Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

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imp
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von imp »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(25 Aug 2020, 21:12)

Offensichtlich ist der Versuch der Opposition gescheitert bei den Partnern in Europa Tichanowskaja als vorübergehende Präsidentin im Ausland anerkennen zu lassen. Das nennt man wohl gesunder Menschenverstand. Wahl gefälscht ist nicht gleich der amtierende Präsident hat die Wahl verloren. Daher ruft man immer mehr zu Neuwahlen auf.

Ich bin aber etwas skeptisch ob Lukaschenko so einfach gehen wird. Im Gegensatz zu Janukowitsch in der Ukraine damals, ist die Macht im Staat deutlich mehr auf Lukaschenko zugeschnitten. Ca. 25 Jahre Herrschaft sorgen dafür das er administrative Verwaltung, Sicherheitskräfte und hochrangige Diplomaten auf Kurs gebracht hat. Bei Janukowitsch war das nicht so, deswegen konnten die Demonstranten in den ersten Wochen Zelte auf dem Maidan aufbauen und das Regionalparlament gestürmt werden. Hier hat Lukaschenko vorgebeugt. Auch ist nicht davon zu hören das in anderen Städten außerhalb von Minsk administrative Verwaltung und örtliche Sicherheitskräfte auf die Seite der Opposition wechseln -> das war Dezember 2013 und Januar 2014 in der Westukraine anders, da hat Janukowitsch komplett die Kontrolle verloren. Und genau das dürfte wohl den Rambo Auftritt mit Kalaschnikow von Batka erklären. Am Anfang fand ich seinen Auftritt auch übertrieben und nach wie vor nicht gut. Aber er ist Autokrat -> damit wollte er wohl dem gewaltbereiten Teil der Opposition ein Signal setzen.

Da Lukaschenko die administrativen Ressourcen und vor allem die Sicherheitsorgane mehrheitlich unter Kontrolle hat, muss die Opposition an anderen Stellen zuschlagen. Auf Diplomatenebene und den staatlichen Betrieben.

Auf Diplomatenebene ist momentan nicht viel zu sehen: Der belorussische Botschafter in der Sloawkei hat mit der Opposition sympathisiert und wurde entlassen. Gleiches ist einem Dplomaten in Indien wiederfahren. Mehr kam bisher nicht. Wenn das so bleibt dann war das ein Strohfeuer, sonst nichts.

Tja bei den staatlichen Betrieben sieht das anders aus. Das war auch der Grund warum Lukaschenko so aktiv geworden ist und anfing auf die Leute zu zu gehen. Es wurden schon vereinzelt Betriebe geschlossen. Bisher gab es aber von den Arbeitern keine "kollektiven Massenstreiks" -> hier konnte die Opposition Punkten, aber da ist noch deutlich Luft nach oben.
Das ist viel auf einmal. Die Opposition hat öffentlich verkündet, immer wieder, dass sie eine geopolitische Komponente nicht (jetzt) zum Thema machen will und dass es für Sanktionen auch "zu früh" sei. Sie hat sich aber als real existierend etabliert. Eine der drei vorstehenden Frauen sitzt im Land, eine in der EU, eine in Russland. Einer der Ehemänner war ein etablierter Mann des alten Systems, der relativ überraschend gegen Lukaschenko kandidierte und von der Wahl ausgeschlossen wurde.

Bei den Protesten bemühen sie sich vor allem, Bilder militanten Auftritts zu vermeiden. Das wäre nachhaltig schlecht, lässt sich auf die Dauer aber nur schwer völlig verhindern. In den Betrieben geht es ums Eingemachte: Privat für jeden, der die Arbeit niederlegt steht die Anstellung auf dem Spiel, aber auch eine Schädigung der Lieferfähigkeit kann nachhaltig die Wirtschaft ruinieren und das will auch kaum wer. Die relativ freien modernen Wirtschaftszweige machen dann doch nicht die Mehrzahl der Arbeitsplätze aus.
Was für die Opposition spricht ist die Tatsache das sie mehrere soziale Schichten auf die Straße bringen können. Auch haben Sie keinen Leader, womit es schwer ist diese Bewegung zu zerschlagen. Jene die die sozialen Proteste organisieren machen Ihre Arbeit momentan ganz gut, da sind sogar welche von der "alten" Opposition dabei. Das Regime geht momentan gegen solche Leute vor und hat auch ein paar schon fest genommen.
Langfristig gesehen wird es aber nicht ausreichen solche Märsche zu organisieren, man braucht einen oder eine Gruppe von Führungspersonen die politische Forderungen an das Regime stellt. Jene die das eigentlich machen müsste sitzt im Ausland und hat sogar von einer Kandidatur bei der nächsten Wahl abgewunken. Dee alte Opposition ist nur bei der städtischen Intelligenz beliebt, nicht aber der Mehrheit der Belorussen.
Möglicherweise gewinnen sie außerhalb der Hauptstadt einige Sympathien, wenn sie gewaltsame Aktionen weiter vermeiden können und sich durchweg als unschuldige Opfer unbegründeter Gewalt positionieren können.
Ich bin mir nicht mal sicher ob Lukaschenko sogar fällt wenn die sogenannten Massenstreiks tatsächlich anfangen. Ich traue es Ihm auch zu im Notfall eine Militärdiktatur aufzubauen. In Venezuela und Syrien haben wir ja so etwas auch und da dachten auch viele die Tage von Assad und Maduro sind gezählt. Im Falle von Belarus kommt sogar noch hinzu das Putin hier der direkte Nachbar ist, der das stillschweigend billigen könnte (wenn er sich tatsächlich dazu entscheiden sollte). Ein Eingreifen Russlands sehe ich als nicht notwendig an, Lukaschenko hat dafür das Militär zu fest im Griff.
Die Neigung im Militär und vor allem der Polizei, auf Leute zu schießen, die immer wieder beteuern, eigentlich nur neue Wahlen zu wollen, lässt sich nicht dauerhaft halten. Andererseits ist nicht gesagt, dass die Forderung nach neuen Wahlen und der Lukaschenko-Überdruss unbedingt den bisher aufgetauchten Köpfen zugute kommen muss. Die relativ inaktive Mehrheit könnte sich am Ende für eine Figur begeistern, die einen sauberen Neustart mit viel Kontinuität verbindet, Lukaschenko ins Abseits stellt ohne ihn hart zu bestrafen und in Russland gut vernetzt ist.
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Rautenberger
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

naddy hat geschrieben:(25 Aug 2020, 13:31)
Was wäre denn, wenn Lukaschenka statt der angegebenen 80 "nur" 51% geholt hätte?
Dann wäre Lukaschenka ein absoluter Vollidiot. Mit der Behauptung, knapp über 50 % bekommen zu haben, wäre er ja vielleicht noch durchgekommen. Er hätte ja dann auch einer Überprüfung des Ergebnisses beruhigt zustimmen und so die Situation deeskalieren können. Die behaupteten 80 % sind aber so absurd, dass der Volkszorn noch zusätzlich befeuert wurde.

Letztlich spielt es aber keine Rolle, ob Zichanouskaja oder Lukaschenka die Wahl gewonnen hat, eben weil es so offensichtlich ist, dass manipuliert wurde. Somit muss ohnehin eine Wahlwiederholung erfolgen (eine Neuauszählung ist aufgrund bereits vernichteter Stimmzettel nicht mehr möglich).
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DevilsNeverCry
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von DevilsNeverCry »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Aug 2020, 08:13)

Ist zwar schon einige Zeit her. Aber diese Lage erinnert in mancher Hinsicht an das Ende der Franco-Diktatur in Spanien. Zumindest zu der Zeit als der Diktator noch halbwegs bei Kräften war. Auch das historische Verhältnis Spanien/NS-Deutschland in der Zeit davor hat ein wenig etwas von Belarus/RUssland/SU. Einerseits wurde das Franco-Regime bekanntermaßen von NS-Deutschland unterstützt. Andererseits war der Diktator Franco ebenso wie Lukaschenko für Russland ein schwieriger und eigenwilliger Partner.

Man müsste einmal genau schauen, was Mitte der 70er die tieferen Ursachen für den letztendlichen Niedergang des Francismus in Spanien waren.
Ja, aber wann ist das Franco Reginme den zerbröselt? Richtig, nachdem er verstorben war. Er hat also das Ende seines Regimes gar nicht mehr mit bekommen.

Franco natürlich in einem Atemzug mit Batka zu nennen ist hart. :D Ohne Zweifel, Batka ist schon knallhart, aber Ihn mit so jemanden zu vergleichen? Außer das Sie hart durchgreifen haben Sie nicht viel gemeinsam. Wobei zu Francos Zeiten selbst das Parlament relativ machtlos gegenüber Ihm war. In Belarus ist das so nicht ganz der Fall.
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DevilsNeverCry
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von DevilsNeverCry »

imp hat geschrieben:(26 Aug 2020, 09:01)

Das ist viel auf einmal. Die Opposition hat öffentlich verkündet, immer wieder, dass sie eine geopolitische Komponente nicht (jetzt) zum Thema machen will und dass es für Sanktionen auch "zu früh" sei. Sie hat sich aber als real existierend etabliert. Eine der drei vorstehenden Frauen sitzt im Land, eine in der EU, eine in Russland. Einer der Ehemänner war ein etablierter Mann des alten Systems, der relativ überraschend gegen Lukaschenko kandidierte und von der Wahl ausgeschlossen wurde.

Bei den Protesten bemühen sie sich vor allem, Bilder militanten Auftritts zu vermeiden. Das wäre nachhaltig schlecht, lässt sich auf die Dauer aber nur schwer völlig verhindern. In den Betrieben geht es ums Eingemachte: Privat für jeden, der die Arbeit niederlegt steht die Anstellung auf dem Spiel, aber auch eine Schädigung der Lieferfähigkeit kann nachhaltig die Wirtschaft ruinieren und das will auch kaum wer. Die relativ freien modernen Wirtschaftszweige machen dann doch nicht die Mehrzahl der Arbeitsplätze aus.


Möglicherweise gewinnen sie außerhalb der Hauptstadt einige Sympathien, wenn sie gewaltsame Aktionen weiter vermeiden können und sich durchweg als unschuldige Opfer unbegründeter Gewalt positionieren können.


Was die Opposition öffentlich verkündet ist so eine Sache. Ich denke mal damit ist der Koordnisierungsrat gemeint? Der besteht zu Teilen aus Altoppositionellen und natürlich auch liberalen Kräften. Die sind sich einig darin das Batka weg muss - danach geht der Machtkampf erst los wenn Sie den Batka auch wirklich stürzen können. Die Altoppositionellen sind im übrigen nicht sonderlich beliebt. Halt national-konservativ, z. T. auch nationalistisch, damit sind sie schon in den 90er auf die Schnauze geflogen.

Wichtig wird es wie gesagt die Arbeiter aus den Staatsbetrieben hinter sich zu scharen. Sicherheitsapparat und Verwaltung (dazu zähle ich auch mal die Staatsmedien) bröckeln kaum. Wenn es der Opposition nicht gelingt genügend Streikende aus den staatlichen Betrieben zu sammeln, werden Sie langfristig gesehen keinen Erfolg haben.

In der Westukraine gingen 2013/2014 nicht nur Leute auf die Straße, sondern auch Regionalparlament, administrative Verwaltung, ja sogar vereinzelt die Sicherheitskräfte vor Ort haben die Seite gewechselt. Gerade so etwas sehe ich in Belarus nicht.
Übrigens, heute hat OMON auf dem Platz der Unabhängigkeit in Minsk kräftig aufgeräumt.

Die Neigung im Militär und vor allem der Polizei, auf Leute zu schießen, die immer wieder beteuern, eigentlich nur neue Wahlen zu wollen, lässt sich nicht dauerhaft halten. Andererseits ist nicht gesagt, dass die Forderung nach neuen Wahlen und der Lukaschenko-Überdruss unbedingt den bisher aufgetauchten Köpfen zugute kommen muss. Die relativ inaktive Mehrheit könnte sich am Ende für eine Figur begeistern, die einen sauberen Neustart mit viel Kontinuität verbindet, Lukaschenko ins Abseits stellt ohne ihn hart zu bestrafen und in Russland gut vernetzt ist.
Wieso lässt sich das nicht dauerhaft halten? In Syrien und Venezuela klappt das ja. Gut in Syrien mag Assad wirklich einige Anhänger haben - aber das hat auch mit der religösen Spaltung im Land zu tun. Als Alawite will man wohl kaum unter sunnitischen Extremisten leben wollen.

Das ist richtig. In Russland sitzen auch ein paar Oppositionelle die das aktuelle politische System in Belarus ablehnen.
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Rautenberger
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(26 Aug 2020, 22:50)

Was die Opposition öffentlich verkündet ist so eine Sache. Ich denke mal damit ist der Koordnisierungsrat gemeint? Der besteht zu Teilen aus Altoppositionellen und natürlich auch liberalen Kräften. Die sind sich einig darin das Batka weg muss - danach geht der Machtkampf erst los wenn Sie den Batka auch wirklich stürzen können.

Nach Baťkas Sturz soll es freie Wahlen geben und Wahlen sind immer ein Kampf um die Macht. In einem demokratischen Land ist das das Normalste der Welt...
Die Altoppositionellen sind im übrigen nicht sonderlich beliebt. Halt national-konservativ, z. T. auch nationalistisch, damit sind sie schon in den 90er auf die Schnauze geflogen.
Die 90er sind seit 20 Jahren vorbei. Da ist inzwischen eine ganz neue Generation herangewachsen - ähnlich wie in Russland.
Wichtig wird es wie gesagt die Arbeiter aus den Staatsbetrieben hinter sich zu scharen. Sicherheitsapparat und Verwaltung (dazu zähle ich auch mal die Staatsmedien) bröckeln kaum.
Sorry, aber das stimmt einfach nicht. Beim Staats-TV gab es massive Schwierigkeiten durch den Weggang oder Streik von Mitarbeitern, die nur durch den Import russischer TV-Fachleute aufgefangen werden konnten. Das Regional-TV in Hrodna hat sogar Oppositionsdemos live übertragen. Berichte über Kündigungen von Milizionären gibt es ebenso.[/quote]
Wieso lässt sich das nicht dauerhaft halten? In Syrien und Venezuela klappt das ja.
Wenn Lukaschenka an der Macht bleiben will, muss er die Daumenschrauben massiv anziehen und sein Land - vielleicht etwas übertrieben gesagt - zu einem europäischen Nordkorea machen. Das wird die wirtschaftliche Krise verschärfen. Wie man hört, planen schon viele der aufstrebenden IT-Unternehmen den Wegzug aus dem Land. Der belarussische Rubel fällt immer weiter. Die Fachkräfteabwanderung wird sich verstärken. Ich möchte mir nicht vorstellen, dass so ein System im Europa des 21. Jahrhunderts lange überleben wird.

Es macht auch von der anderen Seite aus gesehen keinen Sinn: Belarus hat in den vergangenen Jahren von massiven russischen Subventionen gelebt. Wenn Putin Lukaschenka gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit stützen will, wird es noch teurer. Das wird auch in Russland zu Widerstand führen.
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imp
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Re: Entwicklung in Weißrussland (Russland)

Beitrag von imp »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(26 Aug 2020, 22:50)

Was die Opposition öffentlich verkündet ist so eine Sache. Ich denke mal damit ist der Koordnisierungsrat gemeint? Der besteht zu Teilen aus Altoppositionellen und natürlich auch liberalen Kräften. Die sind sich einig darin das Batka weg muss - danach geht der Machtkampf erst los wenn Sie den Batka auch wirklich stürzen können. Die Altoppositionellen sind im übrigen nicht sonderlich beliebt. Halt national-konservativ, z. T. auch nationalistisch, damit sind sie schon in den 90er auf die Schnauze geflogen.

Wichtig wird es wie gesagt die Arbeiter aus den Staatsbetrieben hinter sich zu scharen. Sicherheitsapparat und Verwaltung (dazu zähle ich auch mal die Staatsmedien) bröckeln kaum. Wenn es der Opposition nicht gelingt genügend Streikende aus den staatlichen Betrieben zu sammeln, werden Sie langfristig gesehen keinen Erfolg haben.

In der Westukraine gingen 2013/2014 nicht nur Leute auf die Straße, sondern auch Regionalparlament, administrative Verwaltung, ja sogar vereinzelt die Sicherheitskräfte vor Ort haben die Seite gewechselt. Gerade so etwas sehe ich in Belarus nicht.
Übrigens, heute hat OMON auf dem Platz der Unabhängigkeit in Minsk kräftig aufgeräumt.




Wieso lässt sich das nicht dauerhaft halten? In Syrien und Venezuela klappt das ja. Gut in Syrien mag Assad wirklich einige Anhänger haben - aber das hat auch mit der religösen Spaltung im Land zu tun. Als Alawite will man wohl kaum unter sunnitischen Extremisten leben wollen.
Der Konflikt in Syrien ist für die regierungsnahe Koalition existenziell. Wenn die Kopfabschneider gewonnen hätten, wäre deren Leben gefährdet und nur die Flucht noch möglich. Für die Angehörigen der Sicherheitskräfte sind normale Bürger, die die Nase vom aktuellen Glatzkopf und seinem "Wahlerfolg" voll haben, keine Bedrohung an sich - und wenn es halbwegs harmlos läuft, können sie ihren Beruf behalten.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von peterkneter »

ich komme eben aus Litauen und dort solidarisiert man sich sehr lautsark mit den Demonstranden. Die Weiß-Rot-Weiße Flagge hängt dort an allen staatlichen Institutionen und auf den Bussen steht: "Wir halten zu euch, Belarus!" Soweit aus dem Fenster lehnen ist auch gefährlich, immerhin ist Litauen ein Nato-Staat. Aber ich finde es eigentlich sehr gut so. In Deutschland wäre das undenkbar. Wie soll man
denn sonst wieder mit Lukaschenko reden, wenn er sich doch noch an der Macht hält... - das ist hier wohl der Hintergedanke bei der deutschen Zurückhaltung.
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Rautenberger
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

peterkneter hat geschrieben:(28 Aug 2020, 10:18)

ich komme eben aus Litauen und dort solidarisiert man sich sehr lautsark mit den Demonstranden. Die Weiß-Rot-Weiße Flagge hängt dort an allen staatlichen Institutionen und auf den Bussen steht: "Wir halten zu euch, Belarus!" Soweit aus dem Fenster lehnen ist auch gefährlich, immerhin ist Litauen ein Nato-Staat. Aber ich finde es eigentlich sehr gut so. In Deutschland wäre das undenkbar. Wie soll man
denn sonst wieder mit Lukaschenko reden, wenn er sich doch noch an der Macht hält... - das ist hier wohl der Hintergedanke bei der deutschen Zurückhaltung.
Ich war letzte Woche in Polen. Dort sieht man auch gelegentlich diese Flaggen.

Ich denke, dass die unterschiedliche Herangehensweise eher durch historische Erfahrungen als durch strategische Überlegungen bedingt ist. Lukaschenka wird als Putins Mann betrachtet und die Osteuropäer sind naturgemäß sehr viel russlandkritischer als die Westeuropäer.

Die Litauer gehen, denke ich, kein großes Risiko ein. Sie sind durch die NATO geschützt und ich glaube nicht, dass ein Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zu Belarus zu einer großen Krise führen würde.
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Orbiter1
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Orbiter1 »

Die Vorbereitungen für die "Beendigung des Chaos" laufen planmäßig weiter. Häßliche Bilder, Videos und Berichte von der "Beendigung des Chaos" soll es z.B. nicht geben. Könnte klappen.

"Journalisten von #ARD, #ZDF und der Deutschen Welle sind in #Belarus vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen worden. Vertretern vieler Medien sind die Akkreditierungen entzogen worden." Quelle: https://t.co/amxCybRZqf
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naddy
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von naddy »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 Aug 2020, 16:01)

Häßliche Bilder, Videos und Berichte von der "Beendigung des Chaos" soll es z.B. nicht geben. Könnte klappen.
Nie und nimmer. Bilder, egal ob häßliche, schöne, gute oder schlechte, sind das Medium aktueller politischer Auseinandersetzungen.

Die daraus folgende Emotionalisierung aller Diskussionen über Konflikte haben wir den Entwicklern der Smartphone-Cameras zu verdanken. Nebst den psychisch Retardierten, die sich mit sowas ködern lassen und darauf hereinfallen.
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Orbiter1 »

naddy hat geschrieben:(29 Aug 2020, 16:16)

Nie und nimmer. Bilder, egal ob häßliche, schöne, gute oder schlechte, sind das Medium aktueller politischer Auseinandersetzungen.

Die daraus folgende Emotionalisierung aller Diskussionen über Konflikte haben wir den Entwicklern der Smartphone-Cameras zu verdanken. Nebst den psychisch Retardierten, die sich mit sowas ködern lassen und darauf hereinfallen.
Wichtig ist dass es keine Berichterstattung von Journalisten aus demokratischen und liberalen Staaten gibt. Und das wird man sicher in den Griff bekommen. Was Putin betrifft teile ich die Einschätzung von Andrey Gurkov vom Deutschlandfunk:

"Für Andrey Gurkov ist die Strategie #Putins klar: Keine Kompromisse mit der Opposition, Aussitzen, Gewalt anwenden. Diese Methode habe man schon bei Maduro und Assad angewandt." Quelle:

Selbstverständlich wird Putin auch im Fall Belarus die bewährte Vorgehensweise anwenden. Aber jetzt schaut er sich erst einmal an ob Lukaschenka "das Problem" alleine lösen kann. Falls er das nicht hinbekommt wird das russische Brudervolk zu Hilfe eilen.
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naddy
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von naddy »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 Aug 2020, 17:17)

Wichtig ist dass es keine Berichterstattung von Journalisten aus demokratischen und liberalen Staaten gibt.
Die bedienen sich aber bekanntermaßen auch gerne bei Youtube oder Instagram, wenn sie nicht "vor Ort" berichten können. Und da wird es mit absoluter Sicherheit Bilder geben.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von streicher »

Es gab in den vergangenen Wochen rätselhafte Todesfällen von Protestierenden.
https://www.stern.de/politik/ausland/be ... 95770.html
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von schokoschendrezki »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(26 Aug 2020, 22:33)

Ja, aber wann ist das Franco Reginme den zerbröselt? Richtig, nachdem er verstorben war. Er hat also das Ende seines Regimes gar nicht mehr mit bekommen.
Deswegen schrieb ich ja auch: Als er (Franco) "noch bei Kraeften war". Da hat er naemlich auch so Zeug zusammengefaselt wie "Verschwoerung aus dem Ausland".
Franco natürlich in einem Atemzug mit Batka zu nennen ist hart. :D Ohne Zweifel, Batka ist schon knallhart, aber Ihn mit so jemanden zu vergleichen? Außer das Sie hart durchgreifen haben Sie nicht viel gemeinsam. Wobei zu Francos Zeiten selbst das Parlament relativ machtlos gegenüber Ihm war. In Belarus ist das so nicht ganz der Fall.
In jedem Fall gibt es aus meiner SIcht im sogenannten Westen die Illusion, vielleicht auch die Wunschvorstellung, dass Opposition in Belarus automatisch "antirussisch" heisst. Das ist ein Irrtum! Nur zur Erinnerung: Die weissrussische Literaturnobelpreistraegerin Alexijewitsch, die juengst vermehrt in den Medien auftrat, und die ganz zurecht als Teil der belarussischen Opposition gesehen wird ... und natuerlich auch die ueberragende INtellektuelle des Landes ist ... sie publiziert ausschliesslich in Russisch. Sie kann gar nicht genuegend Weissrussisch, um in der Landessprache zu schreiben. Das ist (natuerlich) nicht automatisch pro-putinesisch. Aber die Situation ist ganz anders als etwa in den Ukraine oder in Georgien oder im Baltikum Anfang der 90er.

Die Intellektuellen wollen nicht irgendwie Elsaesser oder Vogtlaender sondern Weltbuerger sein. Verstaendlich! Das heisst dort aber: SIch kulturell als Teil des russischen Sprachraums zu fuehlen. Teil der Kultur von Tolstoi, Dostojewski und Co.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von streicher »

So wurde die Wahl also gefälscht - zum Beispiel:
Als Reaktion auf die Behördenwillkür entstand Anfang Juni die Initiative "Honest People" (Ehrliche Menschen), die sich dafür einsetzte, die Wahl auch unter diesen Umständen so transparent wie möglich zu gestalten. Als Erstes riefen die Aktivisten die Bürger dazu auf, sich als Mitglieder der lokalen Wahlkommissionen zu bewerben. Der Gedanke dahinter - je mehr ehrliche Menschen in den Wahlkommissionen vertreten wären, desto weniger Raum für Manipulationen bliebe den Behörden. Tausende bewarben sich - nur zwölf kamen in die Kommissionen.

Die Behörden mussten zu absurden Mitteln greifen, um Oppositionelle von den Wahllokalen fernzuhalten. So wurde mancherorts die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl der Kommissionsmitglieder kurzfristig reduziert - offenbar immer dann, wenn die Behörden nicht genug regimetreue Bewerber finden konnten. Die Abstimmungen über die Mitgliedschaft in den Kommissionen wirkten wie ein gut geprobtes Spektakel: Während die einen einstimmig gewählt wurden, wurden die Kandidaturen der "Ehrlichen Menschen" ebenso einstimmig abgelehnt.
Aktivisten beweisen Betrug So fälschte Belarus seine Wahl
Lukaschenko ist ein Dreckskerl.
Zum Bericht: FINAL REPORT ON 2020 PRESIDENTIAL ELECTIONS IN BELARUS
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

streicher hat geschrieben:(30 Aug 2020, 14:46)
Lukaschenko ist ein Dreckskerl.[/url]
Das war er schon immer. In den ersten Jahren seiner Herrschaft wurden mehrere Oppositionelle ermordet oder verschwanden.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Alexander Sommer »

streicher hat geschrieben:(30 Aug 2020, 14:46)

So wurde die Wahl also gefälscht - zum Beispiel:
Aktivisten beweisen Betrug So fälschte Belarus seine Wahl
Lukaschenko ist ein Dreckskerl.
Zum Bericht: FINAL REPORT ON 2020 PRESIDENTIAL ELECTIONS IN BELARUS


Die "Aktivisten" beweisen bestenfalls ihre kriminelle Energie, fotografieren in der Wahlkabine ist verboten, im Übrigen auch in Deutschland, außerdem können Handyfotos gefälscht werden das kann heutztage jeder Rotzlöffel !!
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von streicher »

Alexander Sommer hat geschrieben:(30 Aug 2020, 19:23)

Die "Aktivisten" beweisen bestenfalls ihre kriminelle Energie, fotografieren in der Wahlkabine ist verboten, im Übrigen auch in Deutschland, außerdem können Handyfotos gefälscht werden das kann heutztage jeder Rotzlöffel !!
Denkst du, dass die Demonstrationen in Belarus gegen die Wahlfälschung eine Berechtigung haben?
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DevilsNeverCry
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von DevilsNeverCry »

Rautenberger hat geschrieben:(27 Aug 2020, 19:32)

Nach Baťkas Sturz soll es freie Wahlen geben und Wahlen sind immer ein Kampf um die Macht. In einem demokratischen Land ist das das Normalste der Welt...
Stimmt, dass ist in einer funktionsfähigen Demokratie normal das es verschiedene politische Interessen gibt, die wiederum zu unterschiedlichen politischen Ausrichtungen führen. Darauf war mein Beitrag auch nicht ausgerichtet. Es ging mir nur darum klar zu stellen das die Opposition in Belarus nicht existiert. Ein Beispiel aktuell aus Georgien: Nahezu alle grusinischen Parteien haben überlegt sich gegen die Regierungspartei zusammen zu schließen -> und das obwohl die ideologische Kluft zwischen den einzelnen Parteien nicht gering ist. Da Sakaschwilli tatsächlich überlegt wieder zurückzukehren um an der Spitze der Bewegung zu treten,ist das erstmal aber ad acta gelegt worden (wobei er wohl eher in den Knast wandert wenn er tatsächlich wieder nach Georgien kommen sollte). Genau darum ging es mir, "die" Opposition ist sich darin einig das Lukaschenko weg muss. In anderen Fragen hält man sich eher zurück.

Die 90er sind seit 20 Jahren vorbei. Da ist inzwischen eine ganz neue Generation herangewachsen - ähnlich wie in Russland.
Viele unter den Altoppositionellen sind nationalistisch bis national-konservativ eingestellt. Anfang der 90er kamen diese Leute unter Schuschkewitsch an die Macht und da gab es auch eine "neue Generation" von Wählern -> Misswirtschaft und das entfernen der russischen Sprache aus den Bildungseinrichtungen (ca 1995 haben weniger als 10% der Schulen die Unterrichtssprache auf russisch geführt -> und das in einem Land wo bis heute die überwältigende Mehrheit bis heute auf russisch denkt und spricht) haben dazu geführt das sie abgewählt wurden. Diese Bewegung ist nicht sonderlich beliebt, es sind liberale Parteien mit Tichanowskaja die noch eher eine Chance haben. Wobei es sich erstmal zeigen muss wie ernst sie es meint.

Sorry, aber das stimmt einfach nicht. Beim Staats-TV gab es massive Schwierigkeiten durch den Weggang oder Streik von Mitarbeitern, die nur durch den Import russischer TV-Fachleute aufgefangen werden konnten. Das Regional-TV in Hrodna hat sogar Oppositionsdemos live übertragen. Berichte über Kündigungen von Milizionären gibt es ebenso.
Ich sehe in der live Übertragung der Oppositionsdemos nun keinen tiefen Einschnitt. Andere Staatssender wie Belarus 24 haben auch Ausschnitte der Opposition gezeigt. Das ist kein Zeichen des Zerfalls. Das russisches TV Personal die offenen Stellen besetzte ist mir aber neu und ich habe weder in den russischen oder ukrainischen Medien was davon gelesen.

Die Kündigung der Milizen und von Mitarbeitern aus Verwaltung und Medien sind hier Einzelfälle. Zweiteres haben auch deutsche Medien aufgefangen. Aber das sind einzelne Ausreißer und von ukrainischen Verhältnissen weit entfernt. Bitte mal vergleichen was in Kiew, Lwiw, Ivano Frankivsk etc. 2013 und Anfang 2014 los war. Batka sitzt hier noch sattelfest. Regionalparlamete, örtliches Sicherheitsapparat und Verwaltung sind hier in seiner Hand. Die staatlichen Medien sind immer noch auf Kurs.

Wenn Lukaschenka an der Macht bleiben will, muss er die Daumenschrauben massiv anziehen und sein Land - vielleicht etwas übertrieben gesagt - zu einem europäischen Nordkorea machen. Das wird die wirtschaftliche Krise verschärfen. Wie man hört, planen schon viele der aufstrebenden IT-Unternehmen den Wegzug aus dem Land. Der belarussische Rubel fällt immer weiter. Die Fachkräfteabwanderung wird sich verstärken. Ich möchte mir nicht vorstellen, dass so ein System im Europa des 21. Jahrhunderts lange überleben wird.

Es macht auch von der anderen Seite aus gesehen keinen Sinn: Belarus hat in den vergangenen Jahren von massiven russischen Subventionen gelebt. Wenn Putin Lukaschenka gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit stützen will, wird es noch teurer. Das wird auch in Russland zu Widerstand führen.
Er legt ja schon ordentlich die Daumenschrauben an -> heute sind wieder oppositionelle verhaftet worden. Führer des Oppositionsrates sind in den letzten Tagen in U-Haft geraten und Oppositionsnahe Internetplattformen gestern vorübergehend gesperrt worden.

Die Abwertung des belorussischen Rubels ist natürlich bei einem schwankenden (und nicht festen) Wechselkurs kein Wunder -> bei dem was gerade los ist normal das da die heimische Währung unter Druck gerät. Die Frage ist in wie weit sich das verschärfen wird. Das müssen wir mal weiter beobachten. Das kann in der Tat noch zu gravierende Probleme führen -> "kann" wohlgemerkt. Aber da sind wir auch schon beim nächsten Punkt. Den Subventionen Russlands. Putin hat ja vor kurzem Lukaschenko 1 Mrd $ Auslandschulden abgeschrieben. Bei Auslandsschulden gegenüber Russland von ca. 8 Mrd. $ ist das schon ordentlich. Noch sehe ich aber keinen großen Widerstand in Russland -> weder in der Bevölkerung, Wirtschaft oder in der Politik.

Die IT Industrie könnte hier in der Tat einen heftigen Einschnitt erleiden. Ich denke da werden einige Fachkräfte und Unternehmen wohl auswandern. Die Ukraine ist da ein guter Kandidat, die können ruhig nach Kiew kommen :D
Zuletzt geändert von DevilsNeverCry am So 30. Aug 2020, 23:44, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von DevilsNeverCry »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Aug 2020, 13:45)

Deswegen schrieb ich ja auch: Als er (Franco) "noch bei Kraeften war". Da hat er naemlich auch so Zeug zusammengefaselt wie "Verschwoerung aus dem Ausland".

In jedem Fall gibt es aus meiner SIcht im sogenannten Westen die Illusion, vielleicht auch die Wunschvorstellung, dass Opposition in Belarus automatisch "antirussisch" heisst. Das ist ein Irrtum! Nur zur Erinnerung: Die weissrussische Literaturnobelpreistraegerin Alexijewitsch, die juengst vermehrt in den Medien auftrat, und die ganz zurecht als Teil der belarussischen Opposition gesehen wird ... und natuerlich auch die ueberragende INtellektuelle des Landes ist ... sie publiziert ausschliesslich in Russisch. Sie kann gar nicht genuegend Weissrussisch, um in der Landessprache zu schreiben. Das ist (natuerlich) nicht automatisch pro-putinesisch. Aber die Situation ist ganz anders als etwa in den Ukraine oder in Georgien oder im Baltikum Anfang der 90er.

Die Intellektuellen wollen nicht irgendwie Elsaesser oder Vogtlaender sondern Weltbuerger sein. Verstaendlich! Das heisst dort aber: SIch kulturell als Teil des russischen Sprachraums zu fuehlen. Teil der Kultur von Tolstoi, Dostojewski und Co.
Dann habe ich Ihren Beitrag zuvor nicht ganz verstanden. ;)

Ja in der Tat, sie ist eine von jenen Oppositionellen die dem russischen Kulturraum relativ freundlich gegenüber steht. Das ist genau das was ich mit liberal mit meinem Beitrag weiter oben gegenüber Rautenberger meinte.

In der Ukraine übrigens (das kann ich Ihnen beim besten Willen versichern) sprechen die Leute überwiegend gerne russisch. In Odessa ist russisch die Verkehrssprache und Kiew ist so ziemlich zweisprachig -> da spricht man sowohl auf ukrainisch als auch auf russisch. Und das ist auch gut so. :)
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Cobra9 »

Alexander Sommer hat geschrieben:(30 Aug 2020, 19:23)

Die "Aktivisten" beweisen bestenfalls ihre kriminelle Energie, fotografieren in der Wahlkabine ist verboten, im Übrigen auch in Deutschland, außerdem können Handyfotos gefälscht werden das kann heutztage jeder Rotzlöffel !!
Interessant das Du da so gut Bescheid weißt. Schon persönlich Erfahrung gemacht?

Aus welchem Grund gehen die Menschen den auf die Straße. Erklärung sachlich bitte
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Entwicklung in Weißrussland (Und Russland im Bezug)

Beitrag von imp »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(31 Aug 2020, 20:43)

Und werden dann teilweise gerne abgeholt, im Gefängnis gefoltert und wenn sie freigelassen werden laufen sie mit gebrochenen Beinen(!) erstaunlich weit vom Gefängnis weg.. nur um wegzukommen.

Ich kenne einen politischen Flüchtling aus Weißrussland. Wenn nur die Hälfte stimmt was ich von diesem höre, dann muss man das aktuelle Weißrussland als faschistisch bezeichnen.
Ältere Weißrussen sagen wohl, dass die Stalin-Zeit weniger schlimm war. Das will schon etwas heißen..
Das heißt vor allem, dass auch Ältere manchmal das Maß verlieren. Ohne Zweifel: Lukaschenko ist schlimm und muss weg und sein politisch-strategisches Projekt für das Land ist abgelaufen - jetzt wird er zunehmend zur Belastung auch für die, denen gegenüber er bisher eher nervig als brutal war. Zu behaupten, bei Stalin sei es weniger schlimm gewesen, ist aber reichlich orientierungslos.

Es schaugt so aus, dass Russland abwartet, wer die Oberhand behält und den einen öffentlich, den anderen intern sagt, was die Spielregeln sind, im Rahmen derer alles erlaubt ist. Das kann das bisher recht gute Verhältnis zur weissrussischen Bevölkerung eintrüben, denn aktuell sieht es aus, als ob Lukaschenko sich noch etwas halten wird - jedoch ohne politische Perspektive. Ein kleiner Marodo wie in Venezuela.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von imp »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(30 Aug 2020, 23:24)

Dann habe ich Ihren Beitrag zuvor nicht ganz verstanden. ;)

Ja in der Tat, sie ist eine von jenen Oppositionellen die dem russischen Kulturraum relativ freundlich gegenüber steht. Das ist genau das was ich mit liberal mit meinem Beitrag weiter oben gegenüber Rautenberger meinte.

In der Ukraine übrigens (das kann ich Ihnen beim besten Willen versichern) sprechen die Leute überwiegend gerne russisch. In Odessa ist russisch die Verkehrssprache und Kiew ist so ziemlich zweisprachig -> da spricht man sowohl auf ukrainisch als auch auf russisch. Und das ist auch gut so. :)
Ein Teil der Opposition formt jetzt offiziell eine Partei. Offenbar versuchen sie, eine gewisse Einheitlichkeit "wir gegen die" herzustellen und nebenher ein paar unbequeme "Partner" abzuschütteln. Treibende Kraft ist das Team um Babariko - der auch für Russland ein akzeptabler Lukaschenko-Nachfolger sein könnte, wenn die Umstände es erlauben. Gelingt es der Partei, wichtige Teile der Opposition für sich zu gewinnen, drängt sie damit den Koordinierungsrat mit seinen teilweise unattraktiven Alt-Oppositionellen ins Abseits. Ob das Teil einer staatsnahen Inszenierung ist, eine "Lizenzopposition" aufzubauen oder ob das vorwiegend "echt" ist, lässt sich schwer sagen.
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Re: Entwicklung in Weißrussland (Und Russland im Bezug)

Beitrag von Europa2050 »

imp hat geschrieben:(01 Sep 2020, 07:25)

Das heißt vor allem, dass auch Ältere manchmal das Maß verlieren. Ohne Zweifel: Lukaschenko ist schlimm und muss weg und sein politisch-strategisches Projekt für das Land ist abgelaufen - jetzt wird er zunehmend zur Belastung auch für die, denen gegenüber er bisher eher nervig als brutal war. Zu behaupten, bei Stalin sei es weniger schlimm gewesen, ist aber reichlich orientierungslos.

Es schaugt so aus, dass Russland abwartet, wer die Oberhand behält und den einen öffentlich, den anderen intern sagt, was die Spielregeln sind, im Rahmen derer alles erlaubt ist. Das kann das bisher recht gute Verhältnis zur weissrussischen Bevölkerung eintrüben, denn aktuell sieht es aus, als ob Lukaschenko sich noch etwas halten wird - jedoch ohne politische Perspektive. Ein kleiner Marodo wie in Venezuela.
Womit wir wieder beim Vorteil einer funktionierenden Demokratie wären. Nicht, dass da unbedingt und jederzeit die kompetenteren Staatsführer rauskommen. Gegenbeispiele kennt wohl jeder...

Aber dass man sie wieder abservieren kann, bevor sie das Land zuerst zum Stillstand und später in den Ruin führen.
(Außer man ist masochistisch veranlagt, wie bei der Bevölkerung der USA nicht auszuschliessen ;) )

Die belarusische Bevölkerung scheint in einem großen Maß (ohne jetzt zu wissen ob das auch ein „überwiegendes Maß“ ist) der Meinung zu sein, dass der Zeitpunkt für das Abservieren jetzt gekommen sei. Leider konnte dieser Punkt aber aufgrund manipulierter Wahl nicht geklärt werden. Dem Land wird es leider so oder so schaden.
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Re: Entwicklung in Weißrussland (Und Russland im Bezug)

Beitrag von imp »

Europa2050 hat geschrieben:(01 Sep 2020, 09:03)

Womit wir wieder beim Vorteil einer funktionierenden Demokratie wären. Nicht, dass da unbedingt und jederzeit die kompetenteren Staatsführer rauskommen. Gegenbeispiele kennt wohl jeder...

Aber dass man sie wieder abservieren kann, bevor sie das Land zuerst zum Stillstand und später in den Ruin führen.
(Außer man ist masochistisch veranlagt, wie bei der Bevölkerung der USA nicht auszuschliessen ;) )

Die belarusische Bevölkerung scheint in einem großen Maß (ohne jetzt zu wissen ob das auch ein „überwiegendes Maß“ ist) der Meinung zu sein, dass der Zeitpunkt für das Abservieren jetzt gekommen sei. Leider konnte dieser Punkt aber aufgrund manipulierter Wahl nicht geklärt werden. Dem Land wird es leider so oder so schaden.
Man sieht umgekehrt auch, dass das Ausschalten der Demokratie nicht dauerhaft was am Ergebnis ändern kann - Lukaschenko hat fertig. Ohne sauberen, allgemein akzeptierten Ablösungsprozess, etwa durch demokratische Wahl, wird es aufwändiger und dauert länger. (Im Einzelfall auch mal anders herum.)

Egal, wie es weitergeht: Die EU hat vorerst wenige weitere Eingriffsmöglichkeiten, obwohl sie nicht viel falsch gemacht hat. Lukaschenkos Handlungsmöglichkeiten sind von außen vor allem durch Russland begrenzt, von innen wird er nicht darum kommen, substantiell mehr Freiheit zuzulassen - sonst nehmen sich die Bürger sie.
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Re: Entwicklung in Weißrussland (Staatswirtschaft)

Beitrag von imp »

https://www.srf.ch/news/international/w ... ausgedient

Die Schweizer haben einen ganz brauchbaren, wenn auch meinungsstarken, Artikel über die Staatswirtschaft in Weißrussland (Teil der weißrussisch-russischen Union) veröffentlicht. Grundtenor: Die Staatswirtschaft kann nicht mehr wachsen, ihre eher konservativ aktualisierten Produkte bekommen Probleme mit der Konkurrenzfähigkeit und die Unternehmen sind insgesamt in Geldsorgen und schlecht geführt. Politische Erwägungen überlagern wirtschaftlich getriebene Entscheidungsprozesse. Ohne externen Geldgeber ist weder ein Weiter-So noch eine Kurskorrektur finanzierbar.

Die Abhängigkeit von Russland oder Kina wächst. Die EU-Staatengruppe würde selbst bei einer politischen Wende nicht in eine konkurrenzfähige Modernisierung der Staatsbetriebe Geld stecken wollen. Allenfalls der billigen Verkauf an interessierte international aufgestellte Konkurrenten stünde an - was in den meisten Fällen auf Schließung hinauslaufen würde. Das sind Erwägungen, die das bisherige, auslaufende System für viele attraktiv genug machten, um bei der Stange zu bleiben trotz vieler eher negativer Aspekte. Die offene Konfrontation, wie sie jetzt läuft, und die absehbare Krise dürften da einiges durchschütteln. Vielleicht orientiert sich mancher neu.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

imp hat geschrieben:(01 Sep 2020, 09:00)

Ein Teil der Opposition formt jetzt offiziell eine Partei. Offenbar versuchen sie, eine gewisse Einheitlichkeit "wir gegen die" herzustellen und nebenher ein paar unbequeme "Partner" abzuschütteln. Treibende Kraft ist das Team um Babariko - der auch für Russland ein akzeptabler Lukaschenko-Nachfolger sein könnte, wenn die Umstände es erlauben. Gelingt es der Partei, wichtige Teile der Opposition für sich zu gewinnen, drängt sie damit den Koordinierungsrat mit seinen teilweise unattraktiven Alt-Oppositionellen ins Abseits. Ob das Teil einer staatsnahen Inszenierung ist, eine "Lizenzopposition" aufzubauen oder ob das vorwiegend "echt" ist, lässt sich schwer sagen.
Die Sichtweise, dass hier "unbequeme Partner abgeschüttelt" werden sollen, teile ich nicht. Das Oppositionsbündnis ist eben - der Name sagt es - ein Bündnis aus mehreren Strömungen und es ist völlig normal, dass sich die einzelnen Gruppen weiterentwickeln (z. B. zu Parteien). Dass es sich um eine staatsnahe Inszenierung handelt, halte ich für ausgeschlossen. Die Leute wollen Lukaschenka loswerden. Würden irgendwelche Oppositionelle sich auf einen Deal mit ihm einlassen, der ihm seine Macht sichert, dann können diese Leute gleich einpacken. Niemand würde sie unterstützen.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Europa2050 »

Nun also der dritte Versuch, das unliebsame Damentrio im Ausland zu entsorgen - dieses Mal gescheitert.
Stellt sich eh die Frage, ob die Opposition in ihrer Struktur nicht relativ unabhängig von „Köpfen„ ist, gerade in heutigen Zeiten der Internetorganisation.
Nur schliesst sich da natürlich langsam das von der Opposition immer offen gehaltene Fenster für Verhandlungen (das z.B. in der Ukraine nie so existierte).

Meine Hoffnung, dass hochrangige Regierungsmitarbeiter das auch sehen, und beginnen, auf eigene Faust Kontakte zur Opposition aufzubauen und gemeinsam eine Zukunft für Belarus zu entwerfen.

Heute aber meine Hochachtung der Frau Kolesnikowa, die angesichts des Staatschutzes im Rücken und der sicheren Ukraine in Sicht ihren Pass zerrissen haben soll :thumbup:
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Ammianus »

Alexander Sommer hat geschrieben:(30 Aug 2020, 19:23)

Die "Aktivisten" beweisen bestenfalls ihre kriminelle Energie, fotografieren in der Wahlkabine ist verboten, im Übrigen auch in Deutschland, außerdem können Handyfotos gefälscht werden das kann heutztage jeder Rotzlöffel !!
In einem Staat, in dem Leute wie du das Sagen haben, würde ich selbstverständlich in der Wahlkabine fotografieren, wenn ich damit nach weisen kann, was für Lumpereien abgezogen werden. Die Tradition totalitärer Regime, ihre Gegner als Kriminelle zu bezeichnen ist bekannt.
Und hätte es Aussicht auf Erfolg, dann würde ich auch mit einem Sturmgewehr dieser Figur entgegentreten, der es für angebracht hält, sich in Uniform und mit Knarre filmen zu lassen.
Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, würde ich ihm aber die Chance geben, nach Chile zu emigrieren. Kaffeetrinken mit Margot ist allerdings nicht mehr.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Ich habe mir gerade die Pressekonferenz angeschaut von der "deportation" von Maria.
Was für eine Show. Natürlich auf Ukrinform. Die zwei Männer welche dabei waren fanden das anscheinend ganz witzig. Bei der Erzählung der umstände musste der eine sein Lachen verkneifen und hat immer wieder ein schluck Wasser getrunken damit es nicht aus ihm heraus schießt. Wie soll man so etwas ernst nehmen. Wo war die deutsche Presse? Fand man das nicht interessant oder an wen war die Show gerichtet? Las Maria aus dem Auto wollte wurden die Türen von ihren "Freunden" verriegeln wo sie aus dem Fenster klettern musste.
Und die deutsche Presse rätselt über ihre Festnahme während auf Ukrinform 2 lachende Zeugen alles erzählen, sogar wie viel PS ihr fetter BMW hat. Armutszeugnis
Und Lukashenko erzählt etwas von, der BMW hat die Grenze durchbrochen. Einen befestigten checkpoint :D aha
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Europa2050 »

Audi hat geschrieben:(10 Sep 2020, 16:34)

Ich habe mir gerade die Pressekonferenz angeschaut von der "deportation" von Maria.
Was für eine Show. Natürlich auf Ukrinform. Die zwei Männer welche dabei waren fanden das anscheinend ganz witzig. Bei der Erzählung der umstände musste der eine sein Lachen verkneifen und hat immer wieder ein schluck Wasser getrunken damit es nicht aus ihm heraus schießt. Wie soll man so etwas ernst nehmen. Wo war die deutsche Presse? Fand man das nicht interessant oder an wen war die Show gerichtet? Las Maria aus dem Auto wollte wurden die Türen von ihren "Freunden" verriegeln wo sie aus dem Fenster klettern musste.
Und die deutsche Presse rätselt über ihre Festnahme während auf Ukrinform 2 lachende Zeugen alles erzählen, sogar wie viel PS ihr fetter BMW hat. Armutszeugnis
Und Lukashenko erzählt etwas von, der BMW hat die Grenze durchbrochen. Einen befestigten checkpoint :D aha
Ist das die neueste Version aus dem russischen Wahrheitsministerium:

„Ihre zwei Angestellten wollten Frau K. unter Billigung des Herrn L. in die Ukraine entführen?„

Frage für einen Freund in St. Petersburg ;)
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Orbiter1 »

Polen predigt den Weißrussen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit, aber hat ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem.

"Poland is trying to reinstate its role as chief promoter of democracy in Belarus, but its own clash with Brussels over democratic values is undermining its message." Quelle: https://www.politico.eu/article/polands ... larus/amp/

Steine werfen sollte man nur wenn man nicht selbst im Glashaus sitzt.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Europa2050 hat geschrieben:(11 Sep 2020, 07:22)

Ist das die neueste Version aus dem russischen Wahrheitsministerium:

„Ihre zwei Angestellten wollten Frau K. unter Billigung des Herrn L. in die Ukraine entführen?„

Frage für einen Freund in St. Petersburg ;)
Ukrinform ist schon russisch :?: Wow
Ich finde die Story von beiden Seiten nicht sehr glaubwürdig
Zuletzt geändert von Audi am Fr 11. Sep 2020, 09:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Orbiter1 hat geschrieben:(11 Sep 2020, 09:22)

Polen predigt den Weißrussen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit, aber hat ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem.

"Poland is trying to reinstate its role as chief promoter of democracy in Belarus, but its own clash with Brussels over democratic values is undermining its message." Quelle: https://www.politico.eu/article/polands ... larus/amp/

Steine werfen sollte man nur wenn man nicht selbst im Glashaus sitzt.
Gestern auf Deutschlandfunk kam eine nette Reportage. Polen und die baltischen Staaten mischen dort groß mit. Mit eigenen TV Sendern, oppositionelle.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Europa2050 »

Orbiter1 hat geschrieben:(11 Sep 2020, 09:22)

Polen predigt den Weißrussen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit, aber hat ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem.

"Poland is trying to reinstate its role as chief promoter of democracy in Belarus, but its own clash with Brussels over democratic values is undermining its message." Quelle: https://www.politico.eu/article/polands ... larus/amp/

Steine werfen sollte man nur wenn man nicht selbst im Glashaus sitzt.
Ich glaube - aus historischen Gründen - nicht, dass Polen in Belarus überhaupt ein Standing hat, irgendetwas zu predigen, zu vergiftet ist die Vergangenheit (Übrigens der gleiche Grund, warum unsere deutsche Außenpolitik gut daran tut, das Thema ausgesprochen defensiv anzugehen).

Die in der polnischen Emigration in den 70ern entwickelte ULB-Strategie:

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Giedroyc_Doctrine

die auch die ersten polnischen Regierungen nach 1989 verfolgten, wäre ein Weg gewesen.

Die PiS-Regierung hat diese aber bisher in allen Beziehungen verworfen, warum also sollte man also in Minsk glauben, das die polnische Regierung in Bezug auf Belarus diese auf Ausgleich bedachten Ansätze verfolgt?

Anders sieht es bei Litauen und der Ukraine aus, beide scheinen in Belarus recht hohe Akzeptanz zu besitzen.

Zumal die - historisch natürlich schon uralte - Staatlichkeit gemeinsam mit Litauen wohl zu den besten Jahrhunderten Belarus‘ gehört.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

Audi hat geschrieben:(11 Sep 2020, 09:56)

Gestern auf Deutschlandfunk kam eine nette Reportage. Polen und die baltischen Staaten mischen dort groß mit. Mit eigenen TV Sendern, oppositionelle.
Das alles wäre nicht nötig, wenn Opa Lukaschenka eine freie Presse zulassen würde und es wäre gar nicht möglich, wenn der Opa nicht jede Menge intelligenter Menschen in die Emigration nach Litauen, Polen, Russland etc. treiben würde.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von DevilsNeverCry »

Europa2050 hat geschrieben:(11 Sep 2020, 10:08)

Ich glaube - aus historischen Gründen - nicht, dass Polen in Belarus überhaupt ein Standing hat, irgendetwas zu predigen, zu vergiftet ist die Vergangenheit (Übrigens der gleiche Grund, warum unsere deutsche Außenpolitik gut daran tut, das Thema ausgesprochen defensiv anzugehen).

Die in der polnischen Emigration in den 70ern entwickelte ULB-Strategie:

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Giedroyc_Doctrine

die auch die ersten polnischen Regierungen nach 1989 verfolgten, wäre ein Weg gewesen.

Die PiS-Regierung hat diese aber bisher in allen Beziehungen verworfen, warum also sollte man also in Minsk glauben, das die polnische Regierung in Bezug auf Belarus diese auf Ausgleich bedachten Ansätze verfolgt?

Anders sieht es bei Litauen und der Ukraine aus, beide scheinen in Belarus recht hohe Akzeptanz zu besitzen.

Zumal die - historisch natürlich schon uralte - Staatlichkeit gemeinsam mit Litauen wohl zu den besten Jahrhunderten Belarus‘ gehört.
Die Leute in Belarus haben aber keine kulturelle Affinität zu Litauen. Ja man hat im Fürstentum Litauen und seit 1568 zusammen im Königreich Polen-Litauen zusammen gelebt. Aber so etwas wird die Leute wohl kaum anziehen.
Litauen ist eher so etwas wie das Fenster nach Europa wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht.

Viel gefährlicher für Batka ist die Ukraine. Nicht nur liegt hier die genannte kulturelle Affinität vor (russisch ist lingua franca in den meisten Teilen des Landes, beide sind orthodox, auch sind beide Landessprachen sehr ähnlich usw.), auch gab es hier eine gewaltige Mobilisierung bei der viele Neulinge das Ruder übernommen haben (wobei das organisatorisch deutlich besser ablief als in Belarus da andere Rahmenbedingen - politischer Pluralismus ist in der Ukraine erlaubt und gewünscht).
Überhaupt kann ich mich nicht erinnern das in Eruopa so etwas wie in der Ukraine in den letzten Jahren der Fall gewesen ist -> ein politischer Neuling kommt an der zuvor politisch nie tätig war und fegt mit seiner Manschaft die Elite vom Fenster. Allenfalls Frankreich hatte so etwas ähnliches mit Macron, mit dem Unterschied das Macron schon vor seiner Präsidentschaft gestandener Politilerb war.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Rautenberger hat geschrieben:(12 Sep 2020, 12:16)

Das alles wäre nicht nötig, wenn Opa Lukaschenka eine freie Presse zulassen würde und es wäre gar nicht möglich, wenn der Opa nicht jede Menge intelligenter Menschen in die Emigration nach Litauen, Polen, Russland etc. treiben würde.
Da hast du natürlich Recht. Nur machen es die Polen eben nicht aus liebe das sollte man schon bedenken
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(14 Sep 2020, 00:24)

Die Leute in Belarus haben aber keine kulturelle Affinität zu Litauen. Ja man hat im Fürstentum Litauen und seit 1568 zusammen im Königreich Polen-Litauen zusammen gelebt. Aber so etwas wird die Leute wohl kaum anziehen.
Litauen ist eher so etwas wie das Fenster nach Europa wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht.

Viel gefährlicher für Batka ist die Ukraine. Nicht nur liegt hier die genannte kulturelle Affinität vor (russisch ist lingua franca in den meisten Teilen des Landes, beide sind orthodox, auch sind beide Landessprachen sehr ähnlich usw.), auch gab es hier eine gewaltige Mobilisierung bei der viele Neulinge das Ruder übernommen haben (wobei das organisatorisch deutlich besser ablief als in Belarus da andere Rahmenbedingen - politischer Pluralismus ist in der Ukraine erlaubt und gewünscht).
Überhaupt kann ich mich nicht erinnern das in Eruopa so etwas wie in der Ukraine in den letzten Jahren der Fall gewesen ist -> ein politischer Neuling kommt an der zuvor politisch nie tätig war und fegt mit seiner Manschaft die Elite vom Fenster. Allenfalls Frankreich hatte so etwas ähnliches mit Macron, mit dem Unterschied das Macron schon vor seiner Präsidentschaft gestandener Politilerb war.
Was ist das Resultat? Seine Partei ist jetzt schon unbeliebt. Manche sagen " wir haben nicht für selinsky gestimmt sondern gegen poroschenko". Die Unzufriedenheit wächst.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

Audi hat geschrieben:(14 Sep 2020, 07:46)

Da hast du natürlich Recht. Nur machen es die Polen eben nicht aus liebe das sollte man schon bedenken
Welchen finsteren Plan verfolgen denn deiner Meinung nach die Polen damit, wenn sie die Belarussen auf hinterhältige Weise mit Informationen versorgen, die ihnen ihr Präsident vorenthält?

Mit dieser Fixierung auf Geopolitik bist du mal wieder ganz auf Kreml-Linie...
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Europa2050 »

Rautenberger hat geschrieben:(14 Sep 2020, 18:54)

Welchen finsteren Plan verfolgen denn deiner Meinung nach die Polen damit, wenn sie die Belarussen auf hinterhältige Weise mit Informationen versorgen, die ihnen ihr Präsident vorenthält?

Mit dieser Fixierung auf Geopolitik bist du mal wieder ganz auf Kreml-Linie...
Leider nein, seit die PIS die Giedroyc-Doktrin (ULB-Doktrin) die jahrzehntelang die polnische Außenpolitik definiert hat, beiseite geworfen hat, ist Polen - wie auch Russland - in Sachen Belarus alles andere als ein ehrlicher Makler.

https://www.zeitschrift-osteuropa.de/he ... bestaende/

Das mag zwar in die Kremlsicht der Dinge passen, ist aber in diesem Fall real. Nationalisten taugen halt nirgends - nirgendwo.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

Europa2050 hat geschrieben:(14 Sep 2020, 19:35)

Leider nein, seit die PIS die Giedroyc-Doktrin (ULB-Doktrin) die jahrzehntelang die polnische Außenpolitik definiert hat, beiseite geworfen hat, ist Polen - wie auch Russland - in Sachen Belarus alles andere als ein ehrlicher Makler.

https://www.zeitschrift-osteuropa.de/he ... bestaende/

Das mag zwar in die Kremlsicht der Dinge passen, ist aber in diesem Fall real. Nationalisten taugen halt nirgends - nirgendwo.
Mag ja sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das in der aktuellen Situation relevant sein soll. Die Situation ist so, dass das belarussische Staats-TV schamlos lügt über die Lage im Land und Belsat ist eine der Informationsquellen, die die Bevölkerung mit Informationen über die Demos versorgt. Wenn die den Belarussen erzählen, dass Brest eigentlich zu Polen gehört, werden sie kaum viel Erfolg haben. Was man so über Belsat liest, hört sich auch ganz und gar nicht danach an, als sei es eine Herzensprojekt der PiS. Der Sender stand schon mehrfach am Rande der Schließung:

https://www.mdr.de/heute-im-osten/zehn- ... t-100.html
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Rautenberger hat geschrieben:(14 Sep 2020, 18:54)

Welchen finsteren Plan verfolgen denn deiner Meinung nach die Polen damit, wenn sie die Belarussen auf hinterhältige Weise mit Informationen versorgen, die ihnen ihr Präsident vorenthält?

Mit dieser Fixierung auf Geopolitik bist du mal wieder ganz auf Kreml-Linie...
Es geht fast immer um Geopolitik. Für Polen wäre es eine Sahnestück Belarus zu destabilisieren. Billige Arbeitskräfte, weg von Russland Einkaufen in Belarus. Polen treibt da mit an und irgendeinen Grund wird es wohl haben oder denkst du da an Nächstenliebe?
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Pseudo_Nym »

Audi hat geschrieben:(15 Sep 2020, 07:53)

Es geht fast immer um Geopolitik. Für Polen wäre es eine Sahnestück Belarus zu destabilisieren. Billige Arbeitskräfte, weg von Russland Einkaufen in Belarus. Polen treibt da mit an und irgendeinen Grund wird es wohl haben oder denkst du da an Nächstenliebe?
Verzeihung, aber das ist doch volkommener Unfug. Wie die Dinge derzeit stehen, ist eine militärische Intervention Russlands im Nachbarland, sollte sich Lukaschenko aus eigener Kraft nicht halten können, alles andere als unwahrscheinlich.
Selbst wenn die nicht zum Anschluss von Teilen von Belarus oder des gesamten Landes an die russische Föderation führen würde, wäre das Ergebnis die Niederschlagung der Demonstrationen und die Tatsache, dass sich die Oppositionellen Meinungsführer, sofern sie das jetzt überhaupt noch können, im Land nicht mehr aufhalten können oder bei der Aktion auf die eine oder andere Weise unter die Räder kommen.
Das Ergebnis wäre erstmal die engere Bindung des Landes an die russische Föderation und die Ausschaltung der Opposition auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Weitere natürliche Konsequenz wäre, da dies sicherlich nicht zu einer militärischen Intervention der NATO-Staaten (dafür fehlt in der Region schlicht die Basis, was Kräfte angeht, und man wird auch nicht mit den Russen direkt anbinden), eine deutliche Kräftigung der russischen Macht in Osteuropa, bis direkt an die polnische Grenze, sofern eine solche Aktion nicht zu einem Aufstand innerhalb Russlands selbst führen würde, bei gleichzeitiger Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem restlichen Europa.

Will heißen, was bei einer solchen Aktion herauskäme, wäre mit Ansage eine Kräftigung Russlands, und ein endgültiger zweiter kalter Krieg mit Polen als Fronststaat sowohl gegen Kaliningrad, als auch gegen Osten.
Das ist so ziemlich das Letzte, was man in Warschau wollen kann.
Audi
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Pseudo_Nym hat geschrieben:(15 Sep 2020, 08:35)

Verzeihung, aber das ist doch volkommener Unfug. Wie die Dinge derzeit stehen, ist eine militärische Intervention Russlands im Nachbarland, sollte sich Lukaschenko aus eigener Kraft nicht halten können, alles andere als unwahrscheinlich.
Selbst wenn die nicht zum Anschluss von Teilen von Belarus oder des gesamten Landes an die russische Föderation führen würde, wäre das Ergebnis die Niederschlagung der Demonstrationen und die Tatsache, dass sich die Oppositionellen Meinungsführer, sofern sie das jetzt überhaupt noch können, im Land nicht mehr aufhalten können oder bei der Aktion auf die eine oder andere Weise unter die Räder kommen.
Das Ergebnis wäre erstmal die engere Bindung des Landes an die russische Föderation und die Ausschaltung der Opposition auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Weitere natürliche Konsequenz wäre, da dies sicherlich nicht zu einer militärischen Intervention der NATO-Staaten (dafür fehlt in der Region schlicht die Basis, was Kräfte angeht, und man wird auch nicht mit den Russen direkt anbinden), eine deutliche Kräftigung der russischen Macht in Osteuropa, bis direkt an die polnische Grenze, sofern eine solche Aktion nicht zu einem Aufstand innerhalb Russlands selbst führen würde, bei gleichzeitiger Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem restlichen Europa.

Will heißen, was bei einer solchen Aktion herauskäme, wäre mit Ansage eine Kräftigung Russlands, und ein endgültiger zweiter kalter Krieg mit Polen als Fronststaat sowohl gegen Kaliningrad, als auch gegen Osten.
Das ist so ziemlich das Letzte, was man in Warschau wollen kann.
Du vergisst nicht, dass Warschau die USA hinter sich hat. Auf die selbe Art und Weise hat Sakashvilli gezielt russische Truppen getötet. Meinst du er hätte das ohne jemanden im Rücken getan? Schauen wir uns die Kräfte der NATO und Russlands an.
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Europa2050
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Europa2050 »

Pseudo_Nym hat geschrieben:(15 Sep 2020, 08:35)

Verzeihung, aber das ist doch volkommener Unfug. Wie die Dinge derzeit stehen, ist eine militärische Intervention Russlands im Nachbarland, sollte sich Lukaschenko aus eigener Kraft nicht halten können, alles andere als unwahrscheinlich.
Selbst wenn die nicht zum Anschluss von Teilen von Belarus oder des gesamten Landes an die russische Föderation führen würde, wäre das Ergebnis die Niederschlagung der Demonstrationen und die Tatsache, dass sich die Oppositionellen Meinungsführer, sofern sie das jetzt überhaupt noch können, im Land nicht mehr aufhalten können oder bei der Aktion auf die eine oder andere Weise unter die Räder kommen.
Das Ergebnis wäre erstmal die engere Bindung des Landes an die russische Föderation und die Ausschaltung der Opposition auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Weitere natürliche Konsequenz wäre, da dies sicherlich nicht zu einer militärischen Intervention der NATO-Staaten (dafür fehlt in der Region schlicht die Basis, was Kräfte angeht, und man wird auch nicht mit den Russen direkt anbinden), eine deutliche Kräftigung der russischen Macht in Osteuropa, bis direkt an die polnische Grenze, sofern eine solche Aktion nicht zu einem Aufstand innerhalb Russlands selbst führen würde, bei gleichzeitiger Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem restlichen Europa.

Will heißen, was bei einer solchen Aktion herauskäme, wäre mit Ansage eine Kräftigung Russlands, und ein endgültiger zweiter kalter Krieg mit Polen als Fronststaat sowohl gegen Kaliningrad, als auch gegen Osten.
Das ist so ziemlich das Letzte, was man in Warschau wollen kann.
Was du hier mit deinen Worten zutreffend beschreibst, ist genau die Giedroyc-Doktrin, die von 1989 bis zur PiS in Polen „state of the Art“ war:

Ein Gürtel demokratischer, mit Polen versöhnter Staaten im Osten (Ukraine, Litauen, Belarus - ULB), als Schutzgürtel gegen Russland. Im Gegenzug glaubhafter Verzicht auf Nationalismus und Revanchismus bezüglich der 1945 verlorenen polnischen Ostgebiete. Klingt - nach Westen verschoben - nach der deutschen Ostpolitik eines Willy Brandt und später auch Helmut Kohl.

Soweit, so gut, hat in Bezug auf Ukraine und Litauen auch gut funktioniert, Lukashenka hat sich solcher Normalisierung immer verschlossen.

Seit der PiS-Regierung nun aber neue Töne aus Warschau. In Sachen Deutschland (interessant, aber hier nicht relevant auch die Position der Giedroyc-Doktrin dazu) kennen wir das. Aber auch nach Osten wirdauf einmal gepolnischtümelt. Stichwort: „Kresy“. (Artikel hatte ich oben verlinkt).

Das Verhältnis zu Ukraine hat man warschauerseits so schon abgekühlt und in Belarus sammelt man damit auch keine Punkte, gibt eher dem Lukashenko mit seiner Agenda „Feinde aus dem Westen“ Futter.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Pseudo_Nym »

Europa2050 hat geschrieben:(15 Sep 2020, 09:07)
Seit der PiS-Regierung nun aber neue Töne aus Warschau. In Sachen Deutschland (interessant, aber hier nicht relevant auch die Position der Giedroyc-Doktrin dazu) kennen wir das. Aber auch nach Osten wirdauf einmal gepolnischtümelt. Stichwort: „Kresy“. (Artikel hatte ich oben verlinkt).

Das Verhältnis zu Ukraine hat man warschauerseits so schon abgekühlt und in Belarus sammelt man damit auch keine Punkte, gibt eher dem Lukashenko mit seiner Agenda „Feinde aus dem Westen“ Futter.
Die grundsätzliche Haltung der PiS ist mir schon durchaus bekannt, aber selbst wenn man derlei Doktrinen verfolgt, kommt die derzeitige Situation in Belarus absolut zur Unzeit. Die Amerikaner sind weitgehend mit sich selbst beschäftigt und selbst wenn sie das nicht wären, sollte doch spätestens Syrien gezeigt haben, dass es eine ziemlich gefährliche Sache sein kann, sich in außenpolitischen konflikten von einem Präsidenten Trump abhängig zu machen.
In Europa im Allgemeinen, in der Bundesrepublik im Speziellen wird die Vorstellung für Polen Kastanien aus dem Feuer holen zu dürfen, die es selbst mutwillig dort hineingepfeffert hat, auf wenig Gegenliebe stoßen.

Deswegen müsste man eigentlich auch in Warschau erkennen, dass der Weg der Konfrontation, mindestens so lange sich die innenpolitische Lage in den Staaten nicht geklärt hat, der Weg der Konfrontation hier eigentlich nicht gangbar ist und nur Russland nutzen kann.
Ein stark an Russland angelehntes Regime unter Lukaschenko mag ein außenpolitisches Ärgernis sein, ist aber immernoch alle male besser, als eine vollständig von Russland abhängige Marionettenregierung in Minsk, ohne Perspektive die mittelfristig los zu werden. Oder gar eine Union zwischen Russland und Belarus/ eine Annexion durch Russland.

Lukaschnko wackelt zum einen mittlerweile empfindlich und der jüngste, ist der gute Herr ja auch nicht mehr. Da sind in absehbarer Zeit "Thronfolgestreitigkeiten" zu erwarten, im Rahmen derer man, zumals wenn sich die Lage in den Staaten bis dahin konsolidiert hat, strategisch weit bessere Chancen haben wird Einfluss in Minsk geltend zu machen, als wenn man jetzt versucht die Opposition dort in einen vermutlich eher aussichtslosen Aufstnd zu treiben und zu verheizen ohne sicher sein zu können, die USA dazu bereit zu finden, sich mindestens sehr deutlich in einer Art Stellvertreterkrieg dort zu engagieren.
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Rautenberger
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Rautenberger »

Audi hat geschrieben:(15 Sep 2020, 07:53)

Es geht fast immer um Geopolitik. Für Polen wäre es eine Sahnestück Belarus zu destabilisieren. Billige Arbeitskräfte, weg von Russland Einkaufen in Belarus. Polen treibt da mit an und irgendeinen Grund wird es wohl haben oder denkst du da an Nächstenliebe?
Falsch. Es geht fast immer AUCH um Geopolitik. Es geht NIE NUR um Geopolitik. Du kannst ja mal die Leute in Minsk auf der Straße fragen, welche geopolitische Strategie sie verfolgen. :rolleyes: Ich vermute mal, dass denen Geopolitik ziemlich latte ist. Die wollen in erster Linie, dass sie ihre Regierung selbst bestimmen können und nicht von wildgewordenen OMONowzy verprügelt und dann im Gefängnis gefoltert werden. Wenn Belsat oder Polen den Belarussen dabei hilft, diese Forderungen - die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sind - zu erreichen, dann ist mir aber sowas von scheißegal, ob Polen damit irgendein geostrategisches Interesse verfolgt.

Dasselbe gilt für die Ukraine: Denkst du im Ernst, die Leute hätten für die geostrategischen Interessen des Westens wochenlang auf dem Majdan kampiert? Sicher nicht. Die haben sich ein besseres Leben versprochen - Wohlstand, freie Wahlen, weniger Korruption etc. Die Frage, die Russland sich hier stellen muss ist: Warum versprechen sich die Menschen die Erfüllung dieser Träume vom Westen und glauben nicht, dass sie sie mit Russland erreichen können? Stattdessen vergeudet ihr eure Zeit mit dem Gequatsche über Geopolitik und lauft Gefahr, nach der Ukraine nun auch noch Belarus zu verlieren. Selbst schuld.

Geostrategische Interessen müssen übrigens nicht immer so finster sein, wie du sie beschreibst. Für Polen könnte es auch darum gehen, keinen Vorposten einer feindselig und imperialistisch gesinnten, autokratisch regierten Atommacht vor der eigenen Haustür zu haben. Das ist durchaus nachvollziehbar.
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Pseudo_Nym »

Audi hat geschrieben:(15 Sep 2020, 08:43)

Du vergisst nicht, dass Warschau die USA hinter sich hat. Auf die selbe Art und Weise hat Sakashvilli gezielt russische Truppen getötet. Meinst du er hätte das ohne jemanden im Rücken getan? Schauen wir uns die Kräfte der NATO und Russlands an.
Von "den USA", kann im gegenwärtigen innenpolitischen Zustand kaum die Rede sein. Demokraten und Republikaner blockieren sich gerade muter gegenseitig und das Trump nicht davor zurückschreckt verbündete auch mal kurzerhand fallen zu lassen, hat er in Sachen Syrien bewiesen.

Sofern Polen dort eine Eskalation im eigenen machtpolitischen Sinne anheizt, werden sich auch die europäischen partner nicht unbedingt dafür begeistern da die kastanien aus dem Feuer zu holen.
Gegenwärtig dürfte Polen für Alleingänge in diesem Sinne, außer vielleicht im Baltikum, keine ernsthafte Unterstützung finden, auf die im Fall eines militärischen Konfliktes ernsthaft zu bauen wäre.

Im Gegensatz zu Georgien gibt es in Belarus keine von Russland gestützten ernsthaften Separationsbewegungen und Interesse Belarus mittelfristig in die NATO aufzunehmen, hat im Gegensatz zum Fall Georgien anno 2008/2009 auch noch niemand geäußert.
Davon ab, haben sich die Prioritäten der USA mittlerweile doch massiv auch in Richtung fernost verschoben und die Stimmung in der Bevölkerung scheint da derzeit auch nicht unbedingt nach weiteren Auslandseinsätzen oder Stellvertreterkriegen zu sein.

Eine veritable Basis, auf die sich Polen, wenn es nicht selbst angegriffen wird, bei Alleingängen da stützen könnte, sehe ich nicht.

deswegen werden die vielleicht etwas verbal auf die Pauke hauen, aber ganz schnell den Schwanz einziehen, wenn es, bevor sich die Lage in den USA beruhigt hat, in Belarus wirklich ernst werden sollte.
Audi
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Re: Entwicklung in Belarus (Weißrussland)

Beitrag von Audi »

Rautenberger hat geschrieben:(15 Sep 2020, 09:35)

Falsch. Es geht fast immer AUCH um Geopolitik. Es geht NIE NUR um Geopolitik. Du kannst ja mal die Leute in Minsk auf der Straße fragen, welche geopolitische Strategie sie verfolgen. :rolleyes: Ich vermute mal, dass denen Geopolitik ziemlich latte ist. Die wollen in erster Linie, dass sie ihre Regierung selbst bestimmen können und nicht von wildgewordenen OMONowzy verprügelt und dann im Gefängnis gefoltert werden. Wenn Belsat oder Polen den Belarussen dabei hilft, diese Forderungen - die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sind - zu erreichen, dann ist mir aber sowas von scheißegal, ob Polen damit irgendein geostrategisches Interesse verfolgt.

Dasselbe gilt für die Ukraine: Denkst du im Ernst, die Leute hätten für die geostrategischen Interessen des Westens wochenlang auf dem Majdan kampiert? Sicher nicht. Die haben sich ein besseres Leben versprochen - Wohlstand, freie Wahlen, weniger Korruption etc. Die Frage, die Russland sich hier stellen muss ist: Warum versprechen sich die Menschen die Erfüllung dieser Träume vom Westen und glauben nicht, dass sie sie mit Russland erreichen können? Stattdessen vergeudet ihr eure Zeit mit dem Gequatsche über Geopolitik und lauft Gefahr, nach der Ukraine nun auch noch Belarus zu verlieren. Selbst schuld.

Geostrategische Interessen müssen übrigens nicht immer so finster sein, wie du sie beschreibst. Für Polen könnte es auch darum gehen, keinen Vorposten einer feindselig und imperialistisch gesinnten, autokratisch regierten Atommacht vor der eigenen Haustür zu haben. Das ist durchaus nachvollziehbar.
Ich rede von polnischen Aktionen und nicht von den menschen in Minsk. Ich weis, die PIS macht es alles aus nächstenliebe :?
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