Also ich schätze dich ja sehr und denke auch nicht, dass du "spinnst" oder es nicht gut meinst oder was. Dazu gibt es keinen Anlass. Jedoch finde ich deinen Vorschlag nicht so gut, sowohl die konkreten Maßnahmen als auch die Ideen dahinter.Watchful_Eye hat geschrieben:(13 Apr 2018, 23:29)
Ich denke zum Teil an die von dir angesprochenen muslimische Großfamilien, aber nicht ausschließlich.
Ich möchte meine Meinung darlegen.
Ist eine größere Kinderzahl in einzelnen Familien ein Problem für die Gesellschaft? Ich sage, das ist nicht so. Die Ministerin mit den vielen Kindern kennt ihr. Reich, Personal, da denkt vielleicht mancher auch an Madonna und den Zeitbedarf einer politischen Karriere, ob das allles so gut ist, da kann man auch mal diesen Sohn von Helmut Kohl fragen. Aber ganz allgemein sind 4-8 Kinder, wenn die Eltern denn so wollen und können, weder ein Grund für mangelnde Erziehung noch Zuwendung. Diese Familien funktionieren anders als kleine, aber nicht zwingend schlecht. Ihre Zahl ist auch gering, das spricht gegen einen dringenden Regelungsbedarf. Die Heimkinder und Problemfälle kommen nicht überproportional aus 4+-Familien.
Dann führst du aus, Geld sei ein Anreiz, mehr Kinder zu bekommen. Das ist nicht schlüssig. Kindergeld ist nicht einmal halb kostendeckend für ein Kind, weshalb Kinder in Bedarfsgemeinschaften der Sozialsysteme eigenständig Ansprüche zum Bedarf eines Haushaltes beitragen. Das Kindergeld für das zweite und dritte Kind ist höher, aber unerheblich höher. Davon kannst du dir keinen Döner kaufen.
Man kann jetzt darüber streiten, ob das ALG II für einen Haushalt mit vielen Kindern eine hinreichende, wenn auch knappe Grundlage darstellt oder nicht. Die einen werden sagen, ja, ging bei xy ja auch, die anderen werden sagen nein, zu viele Kompromisse. Aber diese gesellschaftliche Debatte ist zu führen. Darüber beginnt das Reich der Freiheit, in dem es nicht darum geht, was du haben musst, was dir zusteht sondern was du hast. Was du daraus machst, Modellflieger, teure Signature-Gitarrren, Häusletraum, Rennauto oder ein Leben mit vielen Kindern, geht von der materiellen Seite keinen was an. Der Wunsch nach weniger Kindern ist genauso legitim. Jedenfalls, solange sie noch nicht da sind. Sind sie einmal da, ist jeder Gedanke an weggeben eine harte, lebensverändernde Entscheidung - oft eine, die beide ihr Leben lang nicht verzeihen wollen. Wer soll denn auch gehen? Der Jüngste? Die Älteste? Das schwierige Kind?
Ist die Weggabe der Kinder durch die Eltern schon ein heikles Thema, dann die Wegnahme durch Behörden erst recht. Das sollte konkrete Gründe haben, das willst du auch so. Was ich nicht verstehe und nicht gut finde ist deine Idee, durch Manipulation des Kindergeldes oder anderer Sozialsysteme Familien mit vielen Kindern absichtlich schlechter zu stellen und so finanziellen Stress künstlich herbeizuführen, auf dass die Eltern dann überfordert seien und die Behörden loslegen können. Da freuen sich Restfamilie, scheidendes Kind, Jugendamt, Familiengericht und viele andere, die damit behelligt werden, nicht drauf. Ist das abstrakte Ordnungsinteresse "bloß keine Großfamilien", das du meiner Meinung nach bisher nicht ausreichend nachvollziehbar begründest, dies wert? Ich meine, das ist ein ganz schlechter Handel.
Man mag einwenden, wenn du weiteren Kindern kein gutes Leben bieten kannst oder für dich selbst eine Belastungsgrenze erreicht siehst, schaffe dir keine weiteren Kinder an. Ein guter Rat, jedoch nicht hilfreich für den, der dann doch ein weiteres Kind bekam - und sei es die spät entdeckte Zwillingsschwangerschaft. Da müssen wir sehen, ob es der richtige Weg ist, das einfach geschehen zu lassen. Oder bei konkreter, schwerwiegender Gefährdung einzugreifen. Oder flankierende Maßnahmen anbieten, freiwillig, die es unwahrscheinlicher machen, dass aus einer großen Familie eine große Problemfamilie wird.
Wollen wir Familien proportional zur Kinderzahl fördern, ohne ihnen mehr Geld in die Hand zu geben als bisher, können wir das auf vielen Ebenen diskutieren, genau wie umgekehrt. Soll der Staat pro Kind einen Teil des KV-Beitrages stellvertretend für den AN in die KV zahlen? (Bund) Bis wie viel Jahren fahren Kinder kostenfrei Bus? Wie stark ist danach die Kinder-Ermäßigung auf die Fahrkarte? (Kommune) Soll das Land oder die Universität Stipendien (zur Förderung von Bevölkerungsgruppen oder Talenten) oder Studienkredite (zur Entlastung der Familie, nicht zur allgemeinen Studienförderung) vergeben? So viele Möglichkeiten, die keine bestimmte Kinderzahl konkret ins Auge nehmen und doch mit der Kinderzahl skalieren - oder im Sinne der Familienbestrafung gesenkt werden können - Was meinst du?