zollagent » Mi 17. Jul 2013, 12:48 hat geschrieben:
Zollagent: Und das wäre dein einziges Zugeständnis? Es ist nicht nur das "mehr haben", was ich meine, sondern überhaupt die Zumutbarkeit des "durch Umverteilung weniger habens", die ich hier anspreche. Irgendwann werden durch den Umfang der Umverteilung Grenzen überschritten, die es unattraktiv machen, Leistung zu erbringen. Dann werden nur noch die arbeiten, die ihre Arbeit als Hobby betrachten. Und wird deren Anzahl wirklich ausreichen? Ich glaube nicht daran
Warum sollten denn Menschen aber nicht arbeiten?
Bei einem passenden Lohn findet man für jeden Job einen Freiwilligen.
Vor allem aber, was passiert, wenn man nichts tut?
Durch Automatisierung kann viel mehr produziert werden
Dafür braucht man weniger Menschen
Weniger Menschen konsumieren weniger
Die Nachfrage sinkt
Der Gewinn der Unternehmen sinkt
Es muss weniger produziert werden, als möglich ist.
--> Die Wirtschaft kann nicht den Wert hervorbringen, der technisch möglich wäre.
Also hier verlieren nicht nur die Armen - hier verlieren alle Menschen, weil der Fortschritt gebremst wird.
Ohne Korrektiv kommt die Marktwirtschaft durch fortlaufende Automatisierung in große Schwierigkeiten.
Zollagent: Wie du das Kind benennst, und welche Zwecke du damit verfolgst, betrachte ich als nachrangig. Denn du berührst damit eine essentielle Zone, nämlich die wirtschaftliche Selbstbestimmung. Und deshalb wirst du mit solchen Dingen schlicht baden gehen. Wir sind keine Insekten, die sich selbstlos für den Stamm opfern, wir Menschen sind Individualisten. Zu solidarischen Dingen gibt es durchaus eine grundsätzliche Bereitschaft, die aber, wie oben beschrieben, Grenzen hat.
Ich möchte gar nicht in die wirtschaftliche Autonomie eingreifen, ich will lediglich die vorhanden (Steuer)Mittel effizient einsetzen.
Bildungsgeld ersetzt alle Formen der sozialen Absicherung.
Zollagent: Wie willst du das lösen? So was geht nur über einen allmächtigen Staat, der auch die Wirtschaft unter Kontrolle hat und deswegen bestimmen kann, wohin die Erträge fließen. Man müßte also, um Verteilungskonflikten aus dem Wege gehen, die Privatwirtschaft abschaffen. Solche Ideen hatten wir schon. Und sie haben nicht funktioniert.
siehe davor
Zollagent: Du meinst sinngemäß, daß alle Einkommen in einen großen Topf fließen müssen und von dort verteilt werden. Das wird nicht funktionieren, weil die, die Leistung erbringen, sich nicht derart entmündigen lassen werden. Und du weißt nicht, was du nicht berücksichtigst? Du stellst Fortschritt als ein "arbeitsplatzverschlingendes Monster" dar, das nur Beschäftigungslose zurück läßt. Das aber war nie der Fall. Jeder Fortschritt gebiert auch neue Tätigkeitsfelder.
Das ist für mich kein Monster - ich sehe das als menschlichen Befreiungsschlag vom Zwang zur Arbeit - ich nenne es doch nicht ohne Grund Sklavenzeitalter
Die Griechen hatten das doch bereits - nur waren das damals keine Maschinen, sondern Menschen.
Zollagent: Ich meine, dein "Bildungseinkommen" ist schlichtweg eine Investition ohne Sinn und Zweck. Bildung ist kein Wert an sich, sie muß verwertet werden, einsetzbar sein.
Für mich ist Bildung der Wert an sich überhaupt.
Die Zeit ändert sich - Erwerbsarbeit kann nicht für immer der Sinn des Lebens der Menschheit sein - Bildung hingegen hat einen eigenständigen Wert. Selbst in einer vollautomatisierten Welt, in der Menschen quasi nur noch Ideen haben, die Maschinen umsetzen, besitzt Bildung einen Wert. Erwerbstätigkeit hingegen nicht!
Zollagent: Es ist unbestritten, daß Arbeitsgebiete wegfallen und die Menschen, die dafür ausgebildet wurden, nun in dieser Funktion nicht mehr gebraucht werden. Aber noch jeder technische Fortschritt hat auch neue Herausforderungen und Arbeitsgebiete gebracht. Die gesellschaftliche Entwicklung ebenso. Man denke nur an die ganze "soziale Industrie", die inzwischen allein vierzig Prozent des Staatshaushalts verschlingt. Für so was war vor 150 Jahren noch kein Platz in der Gesellschaft. Allein die Feststellung, oder besser Voraussage einer tektonischen Verschiebung in der Arbeitswelt, ist allenfalls eine Frage nach, aber keine Antwort auf die nötigen Reaktionen.
Unbestritten werfen die Wissenschaftler lediglich eine Frage auf - ich habe eine mögliche - meine Antwort angeschnitten. Kennst Du eine bessere Antwort?
Zollagent: Natürlich hat sie Menschen verdrängt. Nämlich aus ihren gewohnten und erlernten Tätigkeiten hinaus. Und er hat, wie du richtig feststellst, auch Neues geschaffen. Im Prinzip das Gleiche, wie es jetzt geschieht. Und auch der Umfang ist nicht wirklich größer. Nicht absolut natürlich, aber im Verhältnis. Ganze Wirtschaftszweige starben aus. Ich sehe hier keine wirklichen Unterschiede.
Dann sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung des MIT Deiner Meinung nach falsch?
"Die Liste der Tätigkeiten, in denen Menschen besser als Maschinen sind, schrumpft rasant"
"Das ist aber bislang alles nur ein Vorgeschmack, in den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir den Wandel weltweit erst richtig zu spüren bekommen"
Die haben diese Sache untersucht und kommen nicht zu dem Schluss, dass sich die Liste der Tätigkeiten (...) verändert, sondern, dass sie schrumpft. Also in immer weniger Aufgabenbereichen ist der Mensch besser als die Maschine. Diese Aussage ist eindeutig und lässt sich auch nicht anders deuten.
Zollagent: Es ist einfach ein Vergleich, in dem festgestellt wird, was man mehr können muß, wenn man solch eine Technologie auf niedrigerem Level (der Lastwagen, für Kenner, es war ein Rio) betreiben muß, als auf höherem Niveau (mein relativ moderner PKW) mit all ihren Helferlein. Ich würde behaupten, obwohl die Fahrzeuge vom technischen Prinzip her völlig gleich sind, werden von den Usern hier im Forum allenfalls die Hälfte den Rio in Bewegung setzen können. Und von diesen werden ihn auch nicht alle im Straßenverkehr bewegen können. Was also wäre die Lösung? Den LKW stehen lassen, oder den Leuten beizubringen, wie er zu bewegen wäre? Ich wollte damit andeuten, daß die hohen technischen Anforderungen an den Betreiber solch einer Maschine (ersetze es durch Computer, dann hast du den Bezug zu heute) nur zu Beginn bestehen. Mit fortschreitender Entwicklung werden diese hohen Anforderungen sinken. Man nennt das auf Computerdeutsch "Benutzerfreundlichkeit". Denk mal an die ersten Computer, den Sinclair ZX, den IBM XT, den Schneider CPC, den Commodore VC 20 oder den C 64. Könntest du die aus dem Stand programmieren? Oder wenigstens eine Stapeldatei schreiben (Stapeldatei: http://universal_lexikon.deacademic.com/304582/Stapeldatei)? Man mußte die Befehle des Betriebssystems mit allen Zusätzen kennen und mit richtiger Syntax schreiben können, um die Dinger zum Arbeiten zu bewegen. Und heute? Ist das alles eine einzige Mauserei! Von weitergehenden Steuerungen wie Gestikerkennung mal abgesehen.
Ich verstehe das - aber das spricht doch noch eher für meine These.
Automatisierung führt in dem angeführten Beispiel dazu, dass komplexere Anwendungen geschrieben werden können und das dazu noch leichter wird.
Mit den Methoden vor 10 Jahren würde man viel mehr Arbeitszeit benötigen, als mit den Methoden von heute.
Aber warum sollte man genau so viele Entwickler an eine Aufgabe setzen, wenn doch einer genügt?
Automatisierung betrifft ja auch Aufgaben, die heute höchste Bildungsabschlüsse benötigen. Gerade in der Medizin wird Technologie in den nächsten Jahrzehnten den Ärztebedarf reduzieren - zunächst gar nicht weil damit Kosten eingespart werden, sondern weil Maschinen sicherer als Menschen werden. Langfristig wird eine Maschine ein Skalpell viel präziser führen als der beste Chirurg.
Ich sehe nicht, wo hier viele neue Jobs entstehen - außer in den Bereichen, wo bereits heute händeringend Leute benötigt werden.
Zollagent: Das ist jetzt schon die dritte Aussage, daß Tätigkeiten wegfallen. Das ist unbestritten. Daß die Gleichen nicht wieder erstehen, auch nicht. Das gilt für die gesamte Wirtschaft. In meinen Ohren klingt das ständige "Wie soll hier noch genug Arbeit für alle Menschen entstehen...." wie ein immer wiederholtes Lamento. Und deine Vorstellung: "Wir kriegen nicht alle unter also stellen wir sie alle bezahlt frei" (so kommt es jedenfalls bei mir an) wie eine Resignation. Nur bewältigst du mit Resignation keine Zukunft.
Wieso Resignation - mir schwebt eine bessere Zukunft vor.
Maschinen sind Sklaven - Menschen leben weltweit wie die Bürger in Athen.
Bildung wird zum zentralen Thema der Gesellschaft - eine Bildungsgesellschaft widmet sich wahrhaft großen Herausforderungen.
Ich sehe das also sehr optimistisch - die Entwicklungen hilft mir nur immer mehr in meiner Argumentation.
Ich hatte vor etwa 10 Jahren bereits eine solche Diskussion geführt - damals war da gar kein Durchkommen - inzwischen bestätigt mich das MIT und Nobelpreisträger
Ich bin davon überzeugt, dass die Welt sich in diese Richtung entwickelt.
Die Neuland-Republik mit ihren konservativen "demographischen" Faktoren bietet nur leider für den politischen Gestaltungswillen des Neulands schlechte Bedingungen.
Wenn nicht heute - dann morgen - in 5 Jahren oder aber erst 10 Jahren.
Es wird aber kommen - dafür liefert mir die Welt mit jedem neuen Tag neue Argumente.
Zollagent: Das ist ein Plädoyer für eine Grundabsicherung. Die haben wir längst. Du willst also eine Frage beantworten, die längst beantwortet ist. Und, so lange man eine Arbeitsmöglichkeit für diesen Personenkreis auftun kann, halte ich es für gerechtfertigt, diese Arbeit auch erbringen zu lassen. Denn dann ist doch Arbeit da.
Grundsicherung ist schon etwas anderes.
Ich will die Bevölkerung zur Bildung treiben - die Menschen sollen ihre Potentiale mehr nutzen - das wird sich ganz sicher auch positiv auf die Wirtschaft auswirken!
Zollagent: Ich sehe in einer Bildung ohne Ziel kein Fitmachen. Was sollen die Menschen mit einer Bildung anfangen, die sie - wie du es kommen siehst - nicht nützen können?
Ich finde diesen einseitigen Fokus auf Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß.
Bildung ist mehr als fit werden für die Wirtschaft.