Antisemitismus

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Sungawakan
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Sungawakan »

oga hat geschrieben:(22 May 2020, 13:05)

Jeder misst mit zweierlei Mass, ob zwischenstaatlich oder privat, manche sogar mit mehr als zwei. :D
Allerdings ist eine UNO Resolution eine UNO Resolution. Sie wird je nach Initiator nicht weniger oder mehr UNO Resolution.
Das sehe ich anders, wenn Staaten einen Staat "verurteilen", den sie noch nicht einmal anerkennen, dann ist die Resolution auch ungültig, denn ich kann nichts verurteilen, was nicht ist.
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oga
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Re: Antisemitismus

Beitrag von oga »

Sungawakan hat geschrieben:(22 May 2020, 13:23)

Das sehe ich anders, wenn Staaten einen Staat "verurteilen", den sie noch nicht einmal anerkennen, dann ist die Resolution auch ungültig, denn ich kann nichts verurteilen, was nicht ist.
Dein demokratisches Recht ist es alles zu sehen, wie es Dir gefällt. :)
I guess I should warn you, if I turn out to be particularly clear, you've probably misunderstood what I've said.
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schokoschendrezki
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Die Frage für mich ist, was zwischen dem was User Rautenberger mit "einen Staat als rechtmäßig ansehen und trotzdem der Meinung sein, er sollte nicht oder in anderer Form existieren" und dem liegt, was man gemeinhin als Bestreitung des "Existenzrechts Israels" bezeichnet. Eigentlich nicht viel oder garnix?
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Vongole
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

schokoschendrezki hat geschrieben:(22 May 2020, 14:45)

Die Frage für mich ist, was zwischen dem was User Rautenberger mit "einen Staat als rechtmäßig ansehen und trotzdem der Meinung sein, er sollte nicht oder in anderer Form existieren" und dem liegt, was man gemeinhin als Bestreitung des "Existenzrechts Israels" bezeichnet. Eigentlich nicht viel oder garnix?
Gar nichts, der User bestreitet schlicht und einfach das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat.
Mehr möchte ich hier dazu nicht schreiben, der Strang wurde schon genug geschreddert.
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Moses
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Moses »

Der Strang ist zur Abkühlung geschlossen

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Der Strang ist wieder offen. Bitte das Thema sauber abgrenzen, für den Konflikt im nahen Osten gibt es einen eigenen Bereich im 35er. Ist nich immer leicht zu trennen, das gebe ich zu.

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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Die Debatte um die Ausladung des afrikanischen Historikers Achille Mbembe als Eröffnungsredner der Ruhrtriennale wird in den politischen Feuilletons und Kommentaren nach wie vor heftig geführt. Es stellt sich mir die Frage, was eigentlich die psychologische Ursache für die Erregtheit in diesen Debatten ist. Ganz trivial gesagt: Warum reagieren so viele Menschen eigentlich so dermaßen irrational heftig zum einen auf jemanden oder etwas, das sie als "jüdisch" wahrnehmen und zum anderen auf jemanden oder etwas, das sie als israelkritisch wahrnehmen.

Der von mir eigentlich überaus geschätzte DLF-Journalist Stephan Detjen sprach in Bezug auf den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung und seiner Ausladungsforderung in einem Kommentar vom 23.5 (also letzten Samstag) von einem "diskursiven Schrankenwärter" und von einer "Intellektuellen Abschottung Deutschlands" als "politisches Programm". (https://www.deutschlandfunk.de/streit-u ... _id=477265)

Das kann ich in mancherlei Hinsicht nicht nachvollziehen. Es ordnet sich ein in diese fatale Debatte um eine angeblich bestehende Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit. Achille Mbembe wird damit in eine Reihe mit Leuten wie Bernd Lucke gestellt. Ich sehe es so: Eine politische Meinung ist erst dann überhaupt relevant, wenn sie gegen einen gesellschaftlichen Widerstand geäußert wird. Wenn sie neben intellektuellem Denkaufwand auch Standvermögen und Nonkonformität erfordert. Ansonsten handelt es sich einfach um Unmutsäußerungen nach Bildzeitungsart. Formalrechtlich ist natürlich dennoch Meinungsfreiheit absolut unerlässlich für eine Demokratie.

Israel ist ein demokratisches Land und gerade aktuell gäbe es Anlässe genug, über reale politische Themen das Land betreffend zu diskutieren. In Israel selbst fliegen bildlich gesprochen nur so die Fetzen. Und mit den englischsprachigen AUsgaben einmal der eher konservativen Jerusalem Post und zum anderen der eher liberalen Haaretz hat auch jedermann hierzulande die Möglichkeit, diese politischen Debatten mitzuverfolgen.

Nur ein Beispiel: Die außenpolitischen Beziehungen der israelischen Regierung zu Ländern wie Ungarn oder Brasilien. Zu Männern wie Orbán oder Bolsonaro. Fatal!
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Antonius »

Rautenberger hat geschrieben:(21 May 2020, 18:33)
(...)
Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, ich würde an dieser Definition "herumdeuteln". Sie ist voll und ganz mit dem, was ich geäußert habe im Einklang. Selbstverständlich kann auch der Staat Israel Ziel antisemitischer Angriffe sein. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass jeder Angriff auf den Staat Israel antisemitisch ist.
Jeder Angriff auf das Existenzrecht des Staates Israel ( מדינת ישראל ) ist antisemitisch.
Denn der Staat Israel existiert ( wenn auch mit Unterbrechungen ) als Wiege des Judentums dort bereits seit etwa 3000 Jahren.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Rautenberger »

Antonius hat geschrieben:(29 May 2020, 11:58)

Jeder Angriff auf das Existenzrecht des Staates Israel ( מדינת ישראל ) ist antisemitisch.
Denn der Staat Israel existiert ( wenn auch mit Unterbrechungen ) als Wiege des Judentums dort bereits seit etwa 3000 Jahren.
Ein Angriff auf Israel (und ich spreche hier die ganze Zeit von verbalen(!!!!!!) Angriffen) ist nicht dasselbe wie ein Angriff auf das Existenzrecht Israels.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Rautenberger »

In der Logik einiger Teilnehmer dieser Diskussion ist schon jeder, der dafür ist, dass Israelis und Palästinenser friedlich und gleichberechtigt zusammen in einem Staat leben, ein Antisemit (weil ein solcher Staat naturgemäß nicht mehr explizit jüdisch wäre -> Angriff auf das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat -> Antisemitismus). Das ist völlig irre und Folge einer falschen Definition von Antisemitismus. Und es ist fatal, weil die Zweistaatenlösung - nicht zuletzt auch wegen der Politik Israels unter Netanjahu - immer unrealistischer wird und eben jene als antisemitisch diffamierte Ein-Staat-Lösung die einzige Alternative ist, die langfristig ein gleichberechtigtes und friedliches Zusammenleben ermöglichen würde.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

Rautenberger hat geschrieben:(29 May 2020, 15:15)

In der Logik einiger Teilnehmer dieser Diskussion ist schon jeder, der dafür ist, dass Israelis und Palästinenser friedlich und gleichberechtigt zusammen in einem Staat leben, ein Antisemit (weil ein solcher Staat naturgemäß nicht mehr explizit jüdisch wäre -> Angriff auf das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat -> Antisemitismus). Das ist völlig irre und Folge einer falschen Definition von Antisemitismus. Und es ist fatal, weil die Zweistaatenlösung - nicht zuletzt auch wegen der Politik Israels unter Netanjahu - immer unrealistischer wird und eben jene als antisemitisch diffamierte Ein-Staat-Lösung die einzige Alternative ist, die langfristig ein gleichberechtigtes und friedliches Zusammenleben ermöglichen würde.
Wer als Außenstehender eine Ein-Staat-Lösung fordert, ist nicht per se antisemitisch, offenbart aber profunde Unkenntnis sowohl der Geschichte um die Staatsgründung Israels als auch um die Forderungen und Ziele der Palästinenser.
Diese Ziel hat Irans Khamenei am alljährlichen Al-Quds-Tag unverhohlen proklamiert, indem er ein Plakat online stellte, dass ein Palästina ohne Juden zeigt, mit dem Zusatz "Endlösung".
https://www.i24news.tv/en/news/internat ... l-solution

Genau dieses Ziel verfolgen die Palästinenserführer, und genau das ist Antisemitismus par excellence.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Rautenberger »

Vongole hat geschrieben:(29 May 2020, 16:54)

Wer als Außenstehender eine Ein-Staat-Lösung fordert, ist nicht per se antisemitisch, offenbart aber profunde Unkenntnis sowohl der Geschichte um die Staatsgründung Israels als auch um die Forderungen und Ziele der Palästinenser.
Diese Ziel hat Irans Khamenei am alljährlichen Al-Quds-Tag unverhohlen proklamiert, indem er ein Plakat online stellte, dass ein Palästina ohne Juden zeigt, mit dem Zusatz "Endlösung".
https://www.i24news.tv/en/news/internat ... l-solution

Genau dieses Ziel verfolgen die Palästinenserführer, und genau das ist Antisemitismus par excellence.
Dein Beitrag bestätigt nur einmal mehr, dass es null Sinn macht, hier zu diskutieren. Deshalb wird das hier mein vorerst letzter Beitrag zu diesem Thema sein.

Unabhängig von der Geschichte um die Staatsgründung Israels und unabhängig von den Forderungen irgendwelcher Idioten in Ramallah, Washington, Tel Aviv, Jerusalem oder Teheran wird jeder Mensch mit ein bisschen Grips in der Birne zu dem Ergebnis kommen, dass es folgende zukünftige Optionen für das Gebiet von Israel/Palästina gibt. Darauf zu kommen ist schlicht eine Frage der Logik bzw. der menschlichen Intelligenz - weiter nichts:

a) Status quo
b) Zwei Staaten
c) Ein Staat, in dem die Palästinenser entweder Bürger 2. Klasse sind oder aus dem sie herausgedrängt wurden
d) Ein Staat, in dem Palästinenser und Israelis gleichberechtigt sind, der dann aber zwangsläufig nicht mehr explizit jüdisch sein wird

Nur zwei dieser Varianten, nämlich b und d, sind langfristig akzeptabel, weil damit die Rechte aller respektiert werden. Oder siehst du etwa weitere Optionen, die diese Bedingungen erfüllen? Variante b wird gerade - für jedermann gut sichtbar - von Netanjahu der Todesstoß versetzt, bleibt Variante d übrig. (Ehud Olmert hat davor gewarnt: https://www.theguardian.com/world/2007/nov/30/israel)

Und was das Bild von Palästina ohne Juden angeht: Es ist in Israel Gang und Gäbe auf Karten ein Israel zu zeigen, das das gesamte Gebiet von Israel/Palästina umfasst - also ohne Palästinenser:
https://www.google.com/search?q=%D7%9E% ... DE750DE750

Und wenn es mal jemand wagt, die West Bank nicht als Teil Israels darzustellen, gibt es einen Sturm der Entrüstung:
https://www.timesofisrael.com/spotify-f ... ank-golan/

Dass jemand in diesem Fall jemals den Vorwurf einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit gegenüber Palästinensern oder eines antiarabischen Rassismus erhoben hätte, wäre mir neu.

Man kann sich entscheiden: für die Zukunft, für den Frieden und eine Lösung, die die Rechte aller berücksichtigt - oder man schaut auf die Vergangenheit und hält sich an das, was die Fanatiker auf beiden Seiten sagen und entscheidet sich dagegen. In diesem Sinne: Ein schönes Leben noch!
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Der weiter oben erwähnte Kommentar des DLF-Journalisten Stephan Detjen zur Ausladung von Mbembe von der (gar nicht stattfindenden) Ruhr-Trienale führte in den Feuilletons, Zeitungen und im DLF selbst zu heftigen Auseinandersetzungen. Zum Beispiel hier auch im Politikpodcast (https://www.deutschlandfunk.de/folge-15 ... _id=477450), einer lockeren Diskussionsrunde mit seinen Journalistenkollegen und eigentlich Duzfreunden. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass es sich bei allen Beteiligten um gute Journalisten, Demokraten und Israelfreunde handelt. Und dennoch: Noch immer scheint man in der Frage Antisemitismusvorwurf vs. Israelkritik nach gefühlt 100 Jahren noch immer am Anfang zu stehen oder wieder einmal auf einen Anfang zurückgeworfen zu sein. Es scheint einen grundlegenden Dissenz auch zwischen gebildeten, demokratischen, zivilisierten Intellektuellen zu geben.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von conscience »

Die Schoa, die Zerstörung eines ganzen Volkes, ist singulär im Sinne, dass sie in der Menschheitsgeschichte sowohl in der Theorie als auch in der Parxis beispiellos ist, es ist ein Präzedenzfall. Weil die Schoa passiert ist, kann sie sich auch wiederholen. Wir müssten schließlich keine Folgen aus der Schoa ziehen, wenn sie sich nicht wiederholen könnte. Ich bin der Auffassung, dass man mehr aus der Geschichte lernen kann.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

conscience hat geschrieben:(11 Jun 2020, 14:10)

Die Schoa, die Zerstörung eines ganzen Volkes, ist singulär im Sinne, dass sie in der Menschheitsgeschichte sowohl in der Theorie als auch in der Parxis beispiellos ist, es ist ein Präzedenzfall. Weil die Schoa passiert ist, kann sie sich auch wiederholen. Wir müssten schließlich keine Folgen aus der Schoa ziehen, wenn sie sich nicht wiederholen könnte. Ich bin der Auffassung, dass man mehr aus der Geschichte lernen kann.
Ist es dir gelungen oder ist das ein Vorhaben? Wenn ja, was wurde gelernt?


Wir haben in den Medien leider immer wieder Beispiele, dass der Antisemitismus ganz und gar virulent geblieben ist.

https://wien.orf.at/stories/3051346/

Wenn man gegen die nächste Welle doch nur Masken tragen und auf die Sauna verzichten müsste.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von conscience »

imp hat geschrieben:(11 Jun 2020, 14:51)

Ist es dir gelungen oder ist das ein Vorhaben? Wenn ja, was wurde gelernt?


Wir haben in den Medien leider immer wieder Beispiele, dass der Antisemitismus ganz und gar virulent geblieben ist.

https://wien.orf.at/stories/3051346/

Wenn man gegen die nächste Welle doch nur Masken tragen und auf die Sauna verzichten müsste.
Was hast Du nicht verstanden ?
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

conscience hat geschrieben:(11 Jun 2020, 15:23)

Was hast Du nicht verstanden ?
Ich war interessiert an dem mehr, das man aus der Geschichte lernen kann. Evtl fehlt mir ein Zusammenhang weiter oben.
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Zunder
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Zunder »

Wer sich ernsthaft für die Causa Mbembe interessiert, kann sich hier fundiert informieren:

[youtube][/youtube]

Wenn man sich ein bißchen mit dem Thema beschäftigt, fällt auf, daß sich die Verteidiger Mbembes mit den konkreten Kritikpunkten gar nicht erst auseinandersetzen, sondern sich auf pauschale Verunglimpfung der Kritiker beschränken.

Exemplarisch die Leiterin der Ruhrtriennale im Interview mit der Süddeutschen:

"Stefanie Carp: Offenkundig hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Bücher von Achille Mbembe nicht gelesen, genauso wenig wie die meisten anderen Ankläger, die drei verkürzte Zitate aus dem mehrtausendseitigen Gesamtwerk von Mbembe wiederholen. Hätten sie seine Bücher gelesen, wüssten sie, dass Mbembe sich mit Israel nicht beschäftigt. Nicht sein Thema. Er ist weder Antisemit, noch hat er Aufrufe der umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS unterschrieben."
https://www.sueddeutsche.de/kultur/gesp ... -1.4898829

Mbembe wird verteidigt mit der Bemerkung, er würde sich mit Israel gar nicht beschäftigen. Allerdings gibt es auch das Vorwort für das Buch "Apartheid Israel". Darin schrieb er, dass "die Besetzung Palästinas der größte moralische Skandal unserer Zeit" sei, "eine der entmenschlichendsten Torturen des Jahrhunderts, in das wir gerade eingetreten sind, und der größte Akt der Feigheit des letzten halben Jahrhunderts." Israel, glaubte er, sei bereit, mit Gemetzel, Zerstörung und schrittweiser Ausrottung der Palästinenser "den ganzen Weg zu gehen". Deshalb sei die Zeit für globale Isolation Israels gekommen.
Dafür, daß er sich angeblich nicht mit Israel beschäftigt, ist die Unterstellung, Israel würde die Palästinenser schrittweise ausrotten, wohl ein bißchen zu eindeutig.

Die Behauptung, Mbembe habe keinen BDS-Aufruf unterschrieben, ist offensichtlich eine Lüge:
Merkwürdig genug ist, dass Mbembe vor diesem Hintergrund bestreitet, in Verbindung zur BDS-Kampagne zu stehen. „Die Wahrheit ist“, sagte Mbembe dem Deutschlandfunk, „dass ich keinerlei Beziehung zum BDS habe.“ Das ist gelogen. Einnahmen aus jenem Sammelband, dem er das Vorwort zugunsten der globalen Isolation Israels schrieb, gingen an eine der Gründungorganisationen des BDS. 2015 unterschrieb er eine Petition südafrikanischer Forscher, die dazu aufrief, von Israel finanzierte wissenschaftliche Konferenzen zu boykottieren.

Damit konfrontiert, erklärte Mbembe, tatsächlich habe er einst daran geglaubt, der Boykott universitären Austauschs könne „fruchtbar“ sein. Doch nach reiflichem Nachdenken finde er, „dass ein Boykott nicht unterschiedslos erfolgen darf“. Dieses Nachdenken scheint gerade erst stattgefunden zu haben. Denn Ende November 2018 noch ließ er zusammen mit einer Kollegin die Organisatoren einer Konferenz an seiner eigenen Universität Witwatersrand wissen, sie zögen ihre Teilnahme zurück, komme es nicht „zu einer zufriedenstellenden Einigung zwischen der BDS-Bewegung und dem Organisationskomitee“.


Er hat nicht nur einen Boykottaufruf unterschrieben, er hat drei Jahre später auch seine Teilnahme an einer Konferenz davon abhängig gemacht, daß eine israelische Teilnehmerin wieder ausgeladen wird. Möglicherweise beginnt nicht nur für Erzantisemiten wie Diether Dehm der Antisemitismus erst in Auschwitz - also dort, wo er, sofern man einigermaßen bei Trost ist, endet.

Das Verhalten eines Teil der Elite des deutschen Kulturbetriebes in dieser Sache fügt sich nahtlos in den Befund des Sammelbandes
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Jun 2020, 22:04)

Der weiter oben erwähnte Kommentar des DLF-Journalisten Stephan Detjen zur Ausladung von Mbembe von der (gar nicht stattfindenden) Ruhr-Trienale führte in den Feuilletons, Zeitungen und im DLF selbst zu heftigen Auseinandersetzungen. Zum Beispiel hier auch im Politikpodcast (https://www.deutschlandfunk.de/folge-15 ... _id=477450), einer lockeren Diskussionsrunde mit seinen Journalistenkollegen und eigentlich Duzfreunden. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass es sich bei allen Beteiligten um gute Journalisten, Demokraten und Israelfreunde handelt. Und dennoch: Noch immer scheint man in der Frage Antisemitismusvorwurf vs. Israelkritik nach gefühlt 100 Jahren noch immer am Anfang zu stehen oder wieder einmal auf einen Anfang zurückgeworfen zu sein. Es scheint einen grundlegenden Dissenz auch zwischen gebildeten, demokratischen, zivilisierten Intellektuellen zu geben.
Aha, deiner Meinung nach hat also "Israelkritik" nichts mit Antisemitismus zu tun?
Warum wundert mich das eigentlich nicht?
Leider zeigt sich immer wieder, dass diejenigen, die am lautesten schreien, dass Kritik an Israel doch bitte erlaubt sein soll(te) und Israelkritik nichts mit Antisemitismus zu tun habe, sich ihrer eigenen antisemitischen Einstellung gar nicht bewusst sind. :s
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2020, 21:56)

Ja. Die Debatte um die Mbembe-Ausladung ist viel interessanter als das ewig durchgekaute Zeug um Israelkritik. Und natürlich gehts dabei um die Befindlichkeit der Gesellschaft in Deutschland. Jeder Bürger Israels und jeder Mensch jüdischer Herkunft könnte das ignorieren oder einfach als eigentlich Unbeteiligter distanziert verfolgen.
Ich habe mir einige Darstellungen des Vorgangs durchgelesen. Mit den Büchern Mbembes habe ich mich selbst nicht befasst. Die postkoloniale Perspektive ist zwar manchmal ein interessanter Denkanstoß, aber als eigenständiger Theorieansatz erscheint mir das Feld ein wenig problematisch.

Einige Vorhalte gegen Mbembe erscheinen mir wenig gehaltvoll und effektheischend. Jedoch, das muss man auch sagen: Seine Abgrenzung zum BDS-Umfeld wirkt ebenfalls konstruiert und nachgeschoben. Herr Mbembe setzt sich ein für eine "Ethik der Begegnung", zugleich hat er aber aktiv darauf hingewirkt, dass israelische Personen aus Veranstaltungen ausgeladen wurden. Jetzt betreibt also ein Personenkreis die Ausladung Herrn Mbembes aus Veranstaltungen. Das Thema ist nicht so heiß, aktuell findet sowieso nichts mehr statt. Herr Mbembe muss sich aber entscheiden, ob er für den Dialog eintritt und seine eigene bisherige konfrontative Ausladungspolitik aufgibt oder ob er zu dem Standpunkt zurückkehrt, mit bestimmten Leuten nicht aufs Podium zu wollen - und dafür dann auch ohne große Klage damit leben muss, vielerorts selbst nicht mehr willkommen zu sein. Einfach nur behaupten, er habe bisher keine Ausladungen betrieben, das dürfte schwer zu vertreten sein angesichts der Belege. In der Debatte um Herrn Mbembe fehlt in meinen Augen manchmal die unbeteiligte Draufsicht - die meisten Artikel haben eine Beweisabsicht, entweder ihn von Vorwürfen zu entlasten oder ihn des Antisemitismus zu bezichtigen. Ein Artikel war insofern originell, als er ihm nicht so sehr Antisemitismus aber haltloses Geschwätz vorhielt. Vertreter beider Positionen sehen sich im Recht und werfen der Gegenposition jeweils das Schlimmste vor. Es wird wieder viel übereinander und wenig miteinander geredet. Das zu durchbrechen wäre sehr löblich. Herr Mbembe könnte ruhig vorangehen dabei.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Ebiker »

In Calbe gibt es auch Zoff um eine sogenannte " Judensau ". Während der Restaurierung wurde sie abgenommen, nun soll sie auf Anweisung des Denkmalamtes wieder dran obwohl die Gemeinde das nicht will.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/re ... -99-462698

In einem anderen Artikel wird eine Einigung erwähnt, der ist aber hinter Paywall. Weiss jemand näheres ?

https://www.mz-web.de/kultur/skulptur-s ... e-36858590
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

Ebiker hat geschrieben:(18 Jun 2020, 13:49)

In Calbe gibt es auch Zoff um eine sogenannte " Judensau ". Während der Restaurierung wurde sie abgenommen, nun soll sie auf Anweisung des Denkmalamtes wieder dran obwohl die Gemeinde das nicht will.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/re ... -99-462698

In einem anderen Artikel wird eine Einigung erwähnt, der ist aber hinter Paywall. Weiss jemand näheres ?

https://www.mz-web.de/kultur/skulptur-s ... e-36858590
Hab leider nichts für dich. Es könnte sein, dass man eine erklärende Tafel anbringt, um zwischen Denkmalschutz und Ablehnung der Darstellung zu vermitteln.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Chajm »

Ebiker hat geschrieben:(18 Jun 2020, 13:49)

In Calbe gibt es auch Zoff um eine sogenannte " Judensau ". Während der Restaurierung wurde sie abgenommen, nun soll sie auf Anweisung des Denkmalamtes wieder dran obwohl die Gemeinde das nicht will.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/re ... -99-462698

In einem anderen Artikel wird eine Einigung erwähnt, der ist aber hinter Paywall. Weiss jemand näheres ?

https://www.mz-web.de/kultur/skulptur-s ... e-36858590
https://www.ekmd.de/presse/pressestelle ... calbe.html
ZITAT:
„Die Frage nach einem angemessenen Umgang mit der Chimäre an der St.-Stephani-Kirche steht zugleich für die Frage nach einem angemessenen Umgang mit judenfeindlichen Aspekten der Kirchengeschichte. Weder kann es darum gehen, judenfeindliche Kunstwerke unreflektiert weiter zu tradieren, noch kann es das Ziel sein, sie verschämt vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Deshalb ist die Verhüllung der Schmähplastik an der Kirche eine tragbare Lösung, um eine endgültige konsensuale Entscheidung zu finden.“
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

Chajm hat geschrieben:(18 Jun 2020, 14:13)

https://www.ekmd.de/presse/pressestelle ... calbe.html
ZITAT:
„Die Frage nach einem angemessenen Umgang mit der Chimäre an der St.-Stephani-Kirche steht zugleich für die Frage nach einem angemessenen Umgang mit judenfeindlichen Aspekten der Kirchengeschichte. Weder kann es darum gehen, judenfeindliche Kunstwerke unreflektiert weiter zu tradieren, noch kann es das Ziel sein, sie verschämt vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Deshalb ist die Verhüllung der Schmähplastik an der Kirche eine tragbare Lösung, um eine endgültige konsensuale Entscheidung zu finden.“
Man kauft Zeit. Erscheint vernünftig, dann kann man ohne Druck nachdenken, wie weiter.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

Chajm hat geschrieben:(18 Jun 2020, 14:13)

https://www.ekmd.de/presse/pressestelle ... calbe.html
ZITAT:
„Die Frage nach einem angemessenen Umgang mit der Chimäre an der St.-Stephani-Kirche steht zugleich für die Frage nach einem angemessenen Umgang mit judenfeindlichen Aspekten der Kirchengeschichte. Weder kann es darum gehen, judenfeindliche Kunstwerke unreflektiert weiter zu tradieren, noch kann es das Ziel sein, sie verschämt vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Deshalb ist die Verhüllung der Schmähplastik an der Kirche eine tragbare Lösung, um eine endgültige konsensuale Entscheidung zu finden.“
Dreimal darfst du raten, wie das ausgeht. Nach angemessener Zeit wird man die Verhüllung als denkmalschädigend bezeichnen und sich in lockerer Runde entscheiden, sie abzunehmen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

schokoschendrezki hat geschrieben: Und dennoch: Noch immer scheint man in der Frage Antisemitismusvorwurf vs. Israelkritik nach gefühlt 100 Jahren noch immer am Anfang zu stehen oder wieder einmal auf einen Anfang zurückgeworfen zu sein.
Dark Angel hat geschrieben:(16 Jun 2020, 17:38)

Aha, deiner Meinung nach hat also "Israelkritik" nichts mit Antisemitismus zu tun?
"Scheint man" ist mein Kommentar zu einer Diskussion in der Reihe "Politikpodcast" des DLF. Bei der es um einen Beitrag eines DLF-Journalisten zum Thema Mbembe-Ausladung geht. Das ist mein Kommentar zu dieser Diskussion, nicht mein Kommentar zum Thema Israelkritik vs. Antisemitismus. Du kannst noch zehnmal meine Beiträge löschen oder löschen lassen. Das macht deine Entgegnungen nicht sachlicher und nicht weniger von rein persönlichen Anfeindungen befreiter.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

imp hat geschrieben:(16 Jun 2020, 22:29)

Ich habe mir einige Darstellungen des Vorgangs durchgelesen. Mit den Büchern Mbembes habe ich mich selbst nicht befasst. Die postkoloniale Perspektive ist zwar manchmal ein interessanter Denkanstoß, aber als eigenständiger Theorieansatz erscheint mir das Feld ein wenig problematisch.

Einige Vorhalte gegen Mbembe erscheinen mir wenig gehaltvoll und effektheischend. Jedoch, das muss man auch sagen: Seine Abgrenzung zum BDS-Umfeld wirkt ebenfalls konstruiert und nachgeschoben. Herr Mbembe setzt sich ein für eine "Ethik der Begegnung", zugleich hat er aber aktiv darauf hingewirkt, dass israelische Personen aus Veranstaltungen ausgeladen wurden. Jetzt betreibt also ein Personenkreis die Ausladung Herrn Mbembes aus Veranstaltungen.
Nicht ein "Personenkreis" sondern konkret der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung. Man mag dazu stehen wie man will, aber man sollte dies nicht als "Einschränkung der Meinungsfreiheit" verunglimpfen. Die Bundesregierung, die Landesregierung NRW, verschiedene staatliche Stellen sind Träger dieser Veranstaltung. Wenn man im Kreis dieser Personen einer Veranstaltung einen bestimmten Charakter geben will, so ist es meiner Ansicht nur recht und billig, dass man da versucht, Einfluss zu nehmen. Nicht anders als Studenten, die das Profil ihrer Uni nicht durch Afd-Politiker geschmäht sehen wollen. Da geht es manchmal bis an (und teilweise über) die Grenze des Vertretbaren. In keinem Fall handelt es sich aber um eine Einschränkuing der Meinungsfreiheit. SOwohl Herr Mbembe wie auch Herr Lucke können - prominent wie sie sind - ihre Ansichten in verschiedenen ihnen wohlgesonnenen Verlagen publizieren und sind durch den Widerstand des Antisemitismusbeauftragten wie auch der Studenten existenziell ganz sicher nicht bedroht.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2020, 23:09)

Nicht ein "Personenkreis" sondern konkret der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung.
Aber doch nicht der allein.
Man mag dazu stehen wie man will, aber man sollte dies nicht als "Einschränkung der Meinungsfreiheit" verunglimpfen. Die Bundesregierung, die Landesregierung NRW, verschiedene staatliche Stellen sind Träger dieser Veranstaltung. Wenn man im Kreis dieser Personen einer Veranstaltung einen bestimmten Charakter geben will, so ist es meiner Ansicht nur recht und billig, dass man da versucht, Einfluss zu nehmen.
Ich sehe auch kein solches Problem. Die Leiterin der Veranstaltung hat ihn gern eingeladen, andere wollten ihn ausladen, das ist doch legitim. Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ist doch nicht, ob jemand auf einem Podium auftreten darf oder nicht.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

imp hat geschrieben:(18 Jun 2020, 23:14)

Aber doch nicht der allein.


Ich sehe auch kein solches Problem. Die Leiterin der Veranstaltung hat ihn gern eingeladen, andere wollten ihn ausladen, das ist doch legitim. Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ist doch nicht, ob jemand auf einem Podium auftreten darf oder nicht.
Der eigentliche Punkt für mich ist gar nicht so sehr die Ausladung selbst (zu einer Veranstaltung, die ja nun gar nicht stattfindet). Und auch nicht (so sehr) die Ansichten Mbembes zur Politik Israel (obwohl das natürlich nicht uninteressant ist). Nochmal: Der DLF-Journalist Stephan Detjen lieferte zum Thema einen relativ scharfen Kommentar, in welchem er Felix Klein (Antisemitismusbeauftragter) sinngemäß als "diskursiven Schrankenwärter" bezeichnete. In der Reihe "Politikpodcast", einer lockeren hausinternen DIskussionsrunde sollte es zu einer Klärung kommen. Kam es aber nicht. Detjen und sein Kollege Sebastian Engelbrecht ... beide gebildete Menschen, ausgewiesene Kenner und Freunde der israelischen Gesellschaft, mit langen Aufenthalten als Korrespondenten dort, zahlreichen Freunden, mit Kindern, die jeweils das jüdische Gymnasium in Berlin besuchten. Sie kommen - auch in grundsätzlichen Fragen zum Themenkomplex Antisemitismus, Israelkritik zu keinem Konsens. Ich meine: Das ist doch bemerkenswert. Das Thema dieses Threads lautet "Antisemitismus", ganz allgemein. Man sollte doch meinen, dass man unter gebildeten Menschen Jahrzehnte nach der Gründung Israels zumindest in den wichtigsten Punkten einen Grundkonsens finden müsste. Ist das ganze Thema überhaupt noch nicht mal halbwegs zu Ende gedacht?

https://www.deutschlandfunk.de/folge-15 ... _id=477450

Ich habe mich ganz einfach gefragt: Wenn schon ausgewiesene Experten zum Thema und auf der anderen Seite unzweiflhaft Freunde Israels und Demokraten auch in grundsätzlichen Fragen zum Thema schon nicht auf einen Nenner kommen ... wie sollen wir das hier in einem offenen Forum unter mehr oder weniger politisch interessierten Laien?

Oder noch anders gesagt: Sich selbst hier als abgeklärter und von Selbstzweifeln befreiter Experte zu geben, ist lächerlich.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von JJazzGold »

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Seine Botschaften werden immer hasserfüllter. Er beschimpft Gegner als “Parasiten” und “Untermenschen”, feiert sich selbst als “deutschen Nationalisten”. Dazu verbreitet er einen kruden Mix aus antisemitischen Verschwörungsmythen, nach denen Juden etwa den Holocaust mitfinanziert hätten. Diese “Zionisten” - laut Hildmann handelt es sich dabei um einen “Judenstamm” - versuchten schon lange, “die deutsche Rasse auszulöschen”.

....

Der “Judenstamm” der Zionisten habe dann den Holocaust mitfinanziert, nach dem Krieg habe er weiter daran gearbeitet, “die deutsche Rasse" zu vernichten. Zu diesem Zweck habe er auch Angela Merkel als Kanzlerin installiert, die ebenfalls Jüdin sei. Sie gehöre demselben Stamm an wie George Soros, Mark Zuckerberg, die Rothschilds und Warburgs sowie Helmut Kohl. Aktuell planten diese Juden einen globalen Völkermord.

https://www.tagesspiegel.de/themen/repo ... 30880.html

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Re: Antisemitismus

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Jun 2020, 08:41)


Ich habe mich ganz einfach gefragt: Wenn schon ausgewiesene Experten zum Thema und auf der anderen Seite unzweiflhaft Freunde Israels und Demokraten auch in grundsätzlichen Fragen zum Thema schon nicht auf einen Nenner kommen ... wie sollen wir das hier in einem offenen Forum unter mehr oder weniger politisch interessierten Laien?
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es hier einen nennenswerten oder lohnenswerten Raum für eine Diskussion gibt, zumindest zum Thema. Es geht ja erst einmal nicht um einen "gemeinsamen Nenner", sondern um das Ausmaß des Rahmens, in dem man bereit ist, sich wie aufgeklärte erwachsene Menschen mit einem Thema auseinanderzusetzen, also der Raum für eine Kontroverse. Der Grund jeder Diskussion. Das heißt auch mal etwas zu ertragen, etwas auszuhalten. Stattdessen scheint hier alles dünnhäutig wie Papier zu sein. Da kann man so einen Thread auch ehrlicherweise schließen. Spart die Zeit aller Beteiligten.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von imp »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Jun 2020, 08:41)

Der eigentliche Punkt für mich ist gar nicht so sehr die Ausladung selbst (zu einer Veranstaltung, die ja nun gar nicht stattfindet). Und auch nicht (so sehr) die Ansichten Mbembes zur Politik Israel (obwohl das natürlich nicht uninteressant ist). Nochmal: Der DLF-Journalist Stephan Detjen lieferte zum Thema einen relativ scharfen Kommentar, in welchem er Felix Klein (Antisemitismusbeauftragter) sinngemäß als "diskursiven Schrankenwärter" bezeichnete. In der Reihe "Politikpodcast", einer lockeren hausinternen DIskussionsrunde sollte es zu einer Klärung kommen. Kam es aber nicht. Detjen und sein Kollege Sebastian Engelbrecht ... beide gebildete Menschen, ausgewiesene Kenner und Freunde der israelischen Gesellschaft, mit langen Aufenthalten als Korrespondenten dort, zahlreichen Freunden, mit Kindern, die jeweils das jüdische Gymnasium in Berlin besuchten. Sie kommen - auch in grundsätzlichen Fragen zum Themenkomplex Antisemitismus, Israelkritik zu keinem Konsens. Ich meine: Das ist doch bemerkenswert. Das Thema dieses Threads lautet "Antisemitismus", ganz allgemein. Man sollte doch meinen, dass man unter gebildeten Menschen Jahrzehnte nach der Gründung Israels zumindest in den wichtigsten Punkten einen Grundkonsens finden müsste. Ist das ganze Thema überhaupt noch nicht mal halbwegs zu Ende gedacht?

https://www.deutschlandfunk.de/folge-15 ... _id=477450

Ich habe mich ganz einfach gefragt: Wenn schon ausgewiesene Experten zum Thema und auf der anderen Seite unzweiflhaft Freunde Israels und Demokraten auch in grundsätzlichen Fragen zum Thema schon nicht auf einen Nenner kommen ... wie sollen wir das hier in einem offenen Forum unter mehr oder weniger politisch interessierten Laien?

Oder noch anders gesagt: Sich selbst hier als abgeklärter und von Selbstzweifeln befreiter Experte zu geben, ist lächerlich.
Man darf keine Angst haben, auch einmal lächerlich zu sein für andere. Der Antisemitismus ist ein sehr heikles Thema. Es ist kein Wunder, dass viele da sehr scharf reagieren und sehr prinzipiell werden. Inwiefern man ein "Freund" eines Landes sein kann oder sein sollte, ist vielleicht kein gutes Fragethema unter dieser Überschrift.
Das spare ich mal für anderswo auf. Es gibt für Politik keine Laien und Spezialisten. Für sozialwissenschaftliche Untersuchung gibt es Fachleute. Für die Praxis sind alle gleich schlecht qualifiziert. Tieferes Wissen über die Religion, Kultur oder Geschichte scheint weder zu helfen, sich selbst zu immunisieren noch, anderen ihre Ideen auszureden. Es ist wohl das Beste, bei der Diskussion ganz schlicht zu bleiben. Schließlich sind viele, vielleicht die meisten Menschen, weder Rassisten noch Antisemiten, ohne dass sie viel wissen müssen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(19 Jun 2020, 19:02)

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es hier einen nennenswerten oder lohnenswerten Raum für eine Diskussion gibt, zumindest zum Thema. Es geht ja erst einmal nicht um einen "gemeinsamen Nenner", sondern um das Ausmaß des Rahmens, in dem man bereit ist, sich wie aufgeklärte erwachsene Menschen mit einem Thema auseinanderzusetzen, also der Raum für eine Kontroverse. Der Grund jeder Diskussion. Das heißt auch mal etwas zu ertragen, etwas auszuhalten. Stattdessen scheint hier alles dünnhäutig wie Papier zu sein. Da kann man so einen Thread auch ehrlicherweise schließen. Spart die Zeit aller Beteiligten.
Es gibt einen schönen (oder eigentlich eher bitteren) Song von Leonard Cohen: "Jazz Police":
Jazz police are looking through my folders
Jazz police are talking to my niece
Jazz police have got their final orders
Jazzer, drop your axe, it's Jazz police!
Jazz ist eine gute Sache. Aber du musst bitte und nur den korrekten Jazz spielen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

JJazzGold hat geschrieben:(19 Jun 2020, 18:41)

Wtf is Attila Hildman?

Seine Botschaften werden immer hasserfüllter. Er beschimpft Gegner als “Parasiten” und “Untermenschen”, feiert sich selbst als “deutschen Nationalisten”. Dazu verbreitet er einen kruden Mix aus antisemitischen Verschwörungsmythen, nach denen Juden etwa den Holocaust mitfinanziert hätten. Diese “Zionisten” - laut Hildmann handelt es sich dabei um einen “Judenstamm” - versuchten schon lange, “die deutsche Rasse auszulöschen”.

....

Der “Judenstamm” der Zionisten habe dann den Holocaust mitfinanziert, nach dem Krieg habe er weiter daran gearbeitet, “die deutsche Rasse" zu vernichten. Zu diesem Zweck habe er auch Angela Merkel als Kanzlerin installiert, die ebenfalls Jüdin sei. Sie gehöre demselben Stamm an wie George Soros, Mark Zuckerberg, die Rothschilds und Warburgs sowie Helmut Kohl. Aktuell planten diese Juden einen globalen Völkermord.

https://www.tagesspiegel.de/themen/repo ... 30880.html

Ist der Mann ein Fall für den Staatsanwalt, oder für die Psychiatrie, oder beides?
Für den Staatsanwalt mittlerweile schon, Ausgang ungewiss. Schließlich spricht er doch nur das aus, was viele hinter vorgehaltener Hand denken oder ganz offen in anderen, weniger stringent moderierten Foren/Plattformen schreiben.
Nur Angela Merkel dürften einige sicherlich entrüstet in Schutz nehmen, andere wiederum könnten sich darauf berufen, dass Frau Merkel ja die Sicherheit Israels zur Staatsraison erklärt hat, was sehr verdächtig klingt. :cool:
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Re: Antisemitismus

Beitrag von conscience »

Das ganze ist doch irgendwie krank.

Es stellt sich bei dem Antisemiten H. die Frage nach seiner Zurechnungsfähigkeit — ein wüstes geistloses Geschimpfe gegen Juden und ihre Interessenvertretung, ein Verschwörungs-Eintopf mit widerlichem Geschmack; intellektuell ohne Konsistenz — ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht justiziabel ist, der Staatsanwalt und das Gericht werden um ein psychiatrisches Gutachten nicht herumkommen (meine Meinung).
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

conscience hat geschrieben:(20 Jun 2020, 16:37)

Das ganze ist doch irgendwie krank.

Es stellt sich bei dem Antisemiten H. die Frage nach seiner Zurechnungsfähigkeit — ein wüstes geistloses Geschimpfe gegen Juden und ihre Interessenvertretung, ein Verschwörungs-Eintopf mit widerlichem Geschmack; intellektuell ohne Konsistenz — ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht justiziabel ist, der Staatsanwalt und das Gericht werden um ein psychiatrisches Gutachten nicht herumkommen (meine Meinung).
Ich halte diesem Mann durchaus für zurechnungsfähig, sonst müsste man nämlich davon ausgehen, dass mindestens 2000 Menschen in Deutschland in die Psychatrie gehören.
2019 haben die Behörden laut einem Bericht 2.000 Straftaten gegen Juden verzeichnet.
(..)
Bei Bekanntwerden ähnlicher Zahlen Anfang März sah der Zentralrat der Juden in Deutschland seine Befürchtungen bestätigt. "Die Tabubrüche und die sprachliche Enthemmung, die wir allenthalben erleben und die maßgeblich von der AfD befeuert werden, schlagen sich letztlich auch in Taten nieder", sagte der Präsident Josef Schuster.
Zudem sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. "Viele Betroffene erstatten gar nicht erst Anzeige, weil Ermittlungen häufig eingestellt und nur wenige Täter tatsächlich belangt werden", kritisierte Schuster damals.
Bereits im Januar hatte der Zentralrat der Juden eine "Explosion des Antisemitismus" kritisiert.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitge ... resbericht
Das sind nur die Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden oder aufgefallen sind. Nachdem das Gesetz gegen Hasskriminalität im Netz nun verabschiedet wurde, dürften erheblich mehr dazukommen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

JJazzGold hat geschrieben:(19 Jun 2020, 18:41)

Ist der Mann ein Fall für den Staatsanwalt, oder für die Psychiatrie, oder beides?
Wenn der Typ nicht wegen Volksverhetzung verknackt wird, dann können sie den Paragraphen auch gleich abschaffen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Kloß mit Soß »

Noch in meiner Schulzeit gab es eine Diskussion zu einem Schülerzeitungs-Artikel, der sich kritisch mit der Antonio-Amadeo-Stiftung befasste, lange bevor sie mit Pauschalverurteilungen gegen Mädchen mit Zöpfen die gerne Mädchensachen machen in die Schlagzeilen kam und sich mit der Stasi-Vergangenheit der Gründerin beschäftigte. Die Veröffentlich wurde offen gelassen und in die nächste Sitzung vertagt. Als das Thema die nächste Sitzung über nicht aufkam, fragte der Junge aus der Parallelklasse, der ihn verfasst hatte nach und die verantwortliche Lehrerin entgegnete: "Die Gründerin ist Jüdin." Der Satz war unmissverständlich und das Thema war vom Tisch. Ich hab das damals akzeptiert, Antisemitismus muss immer bekämpft werden. Heute seh ich das Vorgehen der Lehrerin kritischer. Der Subtext davon war auch, dass Juden per se keine schlechten Menschen sein können oder es, falls sie es sind, nicht zur Debatte gestellt werden darf. Das finde ich heute genauso entmenschlichend und spaltend wie antisemitische Weltherrschaftphantasien.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(20 Jun 2020, 17:54)

Noch in meiner Schulzeit gab es eine Diskussion zu einem Schülerzeitungs-Artikel, der sich kritisch mit der Antonio-Amadeo-Stiftung befasste, lange bevor sie mit Pauschalverurteilungen gegen Mädchen mit Zöpfen die gerne Mädchensachen machen in die Schlagzeilen kam und sich mit der Stasi-Vergangenheit der Gründerin beschäftigte. Die Veröffentlich wurde offen gelassen und in die nächste Sitzung vertagt. Als das Thema die nächste Sitzung über nicht aufkam, fragte der Junge aus der Parallelklasse, der ihn verfasst hatte nach und die verantwortliche Lehrerin entgegnete: "Die Gründerin ist Jüdin." Der Satz war unmissverständlich und das Thema war vom Tisch. Ich hab das damals akzeptiert, Antisemitismus muss immer bekämpft werden. Heute seh ich das Vorgehen der Lehrerin kritischer. Der Subtext davon war auch, dass Juden per se keine schlechten Menschen sein können oder es, falls sie es sind, nicht zur Debatte gestellt werden darf. Das finde ich heute genauso entmenschlichend und spaltend wie antisemitische Weltherrschaftphantasien.
Jeder kann jeden zur Debatte stellen, wenn er an seinem Handeln etwas zu kritisieren hat. Antisemiten kritisieren Juden jedoch nicht wegen irgendwelcher Handlungen, sondern weil sie eine etwaige schlechte Handlung am Judentum
der Person festmachen, oder weil sie von vornherein Juden jede schlechte Handlung zutrauen.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Kloß mit Soß »

Vongole hat geschrieben:(20 Jun 2020, 18:11)

Jeder kann jeden zur Debatte stellen, wenn er an seinem Handeln etwas zu kritisieren hat. Antisemiten kritisieren Juden jedoch nicht wegen irgendwelcher Handlungen, sondern weil sie eine etwaige schlechte Handlung am Judentum der Person festmachen, oder weil sie von vornherein Juden jede schlechte Handlung zutrauen.
Das würde bedeuten, dass wenn die Handlung eines Juden kritisiert wird die Frage nach Antisemitismus erstmal nicht im Raum steht, was unserer Lebensrealität in Deutschland nach meiner Erfahrung nicht entspricht.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(20 Jun 2020, 18:32)

Das würde bedeuten, dass wenn die Handlung eines Juden kritisiert wird die Frage nach Antisemitismus erstmal nicht im Raum steht, was unserer Lebensrealität in Deutschland nach meiner Erfahrung nicht entspricht.
Das stimmt nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist Michel Friedman.
Er war von 2000 bis 2003 stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland und Herausgeber der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine sowie von 2001 bis 2003 Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses.
Dann gab es die Affäre und Friedman wurde kritisiert und musste dann auch zurücktreten.
Im Juni 2003 geriet Friedman im Zuge von Ermittlungen wegen Menschenhandels im Rotlichtmilieu in das Blickfeld der Staatsanwaltschaft. Mehrere Prostituierte, die illegal aus der Ukraine nach Deutschland gebracht und zwangsprostituiert worden waren, sagten aus, er habe mit ihnen mehrmals Sex gehabt, in ihrem Beisein Kokain konsumiert und das Suchtmittel auch ihnen angeboten. Prostituierte und Kokain habe Friedman unter dem Pseudonym „Paolo Pinkel“ (dies sei von der Polizei angeblich falsch verstanden worden, Friedman behauptete später, eigentlich „Paolo Pinkas“ verwendet zu haben – Pinkas ist ein hebräischer Vorname) angefordert.[7] Daraufhin wurden seine Kanzlei und seine Wohnung rechtmäßig durchsucht. Drei szenetypische Päckchen wurden gefunden, die Anhaftungen von Kokain aufwiesen. Die gefundene Menge war zu gering, um den genauen Wirkstoffgehalt zu ermitteln. Das Untersuchungsergebnis einer von Friedman abgegebenen Haarprobe war hingegen positiv, was den rechtlichen Nachweis erbrachte, dass Friedman tatsächlich Kokainkonsument gewesen war. Daraufhin erging am 8. Juli 2003 ein Strafbefehl gegen Friedman wegen Kokainbesitzes über 150 Tagessätze in einer Gesamthöhe von 17.400 Euro, den er widerspruchslos akzeptierte.

Friedman trat im Zuge der Affäre von allen öffentlichen Ämtern zurück. In einer Erklärung bedauerte er, einen „Fehler gemacht zu haben“. Er entschuldigte sich bei den Menschen, die er enttäuscht habe, und bat die Öffentlichkeit um „eine zweite Chance“. Da er es vermied, sich ausdrücklich bei den Prostituierten zu entschuldigen, wurde er u. a. von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes öffentlich kritisiert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Fr ... man-Affäre
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von jellobiafra »

Adam Smith hat geschrieben:(20 Jun 2020, 18:39)

Das stimmt nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist Michel Friedman.



Dann gab es die Affäre und Friedman wurde kritisiert und musste dann auch zurücktreten.



https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Fr ... man-Affäre
Allerdings gab es durchaus damals Antisemitismusvorwürfe denen gegenüber, die Friedmans Verhalten kritisierten. Da war von antisemitischem Sexualneid die Rede, sowie von doppelten Standarts.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

jellobiafra hat geschrieben:(20 Jun 2020, 19:23)

Allerdings gab es durchaus damals Antisemitismusvorwürfe denen gegenüber, die Friedmans Verhalten kritisierten. Da war von antisemitischem Sexualneid die Rede, sowie von doppelten Standarts.
Gibt es dazu Belege?
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Kloß mit Soß »

Adam Smith hat geschrieben:(20 Jun 2020, 18:39)

Das stimmt nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist Michel Friedman./quote]
Dann gab es die Affäre und Friedman wurde kritisiert und musste dann auch zurücktreten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Fr ... man-Affäre
Es ging mir um die Kritik an politischen Positionen, nicht um Straftaten. Gegen Friedman gabs zum Zeitpunkt des Diskussionsbeginns schon genug Beweislast, dass Interpretationsspielräume für ein antisemitisches Motiv nicht mehr gegeben beziehungsweise sehr gering waren.

Gegenbeispiel Henryk M. Broder, an dessen Beispiel 2001 eine Dissertation veröffentlicht wurde, dass der Diskurs über Juden in Deutschland zumeist (deutschen wie nichtdeutschen) Juden selbst überlassen wird. Er ist heute unstreitbar einer der einflussreichsten Sprachrohre der neuen Rechten, auch weil Kritik an ihm schwieriger ist durch den Verweis auf, in seinem Fall linken, Antisemitismus.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(20 Jun 2020, 19:33)

Es ging mir um die Kritik an politischen Positionen, nicht um Straftaten. Gegen Friedman gabs zum Zeitpunkt des Diskussionsbeginns schon genug Beweislast, dass Interpretationsspielräume für ein antisemitisches Motiv nicht mehr gegeben beziehungsweise sehr gering waren.

Gegenbeispiel Henryk M. Broder, an dessen Beispiel 2001 eine Dissertation veröffentlicht wurde, dass der Diskurs über Juden in Deutschland zumeist (deutschen wie nichtdeutschen) Juden selbst überlassen wird. Er ist heute unstreitbar einer der einflussreichsten Sprachrohre der neuen Rechten, auch weil Kritik an ihm schwieriger ist durch den Verweis auf, in seinem Fall linken, Antisemitismus.
Mach dir da mal keine Sorgen, Broder ist schon als Nazi und schlimmeres beschimpft worden, der kommt schon nicht zu kurz.
Gibt's noch irgendwelche Juden, die nicht genügend kritisiert werden?
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Re: Antisemitismus

Beitrag von jellobiafra »

Adam Smith hat geschrieben:(20 Jun 2020, 19:26)

Gibt es dazu Belege?
Ich erinnere das so. Mal sehen, ob ich etwas finde.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von JJazzGold »

Vongole hat geschrieben:(20 Jun 2020, 16:08)

Für den Staatsanwalt mittlerweile schon, Ausgang ungewiss. Schließlich spricht er doch nur das aus, was viele hinter vorgehaltener Hand denken oder ganz offen in anderen, weniger stringent moderierten Foren/Plattformen schreiben.
Nur Angela Merkel dürften einige sicherlich entrüstet in Schutz nehmen, andere wiederum könnten sich darauf berufen, dass Frau Merkel ja die Sicherheit Israels zur Staatsraison erklärt hat, was sehr verdächtig klingt. :cool:
Vongole, der kennt doch die Konsequenzen, a bisserl gaga muss er schon sein, wenn das so herausfordert.
Ich musste tatsächlich schmunzeln, als er versuchte Frau Merkel zur Jüdin zu machen. ;) Was auch immer er damit zu erreichen versuchte.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von JJazzGold »

Tom Bombadil hat geschrieben:(20 Jun 2020, 16:58)

Wenn der Typ nicht wegen Volksverhetzung verknackt wird, dann können sie den Paragraphen auch gleich abschaffen.
Dass er verknackt wird, daran habe ich keine Zweifel. Ich frage mich nur was Jemanden, dem diese Konsequenz bekannt ist, dazu treibt. Das ist ja weit wirrer, als die üblichen Antisemitismusanfälle.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

JJazzGold hat geschrieben:(20 Jun 2020, 20:09)

Dass er verknackt wird, daran habe ich keine Zweifel. Ich frage mich nur was Jemanden, dem diese Konsequenz bekannt ist, dazu treibt. Das ist ja weit wirrer, als die üblichen Antisemitismusanfälle.
Der dürfte nicht verknackt werden.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von JJazzGold »

Adam Smith hat geschrieben:(20 Jun 2020, 20:13)

Der dürfte nicht verknackt werden.
Schauen wir mal, was das psychiatrische Gutachten sagt.
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Re: Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

JJazzGold hat geschrieben:(20 Jun 2020, 20:09)

Ich frage mich nur was Jemanden, dem diese Konsequenz bekannt ist, dazu treibt.
Keine Ahnung, vllt. liegt es an den Initialen...
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Thomas Jefferson
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Diffamierer der Linken.
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