Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

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Sieht so aus, als hätte der Iran bei einer Reihe strittiger Punkt nachgegeben, was die schnelle und überraschende Wiederaufnahme der Gespräche in Wien ermöglicht hat.

Revolutionsgarden von der Terrorliste - wird später diskutiert
Politische Garantien von Biden - ist vom Tisch
Die Untersuchung bei der IAEA bezüglich gefundener Uran-Proben bei verschiedenen Anlagen - wird später diskutiert.

Ist jetzt die Frage, ob es in Sachen ökonomische Garantien und Sanktionserleichterungen eine Einigung geben kann. Die strittigen Fragen sind da vermutlich wie umfangreich die Sanktionserleichterungen sind und wie ist die Ausgangsposition wenn Biden nicht mehr im Amt ist. Aus iranischer Sicht sind natürlich die USA jetzt gefragt nach den Zugeständnissen des Iran ihrerseits einen Schritt in die richtige Richtung zu machen. "JCPOA partners’ generosity" = Iranische Zugeständnisse. Die USA sehen das naturgemäß erstmal anders. Der Iran soll einfach das akzeptieren, was die USA anbieten ohne zusätzliche Zugeständnisse der USA. Aber man wird die nächsten Tage sehen was passiert. Es wird offenbar im kleinen Kreis verhandelt. Der iranische Verhandlungsführer Bagheri-Kani und der US-Verhandler Robert Malley verhandeln indirekt über den EU-Koordinator Enrique Mora. Die anderen Delegationen der E3, Russland und China sind nicht direkt involviert. Dazu gibt es laut eines neuen Berichts von Bloomberg zwei neue Themen hinsichtlich des iranischen Atomprogramms, die noch verhandelt werden müssen, weil sie neu entstanden sind. (siehe unten) Man wird sehen was passiert.


[...]White House national security spokesperson John Kirby said the negotiations "are pretty much complete at this point."

"We're not going to wait forever for Iran to take the deal. There's a deal on the table. They ought to take it," he told reporters in Washington on Thursday. "Time does appear to be getting very short in terms of being able to get to a deal."[...]
https://www.reuters.com/world/irans-top ... 022-08-04/


The gulf separating Iran and the US has grown wider since the last round of nuclear talks in Vienna, European Union diplomats said as the latest negotiations get underway.

At least two new nuclear-related issues have cropped up in recent months, lengthening the list of hurdles to be cleared to six or seven, according to two EU officials familiar with talks that resumed in the Austrian capital Thursday. They asked not to be identified discussing private deliberations.

Although the remaining hurdles could technically be cleared within 72 hours, that would require high-level political decisions in both Tehran and Washington, capitals where the appetite for compromise appears muted, the diplomats said. [...]
https://www.bloomberg.com/news/articles ... lks-resume
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die heutigen Wasserstandsmeldungen hören sich sehr positiv an. Demnach wird es nur noch ein paar Tage dauern bis das Abkommen steht.





Die verbliebenen Themen, die verhandelt werden sind offenbar technische Themen zum iranischen Atomprogramm und die Frage, wie mit der Untersuchung der IAEA über Uranfunde an verschiedenen Stellen in Zukunft umgegangen werden soll. Iran fordert, dass das Thema beendet wird. Aber ganz so einfach ist das natürlich nicht. Es wird hierzu offenbar eine Vereinbarung geben, welche parallel zur Vereinbarung über die Rückkehr der USA zum JCPOA geschlossen wird. Das ist offenbar das strittige Thema. Die Vereinbarung zur Rückkehr zum JCPOA steht offenbar kurz vor der Fertigstellung und man erwartet die verbliebenen Fragen werden gelöst, wenn das mit der IAEA-Untersuchung erledigt ist. Morgen ist aber erstmal Aschura.

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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

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:?
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Verhandlungen in Wien sind beendet. Es fehlt jetzt offenbar nur noch die finale Entscheidung in den Hauptstädten.



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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Situation scheint zu sein, dass die EU heute eine Reihe Vorschläge gemacht zu den restlichen Fragen und einen finalen Text verschickt hat und daraufhin abgereist ist. Die Iraner vor Ort haben nicht zugestimmt, sondern sie wurden einfach stehen gelassen und ihnen wurde damit gezeigt, dass es das jetzt ist und die EU keinen weiteren Vermittlungsbedarf sieht. Könnte mir vorstellen, dass die EU zu diesem Zeitpunkt auch darauf hinwirken will, dass wenn wirklich noch über allerletzte Details diskutiert werden muss die USA und Iran es ja in einem bilateralen Gespräch machen können ohne EU-Vermittlung. Es liegt nun aber ein komplettes Abkommen auf dem Tisch, welches die Vertreter der EU für akzeptabel für die USA und für den Iran halten. Es wird sich nun zeigen, inwiefern die Iraner das auch so sehen. Ich gehe davon aus, dass der Vorschlag der EU nun die nächsten Tage im Nationalen Sicherheitsrat des Iran diskutiert wird und es dann im Laufe der Woche eine Rückmeldung geben wird. Der Druck auf Iran das Abkommen zu akzeptieren ist aber groß, nachdem der russische Vertreter die Entwicklung sehr positiv sieht und sich damit der EU-Position keinen weiteren Verhandlungsbedarf zu sehen de facto anschließt. Für Russland ermöglicht das Abkommen mindestens ein paar spezifische Sanktionserleichterungen was den zivilen Teil des iranischen Atomprogramms angeht. Für die EU und die USA ist es positiv wenn iranisches Öl den Weltmarktpreis drückt und wenn das iranische Atomprogramm wieder zurückgefahren wird. Für Iran wäre es natürlich gut, wenn es mehr Geld durch Rohstoffverkäufe hat. Dazu ermöglicht/erleichtert der JCPOA chinesische Investitionen im Iran, wozu es im großen Kooperationsabkommen bereits eine prominente Absichtserklärung gibt. Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung des Iran ist aber ungewiss, solange unklar ist, ob der JCPOA die Amtszeit von Joe Biden überlebt.







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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die EU setzt den Iran unter Druck und ist ziemlich offen damit, dass man keinen weiteren Verhandlungsbedarf sieht und der Iran das Abkommen jetzt als Ganzes akzeptieren muss.



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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben: Mo 8. Aug 2022, 18:10 Die EU setzt den Iran unter Druck und ist ziemlich offen damit, dass man keinen weiteren Verhandlungsbedarf sieht und der Iran das Abkommen jetzt als Ganzes akzeptieren muss.




Vernünftig dem Terror Staat mal Klarheit zu geben. Es reicht.

Entweder der Iran will ein Abkommen oder nicht. Sagt der Iran dazu nein - seine Entscheidung
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Man muss schauen. Wie mir scheint betrifft der finale Text der EU die Rückkehr der USA zum JCPOA. Parallel dazu soll es ja ein Abkommen geben über die IAEA-Untersuchung zu den Uranproben, die man im Iran gefunden hat an Stellen, wo die Iraner keine Tätigkeiten mit angereichertem Uran deklariert haben. Nach Hinweisen, welche Israel durch das Erbeuten der Dokumente zum iran. Atomprogramm 2018 gegeben hat. Bisherige Erklärungen hat der IAEA als unzureichend zurückgewiesen und es wurde ja eine Resolution gegen den Iran in der Sache kürzlich bei der IAEA verabschiedet. Hintergrund ist vermutlich(!), dass der Iran bis zur Einstellung des Atomwaffenprogramms 2003 Dinge gemacht hat, welche man nicht gemeldet hat. Wenn man diese nun aufklären würde, würde man womöglich bisher mutmaßlich unbekannte Details zum damaligen Programm preisgeben. Man müsste womöglich Infos herausgeben, was man da gemacht hat und wer beteilligt war, evtl. auch was noch nach 2003 passiert ist, was man aber nicht möchte.

Der Iran will die Sache komplett aus der Welt schaffen und verbindet eine Einigung zum JCPOA mit einer Einigung zur IAEA. Es wurde wohl auch ausführlich debattiert in Wien die letzten Tage. Die EU will den Versuchen des Iran beide Themen zu verbinden nun wohl entgehen, indem es einen ausgewogenen finalen Vorschlag zum Abkommen über die Rückkehr der USA zum JCPOA gemacht hat, weitere Verhandlungen für unnötig erklärte und bezüglich IAEA soll der Iran sich mit der IAEA auseinandersetzen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums hat dem EU-Vorschlag bereits zugestimmt.

Eine schnelle Einigung ist also nicht zu erwarten, die EU/USA werden aber auch keinen Grund sehen darauf hinzuwirken, dass die IAEA die Uranfunde unter den Teppich kehrt. Es gibt aber nach Ansicht der EU auch keinen Grund mehr bis zum Sankt Nimmerleinstag über den JCPOA zu diskutieren, weil der Iran zum Thema IAEA eine Einigung erzwingen will und daher beim JCPOA verzögert mit unnötigen Detailverhandlungen. Stattdessen wird deutlich gemacht, welche Partei im Moment das Problem ist und der Druck auf den Iran erhöht. Man wird sehen was passiert.
[...]There is still one major sticking point that prevents a breakthrough in the talks despite the draft agreement being finalized by EU negotiators.

Iran has demanded that the UN nuclear watchdog close an investigation into the origins of multiple traces of man-made nuclear material that IAEA inspectors found at various sites in Iran during the past few years. Tehran insists that the nuclear deal can only be restored if this probe by the IAEA is closed once and for all.

The UN agency identified traces of uranium particles based on information uncovered by Israel’s Mossad in a secret 2018 operation. Israeli intelligence agents stole thousands of documents and CDs from a warehouse in Tehran that provided information on sites where nuclear activity may have taken place in Iran in past decades.

Western officials suspect that the uranium traces discovered by the IAEA are proof of Iran having had a secret nuclear weapons program and having actively worked on developing an atomic weapon until at least 2003.

Tehran continues to maintain that its nuclear program is solely for peaceful purposes. But, according to the IAEA, Iran has failed to provide credible and plausible answers into the origin of those uranium particles. This prompted the IAEA Board of Governors to censure Iran at its last meeting in Vienna in June. Western officials have been pressing Iran to provide answers and are not expected to back down from this demand.

One senior European diplomat, who spoke on the condition of anonymity to discuss the sensitive matter, gave one reason why Iran could be stonewalling the IAEA probe: “The Iranian regime seems to prefer to protect some individuals involved in clandestine activities 20 years ago instead of freeing its economy and opening up the future for its people.”[...]
https://www.politico.com/news/2022/08/0 ... a-00050288
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Hehe, die Iraner hadern jetzt damit, dass die EU sich nicht auf dieses Spiel eingelassen haben ewig über den JCPOA weiter zu diskutieren bis man über die IAEA eine Einigung gefunden hat.




Die nächste Sitzung des IAEA ist vom 26.-30. September. Gut möglich, dass das dann das Datum ist, an dem es kurz vorher in die eine oder andere Richtung geht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Im Iran wurde die Tage auf höchster Ebene über den Text der EU diskutiert und man hat der EU eine Antwort zukommen lassen. Diese Antwort wird aktuell von der EU mit den anderen Mitgliedern der JCPOA diskutiert. Es hört sich so an, als wenn der Iran einige kleinere Änderungswünsche hat, aber keine bösen Überraschungen, wie es hin und wieder vorkommt, wenn von höchster iranischer Stelle ein Input kommt. Nach Aussagen der iranischen Seite sollten die eigenen verbliebenen Kritikpunkte leicht zu lösen sein. Die USA haben signalisiert zu kleineren Änderungen bereit zu sein. Die Untersuchung bei der IAEA scheint kein großes Thema zu sein bei diesem womöglich letzten Austausch. Sieht aus, als wenn das jetzt recht schnell etwas werden könnte.
VIENNA — Iran still has reservations about a draft deal to revive the 2015 nuclear agreement it struck with world powers, Iranian and Western officials said Monday. It was the latest sign that talks to restore the deal could drag well past what some had earlier described as a Monday deadline.

Iranian Foreign Minister Hossein Amir-Abdollahian said his country hoped to share its ”final thoughts” with European officials by the end of the day.

According to one senior Western official, the Iranian answer was received by the EU on Monday evening Brussels time. The response is mostly focused on outstanding questions related to sanctions and guarantees around economic engagement.[...]
https://www.politico.com/news/2022/08/1 ... l-00052024
The United States will reject any Iranian request for major changes to the text proposed by EU in the nuclear talks, a Western diplomat told Iran International.

The diplomat, speaking on the condition of anonymity, also told Iran International’s Ahamd Samadi that the US is prepared to continue negotiations on changes in the form of the text proposed last week by the EU coordinator in the Vienna nuclear talks.

[...]

The diplomat maintained that “If Iran wants to make major changes in the draft, the United States will clearly reject it.”

State Department spokesperson Ned Price in his Monday briefing announced that the US will “privately” share its views on EU’s final draft with the bloc’s High Representative Josep Borrell.[...]
https://www.iranintl.com/en/202208154840





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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Artikel mit Details zu den letzten Forderungen der Iraner, um einen Deal abzuschließen. Dabei geht es offenbar darum, was passiert, wenn die USA erneut den Deal verlassen und Sanktionen verhängen sollten. Für diesen Fall soll es Mechanismen geben, welche westliche Firmen, die im Iran investiert haben, so gut es geht vor Sanktionen schützen und auch bereits klare Ansagen wie schnell der Iran sein Nuklearprogramm dann wieder hochfährt. Damit soll offenbar die Ausgangsposition des Iran in diesem Szenario verbessert werden. Und es ist dann bereits klar, dass der Iran nicht wie beim ersten Mal nach einem Jahr sein Atomprogramm Stück für Stück wieder hochfährt, sondern dann recht schnell wieder Vollgas gibt, was Anreicherung angeht. Das ist dann eine Abschreckung für jede zukünftige US-Regierung, weil sie dann genau wissen, wie schnell die Iraner ihr Atomprogramm ausgebaut haben werden, ohne es den Iranern vorwerfen zu können, weil die USA ein Abkommen unterschrieben hat, wo genau das drinsteht für den Fall eines erneuten US-Ausstiegs. Da die derzeitige US-Regierung den Deal abschließen und beibehalten will, liegt es nahe, dass man da gesprächsbereit ist, solange es nicht zu krass wird. Ich nehme an, dass diese Punkte im Abkommen bereits behandelt sind und der Input der iranischen Staatsführung nach den jüngsten Beratungen über den finalen Text der EU war nun, dass hier noch etwas im Sinne Irans nachgebessert werden sollte, man die Sache dann aber zum Abschluss bringen kann. Die USA sind wie gesagt offenbar gesprächsbereit und überlegen, was sich da noch machen lässt.

Iran Renews Demands for U.S. Guarantees in Nuclear Deal Talks
https://www.wsj.com/articles/iran-renew ... 34?mod=mhp

Die entsprechenden Aussagen basieren m.E. hauptsächlich auf Aussagen von Marandi:




Auch in Israel ist man nun offenbar der Meinung, dass ein Deal unmittelbar bevorsteht:


Man fängt auch schon an die erhaltenen Konzessionen als großen Sieg der Islamischen Republik zu feiern.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es sieht ja stark danach aus, als würde es einen Deal zurück zum Deal geben und auf beiden Seiten beginnt nun der Prozess das der eigenen politischen Elite zu verkaufen. Im Iran hat Bagheri-Kani Journalisten gegenüber seine Verhandlungserfolge hervorgehoben und es gibt Listen an Konzessionen der USA.
Some details about alleged US sanctions concessions to Iran in case of a nuclear deal is circulating among hardliners in Tehran, obtained by Iran International.

According to this information, the implementation of a nuclear agreement will take 120 days during which a series of steps will be taken by both sides, including the release of Iranians imprisoned in the United States for violating US sanctions and other acts for the benefit of Iran’s government, and US citizens held hostage in Iran.

Iranian hardliners who are circulating the information call it a list of “concessions” by the United States, but this claim cannot be verified.[...]
Iran Hardliners Circulating List Of 'US Concessions'
https://www.iranintl.com/en/202208182659
A leaked report on alleged remarks by Iran's chief nuclear negotiator obtained by Iran International, provides details on "concessions" Iran claims to have received from the US.

The leaked report is from a closed-door briefing Ali Bagheri-Kani provided to journalists in Tehran in recent days.

The length and breadth of points mentioned by Iran’s chief negotiator show a multitude of concessions by the United States, but it does not include references to what Iran has agreed to do, to return to compliance with 2015 nuclear deal, the JCPOA.[...]
Info Leaked From Iran Details More 'Concessions' By Washington
https://www.iranintl.com/en/202208191585

In den USA bringen sich Gegner und Befürworter des Deals bereits in Stellung. Hier wird es eine Diskussion im US-Kongress zum Deal geben, weil dieser sich 2015 nach dem JCPOA die Autorität gegeben hat jedes weitere Abkommen mit Iran begutachten zu können. Wirklich verhindern kann man dort aber nichts, weil Joe Biden jeden Kongressbeschluss mit einem Veto ungültig machen kann. Wobei natürlich die Notwendigkeit zu diesem MIttel zu greifen für ihn ein ziemliches Desaster wäre. Es könnte ein großes Thema werden, weil im November die Midterm-Wahlen sind und die Republikaner natürlich jede Gelegenheit nutzen werden von Trump und einer möglichen Anklage gegen ihn abzulenken. Wird eine sehr lebhafte Diskussion werden.
With Washington and Tehran on the verge of restoring the Iran nuclear deal, supporters and critics are prepping for a public relations clash reminiscent of the battle over the original agreement in 2015.

Like seven years ago, lobbyists, activists, foreign officials and lawmakers are using everything from selective media leaks to ad buys to letter-writing campaigns to make their points. The hubbub is likely to grow in the coming days, especially if negotiators in Vienna can agree on terms after months of talks.

For its part, the White House says it’s ready for the fight.[...]
https://www.politico.com/news/2022/08/1 ... h-00052950

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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Wenn der Deal verkündet wird, werden das übrigens die Außenminister der JCPOA-Staaten machen.
Also es werden Blinken, Amir-Abdollahian, Wang Yi, Lavrov, Baerbock, Le Drian und Liz Truss zusammen auf einem Bild das Iran-Abkommen abschließen.
:|
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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

On der Art und Weise bin ich dagegen was da passiert. Aber es ist letztendlich nicht meine Entscheidung oder später Verantwortung.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von streicher »

Es wird sich wohl nicht mehr um eine Neuauflage bemüht.
Die Zukunft ist Geschichte.
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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

streicher hat geschrieben: Sa 26. Nov 2022, 21:44 Es wird sich wohl nicht mehr um eine Neuauflage bemüht.
Nein. Der US-Sondergesandte für Iran und US-Verhandlungsführer in den Gesprächen Robert Malley hat vor 1-2 Wochen schon offiziell gesagt, dass der Abschluss der Gespräche momentan nicht auf der Agenda steht. Er hat zuletzt auf Twitter vor allem neue Sanktionen verkündet. Der iranische Außenminister Abdollahian hat dann herausgestellt, dass man kurz vorher erst von Außenministern dritter Länder Nachrichten von den USA erhalten hatte und er daher etwas irritiert ist, weil die Gespräche eigentlich kontinuierlich weitergingen auf verschiedenen Kanälen. Aber es macht strategisch keinen Sinn jetzt weiter Gespräche zu führen, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass bei neuen Verhandlungsrunden die Iraner kompromissbereiter sind als zuletzt. Sei es ein komplett neues System oder die Islamische Republik mit veränderter Besetzung (sei es eine Revolutionsgarden-Militärdiktatur oder eine neue Regierung z.B. mit Reformbewegungs-Beteilligung oder was auch immer) wird bei neuen Machthabern sehr wahrscheinlich die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ganz oben auf der Agenda stehen und man daher zu weitreichenden Kompromissen bereit sein. Die Regierung der Islamischen Republik ist im Moment einfach nicht in der Position irgendwelche weitreichenden Verhandlungen zu führen und dabei sonderlich ernst genommen zu werden. Dazu wäre es politisch natürlich nicht zu rechtfertigen jetzt einen Deal mit dem Regime zu machen, welches de facto dessen Überleben sichert.

Weil das die Proteste jetzt so ausarten hat natürlich primär mit der extremen wirtschaftlichen Notlage der Menschen zu tun, welche von den Sanktionen ausgelöst wurde, welche Obama dereinst verhängte, die Iraner dann recht zügig an den Verhandlungstisch zwang und die Trump dann wieder einführte, was dazu führte, dass im Iran seit 10 Jahren ein wirtschaftlicher Niedergang vonstatten ging, der selbst für iranische Verhältnisse das Land zunehmend unregierbar macht. Es ist Khamenei, als ewigem Ideologie-Sonntagsredner persönlich "anzulasten", dass die Islamische Republik dann die Gespräche in die Länge gezogen hat, um einen möglichst guten Deal für sich selbst herauszuholen, anstatt zu viele Zugeständnisse in Sachen Atomprogramm und Außenpolitik zu machen. Für ihn war schon immer klar, dass man den Imperialisten nur möglichst willensstark entgegentreten muss und man darf sich auf nichts einlassen, solange es nicht offensichtlich zum eigenen Vorteil ist. Das erzählt er fast jeden Freitag seit über 30 Jahren vor Publikum und er meint das auch genau so. Man mag das ja dann gerne als nationale Außenpolitik formulieren á la die Vorwärtsverteidigung, die Freiheit Irans wird im Irak verteidigt oder natürlich das Raketenprogramm als Abschreckung gegen einen möglichen Angriff der USA, aber die Kompromisslosigkeit der Islamischen Republik unter Khamenei in all diesen Fragen ist am Ende die Folge der Einstellung von Khamenei auf keinen Fall dem ideologischen Feind den USA auch nur einen Milimeter zugestehen zu wollen. Und mit der Einstellung hat man jetzt 10 Jahre lang wirtschaftlichen Niedergang in Kauf genommen, damit man weiter diese außenpolitischen Projekte verfolgen kann. Klar man hat es versucht mit dem JCPOA und wurde dann enttäuscht, was Khamenei nur bestätigt hat sich jetzt auf gar nichts mehr einzulassen.

Aber es ist seit Jahren klar, dass genau das passieren kann, was jetzt die letzten 2-3 Monate passiert. Ich war 2019/2020 einige Monate im Land und die ökonomischen und soziale Probleme für die breite Masse waren selbst für iranische Verhältnisse erschütternd und es ist seitdem durch anhaltende Sanktionen und Corona nochmal deutlich schlimmer geworden. Die Situation ist ja im Moment die, dass sich zig-Millionen Menschen im Iran heute nicht mehr das zu essen kaufen können, was sie vor 10 Jahren gegessen haben, weil es schlichtweg zu teuer geworden ist. Und das ist der Grund warum es seit 2017 ständig Proteste gegeben hat. Es war mir damals schon klar, dass das Regime eigentlich schnellstmöglich eine Einigung mit den USA finden muss um weitere Proteste und womöglich eine Wiederholung der Proteste vom November 2019 zu vermeiden und das Regime wieder zu stabilisieren. Ich war dann auch für eine Einigung, weil das noch am ehesten eine kurz- und mittelfristige Verbesserung der breiten Masse ermöglichen könnte und ein langer und blutiger Prozess der Instabilität mit ungewissem Ausgang vermieden werden kann. Sicherlich auch, weil ich damals die repressive Seite der ganzen Sache persönlich erlebt habe. Es kann ja auf keinen Fall davon gesprochen werden, dass im September 2022 plötzlich Proteste ausgebrochen wären. Vielmehr gibt es seit Ende 2017 eine Phase zunehmender politischer Instabilität im ganzen Land mit immer wieder aufkeimenden und abflauenden Protesten gibt, die nun in eine landesweite und andauernde Protestbewegung gemündet ist. Diese Proteste gab und gibt es vor allem dort wo ohnehin Konfliktlinien verlaufen, wie beim Thema Frauen- und Menschenrechte, unzufriedene Sondergruppen wie Arbeiter, Lehrer, Rentner, Landwirte und natürlich die ethnischen Minderheiten, deren Verhältnis zur persischen Zentralmacht immer recht komplex ist und die gerade in Belutschistan eher zu den Ärmeren im Land gehören. Hier gab es immer schon Meinungsverschiedenheiten, aber durch den ökonomische Niedergang, die Perspektivlosigkeit der Jugend die jetzt Anfang 20 ist und im ganzen Leben nie etwas anderes bewusst wahrgenommen hat als eben diesen Niedergang, geht es jetzt richtig zur Sache. Die Revolutionsgarden und Geheimdienste haben entsprechend aufgerüstet in Sachen Repression, aber damit kann man nur Feuer löschen und nicht das Grundproblem lösen. Sie sind aber recht effektiv dabei, die Proteste zu unterdrücken, weil man ja selbst durch eine populäre Revolution an die Macht gekommen ist und daher sehr gut versteht wie Moblisierung und Organisation einer solchen Revolution funktioniert. Die Schlüsse die man daraus gezogen hat prägen die repressiven Maßnahmen und sie waren bisher auch recht erfolgreich darin das Entstehen einer organisierten Opposition im Land zu verhindern.

Aber ich sehe nicht, wie die Islamische Republik an dieser Abwärtsspirale der Inflation irgendwas ändern könnte, solange die Sanktionen weiter in Kraft sind oder man irgendwelche Wege findet sie in größeren Umfang zu umgehen. (Kryptowährungen schienen zuletzt recht erfolgreich zu sein, Geld in Milliardenhöhe nach Iran zu bringen.) Khamenei hält ja seit Jahren Reden, dass man sich darauf einstellen muss, dass man die wirtschaftliche Lage verbessert ohne die Sanktionen aufzuheben, aber die Möglichkeiten sind da halt begrenzt und Raisi ist sehr symptomatisch für diese Situation, weil er seit Regierungsantritt ständig die Anweisung an seine Regierung gibt, die Probleme des Landes zu lösen, aber offenbar keinen Plan hat, wie er das tatsächlich anstellen will. Man bemüht sich ja schon, man macht Kooperationsabkommen mit China, will auch eines mit Russland machen. Man hat mit den USA über eine Rückkehr zum JCPOA verhandelt, konnte die Gespräche aber nicht zum Abschluss bringen, weil es wichtiger ist irgendwelche Geheimnisse zum Atomprogramm vor 10-15 Jahren geheim zu halten, als die ökonomischen Probleme des Landes zu lösen. Aber die Möglichkeiten trotz Sanktionen etwas zu machen sind begrenzt. Letztlich haben die USA eine sehr effektive Art und Weise gefunden den Iran ökonomisch zu isolieren und eine schwere Wirtschaftskrise auszulösen, dem Land so den eigenen Willen aufzuzwingen, und es gibt nicht so viel, was man dagegen machen kann, was tatsächlich die Lage der breiten Masse der Bevölkerung verbessert. Das man die richtigen Schlussfolgerungen daraus nicht gezogen hat und entsprechende Kompromissbereitschaft gegenüber den USA zeigt hat m.E. primär mit Khamenei zu tun, dass er sein Leben lang Ideologie-Sonntagsreden hält und die Leute, welche daran glauben überall in Amt und Würden gehoben hat. Pragmatische Technokraten gibt es im Regime in großer Anzahl, aber die treffen am Ende nicht die Entscheidungen. Ergebnis ist die aktuelle Situation wo der Wohlstand der breiten Masse für ideologische Ziele geopfert wurde und die Quittung dafür sieht man nun sehr deutlich.

Und die USA müssen jetzt im Endeffekt nur abwarten, den Druck aufrecht erhalten und können interessiert zuschauen, wie die Islamische Republik die ganze Sache überleben will. Wie gesagt die Inflation und der ökonomische Niedergang geht ja weiter und selbst wenn die Revolutionsgarden in Zahedan, Sanandaj und Mahabad noch tausende Demonstranten erschießen, ändert das nichts daran, dass sich ein Großteil der Bevölkerung keine Milch mehr leisten kann. Und je mehr Unrecht die Islamische Republik anrichtet, umso mehr schwächt das die Legitimation der Herrschenden selbst in den Augen der eigenen Anhänger und irgendeine Änderung muss es dann irgendwann geben. Wie die aussieht und wie sich die Sache entwickelt, wenn tatsächlich auch personelle Veränderungen vorgenommen werden wird man sehen. Es ist ja mal wieder typisch Khamenei, dass er den Demonstranten nicht einen Fingerbreit nachgeben will und alles für eine Verschwörung der Imperialisten hält, die man nur willensstark bekämpfen muss. Andere hätten es vielleicht mit Neuwahlen bzw. einer Regierungsneubildung versucht. Aber Khamenei dürfte jede Änderung seiner Politik als persönliche Niederlage gegen den Imperialismus verstehen und ich gehe davon aus, dass jede echte Veränderung über seine Leiche gehen wird. Entweder weil ihn der Prostatekrebs dann doch irgendwann erledigt oder weil er irgendwann von einem Mob in Stücke gerissen wird. Vielleicht kommen ein paar Regime-Insider auch zu dem Schluss, dass er ein Hindernis für das Überleben des Regimes darstellt und entsorgen ihn.

Solange die Islamische Republik also jetzt nicht signalisiert zu wirklich weitreichenden Zugeständnissen bereit zu sein, zum Atomprogramm, Raketenprogramm und den Proxies und eine komplette Kehrtwende in den eigenen Prioritäten vollzieht und faktisch eine Kapitulation unterschreibt, die dann für die USA zu verlockend ist um Nein dazu zu sagen, werden die USA jetzt erstmal abwarten und man wird ja dann sehen wie es in 1-2 Jahren aussieht. Die Iraner haben nun auch schon wieder Sachen gemacht, welche das Atomprogramm weiter vorantreiben in Reaktion darauf. Aber hier muss man sich beim Regime jetzt natürlich fragen, ob ein Krieg gegen die USA zum aktuellen Zeitpunkt im eigenen Sinne wäre. (kann man natürlich so oder so sehen) Ich würde vermuten, dass in wirklich jeder Konstellation in der Khamenei und seine ideologische Starrköpfigkeit nicht den Ton angeben der Iran zu weitreichenden Zugeständnissen bereit ist. Selbst eine Militärdiktatur der Revolutionsgarden wird am Ende nicht das Überleben des Regimes für das Raketenprogramm riskieren. Die USA wären blöd zum jetzigen Zeitpunkt mit Leuten von Khamenei einen Deal zu machen.
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