https://www.tichyseinblick.de/meinungen ... fkBB2b6D9sGELSENKIRCHEN IST SPITZENREITER IM BÜRGERGELD
Das Märchen vom abgehängten Osten, der mitgenommen werden will
Dieser Tage analysieren die Medien wieder den Erfolg der AfD. Dabei spielen ihre Stärke in Ostdeutschland und dessen wirtschaftliches Schattendasein eine wichtige Rolle. Nur: Dieser These widersprechen Angaben der Bundesregierung.
Die AfD trifft sich an diesem Wochenende zum zweiten Teil ihres Parteitags. Zudem steigt die Partei weiter in den Umfragen. Das zieht entsprechende Erklärungsversuche der meisten Medien nach sich. In diesen spielt der Osten Deutschlands, genauer gesagt die ehemalige DDR, eine zentrale Rolle. Denn dort holt die AfD mit Abstand ihre besten Ergebnisse.
Die besagten Analysen sind voll von Stereotypen. Der Osten sei wirtschaftlich abgehängt, die Bevölkerung dort deshalb verunsichert und sie müsse – am wichtigsten von allem – „besser mitgenommen“ werden. Doch sind das weniger Analysen. Es sind mehr Märchen, mit denen ihre Erzähler glauben machen wollen, alles könne gut werden: Wir kümmern uns wirtschaftlich um den Osten, der erlebt eine Blüte, alles ist gut, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Wie viele ostdeutsche Städte finden sich nun in der Übersicht der Städte mit dem höchsten Bürgergeld-Bezug? Rechnet man alle zusammen, sind es null. Stattdessen dominiert Nordrhein-Westfalen diese Tabelle. Neun von 15 Städten liegen im Verantwortungsbereich des Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Es wäre spannend, mal eine Analyse zu lesen, in der sein Erfolg auf die hohe Abhängigkeit seiner Bürger vom Staat zurückgeführt wird.
Gelsenkirchen führt diese Liste an: 24,9 Prozent seiner Bürger beziehen Bürgergeld. Das ist fast genau jeder Vierte. Auf den Plätzen vier bis neun folgen Duisburg, Dortmund, Essen, Herne, Hagen und Oberhausen. Wuppertal und Mönchengladbach belegen die Plätze elf und zwölf. Deutschlands kleinstes Bundesland ist mit beiden Städten in der Liste vertreten: Bremerhaven (Zweiter) und Bremen (Zehnter). Dazu kommen Wilhelmshaven (Dritter), Salzgitter (13.), Pirmasens (14.) und Saarbrücken (15.). In Saarbrücken beträgt die Bürgergeld-Quote noch 16,0 Prozent.
Das Abrutschen der Städte in eine hohe Abhängigkeit von Bürgergeld lässt sich leicht erklären. Es ist der Niedergang von Schlüsselindustrien: In den nordrhein-westfälischen Städten und in Saarbrücken war es der Niedergang des Abbaus und der Verarbeitung von Schwarzkohle. In Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven der Bedeutungsverlust der Werften und in Pirmasens die Verlagerung der Lederverarbeitung und Textilindustrie in andere Länder – vor allem nach China.
Es gibt also auch in den "alten Bundesländern" diverse schwierige ökonomische Situationen. Treffen also diese Vorurteile zu, dass in den neuen Bundesländern pauschal eine Ökonomische Nachteiligkeit unterstellt wird?