Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Moderator: Moderatoren Forum 2

Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Ammianus hat geschrieben:(06 Feb 2018, 15:04)

Hierzu nur 3 kleine Korrekturen:

Man konnte durchaus den Arbeitsplatz, die Arbeitsstätte und auch den Beruf wechseln
- so man wollte und sich darum kümmerte.
Bei solchen Dingen brauche ich keine Beispiele.
Beispiele für alles ... wird jeder finden.
Es geht um grundsätzliches. Um das SYSTEM (der) DDR.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 14:12)

Antithetisches Denken schließt halt beide Seiten mit ein.
Auch im jetzigen Deutschland findet man Gegensätze, sogar antagonistische.
Das ist normal.

So funktionieren Gesellschaftssysteme nun mal.
So etwas...zum grundsätzlichen der DDR und dem System ?
Und meine KONKRET benannten Dinge ?

Ist einfach nur billig...

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(06 Feb 2018, 16:27)

So etwas...zum grundsätzlichen der DDR und dem System ?
Und meine KONKRET benannten Dinge ?

Ist einfach nur billig...

mfg
Ich hab nicht verneint, dass es diese Dinge alle gab. Ich würde sie ganz sicher anders beschreiben als du, logisch, aber abgestritten hab ich das grundsätzlich natürlich nicht. Ich könnte die Negativ-Liste sogar noch verlängern aus eigenem Erleben. Schon alleine, was dieser so genannte "demokratische Zentralismus" alles angerichtet hat, würde ganze Bücher füllen. Das hatte ich hier aber schon des Öfteren erläutert und setzte voraus, dass man sich da auch erinnert. Zumindest vage. Aber was ich jetzt alles erwähnte, gehörte halt auch dazu. Und nicht jeder, der sich trotz aller Verwerfungen wohl fühlte in der DDR, war deshalb ein Bösewicht oder ein Dreihundertprozentiger. Er hat auch nicht tagtäglich daran gedacht, dass er möglicherweise in einem "Unrechtsstaat" leben könnte. Zumal der Begriff nach wie vor umstritten ist. Denn es gab zwar Unrecht in diesem Staat, aber der Staat an sich war kein Unrecht. Kleiner, aber feiner Unterschied. Er wurde als souverän und gleichberechtigt in die UNO aufgenommen, in den 70ern war die DDR weitgehend diplomatisch anerkannt und es wurden diplomatische Beziehungen zu fast allen Staaten der Welt aufgenommen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

Skull hat geschrieben:(06 Feb 2018, 16:24)

Bei solchen Dingen brauche ich keine Beispiele.
Beispiele für alles ... wird jeder finden.
Es geht um grundsätzliches. Um das SYSTEM (der) DDR.

mfg
Les einfach noch mal was ich geschrieben habe. Es ging nicht um Beispiele, wobei ich die bringen könnte - wollte ich aber gar nicht, sollte keine Abhandlung sein. Aber das was ich schrieb war normale Realität.
Was das System ausmachte, war, dass Unselbstständigkeit gefördert bzw. quasi erwünscht war. Und das hab ich dann ja auch konkreter beschrieben.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Es gab kein "System der DDR"; es gab höchstens ein "sozialistisches System", zu dem der Staat DDR dazu gehörte. Und es gibt ein "kapitalistisches System", zu dem die BRD dazu gehört.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 16:59)

Ich hab nicht verneint, dass es diese Dinge alle gab. Ich würde sie ganz sicher anders beschreiben als du, logisch, aber abgestritten hab ich das grundsätzlich natürlich nicht. Ich könnte die Negativ-Liste sogar noch verlängern aus eigenem Erleben. Schon alleine, was dieser so genannte "demokratische Zentralismus" alles angerichtet hat, würde ganze Bücher füllen. Das hatte ich hier aber schon des Öfteren erläutert und setzte voraus, dass man sich da auch erinnert. Zumindest vage. Aber was ich jetzt alles erwähnte, gehörte halt auch dazu. Und nicht jeder, der sich trotz aller Verwerfungen wohl fühlte in der DDR, war deshalb ein Bösewicht oder ein Dreihundertprozentiger. Er hat auch nicht tagtäglich daran gedacht, dass er möglicherweise in einem "Unrechtsstaat" leben könnte. Zumal der Begriff nach wie vor umstritten ist. Denn es gab zwar Unrecht in diesem Staat, aber der Staat an sich war kein Unrecht. Kleiner, aber feiner Unterschied. Er wurde als souverän und gleichberechtigt in die UNO aufgenommen, in den 70ern war die DDR weitgehend diplomatisch anerkannt und es wurden diplomatische Beziehungen zu fast allen Staaten der Welt aufgenommen.
Mitgliedschaft in der UNO oder diplomatische Beziehungen sind nun wirklich kein Kriterium dafür, ob ein Land kein Unrechtsstaat ist. Und wenn es um die Frage gehen sollte, was mit dem Wort gemeint ist, ob nun, dass es dort kein wirkliches Rechtssystem gibt oder das dass Land zu Unrecht existiert, dann ist dies bei der DDR völlig egal. Denn weder gab es ein wirkliches Rechtssystem noch war dieses Land durch seine Bevölkerung legitimiert. Zu letzterem muss man sich nur die Frage stellen, wieviele Parteien bei der freien Wahl 1990 für das Weiterbestehen des Landes waren und mit wieviel Abgeordneten sie in der letzten Volkskammer vertreten waren.
Zum andere Punkt habe ich irgendwann in den letzten Jahren ein treffendes Beispiel gebracht, wie damals ein junger Mann von einer Rechtsanwältin in einem Brief belogen wurde. Allerdings musste die Frau das auch tun. Denn hätte sie es nicht, dann wäre wohl nur noch ein Job am Fließband für sie infrage gekommen.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Gerade las ich diese Sätze von einem Hamburger zur Wiedervereinigung: "Man hat den Bürgern der DDR die Werte und die Würde gestohlen. Jetzt haben wir den Salat in Form der AfD."
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 16:59)

Ich hab nicht verneint, dass es diese Dinge alle gab.

Ich würde sie ganz sicher anders beschreiben als du, logisch,
aber abgestritten hab ich das grundsätzlich natürlich nicht.
Warum ? Warum anders beschreiben ? Warum logisch ? :?:
Ammianus hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:11)

Les einfach noch mal was ich geschrieben habe. Es ging nicht um Beispiele, wobei ich die bringen könnte
- wollte ich aber gar nicht, sollte keine Abhandlung sein. Aber das was ich schrieb war normale Realität.
Und ? Ich kenne doch auch die normale Realität. :?:

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:51)

Warum ? Warum anders beschrreiben ? Warum logisch ? :?:

mfg
Logisch deshalb, weil wir beide unter Garantie ganz unterschiedlich sozialisiert worden sind: Unterschiedliche Generation, unterschiedliche Herkunft, unterschiedliche Erziehung, unterschiedliche Jobs etcpp. Jeder nimmt ein und dieselbe Sache anders wahr als der "Nachbar", je nachdem, wie er selbst involviert ist, welches Hintergrundwissen er zu dieser konkreten Sache hat und dergleichen mehr.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:56)

Logisch deshalb, weil wir beide unter Garantie ganz unterschiedlich sozialisiert worden sind:
Unterschiedliche Generation, unterschiedliche Herkunft, unterschiedliche Erziehung, unterschiedliche Jobs etcpp.
Jeder nimmt ein und dieselbe Sache anders wahr als der "Nachbar", je nachdem, wie er selbst involviert ist,
welches Hintergrundwissen er zu dieser konkreten Sache hat und dergleichen mehr.
Okay. DAS mag stimmen.

DAHER widerspreche ich Dir ja auch VEHEMENT in einigen Dingen DEINER Betrachtung. ;)

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:59)

DAS stimmt. Und DAHER wiederspreche ich Dir ja auch VEHEMENT in einigen Dingen DEINER Betrachtung. ;)

mfg
Genau. Und ich dir auch. Beziehungsweise sehe ich meine Beiträge eher als Ergänzung ;)
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 18:00)

Genau. Und ich dir auch. Beziehungsweise sehe ich meine Beiträge eher als Ergänzung ;)
Ich wiederhole gerne...Der Staat DDR und das System dort, war das Scheiss-System DDR.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
zollagent
Beiträge: 59696
Registriert: Montag 8. August 2011, 12:21

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von zollagent »

Selina hat geschrieben:(04 Feb 2018, 17:21)

Das ist mir zu undifferenziert. Sicher gab es Scheiße, aber eben nicht nur. Genauso, wie heute nicht alles eitel Sonnenschein ist in der vielgelobten Marktwirtschaft. Da sollte man schon ein wenig genauer hinschauen. Ich sag ja auch nicht "Scheißsystem BRD", obwohl es da in so manchem Punkt auch Anlass dafür gäbe. Es gab zwei deutsche Staaten im Ergebnis des zweiten Weltkrieges und beide deutschen Staaten haben sich im kalten Krieg nicht viel geschenkt gegenseitig. Kein einziger Staat in der Weltgeschichte existiert im luftleeren Raum. Alles ist im Fluss, alles hat seine Ursachen und Hintergründe. Und noch mal zum gefühlten tausendsten Male: Ich will die DDR nicht zurück; ich hatte selbst jede Menge Probleme mit dem System. Aber: Ich bin für eine Versachlichung in der Geschichtsbetrachtung. Die ist dringend nötig, will man nicht die Kluft immer weiter vertiefen. Und mit dem Ausruf "Scheißsystem DDR" verurteilst du über Bausch und Bogen auch diejenigen, die da gelebt und gearbeitet haben und nun nicht ständig in Sack und Asche gingen.

Interessant, was Richard von Weizsäcker zur Wiedervereinigung sagte:

Zitat

Weizsäcker hatte lange dafür gekämpft, dass die Einheit über den Artikel 146 des Grundgesetzes erfolgen sollte. Das hätte bedeutet, dass sich die Deutschen gemeinsam an eine neue Verfassung gemacht hätten. "Ich hätte mir leidenschaftlich die Möglichkeit für die Bevölkerung der ehemaligen DDR gewünscht, ein eigenes Votum über die Vereinigung abzugeben, und dies nicht nur durch Westwanderung", sagte er später einmal. Er habe schließlich das Argument akzeptiert, dass das Zeitfenster für diesen Weg zu eng bemessen gewesen sei. Zufrieden gestellt hat es ihn nie. "Dass dadurch die ostdeutsche Bevölkerung letztlich darauf verwiesen blieb, einfach bei der nächsten gemeinsamen Bundestagswahl für eine der Parteien zu stimmen oder sich zu enthalten, war ein notwendiger, aber eben nur ein Ersatz für das, was nach Artikel 146 vorgesehen war." Er hatte darin die einmalige Chance gesehen, den Menschen eine "zentrale innere Beteiligung am demokratischen Leben" zu ermöglichen. "Vielleicht wäre ein Stück vom Politikverdruss nicht entstanden durch so ein positives, einigendes Erlebnis."

http://www.sueddeutsche.de/politik/rich ... .2329793-2
Das (markierte) stimmt so nicht. Es ist auch während der Zeit der Spaltung recht viel Geld (DM!) von West nach Ost geflossen. Z.T. im Rahmen von Handelsabkommen, z.T. als gestundete Zinszahlungen, z.T. auch als der sog. "Zwangsumtausch", der praktisch einer Schenkung an den DDR-Staat gleichkam.
Wer an Absurditäten glaubt, wird Abscheulichkeiten begehen. (Voltaire)
Benutzeravatar
jack000
Beiträge: 44207
Registriert: Sonntag 1. Juni 2008, 18:21
Wohnort: Stuttgart

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von jack000 »

[MOD] - Gesperrt wegen Prüfungs- und Reinigungsarbeiten!
"Sie verbieten nicht die Hassrede. Sie verbieten die Rede, die sie hassen"
Benutzeravatar
3x schwarzer Kater
Beiträge: 25880
Registriert: Montag 26. Mai 2014, 16:25
user title: Do legst di nieda
Wohnort: Schwaben

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:21)

Es gab kein "System der DDR";
Doch natürlich. Und das war auch sehr speziell. Repressiv-sozialistisch trifft es wohl noch am ehesten.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Benutzeravatar
jack000
Beiträge: 44207
Registriert: Sonntag 1. Juni 2008, 18:21
Wohnort: Stuttgart

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von jack000 »

jack000 hat geschrieben:(06 Feb 2018, 19:12)

[MOD] - Gesperrt wegen Prüfungs- und Reinigungsarbeiten!
[MOD] - Strang wurde wieder entsperrt!
"Sie verbieten nicht die Hassrede. Sie verbieten die Rede, die sie hassen"
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(06 Feb 2018, 07:30)

Das halte ich jetzt ein bissel für Wortklauberei. Mal davon abgesehen, dass der Führungsanspruch der SED auch ganz formell und sogar in Artikel 1 der Verfassung festgelegt war. Man sich also, wenn man diesen Anspruch anzweifelt, verfassungsfeindlich verhält. Peng.
Jemand wie Biermann hat, bevor er ausgebürgert wurde, nie den Führungsanspruch der SED infrage gestellt. Auch solche Filme wie "Spur der Steine", die verboten wurden, hatten das nicht getan. Ein offizielles Kritikverbot gab es nicht, also auch keinen offiziellen Rahmen, den man damit hätte überschreiten können. Vielmehr als eine öffentlich geäusserte kritische Meinung brauchtest du aber auch nicht, um als Oppositioneller zu gelten.
Gerade hörte ich eine Reportage über die in einem Land wie Kenia, in welchem inzwischen sowohl Genitalsverstümmelungen als auch Kinderehen eigentlich gesetzlich verboten sind, nach wie vor besonders auf dem Land weit verbreitete Praxis eben dieser weiblichen Genitalverstümmelung. Und darüber, dass dies in bestimmten Regionen eben Teil des sozialen Selbstverständnisses ist. Dass Eltern, die ihre Töchter nicht beschneiden lassen, innerhalb ihrer sozialen Gemeinschaft geächtet sind. Und dann eben über einige wenige junge Frauen, die in die Hauptstadt fliehen, dort irgendwie Geld verdienen und sich damit ein Studium finanzieren. Ein besseres Beispiel lässt sich kaum finden dafür, dass es eben keine kulturelle Identität gibt. Dass man jeder Art von Vorgefundenheit entfliehen kann. Dass, wie Jullien es formuliert, der Begriff der kulturellen Identität ein Denkfehler ist. Bzw. - vor allem in Europa - ein Abwehrreflex gegen Phänomene der Modernisierung.


Wenn es keine kulturelle Identität gibt, gibt es im Grunde gar keine Identität, man ist dann nur eine Nummer. Gegen diese Sorte Modernisierung verwahre ich mich sogar mit einem gewissen Stolz. Man ist zu nicht unwesentlichen Teilen das Produkt seiner Umgebung, sicher kann man seiner kulturellen Identität auch entfliehen, kann sich anderen Kulturen anschliessen, wenn man dadurch glücklicher wird. Es gibt aber keine Pflicht, das tun oder wollen zu müssen, und in meinen Augen sollte man nicht den Fehler begehen, zu glauben, es reiche eine Kultur für alle Menschen auf der Erde. Dies würde unsere Welt kulturell sehr arm machen.

Der Mensch der Moderne ist - wie Sartre es formuliert - einfach "ins Leben geworfen" und steht vor der AUfgabe, sich, seinem eigenen Leben, selbst einen SInn zu geben. Er ist nicht mehr - wie früher - selbstverständlich Teil einer religiösen Werte-Gemeinschaft mit ganz bestimmten Regeln und Vorgaben.
Vielleicht keiner religiösen, aber einer Wertegemeinschaft schon, und mit Regeln und Vorgaben muss er sich auch auseinandersetzen, genauso wie mit den Möglichkeiten, die ihn diese Wertegemeinschaft verschafft.
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

Dark Angel hat geschrieben:(06 Feb 2018, 09:43)

Nationalismus hingegen bezeichne ich nicht als "Egoismus der Nation", sondern als Überhöhung der (eigenen) Nation, des eigenen Volkes gegenüber anderen Nationen/Völkern.
Inwiefern überhöht sich der Egoist - so wie ich ihn definiert habe - nicht gegenüber den anderen, wenn er meint, nicht zahlen zu müssen?
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

Ammianus hat geschrieben:(06 Feb 2018, 17:22)
Zu letzterem muss man sich nur die Frage stellen, wieviele Parteien bei der freien Wahl 1990 für das Weiterbestehen des Landes waren und mit wieviel Abgeordneten sie in der letzten Volkskammer vertreten waren.
Das ist ein bisschen unfair. Zur volkskammerwahl 1990 war selbst die PDS nicht mehr gegen die Wiedervereinigung. aber eben nicht aus Überzeugung, sondern weil sie einsah, dass die DDR in dieser Lage unmöglich überlebensfähig war. Wäre sie es gewesen, bin ich mir gar nicht mal sicher, ob selbst die Ost-SPD dafür gewesen wäre. Schliesslich gab es ja keine Grosse Wiedervereinigungs-Koalition.
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

Woppadaq hat geschrieben:(06 Feb 2018, 22:58)

Das ist ein bisschen unfair. Zur volkskammerwahl 1990 war selbst die PDS nicht mehr gegen die Wiedervereinigung. aber eben nicht aus Überzeugung, sondern weil sie einsah, dass die DDR in dieser Lage unmöglich überlebensfähig war. Wäre sie es gewesen, bin ich mir gar nicht mal sicher, ob selbst die Ost-SPD dafür gewesen wäre. Schliesslich gab es ja keine Grosse Wiedervereinigungs-Koalition.
Da ist nichts unfair. Auch in der SED-PDS hatte wohl eine Mehrheit erkannt, dass ein Einsatz für den Fortbestand der DDR sie marginalisiert hätte. Dabei erinnere ich auch an die Erklärung Modrows am 1. Februar 1990 nach Sondierungsgesprächen mit Gorbatschow, dass Deutschland wieder einig Vaterland aller Deutschen werden solle. Davon distanzierte er sich auch ein Jahr später nicht.

Es war einfach so. Die Leute hatten einfach keinen Bock mehr auf experimentieren und weiterwursteln und das in der absolut überwiegenden Mehrheit. Und jeder sah auch, wie der Laden sich regelrecht in Luft auflöste bzw. schon aufgelöst hatte. Die SED-PDS war gar nicht in der Lage - wie die anderen Parteien auch, ein ernsthaftes Konzept für ein Weiterbestehen dieses Nicht-Landes zu entwicklen. Denn selbst wenn es eine Mehrheit für den Fortbestand gegeben hätte - die Minderheit, rechnerisch höchstens dann ja 49 % der Wähler hätte dann einfach "leckt uns doch" gesagt und der Laden wäre so und so gekracht. Außerdem wusste doch jeder Linke mit einigermaßen Durchblick, was schon beim Versuch ein Konzept auf demokratischen Weg zu erarbeiten bedeutet hätte. Es hätte keinen Konsens gegeben. Man wäre fleißig aufeinander losgegangen.

Die Ost-SPD hatte sich, wie die anderen Parteien so und so auch, ihrer westdeutschen Schwester oder vielleicht besser Mutterpartei untergeordnet.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

schokoschendrezki hat geschrieben: Doch. Denn das genau ist eine der Aufgaben von Kunst und Literatur. Volker Brauns Lyrikband "Training des aufrechten Gangs" nur als ein Beispiel von vielen.
Dark Angel hat geschrieben:(06 Feb 2018, 09:55)

Eine Kultur besteht, nicht nur aus Kunst und Literatur! Wann begreifst du das endlich?
Die Aussage, dass Literatur in der Lage ist, authentisch Biographien zu beschreiben, (als Antwort auf deine blödsinnige Vermutung, persönliche Motive und Anschauungen wären grundsätzlich nicht ermittelbar), bedeutet nicht im Mindesten, dass "Kultur" mit "Literatur" identisch ist. Logik ist nun wirklich absolut nicht dein Ding.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(06 Feb 2018, 11:34)

Nein, das denke ich nicht. Mit so einer Pauschalisierung kann ich nichts anfangen. So gibt es Teile dieses "Systems", die man entschieden ablehnen sollte oder könnte und andere Teile, die gar nicht so schlecht waren, ja, mehr noch, die sogar bewahrenswert gewesen wären. Letzteres ist nur verpönt, das zu sagen. Realistische Politiker aus West und Ost forderten zur Wendenzeit nicht umsonst, Bewahrenswertes aus beiden Seiten in die Einheit einfließen zu lassen. Das wäre dann insgesamt zwar ein etwas anderes Deutschland gewesen, aber viele Ostdeutsche hätten selbstbewusster in das neue vereinigte Staatsgebilde eintreten können. Weil sie gesehen hätten, dass nicht alles nur "Scheiße" war, worauf sich ihr vergangenes Leben bezogen hatte, sondern dass man einzelne Bestandteile sogar mit rübernimmt ins neue Deutschland. Der Witz ist ja sogar, dass paar gute Dinge durch die Hintertür (mit anderen Namen natürlich) wieder eingeführt werden, zum Beispiel Polikliniken/Ärztehäuser, Polytechnische Oberschulen/Ganztagsschulen (nur leider ohne diese technischen Anspruch, aber ansonsten alles so wie damals) uswusf.

Mich amüsiert bei dieser ganzen Diskussion eigentlich nur immer wieder, was diese lange verflossene DDR doch für tiefe Spuren hinterlassen haben muss, dass man sich tagtäglich auch heute noch - fast 30 Jahre nach ihrem Ende - gegenseitig schulterklopfend bestätigen muss, wie schrecklich das doch alles war, wie unfrei und eingekerkert sich dort alle fühlten, wie überaus deprimierend das alles war. Und das nach Möglichkeit ganz ohne Differenzierung. Warum tut man das, obwohl alles lange vorbei ist? Wird etwa befürchtet, es könnte ein kleines Fünkchen von dem, was am Sozialismus neben den bekannten Verwerfungen dennoch ganz gut war, wieder anfangen zu glimmen? Müsste man da etwa vergleichen, Heutiges in Frage stellen, umdenken, auch mal einen Zweifel zulassen? Das geht ja nun gar nicht :D
Also zumindest meine Argumentation läuft insofern nicht auf ein "Eingekerkertsein" hinaus, als dass ich ganz grundsätzlich den Menschen als Individuum mit der Möglichkeit einer absolut freien Ich-Konstruktion sehe. Egal unter welchen äußeren Zwängen.

Und dann (natürlich nur als Beispiel): Die erste Poliklinik (wörtlich übersetzt: "Stadtkrankenhaus") wurde 1793 in Jena von Hufeland gegründet. Das Konzept als solches ist also keineswegs DDR-systemisch.

Das wirklich DDR-systmische ist (für mich jedenfalls und auch aus meiner eigenen Erfahrung) das durchgängige Kollektivismus-Gebot. Und die damit einhergehende Verachtung von Individualismus. Und das nicht nur einfach aus Partei-Geheiß sondern von einer großen Mehrheit getragen. So konnte die DDR als System funktionieren. Man muss das auch gar nicht nur in Beziehung zum heutigen Deutschland sehen. Radikal quergestellte Filme etwa, wie sie in der Sowjetunion der Gorbatschow-Zeit gemacht wurden, waren in der DDR zu der Zeit undenkbar. Sie wurden ganz am Ende sogar auch aus Kinos und Filmfestivals verbannt. Das lag natürlich zuallererst an der Ideologie des verkommenen Staats- und Parteiapparats. Aber eben auch an einer gewissen sehr DDR-typischen verbreiteten Mentalität, die alles sozusagen Nichtmittige ablehnte. Die von dir ja richtig bemerkte nach wie vor aktuelle Relevanz des Themas besteht für mich vor allem eben darin, dass es immer noch oder wieder eine völlig unangebrachte Nostalgie bezüglich dieser scheinbaren Kollektivismus-Geborgenheit der DDR gab. Dieser "Kollektivismus" lief realiter auf eine Ausgrenzung und in vielen Fällen harte Verfolgung alles nicht-Konformen hinaus.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Feb 2018, 08:54)

Also zumindest meine Argumentation läuft insofern nicht auf ein "Eingekerkertsein" hinaus, als dass ich ganz grundsätzlich den Menschen als Individuum mit der Möglichkeit einer absolut freien Ich-Konstruktion sehe. Egal unter welchen äußeren Zwängen.

Und dann (natürlich nur als Beispiel): Die erste Poliklinik (wörtlich übersetzt: "Stadtkrankenhaus") wurde 1793 in Jena von Hufeland gegründet. Das Konzept als solches ist also keineswegs DDR-systemisch.

Das wirklich DDR-systmische ist (für mich jedenfalls und auch aus meiner eigenen Erfahrung) das durchgängige Kollektivismus-Gebot. Und die damit einhergehende Verachtung von Individualismus. Und das nicht nur einfach aus Partei-Geheiß sondern von einer großen Mehrheit getragen. So konnte die DDR als System funktionieren. Man muss das auch gar nicht nur in Beziehung zum heutigen Deutschland sehen. Radikal quergestellte Filme etwa, wie sie in der Sowjetunion der Gorbatschow-Zeit gemacht wurden, waren in der DDR zu der Zeit undenkbar. Sie wurden ganz am Ende sogar auch aus Kinos und Filmfestivals verbannt. Das lag natürlich zuallererst an der Ideologie des verkommenen Staats- und Parteiapparats. Aber eben auch an einer gewissen sehr DDR-typischen verbreiteten Mentalität, die alles sozusagen Nichtmittige ablehnte. Die von dir ja richtig bemerkte nach wie vor aktuelle Relevanz des Themas besteht für mich vor allem eben darin, dass es immer noch oder wieder eine völlig unangebrachte Nostalgie bezüglich dieser scheinbaren Kollektivismus-Geborgenheit der DDR gab. Dieser "Kollektivismus" lief realiter auf eine Ausgrenzung und in vielen Fällen harte Verfolgung alles nicht-Konformen hinaus.
Ja klar. Ich weiß. Habs selbst erfahren und war nie scharf auf dieses Kollektivismus-Zeuchs. Dennoch stehe ich hinter dem, was ich weiter oben ebenfalls beschrieb: Es gab sehr viele Menschen (zum Beispiel auch Freunde und Kollegen von mir), die standen unheimlich auf ihre kollektiven Unternehmungen. Und vermissen sie noch heute. Aber nicht, weil sie nun permanent indoktriniert und zwangskollektiviert waren, nein, weil sie es für sich als Individuum sehr gut fanden. Etliche von ihnen sahen ihre Kollegen als Freunde. Ich habe quasi beide Varianten in unmittelbarer Nähe sehr genau erlebt: Diejenigen, die wie du sämtliches Kollektiv-Geprassel vehement ablehnten, aber auch diejenigen, die sogar richtig scharf darauf waren. Und beide Seiten waren weder ungebildet noch leicht beeinflussbar oder irgendwelche sozialistischen Eiferer. Nichts von alledem. Die Motive liegen also tiefer. Und pauschale Wertungen eines solchen Tuns finde ich bedenklich. Da gibts ein recht kompliziertes Ursachen- und Bedingungsgeflecht. Ich weiß, wir kommen da nicht unter einen Hut. Aber gerade dieses Thema ist zu kompliziert, als dass man da so locker den Stab drüber brechen sollte. So viele Menschen - so viele Meinungen. Gerade zum Punkt "Kollektiv".
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(06 Feb 2018, 22:43)
Jemand wie Biermann hat, bevor er ausgebürgert wurde, nie den Führungsanspruch der SED infrage gestellt. Auch solche Filme wie "Spur der Steine", die verboten wurden, hatten das nicht getan. Ein offizielles Kritikverbot gab es nicht, also auch keinen offiziellen Rahmen, den man damit hätte überschreiten können. Vielmehr als eine öffentlich geäusserte kritische Meinung brauchtest du aber auch nicht, um als Oppositioneller zu gelten.
Biermann ist ja auch ein Fall für sich. Der ist eigentlich erst nach seiner Ausbürgerung zu einem Oppositionellen geworden, der das SED-System samt Führungsanspruch vollständig ablehnte. Glaube mal nicht, dass nicht auch explizit und unter hohem Risiko dieser Führungsanspruch der SED in Samisdat-Publikationen etwa der Berliner Umweltbibliothek bestritten wurde.
Wenn es keine kulturelle Identität gibt, gibt es im Grunde gar keine Identität, man ist dann nur eine Nummer. Gegen diese Sorte Modernisierung verwahre ich mich sogar mit einem gewissen Stolz. Man ist zu nicht unwesentlichen Teilen das Produkt seiner Umgebung, sicher kann man seiner kulturellen Identität auch entfliehen, kann sich anderen Kulturen anschliessen, wenn man dadurch glücklicher wird. Es gibt aber keine Pflicht, das tun oder wollen zu müssen, und in meinen Augen sollte man nicht den Fehler begehen, zu glauben, es reiche eine Kultur für alle Menschen auf der Erde. Dies würde unsere Welt kulturell sehr arm machen.
Nein. Man muss sich überhaupt nicht "anschließen" und ist gerade und genau deshalb keine "Nummer". Ich meine: Das ist doch irgendwie völlig logisch, dass der Beitritt und die (zumindest unkritische) Zugehörigkeit einen zur "Nummer" macht und nicht die Distanz und ganz individuelle Persönlichkeit.

"Ressourcen" (in der Sprache Julliens) wie "Demokratie", "Aufklärung", "Emanzipation", "Humanismus" usw. usf. sind ja keinewegs, nicht im Mindesten aufgelöst und verschwunden. Nur: sie sind mehr und mehr nicht einfach Bestandteile von benannten Katalogen wie etwa "westliche Werte". Sondern frei verfügbar. Zusammen mit völlig anderen wie - sagen wir mal beispielhaft - die ganz speziellen Varianten des russischen oder auch des jüdischen Humors und Witzes. Und zusammen mit wiederum anderen, die viele Menschen in Europa eben gerade ablehnen. Ich verstehe ja, dass das nicht einfach ist, zu akzeptieren und auch nicht ohne Brüche und Konflikte abgeht. Und das keineswegs nur bei der "aufnehmenden" Seite. Nicht wenige Russen werden sich dagegen verwahren, dass ihre Art von Humor einfach so jedem anderen Menschen der Welt als "Ressource" zur Verfügung steht. Aber dieses Phänomen ist ja auch nicht so sehr eine Frage des Wollens und Wünschens sondern eher eine Frage der Akzeptanz einer faktischen Realität. In dieser Realität findet in jüngerer Zeit eine geradezu dramatische Vernetzung und Verschränkung statt. Waren, Informationen, Finanzwerte werden in immer größeren Mengen und Dimensionen ausgetauscht. Glaubt man wirklich ernsthaft, dass die Vernetzung und Verschränkung von Menschen samt ihren Vorstellungen und Präferenzen dauerhaft davon ausgeschlossen bleiben kann? Selbst eine sich selbst einschließende und abschottende Gesellschaft wie die der DDR ließ sich nicht dauerhaft halten.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 09:09)

Ja klar. Ich weiß. Habs selbst erfahren und war nie scharf auf dieses Kollektivismus-Zeuchs. Dennoch stehe ich hinter dem, was ich weiter oben ebenfalls beschrieb: Es gab sehr viele Menschen (zum Beispiel auch Freunde und Kollegen von mir), die standen unheimlich auf ihre kollektiven Unternehmungen. Und vermissen sie noch heute. Aber nicht, weil sie nun permanent indoktriniert und zwangskollektiviert waren, nein, weil sie es für sich als Individuum sehr gut fanden. Etliche von ihnen sahen ihre Kollegen als Freunde. Ich habe quasi beide Varianten in unmittelbarer Nähe sehr genau erlebt: Diejenigen, die wie du sämtliches Kollektiv-Geprassel vehement ablehnten, aber auch diejenigen, die sogar richtig scharf darauf waren. Und beide Seiten waren weder ungebildet noch leicht beeinflussbar oder irgendwelche sozialistischen Eiferer. Nichts von alledem. Die Motive liegen also tiefer. Und pauschale Wertungen eines solchen Tuns finde ich bedenklich. Da gibts ein recht kompliziertes Ursachen- und Bedingungsgeflecht. Ich weiß, wir kommen da nicht unter einen Hut. Aber gerade dieses Thema ist zu kompliziert, als dass man da so locker den Stab drüber brechen sollte. So viele Menschen - so viele Meinungen. Gerade zum Punkt "Kollektiv".
Ja. Gut. Einfache Antworten gibts nicht. Aber wenn man ernsthaft über das "System DDR" nachdenkt, ist mindestens eine der Fragen die nach der Widerständigkeit. Ich habe ja weiter oben mehrfach erwähnt, dass der "äußere Zwang", der dort unzweifelhaft in verschiedenen Formen bestand, keineswegs grundsätzlich völlig souveräne Ich-Konstruktionen verhinderte. Einschließlich solcher, die in Oppostion zu Staat, Partei, Gesellschaft (zumindest in Teilen) stand. Aber: Rein statistisch und zahlenmäßig stand das, was da in der DDR an Widerständigkeit bestand, in überhaupt keinem Verhältnis etwa zur Solidarnosc in Polen, zu Glasnost und Perestroika in der SU oder auch zu den innerparteilichen Reformen der ungarischen Regierungspartei. Die DDR erwies sich gerade in der Zeit um 1989 (zusammen vielleicht mit der CSSR) als absolut konservativer Gegenpol zu den Wandlungen, die in der SU, Polen und Ungarn stattfanden. Ich glaube, viele Leute können sich noch an das unglaublich frostige Klima der letzten Begegnungen dieser ehemaligen "Bruderstaaten" erinnern. Und ich glaube, das lag nicht nur einfach an der spezifischen Ausrichtung der SED. Auch die SED wurde von vielen vielen Genossen in ihrer Ausrichtung getragen. Die Frage muss also gestellt werden, was in dieser DDR-Gesellschaft diesen besonderen Konservativismus, man könnte auch sagen diese Rückständigkeit bewirkt hat.

Auf der anderen Seite steht natürlich und selbstverständlich die Frage, warum heute gerade in diesen damals reformfreudigsten Staaten ein reaktioär-rechtskonservativer Nationalismus besonders verbreitet ist. Womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären. Zumindest in Ungarn war die ursprüngliche politische Ausrichtung der Oppostionellen definitiv liberal. Orbán war bekanntlich Ende der 80er Stipendiat der Soros-Stiftung. Heute ist Soros Staatsfeind Nummer Eins. (In Polen spielt und spielte die katholische Kirche bzw. der Vatikan eine besondere Rolle. Das steht nochmal auf einem anderen Blatt.). Was steht ursächlich hinter dieser 180-Grad-Wendung von Liberalismus hin zu einem "ekligen Nationalismus".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Woppadaq hat geschrieben:(06 Feb 2018, 22:45)

Inwiefern überhöht sich der Egoist - so wie ich ihn definiert habe - nicht gegenüber den anderen, wenn er meint, nicht zahlen zu müssen?
Mit Überhöhung meine ich Wertung. Der Nationalist wertet sein Volk/seine Nation gegenüber anderen auf. Das tut der Egoist nicht zwingend. Der denkt/agiert nach dem Motto "wenn ich nur habe - nach mir die Sintflut", dem sind andere sch***egal.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Feb 2018, 08:31)

Die Aussage, dass Literatur in der Lage ist, authentisch Biographien zu beschreiben, (als Antwort auf deine blödsinnige Vermutung, persönliche Motive und Anschauungen wären grundsätzlich nicht ermittelbar), bedeutet nicht im Mindesten, dass "Kultur" mit "Literatur" identisch ist. Logik ist nun wirklich absolut nicht dein Ding.
Eine Beschreibung von Biogrphien ist immer noch keine Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse, von Zusammenhängen und Hintergründen und führt auch nicht zu Schlussfolgerungen.
Eine Beschreibung beschreibt nur etwas.
Literatur ist Mittel zum Zweck, nicht mehr und nicht weniger. Literatur als Solche kann gar nichts und tut auch nichts.
Politik- und Geschichtswissenschaftler (so wie andere Wissenschaftler auch) benutzen Literatur/bedienen sich der Literatur, um ihre Analysen und Schlussfolgerungen der Allgemeinheit zugänglich zu machen. ==> Fachliteratur.
Prosa, Epik, Lyrik etc leisten derartiges NICHT!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 09:09)
Und pauschale Wertungen eines solchen Tuns finde ich bedenklich. Da gibts ein recht kompliziertes Ursachen- und Bedingungsgeflecht. Ich weiß, wir kommen da nicht unter einen Hut. Aber gerade dieses Thema ist zu kompliziert, als dass man da so locker den Stab drüber brechen sollte. So viele Menschen - so viele Meinungen. Gerade zum Punkt "Kollektiv".
Wie wäre es denn mit dem menschlichen Bedürfnis nach Zugehörigkeit, mit Gemeinschaftsgefühl, dem Bedürfnis nach Anerkennung?
Gemeinschaft bedeutet ja nicht zwingend Volk und/oder Nation.
Auch so genannte Fachgruppen des Kulturbundes (um bei der DDR zu bleiben) waren Gemeinschaften, in denen die Menschen durch gemeinsame Interessen verbunden waren. Genauso wie heute in den unterschiedlichsten Vereinen und deren Dachverbänden, Menschen durch gemeinsame Interessen verbunden sind.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Feb 2018, 09:24)

Biermann ist ja auch ein Fall für sich. Der ist eigentlich erst nach seiner Ausbürgerung zu einem Oppositionellen geworden, der das SED-System samt Führungsanspruch vollständig ablehnte. Glaube mal nicht, dass nicht auch explizit und unter hohem Risiko dieser Führungsanspruch der SED in Samisdat-Publikationen etwa der Berliner Umweltbibliothek bestritten wurde.

...
Was ist denn das für eine Weltsicht? Leute wie Biermann waren gegen den Stalinismus, gegen die Politbürokraten. Sie nahmen den Ausspruch Luxenburgs ernst, dass Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden zu sein habe. Das schrieb sie im Rahmen einer mehr als deutlichen Kritik an Lenin und dem Verhalten der Bolschewiki nach ihrem erfolgreichen Putsch.

Ein nicht geringer Teil der DDR-Oppositionellen war sehr wohl für den Sozialismus und die DDR. Aber für den Sozialismus mit menschlichem Antlitz, wie Ende der 60er durch Dubcek in der Tschechoslowakei entstehen sollte. In den 70er waren es die bei Wahlen relativ erfolgreichen Kommunistischen Parteien Frankreichs, Spaniens und Italiens - die sogenannten Eurokommunisten - auf die Hoffnungen gesetzt wurden.

Und wenn man so dachte, dann war man für die Herrschenden ein Feind, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen galt. Man war ein "feindlich negatives Element", das ausgespäht, und behandelt gehörte. Je nach Zeitpunkt und Person durch Zersetzung, Haft oder Ausbürgerung.

Gegen Ende der 70er schuf sich der terroristische Staatsapparat der DDR eine Reihe neuer Gesetze. Da gab es dann neben Spionage und ähnlichem auch die Weitergabe von Nachrichten, die das Ansehen des Landes im Ausland schädigen könnten.

Ich empfehle jedem, sich einmal mit dem Schicksal Rudolf Bahros zu befassen. Der sah sich, wie Biermann vor ihm als Kommunisten und schrieb ein Buch, wie er sich eine bessere Gesellschaft vorstellte: "Die Alternative". Was immer man über den Inhalt und das damit verbundene Denken auch heute meinen mag. Dem Bahro brachte es ein langjährige Haftstrafe und nur durch die Amnestie 1979 zum 30 Jahrestag der DDR-Gründung kam er frei und wurde in den Westen abgeschoben. Biermann erkannte die Illusion in den 80ern.

Wer wie Biermann dachte wäre kein Oppositionelle - ich fasse es nicht.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Feb 2018, 10:16)

Ja. Gut. Einfache Antworten gibts nicht. Aber wenn man ernsthaft über das "System DDR" nachdenkt, ist mindestens eine der Fragen die nach der Widerständigkeit. Ich habe ja weiter oben mehrfach erwähnt, dass der "äußere Zwang", der dort unzweifelhaft in verschiedenen Formen bestand, keineswegs grundsätzlich völlig souveräne Ich-Konstruktionen verhinderte. Einschließlich solcher, die in Oppostion zu Staat, Partei, Gesellschaft (zumindest in Teilen) stand. Aber: Rein statistisch und zahlenmäßig stand das, was da in der DDR an Widerständigkeit bestand, in überhaupt keinem Verhältnis etwa zur Solidarnosc in Polen, zu Glasnost und Perestroika in der SU oder auch zu den innerparteilichen Reformen der ungarischen Regierungspartei. Die DDR erwies sich gerade in der Zeit um 1989 (zusammen vielleicht mit der CSSR) als absolut konservativer Gegenpol zu den Wandlungen, die in der SU, Polen und Ungarn stattfanden. Ich glaube, viele Leute können sich noch an das unglaublich frostige Klima der letzten Begegnungen dieser ehemaligen "Bruderstaaten" erinnern. Und ich glaube, das lag nicht nur einfach an der spezifischen Ausrichtung der SED. Auch die SED wurde von vielen vielen Genossen in ihrer Ausrichtung getragen. Die Frage muss also gestellt werden, was in dieser DDR-Gesellschaft diesen besonderen Konservativismus, man könnte auch sagen diese Rückständigkeit bewirkt hat.

Auf der anderen Seite steht natürlich und selbstverständlich die Frage, warum heute gerade in diesen damals reformfreudigsten Staaten ein reaktioär-rechtskonservativer Nationalismus besonders verbreitet ist. Womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären. Zumindest in Ungarn war die ursprüngliche politische Ausrichtung der Oppostionellen definitiv liberal. Orbán war bekanntlich Ende der 80er Stipendiat der Soros-Stiftung. Heute ist Soros Staatsfeind Nummer Eins. (In Polen spielt und spielte die katholische Kirche bzw. der Vatikan eine besondere Rolle. Das steht nochmal auf einem anderen Blatt.). Was steht ursächlich hinter dieser 180-Grad-Wendung von Liberalismus hin zu einem "ekligen Nationalismus".
Bekanntlich war die DDR das Land im sozialistischem Lager mit dem höchsten Lebensstandard (also nur im Vergleich zu den anderen soz. Staaten). Viele Leute konnten sich da ein recht komfortables Leben einrichten, auch wenn sie nicht reisen konnten, wohin sie wollten. Die Zufriedenheit mit den Lebensverhältnissen war in der DDR nachweislich größer als in den anderen "Bruderstaaten". Trotz Mangelwirtschaft. Darüber hinaus gab es in der DDR auch immer wieder mal Phasen (Zeitfenster) der zaghaften Öffnung bzw. der etwas größeren Offenheit dem Westen und den eigenen Bürgern gegenüber. Die Ulbricht- und Honecker-Zeiten hatten jeweils in ihren Anfangsphasen auch immer mal was von dieser Öffnung an sich. Deshalb war der Druck gegen die Oberen in der DDR auch nicht so gewaltig, womit ich jetzt die Jahrzehnte vor der Wende meine. Wobei es gerade auch in der SED selbst immer auch Widerstand gab. Es brodelte in den eigenen Reihen mehr, als das landläufig bekannt war. Der von dir beobachtete besondere "Konservatismus" hat darüber hinaus auch etwas mit der Kleinbürgerlichkeit vieler Leute zu tun. Worin sich die DDR und die alte BRD ziemlich ähnlich waren. Auch heute fehlen mir größere widerständige Aktionen, etwa gegen den zunehmenden Rechtsruck.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:20)

Bekanntlich war die DDR das Land im sozialistischem Lager mit dem höchsten Lebensstandard
(also nur im Vergleich zu den anderen soz. Staaten).

Viele Leute konnten sich da ein recht komfortables Leben einrichten, auch wenn sie nicht reisen konnten,
wohin sie wollten.

Die Zufriedenheit mit den Lebensverhältnissen war in der DDR nachweislich größer
als in den anderen "Bruderstaaten".

Darüber hinaus gab es in der DDR auch immer wieder mal Phasen (Zeitfenster) der zaghaften Öffnung bzw.
der etwas größeren Offenheit dem Westen und den eigenen Bürgern gegenüber.
Schöne neue Welt ? :?:

Geht es den Leuten in Ruanda gut, weil es den Menschen in den Ländern Mali oder Somalia noch schlechter geht ?

Ein komfortables Leben, nur weil man nicht reisen konnte wo man hin wollte ? :?:

Die Lebensverältnisse sind sind in Bulgarien und Rumänien nachweislich höher
als in Albanien und im Kosovo. Und ?

Zeitfenster, in denen man erkennt, das einem die Bevölkerung komplett von der Stange geht,
und man ein bisschen "lockert", waren keine Zeitenwende oder Offenheit,
man nahm nur kurzfristig Dampf aus dem Kessel.

Man kann sich auch alles und die DDR ... total schön reden... :mad2:

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(07 Feb 2018, 11:35)

Wie wäre es denn mit dem menschlichen Bedürfnis nach Zugehörigkeit, mit Gemeinschaftsgefühl, dem Bedürfnis nach Anerkennung?
Gemeinschaft bedeutet ja nicht zwingend Volk und/oder Nation.
Auch so genannte Fachgruppen des Kulturbundes (um bei der DDR zu bleiben) waren Gemeinschaften, in denen die Menschen durch gemeinsame Interessen verbunden waren. Genauso wie heute in den unterschiedlichsten Vereinen und deren Dachverbänden, Menschen durch gemeinsame Interessen verbunden sind.
Ja, zum Beispiel. Ich unterscheide diese Kollektiv-Gruppen-Team-Vereins-Geschichten immer nach den Motiven der Leute, die da mitmachen. Ich meide Nationalisten und Leute, die sich selbst stets und ständig für etwas Besseres halten. Nicht nur, dass ich so etwas ablehne, nein, es langweilt mich auch. Ich könnte zum Beispiel niemals mit Götz Kubitschek und seinen Leuten an einem Tisch sitzen und seiner Denkfabrik-Ideen frönen. Ich würde auch nicht mit Identitären durch die Gegend laufen. Oder mit Burschenschaftlern. Überall, wo es Deutschtümelei und Geringschätzung gegenüber anderen Nationen gibt, wird man mich garantiert nicht finden. Aber dort, wo man sich zeitweilig mit ähnlichen Interessen zusammentut und auf Augenhöhe irgendeiner gemeinsamen Beschäftigung nachgeht, zum Beispiel das Gedichte-Schreiben, Sport-Machen, Musizieren und dergleichen mehr, dort geht das völlig in Ordnung. Gruppe und Individualität müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Im Gegenteil: Der Einzelne kann von der Gruppe profitieren und umgekehrt. Es geht eigentlich nur darum, welches die Motive und Ziele der Leute sind, sich länger- oder kurzfristig zusammenzutun. Destruktive und inhumane Zusammenschlüsse sind damit natürlich nicht gemeint.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:27)

Schöne neue Welt ? :?:

Geht es den Leuten in Ruanda gut, weil es den Menschen in den Ländern Mali oder Somalia noch schlechter geht ?

Ein komfortables Leben, nur weil man nicht reisen konnte wo man hin wollte ? :?:

Die Lebensverältnisse sind sind in Bulgarien und Rumänien nachweislich höher
als in Albanien und im Kosovo. Und ?

Zeitfenster, in denen man erkennt, das einem die Bevölkerung komplett von der Stange geht,
und man ein bisschen "lockert", waren keine Zeitenwende oder Offenheit,
man nahm nur kurzfristig Dampf aus dem Kessel.

Man kann sich auch alles und die DDR ... total schön reden... :mad2:

mfg
Skull, ich glaube, ich hatte dich schon einmal darum gebeten: Bei bestimmten prickelnden Themen bitte die Zitate nicht so aus dem Zusammenhang reißen. Danke. Und zum tausendsten Male: Ich bin ebenfalls kein Fan oder Anhänger der DDR, und das aus ganz existenziellen und persönlichen Gründen. Ich empfehle nur einfach, genauer hinzuschauen und nicht die Nachwende-Zeitungs-Überschriften zum Stichwort DDR als das allein Seligmachende zu verstehen. Geschichtliche Vorgänge (dazu gehört auch die alte BRD) sind immer widersprüchlich und nie mit ja oder nein und schwarz oder weiß zu beantworten.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

Skull hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:27)

Schöne neue Welt ? :?:

Geht es den Leuten in Ruanda gut, weil es den Menschen in den Ländern Mali oder Somalia noch schlechter geht ?

Ein komfortables Leben, nur weil man nicht reisen konnte wo man hin wollte ? :?:

Die Lebensverältnisse sind sind in Bulgarien und Rumänien nachweislich höher
als in Albanien und im Kosovo. Und ?

Zeitfenster, in denen man erkennt, das einem die Bevölkerung komplett von der Stange geht,
und man ein bisschen "lockert", waren keine Zeitenwende oder Offenheit,
man nahm nur kurzfristig Dampf aus dem Kessel.

Man kann sich auch alles und die DDR ... total schön reden... :mad2:

mfg
Ich glaube, du verstehst vieles nicht oder kannst es nicht verstehen oder willst nicht. Viele DDR-Bürger trösteten sich damit, dass es ihnen, gemessen an den anderen Ostblockstaaten eigentlich ganz gut ging. Nationalismus als das tröstende Gift gab es überall. Die Bulgaren z.B. karrten gern Touristen am Schwarzen Meer zu Tagesausflügen nach Constanta in Rumänien. Da konnten die Leute dann sehen, was es für einen Unterschied zwischen beiden Ländern gab. Die Ungarn verachteten ebenfalls die Rumänen. Das hatte Gründe in der Geschichte und eben auch, da der Unterschied, kam man von Ungarn in deren Nachbarland einfach nur erschütternd war. "Hier hat der Sozialismus voll zugeschlagen." Sagte mal ein Mitreisender im Abteil als wir die Grenze überschritten hatten. Ungarische Grenzer und Zöllner liebten es Rumänen erbarmungslos zu filzen während sie uns aus der DDR nur unbeteiligt nickend zur Kenntnis nahmen.
Im übrigen ist es ein auch in Experimenten nachweisbare allgemeinmenschliche Verhaltensweise, sich die Welt durch Vergleiche zu schönen. Wenn es da einem noch schlechter ergeht, dann kann es bei einem selbst nicht ganz so schlimm sein.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:48)

Skull, ich glaube, ich hatte dich schon einmal darum gebeten:
Bei bestimmten prickelnden Themen bitte die Zitate nicht so aus dem Zusammenhang reißen. Danke.

Und zum tausendsten Male: Ich bin ebenfalls kein Fan oder Anhänger der DDR
Ich reisse keine Zitate aus dem Zusammenhang. Bitte. :)

Ich unterstelle Dir auch nicht, das Du ein Fan der DDR bist.
Ich finde nur irgendwelche Relativierungen und "Verniedlichungen" ... wenig prickelnd.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
pikant
Beiträge: 54531
Registriert: Mittwoch 10. Februar 2010, 13:07

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von pikant »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:20)

Bekanntlich war die DDR das Land im sozialistischem Lager mit dem höchsten Lebensstandard (also nur im Vergleich zu den anderen soz. Staaten). Viele Leute konnten sich da ein recht komfortables Leben einrichten, auch wenn sie nicht reisen konnten, wohin sie wollten. Die Zufriedenheit mit den Lebensverhältnissen war in der DDR nachweislich größer als in den anderen "Bruderstaaten". Trotz Mangelwirtschaft.
das stimmt, aber es gab immer die Sehnsucht in den Westen reisen zu duerfen und das Westfernsehen zog magisch an und da sahen die Buerger, wie es dem Westbuerger so ging und dann relativierte man sein eigenes Leben und wollte diese Vielfalt und den westlichen Wohlstand haben,

Nach meiner Meinung war es der greosste Fehler des DDR-Regimes Westreisen nicht zuzulassen, denn mit dem wahren Bild pur aus dem Westschlaraffenland waere man vielleicht zufriedener gewesen, vor allem was die unteren Schichten anbetrifft. Der DDR-Buerger stellte sich das Leben in Westdeutschland einfacher und konfortabler vor, als es in Wahrheit war. Diesen Eundruck hatte ich jedenfalls, wenn ich mal den Osten besuchte.
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Ammianus hat geschrieben:(07 Feb 2018, 13:24)

Ich glaube, du verstehst vieles nicht oder kannst es nicht verstehen oder willst nicht.
Warum sollte ich (vieles) nicht verstehen, es nicht können oder es nicht wollen ? :?:

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Europa2050
Beiträge: 10317
Registriert: Dienstag 4. März 2014, 08:38
user title: Kein Platz für Nationalismus

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Europa2050 »

pikant hat geschrieben:(07 Feb 2018, 13:42)

das stimmt, aber es gab immer die Sehnsucht in den Westen reisen zu duerfen und das Westfernsehen zog magisch an und da sahen die Buerger, wie es dem Westbuerger so ging und dann relativierte man sein eigenes Leben und wollte diese Vielfalt und den westlichen Wohlstand haben,

Nach meiner Meinung war es der greosste Fehler des DDR-Regimes Westreisen nicht zuzulassen, denn mit dem wahren Bild pur aus dem Westschlaraffenland waere man vielleicht zufriedener gewesen, vor allem was die unteren Schichten anbetrifft. Der DDR-Buerger stellte sich das Leben in Westdeutschland einfacher und konfortabler vor, als es in Wahrheit war. Diesen Eundruck hatte ich jedenfalls, wenn ich mal den Osten besuchte.
Na offensichtlich nicht. Die Öffnung am 9.11.89 hatte doch genau den Effekt, dass viele Leute nicht mehr die Reformen wollten wie vorher, sondern den Westen - so schnell wie möglich.

Und Polen, die ja bereits vorher in gewissem Maß in den Westen durften, standen ihrem sozialistischen Staat schon viel eher oppositionell gegenüber.

Das tatsächlich erlebte Selbstbewusstsein der DDR-Leute, mit denen ich zu tun hatte, bezog sich mehr auf: „Schaut mal was wir unter diesem System ökonomisch hingebracht haben, was hätten wir erst hingebracht, wenn der Ami 1945 nicht gegangen wäre (aus Thüringen und den Vogtland)“.
Entspricht auch dem, was @Ammianus weiter oben beschrieben hat.

Deswegen hatten die auch keine Angst vor der Westmarktwirtschaft - zumindestens die Jungen. War im Einzelfall auch etwas blauäugig.
Synonym für Mörder: Russland
Synonym für Verräter: USA

Kyiv still stands, but Washington has fallen :(
Benutzeravatar
JJazzGold
Beiträge: 59275
Registriert: Montag 25. Mai 2009, 01:34
user title: L'État, c'est moi

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von JJazzGold »

pikant hat geschrieben:(07 Feb 2018, 13:42)

das stimmt, aber es gab immer die Sehnsucht in den Westen reisen zu duerfen und das Westfernsehen zog magisch an und da sahen die Buerger, wie es dem Westbuerger so ging und dann relativierte man sein eigenes Leben und wollte diese Vielfalt und den westlichen Wohlstand haben,

Nach meiner Meinung war es der greosste Fehler des DDR-Regimes Westreisen nicht zuzulassen, denn mit dem wahren Bild pur aus dem Westschlaraffenland waere man vielleicht zufriedener gewesen, vor allem was die unteren Schichten anbetrifft. Der DDR-Buerger stellte sich das Leben in Westdeutschland einfacher und konfortabler vor, als es in Wahrheit war. Diesen Eundruck hatte ich jedenfalls, wenn ich mal den Osten besuchte.
Das Leben in Westdeutschland war einfacher und komfortabler. Hätte man die Menschen gen Westen ausreisen lassen, wäre die DDR zügig ausgeblutet.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

https://www.youtube.com/watch?v=9FBu2rVuXGI
Benutzeravatar
Dampflok94
Beiträge: 13204
Registriert: Montag 2. Juni 2008, 17:59
user title: ex-Betriebsrat
Wohnort: Berlin

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dampflok94 »

pikant hat geschrieben:(07 Feb 2018, 13:42)
Nach meiner Meinung war es der greosste Fehler des DDR-Regimes Westreisen nicht zuzulassen, denn mit dem wahren Bild pur aus dem Westschlaraffenland waere man vielleicht zufriedener gewesen, vor allem was die unteren Schichten anbetrifft. Der DDR-Buerger stellte sich das Leben in Westdeutschland einfacher und konfortabler vor, als es in Wahrheit war. Diesen Eundruck hatte ich jedenfalls, wenn ich mal den Osten besuchte.
Die DDR hat die Mauer nicht aus Jux und Dollerei gebaut. Sie war existentiell notwendig. Eine DDR mit Reisefreiheit hätte ihre Existenzgrundlage verloren. Deshalb hat es nach dem 09.11.89 auch nicht mal ein Jahr bis zum Ende der DDR gedauert.
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 12:39)

Ja, zum Beispiel. Ich unterscheide diese Kollektiv-Gruppen-Team-Vereins-Geschichten immer nach den Motiven der Leute, die da mitmachen. Ich meide Nationalisten und Leute, die sich selbst stets und ständig für etwas Besseres halten. Nicht nur, dass ich so etwas ablehne, nein, es langweilt mich auch. Ich könnte zum Beispiel niemals mit Götz Kubitschek und seinen Leuten an einem Tisch sitzen und seiner Denkfabrik-Ideen frönen. Ich würde auch nicht mit Identitären durch die Gegend laufen. Oder mit Burschenschaftlern. Überall, wo es Deutschtümelei und Geringschätzung gegenüber anderen Nationen gibt, wird man mich garantiert nicht finden. Aber dort, wo man sich zeitweilig mit ähnlichen Interessen zusammentut und auf Augenhöhe irgendeiner gemeinsamen Beschäftigung nachgeht, zum Beispiel das Gedichte-Schreiben, Sport-Machen, Musizieren und dergleichen mehr, dort geht das völlig in Ordnung. Gruppe und Individualität müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Im Gegenteil: Der Einzelne kann von der Gruppe profitieren und umgekehrt. Es geht eigentlich nur darum, welches die Motive und Ziele der Leute sind, sich länger- oder kurzfristig zusammenzutun. Destruktive und inhumane Zusammenschlüsse sind damit natürlich nicht gemeint.
Für dich gibt es offensichtlich nur Extreme, nur Schwarz und Weiß.
Die Vorstellung, dass jemand sein Land/Heimatland lieben, sich seinem Volk/seiner Kultur zugehörig fühlen kann, OHNE diese(s) über andere Völker/Nationen (Länder) zu erheben, OHNE andere Völker und Nationen abzuwerten, scheint dir vollkommen fremd zu sein. Ebenso wie dir wertneutrale deskritive Vergleiche vollkommen fremd sind.
Deutscher zu sein, sich als Deutscher zu fühlen und evtle Unterschiede zu anderen Völkern zu erkennen und zu benennen hat nichts mit "Deutschtümelei" zu tun, sondern mit individueller Identität, genauso wie kulturelle Identität, Teil der individuellen Identität ist. Und auch das hat so gar nichts mit "Deutschtümelei" oder gar "ekligem Nationalismus" zu tun, sondern dient der Befriedigung eines menschlichem Bedürfnisses.
Interessant ist immer wieder, dass jedem Angehörigen einer Fremdkultur diese kulturelle Identität zugestanden wird sowie jedem Angehörigen eines anderen Volkes sein Zugehörigkeitsgefühl und nur wenn es um Deutsche geht, dann ist das voll Nazi, pfui und ganz "eklig nationalistisch".
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
pikant
Beiträge: 54531
Registriert: Mittwoch 10. Februar 2010, 13:07

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von pikant »

Dark Angel hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:15)

Deutscher zu sein, sich als Deutscher zu fühlen und evtle Unterschiede zu anderen Völkern zu erkennen und zu benennen hat nichts mit "Deutschtümelei" zu tun, sondern mit individueller Identität, genauso wie kulturelle Identität, Teil der individuellen Identität ist. Und auch das hat so gar nichts mit "Deutschtümelei" oder gar "ekligem Nationalismus" zu tun, sondern dient der Befriedigung eines menschlichem Bedürfnisses.
Interessant ist immer wieder, dass jedem Angehörigen einer Fremdkultur diese kulturelle Identität zugestanden wird sowie jedem Angehörigen eines anderen Volkes sein Zugehörigkeitsgefühl und nur wenn es um Deutsche geht, dann ist das voll Nazi, pfui und ganz "eklig nationalistisch".
ich bin Urdeutscher, aber was heisst das , sich 'als Deutscher zu fuehlen' und was habe ich davon wenn ich die Unterschiede zu anderen Voelkern erkenne, denn mit einem Volk komme ich nie in Beruehrung, sondern nur mit Menschen und ich habe sogar Schwierigkeiten einen Unterschied mit meinem Freund zu definieren, der einen frans. Pass hat oder mit einem Verwandten der einen Lux. Pass hat.
Individuelle Iidentitaet ist fuer mich jedenfalls nicht , Unterschiede zu anderen Voelkern zu erkennnen und diese zu benennen, sondern individuelle Identitaet ist fuer mich als Deutshcer individuell zu denken zu leben und da interessiert es mich zunaechst mal gar nciht, wie andere Deutsche fuehlen und ob ich das auch so empfinde.

mein menschliches Beduerfnis ist es jedenfalls nicht Unterschiede zu anderen Voelkern zu benennen, sondern mein menschliches Beduerfnis ist es, sich mit anderen Menschen gut zu verstehen mit ihnen gemeinsam was unternehmen oder eben mit anderen keinen Kontakt zu suchen und da spielt das 'Deutsche' fuer mich keine Rolle, sondern einfach Sympathie mit dem anderen Menschen und da frage ich doch nicht nach einem Pass und will da den Unterschied wissen, zwischen anderen Voelkern :rolleyes:
Zuletzt geändert von pikant am Mittwoch 7. Februar 2018, 15:49, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:15)

Für dich gibt es offensichtlich nur Extreme, nur Schwarz und Weiß.
Die Vorstellung, dass jemand sein Land/Heimatland lieben, sich seinem Volk/seiner Kultur zugehörig fühlen kann, OHNE diese(s) über andere Völker/Nationen (Länder) zu erheben, OHNE andere Völker und Nationen abzuwerten, scheint dir vollkommen fremd zu sein. Ebenso wie dir wertneutrale deskritive Vergleiche vollkommen fremd sind.
Deutscher zu sein, sich als Deutscher zu fühlen und evtle Unterschiede zu anderen Völkern zu erkennen und zu benennen hat nichts mit "Deutschtümelei" zu tun, sondern mit individueller Identität, genauso wie kulturelle Identität, Teil der individuellen Identität ist. Und auch das hat so gar nichts mit "Deutschtümelei" oder gar "ekligem Nationalismus" zu tun, sondern dient der Befriedigung eines menschlichem Bedürfnisses.
Interessant ist immer wieder, dass jedem Angehörigen einer Fremdkultur diese kulturelle Identität zugestanden wird sowie jedem Angehörigen eines anderen Volkes sein Zugehörigkeitsgefühl und nur wenn es um Deutsche geht, dann ist das voll Nazi, pfui und ganz "eklig nationalistisch".
Hmmmm, ja, du hast recht, solche "menschlichen Bedürfnisse" kenne ich wirklich nicht. Ich fühle mich mal einem Deutschen nahe, mal einem Polen, mal einem Franzosen, mal einem Amerikaner. Je nachdem. Das geht querbeet. Meine Sympathien und mein Interesse verteile ich nicht nach Nationalität, sondern danach, was den anderen ausmacht, was ihn interessant macht, was er denkt, was er fühlt. Was es für ein Mensch ist. Die Nation und die Herkunft spielen da keine Rolle.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Europa2050
Beiträge: 10317
Registriert: Dienstag 4. März 2014, 08:38
user title: Kein Platz für Nationalismus

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Europa2050 »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:30)

Hmmmm, ja, du hast recht, solche "menschlichen Bedürfnisse" kenne ich wirklich nicht. Ich fühle mich mal einem Deutschen nahe, mal einem Polen, mal einem Franzosen, mal einem Amerikaner. Je nachdem. Das geht querbeet. Meine Sympathien und mein Interesse verteile ich nicht nach Nationalität, sondern danach, was den anderen ausmacht, was ihn interessant macht, was er denkt, was er fühlt. Was es für ein Mensch ist. Die Nation und die Herkunft spielen da keine Rolle.
Ja, das halte ich für ganz normal. Ist es aber leider nicht. :(
Nicht hier und auch nicht anderswo ...

Da wir aber anderswo nichts ändern können, fangen wir halt mal hier an ...
Synonym für Mörder: Russland
Synonym für Verräter: USA

Kyiv still stands, but Washington has fallen :(
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Europa2050 hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:46)

Ja, das halte ich für ganz normal. Ist es aber leider nicht. :(
Nicht hier und auch nicht anderswo
...

Da wir aber anderswo nichts ändern können, fangen wir halt mal hier an ...
Da hast du leider recht. Der Nationalismus feiert fröhliche Urständ.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
PeterK
Beiträge: 15701
Registriert: Dienstag 31. Mai 2016, 11:06

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von PeterK »

Dark Angel hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:15)
Deutscher zu sein, sich als Deutscher zu fühlen und evtle Unterschiede zu anderen Völkern zu erkennen und zu benennen hat nichts mit "Deutschtümelei" zu tun, sondern mit individueller Identität, genauso wie kulturelle Identität, Teil der individuellen Identität ist. Und auch das hat so gar nichts mit "Deutschtümelei" oder gar "ekligem Nationalismus" zu tun, sondern dient der Befriedigung eines menschlichem Bedürfnisses.
Manche Menschen mögen dieses "Bedürfnis" haben oder verspüren. Verallgemeinern kann man das IMO jedoch nicht.
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6404
Registriert: Samstag 17. Dezember 2011, 22:05

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ammianus »

Skull hat geschrieben:(07 Feb 2018, 13:45)

Warum sollte ich (vieles) nicht verstehen, es nicht können oder es nicht wollen ? :?:

mfg
Wäre es anders, hätte ich nichts schreiben brauchen. Jeder der sieht auf was du geantwortet hast, wie du geantwortet habe und was ich dazu sagte.
Warum versuchst du zu tricksen?
Na ja, dein Ding ...
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28950
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Skull »

Ammianus hat geschrieben:(07 Feb 2018, 17:15)

Wäre es anders, hätte ich nichts schreiben brauchen.
Jeder der sieht auf was du geantwortet hast, wie du geantwortet habe und was ich dazu sagte.
Warum versuchst du zu tricksen?
Na ja, dein Ding ...
Was ist das jetzt für eine blödsinnige Antwort ?

Du UNTERSTELLST (mir) Dinge, die DU nicht weisst.

Ich verstehe sehr wohl Dinge und drücke mich klar und deutlich aus.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

pikant hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:25)

ich bin Urdeutscher, aber was heisst das , sich 'als Deutscher zu fuehlen' und was habe ich davon wenn ich die Unterschiede zu anderen Voelkern erkenne, denn mit einem Volk komme ich nie in Beruehrung, sondern nur mit Menschen und ich habe sogar Schwierigkeiten einen Unterschied mit meinem Freund zu definieren, der einen frans. Pass hat oder mit einem Verwandten der einen Lux. Pass hat.
Und Menschen gehören i.d.R. zu Völkern, die sich aus Stämmen entwickelt haben, welche wiederum unterschiedliche "Eigenschaften" entwickelt haben, die u.a. in Mentalität, Temperament, Sitten Gebräuchen etc ausdrücken.
Es soll sogar Menschen geben, die erfüllen alle Klischees, die einem bestimmten Volk zugeschrieben werden - und wo ist das Problem?
Das Problem besteht darin dass einige Zeitgenossen Anderssein mit "Besser bzw Schlechter" sein verwechseln, dass sie Vergleiche nicht als wertneutral sehen können, sondern immer Wertungen unterstellen müssen.
Es gibt da ein Sprichwort, welches lautet: "Alles was ich denk' und tu', trau' ich auch jedem ander'n zu."
Ich habe keine Probleme Unterschiede zwischen mir und anderen Menschen zu erkennen, was mich allerdings nicht davon abhält mit diesen Menschen befreundet zu sein - ganz im Gegenteil, eben weil sie anders sind, weil wir nicht gleich sind, sind wir befreundet. Unterschiedlich/anders sein bedeutet nämlich auch "sich gegenseitig ergänzen", bedeutet auch, dass der andere Fehler erkennt und benennt, die man selbst gar nicht sieht/sehen kann.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(07 Feb 2018, 15:30)

Hmmmm, ja, du hast recht, solche "menschlichen Bedürfnisse" kenne ich wirklich nicht. Ich fühle mich mal einem Deutschen nahe, mal einem Polen, mal einem Franzosen, mal einem Amerikaner. Je nachdem. Das geht querbeet. Meine Sympathien und mein Interesse verteile ich nicht nach Nationalität, sondern danach, was den anderen ausmacht, was ihn interessant macht, was er denkt, was er fühlt. Was es für ein Mensch ist. Die Nation und die Herkunft spielen da keine Rolle.
Entweder verstehst du nicht oder willst nicht verstehen!
Sich als Deutscher zu fühlen, sich mit seinem Land, seinem Volk verbunden zu fühlen, bedeutet doch nicht Menschen anderer Völker abzulehnen, bedeutet doch nicht, sich als Mensch, als Indivduum einem anderen Menschen (Angehörigen eines anderen Volkes) verbunden bzw nahe zu fühlen. Das eine schließt doch das andere nicht aus.
Da ist sie ja wieder die unzulässige Gleichsetzung von "anders sein" mit "besser bzw schlechter sein", die unzulässige Gleichsetzung von Vergleich und Wertung, schwarz-weiß-Denken.
In der Maslowschen Bedürfnishierarchie gehört das (menschliche) Bedürfnis nach Zugehörigkeit (zu einer Gruppe) zu den essenziellen Bedürfnissen des Menschen, dieses beinhaltet das Bedürfnis nach Anerkennung/Achtung und dieses Bedürfnis wiederum kann nur von Angehörigen der Gruppe, der man sich zugehörig fühlt, befriedigt werden. Es besteht somit eine Wechselwirkung zwischen der Befriedigung des Bedürfnisses nach Zugehörigkeit und der Befriedigung des Bedürfnisses nach Anerkennung. Das schließt jedoch nicht aus, dass ein Individuum sich mehreren Gruppen zugehörig fühlt und aus dieser Gruppenzugehörigkeit heraus individuelle Verbindungen (Freundschaften) eingeht.
Wer sich allerdings mal dem und mal dem verbunden/nahe fühlt, sich überall zugehörig fühlt, gehört im Endeffekt nirgendwo dazu.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Antworten