K.-H. Hirmer hat geschrieben:1. Die Probleme der Entwicklungsländer werden in den Entwicklungsländern von den Menschen der Entwicklungsländer gelöst. Oder sie werden nicht gelöst.
Richtig. Ob ein Problem gelöst werden kann, hängt aber neben dem Willen und den Fähigkeiten desjenigen, der das Problem lösen soll, immer auch von den Umständen ab, unter denen das Problem gelöst werden soll. Daraus folgt, dass die Verantwortung dafür, ob das Problem gelöst werden kann oder nicht, nicht nur bei demjenigen liegt, der es letztlich lösen soll, sondern auch bei denjenigen, die Einfluss auf die äußeren Umstände haben. Welche Seite wie stark in der Verantwortung steht, hängt wesentlich davon ab, ob derjenige, der das Problem letztlich lösen soll, mächtig genug ist, die äußeren Umstände zu seinen Gunsten zu beeinflussen, oder aber ihnen unterworfen ist; sowie davon, wie weitreichend die äußeren Umstände die realen Handlungsoptionen des Problemlösers beeinflussen.
Für Afrika kann zumindest festgestellt werden, dass die gewöhnlichen Menschen - ergo diejenigen, die teilweise um Asyl bitten - quasi keine Macht haben, die äußeren Umstände zu ihren Gunsten zu beeinflussen, und zwar wegen mangelnder demokratischer Strukturen in den meisten Ländern sowie deshalb, weil Armut über einem gewissen Niveau dazu führt, dass alle Energie in die Sicherung des Überlebens auf bescheidenstem Niveau fließen muss. Hinzu kommt, das selbst bei existenten demokratischen Strukturen die Macht der Regierung dadurch signifikant beschränkt wird, dass sie dem Regelsystem von Organisationen wie der WTO unterworfen sind, die wiederum von den wohlhabenden Nationen dominiert werden.
Bevor wir also davon reden, dass die Menschen in den Entwicklungsländern ihre Probleme lösen sollen - was an sich absolut richtig ist - müssen also erst einmal die Strukturen geschaffen werden, in denen diese Menschen die Macht haben, ihre Probleme zu lösen. Die Ermächtigung der Machtlosen kann naturgemäß nicht Sache der Machtlosen sein, da eine solche Ermächtigung ein Mindestmaß an Macht voraussetzt, über das diese oft nicht verfügen.
K.-H. Hirmer hat geschrieben:2. Mit jedem jungen, starken Mann, dem wir die Einwanderung nach Europa gestatten, fehlt dort eine Person, die zum Aufbau beitragen könnte.
Prinzipiell ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn nämlich der Migrant in Europa Geld verdient, überweist er in der Regel einen Teil davon an seine Verwandten in seiner Heimat zurück, was eine sehr effektive Form der Entwicklungshilfe darstellt, da das Geld nicht an die oftmals ziemlich korrupten Regierungen, sondern an normale Leute fließt, diese aus der allerschlimmsten Armut befreit und somit dazu beiträgt, diese zu ermächtigen, Probleme jenseits der Überlebenssicherung zu lösen. Dafür müssen die überwiesenen Summen nicht einmal hoch sein, da man in Afrika für 1€ ja viel mehr kriegt als in Europa. Wünschenswert wäre aber, wenn die Rücküberweisungen erleichtert und verbilligt würden.
Wo deine Aussage allerdings zutrifft, ist die Abwanderung von notwendigen Spezialisten, die daheim nicht adäquat ersetzt werden können, z. B. Ärzte, deren Mangel größere Probleme schafft, als mittels ihrer Rücküberweisungen und deren Effekten gelöst werden können.
K.-H. Hirmer hat geschrieben:Sollte es wirklich einigen Leuten gelingen, die Regelung sichere Drittstaaten zu kippen, haben wir uns wieder Probleme geschaffen, ohne irgendwo anders auf der Welt auch nur ein einziges Problem gelöst zu haben.
Der positive Effekt eines Endes der Drittstaatenlösung wäre, dass die Asylantenlast gerechter auf die verschiedenen europäischen Staaten verteilt würde. Z. Zt. haben nämlich wesentlich Griechenland, Italien, Spanien und Malta mit dem Problem fertig zu werden, was 4 von 27 EU-Staaten bedeutet. Die Konsequenz sind überfüllte Lager wie auf Lampedusa. Die gegenwärtige Lösung bedeutet also Nachteile sowohl für die 4 genannten Staaten als auch für die Asylanten, da die Überbelastung der 4 Staaten zu unnötig schlechten Bedingungen führt und wohl auch die angemessene Sorgfalt in der Antragsbearbeitung verhindert.
Für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Nachhaltigkeit und eine faire Globalisierung.