Beitragvon Atue001 » Di 6. Aug 2019, 23:19
franktoast hat die Kernfragestellung bezüglich der Rente sehr klar dargestellt! Letzten Endes geht es um Verteilungsfragestellungen - allgemeiner als die Frage der Einkommensverteilung wäre noch, die Frage auf die Ebene der Vermögensverteilung anzuheben. Bezogen auf die Rente wäre eine solche Vermögensfragestellung beispielsweise, ob wir als Gesellschaft davon ausgehen, dass ein alleinstehender Rentner selbstverständlich in seinem Einfamilienhaus mit 140qm Wohnfläche bleiben kann, oder ob ihm nicht zugemutet werden darf, dass er einen Teil dieses Vermögens aufgeben muss - und beispielsweise eine 70qm-Wohnung für ihn reicht. Ich stelle dies als Frage - nicht als Empfehlung in den Raum!
Eigentlich haben wir auch gar kein Problem in der Rente - auch nicht mit der Demographie! Hier wird nur unsauber mit Begrifflichkeiten gearbeitet - was in der Politik aber ja durchaus Teil der Argumentationslinien ist.
Tatsächlich ist das eigentliche Problem das der Existenzsicherung - bezogen auf die Rentenfragestellung und die Demographie geht es um die Frage der Existenzsicherung im Alter, wenn man ohne eigenes Einkommen auskommen muss.
Für Beamte zahlt diese Existenzsicherung der Steuerzahler.
Menschen mit Erwerbseinkommen im Arbeitsleben zahlen die Existenzsicherung über ihre Einzahlungen in die Rentenkasse - wenn diese Einzahlungen nicht ausreichend, um das Existenzminimum (Grundsicherung) im Alter zu gewährleisten, springt wieder der Steuerzahler ein - unter Berücksichtigung des Bedüftigkeitsprinzips aber erst, wenn das eigene Vermögen weitestgehend aufgebraucht wurde.
Menschen ohne Rentenansprüche bekommen auch die Grundrente als Existenzsicherung, auch wieder unter den Bedingungen des Bedürftigkeitsprinzips.
Das scheinbare Demographieproblem entsteht nun dadurch, dass die Menge an Einzahlern in die Rentenkasse allenfalls konstant bleibt tendenziell aber im Volumen sogar kleiner wird, während gleichzeitig die Menge an Rentenempfängern wächst, weil die Menschen immer mehr Rentenjahre erleben.
Nun ist es aber schon auch eine Gerechtigkeitsfrage, ob man die Finanzierung des Existenzminimums bei Rentnern innerhalb der Solidargemeinschaft der Einzahler und Rentenempfänger organisieren muss, oder ob es nicht richtiger wäre, dies als Gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu organisieren.
Ein Alternativer Ansatz könnte deshalb sein, das Rententhema von der Sicherung des Existenzminimums zu trennen. Das Existenzminimum kann man Gesamtgesellschaftlich modern über ein BGE organisieren - würde man dieses über eine prozentuale Vermögensabgabe finanzieren, wären die Lasten der Existenzsicherung gleichmäßig verteilt. Für die meisten Menschen in Deutschland wäre dies eine deutliche Entlastung!
Ob man dann überhaupt noch eine staatlich organisierte gesetzliche Rente zusätzlich braucht, ist fraglich. Tatsächlich wäre es dann realistisch, die Altersvorsorge darüber hinaus in die Eigenverantwortung zu übergeben - wer mehr im Alter haben will, spart dann Vermögen für das Alter an. Würde man die staatliche Rente einfach weiter belassen wie heute, wäre ein Rentensatz von weniger als die Hälfte zum heutigen Satz ausreichend, um vergleichbare Einkommenshöhen wie heute zu finanzieren. (Klar - 800-1000€ wären ja schon über die Existenzsicherung finanziert.....)
Die Finanzierung der Existenzsicherung über eine prozentuale Vermögensabgabe wäre fair, und würde darüber hinaus das Thema der Vermögensakkumulation adressieren, welches derzeit nämlich parallel zum scheinbaren Demographieproblem besteht - es ist bekannt unter dem Namen "Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich".
Das japanische Modell ist hingegen wenig geeignet - es finanziert die Renten über die zukünftigen Generationen. Für Japan passt dies, weil es japanische Tradition ist, dass sich die jüngeren wie selbstverständlich um die Älteren eh zu kümmern haben - der Umfang von 250% des BIP allerdings wäre für europäische Verhältnisse ein Staatsbankrott oder ein beginnender Bürgerkrieg Jung gegen Alt und Reich gegen Arm.