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Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Sonntag 9. Januar 2011, 11:30
von eluveitie
Bonsta » So 9. Jan 2011, 06:21 hat geschrieben:Leider ein großer Irrtum, der uns teuer zu stehen kommen wird: https://docs.google.com/present/view?sk ... 3_30hjz3rh
So ein Quatsch ist kaum noch zu fassen. Für gar nichts gibt es eine andere Quelle als "das Volkseinkommen", das gilt nicht nur für die Altersrücklagen, sondern auch den gegenwärtigen Konsum. Manchmal schaudert es einen, was mancherorts als große Entdeckung verkauft werden soll.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Sonntag 9. Januar 2011, 12:40
von NMA
In dem phoenix-Beitrag mit Blüm wurde angesprochen, dass man jetzt an der eventuell immernoch steigenden Produktivität eines Arbeitnehmers forsche und man darauf baue, weil so ohne Weiteres weniger Menschen mehr Rentner versorgen könnten.
Dass das Wachstum Grenzen hat ist aber schon seit den 1970ern bekannt und es will mir nicht einleuchten, wie heute die Produktivität eines Einzelnen weiter steigen soll. Wenn ich da allein schon an den demographischen und Einwanderungspolitik-bedingten Schwund an Bildung und Qualifikation denke, meine Güte...woher soll die Produktivität des Einzelnen noch weiter steigen? Ich will da gar nicht abfällig abwinken, mich würde ess wirklich ernsthaft interessieren, auch in anderen Zusammenhängen.

Wenn Rentner, wie in diesem Beitrag, ihre Altersvorsorge Spekulanten anvertrauen kann ich nur sagen: sorry, selber schuld. Sowas wie Altersvorsorge macht man solide, nicht bequem und gierig.

Nebenbei entfernen wir uns immer weiter vom Strangthema ;)

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Montag 10. Januar 2011, 02:38
von Bonsta
Das wird in der Rentendebatte aber gar nicht thematisiert. Zu Grenzen des Wachstums gibt es einiges zu sagen. Wachstum kann vieles sein. Entscheidend ist dabei, was die Menschen wollen, in Zukunft könnte das statt eines I-Pod ein gutes Buch sein, dann entssteht eben da Wachstum. Es ist nicht gottgegeben, dass der Mensch Auto fahren muss. Es ist auch nicht nötig heute mit der Rentenangst zu spielen für Probleme, die vielleicht in 20 Jahren aktuell werden. Und schon gar nicht ist es nötig den Generationen-Vertrag in Frage zu stellen. Aber das Motiv ist ja auch ein ganz anderes, denn es gilt die Menschen heute in die private Vorsorge zu locken. Das Glaskugellesen ist in unseren Tagen ein prima Geschäft.
Wenn Rentner, wie in diesem Beitrag, ihre Altersvorsorge Spekulanten anvertrauen kann ich nur sagen: sorry, selber schuld. Sowas wie Altersvorsorge macht man solide, nicht bequem und gierig.
Die meißten wissen gar nicht, auf was sie sich da einlassen und es wurde und wird ja auch massiv von "vertrauenswürdigen" Quellen befeuert, wie z.B. durch Finanztest, die unhaltbare Versprechungen machten. Wer ernsthaft über Renditen von 9% spricht, hat entweder keine Ahnung von Volkswirtschaften, oder betreibt bewusste Desinformation. Dem Staat obliegt aber die Aufgabe unbedarfte und unwissende Bürger davor zu schützen und nicht auch noch Handlanger gieriger Spekulanten zu werden. Wenn man das mit der Lebensgrundlage für die Menschen im Alter macht, ist das sehr sehr höflich formuliert, unverantwortlich.
Nebenbei entfernen wir uns immer weiter vom Strangthema

Da habe ich ein gutes Zitat:

"Wenn die Politik dem Showbusiness gleicht, dann kommt es nicht darauf an, überragende Leistungen, Klarheit und Redlichkeit anzustreben, sondern darauf, den Eindruck zu erwecken, man täte es – und das ist etwas ganz anderes. Was dieses ganz andere ist, lässt sich mit einem Wort sagen: Reklame."

Neil Postman

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Montag 10. Januar 2011, 06:41
von eluveitie
Bonsta » Mo 10. Jan 2011, 03:38 hat geschrieben:Und schon gar nicht ist es nötig den Generationen-Vertrag in Frage zu stellen.
Es ist immer nötig, fiktionale Konzepte infrage zu stellen.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Montag 10. Januar 2011, 17:08
von Kopernikus
Es gibt übrigens ein sehr lesenswertes Buch, das einer meiner Professoren mitherausgegeben hat und mit einigen populären Irrtümern aufräumt:

Die Droge Populismus - Zur Kritik des politischen Vorurteils

Eine Vorschau gibt´s hier: http://books.google.com/books?id=DLeigg ... &q&f=false

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Montag 10. Januar 2011, 18:38
von NMA
Bonsta » Mo 10. Jan 2011, 02:38 hat geschrieben:Das wird in der Rentendebatte aber gar nicht thematisiert. Zu Grenzen des Wachstums gibt es einiges zu sagen. Wachstum kann vieles sein. Entscheidend ist dabei, was die Menschen wollen, in Zukunft könnte das statt eines I-Pod ein gutes Buch sein, dann entssteht eben da Wachstum. Es ist nicht gottgegeben, dass der Mensch Auto fahren muss.
Wie auch immer fände ich interessant, woher diese weitere Produktivitätssteigerung kommen soll. Die Tertiärisierung hat hat ja auch schon Auswüchse, die vermuten lassen, das es egal werden könnte, ob Menschen produktiv beschäftigt sind, Hauptsache, sie sind beschäftigt (Call-Center-Nerverei zum Beispiel)
Es ist auch nicht nötig heute mit der Rentenangst zu spielen für Probleme, die vielleicht in 20 Jahren aktuell werden. Und schon gar nicht ist es nötig den Generationen-Vertrag in Frage zu stellen. Aber das Motiv ist ja auch ein ganz anderes, denn es gilt die Menschen heute in die private Vorsorge zu locken. Das Glaskugellesen ist in unseren Tagen ein prima Geschäft.
Ich finde, es braucht dazu gar keine Angst. Ich finde eher, es ist eine logische Konsequenz, das man länger arbeiten kann, wenn man länger lebt, unabhängig davon, wieviel das Rentensystem aushält. Wieso sollten wir weniger arbeiten als unsere (Groß-)väter?
Die meißten wissen gar nicht, auf was sie sich da einlassen und es wurde und wird ja auch massiv von "vertrauenswürdigen" Quellen befeuert, wie z.B. durch Finanztest, die unhaltbare Versprechungen machten. Wer ernsthaft über Renditen von 9% spricht, hat entweder keine Ahnung von Volkswirtschaften, oder betreibt bewusste Desinformation. Dem Staat obliegt aber die Aufgabe unbedarfte und unwissende Bürger davor zu schützen
Nein, meiner Meinung nach hat der Bürger hier die eigene Verantwortung, gebildet genug zu sein, sich ordentlich informieren zu können
und nicht auch noch Handlanger gieriger Spekulanten zu werden.
Hier allerdings gebe ich dir recht. Das Problem ist wohl, dass selbst Politiker sich ...nein, nicht schmieren... sondern schlicht übers Ohr hauen lassen und im guten Glauben etwas empfehlen. Es zeigt sich immer mehr, dass Politiker zunehmend überfordert sind, die Komplexität nicht nur der Finanzwelt, sondern vieler Themen vollumfassend zu überblicken. In wie weit man ihnen da einen Vorwurf machen kann, darüber kann man streiten. Aber wenn selbst Leute wie Wolfgang Clement, Friedrich Merz, und Helmut Schmidt heute zugeben, sie würden selbst nicht mehr durchblicken, zeigt das doch, wie schwierig es geworden ist. Auf einer Lesung zur Vorstellung von Peer Steinbrücks Buch sagte himself, nicht nur er sondern seine ganze Truppe seien um die Jahrtausendwende aus der Wirtschaft- und Finanzwelt so sehr bedrängt und belabert worden, dass sie sich von der Besoffenheit der angeblichen Vorteile der Finanzliberalität haben anstecken lassen. Er sieht das heute als Fehler ein, brach aber eine Lanze für seine Klasse, dass man von ihr nicht vollumfänglich verlangen könne, richtig in die Zukunft zu orakeln.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 07:14
von Bonsta
Wie auch immer fände ich interessant, woher diese weitere Produktivitätssteigerung kommen soll.
Die ist ja bis heute Realität. Ob auf Grund von Peak Oil oder allgemein schwindender fossiler Energien das in Zukunft mal anders sein wird, mag ja sein, eine Antwort darauf gibt die Diskussion um die Rente heute und in dieser Form jedoch kaum. Und ob das überhaupt ein Problem sein muss, wage ich zu bezweifeln, ich sehe das eigentlich gar nicht so wild. Ma kann ja so einige Untergangsszenarien auf diversen Peak Oil-Seiten lesen, die durchaus Realität werden können, aber doch nur, weil die Politik aufgegeben hat zu gestalten und sich sklavisch den Finanzmärkten unterworfen hat. Wenn man sich die Bundeswehr-Studie dazu durchliest, schreiben sie von 10-15 Mio Arbeitslosen, die aus der Automobilindustrie kommen werden, daran kann man aber sehr gut sehen, dass es in absehbarer Zeit keinen Arbeitskräftemangel geben wird, sondern sogar das Gegenteil eintreten würde. Dass die Politk ganz andere Aufgaben hat, dem entgegenzuwirken, als eine völlig sinnlose Debatte ums Renteneintrittsalter, in einer Zeit wo über 90% der 64 jährigen keinen Job hat und wir insgesamt über 4 Mio Arbeitslose haben, ist da doch völlig klar.
Die Tertiärisierung hat hat ja auch schon Auswüchse, die vermuten lassen, das es egal werden könnte, ob Menschen produktiv beschäftigt sind, Hauptsache, sie sind beschäftigt (Call-Center-Nerverei zum Beispiel)
Hehe, wenn du Call-Center tatsächlich als "Dienstleistung" betrachtest... Ich halte das für ein Märchen, eigentlich entfernen wir uns immer mehr von einer Dienstleistungsgesellschaft. Wenn man einen Berliner fragt, ober er z.Zt. zufrieden mit der Dienstleistung seiner S-Bahn ist, muss man sich wahrscheinlich ganz schnell ducken ;)
Ich finde, es braucht dazu gar keine Angst. Ich finde eher, es ist eine logische Konsequenz, das man länger arbeiten kann, wenn man länger lebt, unabhängig davon, wieviel das Rentensystem aushält. Wieso sollten wir weniger arbeiten als unsere (Groß-)väter?
Können heißt nicht müssen und dürfen tust du das schon immer. Wenn es denn mal nötig sein wird, das Renteneintrittsalter anzuheben, dann doch nur, wenn es einen Bedarf auf dem Arbeitsmarkt dafür gibt. Das ist nicht der Fall. Die Rentenkassen kommen ja nur deshalb in Bedrängnis, weil sie chronisch unterfinanziert sind, das ist aber so gewollt und kein Naturgesetz.
Nein, meiner Meinung nach hat der Bürger hier die eigene Verantwortung, gebildet genug zu sein, sich ordentlich informieren zu können
Naja, die Realität ist doch eine andere. Du sagst ja weiter unten, dass selbst unser ehemaliger Finanzminister nicht mehr durchblickte... (das glaube ich ihm aufs Wort :D)
Hier allerdings gebe ich dir recht. Das Problem ist wohl, dass selbst Politiker sich ...nein, nicht schmieren... sondern schlicht übers Ohr hauen lassen und im guten Glauben etwas empfehlen. Es zeigt sich immer mehr, dass Politiker zunehmend überfordert sind, die Komplexität nicht nur der Finanzwelt, sondern vieler Themen vollumfassend zu überblicken. In wie weit man ihnen da einen Vorwurf machen kann, darüber kann man streiten. Aber wenn selbst Leute wie Wolfgang Clement, Friedrich Merz, und Helmut Schmidt heute zugeben, sie würden selbst nicht mehr durchblicken, zeigt das doch, wie schwierig es geworden ist
Was ich von der Politik heute noch halten soll und ob das wirklich nur Naivität ist, kann ich mir angesichts dieses Wahnsinns gerade im Bankensektor kaum noch vorstellen. Dass das nicht gut geht, wissen doch alle, da braucht man nicht studiert zu haben. Die Politik hat aber die Verantwortung nach Lösungen zu suchen und es nicht einfach weiterlaufen zu lassen, solange es noch irgendwie geht.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 07:15
von Bonsta
Kopernikus » Mo 10. Jan 2011, 17:08 hat geschrieben:Es gibt übrigens ein sehr lesenswertes Buch, das einer meiner Professoren mitherausgegeben hat und mit einigen populären Irrtümern aufräumt:

Eine Vorschau gibt´s hier: http://books.google.com/books?id=DLeigg ... &q&f=false
Die Seiten werden bei mir nicht richtig dargestellt :( Bin ich zu dusselig, oder ist das bei dir auch so?

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 08:30
von Liegestuhl
Bonsta » Do 13. Jan 2011, 08:15 hat geschrieben: Die Seiten werden bei mir nicht richtig dargestellt :( Bin ich zu dusselig, oder ist das bei dir auch so?
Die Seiten wurden offensichtlich falsch gescannt.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 15:35
von Olifant
Ähm, ich denek, das ist mit Absicht so, damit man das Buch nicht in Gänze dargestellt bekommt. Bücher kosten nämlich gemeinhin Geld :cool:

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 17:06
von Kopernikus
Olifant » Do 13. Jan 2011, 15:35 hat geschrieben:Ähm, ich denek, das ist mit Absicht so, damit man das Buch nicht in Gänze dargestellt bekommt. Bücher kosten nämlich gemeinhin Geld :cool:
Richtig. Wer das möchte, kann sein Buch nur auszugsweise darstellen lassen. Damit bekommt man zwar schon viele Seiten zu sehen aber eben nicht alle.

Allerdings ist das von Bonsta angesprochene Problem ein anderes: Bei den abgebildeten Seiten fehlt ein gutes Stück der linken Seitenhälfte. Als ich kürzlich bei Google Books war, war mir das noch nicht aufgefallen. Auch konnte man in viel mehr Kapitel hineinschaun. :?:

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Donnerstag 13. Januar 2011, 17:09
von Liegestuhl
Olifant » Do 13. Jan 2011, 16:35 hat geschrieben:Ähm, ich denek, das ist mit Absicht so, damit man das Buch nicht in Gänze dargestellt bekommt. Bücher kosten nämlich gemeinhin Geld :cool:
Ja, aber normalerweise fehlen bei den Google-Büchern einfach nur irgendwelche Seiten. So ist das doch unlesbar.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Sonntag 16. Januar 2011, 19:36
von Kibuka
Guttenberg ist im Moment nicht umsonst populär. Der Mann kann sich ausdrücken, richtet sein Fähnchen nicht ständig nach dem Wind aus und wirkt kompetent - auch im Umgang mit den Medien.

Sein Konfrontationskurs zum Außenminister in Bezug auf den Abzug aus Afghanistan hat Hand und Fuß.

Re: Der gesuchte Politikertypus

Verfasst: Dienstag 1. Februar 2011, 18:03
von hafenwirt
Mein Eindruck zur Zeit:

Ein Politiker sollte ...

- ehrlich sein
- Bürgernähe zeigen
- international die Vormachtstellung Deutschlands ausbauen
- einen Tag später direkt auf ein Problem mit einem neu erlassenen Gesetz reagieren
- Lobbys ignorieren und nur aus freiem Gewissen entscheiden
- "Für das Volk" regieren
- über jedes Thema zu jeder Zeit Bescheid wissen
- sämtliche Wahlversprechen umsetzen und keine Kompromisse eingehen

Bei jedem Punkt sehe ich Schwierigkeiten in der Umsetzung. Allerdings nicht mal systemisch bedingt, sondern schlichtweg, weil "die da oben" auch Menschen sind und die ein oder andere Handlung auf Menschlichkeit beruht - die selbst mit vollkommener Professionalität nicht auszuschließen ist.