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tarkomed
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Beitrag von tarkomed »

Segler hat geschrieben: Mittwoch 15. Januar 2025, 21:56 Du willst einen öffentlichen Nahverkehr? Na gut, dann gründe eine privatwirtschaftliche AG und finanziere ihn aus Ticketverkäufen. Wenn ich den nicht will, kostet er mich auch nichts.
Und ich kann dazu gegenargumentieren und sagen: Du willst deinen privaten Staat, dann gründe einen und lass ihn so funktionieren, wie er dir passt.
Mir passt unser Staat, so wie er ist, obwohl er nicht von mir gegründet wurde, denn ich maß mir nicht an, anderen einen Staat nachmeinem Geschmack aufzubrummen,
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Beitrag von deggial »

Segler hat geschrieben: Mittwoch 15. Januar 2025, 21:56 Er hat im Grunde vier Aufgaben
Bildung in Staatshand? Das gefällt mir nicht. :|
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tarkomed
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Beitrag von tarkomed »

deggial hat geschrieben: Mittwoch 15. Januar 2025, 20:26 Diese These ist nicht nur empirisch falsch, sie gibt analytisch schlicht nicht genug her, um zwischen links und rechts zu unterscheiden.

Mich erschreckt auch etwas, dass du das Wort Rasse so unreflektiert verwendest. Rassen, also Unterarten der Gattung Homo Sapiens, lassen sich heute nicht mehr ausmachen. Folglich gibt es keine rechtsextremen Regimes mehr. Bravo!

Der Quatsch, den du hier ausagierst, ist auf so vielen Ebenen falsch… :(
Und ich sehe vielmehr, wie du mit dem Quatsch Tango tanzt. Man kann ganz einfach die Tatsache ignorieren, dass es biologisch keine Menschenrassen gibt und sich ungestört seiner rechtsextremen Ideologie widmen. Wenn man dann auch genug Gleichgesinnte findet, dann ist ein rechtsextremes Regime schnell beisammen.
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Beitrag von Segler »

deggial hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 09:50 Bildung in Staatshand? Das gefällt mir nicht. :|
Mir schon, vielleicht gerade, weil ich mich als (Radikal-)Liberaler einordne.Meine Prämisse ist Chancengleichheit statt Ergebnisgleichheit.


Wer es durch Bildung, Leistung und clevere Geschäftsideen zu etwas bringt, der zahlt minimale Steuern, selbst wenn er Milliarden verdient

Der Faulenzer und Arbeitsunlustige erhält exakt 0,00€ staatliche Transferleistungen

Wenn ich das will, dann muss ich aber die Voraussetzungen schaffen

Gerechtigkeit ist für mich Chancengleichheit:

Deine Eltern können nichts und haben nichts? Pech gehabt, schlechtes Los in der Geburtslotterie gezogen, aber du solltest es nicht büssen müssen!

Bildung von der Grundschule bis zum Doktorat ist gratis, jeder kann sich die leisten, unabhängig von der Herkunft (etwa ganz im Gegensatz zu angelsächsischen Ländern) und für die Ärmeren gibt es zum kostenlosen Studium auch noch BAföG obendrauf!

Dann hat jeder seine Chance und niemand hinterher eine Ausrede.

Das sehe ich als eine der wenigen genuin staatlichen Aufgaben!
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Beitrag von Segler »

tarkomed hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 09:09 Und ich kann dazu gegenargumentieren und sagen: Du willst deinen privaten Staat, dann gründe einen und lass ihn so funktionieren, wie er dir passt.
Mir passt unser Staat, so wie er ist, obwohl er nicht von mir gegründet wurde, denn ich maß mir nicht an, anderen einen Staat nachmeinem Geschmack aufzubrummen,
Da sind wir bei fundamental unterschiedlichen Staatsverständnissen

Die einen wollen den Nannystaat, der sich um alles kümmert. Sie sind dafür bereit mit Erreichen des 18 Lebensjahrs die Vormundschaft von den Eltern auf den Staat zu übertragen. Sie opfern ihre Freiheit und große Teile ihres Einkommens für die Rundumversorgung. Der Fiskus lässt ihnen von ihrem Einkommen gerade mal ein Taschengeld - wie bei Kindern.


Die anderen weollen einen schlanken Minimalstaat der sich nur um vier Dinger kümmert

1. Innere Sicvherheit
2. Äussere Sicherheit
3. Einer unabhängige Justiz
4. Ein erstklassiges Bildungssystem

... und alles andere den freien Bürgern und der Wirtschaft überlässt.

Du willst eine Autobahn? Siehe das französische Autobahnnetz. Privat gebaut, unterhalten und durch Nutzergebühren finanziert

Ebenso würde ich sagen: Du willst Zug fahren? Da gibt es kein steuerfinanziertes Deutschlandticket. Gründe eine Bahngesellschaft und erlöse die gesamten Betriebskosten vom Lokführer über das Stellwerk bis zur letzten Schwelle über den Ticketpreis!
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Beitrag von tarkomed »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 10:44 Da sind wir bei fundamental unterschiedlichen Staatsverständnissen
Wir haben keine unterschiedlichen Staatsverständnisse, sondern einen Staat, der in deiner Phantasie existiert und einen, in dem ich lebe.
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Beitrag von Segler »

tarkomed hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 10:52 Wir haben keine unterschiedlichen Staatsverständnisse, sondern einen Staat, der in deiner Phantasie existiert und einen, in dem ich lebe.
Ein Staat ist nicht gottgegeben und fällt nicht vom Himmel.

In einer Demokratie hat jeder Bürger das Recht für sein Staatsverständnis zu werben und sich Mehrheiten dafür zu suchen.
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Beitrag von tarkomed »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:12 Ein Staat ist nicht gottgegeben und fällt nicht vom Himmel.
Das hat niemand behauptet, am wenigsten ich als Atheist. Diesen Staat haben wir mühsam in 80 Jahren aufgebaut und mit einer Demokratie ausgestattet, die ihresgleichen sucht.
Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:12 In einer Demokratie hat jeder Bürger das Recht für sein Staatsverständnis zu werben und sich Mehrheiten dafür zu suchen.
Eben, dann genieß es, denn das darfst du nur deshalb, weil unsere freiheitliche Demokratie es dir freilässt.
In dem System, das dir vorschwebt, wäre es dir dann aber untersagt, das solltest du dir auch klarmachen, denn dann gälte die Macht des Stärkeren und so stark kommst du mir nicht vor.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Beitrag von Segler »

tarkomed hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:25
Eben, dann genieß es, denn das darfst du nur deshalb, weil unsere freiheitliche Demokratie es dir freilässt.
In dem System, das dir vorschwebt, wäre es dir dann aber untersagt, das solltest du dir auch klarmachen, denn dann gälte die Macht des Stärkeren und so stark kommst du mir nicht vor.
Wieso, In dem Staat nach meinem Ideal hättest Du weit mehr Freiheiten als ich in einem Staat nach dem Deinem.

Du könntest beispielsweise mit Gleichgesinnten eine sozialistische Subcommunity gründen, der Du die Hälfte deines Gehalts ablieferst und die im Gegenzug für dich die Nanny spielt Deine Entscheidung. Ich wäre nicht tangiert

Einer meiner (zugegebne nicht umsetzbaren) politischen Träume ist die räumliche Entkopplung unterscheidlicher Lebenswelten und Lebensmodelle.

Auch ein libertärer Staat wäre übrigens ein Rechtsstaaat - bitte nicht mit einer Anarchie verwechseln
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Beitrag von deggial »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 10:24 Deine Eltern können nichts und haben nichts? Pech gehabt, schlechtes Los in der Geburtslotterie gezogen, aber du solltest es nicht büssen müssen!
Okay... dann geht es vor allem um den Zugang zu Bildung, nicht notwendigerweise darum, dass der Staat das Bildungssystem auch betreibt. Oder?
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Re: Links rechts?

Beitrag von Segler »

deggial hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:57 Okay... dann geht es vor allem um den Zugang zu Bildung, nicht notwendigerweise darum, dass der Staat das Bildungssystem auch betreibt. Oder?
Ja, und zwar kostenlosen Zugang - was man an einer US-amerikanischen Ivy-League-Universität halt nicht bekommt. da bin ich pro Semester mit 30.000 $ dabei (oder eben auch nicht).

Für die Kinder ärmerer Eltern muss es das Community College tun.

Bei uns, ich sage es mal für die technischen Studiengänge, kannn jeder des KIT in Karlsruhe, die RWTH Aachen oder die Uni Braunschweig besuchen.
Zuletzt geändert von Segler am Donnerstag 16. Januar 2025, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Tom Bombadil
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Re: Links rechts?

Beitrag von Tom Bombadil »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:36Wieso, In dem Staat nach meinem Ideal hättest Du weit mehr Freiheiten als ich in einem Staat nach dem Deinem.
Das wollen viele Linke aber nicht, die wollen, dass alle Menschen gleich leben, nach Regeln, die von links vorgegeben werden. Rechte wollen das auch, da geht es nur um andere Regeln. Konservative wollen das Gute bewahren und das nicht so Gute vorsichtig verbessern, das sorgt für neue Regeln, bedeutet aber auch, dass alte Regeln abgeschafft werden. Weitestgehende Freiheiten gibt es nur im Liberalismus, der in Deutschland aber kaum Anhänger hat, "german angst" spielt da eine große Rolle.
Zuletzt geändert von Tom Bombadil am Donnerstag 16. Januar 2025, 12:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Links rechts?

Beitrag von tarkomed »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:36 Wieso, In dem Staat nach meinem Ideal hättest Du weit mehr Freiheiten als ich in einem Staat nach dem Deinem.
Nicht nur ich hätte mehr Freiheiten, sondern auch du und deine Freiheiten würden mit meinen kollidieren.
Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:36 Du könntest beispielsweise mit Gleichgesinnten eine sozialistische Subcommunity gründen, der Du die Hälfte deines Gehalts ablieferst und die im Gegenzug für dich die Nanny spielt Deine Entscheidung. Ich wäre nicht tangiert
Ich kann kein sozialistisches System brauchen, genauso wenig wie ich ein libertäres System wie das von Milei brauchen kann. Wir haben eine soziale Marktwirtschaft aufgebaut und sie kommt ohne libertäre Ideen aus. Erst wenn unser Land so am Boden liegt wie Argentinien, würde ich mir Gedanken über ein anderes System machen. Das ist auch der Grund, warum Milei dort gewählt wurde.
Ich kann auch keine Präsidialdemokratie brauchen, denn Putin, Erdogan, Milei oder Trump dienen für mich als abschreckende Beispiele. Ich genieße lieber unsere parlamentarische Demokratie.
Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:36 Einer meiner (zugegebne nicht umsetzbaren) politischen Träume ist die räumliche Entkopplung unterscheidlicher Lebenswelten und Lebensmodelle.
Ich wollte eigentlich gar nicht wissen, wovon du nachts träumst...
Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 11:36 Auch ein libertärer Staat wäre übrigens ein Rechtsstaaat - bitte nicht mit einer Anarchie verwechseln
Ein Staat, in dem das Recht des Stärkeren gilt, ist kein Rechtsstaat. Du kannst übrigens jederzeit nach Argentinien auswandern.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Re: Links rechts?

Beitrag von Segler »

Tom Bombadil hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:10 Konservative wollen das Gute bewahren und das nicht so Gute vorsichtig verbessern,
Ich setze eines Drauf: Was ist denn das "Gute"?

Ein deftiges aber treffendes amerikanisches Sprichwort sagt "One man's nightmare is another man's wet dream"

Persönliches Beispiel: Das Gute für mich ist ein ruhiges Landleben mit viel Natur drumrum. Für den anderen ist es der "Szenekiez" mit Clubs und Nightlife.

Das eine ist so gut wie das andere. Unterschiedliche Wünsche halt.

Nur: Ich käme nicht auf die Idee, in den Szenekiez zu ziehen und Ruhe zu verlangen. Deswegen lebe ich auf dem Land
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Tom Bombadil
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Re: Links rechts?

Beitrag von Tom Bombadil »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:35Ich setze eines Drauf: Was ist denn das "Gute"?
Das was sich bewährt hat.
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Re: Links rechts?

Beitrag von Segler »

tarkomed hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:11 Nicht nur ich hätte mehr Freiheiten, sondern auch du und deine Freiheiten würden mit meinen kollidieren.

Es könnte nur sein, dass meine Freiheiten mit Deinen autoritären Vorstellungen und Verbotsphantasien kollidieren. Deine Freiheiten würden mich nicht stören. Selbst wenn Du dreimal die Woche nachts im Garten eine Riesenparty mit 500 Leuten und Großfeuerwerk veranstaltest.

Ich würde die Fenster zumachen und mir ggf. Ohrstöpsel reinschieben.


Wärst Du ein Liberaler, würdest Du vieleicht sagen "Hey ich weiss, ist schon laut, magst Du bei meiner Party vorbeikommen? Du bist eingeladen"

Bei mir müsste niemand nach den Vortstellungen des anderen glücklich werden, weder Du nach der meinen noch ich nach der Deinen.

Die Staatsautoritaristen erinnern mich irgendwie an vertrocknete alte evangelikale Jungfern. Weil sie selber nie Sex hatten, ist Sex böse und sie gönnen ihn anderen nicht und nennen diese Heuchelei "Moral"
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Re: Links rechts?

Beitrag von deggial »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:08 Bei uns, ich sage es mal für die technischen Studiengänge, kannn jeder des KIT in Karlsruhe, die RWTH Aachen oder die Uni Braunschweig besuchen.
Ja, das ist sicher gut für diejenigen, die wegen solch guter Ausbildungen später gute Jobs bekommen. Wer nicht studiert, finanziert das aber durch seine Steuern indirekt mit. Darum würde ich Studiengebühren nicht grundsätzlich ablehnen.

Eine andere Balance müssen wir auch finden, nämlich die zwischen Orchideenfächern und solchen, die sich später auch in ein entsprechendes Einkommen wandeln lassen. Ich will nicht sagen, dass man sein Studium ausschließlich daran ausrichte sollte, was man damit verdienen kann. Junge Leute sollten aber eine bewusste Entscheidung treffen können.

Mehr als einmal sind schon Leute begegnet, die sich gewundert haben, dass sie trotz Master und einigen Praktika keine entsprechenden Gehälter angeboten bekommen... bis sie mir gesagt haben, was sie studiert haben.

Das führt uns aber etwas weit weg vom Kern des ursprünglichen Threadthemas... wir sollten woanders weitermachen, wenn wir das vertiefen wollen. Wobei ich das Gefühl habe, dass wir uns gut verstanden haben. Oder?
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Beitrag von schokoschendrezki »

Man kann es nicht oft genug sagen: Ungefähr 1978/79/80 war in Deutschland, in Europa, in der Welt das vorbei, was man die "Nachkriegswelt" nennen könnte. Es war vorbei und eine gänzlich neue politische Welt war im Entstehen. Und damit vermutlich auch die klassische Unterscheidung links/rechts.

Nur zur Erinnerung: 1979 wurde der Pole Karol Józef Wojtyla als Paul Johannes II der 264te Papst uind blieb es bis zu seinem Tod im Jahr 2005. Und im Gefolge seines Papsttums wurde unter anderem die polnische Gewerkschaft Solidarnosc gegründet und heute heißt ein zentraler Platz und eine Metro-Station in Budapest János Pál Pápa Tér- Mit dieser Papstwahl war im Grunde genommen bereits 1978 das Ende des Ostblocksystems besiegelt.

Im Dezember 1978 begann mit Deng Xiaping der Reformprozess in China, der das Land von einem sehr rückständigen Entwicklungsland zu einer der führenden Wirtschadtsmächte in der Welt machte.


1979 wurd der Schah von Persien gestürzt und ereignete sich etwas, was von Anhängern die "islamische Revolution" genannt wurde und was mindestens in der Region Naher Osten die politischen Verhältnisse völlig veränderte.

1979 begann der sowjetisch-afghanische Krieg und spätestens damit war das Ende des Sowjetreichs endgültig besiegelt.

Im Januar 1980 wurde in Karlsruhe die Partei "Die Grünen" gegründet und damit war auch die klassische politische Ordnung der Bundesrepublik Geschichte.

Es ist so dermaßen paradox: Noch immer begegnen mir Leute bzw. diskutiere ich mit Leuten, bei denen man den Eindruck hat, sie leben noch in der Adenauer-Nachkriegsära. Mit Freiheitsglocke, Rundfunk im Amerikanischen Sektor, Bundeshaus in Bonn, Flughafen Tempelhof und Kanold-Bonbons. Die Welt ist eine völlig andere geworden. Mit ganz anderen Herausforderungen. Mit einem AUsstieg UKs aus der EU. Mit einem möglichen Ende der transatlantischen Beziehungen (jedenfalls in der bisherigen Form) und nicht zuletzt mit einem möglichen politischen Schwenk Frankreichs nach ganz rechts. Mit einem bereits vollzogenen Schwenk Russlands nach ganz rechts. Mit einer möglichen Erweiterung der EU nach ganz Richtung Osten. Usw. Usf. Diese sogenannte "Bonner Republik" ist inzwischen von den politischen Entwicklungen der Gegenwart fast soweit weg wie der 30jährige Krieg oder die französische Revolution.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Links rechts?

Beitrag von tarkomed »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 13:18 Es könnte nur sein, dass meine Freiheiten mit Deinen autoritären Vorstellungen und Verbotsphantasien kollidieren. Deine Freiheiten würden mich nicht stören. Selbst wenn Du dreimal die Woche nachts im Garten eine Riesenparty mit 500 Leuten und Großfeuerwerk veranstaltest.

Ich würde die Fenster zumachen und mir ggf. Ohrstöpsel reinschieben.


Wärst Du ein Liberaler, würdest Du vieleicht sagen "Hey ich weiss, ist schon laut, magst Du bei meiner Party vorbeikommen? Du bist eingeladen"

Bei mir müsste niemand nach den Vortstellungen des anderen glücklich werden, weder Du nach der meinen noch ich nach der Deinen.

Die Staatsautoritaristen erinnern mich irgendwie an vertrocknete alte evangelikale Jungfern. Weil sie selber nie Sex hatten, ist Sex böse und sie gönnen ihn anderen nicht und nennen diese Heuchelei "Moral"
Du darfst weiterhin beliebig phantasieren, aber ich habe dort nichts zu suchen. Mit deinen Phantasien habe ich nichts am Hut.
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Re: Links rechts?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Segler hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:35
Ein deftiges aber treffendes amerikanisches Sprichwort sagt "One man's nightmare is another man's wet dream"

Persönliches Beispiel: Das Gute für mich ist ein ruhiges Landleben mit viel Natur drumrum. Für den anderen ist es der "Szenekiez" mit Clubs und Nightlife.

Das eine ist so gut wie das andere. Unterschiedliche Wünsche halt.

Nur: Ich käme nicht auf die Idee, in den Szenekiez zu ziehen und Ruhe zu verlangen. Deswegen lebe ich auf dem Land
Ich sehe du magst amerikanische Redewendungen und das vom wet dream passt gut zudem was deine Vorstellungen sind ;)

Uebrigens hindert dich der Staat nicht daran wo du leben willst, Land oder Stadt. Die berufliche Realitaet diktiert wo du lebst und das ist ueberall so.
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Re: Links rechts?

Beitrag von Segler »

TheManFromDownUnder hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 01:38 Die berufliche Realitaet diktiert wo du lebst und das ist ueberall so.
Nein die diktiert es nicht - seine berufliche Realität sucht man sich aus.
Etwa hier in Ba-Wü. Global Player der Technologieindustrien bei denen > 100k€ im Jahr verdient wird, siedeln auf der grünen Wiese am Rande von Kleinstädten. Die Mitarbeiter leben in den Dörfern in 10 - 20 km Umkreis, wo es preiswertes Bauland gibt

Überraschungen nicht ausgeschlossen. Mein damaliger Chef kam zu mir und sagte "Du hast doch früher mal EMC gemacht. Wir wollen ein neues EMC Testzentrum in Indien hochziehen. Hast du Lust?"

Ich habe gesagt "Erwin, gib mir eine Stunde, ich muss meine Frau anrufen."

Nach der Stunde hatte ich ihr buy-in, ich habe ja gesagt und sechs Wochen später waren wir beide in Indien

Arbeitsplätze sucht man sich aus.
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Re: Links rechts?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Segler hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 08:56 Nein die diktiert es nicht - seine berufliche Realität sucht man sich aus.
Etwa hier in Ba-Wü. Global Player der Technologieindustrien bei denen > 100k€ im Jahr verdient wird, siedeln auf der grünen Wiese am Rande von Kleinstädten. Die Mitarbeiter leben in den Dörfern in 10 - 20 km Umkreis, wo es preiswertes Bauland gibt

Überraschungen nicht ausgeschlossen. Mein damaliger Chef kam zu mir und sagte "Du hast doch früher mal EMC gemacht. Wir wollen ein neues EMC Testzentrum in Indien hochziehen. Hast du Lust?"

Ich habe gesagt "Erwin, gib mir eine Stunde, ich muss meine Frau anrufen."

Nach der Stunde hatte ich ihr buy-in, ich habe ja gesagt und sechs Wochen später waren wir beide in Indien

Arbeitsplätze sucht man sich aus.
Wenn du im international business bist, dann hast du Moeglichkeiten. Ich bin von Beruf Aussenhandelsfachwirt und als ich die Moeglichkeit hatte u,a. in Suedostasien zu leben und zu arbeiten, dann klar! Auf geht es. Middle East genauso. Australien sowieso.

Aber wenn du Industrie Kfm, Handwwerker, Arbeiter, Sozialarbeiter, Krankenpfleger bist dann hast du diese Moeglichkeiten eben nicht. Und ich respektiere das voll. Diese Menschen suchen sich ihre berufliche Realitaet nicht aus. Sie leben und arbeiten wo ihr Job ist. Und wie wuerde es dir gefallen wenn alle diese Menschen sich bei dir in deiner Dorf Idylle ansiedeln? Klar es waee keine Idylle mehr. Runter vom hohen Ross!

Deine Ansichten sind arrogant finde ich.

o.T. Indien?? Ich war mehrermale geschaeftlich dort und haette meinem Chef gesagt er kann es sich wohin stecken. Nichts gegen Inder, aber der Dreck und die Koruption ( in den 20 zigern) No thank you!
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Re: Links rechts?

Beitrag von Segler »

TheManFromDownUnder hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 10:20 Aber wenn du Industrie Kfm, Handwwerker, Arbeiter, Sozialarbeiter, Krankenpfleger bist dann hast du diese Moeglichkeiten eben nicht.
Was glaubst Du, wie dringend all diese Berufe gerade in Kleinstädsen händeringend gesucht werden?
Weil jeder anscheinend meint, er müsse im "Latte Macchiato Viertel" von Prezenzelsberg in Berlin leben.

Übrigens: Es gibt Statistiken, Einkommen nach Landkreisen. Selbst im sehr ländlichen Kreis Vulkaneifel ist das Durchschnittseinkommen höher als etwa in Berlin

Eigenes Erlebnis in meiner ziemlich ländlichen Umgebung. Meine langjährige Autowerkstatt hat mir einen Reparaturauftrag abgelehnt,
Begründung: Personalmangel!


TheManFromDownUnder hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 10:20 Sie leben und arbeiten wo ihr Job ist.
Und nun? Wenn ich 100 k€ auf dem Land verdienen kann, versus einem mies bezahlten McJob in einer Großstadt? Eigene Entscheidung!
TheManFromDownUnder hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 10:20
o.T. Indien?? Ich war mehrermale geschaeftlich dort und haette meinem Chef gesagt er kann es sich wohin stecken. Nichts gegen Inder, aber der Dreck und die Koruption ( in den 20 zigern) No thank you!
Indien? Super nette und Tolle Menschen. Viel netter als in Deutschland. Und klar die grassierende Volkskrankheit in Indien heisst Korruption. Ein indischer Beamter hat höchsten Respekt vor dem Bildnis seines Staatsgründers Mahatma Ghandi, besonders, wenn es auf der Rückseite einer 1000 Rp Banknote abgedruckt ist. Hat mir das Leben aber auch leichter gemacht als der Kampf durch die deutsche Bürokratie

Dreck? Der durchschnittliche Inder ist reinlicher als der duchschnittliche Deutsche. Selbst die Armen laufen in einem blütenweisen Dhoti rum und im Gegensatz zu einer deutschen S-Bahn habe ich in einem indischen Bus nie einen Menschen wahrgenommen, der übel und ungewaschen roch.
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Re: Links rechts?

Beitrag von Frank_Stein »

Also:
Die Diskussion Links-Rechts scheint bei einigen zu einer Denkblockade zu führen, weil viele seit der Schulzeit damit aufgewachsen sind, dass der Nationalsozialismus rechts war. Dadurch landen dann viele beim Vergleich der angeblich extremen Rechten und der extremen Linken in einem Kreis.

Vielleicht hilft es ja, die Achsen anders zu bezeichnen: Nämlich
Kollektivismus vs. Individualismus

Um Frau Weidel zu verstehen, muss man wissen, bei wem sie ihre Dissertation geschrieben hat und um Profe. Oberender zu verstehen (der sich selbst Hayekianer nennt), muss man wissen, wer Hayek war und worin es in seinen Arbeiten ging.
Bevor man also bei diesem Thema mitdiskutieren kann, sollte man diesen kurzen Artikel bei Wikipedia gelesen haben, wenn man schon darauf verzichten möchte, seine Werke selbst zu lesen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich ... _von_Hayek

Hayek lehnte als Libertärer den Kollektivismus aus tiefstem Herzen ab und begründete das so, dass jede Form von Kollektivismus letztlich in die Unfreiheit führt. An einer anderen Stelle beschreibt er die Vorteile der Marktwirtschaft im Vergleich zu einer Planwirtschaft, die einfach viel schneller und viel flexibler auf Änderungen und auf Defizite reagieren kann. Der Preis dient dabei als Signal für die Knappheit von Ressourcen, was jeder staatlichen Preisbindung überlegen ist.

Aber ein wichtige Aussage, die der Nobelpreisträger in Wirtschaftswissenschaften schon 1944 gemacht hat und auf die sich Frau Weidel beruft, ist wohl die Folgende.

>>
1944 erschien Hayeks Der Weg zur Knechtschaft in England.[125] In diesem Werk legte er dar, dass der Nationalsozialismus in Deutschland und der Faschismus in Italien nicht – wie sozialistische Intellektuelle behaupteten – Formen der kapitalistischen Reaktion seien, sondern Weiterentwicklungen des Sozialismus.
Ziel des Buches war es laut Hayek, die damals gegen den Liberalismus tendierende Mehrheitsmeinung umzukehren und sie für die Gefahren des Sozialismus zu sensibilisieren. Hayeks Hauptargument ist, dass alle Arten von Kollektivismus wie Sozialismus und Planwirtschaft zwangsläufig im Widerspruch zu liberalen Individualrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien stehen.[127] Die Gewaltherrschaft in den totalitären Staaten sei also nicht Folge von besonderer Bosheit der entsprechenden Völker, sondern die Umsetzung der sozialistischen Lehre einer geplanten Wirtschaft. Diese führe notwendig zu Unterdrückung, selbst wenn dies nicht die ursprüngliche Absicht der Sozialisten war.[128]
<<

Wer also Frau Weidel wegen ihrer Aussage kritisiert, der muss erst einmal diese Aussagen von Hayek entkräften.
Ich bin ja in einem sozialistischen Experiment aufgewachsen und kann die Aussagen von Hayek bestätigen. Ich lehne ebenso wie er und Frau Weidel den Kollektivismus weitestgehend ab ... aber natürlich sehe ich dabei auch Grenzen.
Die Reine Lehre ist immer problematisch. Pragmatismus statt Fundamentalismus ist wohl das Zauberwort.
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
It is not racism, but pattern recognition.
Wenn Linke etwas von Wirtschaft verstehen würden, wären sie nicht links.
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