Negator hat geschrieben:(18 Jun 2016, 11:06)
Im Internet prallen zum Thema Russland unter Putin ständig Extreme aufeinander.
Kennzeichnend ist dabei, dass beide Lager, PRO und CONTRA gewisse politische Phänomene überbetonen.
In vielen Threads überwiegt das Pro-Putin-Lager, das Putin als starken Mann sieht, der Stabilität garantiert und den USA die Stirn bietet.
Ja. Es gibt in den USA unter Politikberatern rechte Kreise (siehe Stratfor), die gerne Zwist zwischen Mitteleuropa und Russland säen und daher in Ostmitteleuropa einen Gürtel von antirussischen Staaten haben wollen.
Es ist auch richtig, dass die NATO in den 90er-Jahren die russische Schwäche eiskalt ausgenutzt hat und daher die Wut dort stetig wuchs.
Und es stimmt auch, dass es Putin gelang, sein Land in vielen Bereichen (Bildung, Infrastruktur, Energiewirtschaft) zu stabilisieren.
Aber es stimmt auch:
Putin betreibt offensive Machtpolitik und die lässt sich nicht nur dadurch rechtfertigen, dass die NATO die russische Schwäche in den 90er-Jahren ausgenutzt hat.
Seine Machtpolitik geht weit über eine Revision hinaus. Es ist auch hinzuzufügen, dass die deutsche Bevölkerung damals massiv für Russland gespendet hat.
Als Putin an die Macht kam, sind in Moskau Hochhäuser explodiert und es gab viele Tote. Bis heute weiß man nicht, wer dahinter steckt, aber für Putin diente das als Rechtfertigung für den 2. Tschetschenien-Krieg. Dabei hatte man nach dem 1. Tschetschenien-Krieg schon eine für beide Seiten halbwegs akzeptable Einigung ausgearbeitet.
Putins Annexion der Krim wurde mit einer Volksabstimmung untermauert, die nicht fair war. Vielleicht sollte sie es auch nicht sein.
Die pro-ukrainischen Kräfte wurden massiv bedroht und unterdrückt, die Nachrichtenverbindungen in die Ukraine so gut es ging gekappt.
Außerdem wurde dem Volk suggeriert, es stünde vor der Wahl Mütterchen Russland oder Hakenkreuz. Und schließlich hat Chruschtschow die Krim verschenkt und nicht der Westen!
Die Politik des Kremls geht auch weit über die Krim hinaus - wer weiß, was noch kommen wird. Momentan wird die Ostukraine stabilisiert und man verletzt regelmäßig den Luftraum anderer Staaten, z. B. Finnlands, Schwedens, des Baltikums, der Ukraine und der Türkei.
Was auch gerne vergessen wird, ist die Tatsache, dass seit der Jahrtausendwende in Russland sehr viele politische Aktivisten der Opposition getötet wurden. Man kann oft den Urheber der Tat nur vermuten, aber im Fall Litwinienko ist es fast sicher, dass der Kreml dahinter steckte.
Innenpolitisch geht Putin nicht nur gegen kritische Geister vor, sondern v. a. gegen mächtige Widersacher im Staatsapparat und in der Wirtschaft.
Putin profilierte sich so als Feind der Oligarchen. Aber vielen ist nicht klar, dass er nicht gegen alle Oligarchen vorging, sondern nur gegen nicht-kremltreue.