schokoschendrezki » Mo 23. Jul 2012, 10:55 hat geschrieben:
Die Formulierung "Arbeitsbeschaffung für Sozialwissenschaftler" deutet in ihrer Gehässigkeit darauf hin, dass es dabei offenbar nicht nur um wissenschaftliche Erkenntnis sondern um die Verteidigung vorgefasster Ideologien geht ...
Sachlich war das natürlich nicht, von mir. Gehässig aber auch nicht. Tatsächlich überrascht mich die Besessenheit mit der diesem Thema von Tageszeitungen bis zu Staatspräsidenten (Sarkozy glaube ich) nachgegangen wird. Ich habe in den Tageszeitungen auch ausschließlich Zitate von Herrn Easterlins Arbeit gefunden, nie der anderen Seite. Wolfers und Stevenson sind aber (ebenfalls) sehr anerkannte Sozialwissenschaftler.
Tatsächlich ist die Widerlegung der 1974-er Thesen von Easterlin im Jahre 2008 durch eine neuere empirische Studie von 2010 (Veröffentlicht in den Proceedings of the National Academy of Sciences) inzwischen ihrerseits widerlegt. Und zwar hauptsächlich dadurch, dass man auch Entwicklungsländer sowie Länder wie China und auch Osteuropa mit einbezog. EIne Kurzzusammenfassung der Ergebnisse ist hier nachzulesen:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/wohls ... -1.1035910
Und tatsächlich kommt auch bei der wissenschaftlichen "Gegenseite" 2010 immernoch das gleiche raus, aber scheinbar beschreiben sie auch ganz gut, welche Fragen korrelieren und welche nicht:
"Wolfers and co-authors find a clear relationship between GDP levels and life satisfaction and best possible life – clearly important dimensions of well-being. Yet in the same paper they find much less clear relationships when they use happiness, affect and life purpose questions. "
http://www.brookings.edu/up-front/posts ... lin-graham
Es kommt also wie immer auf die Frage an. "Sind sie mit ihrem Leben zufrieden" und "Wie nahe ist ihr Leben am besten Leben, dass sie sich vorstellen können" sind mit dem BSP korreliert. Die offene Frage "Sind sie glücklich" offenbar weniger.
Jetzt könnte man streiten, welche der beiden Fragen relevanter ist, aber das halte ich für uninteressant. Klar ist, es gibt Aspekte des Wohlbefindens die vom BSP abhängen, andere nicht. Interessanter ist doch zu fragen, in wieweit diese beiden (oder mehreren) Aspekte sich voneinander unterscheiden.
Fakten sollte man schon akzeptieren.
Das gilt natürlich nicht nur für mich. Aber so einfach sind die Fakten nicht.