Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Moderator: Moderatoren Forum 3

Atalanttore
Beiträge: 16
Registriert: So 5. Apr 2020, 10:23

Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Atalanttore »

Von Crashpropheten wird regelmäßig behauptet und mehr oder weniger nachvollziehbar begründet, warum eine gemeinsame Währung in der EU nicht funktionieren kann. Demgegenüber gibt es Länder, die größer sind und/oder mehr Einwohner haben als die EU (VR China, USA), und mit einer Währung im ganzen Land wirtschaftlich sehr erfolgreich sind.

Mit Prophezeiungen zum Ausstieg Griechenlands aus dem Euro oder dem EU-Austritt südeuropäischer EU-Länder infolge der Finanzkrise 2007 und daran anschließender Eurokrise haben sich einige Crashpropheten bereits mindestens einmal geirrt.

Ist der Euro tatsächlich eine Fehlgeburt oder nur ein weiteres Hassobjekt von Nationalisten?
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Adam Smith »

Der Euro ist so stark wie seine Mitgliedsstaaten sind. Die italienische Lira war schwach, weil Italien halt wirtschaftlich deutlich schwächer als Deutschland war. Auch war das Staatsdefizit von Italien deutlich höher als das von Deutschland.

https://www.sfm.econ.uni-muenchen.de/le ... talien.pdf

Aus dem Grund schwächt Italien den Euro. Ein Austritt von Italien aus dem Euro würde den Euro deutlich stärken.
«Ich halte es für möglich, dass eine italienische Regierung Ernst macht und sagt, wir müssen aus dem Euro raus», entgegnet Kappeler. «Wenn Italien aus der Währung austritt, kann das Land mit einem Federstrich alle Schulden in der Lira haben und dann mit Inflation arbeiten.» Im Euro würde Italien hingegen nach europäischem Recht in der Gemeinschaftswährung verschuldet bleiben und von den Gläubigern bedrängt werden.
https://www.nzz.ch/video/nzz-standpunkt ... ld.1555096
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
Mendoza
Beiträge: 3003
Registriert: Sa 14. Jul 2018, 06:28

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Mendoza »

@Atalanttore
Ich bin der Meinung der Euro ist ein Fehler. Im Gegensatz zu den von dir genannten Staaten hat die Eurozone keine eigene Regierung. So brechen viele Länder
die Stabilitätsregeln wie sie wollen ohne dass das Konsequenzen hat. Auch von der No-Bailout-Klausel ist nicht mehr viel übrig nachdem der Euro-Rettungsschirm
eingeführt wurde. Wir haften über den ESM de facto für die Schulden anderer Länder. Die Länder sind auch zu unterschiedlich. Die Wechselkurse haben als Scharnier gedient um unterschiedliche Entwicklungen auszugleichen. Das ist weggefallen. Jetzt knirscht es ständig. Ich war anfangs Fan des Euro. Als die Regeln (erst von D und F) immer wieder gebrochen wurden habe ich gemerkt: Ich habe mich geirrt :(
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Atalanttore hat geschrieben:(16 May 2020, 13:28)

Von Crashpropheten wird regelmäßig behauptet und mehr oder weniger nachvollziehbar begründet, warum eine gemeinsame Währung in der EU nicht funktionieren kann. Demgegenüber gibt es Länder, die größer sind und/oder mehr Einwohner haben als die EU (VR China, USA), und mit einer Währung im ganzen Land wirtschaftlich sehr erfolgreich sind.

Mit Prophezeiungen zum Ausstieg Griechenlands aus dem Euro oder dem EU-Austritt südeuropäischer EU-Länder infolge der Finanzkrise 2007 und daran anschließender Eurokrise haben sich einige Crashpropheten bereits mindestens einmal geirrt.

Ist der Euro tatsächlich eine Fehlgeburt oder nur ein weiteres Hassobjekt von Nationalisten?
Die Geburtsfehler des Euros wurden seinerzeit schon vor dessen Einführung genannt. Mit einer gemeinsamen Wirtschafts-, Steuer-, Sozial- und Finanzpolitik wäre das gar kein ernstes Problem geworden. Aber man ließ das Prinzip Hoffnung gelten, daß sich diese Voraussetzungen wie von allein erfüllen würden, weil alle Partner doch die Gemeinschaft wollten. Und so gibt es eben so viele unterschiedliche Ansichten zur Zukunft des Euros wie es Euro-Partner gibt.

Deutschland könnte derzeit aus einer Position wirtschaftlicher Stärke heraus, fast schon aus seiner Übermacht heraus, dafür sorgen, daß den Sorgenkindern Steine vom Hals fallen und sie sich ganz willig an einer europäischen zentralen Wirtschaftsregierung beteiligen. Auf deutscher Seite ist aber Wagemut nicht angesagt. Und so könnte es in der Tat zu einer europäischen Pleite kommen und zu Verwerfungen in der EU, also zum Gegenteil dessen, was die Europäer im ersten Überschwang angekündigt hatten.
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Wähler »

Mendoza hat geschrieben:(16 May 2020, 15:03)
Wir haften über den ESM de facto für die Schulden anderer Länder.
Die Haftung über den ESM ist für Deutschland auf 190 Milliarden Euro begrenzt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes pocht auf eine strikte Einhaltung der EZB bei Anleihenaufkäufen hinsichtlich des Anteilsschlüssels der einzelnen EWU-Ländern an der EZB.
Sollte der Euro scheitern, kommt es zu einer Währungsreform in allen EWU-Ländern und zu einer Neubewertung des Außenwertes der neu entstehenden vielen nationalen Währungen, die an Stelle des Euros treten. Die Bilanz der EZB verschwindet dann einfach, da es deren Zentralbankgeldkreislauf nicht mehr geben wird. Nach dem zweiten Weltkrieg und der Währungsreform von 1948 wurden die realen Wirtschaftswerte als Grundlage für die Berechnung des neuen Innenwertes der Deutschen Mark genommen. So wird es dann, allerdings auf höherem realwirtschaftlichem Niveau, wieder geschehen, falls der Euro zusammenbricht. Problematischer dürften die zu erwartenden Staatsschuldenschnitte sein, da hier im Gegensatz zu den Sachwerten nominale Geldwerte vernichtet werden.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Maikel
Beiträge: 1277
Registriert: So 4. Jun 2017, 19:44

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Maikel »

Atalanttore hat geschrieben:(16 May 2020, 13:28)

Von Crashpropheten wird regelmäßig behauptet und mehr oder weniger nachvollziehbar begründet, warum eine gemeinsame Währung in der EU nicht funktionieren kann. Demgegenüber gibt es Länder, die größer sind und/oder mehr Einwohner haben als die EU (VR China, USA), und mit einer Währung im ganzen Land wirtschaftlich sehr erfolgreich sind.
Das sind ja auch "Länder" und kein Verbund selbständiger Staaten (im Fall China auch noch mit einem völlig anderen politischen System).

Im übrigen gibt es in den USA z.B. einen zwingenden Ausgleich zwischen den Salden der einzelnen Distrikt-Notenbanken.
Entspricht in der EU den Target-Salden, die bekanntermaßen nicht ausgeglichen werden, was ggf. zu erheblichen Problemen führen kann (siehe entsprechende Diskussionen.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Wir verlieren bei unserer Diskussion aus den Augen, daß es Zeiten gab, in denen "der Markt" gegen europäische Währungen wettete. Ein letzter Versuch war eine Wette gegen den Euro, die EZB-Präsident Draghi mit seinem sagenhaften: "Whatever it takes!" vom Tisch fegen konnte. Man kann sich also vorstellen, daß von Dritter Seite die Währungen der weniger wirtschaftsstarken EU-Partner zusammen brechen... ein Außenwert auf Ramschniveau.

Ich habe nur sehr laienhafte Vorstellungen von einer Geldwirtschaft und von Währungssystemen. Aber ich erinnere mich an Zeiten, als die griechische Drachme in Deutschland (vor der Wiedervereinigung!) nicht mehr gehandelt wurde. Da mußte man DM in Bar oder Reiseschecks mitnehmen, um Hotelrechnungen und Dienstwagen bezahlen zu können. In den 50er Jahren ist der französische Franc von einer DM-Parität auf 1/3 davon zusammengesackt, und die italienischen Lire über einige Jahrzehnte auf 1/10.

Diese Vorgänge muß man einmal in die heutige Zeit verlegen: Fertigungsketten im Automobilbau, Zusammenarbeit im Flugzeugbau, Zulieferungen an Werften... wer will denn da noch kaufwilligen Kunden ein Angebot ohne etliche Fußnoten machen?

Ich erlebe das gerade im kleinen Maßstab in Polen. Ich benötige privat kostspieliges technisches Gerät aus Österreich und den Niederlanden, das ich wegen des Kundendienstes aber in Polen einkaufen möchte. Natürlich steht in meinem Angebot ein Preis in PLN (złoty), aber eben auch eine Fußnote, daß der Preis sich verändern kann mit dem Wechselkurs des PLN gegen den Euro. Je nachdem sich also die polnische Währung "wettbewerbsfähig" macht, werden meine zu zahlenden PLN deutlich höher liegen. Als Privatmann und Endverbraucher kein so gewaltiges Ding; als Zulieferer oder an Gewerken Beteiligte aber kaum im Wettbewerb zu kalkulieren. Dann schließen Firmen Versicherungen gegen Währungsverluste ab, die natürlich Geld kosten... usw, usf.

Ein besonders "lustiges" Beispiel als Beitrag zur Frage, ob der Euro eine Fehlgeburt sei kann ich auch noch berichten: Schweizer Banken hatten in großem Stil in Polen Immobilienkredite (Häuslebauer... waren gerade gut in Schwung gekommen) angedient; zinsgünstiger als polnische Banken... deshalb also mit ziemlich großem Erfolg. Und plötzlich sieht die Schweiz die Notwendigkeit, den Schweizer Franken um 20% auf zu werten. Mit dem "Erfolg", daß polnische Kreditnehmer eine um 20% erhöhte Schuld zu verzinsen hatten. Das war vor drei oder vier Jahren eine Haupt- und Staatsaffäre, in der der polnische Staat Schuldnern Hilfestellung leisten mußte, damit die nicht zahlungsunfähig wurden.

Derzeit rutscht der PLN immer wieder einmal ab von der Langzeitmarke 4,25 PLN/€ auf 4,55 oder sogar schon kurzfristig 5!

Was ich mit diesen langen Geschichten sagen will: Wenn es den Euro nicht gäbe, dann müßte er glatt erfunden werden... würde er wohl auch. Nun haben wir uns in der EU darin eingerichtet, unser Wohlstand durch Austausch und Handel gründet auch auf den Vorteilen der gemeinsamen Währung und offener Grenzen. Und schon sehen wir Nachteile viel deutlicher, weil die Vorteile einer Gemeinschaftswährung so selbstverständlich geworden sind. Die Vorteile kann man aber auch einbüßen und damit ein bitteres Erwachen herbei führen.

Anstatt also vom Ende des Euros zu reden, sollten wir Europäer gemeinsam darauf dringen, seine Geburtsfehler nun endlich durch eine gemeinsame Wirtschafts- Sozial- und Finanzpolitik ab zu schmelzen, Schritt für Schritt, meinetwegen mit den Merkelschen Trippelschritten, wenn der Parademarsch zum sicheren Euro nicht möglich ist!
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 08:10)
Anstatt also vom Ende des Euros zu reden, sollten wir Europäer gemeinsam darauf dringen, seine Geburtsfehler nun endlich durch eine gemeinsame Wirtschafts- Sozial- und Finanzpolitik ab zu schmelzen, Schritt für Schritt, meinetwegen mit den Merkelschen Trippelschritten, wenn der Parademarsch zum sicheren Euro nicht möglich ist!
Diesen Optimismus würde ich auch gerne teilen. ;) Die Coronakrise wird die EU vor eine Zerreißprobe stellen, da von Deutschland gewaltige Transferleistungen erwartet werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat schon eine mögliche Grenze aufgezeigt. Wir sollten die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu mehr Integration auf EU-Ebene nicht überschätzen.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(17 May 2020, 11:31)

Diesen Optimismus würde ich auch gerne teilen. ;) Die Coronakrise wird die EU vor eine Zerreißprobe stellen, da von Deutschland gewaltige Transferleistungen erwartet werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat schon eine mögliche Grenze aufgezeigt. Wir sollten die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu mehr Integration auf EU-Ebene nicht überschätzen.
Sie vermengen die notwendige Weiterentwicklung der Euro-Gruppe mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie! Wenn ich Merkel hieße, dann gäbe es deutsche Leistungen nur gegen vertiefte Integration in ein gemeinsames Finanz-, Sozial- und Wirtschaftssystem. Kein vernünftiger Mensch wird einem Verfahren zustimmen können, das den Empfänger von Leistungen ganz befreit von der Mitwirkung am Gelingen der Gemeinschaft. Das werden auch Franzosen, Spanier, Italiener und Griechen einsehen. Müssen sie ja nicht, wir dann aber auch nicht. Wie kommen wir dazu!?
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(17 May 2020, 11:31)
Diesen Optimismus würde ich auch gerne teilen. ;) Die Coronakrise wird die EU vor eine Zerreißprobe stellen, da von Deutschland gewaltige Transferleistungen erwartet werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat schon eine mögliche Grenze aufgezeigt. Wir sollten die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu mehr Integration auf EU-Ebene nicht überschätzen.
H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 12:04)
Sie vermengen die notwendige Weiterentwicklung der Euro-Gruppe mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie! Wenn ich Merkel hieße, dann gäbe es deutsche Leistungen nur gegen vertiefte Integration in ein gemeinsames Finanz-, Sozial- und Wirtschaftssystem. Kein vernünftiger Mensch wird einem Verfahren zustimmen können, das den Empfänger von Leistungen ganz befreit von der Mitwirkung am Gelingen der Gemeinschaft. Das werden auch Franzosen, Spanier, Italiener und Griechen einsehen. Müssen sie ja nicht, wir dann aber auch nicht. Wie kommen wir dazu!?
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in Italien, sowie Spanien und die Weiterentwicklung der Euro-Gruppe hängen miteinander zusammen. Die EZB wird ihr Anleihenkaufprogramm nicht ohne deutsche Gegenwehr auf die Südländer der EWU focusieren können. Auch das Volumen des ESM ist durch die Haftungsgrenze Deutschlands begrenzt. Eine Erhöhung des EU-Rahmenhaushaltes wird ebenfalls zu harten Auseinandersetzungen führen. Die einzelnen Diskussionen laufen bereits unabhängig davon, wie die Bevölkerung in den einzelnen EWU-Ländern sich wirtschaftlich verhalten wird.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Benutzeravatar
firlefanz11
Beiträge: 15256
Registriert: Mo 10. Sep 2012, 13:18

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von firlefanz11 »

Fehlgeburt...
Der einzig gangbare Weg wäre Abwicklung der EU u. des Euro sowie Gründung der Vereinigten Staaten von Europa meiner gemeinsamen Wirtschafts-, Steuer-, Sozial- und Finanzpolitik sowie anstatt Lokalbankgeld EZB-Geld Konten for everybody... Da das aber niemals geschehen wird, das sich die Regierungen der einzelnen Länder nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen, wird einfach weiter gerettet, geflickschustert, und Schulden vergemeinschaftet bis das ganze Kunstkonstrukt krachend zusammenfällt...
Am Rande des Wahnsinns stehen keine Geländer!
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(17 May 2020, 13:08)

Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in Italien, sowie Spanien und die Weiterentwicklung der Euro-Gruppe hängen miteinander zusammen. Die EZB wird ihr Anleihenkaufprogramm nicht ohne deutsche Gegenwehr auf die Südländer der EWU focusieren können. Auch das Volumen des ESM ist durch die Haftungsgrenze Deutschlands begrenzt. Eine Erhöhung des EU-Rahmenhaushaltes wird ebenfalls zu harten Auseinandersetzungen führen. Die einzelnen Diskussionen laufen bereits unabhängig davon, wie die Bevölkerung in den einzelnen EWU-Ländern sich wirtschaftlich verhalten wird.
Diskussionen sind noch keine Zahlungen; ich werde gegen Leistungen zu Lasten Deutschlands stimmen, wo immer das Thema sein wird, wenn damit keine vertiefte europäische Zusammenarbeit verbunden ist. Es geht darum, daß Dritte über unser Geld verfügen wollen, ohne uns Mitsprache bei seiner Verwendung einräumen zu wollen. Das Verfahren sollte schon beiderseitig auf dem Volkswillen beruhen... sie sagten ja schon, daß man für das beabsichtigte einseitige Verfahren wohl keine hinreichende Zustimmung des deutschen Steuerzahlers bekommen wird. Ein völlig normaler Vorgang. Ich verstehe überhaupt nicht, was daran aufregend sein kann!
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(17 May 2020, 13:08)
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in Italien, sowie Spanien und die Weiterentwicklung der Euro-Gruppe hängen miteinander zusammen. Die EZB wird ihr Anleihenkaufprogramm nicht ohne deutsche Gegenwehr auf die Südländer der EWU focusieren können. Auch das Volumen des ESM ist durch die Haftungsgrenze Deutschlands begrenzt. Eine Erhöhung des EU-Rahmenhaushaltes wird ebenfalls zu harten Auseinandersetzungen führen. Die einzelnen Diskussionen laufen bereits unabhängig davon, wie die Bevölkerung in den einzelnen EWU-Ländern sich wirtschaftlich verhalten wird.
H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 14:52)
Das Verfahren sollte schon beiderseitig auf dem Volkswillen beruhen... sie sagten ja schon, daß man für das beabsichtigte einseitige Verfahren wohl keine hinreichende Zustimmung des deutschen Steuerzahlers bekommen wird. Ein völlig normaler Vorgang. Ich verstehe überhaupt nicht, was daran aufregend sein kann!
Ich befürchte in den nächsten 2 Jahren eine finanzwirtschaftliche Dynamik im Euro-Raum, die kaum Zeit lassen wird, den deutschen Steuerzahler angemessen zu befragen und in seiner Mehrheit bei dieser Entwicklung mitzunehmen. Ein Vorteil ist vielleicht, dass die Bundestagswahl bis zum Ende dieses Zeitraumes stattfinden wird.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(17 May 2020, 15:09)

Ich befürchte in den nächsten 2 Jahren eine finanzwirtschaftliche Dynamik im Euro-Raum, die kaum Zeit lassen wird, den deutschen Steuerzahler angemessen zu befragen und in seiner Mehrheit bei dieser Entwicklung mitzunehmen. Ein Vorteil ist vielleicht, dass die Bundestagswahl bis zum Ende dieses Zeitraumes stattfinden wird.
Eine Anleihendynamik zum Schaden der deutschen Steuerzahler ohne jeden Fortschritt in der europäischen Einigung: Nur gegen meinen ausdrücklichen Rat und Willen. Ja, der Termin für die Bundestagswahlen liegt dazu sehr günstig. Da hat der Steuerzahler und Wähler das Wort.
Troh.Klaus
Beiträge: 6274
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Troh.Klaus »

H2O hat geschrieben:(16 May 2020, 15:18)
Deutschland könnte derzeit aus einer Position wirtschaftlicher Stärke heraus, fast schon aus seiner Übermacht heraus, dafür sorgen, daß den Sorgenkindern Steine vom Hals fallen und sie sich ganz willig an einer europäischen zentralen Wirtschaftsregierung beteiligen. Auf deutscher Seite ist aber Wagemut nicht angesagt. Und so könnte es in der Tat zu einer europäischen Pleite kommen und zu Verwerfungen in der EU, also zum Gegenteil dessen, was die Europäer im ersten Überschwang angekündigt hatten.
Das meinst Du jetzt nicht ernst. Selbstverständlich wird man deutsche Geschenke gerne annehmen, aber sich doch gleichzeitig heftig dagegen wehren, dass Deutschland Einfluss auf die nationale Wirtschaftspolitik der Empfängerländer nimmt. Was glaubst Du, wie da die Hitlerschnauzer in den Gazetten spriessen würden.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Troh.Klaus hat geschrieben:(17 May 2020, 15:33)

Das meinst Du jetzt nicht ernst. Selbstverständlich wird man deutsche Geschenke gerne annehmen, aber sich doch gleichzeitig heftig dagegen wehren, dass Deutschland Einfluss auf die nationale Wirtschaftspolitik der Empfängerländer nimmt. Was glaubst Du, wie da die Hitlerschnauzer in den Gazetten spriessen würden.
Das ist doch ziemlich Wurst. Die Hitlerbärtchen sprießen immer, wenn man von Deutschen etwas abpressen will, was sie nicht voreilend freiwillig machen. Wir können unser Steuergeld auch ohne fremde Hilfe verbrauchen. Da würde ich schon erwarten, daß die Mitbestimmung über unser Steuergeld auch eine Mitbestimmung über seine Verwendung nach sich zieht. Das eine sollte ohne das andere nicht zu haben sein. Ich (hoffentlich: wir) will mehr europäische Gemeinsamkeit; das ist die Aufgabe von Hoheitsrechten wert... und war so ja auch in etlichen Bereichen... und nun eben etwas mehr davon. Wenn das kein gemeinsames Ziel mehr sein sollte, dann sollte man die Veranstaltung beenden.
Troh.Klaus
Beiträge: 6274
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Troh.Klaus »

H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 15:54)
Das ist doch ziemlich Wurst. Die Hitlerbärtchen sprießen immer, wenn man von Deutschen etwas abpressen will, was sie nicht voreilend freiwillig machen. Wir können unser Steuergeld auch ohne fremde Hilfe verbrauchen. Da würde ich schon erwarten, daß die Mitbestimmung über unser Steuergeld auch eine Mitbestimmung über seine Verwendung nach sich zieht. Das eine sollte ohne das andere nicht zu haben sein. Ich (hoffentlich: wir) will mehr europäische Gemeinsamkeit; das ist die Aufgabe von Hoheitsrechten wert... und war so ja auch in etlichen Bereichen... und nun eben etwas mehr davon. Wenn das kein gemeinsames Ziel mehr sein sollte, dann sollte man die Veranstaltung beenden.
Da bin ich voll bei Dir. Aber was sind denn z.B. die geforderten Euro-Bonds anderes als die Vergemeinschaftung von Schulden ohne Vergemeinschaftung der Mitbestimmung über die Verwendung. Das ist - leider - das bevorzugte Gemeinschaftsmodell.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Troh.Klaus hat geschrieben:(17 May 2020, 15:58)

Da bin ich voll bei Dir. Aber was sind denn z.B. die geforderten Euro-Bonds anderes als die Vergemeinschaftung von Schulden ohne Vergemeinschaftung der Mitbestimmung über die Verwendung. Das ist - leider - das bevorzugte Gemeinschaftsmodell.
Stimmt; wie so viele Dinge ein Kompromiß, um des lieben Friedens willen. Aber nun wird dieser Rahmen sehr deutlich überdehnt, und damit sollte die deutsche Seite etwas für die Gemeinschaft heraus holen. Für uns Deutsche (aber auch den Rest der Menschen in EU-Europa) hängt unser künftiges Wohl und Wehe von Fortschritten in der europäischen Einigung ab. Europa muß sich selbst in dieser sich neu formierenden Welt behaupten können. Da müssen wir jede Möglichkeit nutzen, dem Ziel der europäischen Einigung näher zu kommen. Eine Veranstaltung der Mißvergnügten kann doch im Ernst kein Ziel sein! Am Ende gehen dann alle Beteiligten verdrossen nach Hause!
Benutzeravatar
oga
Beiträge: 1072
Registriert: Di 13. Jun 2017, 13:09

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von oga »

Atalanttore hat geschrieben:(16 May 2020, 13:28)

Von Crashpropheten wird regelmäßig behauptet und mehr oder weniger nachvollziehbar begründet, warum eine gemeinsame Währung in der EU nicht funktionieren kann. Demgegenüber gibt es Länder, die größer sind und/oder mehr Einwohner haben als die EU (VR China, USA), und mit einer Währung im ganzen Land wirtschaftlich sehr erfolgreich sind.

Mit Prophezeiungen zum Ausstieg Griechenlands aus dem Euro oder dem EU-Austritt südeuropäischer EU-Länder infolge der Finanzkrise 2007 und daran anschließender Eurokrise haben sich einige Crashpropheten bereits mindestens einmal geirrt.

Ist der Euro tatsächlich eine Fehlgeburt oder nur ein weiteres Hassobjekt von Nationalisten?
Mal eine simple Frage. Wie soll ich mir eine "crash" des Euros vorstellen? Ist das eine Hyperinflation, werden dann die Wände mit 100€ Scheinen tapeziert, oder was? :?:
I guess I should warn you, if I turn out to be particularly clear, you've probably misunderstood what I've said.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 15:54)

Das ist doch ziemlich Wurst. Die Hitlerbärtchen sprießen immer, wenn man von Deutschen etwas abpressen will, was sie nicht voreilend freiwillig machen. Wir können unser Steuergeld auch ohne fremde Hilfe verbrauchen. Da würde ich schon erwarten, daß die Mitbestimmung über unser Steuergeld auch eine Mitbestimmung über seine Verwendung nach sich zieht. Das eine sollte ohne das andere nicht zu haben sein. Ich (hoffentlich: wir) will mehr europäische Gemeinsamkeit; das ist die Aufgabe von Hoheitsrechten wert... und war so ja auch in etlichen Bereichen... und nun eben etwas mehr davon. Wenn das kein gemeinsames Ziel mehr sein sollte, dann sollte man die Veranstaltung beenden.
Ich empfehle Ihnen mal einen Blick auf das aktuellste (Herbst 2019) Eurobarometer (regelmäßige Umfrage der EU-Kommission) zu werfen. Welche der 27 EU-Staaten haben das geringste Vertrauen in die EU? Es sind Italien, Griechenland und Frankreich. Und welche der 19 Euroländer zeigen die größte Abneigung gegen die Währung Euro? Es sind Frankreich, Österreich, Griechenland und Italien. Und mit denen wollen sie einen Deal machen der die EU weiterbringt und den Euro stärkt? Italien ist noch nicht einmal bereit einen ESM-Milliardenkredit mit einem Zinssatz von 0,1% anzunehmen. Einzige Bedingung, das Geld soll für die Stärkung des Gesundheitssystems verwendet werden. Die Regierungspartei M5S ist im Kampf gegen die "Zwangsunion" EU, die Empfänger ihrer Hilfe zu Reformen zwingt, erst groß geworden. Die anstehenden Milliarden-Hilfsgelder (man erwartet Zuschüsse keine Kredite) nehmen die nur ohne jegliche Bedingung an. Ich hoffe der Zerfall des Euro erfolgt so rasch wie möglich. Evtl schließen sich anschließend ein paar Staaten zu einer Währungsunion zusammen die auch zusammenpassen. Aber beim nächsten Mal ohne desaströse Geburtsfehler. Wahrscheinlich wird aber der massive Vermögensverlust der mit der Auflösung des Euros einhergeht eine weitere Währungsunion mehrere Generationen lang unmöglich machen.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(17 May 2020, 21:13)

Ich empfehle Ihnen mal einen Blick auf das aktuellste (Herbst 2019) Eurobarometer (regelmäßige Umfrage der EU-Kommission) zu werfen. Welche der 27 EU-Staaten haben das geringste Vertrauen in die EU? Es sind Italien, Griechenland und Frankreich. Und welche der 19 Euroländer zeigen die größte Abneigung gegen die Währung Euro? Es sind Frankreich, Österreich, Griechenland und Italien. Und mit denen wollen sie einen Deal machen der die EU weiterbringt und den Euro stärkt? Italien ist noch nicht einmal bereit einen ESM-Milliardenkredit mit einem Zinssatz von 0,1% anzunehmen. Einzige Bedingung, das Geld soll für die Stärkung des Gesundheitssystems verwendet werden. Die Regierungspartei M5S ist im Kampf gegen die "Zwangsunion" EU, die Empfänger ihrer Hilfe zu Reformen zwingt, erst groß geworden. Die anstehenden Milliarden-Hilfsgelder (man erwartet Zuschüsse keine Kredite) nehmen die nur ohne jegliche Bedingung an. Ich hoffe der Zerfall des Euro erfolgt so rasch wie möglich. Evtl schließen sich anschließend ein paar Staaten zu einer Währungsunion zusammen die auch zusammenpassen. Aber beim nächsten Mal ohne desaströse Geburtsfehler. Wahrscheinlich wird aber der massive Vermögensverlust der mit der Auflösung des Euros einhergeht eine weitere Währungsunion mehrere Generationen lang unmöglich machen.
Jetzt werden Sie Schwierigkeiten bekommen, im Farbengeschäft ein dunkleres Schwarz zu finden als das, mit dem Sie hier die EU und den Euro ausmalen. :)

Ich bin weiterhin dafür, die EU zu vertiefen und jene, die davon gar nichts halten, eben ziehen zu lassen. Mir ist auch Wurst, was das Stimmungsbarometer hier oder da anzeigt. Wir sind von Demokratien umzingelt, geschrieben und gesprochen wurde reichlich über diese Probleme, und da sollten die Menschen und ihre verantwortlichen Regierungen inzwischen wissen, wofür sie sich entscheiden. Das ist dann zu respektieren und der deutsche Kurs entsprechend zu ändern.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Adam Smith »

H2O hat geschrieben:(18 May 2020, 07:07)

Jetzt werden Sie Schwierigkeiten bekommen, im Farbengeschäft ein dunkleres Schwarz zu finden als das, mit dem Sie hier die EU und den Euro ausmalen. :)

Ich bin weiterhin dafür, die EU zu vertiefen und jene, die davon gar nichts halten, eben ziehen zu lassen. Mir ist auch Wurst, was das Stimmungsbarometer hier oder da anzeigt. Wir sind von Demokratien umzingelt, geschrieben und gesprochen wurde reichlich über diese Probleme, und da sollten die Menschen und ihre verantwortlichen Regierungen inzwischen wissen, wofür sie sich entscheiden. Das ist dann zu respektieren und der deutsche Kurs entsprechend zu ändern.
Das Problem beim Euro ist, dass es hier zwei unterschiedliche Ansichten gibt. Die deutsche und holländische Meinung, dass der Staat sich nicht übermäßig verschulden soll und dass wir eine weitere Vertiefung brauchen.

Dann die italienische Ansicht, dass der Staat sich unbedingt immer verschulden muss. Gleichzeitig ist Italien aber der Ansicht, dass die Schulden schon viel zu hoch sind und dass Italien nichts für die hohen Schulden kann. Es würde am Wirtschaftswachstum liegen und nicht daran, dass Italien permanent seine Schulden erhöhen möchte. Auch hat Italien Angst, dass es passieren könnte, dass es mal die Austerität gibt, weil Schulden an Bedingungen geknüpft werden könnten.

Aus dem Grund würde ich zwei unterschiedliche europäische Währungen empfehlen. Entsprechend den unterschiedlichen Ansichten.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(18 May 2020, 07:52)

Das Problem beim Euro ist, dass es hier zwei unterschiedliche Ansichten gibt. Die deutsche und holländische Meinung, dass der Staat sich nicht übermäßig verschulden soll und dass wir eine weitere Vertiefung brauchen.

Dann die italienische Ansicht, dass der Staat sich unbedingt immer verschulden muss. Gleichzeitig ist Italien aber der Ansicht, dass die Schulden schon viel zu hoch sind und dass Italien nichts für die hohen Schulden kann. Es würde am Wirtschaftswachstum liegen und nicht daran, dass Italien permanent seine Schulden erhöhen möchte. Auch hat Italien Angst, dass es passieren könnte, dass es mal die Austerität gibt, weil Schulden an Bedingungen geknüpft werden könnten.

Aus dem Grund würde ich zwei unterschiedliche europäische Währungen empfehlen. Entsprechend den unterschiedlichsten Ansichten.
Na klar, und dann stellen ausnahmslos alle den Antrag, der soliden Gemeinschaft angehören zu wollen, weil in der Schuldengemeinschaft die Zinsen so furchtbar hoch sind. Aber wenn diese Länder daran Freude haben, sich gegenseitig finanzpolitisch herein zu legen... nur zu. Die Stimmungslage in den Ländern (siehe Orbiters Beitrag) ist günstig, sich von diesen wirtschafts- und finanzpolitisch gefährlichen Freunden zu lösen.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(18 May 2020, 07:07)

Jetzt werden Sie Schwierigkeiten bekommen, im Farbengeschäft ein dunkleres Schwarz zu finden als das, mit dem Sie hier die EU und den Euro ausmalen. :)
Das ist bisher noch nicht einmal dunkelgrau. ;)
Ich bin weiterhin dafür, die EU zu vertiefen und jene, die davon gar nichts halten, eben ziehen zu lassen.
Die aktuelle deutsche Bundesregierung gehört ganz sicher nicht zu jenen Regierungen die eine Vertiefung anstreben. Vielleicht ein paar Leute von der SPD aber von der Union denkt niemand ernsthaft an eine Vertiefung auf EU-Ebene. Mehr als eine Harmonisierung von Gesetzen mit Frankreich, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ist da nicht drin.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(18 May 2020, 08:05)

Das ist bisher noch nicht einmal dunkelgrau. ;)
Die aktuelle deutsche Bundesregierung gehört ganz sicher nicht zu jenen Regierungen die eine Vertiefung anstreben. Vielleicht ein paar Leute von der SPD aber von der Union denkt niemand ernsthaft an eine Vertiefung auf EU-Ebene. Mehr als eine Harmonisierung von Gesetzen mit Frankreich, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ist da nicht drin.
Das ist doch völlig klar; man will weiter wursteln. Allerdings vermute ich, daß Italien tatsächlich den Austritt aus dem Euro sehr ernsthaft betrachtet, bis es, so wie Griechenland seinerzeit, in einen tief schwarz gähnenden Abgrund blickt. Die Harmonisierung mit Frankreich hätte man schon angehen sollen, als Präsident Macron noch voller Schwung darauf hin arbeitete. Aber besser spät als nie! Ein Trippelschritt zu stärkerer Gemeinsamkeit ist besser als gar keiner.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Adam Smith »

H2O hat geschrieben:(18 May 2020, 08:27)

Das ist doch völlig klar; man will weiter wursteln. Allerdings vermute ich, daß Italien tatsächlich den Austritt aus dem Euro sehr ernsthaft betrachtet, bis es, so wie Griechenland seinerzeit, in einen tief schwarz gähnenden Abgrund blickt. Die Harmonisierung mit Frankreich hätte man schon angehen sollen, als Präsident Macron noch voller Schwung darauf hin arbeitete. Aber besser spät als nie! Ein Trippelschritt zu stärkerer Gemeinsamkeit ist besser als gar keiner.
Italien sollte unbedingt den Euro verlassen. Dann hat Italien wieder eine eigene Währung und meckert nicht mehr über die Deutschen. Wobei Deutschland bereit ist für Italien zu leiden.

https://amp2-handelsblatt-com.cdn.amppr ... 20%251%24s
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(18 May 2020, 08:52)

Italien sollte unbedingt den Euro verlassen. Dann hat Italien wieder eine eigene Währung und meckert nicht mehr über die Deutschen. Wobei Deutschland bereit ist für Italien zu leiden.

https://amp2-handelsblatt-com.cdn.amppr ... 20%251%24s
Italien ist eine Demokratie; wenn die Italiener meinen, sich aus dem Euro oder gleich noch der EU abseilen zu sollen, dann sollten wir dies mit Bedauern hinnehmen. Das Codewort Uscitalia ist eine geniale Schöpfung: Uscità heißt auf deutsch "Ausgang".

Tatsächlich haben im Herbst 2019 nur 55% der Italiener gemeint, daß sie sich als Unionsbürger empfinden... knapp gefolgt von den Briten mit 53%. Nur die Griechen sind noch schlechter gelaunt, wenn sie an die EU denken: 51%.

Ich weiß wirklich nicht, warum Deutschland sich für diese Partner so ins Zeug legen sollte. Da stimmt doch etwas hinten und vorne nicht.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(18 May 2020, 09:24)

Italien ist eine Demokratie; wenn die Italiener meinen, sich aus dem Euro oder gleich noch der EU abseilen zu sollen, dann sollten wir dies mit Bedauern hinnehmen. Das Codewort Uscitalia ist eine geniale Schöpfung: Uscità heißt auf deutsch "Ausgang".

Tatsächlich haben im Herbst 2019 nur 55% der Italiener gemeint, daß sie sich als Unionsbürger empfinden... knapp gefolgt von den Briten mit 53%. Nur die Griechen sind noch schlechter gelaunt, wenn sie an die EU denken: 51%.

Ich weiß wirklich nicht, warum Deutschland sich für diese Partner so ins Zeug legen sollte. Da stimmt doch etwas hinten und vorne nicht.
Was tut Deutschland schon gross?
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn man das Eurosystem - also die EZB zusammen mit allen Nationalbanken der Staaten, die den Euro eingeführt haben - mal mit den Programmiersprachparadigmen vergleicht ... so liegen wir hier wohl etwa auf dem Stand "strukturierte Programmierung". 70er Jahre. Modern, zeitgemäß ist das jedenfalls nicht. Dazu müssten man in irgendeiner Art und Weise a) mehr oder weniger autark interagierende Einheiten (Objekte) haben und b) eine eher zielbeschreibende als ausführungsvorschreibende Beschreibungssprache.

Die Frage einer sinnvollen Austarierung von "Global" und "Lokal" ist aber inzwischen politisch und kulturell so stark überformt und aufgeladen, dass sich darüber kaum noch sinnvoll diskutieren lässt. Der Begriff "Subsidiarität" zum Beispiel ist leider aus dem politischen Vokubular weitgehend verschwunden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Huch, lieber Schokoschendrezki, ist das wirklich so, daß man heute "unstrukturiert" denkt, arbeitet, programmiert? Auch damals hat man sich doch schon bemüht, möglichst vielseitige Unterprogramme zu erkennen, die man auf im Grunde sehr ähnliche Datenfelder und Abläufe anwenden konnte. Irgendwann nannte das Herr Niklas Wirth "objekt-orientiert". Welchen Zug habe ich denn verpaßt... denn natürlich durfte ich irgendwann nicht mehr selbst diese Projekte bearbeiten.

Und was genau gefällt Ihnen eben nicht am Euro... wo müßte er Ihren Vorstellungen zufolge aufgemöbelt werden? Nach meinem Dafürhalten braucht der Euro eine äußerlich gleichgerichtete Gemeinschaft. Besäße er die, dann wäre er eine Finanzkonstruktion wie viele andere Leitwährungen auch. So haftet ihm immer noch die Möglichkeit des Scheiterns aus Mangel an Gemeinsamkeit der Staaten an, die ihr Marktgeschehen mit dem Euro vereinfacht haben.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von imp »

Heute hast du zwei meist Paradigmen, die objektorientierten und die funktionalen. In vielen Sprachen kannst du mehr oder minder gut beiden Ansätzen folgen.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Atue001 »

Der Euro ist eine Fehlgeburt - was zu Zeiten der Geburt auch schon so geäußert wurde. Und er ist ein Erfolgsmodell - weil er schlicht und einfach das erfüllt, was man ihm mitgegeben hat. Der Euro kann nicht nur in den Eurostaaten als Währung genutzt werden, und er hat eine hohe Stabilität und geringe Anfälligkeit gegen Spekulationen. Er erfüllt seine Aufgabe als Währung ziemlich gut - trotz der widrigen Umstände und Rahmenbedingungen, die man ihm bei seiner Entstehung mitgegeben hat.

Unterm Strich ist der EURO eine politische Währung - solange sie politisch gewollt ist, wird es den Euro geben.

Im Grunde genommen hat auch nicht der EURO ein Problem - sondern Probleme haben wir mit fehlender Einigkeit der Euroländer in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und allem was daran hängt. Der Euro zwingt faktisch die Regierungen zu mehr Zusammenarbeit - das wollen die nicht immer, ist aber für Europa nicht gerade schlecht!
Faktisch wirkt der Euro dahin, dass die Politikfelder in der Eurogruppe besser abgestimmt werden. Wenn dies weiterhin gilt, ist und bleibt der Euro eine Erfolgsgeschichte ohne Gleichen!


Trotz aller Kritik - und längst ist nicht alle Kritik unberechtigt.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

Atue001 hat geschrieben:(22 Jun 2020, 00:27)

Faktisch wirkt der Euro dahin, dass die Politikfelder in der Eurogruppe besser abgestimmt werden. Wenn dies weiterhin gilt, ist und bleibt der Euro eine Erfolgsgeschichte ohne Gleichen!
Lassen sie uns an ihrem Wissen teilhaben. Welche Politikfelder wurden in der Eurogruppe abgestimmt?
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Atue001 »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 Jun 2020, 09:16)

Lassen sie uns an ihrem Wissen teilhaben. Welche Politikfelder wurden in der Eurogruppe abgestimmt?
Unter anderem:
Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend
Außen- und Sicherheitspolitik
Beschäftigung und Sozialpolitik
Binnenmarkt
Energie
Entwicklung und Zusammenarbeit
Forschung und Innovation
Gesundheit
Handel
Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz
Recht und Grundrechte
Kultur
Landwirtschaft
Lebensmittelsicherheit
Menschenrechte und Demokratie
Regionalpolitik
Steuerwesen
Umwelt
Unternehmen und Industrie
Verkehr
Wettbewerb
Zoll

Die Abstimmung zu diesen Politkfeldern erfolgt in der EU - die Eurogruppe wird dann speziell wirksam, wenn es in diesen und weiteren Themen speziell um finanztechnische Fragestellungen geht. Also beispielsweise bei allen Fragestellungen rund um die Finanzkrise von 2008/2009. Die Eurogruppenländer stimmen sich dann intensiver ab, und geben ihre Impulse mit in die übergreifende Diskussion in der EU.

Entsprechende Hintergrundinformationen findet man mit wenigen Klicks beispielsweise auch bei google oder direkt bei den Portalen der EU. Wer also was finden WILL, der findet da auch was, ist nicht so arg schwer.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

Atue001 hat geschrieben:(22 Jun 2020, 23:34)

Unter anderem:
Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend
Außen- und Sicherheitspolitik
Beschäftigung und Sozialpolitik
Binnenmarkt
Energie
Entwicklung und Zusammenarbeit
Forschung und Innovation
Gesundheit
Handel
Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz
Recht und Grundrechte
Kultur
Landwirtschaft
Lebensmittelsicherheit
Menschenrechte und Demokratie
Regionalpolitik
Steuerwesen
Umwelt
Unternehmen und Industrie
Verkehr
Wettbewerb
Zoll

Die Abstimmung zu diesen Politkfeldern erfolgt in der EU
Warum listen sie dann diese Punkte auf wenn deren Abstimmung in der EU erfolgt? Sie wollten doch über die Politikfelder informieren über die sich die Eurogruppe abstimmt, nicht die EU.
- die Eurogruppe wird dann speziell wirksam, wenn es in diesen und weiteren Themen speziell um finanztechnische Fragestellungen geht. Also beispielsweise bei allen Fragestellungen rund um die Finanzkrise von 2008/2009. Die Eurogruppenländer stimmen sich dann intensiver ab, und geben ihre Impulse mit in die übergreifende Diskussion in der EU.

Entsprechende Hintergrundinformationen findet man mit wenigen Klicks beispielsweise auch bei google oder direkt bei den Portalen der EU. Wer also was finden WILL, der findet da auch was, ist nicht so arg schwer.
Dann schauen sie doch einfach selbst einmal dort nach. Da steht als wichtigste Aufgabe der Eurogruppe "eine enge Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu gewährleisten". Ist es das was sie unter einer besseren Abstimmung von Politikfeldern verstehen? Falls ja, hat die Eurogruppe offenbar total versagt. Von einer koordinierten Wirtschaftspolitik der Eurozone kann nun wirklich nicht gesprochen werden. Ansonsten dürfte es die immer extremeren Überschüsse bzw Defizite (in allen möglichen Bereichen) unter den Eurozonen-Mitgliedern gar nicht geben.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 Jun 2020, 08:45)

Warum listen sie dann diese Punkte auf wenn deren Abstimmung in der EU erfolgt? Sie wollten doch über die Politikfelder informieren über die sich die Eurogruppe abstimmt, nicht die EU. Dann schauen sie doch einfach selbst einmal dort nach. Da steht als wichtigste Aufgabe der Eurogruppe "eine enge Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu gewährleisten". Ist es das was sie unter einer besseren Abstimmung von Politikfeldern verstehen? Falls ja, hat die Eurogruppe offenbar total versagt. Von einer koordinierten Wirtschaftspolitik der Eurozone kann nun wirklich nicht gesprochen werden. Ansonsten dürfte es die immer extremeren Überschüsse bzw Defizite (in allen möglichen Bereichen) unter den Eurozonen-Mitgliedern gar nicht geben.
Setzen Sie sich diese Brille einmal auf, wenn Sie die Bundesrepublik Deutschland wirtschaftspolitisch bewerten. Mein Eindruck: So besonders homogen ist auch die Bundesrepublik nicht entwickelt, und dazu müssen wir noch nicht einmal die Ostländer betrachten, die Mühe haben, zu den Wohlstandsregionen auf zu schließen.

Sie erwarten etwas von der EU, was unser Land mit viel Länderfinanzausgleich selbst nicht auf die Reihe bringt. Nun fehlt mir nur noch der Hinweis, daß in den abgehängten deutschen Regionen nur unbegabte Faulenzer zu Hause sind.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 Jun 2020, 08:35)

Setzen Sie sich diese Brille einmal auf, wenn Sie die Bundesrepublik Deutschland wirtschaftspolitisch bewerten. Mein Eindruck: So besonders homogen ist auch die Bundesrepublik nicht entwickelt, und dazu müssen wir noch nicht einmal die Ostländer betrachten, die Mühe haben, zu den Wohlstandsregionen auf zu schließen.
Ist ihnen denn der Unterschied beim Bruttoinlandsprodukt 2019 pro Einwohner zwischen dem prosperierenden Bayern (48.323 €) und dem armen Bremen (49.215 €) zu groß?
Sie erwarten etwas von der EU, was unser Land mit viel Länderfinanzausgleich selbst nicht auf die Reihe bringt. Nun fehlt mir nur noch der Hinweis, daß in den abgehängten deutschen Regionen nur unbegabte Faulenzer zu Hause sind.
Sie wollen doch jetzt nicht ernsthaft den Länderfinanzausgleich innerhalb Deutschlands (geringere wirtschaftliche Unterschiede, ähnliche Mentalität, identische Gesetzgebung) mit einer Umverteilung innerhalb der Eurozone (gigantische wirtschaftliche Unterschiede, vollkommen andere Mentalitäten, extrem heterogene Gesetzgebung insbesondere im Bereich Steuer- und Sozialrecht) vergleichen? Fragen sie sich lieber was der Grund dafür ist wieso Fässer ohne Boden, wie z. B. Süditalien, Fässer ohne Boden bleiben und es Null Fortschritt gibt obwohl dort in den letzten 70 Jahren schon gigantische Summen hintransferiert wurden.

Für das Überleben des Euro gibt es nur 2 Wege dies nachhaltig zu erreichen. Der eine Weg läuft über die Harmonisierung von Fiskal-, Sozial- und Wirtschaftspolitik die in einigen Ländern mit tiefgreifenden Reformen verbunden ist und zu einer ähnlichen Wettbewerbsfähigkeit führt. Der andere Weg läuft über eine Transferunion. Der Süden hat sich für die Transferunion entschieden. Die EU und die EZB spielen dabei mit. Ich bin nicht bereit das zu akzeptieren, dann lieber unter großen Schmerzen den Euro wieder abschaffen. So schlecht waren die Zeiten mit der DM auch nicht.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Eine Transferunion muß nicht notwendig etwas Schlechtes sein; sie kann auch der Ansatzpunkt für besseres Wirtschaften und solidere Ausgabenpolitik sein. Es kommt also sehr darauf an, wie die EU mit der ihr verliehenen Finanzmacht umgehen wird. Der Euro ist das Schmiermittel, mit dem die EU-Wirtschaft ihren Erfolg sichert... wie auch die offenen Grenzen erst den gemeinsamen Wirtschaftsraum ermöglichen.
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 Jun 2020, 23:41)

Eine Transferunion muß nicht notwendig etwas Schlechtes sein; sie kann auch der Ansatzpunkt für besseres Wirtschaften und solidere Ausgabenpolitik sein.
Da kann ich ihrem Gedankengang nicht folgen. Schreiben sie doch bitte ein paar Zeilen dazu.
Der Euro ist das Schmiermittel, mit dem die EU-Wirtschaft ihren Erfolg sichert...
Das ist definitiv nicht der Fall. Zum einen ist es so dass die EU-Länder die nicht im Euro sind über Jahre hinweg die besseren Wachstumsraten aufweisen als die Eurozonenländer gesamt. Zum anderen führte der Euro zu massiven Konflikten und Verwerfungen innerhalb der Eurostaaten. Aufgrund seines Geburtsfehlers (Beginn mit dem letzten Schritt einer gemeinsamen Währung statt vorher die Voraussetzungen dafür zu schaffen) gibt es Profiteure und Verlierer. Es gab diverse Rettungsaktionen die mit massiven Auflagen und einem Souveränitätsverlust der betroffenen Staaten verbunden waren. Die EZB ergreift Maßnahmen die am Rande oder schon jenseits ihres Mandats liegen und deren langfristige Auswirkungen unkalkulierbar werden um die Existenz des Euro aufrecht zu erhalten. Für die Wirtschaft Deutschlands ist der Euro ein Schmiermittel (kurzfristig betrachtet) für andere ein Desaster.
wie auch die offenen Grenzen erst den gemeinsamen Wirtschaftsraum ermöglichen.
Der gemeinsame Binnenmarkt ist der zentrale wirtschaftliche Vorteil der EU. Der ist aber auch ohne Euro und seinem Konfliktpotential möglich.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 Jun 2020, 08:12)

Da kann ich ihrem Gedankengang nicht folgen. Schreiben sie doch bitte ein paar Zeilen dazu. Das ist definitiv nicht der Fall.
Nun ja, ich habe ja verstanden, daß Sie ziemlich grundsätzlich an der Gemeinschaft herumnörgeln. Dennoch bringt die Transferunion alle Mitglieder in gegenseitige Abhängigkeit und damit zu mehr gemeinsamen Regelungen... genau das also, was der EU zu ihrem Glück immer noch fehlt. Dazu ist natürlich ein langer Atem erforderlich, in Jahrzehnten gedacht.
Zum einen ist es so dass die EU-Länder die nicht im Euro sind über Jahre hinweg die besseren Wachstumsraten aufweisen als die Eurozonenländer gesamt. Zum anderen führte der Euro zu massiven Konflikten und Verwerfungen innerhalb der Eurostaaten. Aufgrund seines Geburtsfehlers (Beginn mit dem letzten Schritt einer gemeinsamen Währung statt vorher die Voraussetzungen dafür zu schaffen) gibt es Profiteure und Verlierer. Es gab diverse Rettungsaktionen die mit massiven Auflagen und einem Souveränitätsverlust der betroffenen Staaten verbunden waren.
Gut beobachtet... :) Und genau diese gegenseitige Abhängigkeit schweißt auf Dauer die EU zusammen. Ich erkenne es als ein Glück, daß die EU-Partner mit noch immer nationaler Währung gute Wirtschaftsdaten erzielen. So reifen sie allmählich an die vertraglich bindenden Beitrittsdaten zum Euro heran. Bis auf Dänemark ist das nämlich vertraglich festgelegt. Und die Dänen sind sehr sorgfältig auf die eiserne Kopplung an den Euro bedacht.
Die EZB ergreift Maßnahmen die am Rande oder schon jenseits ihres Mandats liegen und deren langfristige Auswirkungen unkalkulierbar werden um die Existenz des Euro aufrecht zu erhalten. Für die Wirtschaft Deutschlands ist der Euro ein Schmiermittel (kurzfristig betrachtet) für andere ein Desaster.
Das sehe ich überhaupt nicht so; im Gegenteil wird die Zusammenarbeit und die Vertragsgestaltung mit Euro-Partnern höchst einfach und zuverlässig. Ohne diese Stabilität wären so manche Verträge gar nicht zu schließen. Dann käme die Rückkehr zum Handel mit Rohstoffen und Materialien, mit Maklern, die diesen Handel dann nutzen.
Der gemeinsame Binnenmarkt ist der zentrale wirtschaftliche Vorteil der EU. Der ist aber auch ohne Euro und seinem Konfliktpotential möglich.
Das ist handelspolitischer Unfug. Es gibt keinen gemeinsamen Markt mit schwimmenden Wechselkursen. Da ist mir die EU mit der EZB angenehmer als ein Heer von Währungspekulanten und Handelsmaklern. Natürlich müssen im Laufe der Zeit soziale Unterschiede in der EU ausgeglichen werden, indem wir nach gleichen Regeln in den Wettbewerb hinein gehen. Wenn sich da gar nichts rühren sollte, dann erfüllt die EU ihre Hauptaufgabe nicht: Aus Europa einen Kontinent des Wohlstands und Friedens zu entwickeln. Ich sehe die EU aber auf ganz guten Wege dahin.
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 27149
Registriert: Do 12. Apr 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Skull »

H2O hat geschrieben:(25 Jun 2020, 10:19)

Und genau diese gegenseitige Abhängigkeit schweißt auf Dauer die EU zusammen.
Dem möchte ich widersprechen.

Das Gegenteil sehen wir im letzten Jahrzehnt. Nicht das ich das toll finde. Eher das Gegenteil.

Im letzten Jahrzehnt ist nichts ist zusammengeschweisst.
Stärkere nationale Strömungen. Verschiedene Blöcke (Ost, Süd und Mitte) und Gräben haben sich aufgetan.
Egoismus, verminderte Solidarität und weniger Verständnis für die „anderen“.
GB hat die EU verlassen.

DAS ist der Zustand der EU im Jahr 2020. Und trifft auch die EURO-Problematik.

Man kann hoffen, aber man sollte nicht die Augen zu vergangenen Entwicklungen verschliessen.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Skull hat geschrieben:(25 Jun 2020, 10:44)

Dem möchte ich widersprechen.

Das Gegenteil sehen wir im letzten Jahrzehnt. Nicht das ich das toll finde. Eher das Gegenteil.

Im letzten Jahrzehnt ist nichts ist zusammengeschweisst.
Stärkere nationale Strömungen. Verschiedene Blöcke (Ost, Süd und Mitte) und Gräben haben sich aufgetan.
Egoismus, verminderte Solidarität und weniger Verständnis für die „anderen“.
GB hat die EU verlassen.

DAS ist der Zustand der EU im Jahr 2020. Und trifft auch die EURO-Problematik.

Man kann hoffen, aber man sollte nicht die Augen zu vergangenen Entwicklungen verschliessen.

mfg
Das "letzte Jahrzehnt" war und ist geprägt von Erweiterungsschritten der EU. Deren Folgen müssen wir mit Geduld ertragen. Das sind sehr ähnliche Folgen wie die der Wiedervereinigung. Den "Neuen" fehlt gemeinsame Geschichtserfahrung der EG, EWU, EU. Nur ist "unser Osten" stärker von den westlichen Leistungen abhängig. Und wir sind vom Osten abhängig.... wie schnell waren die Staatsgrenzen doch wieder geöffnet für Lastwagen und Fahrer, für "Pendler" und andere wirtschaftliche Fragen von gemeinsamem Interesse. Unsere Spargelfreunde hätten wohl lange Gesichter gemacht... und die Freunde der Grillwurst ebenfalls. Das ist aber nur Teil einer "Lieferkette", die uns alle sehr eng bindet. Ich sehe eine sehr enge Verflechtung unserer Wirtschaften zwischen Kreta und Estland. Man muß nur bei Netto und Lidl in die Regale blicken und den Fuhrpark "Made in Germany" in Polen betrachten. Griechische, italienische, spanische Wochen, und die Polen genießen das.

Ja klar gibt es jede Menge Verdruß! Man ist dann eben uneinig und rauft sich wieder zusammen... weil es sonst einen bösen Einbruch unserer gemeinsamen Wirtschaften gibt. Also nicht Blabla und hehre Ziele halten uns zusammen, sondern das tägliche Brot und der Käse und die Wurst dazu. ;) Eine bessere Grundlage für eine gemeinsame Zukunft kann ich mir nicht vorstellen. Und diese Abhängigkeiten wachsen immer weiter.
Benutzeravatar
Kloß mit Soß
Beiträge: 251
Registriert: Sa 13. Jun 2020, 18:44

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Der Fetakäse im Aldi-Kühlregal als Botschafter von Frieden und Zusammenhalt, ich find das gut. :D
KOH 12:5
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 73765
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Tom Bombadil »

Der Euro war sehr erfolgreich, bis Politiker in D und F angefangen haben, auf die Maastrichtkriterien zu scheißen, ab da ging es nur noch bergab.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(25 Jun 2020, 12:43)

Der Fetakäse im Aldi-Kühlregal als Botschafter von Frieden und Zusammenhalt, ich find das gut. :D
Ja, das mag bei Ihnen so sein; immerhin doch sehr lustig! Hier gibt es gefüllte Weinblätter, Klopse aus Auberginen, Anchovis, Halva, Wassermelonen, Galia-Melonen, Nemea Wein (rot), Retsina... der große Exporteur heißt Eridanous. Und die Leute hier freuen sich über griechische, italienische, spanische, französische Wochen. Die sind auch noch nicht so verwöhnt wie ihre westlichen Nachbarn.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(25 Jun 2020, 12:51)

Der Euro war sehr erfolgreich, bis Politiker in D und F angefangen haben, auf die Maastrichtkriterien zu scheißen, ab da ging es nur noch bergab.
Als Gemeinschaftswährung gibt es den Euro aber erst seit 2002 in Form von Bargeld. Als europäische Währungsschlange war er ab 1995 im Umlauf. Die Regierung Schröder riß 2002 die 3%-Hürde der Neuverschuldung. Seit 2005 haben wir eine GroKo mit Kanzlerin Merkel... und der schwarzen Null als Ziel. Wenn Sie Ihre Euros nicht mögen.. ich hätte Verwendung dafür. :thumbup:
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(25 Jun 2020, 10:19)

Nun ja, ich habe ja verstanden, daß Sie ziemlich grundsätzlich an der Gemeinschaft herumnörgeln. Dennoch bringt die Transferunion alle Mitglieder in gegenseitige Abhängigkeit und damit zu mehr gemeinsamen Regelungen... genau das also, was der EU zu ihrem Glück immer noch fehlt. Dazu ist natürlich ein langer Atem erforderlich, in Jahrzehnten gedacht.
Was für eine gegenseitige Abhängigkeit soll aus einer Transferunion entstehen? Nur der Transferempfänger ist abhängig. Auf deutsche Verhältnisse übertragen. Wenn Bayern die 6,7 Mrd € die sie im Rahmen des Länderfinanzausgleichs anderen Bundesländern "schenken" stattdessen behalten würden passiert gar nichts, außer das es Bayern finanziell besser und den Empfängerländern finanziell schlechter geht.
Gut beobachtet... :) Und genau diese gegenseitige Abhängigkeit schweißt auf Dauer die EU zusammen. Ich erkenne es als ein Glück, daß die EU-Partner mit noch immer nationaler Währung gute Wirtschaftsdaten erzielen. So reifen sie allmählich an die vertraglich bindenden Beitrittsdaten zum Euro heran. Bis auf Dänemark ist das nämlich vertraglich festgelegt.
Wer keine Flüchtlinge nimmt obwohl er vertraglich dazu verpflichtet ist nimmt evtl auch nicht den Euro, obwohl er vertraglich dazu verpflichtet ist. Im letzten Eurobarometer waren übrigens 37% der Polen für den Euro und 51% dagegen (der Rest unentschieden).
Das sehe ich überhaupt nicht so;
Dann sehen sie sich die Euro-Historie der Euroländer doch mal genauer an. Wie wäre es mit Spanien? Dort hat die Einführung des Euro zu einer Zinssenkung von 14% auf unter 5% und anschließend zur größten Immobilienblase Europas seit dem 2. Weltkrieg geführt. In Spanien wurde über mehrere Jahre hinweg mehr Häuser gebaut als in Deutschland, Frankreich und UK zusammen. Geplatzt ist die Blase dann 2007. Die spanischen Banken die diese Immobilien finanziert haben, mussten vom Staat gerettet werden, ansonsten wäre die gesamte Wirtschaft kollabiert. Die spanische Staatsverschuldung stieg deswegen von 35% des BIP im Jahr 2007 auf über 95% im Jahr 2013. Auch in Griechenland gab es wegen der ungewohnt niedrigen Zinsen den schnellen Boom. Wie das ausgegangen ist wissen sie ja.
Das ist handelspolitischer Unfug. Es gibt keinen gemeinsamen Markt mit schwimmenden Wechselkursen. Da ist mir die EU mit der EZB angenehmer als ein Heer von Währungspekulanten und Handelsmaklern.
Das Ende des Euro muss ja im Umkehrschluss nicht aus stark schwankenden Wechselkursen bestehen. Die Zeit vor der Einführung des Euro, mit dem Ecu als Verrechnungswährung, war die Zeit der größten Konvergenz innerhalb der EU-Mitgliedstaaten. Seit der Einführung des Euro driften wir wieder weiter auseinander.
Natürlich müssen im Laufe der Zeit soziale Unterschiede in der EU ausgeglichen werden, indem wir nach gleichen Regeln in den Wettbewerb hinein gehen. Wenn sich da gar nichts rühren sollte, dann erfüllt die EU ihre Hauptaufgabe nicht: Aus Europa einen Kontinent des Wohlstands und Friedens zu entwickeln. Ich sehe die EU aber auf ganz guten Wege dahin.
Wenn sie da die EU auf gutem Wege sehen, aber die immer extremeren Schieflagen, die immer größeren Rettungsmaßnahmen und die zunehmenden Vertragsbrüche nicht wahrhaben wollen, ist das ein schwerer Fall von Faktenleugnung.
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 27149
Registriert: Do 12. Apr 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Skull »

Orbiter1 hat geschrieben:(26 Jun 2020, 09:22)

Das Ende des Euro muss ja im Umkehrschluss nicht aus stark schwankenden Wechselkursen bestehen.
Ich sehe ich noch lange kein Ende des Euros.
Ob alle Länder mittelfristig den Euro als Heimatwährung haben, ist dagegen eine andere Frage.
Kurzfristig dagegen weniger.

Grundsätzlich stimme ich Dir ab in jedem Falle zu.
Verschiedene Währungen auf der Welt und in Europa sollten überhaupt kein Problem sein.
Es spricht nichts dagegen (eher sogar das Gegenteil) das unterschiedliche Volkswirtschaften
unterschiedliche Währungen haben. Unterschiedliches Vertrauen und unterschiedliches VwL-Handeln auch Ausdruck findet.

Feste Wechselkurse und/oder eine Gemeinschaftswährung ist da kontraproduktiv.
Und es kommt immer...irgendwann ... mal zum (Auf) Bruch.
Mit entsprechend dramatischeren Folgen und Auswirkungen als wenn so etwas fliessend geschieht.

Weder die Ecu-Währungsschlange, noch gegenseitige vertragliche Bindungen der Zentralbanken
zu Bandbreiten, konnten dieses verhindern. Werden sie auch nie. Allenfalls verzögern.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Orbiter1
Beiträge: 9111
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 13:25

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von Orbiter1 »

Interessant an was die EZB-Präsidentin Lagarde erinnern muß.

"EZB-Präsidentin Christine Lagarde wiederholte, dass Staatsschulden zurückgezahlt werden müssen. „Wenn die nächste Krise voranschreitet, werden wir ansonsten wieder über dasselbe Thema sprechen und die nächste Generation von Politikern wird uns sagen, dass „die Schulden noch zurückgezahlt werden müssen". / Quelle: https://news.guidants.com

Hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Inzwischen hat ja kaum noch jemand Probleme mit immer höheren Staatsschulden.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47331
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Ist der Euro eine Fehlgeburt oder ein Erfolgsmodell?

Beitrag von H2O »

Wenn sie da die EU auf gutem Wege sehen, aber die immer extremeren Schieflagen, die immer größeren Rettungsmaßnahmen und die zunehmenden Vertragsbrüche nicht wahrhaben wollen, ist das ein schwerer Fall von Faktenleugnung.
Sehe ich so, daß mit den Jahren immer mehr Schieflagen und Vertragsbrüche zu beklagen sein werden. Die Jahre vergehen, und die Vorgänge werden nicht vergessen und neue kommen dazu. Die Zeit arbeitet für Sie ;) . Dennoch kommt die EU voran. Und niemand spekuliert gegen den Euro und niemand makelt mit Währungsersatz. Ich kenne solche Geschäfte noch... Und ich weiß, wie das ist, wenn ein Land nicht im Euro ist. Gut, daß wir Deutschen die EU und den Euro haben.
Antworten