Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

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Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Umfrage endete am So 7. Mai 2017, 07:52

Emmanuel Macron (En Marche!)
31
69%
Marine Le Pen (Front National)
14
31%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 45
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Alexyessin
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alexyessin »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Apr 2017, 10:32)

Deine Meinung. Im Ruhrpott ist Stahl auf jeden Fall nicht mehr das Top-Thema. Von der Kohle ganz zu schweigen.
Das ist jetzt durchaus eine Interessante Diskussion, aber ich fürchte wir bekommen von Moses eine auf den Deckel, wenn das hier weitergeht :)
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Senexx hat geschrieben:(27 Apr 2017, 23:18)

Bei dieser Wahl geht es nicht um Links oder Rechts, sondern um Nutznießer der aktuellen Lage gegen die Abgehängten. Und die Abgehängten werden nicht für Macron stimmen.
die Frage ist eher, wie sich die Abgehaengten entscheiden, die Melenchon gewaelt haben.
das sind immerhin knapp 20% und wenn da Le Pen wuchern kann, hat sie eine Chance auf etwa 40% oder etwas mehr zu kommen.

es wird auch entscheidend sein, die die Grosstaedte waehlen und wie dort die Wahlbeteiligung liegt.

mein Gefuehl sagt mir, dass Macron ueber 60% bei der Stichwahl erreichen wird und dass die Wahlbeteiligung hoch wird.
Viele Fransosen wollen jetzt endlich Reformen und positiv in die Zukunft blicken - dafuer und fuer mehr Europa steht Macron.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alter Stubentiger »

Alexyessin hat geschrieben:(28 Apr 2017, 10:34)

Das ist jetzt durchaus eine Interessante Diskussion, aber ich fürchte wir bekommen von Moses eine auf den Deckel, wenn das hier weitergeht :)
Als Vorstand sollte man doch gewisse Freiheiten haben finde ich.

Aber um mal den Themenbezug herzustellen. Ich habe vorgestern noch einen Bericht über ein veraltetes US-Stahlwerk gesehen wo der Rost blüht. Sowas hatte ich vor Augen als ich so einfach "Stahl" geschrieben habe. Sowas kann man eben auch nicht mit Schutzzöllen retten. Und die Franzosen haben eben ein ähnliches Problem mit einer industriellen Produktion die einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Das sind Strukturprobleme. Aber einige hier vertreten die Auffassung man müße deutsche Produkte einfach nur teurer machen und schon wäre der Franzose, der Grieche, der Spanier oder Amerikaner wieder wettbewerbsfähig. Aber so geht das nicht. Das Ausland muß sich selbst neu erfinden. Von den Lorbeeren der Vergangenheit kann man nicht leben.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alexyessin »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Apr 2017, 10:56)

Als Vorstand sollte man doch gewisse Freiheiten haben finde ich.
Aber eben auch eine Vorbildfunktion :)
Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Apr 2017, 10:56)
Aber um mal den Themenbezug herzustellen. Ich habe vorgestern noch einen Bericht über ein veraltetes US-Stahlwerk gesehen wo der Rost blüht. Sowas hatte ich vor Augen als ich so einfach "Stahl" geschrieben habe. Sowas kann man eben auch nicht mit Schutzzöllen retten. Und die Franzosen haben eben ein ähnliches Problem mit einer industriellen Produktion die einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Das sind Strukturprobleme. Aber einige hier vertreten die Auffassung man müße deutsche Produkte einfach nur teurer machen und schon wäre der Franzose, der Grieche, der Spanier oder Amerikaner wieder wettbewerbsfähig. Aber so geht das nicht. Das Ausland muß sich selbst neu erfinden. Von den Lorbeeren der Vergangenheit kann man nicht leben.
Ja, die Franzosen haben hinsichtlich des industriellen Umbruchs eine Situation wie das Ruhrgebiet in den 90ern. Das wird schmerzlich.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Senexx »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 10:47)

mein Gefuehl sagt mir, dass Macron ueber 60% bei der Stichwahl erreichen wird und dass die Wahlbeteiligung hoch wird.
Viele Fransosen wollen jetzt endlich Reformen und positiv in die Zukunft blicken - dafuer und fuer mehr Europa steht Macron.
Was erwarten Sie sich denn von Macron?
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Senexx hat geschrieben:(28 Apr 2017, 11:48)

Was erwarten Sie sich denn von Macron?
mehr Wachstum, weniger Arbeitslosigkeit, mehr Gewicht fuer die Bildung, Buerokratieabbau und mehr Investitionen in den Umweltschutz.
Zudem mehr Investitionen in die Infrastruktur und Energiewende.
mehr Europa und da Achse Deutschland-Frankreich auch mit verschiedenen Geschwindigkeiten

das ist kruz umrissen der typische Macronwaehler!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Senexx »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 11:53)

mehr Wachstum, weniger Arbeitslosigkeit
Aha.

Wie glauben Sie denn, möchte Macron das bewerkstelligen?
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Senexx hat geschrieben:(28 Apr 2017, 11:58)

Aha.

Wie glauben Sie denn, möchte Macron das bewerkstelligen?
Millardenprogrmm in die Infratstruktur und Milliardenprogramm fuer start Up Firmen.
Buerokratieabbau und mehr Flexibilitaet fuer Unternehmen ohne Sozialabbau beim Arbeitnehmer.
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Julian
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Julian »

Macron wird die Wahlen sicherlich gewinnen, meiner Meinung nach sogar eher mit 70% als mit 60%.

Warum andere Wunder von diesem Mann erwarten, erschließt sich mir nicht. Macron ist wohl vor allem an seiner eigenen Karriere interessiert. Als Enarchist entstammt er der typischen französischen Elite, von der nach Abschluss ihres Examens weder Leistung noch Sachkenntnis verlangt wird. Nach oben gespült wurde er im wesentlichen durch einflussreiche Mentoren, die ihn eben an entsprechende Stellen empfohlen haben.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:31)

. Macron ist wohl vor allem an seiner eigenen Karriere interessiert. .
das sind alle, die Praesident werden wollen, ansonsten bewirbt man sich in Frankreich nicht.
Dort gibt es nur die Persoenlichkeitswahl.
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Julian
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Julian »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:36)

das sind alle, die Praesident werden wollen, ansonsten bewirbt man sich in Frankreich nicht.
Dort gibt es nur die Persoenlichkeitswahl.
Es gibt durchaus Leute, die nicht nur opportunistisch ihr Fähnchen in den Wind halten und wirklich etwas für das Land tun wollen. Von einem protegierten, gepamperten Investmentbanker und Enarchisten ohne relevante Lebenserfahrung erwarte ich so etwas jedoch nicht.

Vielleicht irre ich mich ja. Vielleicht wird Macron auch einfach Glück haben - denn es gibt natürlich so etwas wie Zyklen in der Wirtschaftsentwicklung, die nur zu einem gewissen Grade politisch beeinflussbar sind. Wenn er in den Aufschwung hineingewählt wird, wird er die Lorbeeren dafür ernten, ähnlich wie ja auch Merkel, die ja auch Glück gehabt hat, ausgerechnet dann gewählt zu werden, als die Talsohle durchschritten war.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:45)

Es gibt durchaus Leute, die nicht nur opportunistisch ihr Fähnchen in den Wind halten und wirklich etwas für das Land tun wollen..
Diese Einschaetzung teile ich nicht mal im Ansatz!

gerade mit dem Ruecktritt als Wirtschaftsminister hat er das Gegenteil bewiesen und klare Kante gezeigt!

Ihre Einschaetzung hoert man vor allem im Lager von Le Pen und bei Rechts- und Linksradikalen aber nicht vom frans. Buergertum.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Julian »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:51)

Diese Einschaetzung teile ich nicht mal im Ansatz!

gerade mit dem Ruecktritt als Wirtschaftsminister hat er das Gegenteil bewiesen und klare Kante gezeigt!

Ihre Einschaetzung hoert man vor allem im Lager von Le Pen und bei Rechts- und Linksradikalen aber nicht vom frans. Buergertum.
Ich gehöre auch nicht zum französischen, sondern zum deutschen Bürgertum.

Ein Rücktritt bedeutet in Frankreich nicht viel. Das Netzwerk der Eliten sorgt dafür, dass man weich fällt; ein Wechsel zwischen politischen Posten und der Wirtschaft ist jederzeit möglich. Man kennt einander.
Zuletzt geändert von Julian am Fr 28. Apr 2017, 13:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Nomen Nescio »

hat eigentlich die mitteilung/feststellung daß mme le penn mit parlamentsgelder geschummelt hat noch einfluß, denkt ihr?

oder wird das akzeptiert als »das gehört zur arbeit der delegierten, denn alle politiker benehmen sich so« !?
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(28 Apr 2017, 13:00)

Ich gehöre auch nicht zum französischen, sondern zum deutschen Bürgertum.
man merkt vor allem, dass Sie sich noch nie mit dem Programm von 'En Marche' befasst haben und es wohl auch nicht kennen.

Von Populismus steht da nichts drin, aber von vielen konkreiten Vorschlaegen, wie Frankreich wieder aus der Krise rauskommen kann und ja populistisch sind die, die an allem der EU die Schuld gegen wie Le Pen und Melenchon und die sogar Referenden ueber die Einfuehrung der Todesstrafe ins Gespraech bringen oder alle Muslime aus Frankreich 'entfernen' wollen.
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H2O
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(28 Apr 2017, 13:00)

hat eigentlich die mitteilung/feststellung daß mme le penn mit parlamentsgelder geschummelt hat noch einfluß, denkt ihr?

oder wird das akzeptiert als »das gehört zur arbeit der delegierten, denn alle politiker benehmen sich so« !?
Na ja, schwer zu beurteilen! Herr Fillon hat ja auch trotz des Verdachts, seine Angehörigen mit Scheinarbeitsverhältnissen fürstlich aus der Staatskasse entlohnt zu haben, seinen Wahlkampf fortsetzen können. Ich weiß nicht, was hier geschehen wäre, wenn ein solcher Knaller mitten im Wahlkampf losgegangen wäre. Ich vermute, die betreffende Partei hätte ihn sofort kaltgestellt.

Ein Patriot kann Frau LePen nicht wählen wollen... wenn diese Partei sich aus dem Kreml mit Geld versorgen läßt, dann ist das ein viel dickerer Hund als die Zweckentfremdung von EU-Geldern für Parteiarbeit. Letzteres ist ein platter Regelbruch, ersteres ist ehrenrührig. Parteifinanzierung aus dem Ausland... warum werden solche Parteien nicht sofort aus dem nationalen Wettbewerb ausgeschlossen?

Tja, an die eigene Nase müssen wir Deutschen uns auch fassen: Unser Kanzlerkandidat hat ebenfalls Günstlingswirtschaft auf Gemeinschaftskosten betrieben. Dafür ist er jetzt gerügt worden. Das war eine sehr milde Form der Rüge, vermutlich, weil das EU-Parlament nicht in den deutschen Wahlkampf hinein wirken wollte. Aber bekannt geworden ist diese Verfehlung dennoch. Was macht man mit einem Bundeskanzler, der für Regeln kein Gespür entwickelt... allenfalls dafür, wie man sie umgeht?
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Edmund »

H2O hat geschrieben:(28 Apr 2017, 13:50)
Parteifinanzierung aus dem Ausland... warum werden solche Parteien nicht sofort aus dem nationalen Wettbewerb ausgeschlossen?
Parteienfinanzierung durch Großkonzerne, einflußreiche Millionäre und Lobbyisten ist natürlich besser. :rolleyes:
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von DarkLightbringer »

Weiß jetzt nicht, wie das in Frankreich geregelt ist, aber eine offen gelegte Finanzierung ist anscheinend legal, nur eine verdeckte Parteifinanzierung wäre demnach illegal.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alter Stubentiger »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:01)

Millardenprogrmm in die Infratstruktur und Milliardenprogramm fuer start Up Firmen.
Buerokratieabbau und mehr Flexibilitaet fuer Unternehmen ohne Sozialabbau beim Arbeitnehmer.
Ein wirklicher Bürokratieabbau wäre wirklich gut und auch machbar. Gerade Gründern werden heutzutage zu viele Vorgaben und Vorschriften gemacht. Und Gründer müssen gefördert werden. Nicht die industriellen Dinosaurier der Vergangenheit.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alter Stubentiger »

H2O hat geschrieben:(28 Apr 2017, 13:50)

Na ja, schwer zu beurteilen! Herr Fillon hat ja auch trotz des Verdachts, seine Angehörigen mit Scheinarbeitsverhältnissen fürstlich aus der Staatskasse entlohnt zu haben, seinen Wahlkampf fortsetzen können. Ich weiß nicht, was hier geschehen wäre, wenn ein solcher Knaller mitten im Wahlkampf losgegangen wäre. Ich vermute, die betreffende Partei hätte ihn sofort kaltgestellt.

Ein Patriot kann Frau LePen nicht wählen wollen... wenn diese Partei sich aus dem Kreml mit Geld versorgen läßt, dann ist das ein viel dickerer Hund als die Zweckentfremdung von EU-Geldern für Parteiarbeit. Letzteres ist ein platter Regelbruch, ersteres ist ehrenrührig. Parteifinanzierung aus dem Ausland... warum werden solche Parteien nicht sofort aus dem nationalen Wettbewerb ausgeschlossen?

Tja, an die eigene Nase müssen wir Deutschen uns auch fassen: Unser Kanzlerkandidat hat ebenfalls Günstlingswirtschaft auf Gemeinschaftskosten betrieben. Dafür ist er jetzt gerügt worden. Das war eine sehr milde Form der Rüge, vermutlich, weil das EU-Parlament nicht in den deutschen Wahlkampf hinein wirken wollte. Aber bekannt geworden ist diese Verfehlung dennoch. Was macht man mit einem Bundeskanzler, der für Regeln kein Gespür entwickelt... allenfalls dafür, wie man sie umgeht?
Das Parlament hat mit seiner Mehrheit gerügt. Die Fachleute der Korruptionsabteilung sehen dies anders. Wenn das Parlament konsequent wäre würde es die Regelungen ändern und nicht die Anwendung der Regeln bemängeln. Aber offensichtlich will man dies nicht. Das lässt tief blicken. Und das man Leute fördert mit denen man gut zusammenarbeitet ist eigentlich normal. Keiner würde vakante Posten an seine Feinde vergeben. Da sollte man sich nichts vormachen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(28 Apr 2017, 13:00)

Ich gehöre auch nicht zum französischen, sondern zum deutschen Bürgertum.

Ein Rücktritt bedeutet in Frankreich nicht viel. Das Netzwerk der Eliten sorgt dafür, dass man weich fällt; ein Wechsel zwischen politischen Posten und der Wirtschaft ist jederzeit möglich. Man kennt einander.
Mag sein. Aber seine Bewegung "en marche" war schon sehr gewagt. Er hätte sich auch lächerlich machen können. Zumal er sich für Europa einsetzt. Ein Fähnchen im Wind hätte sich nicht in diese Richtung gedreht.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Edmund hat geschrieben:(28 Apr 2017, 14:54)

Parteienfinanzierung durch Großkonzerne, einflußreiche Millionäre und Lobbyisten ist natürlich besser. :rolleyes:
National gesehen schon; vor allem dann, wenn sie offen gelegt sind. Umgekehrt bemühen Regierungen sich darum, daß Konzerne und Investoren sich doch bitte, bitte auf ihrem Staatsgebiet niederlassen mögen. Bitte keine unnötigen Frontstellungen "Unternehmen gegen Staat" an den Haaren herbei ziehen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Apr 2017, 16:15)

Das Parlament hat mit seiner Mehrheit gerügt. Die Fachleute der Korruptionsabteilung sehen dies anders. Wenn das Parlament konsequent wäre würde es die Regelungen ändern und nicht die Anwendung der Regeln bemängeln. Aber offensichtlich will man dies nicht. Das lässt tief blicken. Und das man Leute fördert mit denen man gut zusammenarbeitet ist eigentlich normal. Keiner würde vakante Posten an seine Feinde vergeben. Da sollte man sich nichts vormachen.
Na ja, ich empfinde es als zutiefst unanständig, wenn man einem aus Berlin stammenden und in Berlin arbeitenden Mitarbeiter einen Vertrag verschafft, der diese Nicht-Abordnung mit einem dauerhaften Auslandsaufenthalt vergütet. Das ist doch vorsätzlicher Betrug selbst dann, wenn das nicht ausdrücklich verboten ist. So empfinde ich diese Willkür.

Aber ich gebe Ihnen Recht: In entsprechender Position würde auch ich meine verlässlichen Mitarbeiter auf vielfache Weise fördern: Mehr Verantwortung, mehr Einkommen... Das halte ich für selbstverständlich. Aber doch bitte nicht mit solchen Tricksereien wie oben umrissen!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Julian hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:45)

Es gibt durchaus Leute, die nicht nur opportunistisch ihr Fähnchen in den Wind halten und wirklich etwas für das Land tun wollen. Von einem protegierten, gepamperten Investmentbanker und Enarchisten ohne relevante Lebenserfahrung erwarte ich so etwas jedoch nicht.

Vielleicht irre ich mich ja. Vielleicht wird Macron auch einfach Glück haben - denn es gibt natürlich so etwas wie Zyklen in der Wirtschaftsentwicklung, die nur zu einem gewissen Grade politisch beeinflussbar sind. Wenn er in den Aufschwung hineingewählt wird, wird er die Lorbeeren dafür ernten, ähnlich wie ja auch Merkel, die ja auch Glück gehabt hat, ausgerechnet dann gewählt zu werden, als die Talsohle durchschritten war.
Mir leuchtet Ihr Ingrimm nicht ein, mit dem Sie sich an einem Ihnen unbekannten Politiker reiben. Erst einmal würde ich die verfügbaren Informationen auswerten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Emmanuel_Macron

Schon "Herkunft und Ausbildung" lassen einen geistig und musisch besonders begabten Menschen erkennen. In der Tat: Da könnte man neidisch werden... oder besser froh sein, wenn ein solcher Mann in hohe Verantwortung strebt.

Als Investment Banker hat er sich empfohlen durch auffällige Leistungen in einer "wirtschaftlichen Denkfabrik", und in dieser Funktion eine riesige Firmenverschmelzung finanziell steuernd begleitet.
Durch den erfolgreichen Abschluß ist er reich geworden... da ist doch nichts mit "gepampert"!

Als Wirtschaftsminister unter Präsident Hollande hat er sein Reformpaket bis zur Unkenntlichkeit zerfleddern lassen müssen... und hat den Bettel hingeworfen.

Er hat seinen eigenen Weg gesucht, wie er seine Vorstellungen umsetzen könnte, mit Freunden als Parteiloser. Was ist daran denn "Fähnchen im Wind"? Ist es nicht eher eine begabte Spürnase, die er da in den Wind gehalten hat? Und er hat bewundernswert durchgehalten gegen Leute aus den Apparaten. Sicher mit Hilfe guter Freunde; was ja bedeutet, daß er welche hat, die ihn gut kennen.

Weiterhin hat er ein politisches Programm entworfen, hoffentlich auch zusammen mit Freunden, das er veröffentlicht hat. Warum arbeiten Sie sich nicht daran ab, sondern an dem Mann Macron? Das Programm ist doch sein Plan zur Genesung Frankreichs und Europas. Das Programm geht auch uns Deutsche an, denn ganz offensichtlich braucht Frankreich Rückhalt aus Deutschland, um gemeinsam Europa in eine bessere Zukunft zu lenken.

Siehe auch:

https://storage.googleapis.com/en-march ... Macron.pdf

Natürlich ist das Programm auf Französisch geschrieben... alles andere hätte ja auch keinen Sinn in einem französischen Wahlkampf.

Aber wenn Sie spezielle Fragen zu seinen politischen Absichtserklärungen haben, dann will ich Ihnen gern anhand der dort gemachten Vorschläge sagen, wohin der Hase laufen soll.
Senexx

Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Senexx »

pikant hat geschrieben:(28 Apr 2017, 12:01)

Millardenprogrmm in die Infratstruktur und Milliardenprogramm fuer start Up Firmen.
Buerokratieabbau und mehr Flexibilitaet fuer Unternehmen ohne Sozialabbau beim Arbeitnehmer.
Also, einerseits klassische Keynesianismus. Da sind wair ja mal gespannt Aber welche der zahlreichen strukturellen Probleme Frankreichs werden denn damit gelöst? Und wo will er das Geld hernehmen?

Und was ist gemeint mit Flexibilität für Unternehmen ohne Sozialabbau beim Arbeitnehmer? Eines der Probleme ist doch der extreme Kündigungsschutz.
Ger9374

Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Ger9374 »

Politische Aussagen vor und nach einer Wahl
sind oft variabel anzusehen, die Erfahrung kennen
doch alle Wähler und Bürger.Das betrifft dann ja die Franzosen.Lockerung vom Kündigungsschutz
ect. da haben mehrere mitzureden!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(28 Apr 2017, 19:14)

Also, einerseits klassische Keynesianismus. Da sind wair ja mal gespannt Aber welche der zahlreichen strukturellen Probleme Frankreichs werden denn damit gelöst? Und wo will er das Geld hernehmen?
Diese Fragen sind nicht mit einem Schlagwort ab zu arbeiten.

Da sind einmal Sofortmaßnahmen, die die Beschäftigung vieler Arbeitnehmer ermöglichen. Investitionen in die Infrastruktur ganz allgemein. Schienennetze, Flughäfen, Nachrichtennetze Funk und Glasfaser, Wärmedämmung. 50 Mrd € in 5 Jahren.

Dann die Modernisierung der französischen Wirtschaft: Umbau der Ausbildungs- und Bildungssysteme zu mehr Praxisnähe, administrative Entlastung von kleinen Unternehmen und Unternehmensgründungen. Der Staat als Helfer im Tagesgeschäft und nicht als strafende Verwaltung bei kleinen Verstößen. Entrümpelung des Vorschriftenwerks. Digitalisierung der Verwaltung auf allen Ebenen. Erfolgskontrollen der Verwaltung (Bearbeitungsdauer, Kundenzufriedenheit)
Und was ist gemeint mit Flexibilität für Unternehmen ohne Sozialabbau beim Arbeitnehmer? Eines der Probleme ist doch der extreme Kündigungsschutz.
Steuerliche Entlastung von Unternehmen, die Arbeitsverträge ohne Zeitbegrenzung bereit stellen und Zusatzbelastung für Zeitarbeit. Arbeitszeiten und Randbedingungen mit den Sozialpartnern auf Betriebsebene festlegen, nicht mit dem Staat.

Bitte, das ist nicht das vollständige Programm, das man auf 34 Seiten sehr schön gegliedert nachlesen kann! Es lohnt sich möglicherweise, dieses Programm zur Meßlatte auch für deutsche Politik zu benutzen, um unsere deutschen Lebensbedingungen mit jenen Frankreichs zu harmonisieren und zu synchronisieren.

Interessant auch, daß der Präsident Macron beabsichtigt, den Fortschritt seines Programms jährlich Punkt für Punkt in einem Rechenschaftsbericht vor zu tragen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(28 Apr 2017, 20:06)

Politische Aussagen vor und nach einer Wahl
sind oft variabel anzusehen, die Erfahrung kennen
doch alle Wähler und Bürger.Das betrifft dann ja die Franzosen.Lockerung vom Kündigungsschutz
ect. da haben mehrere mitzureden!
Der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer wird in Macrons Vorschlagsliste überhaupt nicht angesprochen.

Eingangs verkündet er auch ganz klar, daß sein Programm sich an den Forderungen des Tages ausrichten wird. Aber es gibt eben für viele Themen auch seine Vorschlagsliste, die dann durch Tagespolitik im Stapel nach oben rutschen oder nach unten. Der Grad der Abarbeitung dieser Liste wird jährlich öffentlich vorgetragen und diskutiert... sagt Herr Macron. Er will sich also öffentlich anhand erfüllter Versprechen messen lassen. Die Versprechen sind sehr konkret auch mit Zahlenwerten versehen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von gegenkriegundgewalt »

ich hoffe Le Pen gewinnt, weiß aber um die Unmöglichkeit meiner Hoffnung. Die gesamte politische Kaste, Medien und die Finanz unterstützen Macron. Ich selber hätte Dupon Aignan gewählt, jetzt aber Macron vs Le Pen defenitv Le Pen.

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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Cat with a whip »

Erinnert an: Scheiß auf Clinton, lieber Trump gegen das Establishment wählen!
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von gegenkriegundgewalt »

H2O hat geschrieben:(28 Apr 2017, 22:40)

Diese Fragen sind nicht mit einem Schlagwort ab zu arbeiten.

Da sind einmal Sofortmaßnahmen, die die Beschäftigung vieler Arbeitnehmer ermöglichen. Investitionen in die Infrastruktur ganz allgemein. Schienennetze, Flughäfen, Nachrichtennetze Funk und Glasfaser, Wärmedämmung. 50 Mrd € in 5 Jahren.

Dann die Modernisierung der französischen Wirtschaft: Umbau der Ausbildungs- und Bildungssysteme zu mehr Praxisnähe, administrative Entlastung von kleinen Unternehmen und Unternehmensgründungen. Der Staat als Helfer im Tagesgeschäft und nicht als strafende Verwaltung bei kleinen Verstößen. Entrümpelung des Vorschriftenwerks. Digitalisierung der Verwaltung auf allen Ebenen. Erfolgskontrollen der Verwaltung (Bearbeitungsdauer, Kundenzufriedenheit)


Steuerliche Entlastung von Unternehmen, die Arbeitsverträge ohne Zeitbegrenzung bereit stellen und Zusatzbelastung für Zeitarbeit. Arbeitszeiten und Randbedingungen mit den Sozialpartnern auf Betriebsebene festlegen, nicht mit dem Staat.

Bitte, das ist nicht das vollständige Programm, das man auf 34 Seiten sehr schön gegliedert nachlesen kann! Es lohnt sich möglicherweise, dieses Programm zur Meßlatte auch für deutsche Politik zu benutzen, um unsere deutschen Lebensbedingungen mit jenen Frankreichs zu harmonisieren und zu synchronisieren.

Interessant auch, daß der Präsident Macron beabsichtigt, den Fortschritt seines Programms jährlich Punkt für Punkt in einem Rechenschaftsbericht vor zu tragen.
Ich habe mich mit den Programmen von Macron, Le Pen, Melenchon, FIllion and Dupon Aignan beschäftigt un mMn haben ALLE gute Ansätze, welche auch realpolitisch umsetzbar sind - mit Ausnahme vllt Melenchon.
Frau Le Pen möchte ebenso die Unternehmenssteuer auf 24% senken, die Grundsteuer senken, Überstunden sollen steuerfrei werden, alle Steuerklassen (bis auf die Klasse mit über 150.000€ Jahresgehalt) sollen um bis zu 10% entlastet werden etc. pp.

Nehmen wir mal das Beispiel Amiens und Whirlpool. Wie erklärt man dem Arbeiter in Frankreich, dass Globalisierung und Europa das Maß aller Dinge sind, während sein Arbeitspltz nach Polen verlegt wird, da der Arbeitgeber dort deutlich an Lohnkosten und Sozialabgaben sparen kann und mit Sicherheit auch der Arbeitnehmerschutz (Arbeitszeiten, Kündigungsschutz, Ruhezeiten etc) nicht auf franz. Niveau sind. Des Weiteren kann der Arbeitgeber das im Niedriglohnland produzierte Endprodukt - dank Globalisierung - zollfrei nach Westeuropa exportieren und dort zu westeuropäischen Preisen verkaufen.
Europa ist in seiner momentanen Konstellation eine ausgeartete Missgeburt. Die wirtschaftlichen, ökonomischen Unterschiede zwischen Frankreich, Deutschland, Österreich, NL und Skandinavien zu Süd- Ost und Südosteuropa sind zu groß. Deshalb wäre es vernünftig den freien Waren- und Personenverkehr auf den alten Schengenraum zu begrenzen.
Des Weiteren hat der Internationalismus meiner Meinung nach einfach ausgedient. Und das werden auch immer mehr Arbeiter und Angestellte begreifen, es ist nur eine Frage der Zeit.
Es ist eben nicht das internationale Proletariat, welches den Arbeiter/Angestellten schützt, sondern ein starker Nationalstaat, der sein schützendes Schild vor die Arbeiterschaft erhebt um diese vor den neoliberalen Auswüchsen dieser entfesselten Globalisierung und vor Zuwanderung in den Arbeits-/Wohnungsmarkt zu bewahren.
Die internationale Solidarität mit chinesischen Fabriksarbeitern und malayischen Bergarbeitern ist illusorisch und sorgt nur dafür das man dem simplen Faktum nicht ins Gesicht sehen muss. Unter dem Deckmantel der Humanität können Unternehmen/Lobbyisten für mehr "Fachkräfte" (= mehr Konsumenten und mehr billige Arbeitskräfte) werben, was auch noch schön durch unsere Politik und Medienlandschaft gefördert wird. ES findet mMn eine unglaubliche - zT direkte, zT subtile - Indoktination der Gesellschaft statt. Entweder du bist der tolle weltoffene liberale Mensch, oder der böse, abschottende Nationalist. Denn die viel beschworene "Internationale" der Arbeiter existierte nur in Sonntagsreden von hauptamtlichen Sozialisten. Nicht umsonst nennt man die früheren "Proletarier" heute gerne "Globalisierungsverlierer" und "Prekariat", meistens mit der Attitüde des Herablassenden, aus der Perspektive derer, die von dieser Entwicklung (noch) nicht betroffen sind.
Die erst Form des Internationalismus war die weltweite Arbeitsteilung, die viele Industrien in den klassischen Industrieländern kaputt machte. Die zweite Form erleben wir derzeit; eine Form der "internationalen Solidarität", welche unter den Stichworten "no border" und "Weltoffenheit" eine Massenzuwanderung begrüßt und befördert, welche das "Prekariat" geradewegs in noch prekärere Situationen führt.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(28 Apr 2017, 22:40)

Diese Fragen sind nicht mit einem Schlagwort ab zu arbeiten.

Da sind einmal Sofortmaßnahmen, die die Beschäftigung vieler Arbeitnehmer ermöglichen. Investitionen in die Infrastruktur ganz allgemein. Schienennetze, Flughäfen, Nachrichtennetze Funk und Glasfaser, Wärmedämmung. 50 Mrd € in 5 Jahren.

Dann die Modernisierung der französischen Wirtschaft: Umbau der Ausbildungs- und Bildungssysteme zu mehr Praxisnähe, administrative Entlastung von kleinen Unternehmen und Unternehmensgründungen. Der Staat als Helfer im Tagesgeschäft und nicht als strafende Verwaltung bei kleinen Verstößen. Entrümpelung des Vorschriftenwerks. Digitalisierung der Verwaltung auf allen Ebenen. Erfolgskontrollen der Verwaltung (Bearbeitungsdauer, Kundenzufriedenheit)


Steuerliche Entlastung von Unternehmen, die Arbeitsverträge ohne Zeitbegrenzung bereit stellen und Zusatzbelastung für Zeitarbeit. Arbeitszeiten und Randbedingungen mit den Sozialpartnern auf Betriebsebene festlegen, nicht mit dem Staat.

Bitte, das ist nicht das vollständige Programm, das man auf 34 Seiten sehr schön gegliedert nachlesen kann! Es lohnt sich möglicherweise, dieses Programm zur Meßlatte auch für deutsche Politik zu benutzen, um unsere deutschen Lebensbedingungen mit jenen Frankreichs zu harmonisieren und zu synchronisieren.

Interessant auch, daß der Präsident Macron beabsichtigt, den Fortschritt seines Programms jährlich Punkt für Punkt in einem Rechenschaftsbericht vor zu tragen.
Ach so, Sie meinen diese 17seitige Grüne-Häkchen-Brochüre? Diese Schlagwortsammlung?

Bei mir hat es nur halb so viel Seiten wie bei Ihnen.

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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

Cat with a whip hat geschrieben:(28 Apr 2017, 23:41)

Erinnert an: Scheiß auf Clinton, lieber Trump gegen das Establishment wählen!
Clinton war Establishment und Trump ist Establishment.
Genauso wie Macron und Le Pen.
Das Problem war, daß Clintons Wahlsieg lange vor den Wahlen feststand.
In Frankreich hört es sich auch so an.
Die Leute merken das und fragen sich, ob es schlimm wäre, den Ultraoptimisten eins auszuwischen, indem sie das Kreuz mal antizyklisch setzen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

gegenkriegundgewalt hat geschrieben:(29 Apr 2017, 00:07)

...

Nehmen wir mal das Beispiel Amiens und Whirlpool. Wie erklärt man dem Arbeiter in Frankreich, dass Globalisierung und Europa das Maß aller Dinge sind, während sein Arbeitspltz nach Polen verlegt wird, da der Arbeitgeber dort deutlich an Lohnkosten und Sozialabgaben sparen kann und mit Sicherheit auch der Arbeitnehmerschutz (Arbeitszeiten, Kündigungsschutz, Ruhezeiten etc) nicht auf franz. Niveau sind. Des Weiteren kann der Arbeitgeber das im Niedriglohnland produzierte Endprodukt - dank Globalisierung - zollfrei nach Westeuropa exportieren und dort zu westeuropäischen Preisen verkaufen.

...
...
Ihren gesamten Beitrag möchte ich nicht aufgreifen... das würde zu lang.

Mit dem Fall "Whirlpool" habe ich mich durch Zufall etwas ausgiebiger beschäftigt. Dabei handelt es sich um einen US-amerikanischen Investor, der schwächelnde Unternehmen der "Weißware" aufgekauft und unter dem Namen "Whirlpool" zusammengefaßt hat. Mir ist aufgefallen, daß die Waschmaschinen (Halbe Breite) verdammt nach Bauknecht aussehen. Da gibt es aber auch noch Zanussi und andere unter diesem neuen Markenzeichen. Wie das französische Unternehmen zuvor hieß, das dort in Amiens nun in die Abwicklung gerät, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Völlig klar sucht dieser Investor nach Möglichkeiten, seine Investitionen besonders ertragreich an zu legen. Offenbar gibt es in Polen Regionen, in denen der Investor seine Maschinen günstiger herstellen kann.

Das ist auch keine grundlegend neue Erkenntnis; im Fall AEG wurden die Reststücke der abgewickelten deutschen Großfirma vom Erwerber Elektrolux nach Polen verlegt. Die Geräte heißen sogar weiter "AEG"... wie Sie in Supermärkten herausfinden werden. Oder NOKIA hat in Bochum dicht gemacht und wollte in Rumänien weiter machen. Hat aber nichts geholfen; Vorsprung durch Technik ist auch bei solchen Massenerzeugnissen ein Muß.

Als Folge dieses Wettbewerbs können Sie im Supermarkt etwa eine Whirlpool-Waschmaschine mit halber Breite für 350 € kaufen. Damit kann Whirlpool gegen Samsung oder Panasonic "anstinken". Die Zweigstelle in Frankreich hat sich offenbar auf fleißigen Nachbau von Bauknecht eingestellt... und das ist zu wenig, um in diesem umkämpften Markt bestehen zu können.

Whirlpool kann sich vermutlich aussuchen, seine Investition in Frankreich zu versenken oder in Polen noch einige Jahre zu überleben und das eingesetzte Kapital zu verzinsen. Aus dieser Sicht ist der Plan von Frau LePen idiotisch. Enteignung ist ja schön und gut; nur muß sie den Eigentümer entschädigen. Der schnürt sein Bündel und seine Vorstellungen von Weißware und verschwindet sofort. Die Leute in der Fabrik bauen ihre Maschinen weiter, und Frau LePen übernimmt den Verkauf mit Hilfe der französischen Steuerzahler. Oder schließt die Zollgrenzen für Importe solcher Geräte. Dann wäscht die französische Hausfrau noch in 50 Jahren mit der Technik von 2017.

Aus meiner Sicht ist es vernünftiger, "Palettenware" dort herstellen zu lassen, wo sie günstig hergestellt werden kann, und die Entwicklung dort an zu siedeln, wo die Fachkräfte zur Verfügung stehen. Ein weiterer Weg wäre vielleicht, besonders erfolgreiche Massenprodukte auf vollautomatischen Fertigungsstraßen her zu stellen. Die werden dort aufgebaut, wo das notwendige Fachpersonal für Pflege und Betreuung der Fertigung verfügbar ist.

Klar, ein Land kann sich einigeln. Das hatten wir in Albanien mit ganz besonders schlimmen Folgen für die eingesperrten Menschen.

Frau LePen hat sich mit solchen Zusammenhängen nicht ernsthaft beschäftigt. Sie würde ihr Land in Windeseile gegen die Wand fahren, weil die in Frankreich hergestellten Waren sehr schnell nicht mehr zu verkaufen wären. Zollgrenzen wirken auch in beiden Richtungen.

Der europäische Ansatz ist der klügere... doch wohl der Grund für Herrn Macron, der Gemeinsamkeit und Offenheit in der EU das Wort zu reden, und der französischen Wirtschaft ein umfangreiches Modernisierungsprogramm angedeihen zu lassen mit der Kette Bildung, Ausbildung, Innovation, Firmengründungen und, und... Kurzerhand: Die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erreichen.

Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft auf allen Gebieten sollte man ihm anbieten, ganz so wie er es sich auch vorstellt. Wir Deutschen brauchen ein auch wirtschaftlich starkes und selbstbewußtes Frankreich als Herausforderung!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von DarkLightbringer »

unity in diversity hat geschrieben:(29 Apr 2017, 06:31)

Clinton war Establishment und Trump ist Establishment.
Genauso wie Macron und Le Pen.
Das Problem war, daß Clintons Wahlsieg lange vor den Wahlen feststand.
In Frankreich hört es sich auch so an.
Die Leute merken das und fragen sich, ob es schlimm wäre, den Ultraoptimisten eins auszuwischen, indem sie das Kreuz mal antizyklisch setzen.
Beides ist "antizyklisch", sowohl der Ultraoptimismus wie auch der Ultrapessimismus. Man könnte aber auch sagen, der Zyklus der rechtspopulistischen Welle werde mit Rutte und Macron gebrochen, dann wäre es antizyklisch. Oder man sieht einen Zyklus der liberalen Konsolidierungswelle zeitlich umfassender.... Es hängt letztlich vom Betrachter ab.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(29 Apr 2017, 01:17)

Ach so, Sie meinen diese 17seitige Grüne-Häkchen-Brochüre? Diese Schlagwortsammlung?

Bei mir hat es nur halb so viel Seiten wie bei Ihnen.

Alles platte Parolen. Unausgegorener Mist.

Großmäulig. Trumpesk.
In Ihren Bewertungen sind Sie immer wieder bemerkenswert treffsicher. Um wie viele Präsidentschaften haben Sie sich denn inzwischen erfolgreich beworben?
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

DarkLightbringer hat geschrieben:(29 Apr 2017, 09:27)

Beides ist "antizyklisch", sowohl der Ultraoptimismus wie auch der Ultrapessimismus. Man könnte aber auch sagen, der Zyklus der rechtspopulistischen Welle werde mit Rutte und Macron gebrochen, dann wäre es antizyklisch. Oder man sieht einen Zyklus der liberalen Konsolidierungswelle zeitlich umfassender.... Es hängt letztlich vom Betrachter ab.
Das Problem besteht darin, daß die Antiliberalen nach einer gewonnenen Wahl, kaum noch abgewählt werden können. Dazu basteln sich die Autokraten ein Wahlrecht zusammen, mit dem ihre Macht nur noch bestätigt werden kann. Siehe Konzept Erdowahn.
Ursache ist das vorherige Versagen der Liberalen, weil sie den Begriff Liberalismus immer enger ausgelegt haben.
Auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Das kann nicht gutgehen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von gegenkriegundgewalt »

@H2O: Das von Ihnen aufgezählte Programm ist mMn das typische neoliberale "Modernisierungsgeschwafel" um auf Umwegen folgendes zu erreichen: mehr Privatisierung, Drücken von Lohnkosten und Sozialabgaben und mehr Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt.
Denn auf mein entscheidendes Problem sind Sie nicht eingegangen: das wirtschaftliche und ökonomische Ungleichgewicht zwischen West- und Nordeuropa zu Süd-/Ost- und Südosteuropa. Dieses Ungleichgewicht - welches sich v.a. bei den Lohnkosten, Sozialabgaben und Arbeitsschutz widerspiegelt - wird zu immer mehr Verlagerung von Arbeitsplätzen und Produktionsstandorten in Billiländer führen, es sei denn, die westeuropäischen AN sind bereit immer weniger zu verdienen. Aber wo soll das endend? Ist es wirklich die einzige Alternative, unser Lohnniveau und die Arbeitsschutzstandards sukzessiv auf das Niveau Osteuropas senken, nur um wettbewerbsfähig zu bleiben!?! Langfristig sogar eine Absenkung auf das Niveau von Asien/Afrika, mit Ausnahme einiger hochbezahlter Ingenieure und Ärzte?

Und Ihr Bild von Frankreich ist mMn auch sehr einseitig. Es gibt viele viele Ökonomen die ein diferenzierteres Bild von der franz. Wirtschaft und Arbeitsmarktsituation ziehen, das deutlich positiver ist. Eins ist sicher, die Franzosen werden - zu Recht - nie und nimmer eine Agenda 2010 über sich ergehen lassen. Rentenniveau auf 48%, immer mehr Zeitarbeit, Teilzeit und Befristung. Und das bei gleichzeitig höchsten Sozialabgaben der Welt. Haha
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von Senexx »

gegenkriegundgewalt hat geschrieben:(29 Apr 2017, 10:00)

@H2O: Das von Ihnen aufgezählte Programm ist mMn das typische neoliberale "Modernisierungsgeschwafel" um auf Umwegen folgendes zu erreichen: mehr Privatisierung, Drücken von Lohnkosten und Sozialabgaben und mehr Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt.
Denn auf mein entscheidendes Problem sind Sie nicht eingegangen: das wirtschaftliche und ökonomische Ungleichgewicht zwischen West- und Nordeuropa zu Süd-/Ost- und Südosteuropa. Dieses Ungleichgewicht - welches sich v.a. bei den Lohnkosten, Sozialabgaben und Arbeitsschutz widerspiegelt - wird zu immer mehr Verlagerung von Arbeitsplätzen und Produktionsstandorten in Billiländer führen, es sei denn, die westeuropäischen AN sind bereit immer weniger zu verdienen. Aber wo soll das endend? Ist es wirklich die einzige Alternative, unser Lohnniveau und die Arbeitsschutzstandards sukzessiv auf das Niveau Osteuropas senken, nur um wettbewerbsfähig zu bleiben!?! Langfristig sogar eine Absenkung auf das Niveau von Asien/Afrika, mit Ausnahme einiger hochbezahlter Ingenieure und Ärzte?

Und Ihr Bild von Frankreich ist mMn auch sehr einseitig. Es gibt viele viele Ökonomen die ein diferenzierteres Bild von der franz. Wirtschaft und Arbeitsmarktsituation ziehen, das deutlich positiver ist. Eins ist sicher, die Franzosen werden - zu Recht - nie und nimmer eine Agenda 2010 über sich ergehen lassen. Rentenniveau auf 48%, immer mehr Zeitarbeit, Teilzeit und Befristung. Und das bei gleichzeitig höchsten Sozialabgaben der Welt. Haha
Sie werfen schon einige richtige Fragen auf, aber Ihre Gedanken sind ziemlich ungeordnet und widersprüchlich.

Gegen die Globalisierung im allgemeinen ist kein Kraut gewachsen. Sie ist nicht zu verhindern. Und gegen die Abwanderung von Arbeitsplätzen nach Osteuropa im Speziellen auch kaum. Es hilft also nicht, darüber zu jammern und zu glauben, man könnte das Rad einfach so zurückdrehen. Aber man muss dem nicht einfach tatenslos zusehen und die Hände in den Schoß legen und eine Politik treiben, die diese Prozesse auch noch befeuert. Man kann eine Menge tun und Maßnahmen entwickeln, die die Folgen abmildern und auch hierzulande neue Arbeitsplätze und Industrien schaffen. Dies ist eine längere Diskussion und nicht in ein paar Schlagworten abzuhandeln, weshalb ich hier an dieser Stelle auch gar nicht damit beginnen möchte.

Ja, die Franzosen haben die höchste Abgabenlast wahrscheinlich auf der Welt. Und nein, Frankreich liegt wirtschaftlich am Boden. Und beides hängt miteinander zusammen. Will Frankreich gesunden, muss es von der 35 Stunden-Woche weg, von der Pensionierung mit unter 60 usw. Aber weder Macron noch Le Pen sind dazu die Richtigen. Frankreich braucht viele Strukturreformen, angefangen vom Arbeitsmarkt, dem (Aus-)Bildungssystem.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

gegenkriegundgewalt hat geschrieben:(29 Apr 2017, 10:00)

@H2O: Das von Ihnen aufgezählte Programm ist mMn das typische neoliberale "Modernisierungsgeschwafel" um auf Umwegen folgendes zu erreichen: mehr Privatisierung, Drücken von Lohnkosten und Sozialabgaben und mehr Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt.
Denn auf mein entscheidendes Problem sind Sie nicht eingegangen: das wirtschaftliche und ökonomische Ungleichgewicht zwischen West- und Nordeuropa zu Süd-/Ost- und Südosteuropa. Dieses Ungleichgewicht - welches sich v.a. bei den Lohnkosten, Sozialabgaben und Arbeitsschutz widerspiegelt - wird zu immer mehr Verlagerung von Arbeitsplätzen und Produktionsstandorten in Billiländer führen, es sei denn, die westeuropäischen AN sind bereit immer weniger zu verdienen. Aber wo soll das endend? Ist es wirklich die einzige Alternative, unser Lohnniveau und die Arbeitsschutzstandards sukzessiv auf das Niveau Osteuropas senken, nur um wettbewerbsfähig zu bleiben!?! Langfristig sogar eine Absenkung auf das Niveau von Asien/Afrika, mit Ausnahme einiger hochbezahlter Ingenieure und Ärzte?

Und Ihr Bild von Frankreich ist mMn auch sehr einseitig. Es gibt viele viele Ökonomen die ein diferenzierteres Bild von der franz. Wirtschaft und Arbeitsmarktsituation ziehen, das deutlich positiver ist. Eins ist sicher, die Franzosen werden - zu Recht - nie und nimmer eine Agenda 2010 über sich ergehen lassen. Rentenniveau auf 48%, immer mehr Zeitarbeit, Teilzeit und Befristung. Und das bei gleichzeitig höchsten Sozialabgaben der Welt. Haha
Sind für Sie die Menschen Mitteleuropas (Osteuropa liegt bei Ihnen wo?) Menschen, die sich nie aus ihrer unverschuldeten Armut heraus arbeiten dürfen? Mir ist klar, daß diesen Menschen das nur gelingt, wenn wir sie an unserer Wirtschaft beteiligen, sie Waren und Dienstleistungen erzeugen lassen, die überall verkauft werden können. Das bißchen Querfinanzierung über europäische Regionalfonds kann dies nicht leisten, obwohl auch das schon hilft, vor Ort die Lebensbedingungen zu verbessern. Eine Studienreise nach Polen sei Ihnen empfohlen!

Dort steigt der Wohlstand allmählich an, so daß man dort französischen Wein, französischen Käse bei Lidl, Netto und Intermarché kaufen kann, französische Autos zum Straßenbild gehören.

Ich finde es ziemlich daneben, aus dieser notwendigen Entwicklung eine europäische Schieflage ab zu leiten. Das ist der Hintergrund von "La France d'abord!" und "America first!".

Das Ziel unseres europäischen Projekts ist doch wohl, überall in Europa ungefähr gleiche Lebenschancen durch Arbeit und Leistung herbei zu führen, damit unsere Gemeinschaft in wenigen Jahrzehnten wirtschaftlich überhaupt noch wahrgenommen wird. Andere wiederum sehen unsere Sicherheit als wesentlichen Antrieb. Auch das ist sicher richtig.

Diese Ziele kommen nur durch verständige Zusammenarbeit in Reichweite. Das hat Herr Macron auch erkannt, und er hat wesentliche Felder der französischen Aufholjagd benannt, mit vielen kleinen Stellschrauben, Feld für Feld. Am Ende jeden Jahres seiner Präsidentschaft sollen die Mitbürger mit ihm zusammen den Erfüllungsgrad dieser Maßnahmen überprüfen. Das Vorgehen nötigt mir Respekt ab... und ich sehe sehr zustimmend, daß Herr Macron ganz besonders die Zusammenarbeit mit uns Deutschen sucht. Diesen Ball sollten wir mit Freuden annehmen, um das europäische Projekt zum Gelingen zu führen.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

H2O hat geschrieben:(29 Apr 2017, 10:37)

Sind für Sie die Menschen Mitteleuropas (Osteuropa liegt bei Ihnen wo?) Menschen, die sich nie aus ihrer unverschuldeten Armut heraus arbeiten dürfen? Mir ist klar, daß diesen Menschen das nur gelingt, wenn wir sie an unserer Wirtschaft beteiligen, sie Waren und Dienstleistungen erzeugen lassen, die überall verkauft werden können. Das bißchen Querfinanzierung über europäische Regionalfonds kann dies nicht leisten, obwohl auch das schon hilft, vor Ort die Lebensbedingungen zu verbessern. Eine Studienreise nach Polen sei Ihnen empfohlen!

Dort steigt der Wohlstand allmählich an, so daß man dort französischen Wein, französischen Käse bei Lidl, Netto und Intermarché kaufen kann, französische Autos zum Straßenbild gehören.

Ich finde es ziemlich daneben, aus dieser notwendigen Entwicklung eine europäische Schieflage ab zu leiten. Das ist der Hintergrund von "La France d'abord!" und "America first!".

Das Ziel unseres europäischen Projekts ist doch wohl, überall in Europa ungefähr gleiche Lebenschancen durch Arbeit und Leistung herbei zu führen, damit unsere Gemeinschaft in wenigen Jahrzehnten wirtschaftlich überhaupt noch wahrgenommen wird. Andere wiederum sehen unsere Sicherheit als wesentlichen Antrieb. Auch das ist sicher richtig.

Diese Ziele kommen nur durch verständige Zusammenarbeit in Reichweite. Das hat Herr Macron auch erkannt, und er hat wesentliche Felder der französischen Aufholjagd benannt, mit vielen kleinen Stellschrauben, Feld für Feld. Am Ende jeden Jahres seiner Präsidentschaft sollen die Mitbürger mit ihm zusammen den Erfüllungsgrad dieser Maßnahmen überprüfen. Das Vorgehen nötigt mir Respekt ab... und ich sehe sehr zustimmend, daß Herr Macron ganz besonders die Zusammenarbeit mit uns Deutschen sucht. Diesen Ball sollten wir mit Freuden annehmen, um das europäische Projekt zum Gelingen zu führen.
Ich empfehle den Duracellhasen, ihre allzu euphorische Haltung solange zu verbergen, bis die Wahl gelaufen ist.
Um Unheil vom französischen Volke abzuwenden.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

unity in diversity hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:18)

Ich empfehle den Duracellhasen, ihre allzu euphorische Haltung solange zu verbergen, bis die Wahl gelaufen ist.
Um Unheil vom französischen Volke abzuwenden.
Das Gegenteil ist richtig: Klar sagen, was gemeint ist. Unsere französischen Nachbarn sollen wissen, was folgen wird, wenn Frau LePen wider Erwarten die Wahl gewinnen sollte.

Für unsere britischen Nachbarn beginnt das Theater jetzt schon.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

H2O hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:24)

Das Gegenteil ist richtig: Klar sagen, was gemeint ist. Unsere Nachbarn sollen wissen, was folgen wird, wenn Frau LePen wider Erwarten die Wahl gewinnen sollte.
Diesen Wahlwerbespot, für Le Pen, präsentierte Ihnen seine Wässrigkeit, H2O.
Zuletzt geändert von unity in diversity am Sa 29. Apr 2017, 11:42, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

unity in diversity hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:28)

Diesen Wahlwerbespot für Le Pen präsentierte Ihnen seine Wässrigkeit H2O.
Sie verfügen über einen unnachahmlichen Humor :) und das ist auch gut so!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

H2O hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:31)

Sie verfügen über einen unnachahmlichen Humor :) und das ist auch gut so!
Humor kann eventuell mehr verändern, als es sich die Regierigen vorstellen können.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von gegenkriegundgewalt »

@ H2o: ich musste doch leicht Schmunzeln. Sie stellen den von Deutschland seit 2004 eingeschlagenen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Weg durchweg positiv dar.

Vor kurzem durfte ich folgenden Artikel auf welt.de lesen: selbst der Direktor des Arbeitgebernahen Instituts DIW musste zugeben, dass seit 2000 die Mittelschicht von 53% auf 47% geschrumpft ist, und das, obwohl seit 2004 Millionen Jobs geschaffen worden sind. Um diese katastrophale Erodierung zu verdeutlichen, möchte ich hervorheben, dass laut DIW die deutsche Mittelschicht schon ab 1400 Netto anfängt.
Der Abbau des gesetzlichen Renteniveaus von 1990 bis heute von fast 20%, sollte durch betriebliche und private Altersvorsorge abgefedert werden (da hat die Versicherungswirtschaft ganze Lobbyarbeit geleistet). Resultat?
Hier die folgenden Zahlen der Rentenbestandsstatistik des Sozialministeriums:

Unter 300€ Rente: ca. 3.8 Millionen Renter und ingesamt ca 10 Millionen Renter die unter 1000€ Rente kassieren.

Stand heute muss man KONSTANT 3000€ über 30 Jahre verdienen, um eine Rente auf Mindestsicherungsniveau zu beziehen und 45 Jahre lang konstant 4500€ um eine Rente Ihv 2000€ zu bekommen. Ich möchte noch einmal hervorheben, dass die deutsche Mittelschicht schon ab 1400€ netto anfängt und nur noch 47% der Arbeitnehmer umfasst. Übrigens: in Deutschland beziehen gerade mal 10.000 Personen eine gesetzliche Rente von 2000€ oder mehr.
Das sind katastrophale Werte, v.a. wenn man bedenkt, dass in Deutschland die Steuer- und Abgabenlast mit Belgien am höchsten liegt.

Untersuchungen von PWC zufolge nutzen 43 Prozent der Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung. An zweiter Stelle folgen die Riester-Rente. VOn denjenigen, die eine betriebliche Atersvosroge betreiben, bekommt der Großteil weniger als 300€ ausgezahlt. Und die Sätze der Riester-Rente sind bekannt.

Schauen Sie, ich sehe dies alles nicht so toll und rosig wie Sie. Und ich habe meine Berechtigung.
Zuletzt geändert von gegenkriegundgewalt am Sa 29. Apr 2017, 11:53, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von pikant »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Apr 2017, 16:11)

Ein wirklicher Bürokratieabbau wäre wirklich gut und auch machbar. Gerade Gründern werden heutzutage zu viele Vorgaben und Vorschriften gemacht. Und Gründer müssen gefördert werden. Nicht die industriellen Dinosaurier der Vergangenheit.
das sehe ich auch so!
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von unity in diversity »

pikant hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:47)

das sehe ich auch so!
Womit wollt ihr künftig eure Smartphones bezahlen, wenn ihr euch nur noch gegenseitig Pizzas, Zeitungabbos und Versicherungen andreht?
Kann so eine "Volkswirtschaft" echt existieren und sich auf dem Weltmarkt behaupten?
Zuletzt geändert von unity in diversity am Sa 29. Apr 2017, 11:58, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von gegenkriegundgewalt »

pikant hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:47)

das sehe ich auch so!
Das werden sie doch! zB dürften Gründer 4 Jahre lang ohne gesetzliche Höchstanzahl einen AN sachgrundlos befristen. Langzeitarbeitslose (ab 6 Monate) haben für einen längeren Zeitraum keinen ANspruch auf den Mindestlohn etc. pp. Das Problem ist, dass diese Startups meistens aus 1-2 Leuten bestehen, die davon leben können und der große Rest prekär beschäftigt ist oder als "Volontariat" bzw Praktikant dort arbeitet. Die größte ANzahl dieser "Start Ups" schafft keine große ANzahl an Arbeitsplätzen und v.a. keine ordentliche bazhlten.
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Re: Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich (Stichwahl)

Beitrag von H2O »

gegenkriegundgewalt hat geschrieben:(29 Apr 2017, 11:46)

@ H2o: ich musste doch leicht Schmunzeln. Sie stellen den von Deutschland seit 2004 eingeschlagenen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Weg durchweg positiv dar.
...
Schauen Sie, ich sehe dies alles nicht so toll und rosig wie Sie. Und ich habe meine Berechtigung.
Beide Sichtweisen sind durch die Meinungsfreiheit und die Bewertung von Beobachtungen möglich. Vielleicht ist mein Glas schon halb voll, Ihr Glas leider halb leer.

Wesentlich bleibt für mich, daß unsere beiden Regierungen sehr ernsthaft eine Zusammenarbeit anstreben und sie sich aufeinander einlassen. Eine Einbahnstraße darf das nicht sein... Geben und Nehmen, und immer mit Wohlwollen auf beiden Seiten.
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