Realist2014 hat geschrieben:(30 Sep 2020, 08:18)
Ich habe sie nur erläutert
Gar nicht, logischerweise- weil:
"Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein Grundsatz, der besagt, dass die Besteuerung im
Verhältnis zum verfügbaren Einkommen der Steuerpflichtigen erfolgen muss[12] beziehungsweise sich daran orientieren sollte, "was der Steuerpflichtige aus seinem Einkommen dazu beitragen kann, damit der Staat seine Aufgaben erfüllen kann".[13]"
https://www.bpb.de/apuz/155703/gerechti ... uersystems
Also sollte die unsägliche Lohnquote nun in diesem Kontext vom Tisch sein, weil sie als Metrik mit den Aussagen nun halt wirklich nichts zu tun hat - es ging schließlich um Fragestellungen rund um Vermögen.
Der Artikel hingegen ist durchaus interessant - interessant auch, wie unterschiedlich man diesen
Diskussionsbeitrag zum Thema Steuergerechtigkeit lesen kann.
Ausdrücklich wird nämlich im Artikel der Tatsache viel Raum gegeben, dass die Sachlage aus dem Grundgesetz gar nicht so eindeutig abzuleiten ist. Tatsächlich wird das Leistungsfähigkeitsprinzip in Deutschland ziemlich breit ausgelegt - wobei ja auch im Artikel schon darauf eingegangen wird, dass gar nicht so ganz klar ist, was denn die Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzip so ganz genau bedeutet.
Wenn du die Materie mal ausreichend durchdringst, dann wird dir auffallen, dass die derzeitige Steuergesetzgebung auch schon gar nicht isoliert zu betrachten ist - weil wenn wir über die Staatsfinanzierung sprechen, spielen Abgaben auch eine gewichtige Rolle.
Tatsächlich wird heute in Deutschland nur ein kleiner Teil der Staatsfinanzen über die Einkommensteuer abgewickelt. 2019 gab es Einnahmen im Gesamthaushalt (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen) von 1497,4 Mrd. EUR.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Press ... 8_711.html
Auf Steuereinnahmen entfielen dabei 799 Mrd. EUR.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat ... nhalt.html
Die Einkommensteuer war mit knapp 287 Mrd. EUR dabei.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat ... n/gde.html Das sind lediglich 36% der Steuern, und weniger als 20% der Einnahmen des Gesamthaushaltes.
Dazu kommt noch die Problematik der Abgeltungssteuer, die ja auch im Artikel angesprochen wurde: Relevante Teile der Einkommen werden nicht progressiv, sondern linear versteuert.
Was also ist nun genau das Leistungsfähigkeitsprinzip? Wie genau findest du es im deutschen Steuerrecht wieder? Und wie gehst du damit um, dass das Leistungsfähigketisprinzip offensichtlich in Deutschland ziemlich wild interpretiert wird?
Tatsächlich kann man sich relativ leicht klar machen:
Die Uralt-Forderung von Adam Smith zur Steuergerechtigkeit 1-3 (Gleichheit der Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, Bestimmtheit der Besteuerung) würden durchaus erfüllt, wenn man die Staatsfinanzierung entsprechend dem Vermögen organisieren würde. Und zwar deutlich besser, als dies das heutige Steuerrecht, und insbesondere das Steuerrecht auf Einkommen es derzeit tut.
Schwierig wird es bei der Umsetzung der Forderungen 4 und 5 (Bequemlichkeit der Besteuerung für die Steuerpflichtigen und Billigkeit der Steuererhebung für den Staat). Dies allerdings ist im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend weniger ein wirkliches Problem.
Man kann sich auch leicht klar machen: Wenn man das Leistungsfähigkeitsprinzip in einem Jahr falsch anwendet, dann führt der Fehler, der dadurch entsteht unter Umständen zu Vermögen, welches nie oder nicht ausreichend besteuert wurde. Dieser Vermögenswert wiederum wird nach deiner These, dass man Vermögen nicht besteuern sollte (was übrigens das BVerfG nicht gefordert hat - das BVerfG hat nur die Hürden für eine Besteuerung von Vermögen etwas konkretisiert) niemals mehr besteuert, was in der Folge zu einer verstetigten Ungerechtigkeit führt. Besteht das Vermögen aus Betriebsanteilen, so kann daraus entstehen, dass in der Folge Einkommen generiert werden, die geeignet sind, das Vermögen zu erhöhen - so dass der Anfangsfehler sich verstetigen kann. Bleibt der Fehler beim Leistungsfähigkeitsprinzip über Jahre hinweg bestehen, kann es so zu Vermögensanhäufungen kommen, die nicht gerechtfertigt sind, weil diese nicht unter Anwendung des von dir geforderten Leistungsfähigkeitsprinzips zustande kamen.
Würde man die Staatsfinanzierung (rein theoretisch) entsprechend dem jeweiligen Vermögen organisieren, wäre das Staatsfinanzierungskonstrukt gegenüber diesem Fehler robust, und dennoch kann man guten Gewissens sagen, dass auch ein solches Staatsfinanzierungssystem das Leistungsfähigkeitsprinzip abbilden würde. (Warum? Ist mal eine nette Denksportaufgabe für dich.....)
Hinter all dem steckt relativ simple Mathematik!
In der Praxis gibt es gute Gründe, warum man gerade nicht konsequent die Staatsfinanzierung dem Leistungsfähigkeitsprinzip unterordnet. Mit den Steuern und Abgaben will der Staat nämlich nicht nur eine gerechte Staatsfinanzierung organisieren, sondern gleichzeitig auch noch Lenkungswirkung entfalten. Deshalb hat sich durchaus bewährt, dass der Staat ein Mischsystem zur Finanzierung nutzt - nämlich Steuern auf Einkommen, Steuern auf Konsum und Steuern auf Vermögen. Es gibt allerdings weitere Arten, wie man die einzelnen Steuern kategorisieren kann - ein guter Startpunkt für eine Diskussion dazu wäre auch der wikipedia-Beitrag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Steuer#St ... gegenstand
Bei der GKV schon- findest du sicher die entsprechenden Sichtweisen des Verfassungsgerichts, wenn du danach suchst
Dann such mal schön selbst - wäre nett, wenn du mal Quellen für deine Behauptungen mit angeben würdest.
Die bisherige Rechtssprechung des BVerfG hat sich noch nicht abschließend mit der Beitragsbemessungsgrenze beschäftigt. Tatsächlich gibt es aber deutliche Hinweise darauf, dass das Äquivalenzprinzip anzuwenden ist, also die Beiträge zur GKV zwar solidarische Elemente enthalten dürfen und können, dass sie aber eben nicht beliebig im Verhältnis zu den Leistungen der GKV stehen dürfen.
Was aus mehreren Urteilen des BVerfG hingegen klar hervorgeht ist, dass das jetzige System der Sozialversicherungen nicht in Stein gemeißelt ist. Der Gesetzgeber hat durchaus die Freiheit, hier auch gänzlich anders zu organisieren. Einen Aufsatz des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages dazu findest du hier:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf
Dort steht auch einiges dazu, welche Äußerungen das BVerG zur Thematik tatsächlich getroffen hat. Der Umstand, dass eine sogenannte Kopfpauschale per se keiner Beitragsbemessungsgrenze bedarf, diese aber nach gängiger Einschätzung durchaus mit dem GG vereinbar ist, ist ein klarer Beleg, dass deine vorgenannten Äußerungen zur Thematik schlicht und einfach schlechtes Halbwissen sind.
Dies ist hier mein letzter Beitrag zum Thema - deine Auslassungen in Richtung Krankenversicherung sind von Interesse, aber definitiv hier im falschen Thread.