklich unwahrscheinlich, aber nicht utopisch.
Und völkerrechtlich vermutlich sogar rechtfertigbar, notfalls mit dem Hinweis auf die deutsche Wiedervereinigung.
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Re: Was passiert gerade in Belarus ?

Beitrag von imp »

Europa2050 hat geschrieben:(18 Aug 2020, 13:49)

Na dein Wort in <je nach spiritueller Ausrichtung> Ohren.

Was Lukaschenka will, weis aktuell keiner, vermutlich nicht einmal er selbst. Seine letzten Ansprachen konkurrieren jedenfalls erfolgreich mit denen seines überseeischen Amtskollegen in Sachen „maximaler verbaler Schwachsinn“. Der Mann ist nicht mehr rationell, fällt bei dem Top-Strategen der letzten 20 Jahre halt besonders auf.
Klar, da ist auch mehr Hoffnung und weniger Glaskugel. Man weiß nie, wann sich eine geladene Situation unbeabsichtigt entzündet.

Er wirkt hilflos und überrannt. Dabei müssen wir aber nicht vergessen, dass er ein Politprofi ist. Je stabiler und eindeutiger die Lage wird, umso mehr wird er sich auch wieder orientieren. Einige seiner in der Tat irren oder zügig widerlegten Aussagen verbuche ich unter Versuchsballon. Kriegt man Putin dazu, sich schnell vor ihn zu stellen? Ist die Sorge vor Chaos aktuell wirkmächtig? Und so weiter.
Die belarusischen Bürger werden genauso nach vollendeten und brutal durchgesetzten Tatsachen befragt, wie auf der Krim.
Und in „Hurra, wir sind wieder wer Russland“ kann Kisseljow das vermutlich einer groß genügen Masse verkaufen.
Die Lage ist dann doch eine andere. Sie sind nicht durch die Wechselfälle der Politik eine - durchaus schikanierte - Minderheit in einem zunehmend fremden Land geworden. Es gibt diese Gleichzeitigkeit von Sprachkonflikt, kultureller Fraktionierung und Nationalismus nicht. In der Ukraine gab es diverse interne Konflikte, die es in Weißrussland so nicht gibt. Die Russen werden das nicht kaufen. Die Weißrussen werden das nicht kaufen. Es gibt auch keine regionale Mehrheit im Land, die vom Land als solchem die Nase voll hat. Zudem hat die EU es bisher weitgehend vermieden, Russland zum Gegenstand dieses Vorgangs zu machen. Es geht um Weißrussland.
Muss nicht so sein, vielleicht wirklich unwahrscheinlich, aber nicht utopisch.
Und völkerrechtlich vermutlich sogar rechtfertigbar, notfalls mit dem Hinweis auf die deutsche Wiedervereinigung.
Das Völkerrecht spielt für die Frage, welche Optionen Lukaschenko für offen hält und ob Russland da mitzieht, vielleicht nicht die größte Rolle. Aber im Grunde halte ich andere Entwicklungen für wahrscheinlich:

- Irgendwas blödes passiert, das keiner so richtig gewollt hat. Es gibt einen Haufen Tote und am Ende ist er aus dem Amt oder tot.
- Lukaschenko macht den Weg frei für einen Übergang, bei dem er persönlich zügig aus den Ämtern geht und jemand aus seinem Umfeld mehr oder minder erfolgreich eine Partei unter vielen bildet, die Teil einer Koalition oder Opposition wird. Das ist nicht zwingend dann die Partei, die sich Russland wünscht.
- Lukaschenko beharrt auf einem geordneten Übergang, bei dem er weitere Zusammenstöße vermeidet und Rücktrittsforderungen als Meinungen zulässt, ohne ihnen nachzukommen. Dazu müsste er für den Moment weite Teile der Opposition befriedigen und einbinden. Ich weiß nicht, ob er das noch kann
- Er versucht, wie Marodo in Venezuela, eine Interessenskoalition aus Militär, Polizei, Parteigängern zu formen und die Opposition so zu spalten und einzuschüchtern, dass er auch gegen breite Widerstände an der Regierung bleiben kann. Das halte ich für möglich, dass er es versucht, aber für so offenkundig aussichtslos, dass er es wahrscheinlich bleiben lässt. Wer sollte ihn denn mit welchem Ziel an der Macht halten?

In jedem dieser Szenarien ist es für Russland interessanter, abzuwarten und mit dem Sieger zu arbeiten in dem Rahmen, der sich bietet. Das ist zugleich für die Demonstranten das bestmögliche Umfeld, im Land wirklich etwas zu verändern.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

Der deutsche Staatssender DW Deutsch geht so weit, zu sagen, Weißrussland sei ein "prorussisches" Land unabhängig vom aktuellen Präsidenten. Begründet wird das mit den verschiedenen Bündnissen, in denen es mit Russland steckt und mit der Aufstellung der Wirtschaft. Ich finde, das ist ein wenig übertrieben. Die meisten Bürger dürften das in erster Linie pragmatisch und vielleicht in zweiter Linie kulturell sehen. Die Reformbewegung im Land möchte in erster Linie eine selbst gewählte Führung installieren und moderne Freiheiten etablieren wie etwa ein weitgehendes Presse- und Versammlungsrecht oder eine verlässliche Justiz auch in Rechtsstreit mit dem Staat.

https://www.dw.com/de/westen-oder-russl ... a-54608175

Für andere Partnerländer Russlands ist das eine klare Ansage: Russland macht seine Verträge mit Staaten, nicht mit Herrscherhäusern. Für Weißrussland gilt es jetzt, den alten Chef zu einem unumkehrbaren Reformkurs zu zwingen. Ob er dabei bis zu einem Wahltag im Amt bleibt oder vorher zurücktreten muss, spielt eher eine Nebenrolle. Selbst, ob er oder jemand aus seinem Umfeld eine faire Wahl gewinnt, ist im Grunde ein Nebenthema.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von streicher »

War heute zwischendurch zu lesen, dass Lukaschenko angeblich auf die Opposition zugehen möchte?

Nun dies:
Säbelrasseln an der EU-Außengrenze: Belarus' Machthaber Lukaschenko lässt an den Grenzanlagen zu den Nachbarn Polen und Litauen Manöver abhalten. Die Truppen seien gefechtsbereit.
Deutschland und mehrere EU-Partnerländer glauben nicht an das Wahlergebnis in Belarus von vorvergangenem Sonntag. Sie verurteilen Willkür und Brutalität der Sicherheitskräfte unter Befehl von Staatschef Alexander Lukaschenko. Und sie raten ihm, den Regierungsgegnern zuzuhören.

Für den bedrängten Machthaber Lukaschenko sind solche Empfehlungen offenbar vergleichbar mit einem kriegerischen Akt.
Lukaschenko versetzt Armee in Gefechtsbereitschaft
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

streicher hat geschrieben:(18 Aug 2020, 12:47)

Das würde zu Russland passen. Russland beteiligt sich hin und wieder unter Deckmantel - inclusive Abstreiten.
Dafür hat der Koordinierungsrat seine Arbeit aufgenommen, eine Art Gegenregierung in Wartestellung.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

streicher hat geschrieben:(18 Aug 2020, 21:50)

War heute zwischendurch zu lesen, dass Lukaschenko angeblich auf die Opposition zugehen möchte?
Ja, er schließt Neuwahlen nach einer Verfassungsreform nicht mehr aus.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von unity in diversity »

imp hat geschrieben:(18 Aug 2020, 23:52)

Ja, er schließt Neuwahlen nach einer Verfassungsreform nicht mehr aus.
Aber zunächst verweigert Lukaschenko jeden Dialog und versetzt die Armee in Alarmbereitschaft.
Es hängt von den Generälen ab, wie es weitergeht.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

unity in diversity hat geschrieben:(18 Aug 2020, 23:59)

Aber zunächst verweigert Lukaschenko jeden Dialog und versetzt die Armee in Alarmbereitschaft.
Es hängt von den Generälen ab, wie es weitergeht.
Die Armee wird das Thema nicht für ihn richten. Das wird er wohl auch wissen.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von DarkLightbringer »

In Brüssel ist man erleichtert darüber, dass die Leute keine Europafahnen schwenken - meint der Beobachter der FAZ.

Aber eines ist auch klar, freie Wahlen, Selbstbestimmung, Volkssouveränität - all das sind Unwerte für den Kreml, der die Bezeichnung "liberal" als Schimpfwort geprägt hat und vor allem das Problem mit der jüngeren Generation selbst kennt.
Die größte Sorge des Nachbarimperiums muss die Viralität des Freiheitsrufes sein. Es ergeben sich vier Optionen:
- Intervention,
- Ersetzung Lukaschenkos durch eine kremlnahe Handpuppe,
- Abwarten,
- Anstiftung zur Gewalt, Einsatz "grüner Männchen".

https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 10838.html
https://www.t-online.de/nachrichten/id_ ... oskau.html
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Europa2050 »

imp hat geschrieben:(19 Aug 2020, 00:17)

Carl Bildt glaubt an Armenien. https://www.project-syndicate.org/comme ... dt-2020-08
Danke, ein sehr guter Artikel von einem Politprofi, der sich mit meinem Bild der Dinge deckt.
Dass Belarus nicht die Ukraine ist, setzt sich offensichtlich in den Köpfen fest, das ist gut für‘s Verständnis.

Allerdings gibt es natürlich auch einen krassen Unterschied zu Armenien:
Belarus ist nicht wie Armenien von zwei aggressiven Todfeinden umgeben, die ggf. bis zur Auslöschung gehen würden.
Deshalb ist Russland und seine Armee auch nicht die Lebensversicherung wie in Jerewan. Das erweitert den Spielraum einer belarusischen Führung (jetzt mal ganz neutral betrachtet).
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

Europa2050 hat geschrieben:(19 Aug 2020, 08:20)

Danke, ein sehr guter Artikel von einem Politprofi, der sich mit meinem Bild der Dinge deckt.
Dass Belarus nicht die Ukraine ist, setzt sich offensichtlich in den Köpfen fest, das ist gut für‘s Verständnis.

Allerdings gibt es natürlich auch einen krassen Unterschied zu Armenien:
Belarus ist nicht wie Armenien von zwei aggressiven Todfeinden umgeben, die ggf. bis zur Auslöschung gehen würden.
Deshalb ist Russland und seine Armee auch nicht die Lebensversicherung wie in Jerewan. Das erweitert den Spielraum einer belarusischen Führung (jetzt mal ganz neutral betrachtet).
Unbedingt. Lukaschenko hat diesen Spielraum immer wieder genutzt, etwa bei Preisverhandlungen mit Russland oder indem er sich immer mal wieder für die EU aufhübschte. So entstand der Visadeal, so kamen sie in das Programm östliche Partnerschaft der EU und andere vorteilhafte Projekte. Eine nachhaltige Liberalisierung blieb aber aus. Hoffen wir, dass eine neue Regierung die bestehenden Spielräume anders nutzt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Rautenberger »

Europa2050 hat geschrieben:(19 Aug 2020, 08:20)
Allerdings gibt es natürlich auch einen krassen Unterschied zu Armenien:
Belarus ist nicht wie Armenien von zwei aggressiven Todfeinden umgeben, die ggf. bis zur Auslöschung gehen würden.
Deshalb ist Russland und seine Armee auch nicht die Lebensversicherung wie in Jerewan. Das erweitert den Spielraum einer belarusischen Führung (jetzt mal ganz neutral betrachtet).
Andersherum betrachtet könnte das aber auch den Spielraum verengen: Bei Armenien konnte der Kreml relativ entspannt zusehen, weil das Land keine Alternative zu dem Bündnis mit Russland hat. Bei Belarus kann sich das anders entwickeln.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von Orbiter1 »

imp hat geschrieben:(19 Aug 2020, 08:29)

Unbedingt. Lukaschenko hat diesen Spielraum immer wieder genutzt, etwa bei Preisverhandlungen mit Russland oder indem er sich immer mal wieder für die EU aufhübschte. So entstand der Visadeal, so kamen sie in das Programm östliche Partnerschaft der EU und andere vorteilhafte Projekte. Eine nachhaltige Liberalisierung blieb aber aus. Hoffen wir, dass eine neue Regierung die bestehenden Spielräume anders nutzt.
Nach meiner Überzeugung wird Putin die Spielräume für so eine Liberalisierung eher einengen als ausweiten. So eine Entwicklung wie jetzt in Weißrussland kann er in Russland unter keinen Umständen akzeptieren. Die grünen Männchen oder mehr werden noch kommen. Die Fake-News Industrie wird noch "Beweise" vorlegen dass die Opposition entgegen ihrer Aussagen doch in die NATO und die EU strebt und somit eine Gefahr für die "Ordnung" in der Region darstellt.
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Re: Was passiert gerade in Weißrussland ?

Beitrag von imp »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Aug 2020, 13:24)

Nach meiner Überzeugung wird Putin die Spielräume für so eine Liberalisierung eher einengen als ausweiten. So eine Entwicklung wie jetzt in Weißrussland kann er in Russland unter keinen Umständen akzeptieren. Die grünen Männchen oder mehr werden noch kommen. Die Fake-News Industrie wird noch "Beweise" vorlegen dass die Opposition entgegen ihrer Aussagen doch in die NATO und die EU strebt und somit eine Gefahr für die "Ordnung" in der Region darstellt.
Ich kann es nicht ausschließen, aber es wäre fatal. Das wäre das Szenario, bei dem alle verlieren. Die Menschen in Weißrussland, die Menschen in Russland, die EU, die NATO, Russland als Teil der Weltgemeinschaft, Putin als Person. Für Lukaschenko dürfte es auch ziemlich heikel werden. Ich meine, dass das nicht so kommt. Ich meine, dass Putin weiß, dass bestimmte Änderungen früher oder später kommen müssen, auf die er vielleicht nicht unbedingt Lust hat, die er aber nur begrenzt lange unter Kontrolle hat. Das Lehrbeispiel Lukaschenko dürfte es vor Augen führen. Und machen wir uns nichts vor: In dem Maße, wie Russland seinen eigenen Generationswechsel und seine politische Modernisierung vertagt, in dem Maße werden sich trotz aller wirtschaftlichen und kulturellen Verbindung Stimmen erheben, die mit dem ganzen Konzept einer engen Kooperation mit Russland hadern - besonders, wenn die für die jungen Industrien ein Hindernis sein sollte, mit Kanada, USA, EU ins Geschäft zu kommen. Das sind aber Themen, die man tunlichst nicht jetzt eskalieren sollte, wenn man für die Menschen in Weißrussland und Russland und letztlich auch für uns nicht die Chance verspielen will, dass die Menschen in Weißrussland Lukaschenkos Modell beenden und dabei nicht gestört werden.
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