schokoschendrezki hat geschrieben: ↑Samstag 17. August 2024, 02:07
War der politische Umschwung in Polen wirklich vor allem den einbehaltenen Geldern zu verdanken. Oder hatten die Massenproteste in Warschau nicht vor allem mit der Politik der PiS selbst zu tun. Pressefreiheit. Rechtspolitik. ABtreibungsgesetze. Völlig unabhängig von irgendwelchen einbehaltenen EU-Geldern.
Die Gemengelage haben Sie schon ganz richtig umrissen; die unübersehbare Korruption und Günstlingswirtschaft kam hinzu.... und wenn dann fest einkalkuliertes Geld nicht mehr fließen will, dann sinkt die Zustimmung weiter.
Das sind alles edle Ideen. Aber momentan ... selbst bei einer Aufweichung des Einstimmigkeitsprinzips. Was passiert denn real in drei so wichtigen und großen und traditionellen EU-Ländern wie Italien, Frankreich und Niederlande? Man muss neben den edlen Ideen auch mal die politischen Realitäten sehen.
Also eine EU ohne edle Ideen? Wie will man dann aber die Mittelverteilung aus den Abgaben der Nettozahler begründen? Polen erhält praktisch die deutschen Beiträge zur EU. Was in der Hinsicht mit Ungarn Sache ist... bitteschön, Schoko!
Und vielleicht noch mehr die wirtschaftlichen Realitäten. BMW hat in der ersten Hälfte 24 die größte Photovoltaikanlage des Gesamtunternehmens im ostungarischen Debrecen errichtet. Im November beginnt dort eine Art neue Ära von BMW. In Ungarn. In Kooperation mit E.On.hu, der ungarischen Sparte des bekannten deutschen Energieunternehmens. Ja glaubt man denn, dass die Wirtschaftslobbyisten in Deutschland solche Investitionen einfach so europapolitisch unsicheren Zuständen überlassen?
Zustimmung... Geschäft ist Geschäft. Aber doch bitte ohne Schmierseife aus den Abgaben der Nettozahler. Das wäre nämlich die Trennung von Geschäft und Politik. Wobei, EU-freundliches und gemeinschaftsförderliches Auftreten vorausgesetzt, ich gar nichts gegen "Schmierseife" habe... denn das Schmiermittel soll ja den Weg zu vergleichbaren Lebensbedingungen in allen Regionen der EU beitragen. Also genau zur edlen Idee. Wo die aber nicht mehr verfolgt wird...
Wenn man für Liberalismus einstehen will, dann muss man zunächst mal das Primat von Wirtschaft, Auto, Geld, Finanzen hinterfragen. Und mal schauen, wies den Künstlern, Intellektuellen, Journalisten, Studenten in Budapest so geht. Daran ist in einem Wirtschafts- und Autoland wie Deutschland überhaupt nicht zu denken.
Man muss Liberalismus, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Meinungsfreiheit wollen. Einen Pickel ausdrücken reicht nicht, um eine Pockenepidemie zu bekämpfen
Möchten Sie andeuten, daß Gedankenfreiheit in Wort und Schrift in Deutschland mehrheitlich abgelehnt wird? Natürlich in Grenzen der bestehenden Gesetze... versteht sich. In dieses Licht rücke ich unsere freiheitlich-rechtsstaatliche Ordnung dann doch nicht.
In Polen wird die öffentliche Diskussion inzwischen sehr offen geführt... und dabei kommen Verfehlungen der Nationalpopulisten sehr gut ins Blickfeld, aber auch Fragen, die große Teile der Gesellschaft umtreiben, die zuvor aber mit teils brutaler Gewalt unterdrückt wurden. Die polnische Volkswirtschaft ist deshalb aber nicht in Gefahr geraten. Die läuft ganz ordentlich weiter.