Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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John Galt
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Maikel hat geschrieben:(21 Jun 2019, 14:08)
Es reicht halt nicht, die meisten Stimmen zu bekommen, man braucht eine Mehrheit, und die hat Weber scheinbar nicht, leider.
Es geht nicht nur darum, wer die meisten Stimmen bekommen hat, sondern dass nur einer der Spitzenkandidaten Präsident der Komission werden sollte. Dafür hat man die ganzen TV-Duelle durchgeführt und Wahlkampf betrieben. Weber mit den meisten Stimme wäre da natürlich Nummer 1 gewesen hätte man meinen können.

Was am Ende rauskommt, ist nichts anderes als eine gigantische Lügenveranstaltung - von allen Beteiligten.

Jetzt ist nur noch die Frage, ob sich das Parlament von den Regierungschefs verarschen lässt. Dafür dass es keine Gesetzesinitiative hat, sollte es bei dieser Wahl, wo womöglich ein externer Kandidat wie Lagarde oder ähnliche Gestalten im Gespräch sind, es sich sehr gut überlegen ob man diese akzeptiert.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Das entscheidende Argument für einen Mehrheitskandidaten aus dem EU-Parlament für die EU-Kommission sehe ich in der überraschend hohen Wahlbeteiligung an den letzten Parlamentswahlen. Offensichtlich wollen die Europäer, daß ihre Interessen künftig mit mehr demokratischer Legitimation vertreten werden, also weg von der Kungelei in Hinterzimmern.

Die kommenden 5 Jahre sollten genutzt werden, um die politische Macht in der EU auf das EU-Parlament zu übertragen. Der EU-Ministerrat als Notbremse, wenn es einmal zu flott voran gehen sollte, könnte weiterhin sinnvoll bleiben... daß etwa umstrittene Strukturen erst nach einer Neuwahl des EU-Parlaments verabschiedet werden dürfen. Dann hat letztendlich das Wahlvolk entschieden... wie das in einer Demokratie sein muß.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(22 Jun 2019, 08:04)
Die kommenden 5 Jahre sollten genutzt werden, um die politische Macht in der EU auf das EU-Parlament zu übertragen. Der EU-Ministerrat als Notbremse, wenn es einmal zu flott voran gehen sollte, könnte weiterhin sinnvoll bleiben... daß etwa umstrittene Strukturen erst nach einer Neuwahl des EU-Parlaments verabschiedet werden dürfen. Dann hat letztendlich das Wahlvolk entschieden... wie das in einer Demokratie sein muß.
EU-Parlament und EU-Ministerrat könnten eine Zweikammernsystem bilden, wobei beide Kammern Gesetzesinitiativen einbringen können und bei bestimmten Gesetze beide Kammern zustimmen müssten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Jun 2019, 08:29)

EU-Parlament und EU-Ministerrat könnten eine Zweikammernsystem bilden, wobei beide Kammern Gesetzesinitiativen einbringen können und bei bestimmten Gesetze beide Kammern zustimmen müssten.
Einverstanden; allerdings müßte am Ende eine Schiedsinstanz einen Widerspruch zwischen der Länderkammer und dem Parlament auflösen können. Ich sehe eher eine Art Veto in der Länderkammer, das durch Wiedervorlage zur Abstimmung im Parlament überstimmt werden kann. Der völlige Wahnsinn wird dort hoffentlich nicht um sich greifen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Der Zerstörer der EU

https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 73881.html

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John Galt
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Dafür, dass innerhalb kürzester Zeit die gesamte Oberetage der EU im Hinterzimmer ausgehandelt wird gibt es quasi gar keine öffentliche Debatte darüber und nichts als Schweigen von den EU-Hurra-Schreiern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

John Galt hat geschrieben:(24 Jun 2019, 11:13)

Dafür, dass innerhalb kürzester Zeit die gesamte Oberetage der EU im Hinterzimmer ausgehandelt wird gibt es quasi gar keine öffentliche Debatte darüber und nichts als Schweigen von den EU-Hurra-Schreiern.
Sie meinen die Auswahl des EU-Spitzenpersonals sollte nicht mehr nach den in den EU-Verträgen vereinbarten Procedere sondern auf illegale Weise vonstatten gehen? Bevorzugen sie grundsätzlich illegales Handeln?
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John Galt
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Jun 2019, 11:27)

Sie meinen die Auswahl des EU-Spitzenpersonals sollte nicht mehr nach den in den EU-Verträgen vereinbarten Procedere sondern auf illegale Weise vonstatten gehen? Bevorzugen sie grundsätzlich illegales Handeln?
(7) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit, so schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das Europäische Parlament dasselbe Verfahren anwendet.
In Russland geht es demokratischer zu als in der EU.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

John Galt hat geschrieben:(24 Jun 2019, 12:11)

In Russland geht es demokratischer zu als in der EU.
Das ist definitiv nicht so. Die Berücksichtigung der Wahlen zum Europaparlament heißt noch lange nicht dass nur die von den Fraktionen des Europaparlaments gewählten "Spitzenkandidaten" auch Kommissionspräsident werden können. Nirgends in den EU-Verträgen steht was von "Spitzenkandidaten". Sollte jetzt ein Grüner oder einer von Rechtsaußen vom Europäischen Rat als Kandidat vorgeschlagen werden wäre das eine Nichtberücksichtigung der Wahlen zum Europaparlament. Alles andere ist Wunschdenken. Der Europäische Rat lässt sich in seiner Freiheit für den Kandidaten nicht vom Europaparlament austricksen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von frems »

John Galt hat geschrieben:(24 Jun 2019, 11:13)

Dafür, dass innerhalb kürzester Zeit die gesamte Oberetage der EU im Hinterzimmer ausgehandelt wird gibt es quasi gar keine öffentliche Debatte darüber und nichts als Schweigen von den EU-Hurra-Schreiern.
Hast wohl vor fünf Jahren schon geschlafen: https://www.bbc.com/news/world-europe-29407451

Da wurde jeder öffentlich gegrillt, auch von Parteikollegen. Viele fielen durch und mussten erneut ran. Leute wie Sefcovic sind komplett durchgefallen. Hinterzimmer hat man wohl mehr, wenn die Chefs von CDU, CSU und SPD einen Koalitionsvertrag aushandeln und dann ein Kabinett vorstellen, das sie einfach durchwinken. Dabei sind Leute wie Seehofer nicht einmal MdB. Im UK entscheiden nun ein paar Parteimitglieder über den PM. Aber hey, Brüssel hat schuld, weil einfach.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von frems »

Ger9374 hat geschrieben:(21 Jun 2019, 18:13)

Da das E.U Parlament ja seit Jahrzehnten
die endstation für Deutsche durchschnittspolitiker darstellt, verwundert mich der aufschrei der empörung das Weber eventuell nicht seinen ihm zugesagten Posten erhält.Wer hält sich denn da nicht an jahrzehnte Lang gepflegte Demokratie die da in Brüssel zu stande Kam?!
Naja, das informelle System der Spitzenkandidaten hat man 2014 erstmals angewandt. Folglich wurde Juncker Kommissionspräsident und Schulz Parlamentspräsident. Eine Pflicht hierzu gibt's aber nicht. Gewählt wird ja weiterhin das Parlament, das wiederum die Kommission samt Präsidenten wählt. Man könnte natürlich darüber nachdenken, den Präsidenten der Kommission parallel direkt wählen zu lassen. Aber das wollen die nationalen Staats- und Regierungschefs ja nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

frems hat geschrieben:(24 Jun 2019, 15:33)

Hast wohl vor fünf Jahren schon geschlafen: https://www.bbc.com/news/world-europe-29407451

Da wurde jeder öffentlich gegrillt, auch von Parteikollegen. Viele fielen durch und mussten erneut ran. Leute wie Sefcovic sind komplett durchgefallen. Hinterzimmer hat man wohl mehr, wenn die Chefs von CDU, CSU und SPD einen Koalitionsvertrag aushandeln und dann ein Kabinett vorstellen, das sie einfach durchwinken. Dabei sind Leute wie Seehofer nicht einmal MdB. Im UK entscheiden nun ein paar Parteimitglieder über den PM. Aber hey, Brüssel hat schuld, weil einfach.
Die 28 Komissare sind zahnlose Gestalten um die es momentan noch nicht geht.


Erst mal braucht man einen Kommissionspräsidenten.

Dann einen Hohen Vertreter für die Außenpolitik - vielleicht schafft man es dieses Mal keine Altkommunistin ins Amt zu hieven?
Art. 18

(1) Der Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik. Der Europäische Rat kann die Amtszeit des Hohen Vertreters nach dem gleichen Verfahren beenden.

(2) Der Hohe Vertreter leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union. Er trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung dieser Politik bei und führt sie im Auftrag des Rates durch. Er handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(3) Der Hohe Vertreter führt den Vorsitz im Rat "Auswärtige Angelegenheiten".

(4) Der Hohe Vertreter ist einer der Vizepräsidenten der Kommission. Er sorgt für die Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union. Er ist innerhalb der Kommission mit deren Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen und mit der Koordinierung der übrigen Aspekte des auswärtigen Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der Kommission und ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt der Hohe Vertreter den Verfahren, die für die Arbeitsweise der Kommission gelten, soweit dies mit den Absätzen 2 und 3 vereinbar ist.
Also keine Mitbestimmung des Parlaments beim Vize-Präsident der Komission. Super intelligentes politisches System. Wird der Präsident abgemurkst, gibt es keine demokratische Nachfolgeregelung. Reichstagsbrand lässt grüßén.

Außerdem braucht man noch einen Chef der EZB.

Artikel 11

Das Direktorium

11.1. Nach Artikel 283 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union besteht das Direktorium aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern.

Die Mitglieder erfüllen ihre Pflichten hauptamtlich. Ein Mitglied darf weder entgeltlich noch unentgeltlich einer anderen Beschäftigung nachgehen, es sei denn, der EZB-Rat erteilt hierzu ausnahmsweise seine Zustimmung.

11.2. Nach Artikel 283 Absatz 2 Unterabsatz 2 des genannten Vertrags werden der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums vom Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates, der hierzu das Europäische Parlament und den EZB-Rat anhört, aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter Mehrheit ernannt.

Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.

Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums sein.

11.3. Die Beschäftigungsbedingungen für die Mitglieder des Direktoriums, insbesondere ihre Gehälter und Ruhegehälter sowie andere Leistungen der sozialen Sicherheit, sind Gegenstand von Verträgen mit der EZB und werden vom EZB-Rat auf Vorschlag eines Ausschusses festgelegt, der aus drei vom EZB-Rat und drei vom Rat ernannten Mitgliedern besteht. Die Mitglieder des Direktoriums haben in den in diesem Absatz bezeichneten Angelegenheiten kein Stimmrecht.

11.4. Ein Mitglied des Direktoriums, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des EZB-Rates oder des Direktoriums durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.

11.5. Jedes persönlich anwesende Mitglied des Direktoriums ist berechtigt, an Abstimmungen teilzunehmen, und hat zu diesem Zweck eine Stimme. Soweit nichts anderes bestimmt ist, beschließt das Direktorium mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Die Abstimmungsmodalitäten werden in der in Artikel 12.3 bezeichneten Geschäftsordnung geregelt.

11.6. Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der EZB.

11.7. Frei werdende Sitze im Direktorium sind durch Ernennung eines neuen Mitglieds nach Artikel 11.2 zu besetzen.
Wie schön demokratisch es dort zugeht, hier ein deutscher, dort ein Franzose, der Rest hat die Klappe zu halten, alle haben alles abzunicken, sonst gib es Haue vom Rat. :)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

John Galt hat geschrieben:(24 Jun 2019, 16:20)
Erst mal braucht man einen Kommissionspräsidenten.
Dann einen Hohen Vertreter für die Außenpolitik - vielleicht schafft man es dieses Mal keine Altkommunistin ins Amt zu hieven?
Macron, dessen pseudo-grünen Anstrich ich wenig prickelnd finde, hat immerhin den Merkel-Troll Manfred Weber als Kommissionspräsidenten verhindert. Das rechne ich Macron an. EU-Außenbeauftragter sollte ein Franzose werden, denn Frankreich stellt nach dem Brexit den Atomschild der EU und verfügt über den einzigen Flugzeugträger der EU, hat also als einziges EU-Land wirklich etwas zu anzusagen. Mir wäre ein EU-Kommissionspräsident lieb, der aus Osteuropa kommt, um die gemeinsamen Interessen der EU für wirtschaftliche Entwicklung und gegen illegale Migration zusammenzufassen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

John Galt hat geschrieben:(24 Jun 2019, 16:20)

Die 28 Komissare sind zahnlose Gestalten um die es momentan noch nicht geht.
Ich glaube nicht, daß Kommissar Öttinger "zahnlos" ist. Aber natürlich wird kollegial entschieden, weil es nun einmal genau so viele politische Aufgaben gibt wie Mitgliedsstaaten der EU. ;) Immerhin ist jedes Mitglied am Geschehen beteiligt, je nach politischem Geschick mit unterschiedlicher Eindringtiefe. Diese Gemeinsamkeit ist ein Wert an sich.
Erst mal braucht man einen Kommissionspräsidenten.

Dann einen Hohen Vertreter für die Außenpolitik - vielleicht schafft man es dieses Mal keine Altkommunistin ins Amt zu hieven?



Also keine Mitbestimmung des Parlaments beim Vize-Präsident der Komission. Super intelligentes politisches System. Wird der Präsident abgemurkst, gibt es keine demokratische Nachfolgeregelung. Reichstagsbrand lässt grüßén.
Die angezogenen Paragraphen stehen da erst einmal. Das EU-Parlament hat eine hohe Legitimation dadurch, daß es eigens für europäische Angelegenheiten gewählt wurde. So hat es sich das Recht ertrotzt, daß die EU-Kommission insgesamt vom EU-Parlament zugelassen werden muß. Ohne EU-Parlament keine ermächtigte EU-Kommission. Im nächsten Schritt hat sich das EU-Parlament das Recht ertrotzt, daß ein EU-Präsident aus einem der Spitzenkandidaten der Parlamentswahl ausgewählt werden muß. Immerhin hat der europäische Wähler diesen Kandidaten durch Wählerstimmen einen Vertrauensvorschuß mit auf den Weg gegeben. Daneben wiegen die Paragraphen der alten EU nicht sonderlich viel. Der Rat kann viel beschließen, gegen das EU-Parlament bekommt er keine Kommission ins Amt. Auch wurde der Mangel an Legitimation der EU-Organe immer wieder beklagt. Da nützt es gar nichts, wenn der Rat, etwa Präsident Macron, auf bestehende Paragraphen verweist. Das praktisch gelöste Problem "Legitimation" würde wieder zu einem solchen, und der Rat verlöre sogar an Legitimation, weil er das Wahlergebnis der Europa-Wahl mißachten würde, also den Willen der Europäer. Dann fliegen die Brocken. Vielleicht erleben wir demnächst diesen Machtkampf zwischen EU-Parlament und EU-Ministerrat. Ich wäre sehr überrascht, wenn das Parlament sich in dieser Sache nicht durchsetzte.
Außerdem braucht man noch einen Chef der EZB.
Wenn kein Deutscher der EU-Kommission vorsteht, dann will die Machtsymmetrie in der Union, daß dort ein Deutscher die EZB führt. In dem Punkt hat Präsident Macron die Qual der Wahl. Für beide Spitzenämter wird er keinen Franzosen durchsetzen... und die deutsche Politik ist durchaus in der Lage, dort etwa einen Finnen oder einen Niederländer gut zu finden. Da werden einige Mitgliedsstaaten ziemlich trocken herunter schlucken. Präsident Macron ist also gut beraten, sich sehr eng mit der Bundesregierung ab zu stimmen. Und das ist ja in Aachen erklärte Absicht beider Staaten.

Wie schön demokratisch es dort zugeht, hier ein deutscher, dort ein Franzose, der Rest hat die Klappe zu halten, alle haben alles abzunicken, sonst gib es Haue vom Rat. :)
Nein, wenn die Partner sich an geschlossene Verträge halten, dann ist alles Tun im Grünen Bereich. Das gilt auch für Deutsche und Franzosen. Ansonsten tritt der EuGH in Erscheinung mit Urteilen, die Vertragsbrüchigen wenig Freude machen. Für neue Beschlüsse ist die qualifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat herforderlich, die festlegt, daß eine 2/3-Mehrheit der Mitgliedsstaaten und eine 2/3-Mehrheit der EU-Bürger dem Beschluß zustimmt. Wenn Deutschland und Frankreich sich einsam verbündeten, um dem Rest der EU zu zeigen, was eine Harke ist... keine Chance mit 150 Mio EU-Bürgern und nur 2 Stimmen der Mitgliedsstaaten. Mit anderen Worten: "Haue vom Rat" ist ein unrealistisches Schreckgespenst. Was nicht heißt, daß es dort nicht auch einmal laut zugehen könnte.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Alles außer Deutsche....
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Senexx hat geschrieben:(24 Jun 2019, 21:42)
Alles außer Deutsche....
Merkel-Deutsche kann niemand in der EU gebrauchen und schon gar nicht leiden. Doch dieser Befund dürfte, so meine Vermutung, mitttlerweile niemanden mehr wundern.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Euractiv 26. Juni 2019 Was den Machtkampf in der EU so kompliziert macht
https://www.euractiv.de/section/europaw ... ert-macht/
"Die Entscheidungen über die fünf Posten – Chef der Kommission, des Parlamentes, des Rates, der Europäischen Zentralbank sowie der Außenbeauftragte der EU – hängen alle miteinander zusammen. Es gilt genau auszutarieren zwischen Ansprüchen der Parteifamilien, der Länderzugehörigkeit und dem Geschlecht."
Es könnte sich mittel- und langfristig als effektiver erweisen, dem Spitzenkandidatprinzip des EU-Parlamentes ein höheres Gewicht einzuräumen.
Zuletzt geändert von Wähler am Mi 26. Jun 2019, 17:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Wähler hat geschrieben:(26 Jun 2019, 11:09)

Euractiv 26. Juni 2019 Was den Machtkampf in der EU so kompliziert macht
https://www.euractiv.de/section/europaw ... ert-macht/
"Die Entscheidungen über die fünf Posten – Chef der Kommission, des Parlamentes, des Rates, der Europäischen Zentralbank sowie der Außenbeauftragte der EU – hängen alle miteinander zusammen. Es gilt genau auszutarieren zwischen Ansprüchen der Parteifamilien, der Länderzugehörigkeit und dem Geschlecht."
Es könnte sich mittel- und langfristig als effektiver erweisen, dem Spitzenkandidatprinzip des EU-Parlamentes ein höheres Gewicht einzuräumen.
Bei 5 Top-Jobs und 28 Staaten gibt es zwangsläufig 23 Verlierer.

Ist nur die Frage wer nachgibt und Verlierer sein möchte, auf Dauer geht dieses System nicht gut. Die 10 Jahre seit es dieses System mit allen dazugehörigen Posten gibt, ist keinerlei Maßstab.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(26 Jun 2019, 11:09)
Euractiv 26. Juni 2019 Was den Machtkampf in der EU so kompliziert macht
https://www.euractiv.de/section/europaw ... ert-macht/
"Die Entscheidungen über die fünf Posten – Chef der Kommission, des Parlamentes, des Rates, der Europäischen Zentralbank sowie der Außenbeauftragte der EU – hängen alle miteinander zusammen. Es gilt genau auszutarieren zwischen Ansprüchen der Parteifamilien, der Länderzugehörigkeit und dem Geschlecht."
Es könnte sich mittel- und langfristig als effektiver erweisen, dem Spitzenkandidatprinzip des EU-Parlamentes ein höheres Gewicht einzuräumen.
John Galt hat geschrieben:(26 Jun 2019, 17:18)
Bei 5 Top-Jobs und 28 Staaten gibt es zwangsläufig 23 Verlierer.
Ist nur die Frage wer nachgibt und Verlierer sein möchte, auf Dauer geht dieses System nicht gut. Die 10 Jahre seit es dieses System mit allen dazugehörigen Posten gibt, ist keinerlei Maßstab.
Fast jedes Land bekommt dafür einen Kommissar in der Kommission. Ratspräsident und Außenbeauftragter sind sowieso Sekretäre der 27 Regierungschefs. Im EU-Parlament gibt es ja auch nur 6 oder 7 Parteienfamilien. Im Direktoriumsrat der EZB hat jedes EWU-Mitglied eine Stimme.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

John Galt hat geschrieben:(26 Jun 2019, 17:18)

Bei 5 Top-Jobs und 28 Staaten gibt es zwangsläufig 23 Verlierer.

Ist nur die Frage wer nachgibt und Verlierer sein möchte, auf Dauer geht dieses System nicht gut. Die 10 Jahre seit es dieses System mit allen dazugehörigen Posten gibt, ist keinerlei Maßstab.
Damit steigen Sie wieder ein in Phantasien im Bereich imperialer Beherrschung der "kleineren" EU-Mitglieder durch einige wenige große. Davon verabschiedet sich das EU-Parament aber gerade. So wäre der inzwischen als aussichtslos gehandelte
Spitzenkandidat Frans Timmerman ein Vertreter der europäischen Mittelklasse (Niederlande), und Frau Margarethe Vestager eine Spitzenkandidatin eines der kleineren Länder (Dänemark). Diese drei gehören unterschiedlichen Fraktionen im EU-Parlament an. Und da keine dieser Fraktionen eine absolute Mehrheit im EU-Parlament hat, die beiden größten auch nicht durch ein Wahlbündnis, wird das EU-Parlament sich wohl oder übel zu einem Kompromiß bereit finden müssen. Durchaus denkbar, daß Frau Vestager in diesem politischen Abgleich das Rennen macht.

Der dümmste Streich wäre wohl, wenn das EU-Parlament sich vom EU-Ministerrat einen Kommissionspräsidenten vorschreiben ließe. Dann wäre der Weg hin zu mehr politischer Legitimation der EU-Institutionen erst einmal wieder versperrt. Aber das wird den EU-Parlamentariern klar sein, und deshalb werden sie auch um ihren politischen Besitzstand kämpfen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Wähler hat geschrieben:(26 Jun 2019, 17:47)

Fast jedes Land bekommt dafür einen Kommissar in der Kommission. Ratspräsident und Außenbeauftragter sind sowieso Sekretäre der 27 Regierungschefs. Im EU-Parlament gibt es ja auch nur 6 oder 7 Parteienfamilien. Im Direktoriumsrat der EZB hat jedes EWU-Mitglied eine Stimme.
Komissare haben keinen Gestaltungsspielraum und sind im Endeffekt unwichtige Jobs. Kein Land auf der Welt hat 28 Ministerien, die Überschneidungen in den Bereichen sind ein weiteres Negativmerkmal.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 18:20)

Damit steigen Sie wieder ein in Phantasien im Bereich imperialer Beherrschung der "kleineren" EU-Mitglieder durch einige wenige große. Davon verabschiedet sich das EU-Parament aber gerade. So wäre der inzwischen als aussichtslos gehandelte
Spitzenkandidat Frans Timmerman ein Vertreter der europäischen Mittelklasse (Niederlande), und Frau Margarethe Vestager eine Spitzenkandidatin eines der kleineren Länder (Dänemark). Diese drei gehören unterschiedlichen Fraktionen im EU-Parlament an. Und da keine dieser Fraktionen eine absolute Mehrheit im EU-Parlament hat, die beiden größten auch nicht durch ein Wahlbündnis, wird das EU-Parlament sich wohl oder übel zu einem Kompromiß bereit finden müssen. Durchaus denkbar, daß Frau Vestager in diesem politischen Abgleich das Rennen macht.

Der dümmste Streich wäre wohl, wenn das EU-Parlament sich vom EU-Ministerrat einen Kommissionspräsidenten vorschreiben ließe. Dann wäre der Weg hin zu mehr politischer Legitimation der EU-Institutionen erst einmal wieder versperrt. Aber das wird den EU-Parlamentariern klar sein, und deshalb werden sie auch um ihren politischen Besitzstand kämpfen.
Wunsch und Wirklichkeit sind zwei verschiedene paar Schuhe. Die Machtpolitik bei der Postenvergabe kann man bei allem Idealismus schlichtweg nicht übersehen. Frankreich blockiert, weil sie gerne einen Franzosen hätten (Barnier). Deutschland hat mal wieder keine Eier und möchte wegen dem europäischen Gedanken nicht unbedingt seinen Kandidaten mit aller Gewalt durchdrücken.

Der Rat hat die Spitzenkandidaten quasi beerdigt und externe Kandidaten außerhalb der Fraktionen und dem Parlament, können das Parlament bei Gesetzesinitativen einfach übergehen, was dem Rat ebenfalls aus reiner Machtpolitik schlichtweg lieber ist.

Am Ende ist so gut wie sicher, dass sich Italien, Frankreich und Deutschland einen Spitzenjob sichern und man aus Gutmütigkeit den ein oder anderen Job unter zufälligen Ländern verteilt. Langfristig funktioniert dieses Geschacher der nationalen Machtinteressen schlichtweg nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

frems hat geschrieben:(24 Jun 2019, 15:36)

Naja, das informelle System der Spitzenkandidaten hat man 2014 erstmals angewandt. Folglich wurde Juncker Kommissionspräsident und Schulz Parlamentspräsident. Eine Pflicht hierzu gibt's aber nicht. Gewählt wird ja weiterhin das Parlament, das wiederum die Kommission samt Präsidenten wählt. Man könnte natürlich darüber nachdenken, den Präsidenten der Kommission parallel direkt wählen zu lassen. Aber das wollen die nationalen Staats- und Regierungschefs ja nicht.
Besonders viel Rückhalt bei den EU-Bürgern, insbesondere den eigenen Wählern, hat Macron mit seiner Position zum Spitzenkandidaten nicht.

"Eine sehr große Mehrheit der EU-Bürger ist der Meinung, dass die Staats- und Regierungschef der EU das Spitzenkandidatenprinzip respektieren sollen. Das meinen auch 85 Prozent der Anhänger der Macron-Partei "La Republique en Marche". Und 88 Prozent der Anhänger von "Renew Europe" (RE), der liberalen Parteienfamilie in Europa, der Macrons Partei angehört. Macron kann sich in seinem Kampf gegen das System der Spitzenkandidaten also nicht einmal auf seine eigenen Wähler berufen. Und auch nicht auf eine Mehrheit der EU-Bürger. Im Schnitt der sieben EU-Staaten, in denen die Umfrage lief, waren 87 Prozent dafür, dass der siegreiche Spitzenkandidat Kommissionspräsident wird." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/kue ... 95096.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

John Galt hat geschrieben:(26 Jun 2019, 19:18)

Wunsch und Wirklichkeit sind zwei verschiedene paar Schuhe. Die Machtpolitik bei der Postenvergabe kann man bei allem Idealismus schlichtweg nicht übersehen. Frankreich blockiert, weil sie gerne einen Franzosen hätten (Barnier). Deutschland hat mal wieder keine Eier und möchte wegen dem europäischen Gedanken nicht unbedingt seinen Kandidaten mit aller Gewalt durchdrücken.

Der Rat hat die Spitzenkandidaten quasi beerdigt und externe Kandidaten außerhalb der Fraktionen und dem Parlament, können das Parlament bei Gesetzesinitativen einfach übergehen, was dem Rat ebenfalls aus reiner Machtpolitik schlichtweg lieber ist.

Am Ende ist so gut wie sicher, dass sich Italien, Frankreich und Deutschland einen Spitzenjob sichern und man aus Gutmütigkeit den ein oder anderen Job unter zufälligen Ländern verteilt. Langfristig funktioniert dieses Geschacher der nationalen Machtinteressen schlichtweg nicht.
Das EU-Parlament wird dem EU-Ministerrat dessen Grenzen aufzeigen: alles andere wäre aus meiner Sicht eine Überraschung. Europa ist angetreten, die alte Nationalstaatsherrlichkeit zu überwinden. Wir erleben deren letzte Zuckungen und ein Aufbegehren in etlichen Staaten der EU. Wer aber begehrt auf? Das Volk? Nein, die an ihre Macht gewohnten Machteliten, die ihre Macht gern behielten, die gern auf der großen Weltbühne G7, G20 zeigen, wie wichtig sie sind. Das Hin und Her wird uns Europäer noch eine ganze Zeitlang begleiten, aber die Würfel sind gefallen. Der Vertrag von Lissabon wird mit Sicherheit nicht abgewickelt, und das EU-Parlament ist durch Europa-Wahlen höher für die EU-Belange legitimiert als der EU-Ministerrat.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 19:42)

Das EU-Parlament wird dem EU-Ministerrat dessen Grenzen aufzeigen: alles andere wäre aus meiner Sicht eine Überraschung. Europa ist angetreten, die alte Nationalstaatsherrlichkeit zu überwinden. Wir erleben deren letzte Zuckungen und ein Aufbegehren in etlichen Staaten der EU. Wer aber begehrt auf? Das Volk? Nein, die an ihre Macht gewohnten Machteliten, die ihre Macht gern behielten, die gern auf der großen Weltbühne G7, G20 zeigen, wie wichtig sie sind. Das Hin und Her wird uns Europäer noch eine ganze Zeitlang begleiten, aber die Würfel sind gefallen. Der Vertrag von Lissabon wird mit Sicherheit nicht abgewickelt, und das EU-Parlament ist durch Europa-Wahlen höher für die EU-Belange legitimiert als der EU-Ministerrat.
So eine krasse Fehleinschätzung habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Ausgerechnet ihr zigfach hochgelobter Mustereuropäer Macron verhält sich am uneuropäischten und denkt nicht im Traum daran den Vorstellungen des EU-Parlaments zu folgen. Wer soll ihn denn als Mustereuropäer ersetzen? Das EU-Parlament als Ganzes?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Ger9374 »

Macron ist genauso Machtpolitiker für die Interessen seines Landes wie alle anderen Staatslenker in anderen Ländern auch.
Allerdings zeichnet Macron sich durch sein Europa engagement aus.Im vergleich zu anderen hebt sich Macron dadurch deutlich ab. Über Seine Initiativen lässt sich streiten, aber er zeigt wenigstens Initiative!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(26 Jun 2019, 20:04)

So eine krasse Fehleinschätzung habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Ausgerechnet ihr zigfach hochgelobter Mustereuropäer Macron verhält sich am uneuropäischten und denkt nicht im Traum daran den Vorstellungen des EU-Parlaments zu folgen. Wer soll ihn denn als Mustereuropäer ersetzen? Das EU-Parlament als Ganzes?
Das wäre nicht die schlechteste Lösung zur Abschaffung nationaler Vormachtstellungen. In einem ordentlich regierten Gemeinwesen ist nur einmal das Parlament der Sitz aller Gewalt. Das EU-Parlament hat seit 10 Jahren beträchtliche Machtverschiebungen durchgesetzt, die es sich auch von einem Präsidenten Macron nicht nehmen lassen wird. Wenn Präsident Macron klug ist, dann wird er diesem Machtkampf ausweichen.

Was er unterhalb dieser Ebene anstellt mit Deutschland oder anderen Partnern, das muß die EU weiter bringen als Gemeinschaft, meinetwegen vorauseilend in einer Gruppe von Staaten der EU. Also das, was in Aachen Anfang des Jahres angesprochen wurde. Darin sehe ich keine Spaltung, sondern eine auf weitere Vereinigungsschritte hinwirkende Gruppe in der Gemeinschaft. Da werden womöglich Nationalstaaten politisch auf oberer Ebene verschmolzen. D & F machen vielleicht den Anfang.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(26 Jun 2019, 20:17)

Macron ist genauso Machtpolitiker für die Interessen seines Landes wie alle anderen Staatslenker in anderen Ländern auch.
Allerdings zeichnet Macron sich durch sein Europa engagement aus.Im vergleich zu anderen hebt sich Macron dadurch deutlich ab. Über Seine Initiativen lässt sich streiten, aber er zeigt wenigstens Initiative!
Genau so ist es; nur muß Präsident Macron dringend vermeiden, die Europäische Union als seine Machtbasis zu verstehen. Er ist der legitime Staatspräsident Frankreichs. Auf der Ebene kann er innerhalb der Gemeinschaft durchaus gestaltend tätig werden. Etwa eine immer weiter voran getriebene Gemeinsamkeit mit Deutschland, meinetwegen mit einer gemeinsamen Regierung und vielen Harmonisierungen, über die man dann eifrig diskutieren müßte. Das würde wiederum die EU nichts angehen... so sieht es der Vertrag von Lissabon auch vor.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(26 Jun 2019, 17:47)
Fast jedes Land bekommt dafür einen Kommissar in der Kommission. Ratspräsident und Außenbeauftragter sind sowieso Sekretäre der 27 Regierungschefs. Im EU-Parlament gibt es ja auch nur 6 oder 7 Parteienfamilien. Im Direktoriumsrat der EZB hat jedes EWU-Mitglied eine Stimme.
John Galt hat geschrieben:(26 Jun 2019, 19:10)
EU-Komissare haben keinen Gestaltungsspielraum und sind im Endeffekt unwichtige Jobs. Kein Land auf der Welt hat 28 Ministerien, die Überschneidungen in den Bereichen sind ein weiteres Negativmerkmal.
Komissare haben einen Gestaltungsspielraum gemäß der im Lissabon-Vertrag festgelegten Kompetenzabgrenzung beim Einbringen von Gesetzesvorschlägen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
" Bei ausschließlichen Kompetenzen (Art. 3 Abs. 1 lit. a–e, Abs. 2 AEUV) der Union ist nur die EU zuständig. Hierzu zählen insbesondere Handelspolitik und Zollunion.
Im Fall der geteilten Zuständigkeit (Art. 4 AEUV) ist die EU zuständig, die Mitgliedstaaten können jedoch Gesetze erlassen, soweit die Union dies nicht selbst tut. Dies umfasst unter anderem die Bereiche Binnenmarkt, Agrarpolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik und Verbraucherschutz.
Bei einer unterstützenden Zuständigkeit (Art. 6 AEUV) kann die EU Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützen, koordinieren oder ergänzen, aber nicht selbst gesetzgeberisch tätig werden. Dies gilt unter anderem in den Bereichen Gesundheitspolitik, Industriepolitik, Bildungspolitik und Katastrophenschutz.
Zusätzlich genannt werden im Vertragstext (Art. 5 AEUV) die intergouvernementalen Bereiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie in Art. 21 bis 46 EUV die Außen- und Sicherheitspolitik, in denen die EU Leitlinien festlegen kann, jedoch nur durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten im Ministerrat."
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Wähler hat geschrieben:(27 Jun 2019, 05:51)

Komissare haben einen Gestaltungsspielraum gemäß der im Lissabon-Vertrag festgelegten Kompetenzabgrenzung beim Einbringen von Gesetzesvorschlägen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
" Bei ausschließlichen Kompetenzen (Art. 3 Abs. 1 lit. a–e, Abs. 2 AEUV) der Union ist nur die EU zuständig. Hierzu zählen insbesondere Handelspolitik und Zollunion.
Im Fall der geteilten Zuständigkeit (Art. 4 AEUV) ist die EU zuständig, die Mitgliedstaaten können jedoch Gesetze erlassen, soweit die Union dies nicht selbst tut. Dies umfasst unter anderem die Bereiche Binnenmarkt, Agrarpolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik und Verbraucherschutz.
Bei einer unterstützenden Zuständigkeit (Art. 6 AEUV) kann die EU Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützen, koordinieren oder ergänzen, aber nicht selbst gesetzgeberisch tätig werden. Dies gilt unter anderem in den Bereichen Gesundheitspolitik, Industriepolitik, Bildungspolitik und Katastrophenschutz.
Zusätzlich genannt werden im Vertragstext (Art. 5 AEUV) die intergouvernementalen Bereiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie in Art. 21 bis 46 EUV die Außen- und Sicherheitspolitik, in denen die EU Leitlinien festlegen kann, jedoch nur durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten im Ministerrat."
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Ger9374 »

Was mich etwas irritiert, warum nach den Aachener Verträgen(absichtserklärungen)
jetzt dieses gewürge um die Posten in Brüssel eintritt.Hatte ein engeres abgestimmtes auftreten von D/F erwartet.
Da sind sich Merkel und Macron wohl doch nicht immer wohlgesonnen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(27 Jun 2019, 07:40)

Was mich etwas irritiert, warum nach den Aachener Verträgen(absichtserklärungen)
jetzt dieses gewürge um die Posten in Brüssel eintritt.Hatte ein engeres abgestimmtes auftreten von D/F erwartet.
Da sind sich Merkel und Macron wohl doch nicht immer wohlgesonnen.
Wie denn auch? Es gibt doch erkennbar Interessenunterschiede im Bereich des Finanzwesens; dabei würde es noch nicht einmal helfen, wenn Deutschland die französische Zumutung hinnähme, denn andere Europartner sehen doch auch, daß da eine Staatssanierung Frankreichs zu ihren Lasten angesteuert wird.

Auch sehe ich, daß die Kanzlerin auf ihre sehr typische Weise will, daß das EU-Parlament als EU-Institution gestärkt wird, also die ungekrönten Könige Europas im EU-Ministerrat ins 2. Glied treten sollten. Das ist die Europapolitik der Kanzlerin.

Im zweiseitigen Verhältnis Deutschland-Frankreich ginge sicher viel mehr im Sinne von Harmonisierung und gemeinsamen Ministerien... so lange das Konzept "Europa" davon nicht berührt wird.

Das Europa der Vaterländer mit Frankreich an möglichst vielen Schaltstellen europäischer Macht wird es mit deutscher Unterstützung nicht geben. Diese beiden Gesichtspunkte müssen wir wohl klar unterscheiden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Cave canem: Der Feind heißt Macron.

https://www.welt.de/debatte/kommentare/ ... acron.html

Ich sagte es von Anfang an. Immer mehr Beobachter kommen zum gleichen Schluss.

Was dagegen tun? Eine Achse mit den Nord(West)Osteuropäern schmieden und die Osteuropäer einbinden.

Merkel hat die leider mit ihrer verfluchten Immigationspolitik an den Rand gedrängt.

Den Süden muss man spalten. Man darf die Italiener nicht aus den Augen verlieren.

Aber wie soll eine Hamburger Protestaktion, aufgewachsen in weltpolitischer Isolation in einem kommunistischen Elternhaus das jemals verstehen?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Genau genommen erleben wir derzeit den Kampf um die künftige Verfassung Europas: Als Europa der Vaterländer, in dem der EU-Ministerrat weiterhin das Sagen hat, gegen einen Bundesstaat Europa, der von seinem Parlament als Machtzentrum vertreten wird.

Ich tippe darauf, daß das EU-Parlament nach einigem ärgerlichen Hin und Her sagen wird, wer die EU und seine Institutionen demnächst führen wird.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Falscher Dampfer.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Interessant ist, wenn man diese und die letzen Perioden betrachtet, dass die Italiener aus nationaler Sicht komplett abgeräumt haben. Draghi und Federica Mogherini.

Frankreich ist im Prinzip komplett leer ausgegangen bei den Topjobs in letzter Zeit. Sogar Großbritannien hatte mehr bekomme mit Ashton. Kein Wunder dass Macron gegen alle Tamtam macht.

Deutschland hatte den Parlamentspräsidenten und ESM-Chef und will jetzt den Kommissionspräsidenten/EZB-Chef.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

John Galt hat geschrieben:(27 Jun 2019, 22:37)

Interessant ist, wenn man diese und die letzen Perioden betrachtet, dass die Italiener aus nationaler Sicht komplett abgeräumt haben. Draghi und Federica Mogherini.

Frankreich ist im Prinzip komplett leer ausgegangen bei den Topjobs in letzter Zeit. Sogar Großbritannien hatte mehr bekomme mit Ashton. Kein Wunder dass Macron gegen alle Tamtam macht.

Deutschland hatte den Parlamentspräsidenten und ESM-Chef und will jetzt den Kommissionspräsidenten/EZB-Chef.
Frankreich hatte Delors. Die Ausgeburt des Teufels, und Trichet, den Todesgräber des Euro.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(27 Jun 2019, 05:51)
Komissare haben einen Gestaltungsspielraum gemäß der im Lissabon-Vertrag festgelegten Kompetenzabgrenzung beim Einbringen von Gesetzesvorschlägen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
" Bei ausschließlichen Kompetenzen (Art. 3 Abs. 1 lit. a–e, Abs. 2 AEUV) der Union ist nur die EU zuständig. Hierzu zählen insbesondere Handelspolitik und Zollunion.
Im Fall der geteilten Zuständigkeit (Art. 4 AEUV) ist die EU zuständig, die Mitgliedstaaten können jedoch Gesetze erlassen, soweit die Union dies nicht selbst tut. Dies umfasst unter anderem die Bereiche Binnenmarkt, Agrarpolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik und Verbraucherschutz.
Bei einer unterstützenden Zuständigkeit (Art. 6 AEUV) kann die EU Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützen, koordinieren oder ergänzen, aber nicht selbst gesetzgeberisch tätig werden. Dies gilt unter anderem in den Bereichen Gesundheitspolitik, Industriepolitik, Bildungspolitik und Katastrophenschutz.
Zusätzlich genannt werden im Vertragstext (Art. 5 AEUV) die intergouvernementalen Bereiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie in Art. 21 bis 46 EUV die Außen- und Sicherheitspolitik, in denen die EU Leitlinien festlegen kann, jedoch nur durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten im Ministerrat."
John Galt hat geschrieben:(27 Jun 2019, 06:51)
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5 verschiedene Komissare die am Ende alles das gleiche Ressort haben. Sind und bleiben unwichtige Jobs, da die auch noch den Präsidenten und die Regierungschefs über sich haben.
Eine Verringerung der Zahl der Kommissare wurden bereits von einzelnen Regierungschefs erwägt. Die EU-Kommission ist auch eher eine Behörde, die über die Einhaltung der Verträge wacht und wie eine Regierung Gesetze in den Entscheidungsprozess zwischen dem Rat der Regierungschefs und dem Europäischen Parlament einbringt. Der Vergleich mit nationalen Staaten ist also nur eingeschränkt sinnvoll. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass bestimmte Politikfelder nur noch supranational im Verhältnis zu den USA und China beackert werden können.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Eine Verringerung der Zahl der Kommissare wurde bereits von einzelnen Regierungschefs erwogen.
Was auf den ersten Blick als Zersplitterung erkannt wird, behält nach einem 2. Blick doch Sinn: Auf diese Weise ist jeder Partner mit seinem Kommissar in die EU-Kommission eingebunden als Gleicher unter Gleichen. Das Geheimnis heißt dann aber kollegiale Zusammenarbeit und Arbeitsteilung. Denn es bleibt natürlich wahr: Die Zahl der politischen Felder vergrößert sich nicht mit der Zahl der Kommissare... vielleicht aber die Gründlichkeit, mit der die geteilten Felder beackert werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Quatschki hat geschrieben:(aus einem Klimathread; 29 Jun 2019, 12:09)
Für das Überleben der Menschheit ist entscheidend, dass sie ihre Handlungsfähigkeit und wissenschaftlich-technische Innovationskraft behält, kurzum dass sie nicht in Barbarei, Anarchie, religiösem Fundamentalismus und Krieg versinkt.
Dafür ist es essenziell, dass sich der funktionierende Teil der Menschheit aus dem Willen zur Selbsterhaltung heraus gegen die failed States abgrenzt und schützt und sich mit einem Cordon sanitaire umgibt, so wie er es einst gegen den kommunistischen Machtblock getan hat.
Denn wer alles defendieren will defendieret gar nichts!
Die EU wäre für einen solchen Cordon sanitaire genau die richtige Handlungsinstanz. Doch in den EU-Institutionen besteht immer noch kein Problembewusstsein (wohl infolge der weiter grassierenden Gutmenschen- und Weltrettungsideologie). Ob die neue EU-Kommission endlich an die Arbeit geht? Falls sie es nicht tut, könnte sich die EU in ihrer jetzigen Gestalt rasch als obsolet entpuppen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Ger9374 »

Eine obsolete E.U wäre ein Rückschritt für das freie Europa.So fehler behaftet die E.U sein mag so ist die doch ein Meilenstein für die kriegsgebeutelten Staaten Europas gewesen! Und das war erst der beginn dieser Erfolgsstory!!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

Merkel hat schon damals sehr starke Schwäche gezeigt als sie keinen Bundespräsidenten durchgekriegt hat und einen SPD-Bundespräsident akzeptiert hat.

Ich denke hier wird eine sehr dramatische Fehlentscheidung getroffen die weitreichende Folgen hat, wenn es tatsächlich darauf hinausläuft, dass Weber geopfert wird um Weidmann als EZB-Chef durchzusetzen.

Die Folge davon wird sein, dass wenn die Südstaaten u.a. Italien in einer kommenden Rezession nach zig Jahren Bullenmarkt unter die Räder kommen und Weidmann die Zinsen erhöht und eine restriktive Geldpolitik fährt, was die wirtschaftliche Erholung beeinträchtigen würde. Der Hass an der Misere dann vollkommen auf den deutschen EZB-Chef abgeladen wird. Damit eröffnet man dann schlussendlich neue Sollbruchstellen im EU-Gefilde. Letztendlich ist der EZB-Chef auch nur eine Stimme im Direktoriat, allerdings kennt keine Sau die anderen Direktoren, das Bild vom Chef landet allerdings in allen Zeitungen.

Wie viel Dissens verträgt die EU? Nach dem migrationskritischen Osten und dem wirtschaftlich überfahrenen Süden, wer verliert dann als nächster die Lust?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

@ John Galt:

Sie glauben weiterhin an die Macht der Hauptdarsteller im EU-Ministerrat. Ja, man könnte wirklich meinen, daß dieser Rückschritt in der Legitimation der EU-Instanzen eine Chance hat. Bis zum Beweis des Gegenteils bin ich davon überzeugt, daß das mit hoher Wahlbeteiligung gewählte EU-Parlament die Samthandschuhe ausziehen wird und um seine demokratische Legitimation kämpfen wird. Die hatte das Parlament gegen den Buchstaben des Regelwerks errungen.

Meine Vorhersage: Der EU-Ministerrat wird gar nichts auf die Reihe bringen, weil das EU-Parlament die von ihm ausgekungelte EU-Kommission nicht zulassen wird. Und dann wird der EU-Ministerrat einknicken und zur Vernunft kommen.

Solche Kungeleien Weidmann/EZB und Barnier/Kommission sind doch im Grunde widerlich... vor allem mit Blick auf das europäische Demokratieverständnis, die Rücksicht auf den Volkswillen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von John Galt »

H2O hat geschrieben:(29 Jun 2019, 20:06)
Meine Vorhersage: Der EU-Ministerrat wird gar nichts auf die Reihe bringen, weil das EU-Parlament die von ihm ausgekungelte EU-Kommission nicht zulassen wird. Und dann wird der EU-Ministerrat einknicken und zur Vernunft kommen.

Solche Kungeleien Weidmann/EZB und Barnier/Kommission sind doch im Grunde widerlich... vor allem mit Blick auf das europäische Demokratieverständnis, die Rücksicht auf den Volkswillen.
Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass das Parlament den vorgeschlagegen Komissionspräsidenten ablehnt. Im Gegenteil, ich sehe die Küngelei als noch viel schlimmer an, denn der Rat wird letztendlich auch den Parlamentspräsidenten bestimmen, der ebenfalls zu den Topjobs gehört.
Unter anderem hat man auch deshalb den Termin auf heute gelegt, weil am 2.7 der Parlamentspräsident gewählt wird.



Am besten wäre es, wenn jemand die Sitzung heute Nacht filmt und die Prozesse entblößt. Das wäre mal ein echter Kracher.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

John Galt hat geschrieben:(30 Jun 2019, 09:41)

Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass das Parlament den vorgeschlagegen Komissionspräsidenten ablehnt. Im Gegenteil, ich sehe die Küngelei als noch viel schlimmer an, denn der Rat wird letztendlich auch den Parlamentspräsidenten bestimmen, der ebenfalls zu den Topjobs gehört.
Unter anderem hat man auch deshalb den Termin auf heute gelegt, weil am 2.7 der Parlamentspräsident gewählt wird.



Am besten wäre es, wenn jemand die Sitzung heute Nacht filmt und die Prozesse entblößt. Das wäre mal ein echter Kracher.
Ich bin immer noch hoffnungsfroh gestimmt, daß der EU-Ministerrat seine wohlverdiente Abfuhr erhält und das Parlament seine legitimen Rechte wahrnimmt, die ihm mit der Wahlbeteiligung zu den Europawahlen bestätigt wurden. Einzige Furcht: Die 5. Kolonne der Populisten, die die EU unbedingt in die Bedeutungslosigkeit manövrieren will. Diese Gegenkraft sitzt auch im EU-Parlament.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Politico 29. Juni 2019 In a slap at Macron, German chancellor focuses on a leadership deal between conservatives and social democrats
https://www.politico.eu/article/merkel- ... p-eu-jobs/
"Macron's dismissal of Vestager's chances surprised and angered even some leaders from his own centrist-liberal political family. He followed up those remarks with a statement in Japan on Thursday, in which he warned that the EU would enter "a cycle of institutional dysfunction" if the Council failed to reach a decision on Sunday.
Merkel, who remains the EU's most influential leader, appeared to reject that statement.
"There will be no inter-institutional conflict at this stage," Merkel said, even as she cautioned that a deal was not guaranteed.
"You know that not all member states of the EU have heads of government who, for example, belong to a party family, which means that we cannot simply talk about party families without consulting everyone," she said. "But we are on a path that may make it possible to achieve a result tomorrow."

Der Rat der Regierungschefs hat das Vorschlagsrecht und muss mit qualifizierter Mehrheit wählen, das europäische Parlament kann den vom Rat gewählten EU-Kommissionspräsidenten-Kandidaten mit Mehrheit ablehnen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Interessanter Presseclub (Podcast + nachgefragt) zum Thema: Sondergipfel in Brüssel - Wer setzt sich durch im Postenstreit?
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendunge ... l-100.html
Fazit:
Offenbar hat man sich beim G20-Treffen auf Timmermans geeinigt, wobei Vestager als Notnagel dient, sollte es zu einer Sperrminorität von 35% kommen.
Das Spitzenkandidatprinzip wird als deutsche Erfindung verstanden, um über die EVP Merkels Einfluss auch im EU-Parlament deutlich zu machen.
Der heutige Sondergipfel ohne Wahlvorschlag-Ergebnis würde die Blockierer in der EU stärken.
Die Regeln für die Abstimmung zwischen den EU-Institutionen bleiben für viele Wähler nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Es gibt Berichte dass sich der Europarat auf Timmermans als EU-Kommissionspräsident und Manfred Weber als EU-Parlamentspräsident geeinigt haben soll. Von Timmermans erwarte ich dann nicht nur dass er Allen Alles verspricht sondern auch Allen alle Wünsche erfüllt. Daran wird er gemessen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Orbiter1 hat geschrieben:(30 Jun 2019, 14:54)

Es gibt Berichte dass sich der Europarat auf Timmermans als EU-Kommissionspräsident und Manfred Weber als EU-Parlamentspräsident geeinigt haben soll. Von Timmermans erwarte ich dann nicht nur dass er Allen Alles verspricht sondern auch Allen alle Wünsche erfüllt. Daran wird er gemessen.
Das war eine sehr weise Entscheidung; handelt es sich doch um die zwei Spitzenkandidaten mit den meisten Stimmen, wenn auch keiner die absolute Mehrheit erringen konnte, und beide zusammen auch nicht.

Damit wird das EU-Parlament keineswegs brüskiert... schließlich ist das Konzept "Spitzenkandidat" zum Zuge gekommen. Ich freue mich auf Herrn Timmermans. Der hatte aus meiner Sicht im Streit mit Polen eine sehr gute Partie abgeliefert! In Herrn Timmermans sehe ich auch einen Europäer durch und durch. Ganz wunderbar! Hoffentlich macht das EU-Parlament jetzt nicht noch aus Prinzip ein Theater!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 Jun 2019, 19:42)

Das war eine sehr weise Entscheidung; handelt es sich doch um die zwei Spitzenkandidaten mit den meisten Stimmen, wenn auch keiner die absolute Mehrheit erringen konnte, und beide zusammen auch nicht.

Damit wird das EU-Parlament keineswegs brüskiert... schließlich ist das Konzept "Spitzenkandidat" zum Zuge gekommen. Ich freue mich auf Herrn Timmermans. Der hatte aus meiner Sicht im Streit mit Polen eine sehr gute Partie abgeliefert! In Herrn Timmermans sehe ich auch einen Europäer durch und durch. Ganz wunderbar! Hoffentlich macht das EU-Parlament jetzt nicht noch aus Prinzip ein Theater!
Die qualifizierte Mehrheit ist Timmermans im Europäischen Rat noch nicht sicher. Die Visegradstaaten lehnen ihn ab und versuchen weitere Staaten dafür zu gewinnen. Angeblich hat man Timmermans eine Reihe von eingeleiteten EU-Verfahren nicht verziehen. Hieß es jedenfalls auf phoenix.
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