Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

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NicMan
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Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von NicMan »

So gut wie alle Kenzahlen wirtschaftlicher und menschlicher Entwicklung sind in den letzten zweihundert Jahren massiv nach oben gegangen. Die Leute leben länger, haben (zum Großteil) mehr Geld und mehr Möglichkeiten als früher. Trotzdem scheinen viele unzufrieden und träumen von einer verklärten Vergangenheit in der alles einmal besser gewesen sein soll. Man will nicht, dass es einem gut geht, sondern dass es einem besser geht.

All das äußert sich in riesigen Erwartungen an das Leben, den Partner, den Sozialstaat und die ganze Welt. Schwer zu ertragen für viele die Vorstellung, doch nur einer von 7 Milliarden auf diesem Planeten zu sein und wenig ändern zu können.

Nun gibt es sicherlich tatsächlich viele Menschen, die ein gewisses Wohlstandsniveau, welches sie einmal hatten, nicht mehr haben und sicherlich ist in den letzten Jahrzehnten nicht für jeden das Leben besser geworden. Jedoch findet man auch unter sehr gut verdienenden Menschen immer wieder Unzufriedenheit mit dem eigenen Einkommen, Leben etc.

Ist diese Unzufriedenheit berechtigt? Oder Ausdruck von Jammer- und Neidkultur?
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Milady de Winter
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Milady de Winter »

Wer legt denn fest, was "berechtigtes" und was "unberechtigtes" Jammern ist? Die Messlatten und Akzeptanzschwellen sind unterschiedlich hoch. Was für den einen schrecklich ist, bringt den anderen nicht um den Schlaf. Und anders herum: was den einen überglücklich macht, entlockt dem anderen ein müdes Lächeln. Ich erlaube mir da kein Urteil. Was ich persönlich jedoch beobachte, zum Teil auch bei mir selbst, ist ein Jammern auf hohem Niveau. Ich fang mich dann meistens damit ein, dass ich zu schätzen weiß, was ich habe. Das funktioniert aber nicht bei jedem. Und meiner Beobachtung nach ist es auch oft so, dass das Gejammer indirekt proportional zur Größe der Probleme ist. Aber auch hier wieder: für jemanden, der im Grunde keine gravierenden Probleme hat, ist schon eine Kleinigkeit einen Aufreger wert.

Und was das Finazielle betrifft: auch hier gibt es Menschen, die nie zufrieden sind, egal wie viel sie haben.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

Hier gehts wohl um die berühmte "Hedonische Tretmühle".

Man vergleicht sich nicht mit den "armen Afrikanern", sondern mit seinem direkten Nachbarn. Und wenn der ein dickeres Auto fährt als man selbst, geht das Drama los.

Nicht umsonst heißt es ja, dass 'materieller Wohlstand' kaum mit 'empfundenem Glück' korreliert.
irgendwer
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von irgendwer »

NicMan hat geschrieben:(18 Feb 2019, 19:05)

Nun gibt es sicherlich tatsächlich viele Menschen, die ein gewisses Wohlstandsniveau, welches sie einmal hatten, nicht mehr haben und sicherlich ist in den letzten Jahrzehnten nicht für jeden das Leben besser geworden. Jedoch findet man auch unter sehr gut verdienenden Menschen immer wieder Unzufriedenheit mit dem eigenen Einkommen, Leben etc.

Ist diese Unzufriedenheit berechtigt? Oder Ausdruck von Jammer- und Neidkultur?
Ich würde diesen Allgemeinplatz "Wohlstandsgesellschaft" schon etwas kritischer sehen. Bei genauerer Betrachtung sieht man doch, dass sich dieser Wohlstand, der gern in Statistiken geführt wird, auf wenige beschränkt. Damit sind solche gemeint, bei denen Geld wirklich keine Rolle mehr spielt, man besitzt es eben und "es" arbeitet vor sich hin für sie.
Daneben ist z.B. Wohlstands-Deutschland aber auch zum Niedriglohnsektor verkommen. Man sieht Leute, die sich kein Gebiss leisten können, man sieht Arbeiterinnen, die arbeiten, um genug Geld zu verdienen, arbeitsfähig zu sein, man sieht auch alleinerziehende Mütter, die arg sparen müssen, wenn sie mit ihren Kindern mal ins Kino gehen wollen. Die Liste wäre um einiges erweiterbar. Auch ein Mindestlohn, der gut ist, ändert an diesen beengten Lebensumständen nicht viel. Man kann in dieser wunderschönen Glitzerschaufensterwelt eben noch nicht einmal kaufen, was man dringend braucht. Mich betrifft es nicht selbst, ich hüte mich auch davor, mir künstlich Bedürfnisse aufdrücken zu lassen und rate jedem davon ab. Aber ich kann gerade wegen meiner finanziellen Freiheit doch gut mitdenken, was in diesen Menschen vorgeht.

Bei all dem Konsumgedöhns gehen häufig auch die Prioritäten verloren. Geld allein soll alles ermöglichen. Unbestritten, dass es Vorteile mit sich bringt. Aber dass es eben nicht das Erstrebenswerteste ist, merkt spätestens der Mann, der all seinen Zierrat verloren hat und prompt von seiner Frau verlassen wird. Einfach weil er provoziert hatte, dass sich jemand nicht in ihn, sondern in seinen Besitz verliebt. Dagegen hilft kein Gejammer. Noch weniger Schuldzuweisungen an andere, insbesondere stets böse und raffgierige Weiber als Teufelsersatz. Dagegen hilft nur ein bisschen Selbstkritik und Sinn für die Realität.
Schön wär's, wenn in dieser Konsumgesellschaft auch irgendjemand "da oben" ein Interesse daran hätte, das zu vermitteln. Aber das wird wohl kaum der Fall sein.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

irgendwer hat geschrieben:(21 Feb 2019, 17:00)

Ich würde diesen Allgemeinplatz "Wohlstandsgesellschaft" schon etwas kritischer sehen.

Bei genauerer Betrachtung sieht man doch, dass sich dieser Wohlstand,
der gern in Statistiken geführt wird, auf wenige beschränkt.
Welches Land meinst Du ? :?:

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Klopfer
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Diplomatensohn5000 hat geschrieben:(21 Feb 2019, 16:02)

Hier gehts wohl um die berühmte "Hedonische Tretmühle".

Man vergleicht sich nicht mit den "armen Afrikanern", sondern mit seinem direkten Nachbarn. Und wenn der ein dickeres Auto fährt als man selbst, geht das Drama los.

Nicht umsonst heißt es ja, dass 'materieller Wohlstand' kaum mit 'empfundenem Glück' korreliert.
Nach Lesart Liberaler und Libertärer hat sich der normale mittelständische Arbeitnehmer und alles darunter durchaus mit den Bewohnern dritter Weltstaaten zu vergleichen denen es doch viel schlechter geht.
Für die reichen "Leistungsträger" gilt das selbstverständlich nicht. Da gelten vollkommen andere Massstäbe.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Klopfer hat geschrieben:(21 Feb 2019, 17:07)

Nach Lesart Liberaler und Libertärer hat sich der normale mittelständische Arbeitnehmer und alles darunter durchaus mit den Bewohnern dritter Weltstaaten zu vergleichen denen es doch viel schlechter geht.
Für die reichen "Leistungsträger" gilt das selbstverständlich nicht. Da gelten vollkommen andere Massstäbe.
Bevor Du jetzt in Deinem üblichen Rundumschlag-Modus verfällst...

ich halte es durchaus legitim, Wohlstand einer Gesellschaft mit anderen Gesellschaften zu vergleichen.
Die absolute Verhältnismässigkeit.

Und auch wenn DU verschiedene Zustände oder Verteilungsgerechtigkeiten in Deutschkand bemängeslt,
IST es trotzdem so, dass Deutschland als ganzes und Deutschland als Gesellschaft
-> eine Wohlstands- und Konsumgesellschaft ist.

Das es HIER -fast- allen Menschen erst einmal recht gut geht.
Zumindest in Bezug auf die materiellen (Grund) Bedürfnisse und der Versorgung.

mfg
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

Klopfer hat geschrieben:Nach Lesart Liberaler und Libertärer hat sich der normale mittelständische Arbeitnehmer und alles darunter durchaus mit den Bewohnern dritter Weltstaaten zu vergleichen denen es doch viel schlechter geht.
Was ja nun auch nicht völlig daneben ist.

Wenn ich einen "Mangel" empfinde, weil ich mir das neueste iPhone nicht leisten kann, dann liegt es auf der Hand, dass hier was schief läuft. Ein verstärktes Bewusstsein für gefühlte und tatsächliche Grundbedürfnisse wäre hier zu schaffen.

Ungeachtet dessen ist sozio-ökonomische Ungerechtigkeit auch in den Industriestaaten absolut zu verurteilen.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

Skull hat geschrieben:ich halte es durchaus legitim, Wohlstand einer Gesellschaft mit anderen Gesellschaften zu vergleichen.
Die absolute Verhältnismässigkeit.
Eben das funktioniert aber nicht wirklich. Zumindest wenn man der "Glücksforschung" Glauben schenken will.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Diplomatensohn5000 hat geschrieben:(21 Feb 2019, 18:09)

Eben das funktioniert aber nicht wirklich.

Zumindest wenn man der "Glücksforschung" Glauben schenken will.
Was soll nicht funktionieren ? :?:

mfg
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Skull hat geschrieben:(21 Feb 2019, 17:51)

Bevor Du jetzt in Deinem üblichen Rundumschlag-Modus verfällst...

ich halte es durchaus legitim, Wohlstand einer Gesellschaft mit anderen Gesellschaften zu vergleichen.
Die absolute Verhältnismässigkeit.

Und auch wenn DU verschiedene Zustände oder Verteilungsgerechtigkeiten in Deutschkand bemängeslt,
IST es trotzdem so, dass Deutschland als ganzes und Deutschland als Gesellschaft
-> eine Wohlstands- und Konsumgesellschaft ist.

Das es HIER -fast- allen Menschen erst einmal recht gut geht.
Zumindest in Bezug auf die materiellen (Grund) Bedürfnisse und der Versorgung.

mfg
Na prima, Vermögen gehört zum Wohlstand einer Gesellschaft. Und da siehts halt im Vergleich mit ähnlichen Gesellschaften nicht sonderlich gut aus für den Deutschen Michel, da muss dann der Senegal als Mass herhalten, oder? Für die reichen Opportunisten gilt das natürlich nicht!
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Klopfer hat geschrieben:(21 Feb 2019, 18:31)

Na prima, Vermögen gehört zum Wohlstand einer Gesellschaft.

Und da siehts halt im Vergleich mit ähnlichen Gesellschaften nicht sonderlich gut aus für den Deutschen Michel,
da muss dann der Senegal als Mass herhalten, oder?

Für die reichen Opportunisten gilt das natürlich nicht!
Lese meine Sätze und verstehe sie.

Stelle also Dein (übliches) Gegeifer ein.

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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

Skull hat geschrieben:(21 Feb 2019, 18:31)

Was soll nicht funktionieren ? :?:

mfg
Na, dass man seine Lebenszufriedenheit erhöht, indem man sich mit anderen vergleicht, die vermeintlich schlechter gestellt sind.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Diplomatensohn5000 hat geschrieben:(21 Feb 2019, 18:44)

Na, dass man seine Lebenszufriedenheit erhöht,
indem man sich mit anderen vergleicht, die vermeintlich schlechter gestellt sind.
Und die andere Seite ?

Das man seine Lebenszufridenheit ja auch nicht erhöht,
indem man sich mit anderen vergleicht, die vermeintlich besser gestellt sind. :?

Also sollte man sie am besten gar nicht vergleichen. :D

mfg
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

Skull hat geschrieben:Das man seine Lebenszufridenheit ja auch nicht erhöht,
indem man sich mit anderen vergleicht, die vermeintlich besser gestellt sind. :?
Willkommen auf Instagram :D

Wie gesagt: Wenn man das so hinnimmt, dass technologischer und ökonomischer Fortschritt nicht mit einem Mehr an Lebensglück einhergeht, ist das natürlich ernüchternd. Aber genau dies scheint empirisch betrachtet der Fall zu sein.

Man kann Sisyphos auch als glücklichen Menschen verstehen, wusste jüngst schon der Bundespräsident ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Skull hat geschrieben:(21 Feb 2019, 18:34)

Lese meine Sätze und verstehe sie.

Stelle also Dein (übliches) Gegeifer ein.

mfg
Na wenn ich das mal so geschrieben hätte....
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Diplomatensohn5000 hat geschrieben:(21 Feb 2019, 19:03)

Wie gesagt: Wenn man das so hinnimmt, dass technologischer und ökonomischer Fortschritt nicht mit einem Mehr an Lebensglück einhergeht, ist das natürlich ernüchternd. Aber genau dies scheint empirisch betrachtet der Fall zu sein.
Weiß nicht. Das mag durchaus für reichere und entwickelte Gesellschaften zutreffen.

Ich denke aber, das die Masse der Menschen in Mitteleuropa,
heute zufriedener und glücklicher sind...als vor 400 Jahren.

mfg
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Senexx »

Vor 400 Jahe hatte gerade der 30jährige Krieg begonnen.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Benutzername »

Wohlstand macht nicht automatisch zufrieden. Unzufrieden werden die Menschen, die nicht schätzen was sie haben, sondern nimmer auf andere gucken. Wer zufrieden sein will, der lernt zu schätzen was er hat. Auch ein Hartz 4 Empfänger kann glücklich sein. Es hängt von der Einstellung ab.
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NicMan
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von NicMan »

irgendwer hat geschrieben:(21 Feb 2019, 17:00)
Bei all dem Konsumgedöhns gehen häufig auch die Prioritäten verloren. Geld allein soll alles ermöglichen. Unbestritten, dass es Vorteile mit sich bringt. Aber dass es eben nicht das Erstrebenswerteste ist, merkt spätestens der Mann, der all seinen Zierrat verloren hat und prompt von seiner Frau verlassen wird. Einfach weil er provoziert hatte, dass sich jemand nicht in ihn, sondern in seinen Besitz verliebt. Dagegen hilft kein Gejammer. Noch weniger Schuldzuweisungen an andere, insbesondere stets böse und raffgierige Weiber als Teufelsersatz. Dagegen hilft nur ein bisschen Selbstkritik und Sinn für die Realität.
Schön wär's, wenn in dieser Konsumgesellschaft auch irgendjemand "da oben" ein Interesse daran hätte, das zu vermitteln. Aber das wird wohl kaum der Fall sein.
Ich stelle mal die Hypothese auf, dass die Konsumgesellschaft in einem kapitalistischen System (welches ich trotzdem noch für das beste halte) letzlich zu dem von mir beschriebenen Denken führt. Nicht nur soll man konsumieren um glücklich zu werden, mal selbst ist auch ein Produkt, welches verkauft werden muss (Jobsuche etc.). Jahrelang hat die Werbung den Menschen eingeredet, dass der Kunde König ist und das man mit Geld alles kaufen kann. Manch einer spürt vielleicht: "Die haben mich angelogen!"

Eine gewisse Einkommens- und Vermögensungleichheit trägt natürlich aber auch dazu bei, dass einige Menschen deutlich weniger vom allgemeinen Wohlstand in einer Gesellschaft haben, obwohl Sie sich anstrengen. Als Beispiel nehme eine Zahnartzthelferin mit 40 Stunden Woche, teilweise Überstunden und 1170 Euro Netto im Monat. Das ist zwar (auch kaufkraftbereinigt) immer noch ein Gehalt um das man von einem Großteil der Menschheit beneidet würde, aber gemessen am Medianeinkommen in Deutschland (Netto monatlich 1800 Euro) deutlich weniger. Bei diesen Menschen würde ich auch nicht von Jammerkultur sprechen.
Wenn sich aber ein Bekannter von mir (Geschfäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, 180.000 Brutto im Jahr) über sein finanzielles Leben beschwert
läuft irgendetwas schief.

Was die Statistiken angeht darf man diese ruhig ernst nehmen. Ich studiere selbst angewandte Statistik im Master und bin immer wieder erstaunt über die ausgeklügelsten Methoden. Die schlechtesten Interpretationen von Statistiken kommen meiner Meinung nach hauptsächlich von fachfremden Laien und leider auch Journalisten.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Skull »

Senexx hat geschrieben:(21 Feb 2019, 20:25)

Vor 400 Jahe hatte gerade der 30jährige Krieg begonnen.
Korrekt. Meine 400 Jahre hatten ihren Grund. ;)

mfg
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Benutzername hat geschrieben:(21 Feb 2019, 21:00)

Wohlstand macht nicht automatisch zufrieden. Unzufrieden werden die Menschen, die nicht schätzen was sie haben, sondern nimmer auf andere gucken. Wer zufrieden sein will, der lernt zu schätzen was er hat. Auch ein Hartz 4 Empfänger kann glücklich sein. Es hängt von der Einstellung ab.
Das liegt vielleicht auch am System. Predigt nicht der Kapitalismus doch ständig von immerwährenden Wachstum und Wettbewerb, das spiegelt sich halt auch in der Haltung der Menschen wieder.
Das geht dann so weit dass man die die mit dem was sie haben zufrieden sind und gar nicht mehr wollen dieses neidet und versucht wegzunehmen.
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Orbiter1
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Orbiter1 »

Ich sehe vor allem zwei Quellen der Unzufriedenheit. Zum einen, die Gesellschaft wird zwar insgesamt wohlhabender, aber ein erheblicher Teil ist von einem Zuwachs inzwischen dauerhaft ausgeschlossen. Selbst ein Durchschnittsverdiener ist z. B. nicht mehr in der Lage in der Großstadt Wohneigentum zu bilden, wenn kein Erbe für die Finanzierung zur Verfügung steht. Das löst natürlich Unzufriedenheit aus.

Zum anderen geht die Bereitschaft Einschränkungen des persönlichen Umfelds zuzulassen gegen Null. Exemplarisch nenne ich hier mal die erforderlichen Stromtrassen durch Deutschland. Eine Oberleitung wird sowieso nicht akzeptiert, aber auch eine Verlegung in mehreren Metern Tiefe lässt sofort Bürgerinitiativen entstehen die sich dagegen wehren. Neue Windräder in der Nähe werden auch nicht akzeptiert. Und ich bin schon gespannt wo die mehrere 100.000 zusätzlich erforderlichen Sendemasten für 5G montiert werden.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Andreas50 »

Klopfer hat geschrieben:(22 Feb 2019, 05:57)

Das liegt vielleicht auch am System. Predigt nicht der Kapitalismus doch ständig von immerwährenden Wachstum und Wettbewerb, das spiegelt sich halt auch in der Haltung der Menschen wieder.
Das geht dann so weit dass man die die mit dem was sie haben zufrieden sind und gar nicht mehr wollen dieses neidet und versucht wegzunehmen.
Die Gesellschaft wird immer kälter je weniger Geld der einzelne zur Verfügung hat. Seit 70 Jahren eine Politik des Niedergangs. Ein Absinken der Kultur mit dem Absinken der Löhne ist deutlich erkennbar von Jahr zu Jahr. Spiegelt sich auch in der Musik wieder. In den 70 ern noch fröhliche Lieder und mit jedem Jahr wird die Musik härter bis heute mit Rap und HipHop.

Das ganze geht einher mit wachsender Übervölkerung der Erde und immer weniger Ressourcen mit wachsender Menschenanzahl.
"E. normaler Staat ist, die Regierung hat ihre eigene Bank, die Regierungsbank, die das Geld druckt das unter der Bevölkerung verteilt wird. E. falsches System ist, die Regierung leiht das Geld bei Banken.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Misterfritz »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 Feb 2019, 07:10)

Ich sehe vor allem zwei Quellen der Unzufriedenheit. Zum einen, die Gesellschaft wird zwar insgesamt wohlhabender, aber ein erheblicher Teil ist von einem Zuwachs inzwischen dauerhaft ausgeschlossen. Selbst ein Durchschnittsverdiener ist z. B. nicht mehr in der Lage in der Großstadt Wohneigentum zu bilden, wenn kein Erbe für die Finanzierung zur Verfügung steht. Das löst natürlich Unzufriedenheit aus.
Das war aber nie anders.
Die Leute, die sich ein winziges Häuschen auf dem Land geleistet haben, haben ihr Leben lang abgezahlt, da haben beide gearbeitet - was bedeutet, dass beide auch ihr Leben lang zusammen blieben.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Misterfritz hat geschrieben:(23 Feb 2019, 21:33)

Das war aber nie anders.
Die Leute, die sich ein winziges Häuschen auf dem Land geleistet haben, haben ihr Leben lang abgezahlt, da haben beide gearbeitet - was bedeutet, dass beide auch ihr Leben lang zusammen blieben.
Heute zahlen auch noch die Kinder an der Hütte wenn sie nicht verkauft worden ist. Mit einem Durchschnittsjob brauchst du dir heute kein Haus mehr bauen von dem du ausgehst das vererben zu dürfen. Das gehört vor dem Vererben anderen.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Andreas50 hat geschrieben:(23 Feb 2019, 20:27)

Die Gesellschaft wird immer kälter je weniger Geld der einzelne zur Verfügung hat. Seit 70 Jahren eine Politik des Niedergangs. Ein Absinken der Kultur mit dem Absinken der Löhne ist deutlich erkennbar von Jahr zu Jahr. Spiegelt sich auch in der Musik wieder. In den 70 ern noch fröhliche Lieder und mit jedem Jahr wird die Musik härter bis heute mit Rap und HipHop.

Das ganze geht einher mit wachsender Übervölkerung der Erde und immer weniger Ressourcen mit wachsender Menschenanzahl.
Fröhlicher waren die Lieder vielleicht nicht, tiefsinnige, beudeutender, sicherlich, angenehmer und ansprechender. Höre gerade PF dark side of the Moon...
Was ist schon Rap oder Hip Hop.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Misterfritz »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:01)

Heute zahlen auch noch die Kinder an der Hütte wenn sie nicht verkauft worden ist. Mit einem Durchschnittsjob brauchst du dir heute kein Haus mehr bauen von dem du ausgehst das vererben zu dürfen. Das gehört vor dem Vererben anderen.
Wie meinen?
Diese Leute sind nie in den Urlaub gefahren, haben evtl. noch ihr eigenes Gemüse im Garten angepflanzt, sind viele Kilometer zur Arbeit mit dem Fahrrad gefahren, haben sich also das Haus vom Munde abgespart.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Misterfritz hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:08)

Wie meinen?
Diese Leute sind nie in den Urlaub gefahren, haben evtl. noch ihr eigenes Gemüse im Garten angepflanzt, sind viele Kilometer zur Arbeit mit dem Fahrrad gefahren, haben sich also das Haus vom Munde abgespart.
Du hast mich missverstanden, heute wenn du versuchst unter den selben Vorraussetzungen ein Häuschen zu bauen ist es ungleich schwieriger geworden. Vom Mund absparen geht gar nicht mehr wenn du halbwegs dafür sorgen möchtest dass deine Kinder mitkommen. Wettbewerb, überall. Wettbewerb erzeugt nicht nur Fortschritt und Sieger....
Urlaub gabs schon, halt nicht in Spanien sondern im bayerischen Wald...
Hochachtung vor diesen Menschen...z.Bsp. meinen Eltern.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Misterfritz hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:08)

Wie meinen?
Diese Leute sind nie in den Urlaub gefahren, haben evtl. noch ihr eigenes Gemüse im Garten angepflanzt, sind viele Kilometer zur Arbeit mit dem Fahrrad gefahren, haben sich also das Haus vom Munde abgespart.
Du hast mich missverstanden, heute wenn du versuchst unter den selben Vorraussetzungen ein Häuschen zu bauen ist es ungleich schwieriger geworden. Vom Mund absparen geht gar nicht mehr wenn du halbwegs dafür sorgen möchtest dass deine Kinder mitkommen. Wettbewerb, überall. Wettbewerb erzeugt nicht nur Fortschritt und Sieger....
Urlaub gabs schon, halt nicht in Spanien sondern im bayerischen Wald...
Hochachtung vor diesen Menschen...z.Bsp. meinen Eltern.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Misterfritz »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:18)

Du hast mich missverstanden, heute wenn du versuchst unter den selben Vorraussetzungen ein Häuschen zu bauen ist es ungleich schwieriger geworden. Vom Mund absparen geht gar nicht mehr wenn du halbwegs dafür sorgen möchtest dass deine Kinder mitkommen. Wettbewerb, überall. Wettbewerb erzeugt nicht nur Fortschritt und Sieger....
Urlaub gabs schon, halt nicht in Spanien sondern im bayerischen Wald...
Hochachtung vor diesen Menschen...z.Bsp. meinen Eltern.
Heute ist es evtl. schwieriger, einen Bauplatz zu finden, aber Familien mit Kindern bekommen doch Baukindergeld etc.
Nein, es wird erwartet (oder die Kinder wie Eltern erwarten), dass Hausbauen keine Abstriche erfordert. Und das kann nicht funktionieren.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Misterfritz hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:26)

Heute ist es evtl. schwieriger, einen Bauplatz zu finden, aber Familien mit Kindern bekommen doch Baukindergeld etc.
Nein, es wird erwartet (oder die Kinder wie Eltern erwarten), dass Hausbauen keine Abstriche erfordert. Und das kann nicht funktionieren.
Das ist natürlich richtig, Hausbauen erfordert sicherlich Abstriche. Trotzdem ist es nicht mehr so "einfach".
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Misterfritz »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:40)

Das ist natürlich richtig, Hausbauen erfordert sicherlich Abstriche. Trotzdem ist es nicht mehr so "einfach".
Es war NIE einfach!
(Oder ich schränke ein wenig ein: Wenn Du von Bauern abstammtest, dann war es einfacher, an Land zu kommen, wenn dieses mal als Bauland ausgewiesen wurde)
Zuletzt geändert von Misterfritz am Sa 23. Feb 2019, 22:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Gilmoregirl »

Wenn ich mich ständig mit anderen vergleiche, was diese haben oder nicht, kann ich entweder unzufrieden sein, weil es dem anderen vermeintlich besser geht (was ich nicht weiß, denn er kann auch unheilbar krank sein und ich gesund) , kann mich freuen, weil ich mehr besitze als andere oder ich kann die Klappe halten und mit dem zufrieden sein, was ich habe.
Mir ist es egal, ob mein Nachbar ein größeres Auto hat, meines bringt mich ebenso von A nach B, es ist mir auch egal, dass das Nachbarhaus neuer/moderner ist, unseres hält uns auch trocken und warm. Ob ich bei A...oder E... einkaufe, auch egal. Hauptsache, wir werden alle satt.
In DL wird auch für Menschen gesorgt, die keiner Arbeit nachgehen(können) klar, diese Menschen werden keine großen Sprünge machen können, aber es wird für sie gesorgt. Und für manch einen noch viel zu gut.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:18)

Du hast mich missverstanden, heute wenn du versuchst unter den selben Vorraussetzungen ein Häuschen zu bauen ist es ungleich schwieriger geworden. Vom Mund absparen geht gar nicht mehr wenn du halbwegs dafür sorgen möchtest dass deine Kinder mitkommen.
Keine Ahnung wo du lebst. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals schon soviel gebaut wurde wie heute. Hier wird ein Baugebiet nach dem anderen aus dem Boden gestampft. Für die Grundstücke gibt's lange Wartelisten. Und wer ein kriegt, der kann froh sein, wenn er einen Bauunternehmer findet, der es ihm in annehmbarer Zeit hinzustellen. Und wenn ich mir die Leute so ansehe, dann hab ich nicht im geringsten den Eindruck, dass sie sich das auch nur annähernd ähnlich vom Mund absparen müssen, wie z.B. meine Eltern Ende der 60er.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Misterfritz hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:42)

Es war NIE einfach!
(Oder ich schränke ein wenig ein: Wenn Du von Bauern abstammtest, dann war es einfacher, an Land zu kommen, wenn dieses mal als Bauland ausgewiesen wurde)
Drum die Quotes...
Übrigens hatten nicht nur Bauern den "Heimvorteil", sondern auch Kommunalpolitiker...
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

Gilmoregirl hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:44)

Wenn ich mich ständig mit anderen vergleiche, was diese haben oder nicht, kann ich entweder unzufrieden sein, weil es dem anderen vermeintlich besser geht (was ich nicht weiß, denn er kann auch unheilbar krank sein und ich gesund) , kann mich freuen, weil ich mehr besitze als andere oder ich kann die Klappe halten und mit dem zufrieden sein, was ich habe.
Mir ist es egal, ob mein Nachbar ein größeres Auto hat, meines bringt mich ebenso von A nach B, es ist mir auch egal, dass das Nachbarhaus neuer/moderner ist, unseres hält uns auch trocken und warm. Ob ich bei A...oder E... einkaufe, auch egal. Hauptsache, wir werden alle satt.
In DL wird auch für Menschen gesorgt, die keiner Arbeit nachgehen(können) klar, diese Menschen werden keine großen Sprünge machen können, aber es wird für sie gesorgt. Und für manch einen noch viel zu gut.
Tham das ist aber der Sinn von Wettbewerb.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Klopfer »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:47)

Keine Ahnung wo du lebst. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals schon soviel gebaut wurde wie heute. Hier wird ein Baugebiet nach dem anderen aus dem Boden gestampft. Für die Grundstücke gibt's lange Wartelisten. Und wer ein kriegt, der kann froh sein, wenn er einen Bauunternehmer findet, der es ihm in annehmbarer Zeit hinzustellen. Und wenn ich mir die Leute so ansehe, dann hab ich nicht im geringsten den Eindruck, dass sie sich das auch nur annähernd ähnlich vom Mund absparen müssen, wie z.B. meine Eltern Ende der 60er.
Wohl wahr die Banken freuen sich.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Odin1506 »

Gilmoregirl hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:44)

Wenn ich mich ständig mit anderen vergleiche, was diese haben oder nicht, kann ich entweder unzufrieden sein, weil es dem anderen vermeintlich besser geht (was ich nicht weiß, denn er kann auch unheilbar krank sein und ich gesund) , kann mich freuen, weil ich mehr besitze als andere oder ich kann die Klappe halten und mit dem zufrieden sein, was ich habe.
Mir ist es egal, ob mein Nachbar ein größeres Auto hat, meines bringt mich ebenso von A nach B, es ist mir auch egal, dass das Nachbarhaus neuer/moderner ist, unseres hält uns auch trocken und warm. Ob ich bei A...oder E... einkaufe, auch egal. Hauptsache, wir werden alle satt.
In DL wird auch für Menschen gesorgt, die keiner Arbeit nachgehen(können) klar, diese Menschen werden keine großen Sprünge machen können, aber es wird für sie gesorgt. Und für manch einen noch viel zu gut.
Diesen Satz würde ich so nicht stehen lassen, denn sonst hätten wir hier in D keine Obdachlosen und keine Rentner die Flaschen sammeln müssen.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Misterfritz »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:52)

Drum die Quotes...
Übrigens hatten nicht nur Bauern den "Heimvorteil", sondern auch Kommunalpolitiker...
Ich weiss, ich war lange genug in der Kommunalpolitik ....
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:47)

Keine Ahnung wo du lebst. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals schon soviel gebaut wurde wie heute. Hier wird ein Baugebiet nach dem anderen aus dem Boden gestampft. Für die Grundstücke gibt's lange Wartelisten. Und wer ein kriegt, der kann froh sein, wenn er einen Bauunternehmer findet, der es ihm in annehmbarer Zeit hinzustellen. Und wenn ich mir die Leute so ansehe, dann hab ich nicht im geringsten den Eindruck, dass sie sich das auch nur annähernd ähnlich vom Mund absparen müssen, wie z.B. meine Eltern Ende der 60er.
Klingt für mich eher nach einer neuen Immobilienblase ;)
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Alpha Centauri »

irgendwer hat geschrieben:(21 Feb 2019, 17:00)

Ich würde diesen Allgemeinplatz "Wohlstandsgesellschaft" schon etwas kritischer sehen. Bei genauerer Betrachtung sieht man doch, dass sich dieser Wohlstand, der gern in Statistiken geführt wird, auf wenige beschränkt. Damit sind solche gemeint, bei denen Geld wirklich keine Rolle mehr spielt, man besitzt es eben und "es" arbeitet vor sich hin für sie.
Daneben ist z.B. Wohlstands-Deutschland aber auch zum Niedriglohnsektor verkommen. Man sieht Leute, die sich kein Gebiss leisten können, man sieht Arbeiterinnen, die arbeiten, um genug Geld zu verdienen, arbeitsfähig zu sein, man sieht auch alleinerziehende Mütter, die arg sparen müssen, wenn sie mit ihren Kindern mal ins Kino gehen wollen. Die Liste wäre um einiges erweiterbar. Auch ein Mindestlohn, der gut ist, ändert an diesen beengten Lebensumständen nicht viel. Man kann in dieser wunderschönen Glitzerschaufensterwelt eben noch nicht einmal kaufen, was man dringend braucht. Mich betrifft es nicht selbst, ich hüte mich auch davor, mir künstlich Bedürfnisse aufdrücken zu lassen und rate jedem davon ab. Aber ich kann gerade wegen meiner finanziellen Freiheit doch gut mitdenken, was in diesen Menschen vorgeht.

Bei all dem Konsumgedöhns gehen häufig auch die Prioritäten verloren. Geld allein soll alles ermöglichen. Unbestritten, dass es Vorteile mit sich bringt. Aber dass es eben nicht das Erstrebenswerteste ist, merkt spätestens der Mann, der all seinen Zierrat verloren hat und prompt von seiner Frau verlassen wird. Einfach weil er provoziert hatte, dass sich jemand nicht in ihn, sondern in seinen Besitz verliebt. Dagegen hilft kein Gejammer. Noch weniger Schuldzuweisungen an andere, insbesondere stets böse und raffgierige Weiber als Teufelsersatz. Dagegen hilft nur ein bisschen Selbstkritik und Sinn für die Realität.
Schön wär's, wenn in dieser Konsumgesellschaft auch irgendjemand "da oben" ein Interesse daran hätte, das zu vermitteln. Aber das wird wohl kaum der Fall sein.

Naja kritische Reflexion über die " Wohlstandsgesellschaft" ist schon angebracht. In der amerikanischen Verfassung ist dass Streben nach Glück ganz weit vorn nur inwieweit sind denn überhaupt Glück und materieller Wohlstand miteinander verbandelt objektiv, die einfache Rechnung Steigerung des Wohlstandes= Steigerung des allgemeinen Glückes einer Bevölkerung ist eher fragwürdig, allein schon in den USA selbst sieht man dass man dort im Durchschnitt zwar ein reiches Land ist doch im Vergleich mit Skandinavien, Schweiz oder Costa Rica eher unglücklicher ist , Glück und Zufriedenheit steigen nicht mit dem Bruttosozialprodukt eines Land, auch wenn viele Menschen mit diesen Wahn leben ganz im Gegenteil, eine der höchsten Selbstmordrate der Welt weißt Südkorea auf warum? Ein armes Land? Eine hungernde Bevölkerung? Fehlanzeige. Diese Denkweise greift viel kurz.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Klopfer hat geschrieben:(23 Feb 2019, 22:57)

Wohl wahr die Banken freuen sich.
Ende der 60er bei einem Zinsniveau von etwa 8% für ein Immobiliendarlehen freuten sie sich noch viel mehr.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Alpha Centauri »

Benutzername hat geschrieben:(21 Feb 2019, 21:00)

Wohlstand macht nicht automatisch zufrieden. Unzufrieden werden die Menschen, die nicht schätzen was sie haben, sondern nimmer auf andere gucken. Wer zufrieden sein will, der lernt zu schätzen was er hat. Auch ein Hartz 4 Empfänger kann glücklich sein. Es hängt von der Einstellung ab.

So ist es. Bei aller Statistik und ökonomischen "Wachstumsfetisch" (ob der zugleich auch zu einem analogen Wachstum an Glück und Zufriedenheit in der Bevölkerung führt sei mal eher zweifelhaft dahin gestellt) Glück ( seine subjektive Seite) hat immer auch mit Einstellung und gewisser Mentalität zu tun.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von odiug »

Ich bin mir als Mod nicht sicher, ob ein derartiger Strang ins Forum 1 Wirtschaft gehört, oder nicht besser im Forum 8 Gesellschaft aufgehoben wäre :s
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Andreas50 hat geschrieben:(23 Feb 2019, 20:27)

. Seit 70 Jahren eine Politik des Niedergangs..
Soso... Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine Politik des Niedergangs. Vorher war anscheinend alles okay.

Mir fehlen die Worte. Dazu muss man wirklich nicht mehr viel sagen.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von NicMan »

odiug hat geschrieben:(23 Feb 2019, 23:35)

Ich bin mir als Mod nicht sicher, ob ein derartiger Strang ins Forum 1 Wirtschaft gehört, oder nicht besser im Forum 8 Gesellschaft aufgehoben wäre :s
Ich war mir ehrlich gesagt auch unsicher bei der Erstellung des Themas. Die Attitüde der Menschen ist sicherlich eher ein gesellschaftliches Thema, allerdings ging es mir um den expliziten (Nicht-)Zusammenhang mit materiellem Wohlstand. Ist vermutlich irgendwie beides.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von NicMan »

Andreas50 hat geschrieben:(23 Feb 2019, 20:27)

Die Gesellschaft wird immer kälter je weniger Geld der einzelne zur Verfügung hat. Seit 70 Jahren eine Politik des Niedergangs.
Lassen wir doch mal die Urteilsheuristiken beiseite und schauen uns die statistischen Fakten an: https://ourworldindata.org/ Auf dieser Webseite kann man für quasi alle relevanten ökonomischen und gesellschaftlichen Kennzahlen der Gesellschaft lange zurückgehende Berechnungen finden. Nun frage ich mich: In welcher Zeit gedenkt denn der Herr gerne zu leben, wenn wir uns "seit 70 Jahren" angeblich nur im Niedergang befünden? Im Kaiserreich? Der Weimarerer Republik? Im Mittelalter?
Wann soll es bitte besser gewesen sein? Und warum sollte es im Kontext der überwältigenden, das Gegenteil belegenden Fakten, besser gewesen sein?
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von irgendwer »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(24 Feb 2019, 08:19)

Soso... Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine Politik des Niedergangs. Vorher war anscheinend alles okay.

Mir fehlen die Worte. Dazu muss man wirklich nicht mehr viel sagen.
Die Geschichte, um es so allgemein auszudrücken, nennt Demokratie gern "Pöbelherrschaft".
Man darf nun darüber nachdenken, wer genau sie so nennt.
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Re: Führt Wohlstand zu Anspruchsdenken und Jammerkultur?

Beitrag von Alpha Centauri »

Es ging doch eher um die Frage inwiefern denn überhaupt Wohlstand und Glück bzw. Zufriedenheit in Verbindung stehen viele glauben mit dem Wohlstand eines Landes steigt zugleich dass Level an Zufriedenheit und Glück innerhalb der Bevölkerung nur , wie ich schon sagt warum sind die USA im Durchschnitt zwar als Land reich aber der Amerikaner im Durchschnitt unglücklicher als Schweden,.Dänen, Isländer , oder Costa Ricaner? Wie erklärt sich wenn dass stimmt die hohe Selbstmordrate in wohlhabenden Ländern wie Südkorea? Macht materieller Wohlstand per se doch nicht glücklicher?
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