Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

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Teeernte
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Teeernte »

DarkLightbringer hat geschrieben:(05 Nov 2016, 12:58)

Die Nazis kamen von der Straße und schrien alles nieder. Ein anderes historisches Beispiel ist der französische Nationalkonvent, dessen Begünstigung von Demagogie schließlich zur Terrorherrschaft unter Danton und Robespierre führte.

"Die Leute" sind in Stimmungslagen kurzfristig zu unbedachten Emotionen fähig, insbesondere, wenn sie von Agitatoren aufgehetzt werden. Das zeigt doch die Geschichte. Die Wahl von Vertrauenspersonen setzt stets mehr Überlegung voraus, da das Mandat über Jahre geht und die Verhandlungsführung beauftragt wird, nicht aber Ergebniskonstruktionen. Gerade das parlamentarische System setzt den aufmerksamen Bürger voraus, nicht aber die Tumbheit auf Zuruf.
Die schweizerische Neutralität unterscheidet sich von jeder anderen. Sie ist für die Schweiz eine der wesentlichsten Voraussetzungen des Friedens im Innern und damit der Unabhängigkeit des Landes, das so viele nach Sprache und Kultur verschiedenartige Bestandteile in sich vereinigt. (…) Die Erhaltung dieser seit Jahrhunderten bestehenden Institution ist aber auch für ganz Europa nicht weniger wertvoll als für die Schweiz selbst. (…) Die Neutralität hat in der Schweiz während Jahrhunderten Stämme verschiedener Abkunft, Sprache und Konfession zu einer Einheit zusammengefasst.»
Natürlich wird es Versuche geben - sowas in den Dreck zu ziehen...
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von DarkLightbringer »

Teeernte hat geschrieben:(05 Nov 2016, 21:21)

Natürlich wird es Versuche geben - sowas in den Dreck zu ziehen...
Die Schweiz ist ein gutes Beispiel, denn gerade dort ist die rechtspopulistische SVP dabei, den traditionellen Konsens zu zerstören. Die idyllische Heidi-Schweiz wird es womöglich bald gar nicht mehr geben. Die SVP nutzt Kampagnen, um zu polarisieren, zu spalten und die Themen zu bestimmen. Das gelingt, obwohl sie Abstimmungen auch verliert.

Zweitens. Das Schweizer Inselbewußtsein der Glückseligkeit resultiert aus der Sicherheitsarchitektur ihrer Umgebung. Die Umgebung aber kann sich nicht verpuppen. Das wäre so, als schlösse man sich in einen Käfig ein und erklärte den Außenraum zum Innenraum. Dann wäre man subjektiv frei und sicher.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Teeernte »

DarkLightbringer hat geschrieben:(06 Nov 2016, 08:15)

1.Die Schweiz ist ein gutes Beispiel, denn gerade dort ist die rechtspopulistische SVP dabei, den traditionellen Konsens zu zerstören. Die idyllische Heidi-Schweiz wird es womöglich bald gar nicht mehr geben. Die SVP nutzt Kampagnen, um zu polarisieren, zu spalten und die Themen zu bestimmen. Das gelingt, obwohl sie Abstimmungen auch verliert.

2.Zweitens. Das Schweizer Inselbewußtsein der Glückseligkeit resultiert aus der Sicherheitsarchitektur ihrer Umgebung. Die Umgebung aber kann sich nicht verpuppen. Das wäre so, als schlösse man sich in einen Käfig ein und erklärte den Außenraum zum Innenraum. Dann wäre man subjektiv frei und sicher.
1. Die sind innerhalb des Recht-staates ?

2.Die Nachbarn Deutschlands rüsten gegen D ?

...Schweizer müssen nicht die Heimat in Afghanistan retten.....oder gegen Russland reiten...
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von DarkLightbringer »

Teeernte hat geschrieben:(06 Nov 2016, 10:40)

1. Die sind innerhalb des Recht-staates ?
Der Rechtsstaat schließt eine schlechte Politik nicht aus.
2.Die Nachbarn Deutschlands rüsten gegen D ?

...Schweizer müssen nicht die Heimat in Afghanistan retten.....oder gegen Russland reiten...
Europa ist mittlerweile von einem Gürtel der Krisen und Konflikte umgeben. In dieser Situation die Außenpolitik des Karibikstaates Tuvalu zu bertreiben, wäre fatal. Das nur als Beispiel. Der Blick auf Schloß Neuschwanstein ist schön, bildet aber kaum die Realitäten ab.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Teeernte »

DarkLightbringer hat geschrieben:(06 Nov 2016, 11:45)

1.Der Rechtsstaat schließt eine schlechte Politik nicht aus.


2.Europa ist mittlerweile von einem Gürtel der Krisen und Konflikte umgeben. In dieser Situation die Außenpolitik des Karibikstaates Tuvalu zu bertreiben, wäre fatal. Das nur als Beispiel. Der Blick auf Schloß Neuschwanstein ist schön, bildet aber kaum die Realitäten ab.
1. IST Teil der Demokratie. ....diesen durch "Pädagogen" abzuschwächen - ist Faschismus.

2. Diese Konflikte sollten nicht durch Mitwirkung vergrössert werden... Gewalt - wenn die Politik verliert.

Was nutzt ein "Flächengewinn" ?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von DarkLightbringer »

Teeernte hat geschrieben:(06 Nov 2016, 16:07)

1. IST Teil der Demokratie. ....diesen durch "Pädagogen" abzuschwächen - ist Faschismus.
Der "Marsch auf Rom" war faschistisch, nicht das Parlament.
2. Diese Konflikte sollten nicht durch Mitwirkung vergrössert werden... Gewalt - wenn die Politik verliert.
Was nutzt ein "Flächengewinn" ?
Flüchtlingskrise, Ausbreitung des IS.... alles kein Problem, wenn man nur fest nach Tuvalu blickt?

Es geht im übrigen nicht um "Flächengewinn", sondern um Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Teeernte »

DarkLightbringer hat geschrieben:(06 Nov 2016, 16:37)

1.Der "Marsch auf Rom" war faschistisch, nicht das Parlament.


2.Flüchtlingskrise, Ausbreitung des IS.... alles kein Problem, wenn man nur fest nach Tuvalu blickt?

Es geht im übrigen nicht um "Flächengewinn", sondern um Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.
1.
Die Faschisten hatten die Gunst der Stunde genutzt und durch entschlossenes Auftreten den Eindruck einer äußersten Entschlossenheit erweckt, die vielleicht berechtigt war, aber aufgrund der schlechten Ausrüstung der Squadristen einem entschlossenen Einschreiten seitens der Armee kaum standgehalten hätte.
2. Mach nie die Tür auf...

[youtube][/youtube]
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

Bürgerentscheid in Münster gegen verkaufsoffene Samstage.

Nötiges Quorum wie von SPD und Grünen durchgesetzt: 20%. Wurde mit ca. 22% knapp erreicht, 53% der abgegebenen Stimmen dann gegen Sonntagsöffnung.

http://www.rp-online.de/nrw/panorama/bu ... -1.6378006

Ca. 12% der Wahlberechtigten entscheiden damit für den Rest. DAS soll Demokratie sein? Da zeigt sich höchstens, wer in der Lage war eine bestimmte Gruppe von Menschen zu mobilisieren. Minderheiten entscheiden gegen die Mehrheit der Menschen, das ist die Konsequenz.
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von jorikke »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 00:35)

Bürgerentscheid in Münster gegen verkaufsoffene Samstage.

Nötiges Quorum wie von SPD und Grünen durchgesetzt: 20%. Wurde mit ca. 22% knapp erreicht, 53% der abgegebenen Stimmen dann gegen Sonntagsöffnung.

http://www.rp-online.de/nrw/panorama/bu ... -1.6378006

Ca. 12% der Wahlberechtigten entscheiden damit für den Rest. DAS soll Demokratie sein? Da zeigt sich höchstens, wer in der Lage war eine bestimmte Gruppe von Menschen zu mobilisieren. Minderheiten entscheiden gegen die Mehrheit der Menschen, das ist die Konsequenz.
Wer sich für ein Thema engagiert hat im Zweifelsfall immer bessere Chancen als die indifferente Mehrheit.
Ich habe das auch immer für den größten Nachteil von Bürgerentscheiden/Volksabstimmungen gehalten.
Zwischenzeitlich habe ich aber meine Meinung geändert.
Wenn Gruppen aufeinander treffen, bei der die eine ein Anliegen vertritt, der anderen dieses Anliegen weitgehend egal ist, kann man das nicht nur zahlenmäßig werten.
Erstens trifft da, unabhängig von den Zahlen auch Qualität auf Dumpfheit und zweitens ist es nicht ganz redlich, so zu tun, als wäre die zahlenmäßige Mehrheit automatisch dagegen.
Immerhin besteht für die, die ein Anliegen durchsetzen wollen, die Chance einer gewissen "Manipulierbarkeit" indem sie Desinteresse ins Kalkül nehmen.
Letztlich aber sind Bürgerbegehren usw. aber ein Wert an sich. Die große Chance dadurch der Politik das Phlegma auszutreiben ist weit mehr wert als mögliche, etwas schräge Ergebnisse.
odiug

Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von odiug »

jorikke hat geschrieben:(07 Nov 2016, 09:14)

Wer sich für ein Thema engagiert hat im Zweifelsfall immer bessere Chancen als die indifferente Mehrheit.
Ich habe das auch immer für den größten Nachteil von Bürgerentscheiden/Volksabstimmungen gehalten.
Zwischenzeitlich habe ich aber meine Meinung geändert.
Wenn Gruppen aufeinander treffen, bei der die eine ein Anliegen vertritt, der anderen dieses Anliegen weitgehend egal ist, kann man das nicht nur zahlenmäßig werten.
Erstens trifft da, unabhängig von den Zahlen auch Qualität auf Dumpfheit und zweitens ist es nicht ganz redlich, so zu tun, als wäre die zahlenmäßige Mehrheit automatisch dagegen.
Immerhin besteht für die, die ein Anliegen durchsetzen wollen, die Chance einer gewissen "Manipulierbarkeit" indem sie Desinteresse ins Kalkül nehmen.
Letztlich aber sind Bürgerbegehren usw. aber ein Wert an sich. Die große Chance dadurch der Politik das Phlegma auszutreiben ist weit mehr wert als mögliche, etwas schräge Ergebnisse.
Das Phlegma der Politik ist ja der Wurstigkeit ihrer Waehler geschuldet.
Das ist ja auch schon ein Volksentscheid.
Das Phlegma ist eigentlich ein guter Indikator fuer die Dringlichkeit von Problemen.
Daher sollten fuer Volksentscheide auf Bundesebene, wenn sei denn sein muessen, sehr hohe Huerden bestehen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von jorikke »

odiug hat geschrieben:(07 Nov 2016, 09:21)

Das Phlegma der Politik ist ja der Wurstigkeit ihrer Waehler geschuldet.
Das ist ja auch schon ein Volksentscheid.
Das Phlegma ist eigentlich ein guter Indikator fuer die Dringlichkeit von Problemen.
Daher sollten fuer Volksentscheide auf Bundesebene, wenn sei denn sein muessen, sehr hohe Huerden bestehen.
Ich habe unklar formuliert. Gemeint war nicht das Phlegma der Politiker sondern das Phlegma und Desinteresse der Wähler an der Politik.
Ich fände es wünschenswert die Menschen wieder mehr zu interessieren und einzubeziehen. Dafür können Bürgerinitiativen ein Weg sein.
Ansonsten, in der Bundespolitik hohe Hürden, nach unten abnehmend.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

odiug hat geschrieben:(07 Nov 2016, 09:21)

Daher sollten fuer Volksentscheide auf Bundesebene, wenn sei denn sein muessen, sehr hohe Huerden bestehen.
Korrekt.

Und wenn diese Hürden nicht überwunden werden, ist das Interesse für die entsprechende Fragestellung zu gering.
Wenn also diese Hürden nicht überwunden werden, verbleibt die Entscheidung wie gehabt dem Parlament.

Die Hürde müsste sich aber in erster Linie an der Teilnahmequote richten,
bei eventuellen GG Änderungen natürlich zusätzlich an einer erhöhten Zustimmungsquote.

Das Volk hätte aber eben die Möglichkeit, bei entsprechenden gegenteiligen "Vokswillen" gegenzusteuern.
Das Parlamant kann einer drohenden Voksabstimmung dagegen durch entsprechenden "Vorvollzug" im Parlament gegensteuern.

DIe entsprechenden Gegner einer konkreten Volksabstimmung würden dagegen alleine durch NICHT-Teilnahme
Ihrer Stimme Ausdruck verleihen. Und es somit dem Parlament überlassen.

mfg
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 00:35)

Ca. 12% der Wahlberechtigten entscheiden damit für den Rest. DAS soll Demokratie sein? Da zeigt sich höchstens, wer in der Lage war eine bestimmte Gruppe von Menschen zu mobilisieren. Minderheiten entscheiden gegen die Mehrheit der Menschen, das ist die Konsequenz.
und ?

Alle hatten die Möglichkeit, mitzuentscheiden.
Minderheiten entscheiden GEGEN die Mehrheit ?
Wenn überhaupt müsste es heissen, entscheiden ÜBER die Mehrheit.
Im Parlamant entscheidet ja IMMER eine Minderheit von 600 Menschen über die Mehrheit von 65 Millionen. ;)



Und wenn bei Kommunalwahlen mit Wahlbeteiligungen von 45 Prozent eine relative Mehrheit
von 38 Prozent im Stadtparlament das sagen hat, wird es doch auch gesellschaftlich akzeptiert.

Oder wenn im Bundestag 100 Abgeordnete über irgendetwas abstimmen,
und die anderen 500 nicht einmal dabei sind, wird es doch ebenfalls akzeptiert.

ICH sehe da überhaupt kein Problem. :)

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 00:35)

Ca. 12% der Wahlberechtigten entscheiden damit für den Rest. DAS soll Demokratie sein?
Sicher ist das Demokratie oder wurde jemand davon abgehalten, seine Stimme abzugeben? Den restlichen 88% war es wohl schlichtweg egal, ob die Geschäfte Sonntags geöffnet haben oder nicht.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:21)

Sicher ist das Demokratie oder wurde jemand davon abgehalten, seine Stimme abzugeben? Den restlichen 88% war es wohl schlichtweg egal, ob die Geschäfte Sonntags geöffnet haben oder nicht.
Was nur unterstreicht, dass solche Bürgerentscheide kleinen aktiven Minderheiten die Möglichkeit geben, ihre Agenda durchzusetzen. Mit "Volkswillen" und Demokratie hat das bei so geringen Beteiligungsquoten schlicht nichts zu tun.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:29)

Was nur unterstreicht, dass solche Bürgerentscheide kleinen aktiven Minderheiten die Möglichkeit geben, ihre Agenda durchzusetzen.
Wieso? Es wird doch niemand davon abgehalten, seine Stimme abzugeben.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:46)

Wieso? Es wird doch niemand davon abgehalten, seine Stimme abzugeben.
Das reicht aber nicht als Begründung dafür, warum eine Entscheidung, die durch 11% der Bürger getroffen wird angeblich als demokratisch gelten soll. Es ist halt Fakt, dass Aktivisten es einfacher haben, Leute zu motivieren zu einer Abstimmung zu gehen, für "ihr" Thema. Menschen haben keine Lust alle 4 Wochen für irgendwas an die Urnen zu gehen. Solche Abstimmungen begünstigen schlicht Minderheiten in der Durchsetzung ihrer Agenda. Das kann man nur mit angemessen hohen Quoren verhindern. Die 20%, die rotgrün in NRW durchgesetzt haben sind ein Hohn, die Ergebnisse haben nichts mit "Volkswillen" zu tun.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:29)

Was nur unterstreicht, dass solche Bürgerentscheide kleinen aktiven Minderheiten die Möglichkeit geben, ihre Agenda durchzusetzen. Mit "Volkswillen" und Demokratie hat das bei so geringen Beteiligungsquoten schlicht nichts zu tun.
Doch, hat es .... und zwar gibt "das Volk" dann ein eindeutiges Votum ab: Es will nicht wählen.
Solange es die Möglichkeit gibt, Einfluss zu nehmen, diese Möglichkeit aber nicht nutzt, kann man das Ergebnis eines Votums nicht benörgeln.

Was heisst das?
Richtig, man muss sich dann um jedes Thema, was bei einem Entscheid auf dem Tisch liegt, auch selbst kümmern, um nämlich kompetent entscheiden zu können.
Und genau dort sehe ich den Knackpunkt beim Thema direkte Demokratie:
Eine grosse Fresse zu haben, dies oder das viel besser zu wissen und viel besser machen zu können, ist schnell mal gemacht.
Aber was ist mit dem Übernehmen der Verantwortung bei Fehlentscheidungen? Tritt das Volk dann selbst zurück?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von jorikke »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:29)

Was nur unterstreicht, dass solche Bürgerentscheide kleinen aktiven Minderheiten die Möglichkeit geben, ihre Agenda durchzusetzen. Mit "Volkswillen" und Demokratie hat das bei so geringen Beteiligungsquoten schlicht nichts zu tun.
Dadurch, dass die Mehrheit an der Abstimmung nicht teilnimmt, akzeptiert sie per se das Ergebnis.
...das ist absolut demokratisch, auch Demokratie kann man lernen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:50)

Das reicht aber nicht als Begründung dafür, warum eine Entscheidung, die durch 11% der Bürger getroffen wird angeblich als demokratisch gelten soll.
Weil es die Mehrheit so gewollt hat und niemand davon abgehalten wurde, seine Stimme abzugeben.
Es ist halt Fakt, dass Aktivisten es einfacher haben, Leute zu motivieren zu einer Abstimmung zu gehen, für "ihr" Thema.
Wenn 88% der Leute keiner Meinung zu einem Thema haben, ist das doch auch ok. Und es hindert ja auch niemand die Gegenaktivisten daran, ihre eigenen Leute zu motivieren.
Menschen haben keine Lust alle 4 Wochen für irgendwas an die Urnen zu gehen.
Das ließe sich ja einem Gesetz regulieren, wie oft solche Entscheide gemacht werden.
Solche Abstimmungen begünstigen schlicht Minderheiten in der Durchsetzung ihrer Agenda.
Soweit die Behauptung, der schlüssige Beweis steht noch aus.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:55)

Doch, hat es .... und zwar gibt "das Volk" dann ein eindeutiges Votum ab: Es will nicht wählen.
Solange es die Möglichkeit gibt, Einfluss zu nehmen, diese Möglichkeit aber nicht nutzt, kann man das Ergebnis eines Votums nicht benörgeln.

Was heisst das?
Richtig, man muss sich dann um jedes Thema, was bei einem Entscheid auf dem Tisch liegt, auch selbst kümmern, um nämlich kompetent entscheiden zu können.
Und genau dort sehe ich den Knackpunkt beim Thema direkte Demokratie:
Eine grosse Fresse zu haben, dies oder das viel besser zu wissen und viel besser machen zu können, ist schnell mal gemacht.
Aber was ist mit dem Übernehmen der Verantwortung bei Fehlentscheidungen? Tritt das Volk dann selbst zurück?
Warum können aktive Minderheiten dann die Mehrheit dazu nötigen, alle Naselang zu irgendwelchen Abstimmungen gehen zu müssen, um Nonsens zu verhindern? Die gestellten JA/Nein Fragen werden auch oft genug der Realität gar nicht gerecht, führt zu unterkomplexen Entscheidungen. Wir haben aus gutem Grund eine repräsentative Demokratie. Da gehen dann tatsächlich die Leute zur Wahl und wählen diejenigen, die dann sinnvolle Entscheidungen treffen können.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:55)

Aber was ist mit dem Übernehmen der Verantwortung bei Fehlentscheidungen? Tritt das Volk dann selbst zurück?
Das Volk trägt immer alle Verantwortung, vor allen Dingen muss es mit den Folgen von Fehlentscheidungen leben, sei es finanziell oder gesellschaftlich. Der Politiker tritt einfach zurück und das war es dann auch schon, Knast oder Geldstrafe droht da ja nicht.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:04)

Warum können aktive Minderheiten dann die Mehrheit dazu nötigen, alle Naselang zu irgendwelchen Abstimmungen gehen zu müssen, um Nonsens zu verhindern? Die gestellten JA/Nein Fragen werden auch oft genug der Realität gar nicht gerecht, führt zu unterkomplexen Entscheidungen. Wir haben aus gutem Grund eine repräsentative Demokratie. Da gehen dann tatsächlich die Leute zur Wahl und wählen diejenigen, die dann sinnvolle Entscheidungen treffen können.
Ja, sehe ich doch auch so.
Das Problem ist eben, dass sich offensichtlich immer mehr Menschen vom Angebot der Entscheidungsträger nicht ( mehr ) vertreten fühlen und deshalb resignieren oder tatsächlich Nicht - Wählen als Protest verstehen.
Somit verschiebt sich die Entscheidungsverantwortung immer mehr auf einen kleineren Kreis. Ich finde das höchst gefährlich ....
Mittlerweile hat die AfD "Überraschung" wenigstens dazu geführt, dass die sog. Etablierten wenigstens beginnen, mal wieder ihre politische Eigenständigkeit zu entdecken ...
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:06)

Das Volk trägt immer alle Verantwortung, vor allen Dingen muss es mit den Folgen von Fehlentscheidungen leben, sei es finanziell oder gesellschaftlich. Der Politiker tritt einfach zurück und das war es dann auch schon, Knast oder Geldstrafe droht da ja nicht.
Ja, das habe ich ja schon zig male kritisiert, dass Verantwortlichkeit nicht mit "Verantwortung tragen" einhergeht.
Das Problem ist aber dabei, dass die tatsächlichen Verantwortlichkeiten im Dunkeln liegen ..... "Deutsche Politik" wird praktisch nicht in Deutschland entschieden, sondern wird bestimmt von "Sachzwängen", welche von Lobbys global generiert werden.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:04)

Warum können aktive Minderheiten dann die Mehrheit dazu nötigen, alle Naselang zu irgendwelchen Abstimmungen gehen zu müssen, um Nonsens zu verhindern?
Wird das denn zB. in der Schweiz so gemacht? Müssen die Schweizer alle naselang (von welchem Zeitraum sprechen wir hier ungefähr?) abstimmen, um Nonsens zu verhindern?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:25)

"Deutsche Politik" wird praktisch nicht in Deutschland entschieden, sondern wird bestimmt von "Sachzwängen", welche von Lobbys global generiert werden.
:D Echt jetzt?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:26)

Wird das denn zB. in der Schweiz so gemacht? Müssen die Schweizer alle naselang (von welchem Zeitraum sprechen wir hier ungefähr?) abstimmen, um Nonsens zu verhindern?
Ja, müssen sie. Grundeinkommen, Minarettverbot, Ausländereinreisebegrenzung.

Allein dieses Jahr 13 Abstimmungen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der ... .932019.29

Und während man da bei einer Beteiligung von über 40% zumindest noch davon reden kann, dass hier tatsächlich ein Grossteil der Bevölkerung dabei ist, ist das bei einem Quorum von 20% wie in NRW eben nicht gesichert, das führt dazu, dass kleine Minderheiten am Ende ihre Agenda gegen die Mehrheit durchsetzen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:28)

:D Echt jetzt?
Ja, was sonst?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von DarkLightbringer »

Teeernte hat geschrieben:(06 Nov 2016, 16:50)

1.
Ja also, die Stürmer waren faschistisch, nicht das Parlament. Mag ja sein, dass die Stunde günstig war.
2. Mach nie die Tür auf...

[youtube][/youtube]
Da würde ich mich mal mit der Isolationismus-Debatte in den USA der 1930-er Jahre befassen.
Mangels anderer Druckmittel rief Roosevelt im November 1935 zu einem "moralischen Embargo" allen Handels mit Italien auf. Diesem Aufruf schloß sich auch der Völkerbund an. Es sollte die letzte nennenswerte Aktion dieses internationalen Gremiums gewesen sein. Italien beendete ungerührt seinen ungleichen Angriffskrieg in Äthiopien, ohne daß etwas Entscheidendes dagegen unternommen werden konnte.
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servl ... pdf?hosts=
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Nele28 »

Der Bürger und Wähler ist der eigentliche Souverän im Staate. Wer Bürgerentscheide verhindern will, befördert den Weg in eine Scheindemokratie, weil die Politiker wohl Angst haben, die Ergebnisse könnten nach ihrem Gusto nicht passen. Dabei haben die Volksvertreter wohl ein massives Problem, den Bürgern richtig aufzuklären und ihnen sachliche Informationen zukommen zu lassen.
Bei Politikerbefragungen treten erstaunliche Mängel zu Tage. Und genau die wollen Bürgerbefragungen verhindern.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:30)

Allein dieses Jahr 13 Abstimmungen.
Bei bisher VIER Terminen im Jahr. Das ist wirklich nicht zumutbar, oder wie?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:39)

Ja, was sonst?
Der Aluhut glüht :D
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Fazer »

Nele28 hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:44)

Der Bürger und Wähler ist der eigentliche Souverän im Staate. Wer Bürgerentscheide verhindern will, befördert den Weg in eine Scheindemokratie, weil die Politiker wohl Angst haben, die Ergebnisse könnten nach ihrem Gusto nicht passen. Dabei haben die Volksvertreter wohl ein massives Problem, den Bürgern richtig aufzuklären und ihnen sachliche Informationen zukommen zu lassen.
Bei Politikerbefragungen treten erstaunliche Mängel zu Tage. Und genau die wollen Bürgerbefragungen verhindern.
Wer Quoren von 20% zulässt, der untergräbt jede Glaubwürdigkeit und jeden Anspruch von Bürgerentscheiden auf das Aufzeigen von "Volkswillen". Das endet dann in der Durchsetzung von Minderheitsideen.
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:48)

Das endet dann in der Durchsetzung von Minderheitsideen.
Kannst du diese Behauptung irgendwie schlüssig belegen? Wollte die Mehrheit eigentlich, dass die Geschäfte Sonntags geöffnet werden, konnte aber nicht abstimmen, weil...?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:50)

Das reicht aber nicht als Begründung dafür, warum eine Entscheidung,
die durch 11% der Bürger getroffen wird angeblich als demokratisch gelten soll.
Lass mich mal kurz überlegen und rechnen.

Bei einer Wahlbeteiligung von 71,5 Prozent bei 1,5 Prozent ungültigen Stimmen
errang die CDU 34,1 Prozent
errang die CSU 7,4 Prozent
und die SPD 25,7 Prozent

Das heisst, nach Deinen Maßstäben
CDU 24,0 Prozent
CSU 5,2 Prozent
SPD 18,1 Prozent

der Wahlbevölkerung.

Nun gibt es eine Regierungskoalation, wo die CSU oder die SPD als Juniorpartner
Entscheidungen bei den Partnern durchdrücken.
Wird akzeptiert, damit die gemeinsame Macht weiter im Hause bleibt.

Nehmen wir da mal die Mütterrente...

Inwiefern ist es nun für Dich demokratisch, das so eine Entscheidung
von gerade mal 5 Prozent (Vertretenen) getroffen wird ?

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:48)

Wer Quoren von 20% zulässt, der untergräbt jede Glaubwürdigkeit und jeden Anspruch von Bürgerentscheiden
auf das Aufzeigen von "Volkswillen". Das endet dann in der Durchsetzung von Minderheitsideen.
Nö.

Man kann da ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein,
Deinen "Absolutheitsanspruch" auf Glaubwürdigkeit muß ich aber widersprechen.

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Nele28 »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:48)

Wer Quoren von 20% zulässt, der untergräbt jede Glaubwürdigkeit und jeden Anspruch von Bürgerentscheiden auf das Aufzeigen von "Volkswillen". Das endet dann in der Durchsetzung von Minderheitsideen.
Immer wenn man die Meinung der Mehrheit teilt, ist es Zeit, sich zu besinnen. Mark Twain.
Es war die Mehrheit, die Hitler zugejubelt hat. Man hat ja gesehen, zu was das führt. Die Grundrechte gewähren Schutz ggü. Minderheiten auch dann, diesen Minderheiten als Gruppe keine besondere Aufmerksamkeit schenkt wird.

Es geht im wesentlichen darum, dass unsere Politiker in Einzelfällen auch mit per Bürgerentscheid mal außen vor bleiben.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 11:55)

Aber was ist mit dem Übernehmen der Verantwortung bei Fehlentscheidungen? Tritt das Volk dann selbst zurück?
Ich verstehe Dein Problem nicht.
Bei "Scheissentscheidungen" durch des Parlamentes haftet das Volk. Zahlt die Zeche.
Bei Volksententscheidungen ebenso. Nur mit dem Unterschied, das es SELBST so entschieden hat.

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

Nele28 hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:44)

Der Bürger und Wähler ist der eigentliche Souverän im Staate. Wer Bürgerentscheide verhindern will,
befördert den Weg in eine Scheindemokratie, weil die Politiker wohl Angst haben,
die Ergebnisse könnten nach ihrem Gusto nicht passen.
Dabei haben die Volksvertreter wohl ein massives Problem,
den Bürgern richtig aufzuklären und ihnen sachliche Informationen zukommen zu lassen.
Bei Politikerbefragungen treten erstaunliche Mängel zu Tage.
Und genau die wollen Bürgerbefragungen verhindern.
Eines der seltenen Postings, in dem ich Dir komplett zustimme.

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von pikant »

Nele28 hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:17)

Immer wenn man die Meinung der Mehrheit teilt, ist es Zeit, sich zu besinnen. Mark Twain.
Es war die Mehrheit, die Hitler zugejubelt hat. Man hat ja gesehen, zu was das führt. Die Grundrechte gewähren Schutz ggü. Minderheiten auch dann, diesen Minderheiten als Gruppe keine besondere Aufmerksamkeit schenkt wird.

Es geht im wesentlichen darum, dass unsere Politiker in Einzelfällen auch mit per Bürgerentscheid mal außen vor bleiben.
kurz zur Berichtigung - die NSDAP hat nie die absolute Mehrheit bei einer Reichstagswahl erreicht und ob die Mehrheit da zujubelte, da habe ich auch meine Zweifel.

Wenn ein Buergerentscheid rechtskraeftig ist, darf kein verantwortlicher Politiker dies nicht akzeptieren - das waee Rechtsbruch und wurde vor keinem Gericht Bestand haben.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:48)

Der Aluhut glüht :D
Was soll das denn jetzt?

Deutschland befindet sich nicht allein auf der Welt und ist in verschiedenste Gremien und Unionen eingebunden, von Nato bis "Europa".
Nur ein Beispiel für Fremdbestimmung: Private Ratingagenturen, ohne jede demokratische Legitimation, bestimmen weitgehend die Finanzpolitik Deutschlands, mit gravierenden Auswirkungen für jeden Staatsbürger.
Und noch eins:
Wir dürfen aber nichtmal die von uns bezahlten Strassen mit einer Maut belegen .... usw. ...
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von pikant »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:48)

Wer Quoren von 20% zulässt, der untergräbt jede Glaubwürdigkeit und jeden Anspruch von Bürgerentscheiden auf das Aufzeigen von "Volkswillen". Das endet dann in der Durchsetzung von Minderheitsideen.
nein,
wir haben in den verschiedenen Bundelaender Quoren zwischen 8-25% und nur das Saarland ist mit 30% hoeher.
wir haben alleine 8 Bundeslaender verschie den regiert mit Quoren 20% und drunter bei der Wahlbeteiligung und da weigere ich mich dem Buergerentscheid die Glaubwuerdigkeit abzusprechen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von pikant »

Fazer hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:30)



Und während man da bei einer Beteiligung von über 40% zumindest noch davon reden kann, dass hier tatsächlich ein Grossteil der Bevölkerung dabei ist, ist das bei einem Quorum von 20% wie in NRW eben nicht gesichert, das führt dazu, dass kleine Minderheiten am Ende ihre Agenda gegen die Mehrheit durchsetzen.
auch Bayern zB.hat quoren wie in NRW von unter 20% - das haengt aber mit der Groesse von Kommunen zusammen - je groesser eine Kommune ist, desto geringer das Quorum fuer die Wahlbeteiligung.
Wie gesagt, ausser dem Saarland hat kein Bundesland ein Quorum von ueber 25% und dabei haben sich die Politiker bestimmt was gedacht und das ist vollkommen unabhaengig von der Parteizugehoerigkeit.

wir haben ja auch Buergermeisterwahlen in Deutschland mit einer Wahlbeteiligung von 20% und da kommt auch niemand auf die Idee den Buergermeister unbesetzt zu lassen oder auszulosen :D
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Skull »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:26)

Nur ein Beispiel für Fremdbestimmung: Private Ratingagenturen, ohne jede demokratische Legitimation,
bestimmen weitgehend die Finanzpolitik Deutschlands, mit gravierenden Auswirkungen für jeden Staatsbürger.
Kannst Du mal erklären, wie welche Ratingagentur
die Finanzpolitik der Bundesrepublik Deutschland WEITGEHEND bestimmt ?

KONKRET bitte.

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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von pikant »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:26)


Wir dürfen aber nichtmal die von uns bezahlten Strassen mit einer Maut belegen .... usw. ...
was hat das mit Volksentscheiden und direkter Demokratie zu tun?

PS: keiner verbietet Deutschland eine Maut zu erheben ( gibt es in vielen EU-Landern) aber so, dass EU-Buerger gleichberechtigt sind beim bezahlen.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:26)

Nur ein Beispiel für Fremdbestimmung: Private Ratingagenturen, ohne jede demokratische Legitimation, bestimmen weitgehend die Finanzpolitik Deutschlands, mit gravierenden Auswirkungen für jeden Staatsbürger.
So ein Quäse, die bestimmen in Deutschland gar nichts, besonders nicht in Zeiten, in denen die EZB "Geld druckt" wie verrückt. Es lebt sich doch auch ohne Topratings nicht so schlecht.
Wir dürfen aber nichtmal die von uns bezahlten Strassen mit einer Maut belegen .... usw. ...
Wieso dürfen wir das nicht? Wer sagt das?
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Tom Bombadil »

Skull hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:43)

KONKRET bitte.
Wahrscheinlich kam die Schuldenbremse nur auf Druck von Standard & Poor's ins GG :D
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von pikant »

ThorsHamar hat geschrieben:(07 Nov 2016, 12:25)

"Deutsche Politik" wird praktisch nicht in Deutschland entschieden, sondern wird bestimmt von "Sachzwängen", welche von Lobbys global generiert werden.
das ist absoluter Quatsch und Verschwoerungstheorie.
der Bundestag entscheidet ueber alles und koennte sogar analog den Briten den Austritt aus der EU, Nato und was weiss ich erklaeren und dann muessten wir uns auch nicht mehr an die Gesetze der EU und den EUGH halten und koennten auch Natointeressen voellig ausser Acht lassen.

deutsche Politik wird natuerlich in Deutschland von deutschen Politikern entschieden!
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von ThorsHamar »

Zur allgemeinen Erklärung, da ich leider mal wieder komplexes Denken vorausgesetzt hatte:

SACHZWÄNGE, und auf DIE habe ich hingewiesen, entstehen durch die Verflechtung systemrelevanter Komponenten.
DAMIT entsteht ein Machtpotential, also ein Potential, welches auf systemrelevante Komponente einen Einfluss haben kann, weil es nämlich Teil dieses Systems geworden ist, und dieser Teil ist vom demokratisch legitimierten Souverän allein nicht mehr zu kontrollieren oder gar zu bestimmen.

Wer das jetzt nicht kapiert hat und immer noch annimmt, ich würde meinen dass die Bundesregierung von irgendwo gesteuert würde, kann mich mal ....

So, was hat mein Hinweis auf die Sachzwänge mit dem Thema zu tun?
Ganz einfach: Die Sachzwänge bestimmen die Politik Deutschlands und kein direkt wählender Dödel könnte daran etwas ändern.

Nachtrag für Interessierte: https://www.bundestag.de/dokumente/text ... ter/426446
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Re: Volksentscheide, direkte Demokratie: Pro & Contra

Beitrag von Nele28 »

Skull hat geschrieben:(07 Nov 2016, 13:21)

Eines der seltenen Postings, in dem ich Dir komplett zustimme.

mfg
Ich erwarte nicht, dass mir ausnahmsweise komplett zugestimmt wird.

Hauptsache, es geht sachlich, fair und auf gleicher Augenhöhe zu. Ich erwarte grundsätzlich nicht , dass ein komplette konsens bzw. Zustimmung zu meiner Meinung herbei zu führen ist.
Ich mag sachlich fairer Widerspruch auf gleicher Augenhöhe, den ich auch herausfordere.

Bei einigen Pappenheimer habe ich genau damit ein Problem. Ich muss es wohl noch lernen, auf Reaktionen wie persönliche Unterstellungen und Provokationen, die ins Boshafte ausarten, anders zu reagieren bezw. einfach zu ignorieren. Nicht wahr?
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