Ein ausgezeichneter Artikel. Ich würde hier allerdings nicht vom Faschismus sprechen, sondern vom Putinismus. Wie Putinismus funktioniert, wie die Denkweisen da laufem, wird im letzten Absatz dargestellt:Europa2050 hat geschrieben: ↑Montag 18. September 2023, 09:07 Der Historiker undYale-Professor Timothy Snyder sieht in Iljin einen, wenn nicht den geistigen Vater des Faschismus, wobei dieser eben keine so geschlossene Ideologie wie die anderen -Ismen ist, sondern wie du bemerkst auch in Westeuropa, massiv auch im deutschen Sprachraum daran herumfantasiert wurde.
https://www.nzz.ch/meinung/timothy-snyd ... ld.1684631
Und dem schließe ich mich - nachdem ich mehrere seiner interessanten Bücher zu Ostmitteleuropa gelesen habe - mit meinen deutlich geringeren Kenntnissen als Hobbyhistoriker an.
Die russische Propaganda zu «1945» und «2022» wird in dem beliebten Slogan zusammengefasst: «Wir können das wiederholen!» Aber die Geschichte wiederholt sich natürlich nicht. Und wir können sie auch nicht zwingen, dies zu tun. Die ganze Idee der Wiederholung besteht darin, einen bestimmten Punkt in der Vergangenheit zu wählen, ihn zu idealisieren, den gesamten Kontext und alles, was danach kam, zu ignorieren und sich dann einzubilden, dass man ihn neu zum Leben erwecken kann.
Die Erzählung, man könne Geschichte wiederholen, zieht sich durch alle putinfreundliche Kreise. Das ist der Rote Faden: die Schlacht um Bakhmut wurde von putinistischer Seite zum "Stalingrad 2.0" hoch stilisiert. Zeitweise war beim Ukraine-Krieg vom "Großen Vaterländischen Krieg 2.0" die Rede. Die putinfreundlichen Querdenker hatten diverse 2.0. Auch bei den stramm toitschen putintreuen Patrioten spielt das 2.0 eine große Rolle und ist allgegenwärtig. Zur Zeit gerne genommen: "Reformation 2.0".
Nur: das ganze funktioniert einfach nicht. Mit dem Konzept kann man nur scheitern. Geschichte lässt sich nicht wiederholen. Erst recht nicht mit der Brechstange. Ich muss in dem Zusammenhang dann immer an die "Revolutionen" und "Umstürze" der Querdenker während Corona denken: am Ende scheiterten sie an "müde-pipi-kalt" - oder einfach daran, dass pünktlich um 18 Uhr Revolutionsfeierabend war. Die selbsternannten Revolutionäre mussten nach Hause. Mutti wartet mit Abendbrot. Sonst: Nudelholz und ohne Essen ins Bett!
Übrigens: man kann ja versuchen, in die Zeit des Kaiserreichs vor 1918 zurückzukehren. Könnte aber in letzter Konsequenz nur gehen, wenn man dann auf Autos, Smartphones, Tablets etc. genauso verzichtet. Will man das?