Merkel_Unser hat geschrieben:(13 Aug 2020, 08:01)
Es gibt monetäre Theorien, die erstens nachvollziehbarer sind und zweitens auch eher der Definition von Inflation entsprechen:
Man nehme also unseren ganz offiziellen Zuwachs an Zahlen, z.B. der Geldmenge M3 (bisher ca. 5,5% pro Jahr), zieht das durchschnittliche europäische BIP ab (1,5% pro Jahr) und schon kommt man auf die 4%, die ich vorher schon durch diverse Lebensmittel aufgezeigt habe. Natürlich verteilen sich diese 4% Geldausweitung nicht homogen auf alle Bereiche. Das Geld wandert in die Taschen von einigen wenigen, die es wiederum primär in Vermögenswerte wie Immobilien, Aktien, Gold usw. parken. Daher sehen wir dort auch diese extremen Preissteigerungen.
Die "Gefahr", die jetzt droht - ist dass es nicht bei den 4% bleibt sondern es noch weiter hochgeht. Nach aktuellen Zahlen wurde die Geldmenge dieses Jahr bereits um 8% ausgeweitet, das BIP ist negativ. Aber du kannst gerne deine € auf dem Konto parken und dich an günstigen Kinotickets erfreuen.
Sofern du potentiell auch über unterschiedliche Geldsysteme sprechen willst, scheue ich diese Diskussion. Ich habe die Überzeugung, dass das Geldsystem als solches nur wenig Relevanz für das Thema Geldwert hat.
Wenn du allerdings nur auf die Geldmengenausweitung anspielst - die ist nur bedingt relevant. Du kannst den Geldmengenbedarf noch dramatisch ausweiten, ohne dass es zu einem Wertverlust kommt, wenn du beispielsweise den Teil des Wirtschaftens ausbaust, der einen Geldbedarf hat.
Dies ist im Bereich der Finanzsysteme in den letzten Jahren passiert - weshalb es schlicht und einfach auch nicht durch die Ausweitung der Geldmenge zur Inflation gekommen ist.
Man kann sich das so vorstellen: (Vergleiche hinken immer...)
Wenn du aus einem Hahn 10l Wasser für deinen Garten abpumpst, dann misst deine Wasseruhr erst mal 10l Verbrauch. Wenn du an deinen Hahn aber erst mal noch 500m leeren Schlauch anschliesst, und dann den Hahn öffnest, und damit 10l Wasser in den Garten entlässt, dann wirst du auf deiner Wasseruhr nicht nur die 10l an Verbrauch messen, sondern auch noch zusätzlich das Wasser, was erst noch den Schlauch befüllt hat.
Man kann sich klar machen, dass beispielsweise die Bepreisung von CO2 - einem Gut was zuvor keinen Preis hatte - zunächst wie ein Schlauch wirkt. Damit die Gesellschaft das neutral finanzieren kann, braucht es eine größere Geldmenge. (Den Effekt kannst du aber aus M3 nicht wirklich rausmessen, es ist nur ein Beispiel von vielen, warum wir heute einen höhere Geldmenge brauchen als noch vor einigen Jahren.....)
Den größten Schlaucheffekt hatte in der Finanzkrise die Banken- und Länderrettung - letzten Endes ist da auf Pump der Erhalt des Lebensstandards finanziert worden. Aktuell passiert ähnliches - auch das werden wir in der Geldmenge messen können. Die Alternative wäre, dass wir so auf 10-15% Einkommen verzichten......was recht schnell deflationäre Züge hätte, die gerade nicht gewollt sind, weil in den Folgeeffekten die nächsten 10% an Wohlstand auch noch verloren gingen.....
NicMan hat geschrieben:(14 Aug 2020, 12:03)
Das sehe ich auch so. Das subjektive Gefühl der Geldentwertung kann ich mir damit erklären, dass Inflation (langfristig) exponentiell verläuft. Dadurch steigen die Preise dann, relativ zu den vorherigen numerisch vorkommenden Preisen, "schneller" als zuvor. Das ist aber eher eine optische Täuschung. Wenn man sich meine verlinkten Vergütungstabellen des ÖD anschaut, dann sieht man auch massiv gestiegene Nominallöhne in den letzten zwanzig Jahren. Das gleicht schon viel Preissteigerung aus. Wenn dann eben noch günstige Zinsen dazu kommen, müssen die Preise für Häuser eben höher sein. Ich glaube, einige vergessen, wie hoch der Zinsanteil früher bei einem Hauskauf war.
Inflation und Geldentwertung ist ein recht komplexes Thema - deshalb lohnt ab und an mal der Blick in Tabellen, die darüber berichten, wie lange man früher für etwas arbeiten musste, und wie lange man heute dafür arbeiten muss. Das klärt den Blick.
Die durchschnittliche Mietbelastung in Arbeitsstunden ist dabei in Deutschland durchaus gestiegen! Allerdings steht dem ein wenig entgegen, dass die Größe der Wohnung im Schnitt auch gewachsen ist, also der Anspruch an eine größere Wohnung als beispielsweise 1950 gegeben ist. Das erklärt einen Teil des Problems - aber nicht alles.
Umgekehrt verhält es sich aber mit den Ausgaben für Lebensmittel - da sind die Zeiten, die man dafür arbeiten muss, deutlich gesunken.
Reisen können wir uns heute leichter leisten - vor 100 Jahren waren Reisen nur wenigen möglich, vor 50 Jahren waren es ein paar mehr, die einmal im Jahr einen kleinen Urlaub gemacht haben, und heute reden doch größere Teile der Bevölkerung davon, dass sie mehrmals im Jahr sich einen Urlaub gönnen, auch gerne mal einen Kurztrip nach Malle oder an den Goldstrand.
Hätten wir eine echte Inflationstendenz, wäre das nicht so, denn dann gäbe es auch einen echten Wertverlust. Der Geldwert als solcher ist insofern doch schon im Mittel so stabil, wie ihn im Mittel die Inflationsrate ausweist - das Problem ist nur, dass kaum einer genau das Mittel ist.......