Atue001 hat geschrieben:(23 Oct 2019, 00:27)
Wenn man EUROPA FIRST zugrunde legt, dann sind solche Widersprüche lösbar. Was fehlt ist eine deutliche Perspektive für die einzelnen Peripherieländer für deren Zukunft. Man bräuchte Instrumente wie einen Finanzausgleich, aber auch das gemeinsam formulierte Ziel, gleiche Lebensverhältnisse in Gesamt-EU anzustreben.
Diese Ziele sind doch aber formuliert und Grundlage der Ausgleichszahlungen für regionale Entwicklung in den Mitgliedsstaaten. Ich lebe in Westpommern und kann unübersehbar an Straßen, Brücken, öffentlichen Gebäuden und Wohnsiedlungen lesen, daß diese Objekte aus Landesmitteln und Mitteln des EU-Strukturfonds bezahlt wurden. Als Europäer freue ich mich, daß mit dem Geld der Gemeinschaft solche Fortschritte in der Lebensqualität der Menschen in der EU ermöglicht werden. Nationalisten in wohlhabenden Mitgliedsstaaten werden beklagen, daß sie als Nettozahler weniger aus der EU zurück bekommen als ihr Land dort einzahlt. Nationalisten in weniger wohlhabenden Mitgliedsstaaten wenden sich mit aller Kraft gegen Mitwirkung an sozialen Lasten der Gemeinschaft, etwa in einer fairen Verteilung von Flüchtlingen. Leistungen der Gemeinschaft werden als berechtigter Anspruch verstanden.
Hier fehlt auch klar die Sozialunion!
Ja, da waren wir gerade mitten drin!
Solange wir in Ländern wie Kroatien unklare Zukunftsperspektiven für junge Leute haben, gleichzeitig aber fehlende Arbeitskräfte in Deutschland gemeldet werden, ist eine Bewegung dieser Menschen in Richtung Deutschland logisch.
Das beklagen aber Politiker in den von Abwanderung betroffenen Mitgliedsstaaten. Ich meine, daß die EU dort Abhilfe schaffen muß, daß also junge Leute auch in diesen Ländern eine lebenswerte Zukunft für sich erarbeiten können. Wenn der verfluchte BREXIT endlich hinter uns liegt, müssen wir darüber verschärft nachdenken. Das gilt auch für entvölkerte Regionen in Deutschland oder Frankreich... und das Ziel ist erst erreicht, wenn unsere Kinder und Enkel darüber ernsthaft nachdenken, sich dort nieder zu lassen.
Viele Programme der EU dienen der Idee, dass man vergleichbare Lebensverhältnisse herstellen will - was aber noch fehlt, ist eine EU-Sozialunion, sowie ein stärkerer Finanzausgleich.
Ich glaube, daß der Finanzausgleich zur Verbesserung der Infrastruktur ausreicht. Empfängerländer dürfen nicht erwarten, daß Europäer für sie arbeiten und sie nur lange genug abwarten müssen, bis alles fertig geplant da steht. Da muß immer eine gehörige Portion Eigenleistung, etwa 2/3, mit im Spiel sein. Das funktioniert recht gut in Polen.
Eine Sozialunion würde unser Verständnis von Leistung und Gegenleistung arg erschüttern. Ich finde es gerecht und richtig, daß ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland auch die Sozialleistungen deutscher Arbeitnehmer zugestanden werden. Daran hatten sich BREXITeers gehörig gestoßen. Bald werden sie im eigenen Saft schmoren. Aber so einfach Sozialhilfen durchreichen, da pralle ich auch zurück. Zuvor müssen schon ungefähr gleiche Lebensbedingungen auch durch Eigenleistung vor Ort hergestellt worden sein. Wenn solche Zahlungsströme in der Größenordnung eines Länderfinanzausgleichs wie in den alten Bundesländern liegen, dann kann man darüber reden. Vorher: Lieber nicht!
Solcherlei Forderungen sind für Länder wie Deutschland aber problematisch, weil nur schwer zu vermitteln ist, dass wir deutlich mehr von der EU profitieren, als wir zahlen.....
Das halte ich für ein flottes Wort. "Wir" finden in den Staaten der Union mehr und womöglich ertragreichere Investitionsmöglichkeiten als nur in Deutschland. "Wir" finden dort sicher auch mehr Kunden für Produkte aus deutscher Herstellung. Als Verbraucher sollten wir uns freuen, daß unser Warenangebot in Märkten vielfältiger geworden ist. Aber eine Situation, wie seinerzeit in Griechenland, daß nun wirklich wir dafür arbeiten, damit die Menschen dort unsere Waren und Dienstleistungen bezahlen können, die möchte ich schon dauerhaft vermeiden.
Ich meine, daß die EU ein Friedensprojekt ist, weil es einen Ausgleich von regionalen Interessen durch Verträge schafft. Daß wir Europäer durch offene Grenzen und den gemeinsamen Binnenmarkt gemeinsame Vorteile haben, die unseren Wohlstand ohne einen Handschlag Arbeit vermehren, das ist keine deutsche Besonderheit. Im Großen und Ganzen ist das ein Nehmen und Geben aller Beteiligten... und natürlich geben wir mehr als wir nehmen. Im vertraglich vereinbarten Umfang: Gern!