Das ist ja eine gerne gemachte Schlußfolgerung, aber ich halte sie dennoch für falsch. Die Niedrigzinsphase, die wir haben hat, wenn überhaupt, nur am Rande mit der Griechenlandkrise oder "EUROkrise" zu tun. Zwar sind heute die Zinsen niedriger als vor 10 Jahren (also kurz vor der Finanzkrise), aber wenn man weiter zurückblickt, dann waren sie 10 Jahre davor auch höher und wiederum 10 Jahre davor noch höher ...
Das sinkende Zinsniveau ist also keine Erscheinung die erst seit der Finanzkrise auftritt, sondern eine langfristige Entwicklung. Und die Ursache dafür findet sich in der wirtschaftlichen Entwicklung und nicht in irgendeiner "Schuldenkrise". Wir als Menschen streben nun mal danach, dass es uns besser geht, sprich, dass wir im Laufe unseres Lebens eine positive Entwicklung nehmen. Um das realisieren zu können brauchen wir wirtschaftliches Wachstum und zwar nicht absolut als Volkswirtschaft sondern relativ bezogen auf die Einwohner. Anders ausgedrückt, das BIP pro Kopf muss steigen. Damit das BIP pro Kopf aber steigen kann muss zwangsläufig die Produktivität steigen und damit die Produktivität steigt muss investiert werden. Das verläuft aber nicht linear, vielmehr ist es gerade in Volkswirtschaften mit hoher Volkswirtschaft so, dass die Grenzproduktivität bei gleichem Aufwand immer mehr abnimmt. Anders ausgedrückt, mit dem gleichen Aufwand, dann man in eine Investition steckt erhält man einen immer geringeren Produktivitätsfortschritt oder andersrum - um den gleichen Produktivitätsfortschritt immer wieder zu erreichen muss man immer mehr Aufwand reinstecken. Das führt nun dazu, dass die Rendite einer Gesamtinvestition im Zeitablauf sinkt. Und diese sinkende Rendite macht wiederum andere "Investitionen", also z.B. in den Geldmarkt attraktiver, wenn sie denn eine hohe Rendite versprechen. Damit wird dann aber nicht in der Realwirtschaft investiert, d.h. es gibt auch kein Produktivitätswachstum. Damit steigt auch der Wohlstand nicht und zum anderen können dann, wenn nicht investiert wird (also Kredite für Investitionen aufgenommen werden) logischerweise auch hohen Zinsen am Geldmarkt bezahlt werden, denn woraus sollten die bezahlt wird.
Aus der Sicht der Zentralbank besteht die Lösung dafür den Leitzins zu senken. Denn dieser macht Investitionen in den Geldmarkt weniger attraktiv, weil die vergleichsweise sichere Rendite sinkt und auf der anderen Seite die Investitionen in die Realwirtschaft, also in die Produktion von Gütern und Dienstleistungen attraktiver, weil Mittel für diese Investitionen preiswerter werden. Es gibt dadurch also zwei Effekte, die die Investitionstätigkeit ankurbeln sollen: zum einen werden die vergleichsweise risikoreichen Investitionen in die Realwirtschaft gegenüber den relativ sicheren in die Geldwirtschaft attraktiver, weil sich der Abstand in der Rendite vergrößert, zum anderen steigt die Rendite der Investitionen in die Realwirtschaft, weil die Kosten durch günstige Kredite sinken.
Das ist der eigentliche Grund warum die Zinsen tatsächlich in den letzten Jahrzehnten sinkende Tendenz aufweisen und eben nicht die "Schuldenkrise" oder "Griechenland".
Das sieht man übrigens auch sehr gut daran, dass diese Entwicklung analog in Ländern mit hoher Produktivität verläuft, die eben weder den EURO haben noch in der EU sind.
Beispielhaft seien hier mal USA, Japan oder die Schweiz genannt.