franktoast hat geschrieben:(05 Dec 2019, 12:44)
Ich würde hier mal einwerfen wollen, dass erstmal jeder für sich selber verantwortlich ist und im Idealfall jeder genau das an den Staat bezahlt, was er auch bekommt. Beispiel: Jemand verursacht durch seine Nutzung der Straßen Kosten von 500€ im Jahr und jemand anders 100€ im Jahr, so wäre es am Fairsten, wenn die erste Person 500€ bezahlt, die andere 100€. Über die LKW-Maut und Benzinsteuer erreicht man das schon relativ gut. Über die KFZ-Steuer praktisch gar nicht. Da diese Steuern jedoch nicht verwendungsbezogen sind, wird jedoch nach Einkommen oder Konsum besteuert, was gar nix mit der Straßennutzung zu tun hat.
Geht es um so etwas wie soziale Absicherung, so ist das Verhältnis bei privaten Versicherungen auch gegeben. Wer zB. bei der Berufsunfähigkeitsversicherung eine höhere Summe will oder ein höheres Berufsunfähigkeitsrisiko hat, zahlt entsprechend höhere Prämie. Das ist auch fair und kritisiert wohl auch niemand.
Geht es um die staatliche soziale Absicherung, geht das bedingt über die Arbeitslosen und Rentenversicherung auch, jedoch kommt hier ein großer Teil eben von Besserverdienenden.
Ich würde hier von negativer und positver Freiheit. Negative Freiheit können alle gleichzeitig haben. Wenn du deine Meinung sagst, schränkt das mich nicht ein, meine Meinung zu sagen. Oder wenn du in deinem Zimmer eine BVB-Flagge hinhängst, stört mich das nicht dabei, eine Schalke-Flagge in meinem Wohnzimmer aufzuhängen. Positive Freiheit ist die Freiheit zu etwas. Wenn ich zB. die Freiheit hab, jeden Tag 2000Kalorien aufzunehmen, dann bedeutet das, dass ich diese nicht selber herstellen muss oder sie im freiwilligen Tausch bekomme. Ich hab ja ein Recht drauf. Also muss zwingend jemand anderer diese 2000 Kalorien herstellen und mir geben, ohne einen Ausgleich dafür zu bekommen.Atue001 hat geschrieben:(07 Dec 2019, 01:14)
Dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, bestreitet niemand. Eine Frage ist aber: Ist jeder NUR für sich selbst verantwortlich?
Und das sehe ich eher nicht so - denn wenn Freiheit bei der Freiheit des anderen endet, dann gibt es immer auch eine Mitverantwortung, wo es Interaktion gibt.
Also: Jeder ist für sich SELBST verantwortlich, aber AUCH für alle, mit denen er interagiert.
Diese Interaktion ist dabei nicht nur einfach der Kontakt mit dem Dritten, sondern kann sogar indirekt geschehen. Wer beispielsweise ein Atomkraftwerk in die Luft sprengt, ist auch für alle Opfer mitverantwortlich, auch wenn er diese noch nicht einmal kennt.
Menschliche Verantwortung in einer Gesellschaft ist insofern recht weitgehend - und wenn der Staat hier eine Verwaltungsfunktion übernimmt, ist das nur im Interesse aller.
Anders als bei der negativen Freiheit kann eine positive Freiheit nicht jeder gleichzeitig haben.
Nun zurück zu deinem Argument. Warum solltest du für mich verantwortlich sein? Du kennst mich doch gar nicht, hast mich noch nie gesehen. Der Staat sollte eher etwas sein, an dem jeder freiwillig mitmachen will, weil er auch was davon hat. Dass einkommensstärkere Personen auch höhere Mitgliedsbeiträge bezahlen, stellt auch niemand in Frage. Aber wenn es für den Einkommensstarken zu hohe Mitgliedsbeiträge sind, dass es für ihn keinen Sinn mehr macht, wird er irgendwann austreten bzw. mit viel Aufwand versuchen, die Beiträge niedrig zu halten. Den Aufwand sollte man lieber zur Heilung von Krebs oder Besiedlung des Weltalls oder zur Hungerbekämpung in Afrika verwenden.
Was machen diese Staaten denn besser und welche Staaten sind das?
Das sind auch die Staaten, die eine höhere ökonomische Freiheit (Economic Freedom Index) haben als Deutschland und in denen es Unternehmen einfacher haben (Ease of Doing Business Index). Die Hälfte deiner 10 Länder haben beim Einkommen und Vermögen eine ungleichere Verteilung als Deutschland. Fast alle haben niedrigere Steuern auf Unternehmenseinkommen. Selbst bei der Messung der Ungleichheiten findest du im Netz weit abweichende Ergebnisse. So einfach ist das leider nicht.Hier kann man sehr unterschiedliche Sichtweisen einnehmen - in meiner Argumentation beziehe ich mich auf den Glücksindex der UNO, den ich für relativ aussagekräftig halte. Er berücksichtigt vor allem, ob die Menschen in den jeweiligen Gesellschaften zufrieden und glücklich sind, oder auch nicht.
Einen Artikel dazu findet man unter:
https://utopia.de/world-happiness-repor ... ten-83234/
Deutschland steht da auf einem Platz 17, vor uns sind unter anderem (Platz 1-10)
Finland
Denmark
Norway
Iceland
Netherlands
Switzerland
Sweden
New Zealand
Canada
Austria
Regelmäßig ist in diesen Staaten das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Gerechtigkeitsgefühl besser, und gerade wer die Spitzenländer anschaut findet dort Länder, in denen der Abstand zwischen den Ärmsten und Reichsten (also die berühmte Schere zwischen Arm und Reich) weniger ausgeprägt ist, als in Deutschland.
Abgesehen davon, sind Einkommen und Vermögen eine weit schlechtere Dimension darüber, wie es einem geht als der eigentliche Konsum. Wenn jemand ein Unternehmen aufgebaut hat, dass Millionen wert ist, aber selber nur ein durchschnittles Auto, Haus etc. hat, wo ist das Problem. Seine Fabriken stellen ja Produkte her, die nicht er, sondern andere nutzen. Den Quandts gehört 50% von BMW. BMW stellt etwas 2,5Mio. Fahrzeuge pro Jahr her. Glaubst du, die Quandts fahren pro Jahr 1Mio. Autos und werfen die nach einmal Fahren weg?
Das oberste 1% der Vermögendsten in Deutschland zahlt bezogen nur auf das Steueraufkommen einen relativ hohen Anteil. Allerdings bezogen auf den Staatshaushalt (Gesamthaushalt) zahlt dieses obere 1% eben nicht anteilig enstprechend dem Vermögen den Staatshaushalt
Du siehst ja selber, wie diese Statistiken darunter leiden, dass jedes Land es etwas anders macht. Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze bezahlt man zB. nicht mehr zur Rente. Wer 100 000€ verdient bezahlt genauso viel wie jemand der 1Mio. verdient. Aber: Beide bekommen auch nur das Gleiche zur Rente. Der, der 10mal mehr verdient, bekommt auch nur prozentual zu seinem Einkommen nur 1/10 an Rente.
Machen wir ein Gedankenbeispiel: Statt 20% bezahlt jeder nur noch 5% seines Einkommens ins Rentensystem ein. Dann nimmt jeder die gesparten 15% und sorgt mit einer privaten Rentenversicherung vor. Am Ende bekäme jeder genau gleich so viel Rente wie heute. Gleicher Wohlstand. Exakt gleich. Nur, dass es weniger über den Staat liefe.
Ergebnis: Die Abgabenquote der mittleren Einkommen sinkt massiv. Der Anteil der 1% Reichsten am Gesamtsteueraufkommen steigt gewaltig.
-> Siehst du. Obwohl es keiner Person materiell besser oder schlechter ginge, wärst du zufrieden, da sich die Statistik zum Guten gewendet hat.
Also wenn es um Einkommen geht, ist das nicht richtig(Sozialbeiträge sind keine Steuern). Insgesamt hängt es davon ab, welche Konsumausgaben jemand hat. Wer netto 2000€ hat, 500€ für Miete bezahlt(keine USt) und 300€ für Lebensmittel (etwa 10% USt) und 200€ für andere Sachen (19%) und 1000€ spart, der zahlt etwa 3,5% Umsatzsteuer, wer 500 000€ verdient und davon jeden Cent für teure 19%-USt-pflichtige Sachen kauft, zahlt entsprechend mehr.
Durchaus valider Punkt. Jedoch genießt jemand, der 1950 Aktie gekauft hat, auch noch diese Steuerfreiheit (jedoch nicht auf die Dividenden). Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens beim Aktienverkauf ist jedoch natürlich einfacher als bei Immobilien.Es geht eben nicht nur um Einkommen. Das auch deshalb nicht, weil in Deutschland nicht alle Einkommen besteuert werden! Wer Einkommen beispielsweise aus realtiv sicheren aber spekulativen Grundstückskäufen und Verkäufen erzielt, muss diese nicht versteuern, wenn der Verkauf 10 Jahre später zum Kauf erfolgt. Bei ausreichendem Vermögen ist es ein leichtes, so scheinbar spekulative Wertgewinne mitzunehmen, die man einfach nur 10 Jahre gehalten hat. Diese Einkommen werden nie versteuert!
Extrembeispiel: Grundstückskauf am Stadtrand von München 1950 für 50.000 DM - Wert 2019 1,5 Millionen Euro (das Grundstück liegt inzwischen in der Innenstadt von München). Wer ein solches Grundstück verkauft, hat auf die Wertsteigerung NIE Steuern gezahlt. Die 1,45 Millionen Gewinn verbleiben unversteuert beim Verkäufer.