aleph hat geschrieben: ↑Samstag 27. Mai 2023, 18:03
@koolhaas: stimmt nicht ganz, es gab auch mal unabhängige Präsidenten, die keiner der beiden großen Parteien angehörten. Der letzte 1850. Umgekehrt ist es bei uns auch lange her, dass ein Bundeskanzler nicht von SPD oder CDU stammt. Trump als unabhängiger Bewerber hätte seine Chancen. Von 6% bis über 30% der Amerikaner stufen sich als evangelikal ein, de Santis ist durchaus ein ernstzunehmender Rivale für Trump.
Ja, der Präsident wird von den Bundesstaaten gewählt, nicht von den Wählern direkt. Die Wahlmänner sind im Prinzip schon an ihr Mandat gebunden, es sind dagegen die Bundesstaaten, die das Wahlmännerprinzip abschaffen und ihren Kandidaten über die Stateparlamente wählen könnten. Die Bundesstaaten sind hier EU Staaten vergleichbar, die die EU Führung bestimmen. Darum heißt er auch President of united Stats. Es gibt sogar einige Bundesstaaten, die eigenes Militär besitzen.
Alles richtig.
Verwunderlich ist nur folgender Umstand: Im Grunde hat Deutschland nach 1945 ein Wahlsystem nach dem "Muster" der USA übernommen. Und trotzdem ist hier etwas völlig anderes und meinem Urteil nach besseres dabei rausgekommen.
Ob die Bundeskanzler immer von SPD und CDU gekommen sind, spielt dabei nur eine Nebenrolle. Es hat immer auch andere Parteien gegeben. Es gab immer eine Opposition, die wählbar und anschließend sichtbar war. Die kleineren Parteien waren sogar oft genug an der Regierung beteiligt. Das sehe ich in den USA nicht. Da gibt es zwei "Parteien" und das Prinzip "...the winner takes it all..."
Das leistet Polarisierung Vorschub.
Nicht falsch verstehen. Wenn die Amerikaner mit diesem System glücklich sind, dann sollen sie dabei bleiben. Ich sehe darin nur schwerwiegende innere Gefahren, deren mögliche Folgen Trump offengelegt hat.
Vielleicht beurteile ich das alles falsch und vielleicht verstehe ich das auch gar nicht richtig. Aber mir scheint dieses ganze System nicht sonderlich demokratiefördernd zu sein. Sichtbarster Beleg für meine Skepsis ist die schon erwähnte Tatsache: In den USA kann man nur Präsident werden, wenn man stinkend reich ist und sich selbst am Rollator nur noch mühsam aufrecht halten kann.
In Deutschland haben wir eine ganz andere Balance zwischen der Mehrheit der Gesamtbevölkerung und den Mehrheiten zwischen den Bundesstaaten gefunden. Ich sage ja nicht, dass das die ideale oder gar alternativlose Balance ist. Sie erscheint nur viel sachgemäßer als die amerikanische Idee, dass die Bundesstaaten bestimmen sollten, wer Bundeskanzler wird.
Nochmal: Die Mehrheit der Menschen in den USA hat für Clinton gestimmt. Trotzdem ist Trump Präsident geworden. Wenn sowas passieren kann, stimmt irgendwas nicht mit dem politischen System. Im Grunde kritisiere ich das überhaupt nicht. Ich bestaune es nur. Wenn die Amerikaner damit zurecht kommen und es gut finden, ist das völlig in Ordnung. Ich als Außenstehender finde es nur .... wunderlich.