Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

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Wolverine
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Wolverine »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:01)

Selbstverständlich nicht, es ist meines Erachtens eine nachvollziehbare Entwicklung, wenn sich Menschen von fröhlicher, unbelasteter Jugend in dem Moment, wo sie sich mit Verantwortung, nicht nur partnerschaftlich, sondern explizit mit Kindern, konfrontiert sehen, Richtung dessen bewegen, was von links aus als gesellschaftlich konservativ betrachtet wird. Siehe auch die verlinkte Definition von bürgerlicher Mitte, in der Sicherheit der finanziellen Absicherung favorisiert wird. Für mich ist es selbstverständlich, dass man als verantwortungsbewusste Eltern seinen Kindern den Startschuss in ein gesichertes Leben ermöglichen will, dass man selbst im Alter abgesichert leben will und das man Verunsicherung empfindet, wenn eine Regierung gesteigerte Abgabemodelle öffentlich diskutiert.

Nur hat diese Besinnung auf konservative, besser vielleicht gesagt, konventionelle Absicherung, nichts mit Rechtsruck zu tun. Der ist eine bloße Vermutung, die bisher durch nichts belegbar ist, auch nicht durch ein paar % offensichtlich wenig langfristig denkfähiger rechtspopulistischer “Protestwähler“, die mit ihrer Wahl genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie anstreben. Nämlich letztendlich eine durch erzwungene Kompromissfähigkeit Regierungsmelange, die im Zweifelsfall den gefürchteten Linksruck begünstigt.

Wenn Sie mich fragen, dann will die bürgerliche Mitte exakt das, was in der Definition beschrieben ist, ein gesichertes, in vorhersehbaren Bahnen langfristig planbares Leben und sich in großen Teilen durchaus bewusst, dass sie dieses nicht durch einen Rechtsruck oder Linksruck ermöglicht bekommt, weshalb sie beidem äusserst misstrauisch gegenüber steht.
Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. :thumbup:
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JJazzGold
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von JJazzGold »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:00)

Genau. Wolfgang Fritz Haug zum Beispiel hat immer dazu geforscht. Und natürlich auch jüngere Wissenschaftler befassen sich heute wieder mit dem Fetischcharakter der Waren.

Ja, was ich aber mit meinen Beschreibungen meine, ist natürlich der globale Kapitalismus und nicht die kleine gemütliche Wohlstands-Enklave Deutschland. Wobei zwei Millionen arme Kinder auch für so ein reiches "gemütliches" Deutschland schon arg viel sind. Eine Schande. Ja, ich weiß, es geht in Deutschland "nur" um relative Armut. Trotzdem ist Chancengleichheit am Beginn des Lebens dieser Kinder schon mal nicht gegeben. Und schaut man sich generell auf der Welt um, da dürfte einen das gravierende millionenfache Elend eigentlich nicht mehr schlafen lassen. Das hat nichts mit Lieschen Müllers Geborgenheits-Aufstiegs-Geschichte zu tun, die es trotz ärmlicher Verhältnisse aus eigener Kraft geschafft hat. Courths-Mahler lässt grüßen. Einzelne Beispiele von der Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte gibt es immer wieder, sie sind beliebte Geschichten aus der bürgerlichen Mitte. Sie haben aber nichts mit der Gesellschaft, mit typischen Prozessen zu tun und daher keine Allgemeingültigkeit. Und ja, es ist offen, ob bestimmte linkssozialistische und linksliberale Lösungsansätze - siehe Bernie Sanders - heute noch oder wieder greifen. Ich weiß es nicht. Nur in den USA scheint es schon recht viele Leute zu geben, die Sanders gerne folgen. Immerhin bringt er es mit seinen tausenden "freiwilligen Unterstützern" in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl im November 2020 bereits heute auf 23 Prozent nach Joe Biden mit fast 30 Prozent. So siehts bei den Demokraten aus, während die Republikaner offenbar außer dem Rechtspopulisten Trump nix zu bieten haben. Das ist mit den linken Ideen schon regional und international sehr unterschiedlich. Und ich glaube, weltweit werden die Sympathien für linke sozialkritische Ideen (und Vorhaben zur Veränderung der Misere) wieder wachsen. Vom linken Christen Bodo Ramelow hätte früher auch keiner geglaubt, dass der so beliebt in der Bevölkerung - weit über die Linken-Anhänger hinaus - sein könnte.
"Hedwig Courths-Mahler", Sie ausgeprägte Einzelfall Propagandistin, diese Vertreterin der sog. bürgerliche Mitte, sorgt auch noch heute noch dafür, dass Ihnen und vielen anderen Ihrer Genossen der Ar... beim Anblick der zur Verfügung stehenden monetären Versorgung nicht monatlich auf Grundeis geht, weil ihre Kommunistenparteifreunde jegliches angesammeltes Vermögen, soweit dieses überhaupt noch existierte, korrupt ohnegleichen rechtzeitig dem Zugriff der Sozial- und Rentenkassen entzogen.

Die verlangt keine Dankbarkeit, aber ihr steht Respekt zu, den Sie offensichtlich allen gegenüber, die den Willen zur persönlichen Entwicklung hatten, vermissen lassen, weil das für Sie bereits unter "rächts" zu verbuchen ist.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 08:07)

Was, um den Bogen zu schlagen, die bürgerliche Mitte wahrnimmt. Zu der ich mich gemäß Definition

https://admeira.ch/news-studien/sinus-m ... iche-mitte

nicht zählen kann, von der ich aber Zeit meines Lebens anteilig umgeben war und es auch hier wieder bin. Die Definition lässt sich problemlos auf nahezu alle Mitglieder meiner Jugendclique übertragen. Das Ziel war in erster Linie, ein sicherheitsorientierte Leben zu führen, was dazu führte, dass sich nahezu alle aus beruflichen Gründen aus der dörflichen Region entfernten. Heute sind wir bis auf zwei Ausnahmen alle wieder vor Ort. Aber trotz dieser eher konventionellen Einstellung ist keine Spur eines Rechtsrucks zu erkennen.

Weshalb ich das Rechtsruck affine Verhalten dort vermute, wo sich aufgrund von Selinas Einstellung von “bleiben müssen“ eine generationsübergreifende Schicht unterhalb der bürgerlichen Mitte gebildet hat, die unflexibel regional vernietet ist. Was sich in der verstärkten Wahl der Parteien am linken und rechten Rand niederschlägt. Weil dort nicht auf sich selbst gesetzt wird, sondern auf den “Rundum Sorglos Kindergarten Staat“.
Nein, selbstverständlich setze ich nicht auf so einen Unfug wie den “Rundum Sorglos Kindergarten Staat“. Ich selbst hab mich auch aus ärmlichen Verhältnissen und vorwiegend aus eigener Kraft in halbwegs vernünftige Verhältnisse "hochgehangelt". Und dennoch gab es auch Lebensumstände und gesellschaftliche Voraussetzungen, die das ermöglicht haben. Es geht um eine Kombination aus "auf sich selbst setzen", wie Sie sagen, und aus staatlicher Hilfe in prekären Verhältnissen, dort, wo es nötig ist. Woran es der FDP und etlichen ihrer Anhänger aber grundsätzlich mangelt, das ist eine sozialkritische, eine gesellschaftskritische Sicht. Und deshalb wurschtelt die Partei auch im einstelligen Bereich herum. Deshalb laufen ihr die Grünen den Rang ab. Die haben den Zug der Zeit halt eher erwischt.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Wolverine »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:16)

"Hedwig Courths-Mahler", Sie ausgeprägte Einzelfall Propagandistin, diese Vertreterin der sog. bürgerliche Mitte, sorgt auch noch heute noch dafür, dass Ihnen und vielen anderen Ihrer Genossen der Ar... beim Anblick der zur Verfügung stehenden monetären Versorgung nicht monatlich auf Grundeis geht, weil ihre Kommunistenparteifreunde jegliches angesammeltes Vermögen, soweit dieses überhaupt noch existierte, korrupt ohnegleichen rechtzeitig dem Zugriff der Sozial- und Rentenkassen entzogen.

Die verlangt keine Dankbarkeit, aber ihr steht Respekt zu, den Sie offensichtlich allen gegenüber, die den Willen zur persönlichen Entwicklung hatten, vermissen lassen, weil das für Sie bereits unter "rächts" zu verbuchen ist.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von JJazzGold »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:17)

Nein, selbstverständlich setze ich nicht auf so einen Unfug wie den “Rundum Sorglos Kindergarten Staat“. Ich selbst hab mich auch aus ärmlichen Verhältnissen und vorwiegend aus eigener Kraft in halbwegs vernünftige Verhältnisse "hochgehangelt". Und dennoch gab es auch Lebensumstände und gesellschaftliche Voraussetzungen, die das ermöglicht haben. Es geht um eine Kombination aus "auf sich selbst setzen", wie Sie sagen, und aus staatlicher Hilfe in prekären Verhältnissen, dort, wo es nötig ist. Woran es der FDP und etlichen ihrer Anhänger aber grundsätzlich mangelt, das ist eine sozialkritische, eine gesellschaftskritische Sicht. Und deshalb wurschtelt die Partei auch im einstelligen Bereich herum. Deshalb laufen ihr die Grünen den Rang ab. Die haben den Zug der Zeit halt eher erwischt.

Da Sie eine Vertreterin des "sitzen bleiben müssens" sind, kann Ihnen zwangsläufig nur ein Rundum Sorglos Kindergarten Staat das Leben ermöglichen, welches Sie sich erträumen. Für alles andere müssten Sie nämlich nicht fixiert, sondern flexibel sein. Weshalb Ihnen liberales Gedankengut zwangsläufig erschreckend vorkommen muss, da Sie sich, um es wahrzunehmen zu können, in jeglicher Hinsicht "bewegen müssten".

Zuletzt geändert von JJazzGold am Di 30. Apr 2019, 11:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von JJazzGold »

Wolverine hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:19)

Der Kapitalismus dient den linken als Ausrede für den eigenen Hang zur Gewalt.
Na ja, meist reicht es nicht einmal zur Gewalt, sondern nur zum "dem Nachbarn neidvoll ans Bein pinkeln", was sich deutlich an der Wählerwanderung von Die Linke zur AfD ablesen lässt.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:24)

Da Sie eine Vertreterin des "sitzen bleiben müssens" sind, kann Ihnen zwangsläufig nur ein Rundum Sorglos Kindergarten Staat das Leben ermöglichen, welches Sie sich erträumen. Für alles andere müssten Sie nämlich nicht fixiert, sondern flexibel sein. Weshalb Ihnen liberales Gedankengut zwangsläufig erschreckend vorkommen muss, da Sie sich, um es wahrzunehmen zu können, in jeglicher Hinsicht "bewegen müssten".

Flexibler, als ich mein ganzes Leben lang war, kann man fast nicht sein. Nix "sitzen bleiben müssen". So ein Unfug. Das, was ich getan habe, um nicht an Armut und Problemen aller Art kaputtzugehen, dazu hats schon ne Menge Kraft, Geduld, Mut und Stehvermögen gebraucht. Nee, mich betreffen diese ganzen Anwürfe echt nicht. Und ich muss mir auch nix mehr "erträumen" für mich selbst, höchstens für die Menschen auf dieser Welt, die aufgrund unseres immer größer werdenden Wohlstandes im Elend leben. Für letztere Sicht müsste man allerdings mal über den deutschen und bürgerlichen Mitte-Tellerrand hinausschauen.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von JJazzGold »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:36)

Flexibler, als ich mein ganzes Leben lang war, kann man fast nicht sein. Nix "sitzen bleiben müssen". So ein Unfug. Das, was ich getan habe, um nicht an Armut und Problemen aller Art kaputtzugehen, dazu hats schon ne Menge Kraft, Geduld, Mut und Stehvermögen gebraucht. Nee, mich betreffen diese ganzen Anwürfe echt nicht. Und ich muss mir auch nix mehr "erträumen" für mich selbst, höchstens für die Menschen auf dieser Welt, die aufgrund unseres immer größer werdenden Wohlstandes im Elend leben. Für letztere Sicht müsste man allerdings mal über den deutschen und bürgerlichen Mitte-Tellerrand hinausschauen.
Stammen diese Sätze von Ihnen?

“Sie müssen mit ihnen klarkommen, weil nur diese vorhanden sind auf dem Arbeitsmarkt. Die konservative Legende, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, stimmt da eben nicht. Es gibt Regionen, da bedeutet es schon alleine, "Glück" zu haben, überhaupt eine Arbeit zu finden.“

Das ist eine pauschale Aussage, bezüglich des Bleiben müssens während Sie angeblich der “Hedwig Courths-Mahler lässt grüßen“ Lieschen Müller Einzelfall sind.
Oder auch nicht. Ich kenne Sie nicht, weshalb ich Ihnen nur Ihre eigenen Worte entgegen halten kann.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:36)

Flexibler, als ich mein ganzes Leben lang war, kann man fast nicht sein. Nix "sitzen bleiben müssen". So ein Unfug. Das, was ich getan habe, um nicht an Armut und Problemen aller Art kaputtzugehen, dazu hats schon ne Menge Kraft, Geduld, Mut und Stehvermögen gebraucht. Nee, mich betreffen diese ganzen Anwürfe echt nicht. Und ich muss mir auch nix mehr "erträumen" für mich selbst, höchstens für die Menschen auf dieser Welt, die aufgrund unseres immer größer werdenden Wohlstandes im Elend leben. Für letztere Sicht müsste man allerdings mal über den deutschen und bürgerlichen Mitte-Tellerrand hinausschauen.
Wo kommt denn unser "immer größer werdender Wohlstand" her?
Fällt der uns in den Schoß?
Lassen wir Sklaven für uns schuften?

NEIN - wir erarbeiten uns unseren Wohlstand und tun das seit bereits 150 Jahren. Nicht umsonst war Deutschland zu Beginn des 20. Jh. drittstärkste Industrienation der Welt - nach den USA und GB!
Das haben wir allerdings nicht geschafft, indem gejammert und gewartet haben, dass jemand kommt und uns jemand aus "unserem Elend" befreit, sondern indem hart gearbeitet wurde, "kluge Köpfe" Erfindungen machten, die zum Fortschritt beitrugen und Menschen Eigentinitiative entwickelten.
Alles Dinge, die im linken Denken keinen Platz haben.

Und nochmal NEIN, da muss die bürgerliche Mitte nicht über ihren Tellerand hinausschauen, weil die NICHT für das - von Linken - bejammerte Elend verantwortlich ist.
Wer seinem Elend entrinnen will, muss selbst etwas dafür tun, muss Korruption und Vetternwirtschaft selbst beseitigen.
Nennt sich Eigenverantwortung und Vertrauen in das eigene Können.
Das dies funktioniert, beweisen Korea, Taivan, Singapoore und beweist Ruanda in Afrika.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Wolverine »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:26)

Na ja, meist reicht es nicht einmal zur Gewalt, sondern nur zum "dem Nachbarn neidvoll ans Bein pinkeln", was sich deutlich an der Wählerwanderung von Die Linke zur AfD ablesen lässt.
Jo, akzeptiert.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Apr 2019, 08:57)

Also in meiner Umgebung (Brandenburg, Randberlin) waren die AfD-Plakate die ersten ...

Vorläufige Analysen zu den drei Landtagswahlen in den Ostländern sagen einerseits, dass die AfD tatsächlich so präsent sein wird, wie befürchtet. Andererseits allerdings, und das ist für diese Diskussion wahrscheinlich von einigem Belang: Das Potenzial an AfD-Wählern und Sympathisanten ist bereits jetzt ausgeschöpft. Es liegt bei ungefähr 20 Prozent. Schlimm genug. Aber die Aussage ist ja nicht ganz untrivial, dass da keine oder kaum Luft nach oben ist. Weil die wenigen Reiz-Themen bereits verbrannt sind und für langfristige Konzepte eine ganz andere Art von politischer Aufstellung nötig wäre. Damit wäre einfach nur der Nachvollzug Deutschlands in die europäischen Gesellschaften mit jeweils etwa einem Fünftel bis Sechstel Rechtspopulismus sichtbar. Ein großer Teil zumindest der städtisch geprägten "bürgerlichen Mitte" rudert bereits in die andere Richtung. Siehe Grünen-Aufstieg. Siehe aber auch zum Beispiel die aktuellen EU-Wahlspots der CSU von Manfred Weber. Er rudert auch von der Orbán-Sympathie weg.

Eine Partei, die in den Strudel eines Provokationswettbewerbs gerät, ist letztendlich für die "bürgerliche Mitte" nicht akzeptabel. Direkt vor der (evangelischen) Dorfkirche meines Wohnorts hängt ein NPD-Plakat mit einem Lutherportrait und der Aufschrift "Ich würde NPD wählen". Spätestens an diesem Punkt verabschiedet sich die "Bürgerliche Mitte". Mindestens drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit diese "Bürgerliche Mitte" auch mehrheitlich sich gewissermaßen mit nach rechts aufmacht:

- wirtschaftlicher Erfolg
- politisch-handwerkliche Seriösität, fleißige, definierte Politikarbeiter
- eine gewisse Bereitschaft zu Pragmatismus

Genau das erfüllt eine Partei wie die ungarische Fidesz. Eine gutgehende gepflegte Apotheke ist für mich irgendwie der Inbegriff von bürgerlicher Mittigkeit. In dem Ort in Ungarn, aus dem ich gerade vor einer Woche zurückkam gibts eine solche Apotheke. Und drin hängt eines dieser Plakate, die zur Revanche für die "Schmach von Trianon" aufrufen.
Überträgt man so ein reales ungarisches Geschehen zumindest theoretisch auf Deutschland, dann graust es mir vor so einer Entwicklung fast noch mehr als vor den 13 bis 20 Prozent sich klar positionierenden Rechtsaußen-Kandidaten. So ein geschlossener Mitte-Wechsel der "braven", fleißigen, Ordnung und Sicherheit über alles liebenden und allzeit national denkenden Bürger (die sich selbst natürlich zur "unbefleckten" Mitte zählen) nach rechts würde in meinen Augen das größere Unheil bedeuten. Liberalität, Weltoffenheit (das Wort darf man ja schon gar nicht mehr sagen, wenn man keins aufm Deckel kriegen will) und selbstverständlichen Humanismus, der international ist, wird es dann nicht mehr geben. Zumindest nicht mehr so, wie wir es zum Glück heute noch kennen.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:01)

Selbstverständlich nicht, es ist meines Erachtens eine nachvollziehbare Entwicklung, wenn sich Menschen von fröhlicher, unbelasteter Jugend in dem Moment, wo sie sich mit Verantwortung, nicht nur partnerschaftlich, sondern explizit mit Kindern, konfrontiert sehen, Richtung dessen bewegen, was von links aus als gesellschaftlich konservativ betrachtet wird. Siehe auch die verlinkte Definition von bürgerlicher Mitte, in der Sicherheit der finanziellen Absicherung favorisiert wird. Für mich ist es selbstverständlich, dass man als verantwortungsbewusste Eltern seinen Kindern den Startschuss in ein gesichertes Leben ermöglichen will, dass man selbst im Alter abgesichert leben will und das man Verunsicherung empfindet, wenn eine Regierung gesteigerte Abgabemodelle öffentlich diskutiert.

Nur hat diese Besinnung auf konservative, besser vielleicht gesagt, konventionelle Absicherung, nichts mit Rechtsruck zu tun. Der ist eine bloße Vermutung, die bisher durch nichts belegbar ist, auch nicht durch ein paar % offensichtlich wenig langfristig denkfähiger rechtspopulistischer “Protestwähler“, die mit ihrer Wahl genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie anstreben. Nämlich letztendlich eine durch erzwungene Kompromissfähigkeit Regierungsmelange, die im Zweifelsfall den gefürchteten Linksruck begünstigt.

Wenn Sie mich fragen, dann will die bürgerliche Mitte exakt das, was in der Definition beschrieben ist, ein gesichertes, in vorhersehbaren Bahnen langfristig planbares Leben und sich in großen Teilen durchaus bewusst, dass sie dieses nicht durch einen Rechtsruck oder Linksruck ermöglicht bekommt, weshalb sie beidem äusserst misstrauisch gegenüber steht.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich inzwischen mit den immer wieder gleichen Beispielen nerve: Der Rechtsruck, der sich gegenwärtig in Europa von Ost nach West und von Nord nach Süd vollzieht, hat nix, aber auch gar nix mit einem bürgerlichen Konservatismus aus einem Sicherheitsbedürfnis zu tun: Jedem Anhänger der Konservativen Partei in (Nord)Mazedonien (61% im Parlament) ist es völlig klar und bewusst, dass mit der Ablehnung des Namenskompromisses eine EU-Perspektive verbaut ist, der Konflikt mit dem Nachbarn Griechenland dauerhaft ist und es um die Sicherheit und den Wohlstand der nachfolgenden Generationen schlechter bestellt ist als bei einer Zustimmung zum Namenskompromiss. Es ist egal! Bzw. zweitrangig. Der Rechtsruck in Europa speist sich nicht aus einem bürgerlichen Sicherheitsbedürfnis und auch nicht aus einer Ausgleichspendelbewegung nach einem Linksruck sondern aus einer irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung. Der Wirtschaft in Spanien geht es gut. Es geht bergauf. Aber die Spanier heulen. Die einen weil ihre Nation zerbricht, die anderen weil ihre Teilnation von der anderen Teilnation unterdrück wird. Der Wirtschaft und UK und Irland geht es gut. Aber egal! Splendid Isolation. Good Old England. Die Touristen bleiben in der Türkei aus. Egal! Heil Erdogan. Russland finanziert die Krim und andere Gebiete. Egal! "Ach. Mütterchen Russland. Deine heilige Erde". Ich kann die Liste immer noch weiter fortsetzen. Können Sie sich an die Bilder hysterischer Demonstranten in Buenos Aires zu Beginn des Falkland-Kriegs erinnern? Mütter, deren Kinder in ihrem Lebensweg in keinster Weise von diesem kleinen Eiland im Ozean betroffen waren schrien wie von Sinnen hysterisch herum: Töte einen Engländer und wenn du kannst töte noch mehr Engländer. Dahin läuft der Rechtsruck in Europa. Woher er kommt ... tja, da glaube ich manchmal, das können eher Psychoanalytiker oder empirische Soziologen als Politk- oder Wirtschaftswissenschaftler erklären.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Di 30. Apr 2019, 13:12, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:48)

Stammen diese Sätze von Ihnen?

“Sie müssen mit ihnen klarkommen, weil nur diese vorhanden sind auf dem Arbeitsmarkt. Die konservative Legende, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, stimmt da eben nicht. Es gibt Regionen, da bedeutet es schon alleine, "Glück" zu haben, überhaupt eine Arbeit zu finden.“

Das ist eine pauschale Aussage, bezüglich des Bleiben müssens während Sie angeblich der “Hedwig Courths-Mahler lässt grüßen“ Lieschen Müller Einzelfall sind.
Oder auch nicht. Ich kenne Sie nicht, weshalb ich Ihnen nur Ihre eigenen Worte entgegen halten kann.
Nein, das ist eben keine pauschale Aussage. In dieser Aussage "Die konservative Legende, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, stimmt da eben nicht" steckt das kleine Wörtchen "da". Und die Aussage wird von mir auch weiter konkretisiert, indem ich auf bestimmte Regionen verwies, wo der so genannte kleine Mann machen und tun kann, was er will, und es trotzdem nicht schafft, aus dem Schlamassel rauszukommen, weil es dort in dieser Region eben nur Niedriglohnarbeitsplätze gibt. Das ist keine Erfindung von mir, sondern im Osten tagtägliche gelebte Realität. Den Leuten dann immer zu empfehlen, dann müssten sie eben im Westen arbeiten und einen Arbeitsweg von zwei, drei Stunden hin und zwei, drei Stunden zurück in Kauf nehmen oder nur am Wochenende nach Hause fahren, ist auch so ein verheuchelte Sache. Denn die Wurzeln der Endlos-Pendler werden auf Dauer gekappt, ihre Familien, Freunde und Bekannten pendeln nun mal nicht mit. Psychisch und sozial ist das eine kranke Entwicklung, die massenhaft Menschen betrifft. Typisch Neoliberalismus. Nichts, worauf man stolz sein könnte.

All das ist kein Widerspruch dazu, dass es einige Menschen - zum Teil unter größten Anstrengungen und zum Preis einer kaputten Gesundheit - schaffen, nach diesem Tellerwäscher-Millionärs-Märchen zu leben und sich "nach oben" zu kämpfen. Mal zugespitzt formuliert. Oder ja, man kann auch die ärmliche junge Frau aus dem Dorf nehmen, die es schaffte, ihre Träume zu verwirklichen. Weiter oben sprach ich von einer Kombination aus beidem: Es wird immer die Steher, Macher, Durchreißer geben, aber auch immer diejenigen, die es aufgrund vieler Gegebenheiten nicht schaffen. Da rede ich nicht von Faulheit, Trägheit und "sitzen bleiben wollen", nein, es gibt (siehe oben die Niedriglohn-Regionen) Umstände, da schafft es der bärenstärkste Mensch nicht ganz alleine. Ergo fängt das dann eine solidarische Gemeinschaft auf. So ist der Sozialstaat, die "soziale Marktwirtschaft" ja auch eigentlich gedacht. Letztere wurde nur seit Schröder stark deformiert. Worunter dann wieder die Schwächsten zuerst und am meisten zu leiden haben. Um nichts anderes geht es.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von JJazzGold »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:11)

Nein, das ist eben keine pauschale Aussage. In dieser Aussage "Die konservative Legende, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, stimmt da eben nicht" steckt das kleine Wörtchen "da". Und die Aussage wird von mir auch weiter konkretisiert, indem ich auf bestimmte Regionen verwies, wo der so genannte kleine Mann machen und tun kann, was er will, und es trotzdem nicht schafft, aus dem Schlamassel rauszukommen, weil es dort in dieser Region eben nur Niedriglohnarbeitsplätze gibt. Das ist keine Erfindung von mir, sondern im Osten tagtägliche gelebte Realität. Den Leuten dann immer zu empfehlen, dann müssten sie eben im Westen arbeiten und einen Arbeitsweg von zwei, drei Stunden hin und zwei, drei Stunden zurück in Kauf nehmen oder nur am Wochenende nach Hause fahren, ist auch so ein verheuchelte Sache. Denn die Wurzeln der Endlos-Pendler werden auf Dauer gekappt, ihre Familien, Freunde und Bekannten pendeln nun mal nicht mit. Psychisch und sozial ist das eine kranke Entwicklung, die massenhaft Menschen betrifft. Typisch Neoliberalismus. Nichts, worauf man stolz sein könnte.

All das ist kein Widerspruch dazu, dass es einige Menschen - zum Teil unter größten Anstrengungen und zum Preis einer kaputten Gesundheit - schaffen, nach diesem Tellerwäscher-Millionärs-Märchen zu leben und sich "nach oben" zu kämpfen. Mal zugespitzt formuliert. Oder ja, man kann auch die ärmliche junge Frau aus dem Dorf nehmen, die es schaffte, ihre Träume zu verwirklichen. Weiter oben sprach ich von einer Kombination aus beidem: Es wird immer die Steher, Macher, Durchreißer geben, aber auch immer diejenigen, die es aufgrund vieler Gegebenheiten nicht schaffen. Da rede ich nicht von Faulheit, Trägheit und "sitzen bleiben wollen", nein, es gibt (siehe oben die Niedriglohn-Regionen) Umstände, da schafft es der bärenstärkste Mensch nicht ganz alleine. Ergo fängt das dann eine solidarische Gemeinschaft auf. So ist der Sozialstaat, die "soziale Marktwirtschaft" ja auch eigentlich gedacht. Letztere wurde nur seit Schröder stark deformiert. Worunter dann wieder die Schwächsten zuerst und am meisten zu leiden haben. Um nichts anderes geht es.
Man kann im sog. Westen nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen. Womit auch das “da“ entfällt.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 12:48)

Überträgt man so ein reales ungarisches Geschehen zumindest theoretisch auf Deutschland, dann graust es mir vor so einer Entwicklung fast noch mehr als vor den 13 bis 20 Prozent sich klar positionierenden Rechtsaußen-Kandidaten. So ein geschlossener Mitte-Wechsel der "braven", fleißigen, Ordnung und Sicherheit über alles liebenden und allzeit national denkenden Bürger (die sich selbst natürlich zur "unbefleckten" Mitte zählen) nach rechts würde in meinen Augen das größere Unheil bedeuten. Liberalität, Weltoffenheit (das Wort darf man ja schon gar nicht mehr sagen, wenn man keins aufm Deckel kriegen will) und selbstverständlichen Humanismus, der international ist, wird es dann nicht mehr geben. Zumindest nicht mehr so, wie wir es zum Glück heute noch kennen.
Die Verhältnisse in Ungarn lassen sich jedoch aus mindestens einem Grund nicht einfach auf Deutschland übertragen: Deutschland ist - anders als Ungarn - in zigfacher Hinsicht heterogen und regional unterschiedlich. Von der historischen Entwicklung her sowieso. DIe Zergliederung ist Teil der Vefassung. Es gab die deutsche Teilung und die deutsche Wiedervereinigung. Anders als etwa in einem der skandinavischen Länder ist jemand in Deutschland, der zum Neujahrstag eine Fahne auf seinem Grundstück hisst ein ziemlicher Außenseiter. Viele - mich eingeschlossen - würden Gott dafür danken, wenn sie an einen Gott glaubten. Ich sehe diesen Rechtsruck bei 20, 25 Prozent in Deutschland zum Halten kommen. Aber 20, 25 Prozent ist eben schon eine ganze Menge. In Finnland ist man mit 20 Prozent bereits stärkste Partei. Die Frage ist für mich also nicht so sehr, ob die Gesellschaft kippt sondern ob das politische System in eine Krise gerät. Ist es ja schon jetzt. Die Große Koalition als Dauerzustand ist ja eigentlich bereits ein Krisensymptom des politischen Systems.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 12:48)

Überträgt man so ein reales ungarisches Geschehen zumindest theoretisch auf Deutschland, dann graust es mir vor so einer Entwicklung fast noch mehr als vor den 13 bis 20 Prozent sich klar positionierenden Rechtsaußen-Kandidaten. So ein geschlossener Mitte-Wechsel der "braven", fleißigen, Ordnung und Sicherheit über alles liebenden und allzeit national denkenden Bürger (die sich selbst natürlich zur "unbefleckten" Mitte zählen) nach rechts würde in meinen Augen das größere Unheil bedeuten. Liberalität, Weltoffenheit (das Wort darf man ja schon gar nicht mehr sagen, wenn man keins aufm Deckel kriegen will) und selbstverständlichen Humanismus, der international ist, wird es dann nicht mehr geben. Zumindest nicht mehr so, wie wir es zum Glück heute noch kennen.
Kommt ganz darauf an, wie man Humanismus und Weltoffenheit definiert.
Das, was Linke unter Humanismus und Weltoffenheit verstehen, hat mit diesen Begriffen per definitionem nämlich nichts zu tun.
Weltoffenheit hat nämlich rein gar nichts mit der "One-World"-"No Border"-Ideologie der Linken zu tun, sondern bedeutet (nach Scheler):

"die Freiheit von allen Zwängen, die einem Wesen durch seine psychophysische Konstitution auferlegt werden:

Ein „geistiges“ Wesen ist also nicht mehr trieb- und umweltgebunden, sondern „umweltfrei“ und […] „weltoffen“: Ein solches Wesen hat „Welt“. Ein solches Wesen vermag ferner die auch ihm ursprünglich gegebenen „Widerstands-„ und Reaktionszentren seiner Umwelt, die das Tier allein hat und in die es ekstatisch aufgeht, zu „Gegenständen“ zu erheben und das Sosein dieser Gegenstände prinzipiell selbst zu erfassen, ohne die Beschränkung, die diese Gegenstandswelt oder ihre Gegebenheit durch das vitale Triebsystem und die ihm vorgelagerte Sinnesfunktionen und Sinnesorgane erfährt.
Geist ist daher Sachlichkeit, Bestimmbarkeit durch das Sosein von Sachen selbst."
Quelle


Und der Humanismus im Marxschen Sinne, wie er von Linken vertreten wird, hat nichts mit den Ideen des Humanismus zu tun, wie sie in der griechisch römischen Antike, der Renaissance und der frühen Neuzeit vertreten wurden.
DIESER Humanismus - der eigentliche Humanismus, aus dem das Völkerrecht entstanden ist, auf dem die AEMR gründet, ist der Humanismus der bürgerlichen Mitte - nämlich (humanistische) Bildung = wissenschaftliche/naturwissenschaftliche Bildung, basierend auf Vernunft, Säkularisierung, die Verbindung von Natur- und Völkerrecht etc pp
Zum Humanismus zählt auch das Prinzip der Selbstverwirklichung - die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Talente, die Entfaltung und Realisierung des inneren Potentials
Das Menschenbild, welches auf "diesem" - dem klassischen Humanismus - basiert unterscheidet sich doch grundlegend von dem Menschenbild, welches Du vertrittst
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:06)

Auch auf die Gefahr hin, dass ich inzwischen mit den immer wieder gleichen Beispielen nerve: Der Rechtsruck, der sich gegenwärtig in Europa von Ost nach West und von Nord nach Süd vollzieht, hat nix, aber auch gar nix mit einem bürgerlichen Konservatismus aus einem Sicherheitsbedürfnis zu tun: Jedem Anhänger der Konservativen Partei in (Nord)Mazedonien (61% im Parlament) ist es völlig klar und bewusst, dass mit der Ablehnung des Namenskompromisses eine EU-Perspektive verbaut ist, der Konflikt mit dem Nachbarn Griechenland dauerhaft ist und es um die Sicherheit und den Wohlstand der nachfolgenden Generationen schlechter bestellt ist als bei einer Zustimmung zum Namenskompromiss. Es ist egal! Bzw. zweitrangig. Der Rechtsruck in Europa speist sich nicht aus einem bürgerlichen Sicherheitsbedürfnis und auch nicht aus einer Ausgleichspendelbewegung nach einem Linksruck sondern aus einer irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung. Der Wirtschaft in Spanien geht es gut. Es geht bergauf. Aber die Spanier heulen. Die einen weil ihre Nation zerbricht, die anderen weil ihre Teilnation von der anderen Teilnation unterdrück wird. Der Wirtschaft und UK und Irland geht es gut. Aber egal! Splendid Isolation. Good Old England. Die Touristen bleiben in der Türkei aus. Egal! Heil Erdogan. Russland finanziert die Krim und andere Gebiete. Egal! "Ach. Mütterchen Russland. Deine heilige Erde". Ich kann die Liste immer noch weiter fortsetzen. Können Sie sich an die Bilder hysterischer Demonstranten in Buenos Aires zu Beginn des Falkland-Kriegs erinnern? Mütter, deren Kinder in ihrem Lebensweg in keinster Weise von diesem kleinen Eiland im Ozean betroffen waren schrien wie von Sinnen hysterisch herum: Töte einen Engländer und wenn du kannst töte noch mehr Engländer. Dahin läuft der Rechtsruck in Europa. Woher er kommt ... tja, da glaube ich manchmal, das können eher Psychoanalytiker oder empirische Soziologen als Politk- oder Wirtschaftswissenschaftler erklären.
Wie immer toll beschrieben in den Details. Bis auf eines. Du schreibst "Der Rechtsruck in Europa speist sich nicht aus einem bürgerlichen Sicherheitsbedürfnis und auch nicht aus einer Ausgleichspendelbewegung nach einem Linksruck sondern aus einer irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung." Diese ganze gewaltige europäische und weltweite Rechtsruck-Geschichte alleine wegen einer "irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung"? Nein, diese nationalistische Gefühlsaufwallung hat ebenfalls - wie alle derartigen Prozesse - knallharte Ursachen in Wirtschaft und Politik. Da wabert nichts Irrationales durch die Gegend. Weiter oben - siehe dein Apotheker-Beispiel - da beschreibst du es doch selbst viel genauer, welche Mischung dazu beiträgt, was alles zusammenkommen muss, damit es mit der bürgerlichen Mitte weiter nach rechts geht und gehen könnte. Ich zitiere dich: "Mindestens drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit diese 'Bürgerliche Mitte' auch mehrheitlich sich gewissermaßen mit nach rechts aufmacht: - wirtschaftlicher Erfolg, - politisch-handwerkliche Seriösität, fleißige, definierte Politikarbeiter, - eine gewisse Bereitschaft zu Pragmatismus. Genau das erfüllt eine Partei wie die ungarische Fidesz." All das, gepaart mit einer immer schon vorhandenen nationalistischen Grundstimmung, ergibt diese verhängnisvolle Entwicklung. Kann sie ergeben. Nix irrational.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:11)

Nein, das ist eben keine pauschale Aussage. In dieser Aussage "Die konservative Legende, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, stimmt da eben nicht" steckt das kleine Wörtchen "da". Und die Aussage wird von mir auch weiter konkretisiert, indem ich auf bestimmte Regionen verwies, wo der so genannte kleine Mann machen und tun kann, was er will, und es trotzdem nicht schafft, aus dem Schlamassel rauszukommen, weil es dort in dieser Region eben nur Niedriglohnarbeitsplätze gibt. Das ist keine Erfindung von mir, sondern im Osten tagtägliche gelebte Realität. Den Leuten dann immer zu empfehlen, dann müssten sie eben im Westen arbeiten und einen Arbeitsweg von zwei, drei Stunden hin und zwei, drei Stunden zurück in Kauf nehmen oder nur am Wochenende nach Hause fahren, ist auch so ein verheuchelte Sache. Denn die Wurzeln der Endlos-Pendler werden auf Dauer gekappt, ihre Familien, Freunde und Bekannten pendeln nun mal nicht mit. Psychisch und sozial ist das eine kranke Entwicklung, die massenhaft Menschen betrifft. Typisch Neoliberalismus. Nichts, worauf man stolz sein könnte.

All das ist kein Widerspruch dazu, dass es einige Menschen - zum Teil unter größten Anstrengungen und zum Preis einer kaputten Gesundheit - schaffen, nach diesem Tellerwäscher-Millionärs-Märchen zu leben und sich "nach oben" zu kämpfen. Mal zugespitzt formuliert. Oder ja, man kann auch die ärmliche junge Frau aus dem Dorf nehmen, die es schaffte, ihre Träume zu verwirklichen. Weiter oben sprach ich von einer Kombination aus beidem: Es wird immer die Steher, Macher, Durchreißer geben, aber auch immer diejenigen, die es aufgrund vieler Gegebenheiten nicht schaffen. Da rede ich nicht von Faulheit, Trägheit und "sitzen bleiben wollen", nein, es gibt (siehe oben die Niedriglohn-Regionen) Umstände, da schafft es der bärenstärkste Mensch nicht ganz alleine. Ergo fängt das dann eine solidarische Gemeinschaft auf. So ist der Sozialstaat, die "soziale Marktwirtschaft" ja auch eigentlich gedacht. Letztere wurde nur seit Schröder stark deformiert. Worunter dann wieder die Schwächsten zuerst und am meisten zu leiden haben. Um nichts anderes geht es.
Wenn es immer die "die Steher, Macher, Durchreißer" gibt und geben wird, ist es jedoch NICHT Aufgabe der "Macher und Durchreißer" dem "Steher" ein bequemes, schönes Leben zu ermöglichen.
Dann muss der "Steher" halt damit klarkommen, dass er mit geringeren Mitteln, nur ein bescheideneres Leben führen kann.
Wenn er das nicht will, muss er halt den Arxxx hochkriegen und kann nicht darauf warten bzw fordern, dass andere ihm die Mittel bereit stellen.
Was Dir vorschwebt, hat nichts mit Sozialstaat und noch weniger mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, sondern mit Gleichmacherei.
Hatten wir schonmal und hat nicht funktioniert und wird auch nicht funktionieren!
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:25)

Die Verhältnisse in Ungarn lassen sich jedoch aus mindestens einem Grund nicht einfach auf Deutschland übertragen: Deutschland ist - anders als Ungarn - in zigfacher Hinsicht heterogen und regional unterschiedlich. Von der historischen Entwicklung her sowieso. DIe Zergliederung ist Teil der Vefassung. Es gab die deutsche Teilung und die deutsche Wiedervereinigung. Anders als etwa in einem der skandinavischen Länder ist jemand in Deutschland, der zum Neujahrstag eine Fahne auf seinem Grundstück hisst ein ziemlicher Außenseiter. Viele - mich eingeschlossen - würden Gott dafür danken, wenn sie an einen Gott glaubten. Ich sehe diesen Rechtsruck bei 20, 25 Prozent in Deutschland zum Halten kommen. Aber 20, 25 Prozent ist eben schon eine ganze Menge. In Finnland ist man mit 20 Prozent bereits stärkste Partei. Die Frage ist für mich also nicht so sehr, ob die Gesellschaft kippt sondern ob das politische System in eine Krise gerät. Ist es ja schon jetzt. Die Große Koalition als Dauerzustand ist ja eigentlich bereits ein Krisensymptom des politischen Systems.
Stimmt. Aber ob der Föderalismus Deutschland vor so einer ähnlichen Situation wie in Ungarn bewahren kann? Glaubst du das?
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

Begriffe wie "One World" sind zu beliebig verwendbaren Pop-Versatzstücken geworden und stammen keineswegs geradlinig aus politischen Bewegungen, die sich in ihrem Selbstverständnis "links" sehen. In Deutschland wurde der Begriff "Eine Welt" vor allem durch Martin Niemöller und die bekennende Kirche populär. Wenn Bob Marley von "One World, One Love" singt, dann bezieht er sich auf eine extrem homosexuellenfeindliche Religions-Ideologie, die einen afrikanischen Diktator gottgleich verehrt. Auf diese Weise kann man mit Begriffen wie "One World" endlos herumschwafeln und sie in völliger Beliebigkeit jedem und allem überstülpen.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:21)

Man kann im sog. Westen nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen. Womit auch das “da“ entfällt.
Ich weiß. Haben ja auch viele gemacht, sich ganz dort angesiedelt. Kenne ich aus dem eigenen Freundeskreis. Nur: Irgendwo hat das alles Grenzen. Manche Ost-Regionen, die, denen es ein wenig besser geht als den oben von mir beschriebenen, atmen gerade auf, weil die Abwanderung stagniert, beendet worden ist und es sogar ein wenig bergauf geht mit der östlichen Bevölkerungsentwicklung. Nein, da müssen andere Dinge passieren. Der CDU-Kretschmer hat ja vieles gesagt, was er etwa in Sachsen alles tun will, um die Leute dort zu halten und auch gut und langfristig dort zu halten. Es muss halt nur gemacht werden. Ein einzelnes Menschenleben ist nun mal endlich.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:36)

Stimmt. Aber ob der Föderalismus Deutschland vor so einer ähnlichen Situation wie in Ungarn bewahren kann? Glaubst du das?
Nee. Gegenwärtig scheint es so zu sein, dass quasi niemand das föderale Prinzip anzuzweifeln wagt, aber eine sehr große und immer gößer werdende Menge von (auch pollitisch sehr moderat bis konservativ eingestellten) Leuten schwer vom praktischen Föderalismus genervt ist. Bildungspolitik ist bekanntlich das wichtigste Betätigungsfeld für Föderalismus und die Diskussion um den Digitalisierungspakt zeigt, wie beschädigt dieses Konzept inzwischen ist. Anderes Thema.

Einfach die Größe und grundsätzliche Heterogenität Deutschlands bewahrt das Land vor solchen Gemeinschaftsphantasien. Es gibt zuviele unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen, die auch ein nationalistischer Klebstoff nicht politisch zusammenbringen würde.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

In der Diskussion um Staat, Etatismus, Kapitalismus, Eigenverantwortlichkeit usw. würde ich meine eigene linksliberale Position kurz und knapp so beschreiben und von einer linkssozialistischen abgrenzen: Der Staat als "Ermöglicher"? Unbedingt! Der Staat als "Versorger"? Unter keinen Umständen!

"Ermöglichung" betrifft Bereiche wie Infrastruktur, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Gesundheitswesen.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Apr 2019, 14:02)

In der Diskussion um Staat, Etatismus, Kapitalismus, Eigenverantwortlichkeit usw. würde ich meine eigene linksliberale Position kurz und knapp so beschreiben und von einer linkssozialistischen abgrenzen: Der Staat als "Ermöglicher"? Unbedingt! Der Staat als "Versorger"? Unter keinen Umständen!

"Ermöglichung" betrifft Bereiche wie Infrastruktur, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Gesundheitswesen.
Damit befindest du dich hier aber in "guter" Gesellschaft, denn wenn du den Staat als "Versorger" ablehnst, dann lehnst du auch die Sozialsysteme ab, die es ermöglichen, Armut, Krankheit, Behinderung, Erwerbsminderung und dergleichen mehr ein kleines bisschen abzufedern. Das kannst du doch nicht allen Ernstes gut finden. Oder hab ich dich missverstanden? Und wie gesagt: Auch mir geht es nicht um Rundum-Versorgung durch den Staat (hab ich selbst zum Beispiel nie in Anspruch genommen), sondern lediglich um die Beibehaltung des Sozialstaats-Prinzips. Du kannst nicht sämtliche Bedürftige (ich kenne etliche von ihnen und das nicht zu knapp) einfach hinten runterrutschen lassen.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Teeernte »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:42)

Ich weiß. Haben ja auch viele gemacht, sich ganz dort angesiedelt. Kenne ich aus dem eigenen Freundeskreis. Nur: Irgendwo hat das alles Grenzen. Manche Ost-Regionen, die, denen es ein wenig besser geht als den oben von mir beschriebenen, atmen gerade auf, weil die Abwanderung stagniert, beendet worden ist und es sogar ein wenig bergauf geht mit der östlichen Bevölkerungsentwicklung. Nein, da müssen andere Dinge passieren. Der CDU-Kretschmer hat ja vieles gesagt, was er etwa in Sachsen alles tun will, um die Leute dort zu halten und auch gut und langfristig dort zu halten. Es muss halt nur gemacht werden. Ein einzelnes Menschenleben ist nun mal endlich.
Für die wohlhabendere Mitte fehlt im Osten die Infrastruktur. .....Schwarz ist da alles zu haben. Aber "NORMAL" nicht - ....oder eben zu Mondpreisen.

Beispiel >> Schneeräumdienst - Vertrag von O bis O.... da will man den Meter 10 Euro im Monat. Das sind bei mir - 400 Eu für Schneeräumdienst......im Monat.

Meine Kollegen haben für das Geld einen kompletten Hausmeisterservice ....

Ausserdem lassen sich die "Wolhabenden" Dörfer im Osten dauernd irgendetwas mit Zuzahlung einfallen... :D :D :D
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:30)

Wie immer toll beschrieben in den Details. Bis auf eines. Du schreibst "Der Rechtsruck in Europa speist sich nicht aus einem bürgerlichen Sicherheitsbedürfnis und auch nicht aus einer Ausgleichspendelbewegung nach einem Linksruck sondern aus einer irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung." Diese ganze gewaltige europäische und weltweite Rechtsruck-Geschichte alleine wegen einer "irrationalen nationalistischen Gefühlsaufwallung"? Nein, diese nationalistische Gefühlsaufwallung hat ebenfalls - wie alle derartigen Prozesse - knallharte Ursachen in Wirtschaft und Politik. Da wabert nichts Irrationales durch die Gegend.
Dass im Hintergrund immer Interessen stehen, das glaube ich auch. Die werden aber - das ist mein Eindruck - in zunehmendem Maße nicht mehr hinter den nationalistischen Aufpeitschungen wahrgenommen. In vielen Fällen ist ein irrationaler Nationalismus einfach der benötigte Nebel, hinter welchem sich ungestört Korruption und Oligarchenwirtschaft entfalten kann.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 14:16)

Damit befindest du dich hier aber in "guter" Gesellschaft, denn wenn du den Staat als "Versorger" ablehnst, dann lehnst du auch die Sozialsysteme ab, die es ermöglichen, Armut, Krankheit, Behinderung, Erwerbsminderung und dergleichen mehr ein kleines bisschen abzufedern. Das kannst du doch nicht allen Ernstes gut finden. Oder hab ich dich missverstanden? Und wie gesagt: Auch mir geht es nicht um Rundum-Versorgung durch den Staat (hab ich selbst zum Beispiel nie in Anspruch genommen), sondern lediglich um die Beibehaltung des Sozialstaats-Prinzips. Du kannst nicht sämtliche Bedürftige (ich kenne etliche von ihnen und das nicht zu knapp) einfach hinten runterrutschen lassen.
Also nach meinem Verständnis wird etwa meine Gesundheitsversorgung nicht durch den Staat bezahlt sondern durch die Einzahlungen der an der Krankenversicherung beteiligten. Der Staat muss "nur" das Funktionieren der entsprechenden Instanzen ermöglichen. Trivialerweise kann keine Staatsbürokratie irgendwie real finanzielle Mittel aus dem Nichts generieren. Auch nicht durch Gelddruckerei. Das ist erstmal das große Bild. In den ganzen Begrifflichkeiten sozialer Versorgungsleistungen würde ich mich hilflos verirren. Aber letztendlich kann eine Staatsbürokratie gar kein "Versorger" sondern wenn überhaupt nur Agent einer solchen Versorgung sein.

Dass der umsorgende Vater Staat kein Monopol realsozialistischer Vorstellung ist, zeigt einmal das skandinavische "Volksheim"-Modell (Bitte nicht!) und zum anderen die aktuelle ausgesprochen rechtskonservative Regierung Polens. Umfassende soziale Versorgungsleistungen vor allem auf dem Land sind ein zentraler Punkt im Regierungsprogramm der PiS. Dafür nimmt sich dieser Sorgenvater Staat auch das Recht heraus, zu bestimmen, was in den Museen hängt und was nicht. Nein. Ich bin absolut gegen einen Staat als "Versorger" eingestellt.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Bleibtreu »

Ich moechte die Teilnehmer letztmalig daran erinnern wieder zum StrangThema zurueck zu finden, sonst muss ich grossraeumig auskehren - Danke!
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

Nochmal: In diesem Strang geht es darum, wie sich die bürgerliche Mitte zum Rechtsruck verhält und nicht darum, dass die bürgerliche Mitte selbst nach rechts rutscht. Letzteres wäre dann nochmal ein etwas anderes Thema. Auch wichtig, aber eben anders.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Fliege »

Skeptiker hat geschrieben:(28 Apr 2019, 22:44)
Das Merkmal von Gesinnungsethik ist schlicht, die Folgen des Handelns nicht zu berücksichtigen - bewirken kann es sehr wohl etwas.
JJazzGold hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:01)
Wenn Sie mich fragen, dann will die bürgerliche Mitte exakt das, was in der Definition beschrieben ist, ein gesichertes, in vorhersehbaren Bahnen langfristig planbares Leben und sich in großen Teilen durchaus bewusst, dass sie dieses nicht durch einen Rechtsruck oder Linksruck ermöglicht bekommt, weshalb sie beidem äusserst misstrauisch gegenüber steht. [/color]
Wolverine hat geschrieben:(30 Apr 2019, 11:19)
Der Kapitalismus dient den linken als Ausrede für den eigenen Hang zur Gewalt.
Dark Angel hat geschrieben:(30 Apr 2019, 15:01)
Dass der Leistungsgedanke in gewissen Kreisen verpönt ist, ist mir durchaus bekannt und bewusst. Die stehen und fordern halt Vollversorgung vom Staat und dafür aufkommen sollen die Leistungsträger.
Diese Leistungsträger finden sich allerdings in der bürgerlichen Mitte/ in der Mittelschicht und dort ist auch der Leistungsgedanke beheimatet.
Allerdings will sich die bürgerliche Mitte/die Mittelschicht nicht noch mehr schröpfen lassen und begehrt dagegen auf, was dann gerne als Rechtsruck bejammert wird.
Wenn der Leistungsgedanke etwas weiter verbreitet wäre, würde es manchem besser gehen!
Zur bürgerlichen Mitte passt vorzüglich ein Aufsatz von Odo Marquard (Philosoph, 2015 gestorben) mit dem Titel "Apologie der Bürgerlichkeit" (14 Seiten, erschienen 2003 und 2015 bei Reclam im Aufsatzband Zukunft braucht Herkunft).

Im Philosophie-Bereich des Forums könnte sich das Lesen und Diskutieren dieses Aufsatzes durchaus lohnen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(30 Apr 2019, 15:26)

Nochmal: In diesem Strang geht es darum, wie sich die bürgerliche Mitte zum Rechtsruck verhält und nicht darum, dass die bürgerliche Mitte selbst nach rechts rutscht. Letzteres wäre dann nochmal ein etwas anderes Thema. Auch wichtig, aber eben anders.
Wie soll sich denn die bürgeliche Mitte zu einem Rechtsruck verhalten, den es gar nicht gibt bzw der nur in den Köpfen bestimmter Zeitgenossen stattfindet?
Wie soll sich die bürgerliche Mitte denn verhalten, wenn alles als rechts eingeordnet wird, was nicht der eigenen linken Weltsicht entspricht?
Zur bürgerlichen Mitte gehört auch die politische Mitte und die definiert sich von linksliberal über liberal bis konservativ/rechtskonservativ und die ist sehr wohl demokratisch eingestellt bzw verteidigt die Demokratie.
Was man von den Rändern links und rechtsextrem nicht sagen kann.
Linksextreme und Linke sowie Rechtsextreme favorisieren Diktaturen, in denen das Kollektiv in der einen oder anderen Art im Mittelpunkt steht. Beide favorisieren Gleichmacherei auf die eine oder andere Art.
Die einen können ihre Absichten nur besser kaschieren.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Bleibtreu »

Bleibtreu hat geschrieben:(30 Apr 2019, 14:48)

Ich moechte die Teilnehmer letztmalig daran erinnern wieder zum StrangThema zurueck zu finden, sonst muss ich grossraeumig auskehren - Danke!
Da meine Aufforderung nicht fruchtete, ist hier zur Reinigung + Abkuehlung bis Morgen zu - Sanktionen nicht ausgeschlossen!

Edit - Reinigung abgeschlossen, Strang wieder offen. - Ich rate dringend davon ab, in diesem Strang weiter Themen fremd zu diskutieren und zu spamen.

Die brauchbaren Beitraege zum Thema LeistungsGedanke habe ich in der Ablage separat gesammelt. Diese muessen von einem Kollegen mit entsprechenden ModRechten in das passende Forum verschoben werden. Ich habe ihn bereits kontaktiert, ihr werdet also mit der Fortsetzung warten muessen, bis er taetig wird.
Zuletzt geändert von Bleibtreu am Mi 1. Mai 2019, 08:42, insgesamt 1-mal geändert.
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Apr 2019, 13:55)

Nee. Gegenwärtig scheint es so zu sein, dass quasi niemand das föderale Prinzip anzuzweifeln wagt, aber eine sehr große und immer gößer werdende Menge von (auch pollitisch sehr moderat bis konservativ eingestellten) Leuten schwer vom praktischen Föderalismus genervt ist. Bildungspolitik ist bekanntlich das wichtigste Betätigungsfeld für Föderalismus und die Diskussion um den Digitalisierungspakt zeigt, wie beschädigt dieses Konzept inzwischen ist. Anderes Thema.

Einfach die Größe und grundsätzliche Heterogenität Deutschlands bewahrt das Land vor solchen Gemeinschaftsphantasien. Es gibt zuviele unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen, die auch ein nationalistischer Klebstoff nicht politisch zusammenbringen würde.
Ok. Die Frage wäre nur: Inwieweit ist dieser neue Nationalismus der Rechtspopulisten schon in der bürgerlichen Mitte angekommen? Oder anders gefragt: Hat dieser Nationalismus überhaupt die Kraft, bis tief in die bürgerliche Mitte einzudringen? Oder sind Liberalität und die erwähnte Heterogenität in Deutschland noch stark genug, das gar nicht erst zuzulassen?
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von BlueMonday »

Allein die Existenz des heutigen deutschen Nationalstaates("Deutschland") oder sonstiger Staaten beweist doch, dass der Nationalismus nicht nur irgendwo "angekommen" ist, sondern die Basis der heutigen politischen Strukturen bildet. Auf Basis dieser Idee der Zugehörigkeit wird dann bspw. das Staatsvolk besteuert.

Was hat zur deutschen Einheit geführt? Das kann ja wohl bloß die Idee einer deutschen Nation, die irgendwie zusammengehört, gewesen sein. Wer gegen Nationalismus und Kollektivismus ist, müsste stattdessen für Seperation, Sezession etc sein, die bis hinunter zum Einzelmenschen reicht.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

BlueMonday hat geschrieben:(01 May 2019, 15:09)

Allein die Existenz des heutigen deutschen Nationalstaates("Deutschland") oder sonstiger Staaten beweist doch, dass der Nationalismus nicht nur irgendwo "angekommen" ist, sondern die Basis der heutigen politischen Strukturen bildet. Auf Basis dieser Idee der Zugehörigkeit wird dann bspw. das Staatsvolk besteuert.

Was hat zur deutschen Einheit geführt? Das kann ja wohl bloß die Idee einer deutschen Nation, die irgendwie zusammengehört, gewesen sein. Wer gegen Nationalismus und Kollektivismus ist, müsste stattdessen für Seperation, Sezession etc sein, die bis hinunter zum Einzelmenschen reicht.
Ich verstehe unter Nationalismus eine übersteigerte Form von Nationalbewusstsein. Dieser Nationalismus glorifiziert und überhöht die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. So etwas war meines Erachtens nicht gemeint und nicht gewollt mit der deutschen Einheit.

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/ ... ionalismus

Wobei ich absolut nichts gegen den Begriff "Nation" einzuwenden habe. Wär ja auch. Mir geht es lediglich darum, alles zu vermeiden, womit die eigene Nation überhöht wird. Diese Art von Nationalismus hatten wir schon mal. Mit üblen Folgen.
Zuletzt geändert von Selina am Mi 1. Mai 2019, 16:00, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 14:50)

Ok. Die Frage wäre nur: Inwieweit ist dieser neue Nationalismus der Rechtspopulisten schon in der bürgerlichen Mitte angekommen? Oder anders gefragt: Hat dieser Nationalismus überhaupt die Kraft, bis tief in die bürgerliche Mitte einzudringen? Oder sind Liberalität und die erwähnte Heterogenität in Deutschland noch stark genug, das gar nicht erst zuzulassen?
Ihr solltet endlich mal zwischen Patriotismus/Nationalbewusstsein und Nationalismus unterscheiden lernen!
Nicht jedes Zusammengehörigkeitsgefühl als Nation, als Gemeinschaft ist a) irrational, b) rechtspopulistisch oder c) nationalistisch.
Im Gegensatz zum Nationalismus ist der Patriotismus durchaus in der bürgerlichen Mitte beheimatet bzw hat dort seine Wurzeln.

Dazu ein passender Aphorismus von Stephan Zweig:
"Wer seine Wurzeln nicht kennt, kennt keinen Halt."

Patriotismus und Zusammengehörigkeitsgefühl bieten diesen Halt.
Die Verschwurbelung von Begriffen miteinander, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, die Diffamierung von Patriotismus als Rechtspopulismus und/oder Nationalismus erfüllt eigentlich nur einen Zweck, die Gesellschaft zu spalten, Gräben zu ziehen.
Und wer diese Gräben zieht, sollte eigentlich klar sein ...
Dieses "Einprügeln" auf die bürgerliche Mitte, die sich dem angeblichen Rechtsruck nicht energisch genug entgegen stellt, dient nichts anderem als der Vertiefung, bereits vorhandener Gräben, quer durch die Gesellschaft.
Und dazu passend:
"Demokratie wird unter den Schmerzen aller Beteiligten geboren – denn wer gibt sich schon gerne mit Menschen ab, die einen gänzlich anderen Standpunkt vehement vertreten? Selbst wenn hundert Personen der gleichen Meinung sind, ist es Aufgabe der Meinungsfreiheit, dem einzigen Abtrünnigen Gehör und Schutz zu verschaffen. Meinungsfreiheit ist das Recht auf Gehör des Exzentrikers, nicht das Privileg des Mächtigen. Denn wie oft ist Konsens gleich Nonsens? Demokratie stirbt, wenn sich niemand mehr für ihre Grundlagen einsetzt."
Quelle


Die Abtrünnigen sind diejenigen, die nicht der PC folgen und die werden als "rechts" diffamiert und stigmatisiert, weil nur so ein allgemeiner "Rechtsruck" konstatiert werden kann.
Zuletzt geändert von Dark Angel am Mi 1. Mai 2019, 16:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Trifels »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 15:46)

Ich verstehe unter Nationalismus eine übersteigerte Form von Nationalbewusstsein. Dieser Nationalismus glorifiziert und überhöht die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. So etwas war meines Erachtens nicht gemeint und nicht gewollt mit der deutschen Einheit.

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/ ... ionalismus
Dein Verständnis = falsch. Ohne National keine Aufhänger für Rechte , Pflichten, Soziales, für das jeweilige Staatsvolk. National ist die Fassung. Der Inhalt in D = der/die Wert(e) der FDGO. Deine FDGO = Blubb.
Denkanstoß. Gesicherte Quelle/Info -> take it or leave it.
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Selina
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

Niemand diffamiert Patriotismus als rechtspopulistisch. Eindeutig rechtspopulistisch oder besser rechtsradikal dagegen ist ein übersteigertes Nationalbewusstsein, ein völkischer Nationalismus. Wikipedia nennt das "exklusiven Nationalismus" bzw. Chauvinismus.

Zitat:

Als exklusiver Nationalismus oder Chauvinismus wird ein übersteigertes Wertgefühl bezeichnet, das auf die teilweise aggressive Abgrenzung von anderen Nationen zielt.[12] Die Überhöhung der eigenen Nation mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Einheit von Volk und Raum geht oft einher mit der Ausgrenzung und Diskriminierung, im Extrem bis zu Vertreibung oder Vernichtung ethnischer und anderer Minderheiten, die als dem imaginierten Volkskörper fremd oder schädlich angesehen werden. Beispiele für exklusive Nationalismen sind der italienische Faschismus, der deutsche Nationalsozialismus und die ethnischen Säuberungen nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren. Der exklusive Nationalismus erhebt ein „Loyalitäts- und Deutungsmonopol“: Das Individuum soll nicht mehr seine Religion, seine Heimatregion oder die dort herrschende Dynastie als identitätsstiftenden Fokus des Denkens und Handelns ansehen, sondern allein die Nation.[13] Dieser Anspruch kann in einem integralen Nationalismus bis zur Relativierung oder gar Abwertung des Individuums führen: „Du bist nichts, dein Volk ist alles“.[14] Daher wird dieser Nationalismus unter die politischen Religionen eingeordnet.[15] Seit den 1970er Jahren wird der Begriff fast ausschließlich im Sinne von Chauvinismus verwendet.[16]

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationali ... ionalismus
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

Trifels hat geschrieben:(01 May 2019, 16:02)

Dein Verständnis = falsch. Ohne National keine Aufhänger für Rechte , Pflichten, Soziales, für das jeweilige Staatsvolk. National ist die Fassung. Der Inhalt in D = der/die Wert(e) der FDGO. Deine FDGO = Blubb.
Es geht lediglich um die Überhöhung der eigenen Nation und die Herabsetzung anderer Nationen. Nicht mehr und nicht weniger.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 16:06)

Niemand diffamiert Patriotismus als rechtspopulistisch. Eindeutig rechtspopulistisch oder besser rechtsradikal dagegen ist ein übersteigertes Nationalbewusstsein, ein völkischer Nationalismus. Wikipedia nennt das "exklusiven Nationalismus" bzw. Chauvinismus.

Zitat:

Als exklusiver Nationalismus oder Chauvinismus wird ein übersteigertes Wertgefühl bezeichnet, das auf die teilweise aggressive Abgrenzung von anderen Nationen zielt.[12] Die Überhöhung der eigenen Nation mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Einheit von Volk und Raum geht oft einher mit der Ausgrenzung und Diskriminierung, im Extrem bis zu Vertreibung oder Vernichtung ethnischer und anderer Minderheiten, die als dem imaginierten Volkskörper fremd oder schädlich angesehen werden. Beispiele für exklusive Nationalismen sind der italienische Faschismus, der deutsche Nationalsozialismus und die ethnischen Säuberungen nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren. Der exklusive Nationalismus erhebt ein „Loyalitäts- und Deutungsmonopol“: Das Individuum soll nicht mehr seine Religion, seine Heimatregion oder die dort herrschende Dynastie als identitätsstiftenden Fokus des Denkens und Handelns ansehen, sondern allein die Nation.[13] Dieser Anspruch kann in einem integralen Nationalismus bis zur Relativierung oder gar Abwertung des Individuums führen: „Du bist nichts, dein Volk ist alles“.[14] Daher wird dieser Nationalismus unter die politischen Religionen eingeordnet.[15] Seit den 1970er Jahren wird der Begriff fast ausschließlich im Sinne von Chauvinismus verwendet.[16]

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationali ... ionalismus
Doch DU tust es (!), indem du Patriotismus mit Nationalismus gleichsetzt, indem du Zusammengehörigkeitsgefühl mit Nationalismus gleichsetzt. Du unterstellst eine Überhöhung der eigenen Nation, des eigenen Staatsvolkes wo keine ist und du unterstellst eine Abwertung anderer Nationen und Völker, wo das gar nicht der Fall ist.
Wo und von wem werden denn in Deutschland Menschen anderer Völker/aus anderen Staaten diskriminiert - tatsächlich diskriminiert, NICHT gefühlt?
Kritik hat nichts mit Diskriminierung zu tun!
Wer fordert denn, allein die Nation als alleinigen identitätsstiftenden Focus zu betrachten?
Von dir und deinesgleichen wird doch bereits die individuelle Identifizierung mit einer Kultur und das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Kultur als rääächts und nationalistisch diffamiert. Für dich ist es doch schon eine Überhöhung des Eigenen und Abwertung des Anderen/Fremden, wenn man als Individuum von kultureller Identität spricht - natürlich nur so lange man Deutscher ist. Jedem anderen gestehst du eine kulturelle Identität zu, gestehst du zu seine Traditionen zu pflegen, sich abzugrenzen und jegliche Kritik daran, ist für dich bereits nationalistisch.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Domingo »

Dark Angel hat geschrieben:(01 May 2019, 16:23)


Wo und von wem werden denn in Deutschland Menschen anderer Völker/aus anderen Staaten diskriminiert - tatsächlich diskriminiert, NICHT gefühlt?.
Ganz spontan? Demos von pegida und AfD!
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Selina
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

Wolfgang Schäuble (CDU) hats gut auf den Punkt gebracht, worum es geht:

Doch der formal zweithöchste Politiker im Land nach dem Bundespräsidenten beließ es nicht bei Diagnose, Ursachenforschung und wolkigen Lösungsvorschlägen. Er stellte manch gängige Behauptung des Rechtspopulismus auf den Prüfstand. „Sich mit seinem Land zu identifizieren, Zugehörigkeit zu empfinden, auch Verantwortung und sogar Pflichten dem Gemeinwesen gegenüber: Daran ist nichts falsch. Im Gegenteil.“ Gleichzeitig aber lehre Geschichte, und die deutsche zumal, „Demut, sich und seine Nation nicht zu überhöhen“. Vielmehr müsse man sich in ihrer Kenntnis „der Verführbarkeit und Fehlbarkeit von Menschen bewusst“ werden.

https://www.welt.de/geschichte/article1 ... oehen.html
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von DarkLightbringer »

Also, bei den ganz weit nach rechts Gerückten ist weder eine Zugehörigkeit zu diesem Land, noch eine Verantwortung dem Gemeinwesen gegenüber und schon gar kein Pflichtbewußtsein erkennbar.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

DarkLightbringer hat geschrieben:(01 May 2019, 17:13)

Also, bei den ganz weit nach rechts Gerückten ist weder eine Zugehörigkeit zu diesem Land, noch eine Verantwortung dem Gemeinwesen gegenüber und schon gar kein Pflichtbewußtsein erkennbar.
„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, "Wir sind das Volk" und "Das ist unsere Stadt" wurde letzten Sommer in Chemnitz von Rechtsextremisten skandiert und noch Schlimmeres. Das ist völkischer Nationalismus in Reinkultur. Und die "besorgten Bürger", die sich selbst zumeist zur bürgerlichen Mitte zählen, grenzten sich nicht ab, im Gegenteil, sie marschierten zusammen mit AfDlern und Pegidisten Schulter an Schulter mit Rechtsextremisten durch die Gegend. Diese Mischung machts so gefährlich. Und Leute, die ausländisch aussahen, mussten sich verstecken vor den Horden, die durch die Zentralhaltestelle tobten. Es wurde ihnen geraten, lieber nicht vor die Tür zu gehen. Was ist das anderes, als schlimmster Nationalismus? Nationalismus, der die eigene Nation überhöht und der andere Nationen abwertet.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Tom Bombadil »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 17:38)

Und die "besorgten Bürger", die sich selbst zumeist zur bürgerlichen Mitte zählen, grenzten sich nicht ab, im Gegenteil, sie marschierten zusammen mit AfDlern und Pegidisten Schulter an Schulter mit Rechtsextremisten durch die Gegend.
Was für ein Schwachsinn, als wären da ca. 40 Mio deutsche Bürger der Mitte mit marschiert. Get real.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von DarkLightbringer »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 17:38)

„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, "Wir sind das Volk" und "Das ist unsere Stadt" wurde letzten Sommer in Chemnitz von Rechtsextremisten skandiert und noch Schlimmeres. Das ist völkischer Nationalismus in Reinkultur. Und die "besorgten Bürger", die sich selbst zumeist zur bürgerlichen Mitte zählen, grenzten sich nicht ab, im Gegenteil, sie marschierten zusammen mit AfDlern und Pegidisten Schulter an Schulter mit Rechtsextremisten durch die Gegend. Diese Mischung machts so gefährlich. Und Leute, die ausländisch aussahen, mussten sich verstecken vor den Horden, die durch die Zentralhaltestelle tobten. Es wurde ihnen geraten, lieber nicht vor die Tür zu gehen. Was ist das anderes, als schlimmster Nationalismus? Nationalismus, der die eigene Nation überhöht und der andere Nationen abwertet.
Zu jener Zeit trat auch ein Anwalt auf, der sich als normale Mitte deklarierte, üblicherweise jedoch eine bestimmte Wehrsportgruppe vertrat, die im Wald den bewaffneten Kampf gegen die Demokratie übte.
Man kann den Bürgern nur raten - Vorsicht vor Trickbetrügern.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Selina »

DarkLightbringer hat geschrieben:(01 May 2019, 18:02)

Zu jener Zeit trat auch ein Anwalt auf, der sich als normale Mitte deklarierte, üblicherweise jedoch eine bestimmte Wehrsportgruppe vertrat, die im Wald den bewaffneten Kampf gegen die Demokratie übte.
Man kann den Bürgern nur raten - Vorsicht vor Trickbetrügern.
Ja, ein besonders übler Kunde. Demagoge reinsten Wassers.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(01 May 2019, 17:38)

„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, "Wir sind das Volk" und "Das ist unsere Stadt" wurde letzten Sommer in Chemnitz von Rechtsextremisten skandiert und noch Schlimmeres. Das ist völkischer Nationalismus in Reinkultur. Und die "besorgten Bürger", die sich selbst zumeist zur bürgerlichen Mitte zählen, grenzten sich nicht ab, im Gegenteil, sie marschierten zusammen mit AfDlern und Pegidisten Schulter an Schulter mit Rechtsextremisten durch die Gegend. Diese Mischung machts so gefährlich. Und Leute, die ausländisch aussahen, mussten sich verstecken vor den Horden, die durch die Zentralhaltestelle tobten. Es wurde ihnen geraten, lieber nicht vor die Tür zu gehen. Was ist das anderes, als schlimmster Nationalismus? Nationalismus, der die eigene Nation überhöht und der andere Nationen abwertet.
"letzten Sommer in Chemnitz" - hast du nichts anderes als Beleg für einen angeblichen Rechtsruck zu bieten?
Wieviele Menschen haben denn an den Demonstrationen in Chemnitz teilgenommen?
Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass du hier eine ganz besondere Paranoia pflegst, du siehst überall Rechtsextremisten und Nationalisten, wo es gar keine gibt.
Wie wäre es, wenn du mal ein paar Fakten zur Kenntnis nehmen würdest?
Ok - die stammen aus 2017:
"Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten ging 2017 auf insgesamt 19.467 (2016: 22.471) und die der Gewalttaten auf 1.054 (2016: 1.600) zurück. Das entspricht einem prozentualen Rückgang der Straftaten um 13,4 % und der Gewalttaten um 34,1 %. Damit befindet sich die aktuelle Zahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten deutlich unter der des Jahres 2015."
Quelle


Ein Rückgang von rechtsextremen Gewalttaten ist zu verzeichnen, aber du faselst von einem Rechtsruck, dem sich die bürgerliche Mitte angeblich nicht entgegen stellt, von dem sie sich nicht distanziert, der zudem in der bürgerlichen Mitte ankäme.

weitere Fakten:
"Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften umfasste das rechtsextremistische Personenpotenzial Ende 2017 insgesamt 24.000 Personen. Das Personenpotenzial der neonazistischen Szene ist mit rund 6.000 Personen im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Nach wie vor machen die 9.200 subkulturell geprägten Rechtsextremisten mit über 38 % den größten Anteil am Gesamtpotenzial aus.
Tabelle „Rechtsextremismuspotenzial nach ideologischer Prägung 2016-2017“, Stichtag: 31. Dezember 2017 (1) Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet.
(2) Hierin sind unter anderem 900 als Rechtsextremisten zu wertende „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ sowie 500 Mitglieder der „Identitären Bewegung Deutschlands“ (Verdachtsfall) für das Jahr 2017 enthalten. Zur IBD liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Bestrebung vor, sodass die Gruppierung durch das BfV im Rahmen eines Verdachtsfalls bearbeitet wird.
(3) Hierin sind unter anderem 500 bis 600 als Rechtsextremisten zu wertende „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ sowie 300 Mitglieder der „Identitären Bewegung Deutschlands“ (Verdachtsfall) für das Jahr 2016 enthalten"
Quelle


Die rechtsextreme Szene hat um ganze 900 Personen zugenommen von 23.100 auf 24.000 ==> 24.000 von 83 Millionen.
Und du faselst von einem Rechtsruck, der in der bürgerlichen Mitte angekommen ist bzw dem sich die bürgerliche Mitte nicht entgegen stellt.
Merkst du überhaupt noch irgend etwas?

Dass diesen 24.000 Rechtsextremisten 29.000 Linksextremisten gegenüber stehen, ignorierst du!
Dass die Anzahl der Linksextremisten ebenfalls zugenommen hat und zwar mehr als die der Rechtsetremisten ignorierst du ebenso.
Und weiter ignorierst du die Tatsache, dass die Anzahl der linksetremen Gewalttaten zugenommen hat.
Ein Schelm der Böses dabei denkt!
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von imp »

Damals war Maaßen noch aktiv. Auf diese Zahlen würde ich nichts geben.
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Re: Die bürgerliche Mitte - Wie verhält sie sich zum Rechtsruck?

Beitrag von Dark Angel »

imp hat geschrieben:(01 May 2019, 19:09)

Damals war Maaßen noch aktiv. Auf diese Zahlen würde ich nichts geben.
Falls du dir mal den Link auschaust, da steht "Aktuelles - Stand März 2019" - nur so viel zum Thema "Auf diese Zahlen würde ich nichts geben."
Was du da grade produzierst, nennt sich Verschwörungstheorie!
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