Was ist Bewusstsein?

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Perdedor
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Wer glaubt, mit einer KI könne Bewusstsein geschaffen werden ist wieder beim alten Cartesianismus und seinem Dualismus (Körper-Geist).
Wie stellt man eigentlich fest, ob eine KI Bewusstsein hat?
Turing-Test?
Und wenn der Test (oder welcher Test auch immer) positiv verläuft? Kann man dann noch was anderes als "glauben, dass mit einer KI Bewusstsein geschaffen werden kann"?
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von watisdatdenn? »

Liegestuhl » Do 15. Jan 2015, 00:02 hat geschrieben:Ich bin diesbezüglich sehr skeptisch, denn das würde bedeuten, dass es "rein theoretisch" durch Nachbildung möglich wäre, mit biochemischen Reaktionen künstlich ein eigenes Bewusstsein zu schaffen.
meine kinder waren auch mal nur eine zelle. jetzt haben sie bewusstsein. wie ist das reingekommen, wenn es etwas transzendentes sein sollte?
wir können tatsächlich neues eigenes bewusstsein schaffen. diese erfahrung finde ich einen der faszinierendsten aspekte der reproduktion.
also bin ich überzeugt dass bewusstsein rein physikalisch-chemisch ist und dass es somit auch nicht-menschliches oder nicht-tierisches bewusstsein prinzipiell geben kann.
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ThorsHamar
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von ThorsHamar »

Bewusstsein ist der Augenblick, in welchem einem klar wird, dass es sinnlos ist, Gott einen Witz zu erzählen ...
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Cat with a whip
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Perdedor » Mo 7. Sep 2015, 23:07 hat geschrieben:
Wie stellt man eigentlich fest, ob eine KI Bewusstsein hat?
Turing-Test?
Und wenn der Test (oder welcher Test auch immer) positiv verläuft? Kann man dann noch was anderes als "glauben, dass mit einer KI Bewusstsein geschaffen werden kann"?

Kann man das denn beim Menschen? Bei anderen Tieren? Nein. Auch bei Maschinen kann man das nicht. Bei Turing-Test wird nur Unterscheidbarkeit zum Menschen getestet, aber nicht Bewusstsein.

Man kann letztlich nur notwendige Merkmale für den mentalen Zustand Bewusstsein (Vielleicht Wahrnehmung, Intention, Emotionen, Lernen) testen aber das hinreichende Merkmal, die Erfahrung von Bewusstsein der KI nicht, weil diese von aussen nicht zugänglich ist.
Aber wenn die KI den Test besteht, sagt das vielleicht auch nur dass der Test nicht gut genug war.

Beim Menschen hilft da zumindest noch das induktive Argument der Ähnlichkeit. Dann muß man sich als vermeintliches Subjekt darüber versichern, dass das andere Subjekt ebenfalls ein Mensch ist. Wenn man das aber nicht kann, kann man auch hier kein sicheres Urteil treffen. Und der Beweis geht schon auf Krücken, denn er beruht auf der Prämisse die Intention des Tests unterläge sich selbst als "Subjekt". Aber ist das überhaupt wahr dass man subjekt ist? Oder ist man als vermeintliches Subjekt selbst nur eine KI, also eine blose Entität, die behauptet Bewusstsein zu haben?

Diese Spielchen kennt man ja aus 13th floor oder Welt am Draht.

https://en.wikipedia.org/wiki/Problem_of_other_minds
http://www.pflichtlektuere.com/20/07/20 ... ewusstein/
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Di 8. Sep 2015, 04:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Perdedor
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Bei Turing-Test wird nur Unterscheidbarkeit zum Menschen getestet, aber nicht Bewusstsein.
Aber impliziert das eine nicht das andere?
Der (nicht schlafende, geistig gesunde etc.) Mensch hat immer ein Bewusstsein.
Wenn wir also keine Unterscheidbarkeit zum Menschen ferststellen, können wir doch das Vorhandensein des Bewusstseins folgern.
Cat with a whip hat geschrieben: die Erfahrung von Bewusstsein der KI nicht, weil diese von aussen nicht zugänglich ist.
Wieso nicht? Wo ist die Mauer? An welcher Stelle findet die totale Entkopplung statt?
Und wenn es entkoppelt wäre, wieso kann dann die Außenwelt offenbar auf das Bewusstsein einwirken?
Kontruierst DU hier nicht gerade einen Dualismus?
Cat with a whip hat geschrieben: Aber wenn die KI den Test besteht, sagt das vielleicht auch nur dass der Test nicht gut genug war.
Du scheinst a priori der Meinung zu sein, dass die KI kein Bewusstsein hat.
Was spricht dagegen, dass der Test gut ist und die KI ein Bewusstsein HAT?
Cat with a whip hat geschrieben: Wenn man das aber nicht kann, kann man auch hier kein sicheres Urteil treffen.
Das sagt m.E. nicht viel aus. Wenn man radikal ist, kann man über fast nichts ein sicheres Urteil treffen.
Aber warum sollte man über das Vorhandensein Bewusstsein nicht genauso sicher urteilen können, wie über das Vorhandensein von Wasserstoff in Alpha Centauri?
Cat with a whip hat geschrieben: Oder ist man als vermeintliches Subjekt selbst nur eine KI, also eine blose Entität, die behauptet Bewusstsein zu haben?
Was sollte denn dann Bewusstsein überhaupt sein, wenn ich selbst es nicht einmal haben sollte?
Das Konzept erscheint mir nicht ausreichend definiert.

Ich konnte auch nie das Beispiel des "philosophischen Zombies" nachvollziehen.
Ich sehe nicht, was es bedeuten soll, wie ein Mensch zu handeln ohne über Bewusstsein zu verfügen. Ich denke, es ist beides dasselbe. Das nennt man anscheinend "Qualiaeliminativismus".
Man könnte nun einwenden, dass es Computerprogrammen ja schon längst gelungen ist, den Turing Test für kurze Zeit zu bestehen (theoretisch könnte das sogar ein Zufallsgenerator). Aber das ist genau der Punkt: Wenn der Test ausreichend lang ist, wird ein bewusstseinsloser Computer immer auffallen. Wenn er aber bestanden ist, existiert ein Bewusstsein.
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Cat with a whip
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Aber impliziert das eine nicht das andere?
Nein.Beim Menschen ist Bewusstsein Voraussetzung für eine Kommunikation, bei einem Skript nicht.
Wieso nicht? Wo ist die Mauer? An welcher Stelle findet die totale Entkopplung statt?
Und wenn es entkoppelt wäre, wieso kann dann die Außenwelt offenbar auf das Bewusstsein einwirken?
Kontruierst DU hier nicht gerade einen Dualismus?
B. ist intrisisch. Wenn man davon ausgeht dass B. von aus neuronalen Zuständen aus geht, ist es eben nur innerhalb der neuronalen Funktion erfahrbar. Das ist wohl die "Mauer". B. als emergentes Phänomen verstanden, wäre dann kein Dualismus.
Den bekommt man wenn man dem Zombie Konzepte wie Seele oder eine vis vitalis einpflanzt.

Du scheinst a priori der Meinung zu sein, dass die KI kein Bewusstsein hat.
Was durch aus sinnvoll ist, da eine KI ja lediglich eine Simulation ist, die aufgrund mangelnden Verständnis von B. beruht.
Aber warum sollte man über das Vorhandensein Bewusstsein nicht genauso sicher urteilen können, wie über das Vorhandensein von Wasserstoff in Alpha Centauri?
Dies hatte ich gar nicht so formuiliert.
Was sollte denn dann Bewusstsein überhaupt sein, wenn ich selbst es nicht einmal haben sollte?
Das Konzept erscheint mir nicht ausreichend definiert.
Das war nur ein Gedankenspiel zum Hinweis dass Maschinen eben kein Bewusstsein haben, wenn sie es sich erst einreden müssten.
Beim Menschen ist dieses Merkmal eine Erfahrung, ein Gefühl.
Ich konnte auch nie das Beispiel des "philosophischen Zombies" nachvollziehen.
Ich sehe nicht, was es bedeuten soll, wie ein Mensch zu handeln ohne über Bewusstsein zu verfügen. Ich denke, es ist beides dasselbe. Das nennt man anscheinend "Qualiaeliminativismus".
Man könnte nun einwenden, dass es Computerprogrammen ja schon längst gelungen ist, den Turing Test für kurze Zeit zu bestehen (theoretisch könnte das sogar ein Zufallsgenerator). Aber das ist genau der Punkt: Wenn der Test ausreichend lang ist, wird ein bewusstseinsloser Computer immer auffallen. Wenn er aber bestanden ist, existiert ein Bewusstsein
Der philosophise Zombie wurde wohl eingebracht als Argument gegen die Materialisten.

Bei bestandenen Test kann man zwei Dinge sagen.
1. Die KI verhält sich aus der begrenzten Sicht eines Menschen so wie er es von einem Menschen erwarten würde.
2. Die KI hat mindestens die Qualität von Bewusstsein wie die eines Thermostat.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Hm, wie könnte man auf Bewusstsein testen, spontan und ins Unreine:

würde drüber nachdenken, wie man die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung ausloten könnte.
Würde Strukturen/Mechanismen nachprüfen, die hoch repetitiv Vorgänge im Speicher halten und bearbeiten. Solche Sachen.

Wir Biologen sind ja nun weiche Untersuchungsmaterie reichlich gewöhnt. Man geht einfach davon aus, dass das was man selbst erlebt so ähnlich in anderen so Wahrgenommenen auch in etwa passiert. Alles andere wäre recht zentralistisch gedacht und dafür gibt es nirgendwo Trend. In der Geologie gibt es etwas ähnliches namens Aktualitätsprinzip.
Nicht alles was denkbar ist, ist auch realisiert. Das unterscheidet Bio dramatisch von Mathe. Wir müssen immer erstmal fleißig bestandsaufnehmen. Hirn deskriptiv - schon das eine bescheiden machende Aufgabe :)
Wenn gar nichts geht, Occam.

Fundamental löst das und mehr erstmal nichts, aber man kommt zu vorläufigen Urteilen. Die gehen nach bestem Wissen und Gewissen sehr stark Richtung Cats Version von "schlimmstenfalls". Erstaunlich, dass es kaum jemand von Euch wirklich annehmen will, dass das Wesen eines Hammers die Interaktion von Stiel und Kopf ist und dann Systemeingenschaften neu in die Welt setzt, die es zuvor nicht gibt. Ich finde, das spricht sehr dafür, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft ist, die aus komplizierter Interaktion von Teilsystemen kommt. Sie ist aus der Beschreibung der Teilsysteme nicht verstehbar. Und erst mit solcher Denkart findet Hirnforscher dann ja auch die hoch repetitiven Hirnaktivitätsmuster, wo man echten Gedanken wohl näher kommen mag. Da kann Reduktionist lang Ionenaustauschprozessen an Membranen nach gehen und Transmitterspiegel messen. Das gehört dazu, ist aber nur Grundlage.
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X3Q
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von X3Q »

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Perdedor
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Nein.Beim Menschen ist Bewusstsein Voraussetzung für eine Kommunikation, bei einem Skript nicht.
Es geht aber nicht einfach um Kommunikation, sondern um die typisch menschliche Art der Kommunikation. Und dafür wäre Bewusstsein eben Vorrausetzung.
Cat with a whip hat geschrieben: Wenn man davon ausgeht dass B. von aus neuronalen Zuständen aus geht, ist es eben nur innerhalb der neuronalen Funktion erfahrbar. Das ist wohl die "Mauer". B. als emergentes Phänomen verstanden, wäre dann kein Dualismus.
Ok, aber emergente Phänomene sind i.A. auch von außen beobachtbar (Temperatur...).
Was genau soll "nur innerhalb der neuronalen Funktion erfahrbar" bedeuten?
Angenommen wir betrachten zwei Wesen, von denen eines ein B. hat (Mensch), das andere nicht (Zombie). Willst du sagen, dass wir die beiden dann auf gar keine Weise unterscheiden können? Und wenn doch, was spricht dagegen den festgestellten Unterschied "Bewusstsein" zu nennen?
Cat with a whip hat geschrieben: Was durch aus sinnvoll ist, da eine KI ja lediglich eine Simulation ist, die aufgrund mangelnden Verständnis von B. beruht.
Aber wieso "beruht sie" auf einem mangelnden Verständnis von B.?
Was spricht z.B. dagegen, dass durch eine einfache Leistungssteigerung der simulierenden Rechner irgendwann B. entsteht?
Dadurch hätte man B. dann ja gerade verstanden.
Cat with a whip hat geschrieben: Bei bestandenen Test kann man zwei Dinge sagen.
1. Die KI verhält sich aus der begrenzten Sicht eines Menschen so wie er es von einem Menschen erwarten würde.
2. Die KI hat mindestens die Qualität von Bewusstsein wie die eines Thermostat.
Und beides kann man auch vom Menschen sagen.
Letztendlich ist meine Frage: Wieso sollte man in der Situation immer noch am Vorhandensein von B. in der KI zweifeln?
(Außer natürlich aus dem selben Grund, daus dem man auch an dem Vorhandensein von Wasserstoff in Alpha Centauri zweifeln kann.)
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Cat with a whip
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Corella » Di 8. Sep 2015, 21:58 hat geschrieben:Erstaunlich, dass es kaum jemand von Euch wirklich annehmen will, dass das Wesen eines Hammers die Interaktion von Stiel und Kopf ist und dann Systemeingenschaften neu in die Welt setzt, die es zuvor nicht gibt. Ich finde, das spricht sehr dafür, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft ist, die aus komplizierter Interaktion von Teilsystemen kommt. Sie ist aus der Beschreibung der Teilsysteme nicht verstehbar. Und erst mit solcher Denkart findet Hirnforscher dann ja auch die hoch repetitiven Hirnaktivitätsmuster, wo man echten Gedanken wohl näher kommen mag. Da kann Reduktionist lang Ionenaustauschprozessen an Membranen nach gehen und Transmitterspiegel messen. Das gehört dazu, ist aber nur Grundlage.
Das Hammerbeispiel ist geeignet um die reduktionistsche Vorgehensweise zu erklären. Wenn man das Wesen des Hammers erklären will, muß man ihn analysieren und in Teile zerlegen, wodurch das Ganze erklärbar wird. (an einem Ende rotierender Stab, am anderen Stabende harte Schwungmasse -> mit wenig Kraftaufwand große Kraft, bzw über geringe Beschleunigung hohe Beschleunigung erzeugen)

Wenn man weiß wie ein Hammer funktioniert, kann man ihn auch mathematisch beschreiben oder in Computermodellen simulieren. Auch seine Wirkung, wenn man genügend über das Verhalten vom Werkstoffen weiß. Aber in der mathematischen Beschreibung wird nie ein Hammer entstehen. :D
Genausowenig wird erlebtes Bewusstsein in Computern enstehen. Weil die Simulation eines Gehirns nicht identisch ist mit einem Gehirn.

Die Vortellung, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft ist, wird wohl auch von modernen Reduktionisten geteilt.

Das Problem bleibt vorerst, dass Tatsachen, wie das Erleben von Bewusstsein oder sowas wie Wahrnehmen von Farbe oder Emotionen derzeit nicht erklärbar ist. Das entzieht sich unserem Zugang.

Ich vermute die Hirnforschung mit Hinblick auf medizinischen Fragestellungen kann in Zukunft die interessantesten Antworten geben, denn oft zeigt sich das Wesenhafte immer dann ,wenn etwas nicht so funktioniert wie man es gewohnt ist, wie eben bei krankhaften Veränderungen.
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Mi 9. Sep 2015, 16:46, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Letztendlich ist meine Frage: Wieso sollte man in der Situation immer noch am Vorhandensein von B. in der KI zweifeln?
Sagen wir mal so: schnitz Du mir ein täuschend echtes Bonsai mit perfekt angeklebten grünen Blättern und stell mir die Frage: warum sollte es nicht leben, wenn es doch genauso wie ein echtes Bäumchen ausschaut? Dann frag ich Dich - misstrauisch der merkwürdigen Frage - vielleicht zurück: hm, braucht es Wasser (hat es also Stoffwechsel)? Der nette kleine Data, den X verlinkt hat: hat der beim Auswurf der Antwort, "ich habe die Pille nicht bekommen", die Historie, wie die Antwort entstanden war, immer noch parat gehabt und hat der soft- und hardware-Strukturen, die das ermöglichen?
Man kann die Äonen Entwicklungszeit und Bewährung der Endglieder der Evolution nicht überschätzen. Dass wir KI-Bewusstsein schaffen, ohne vergleichbare Strukturen, mit denen zusammen wir es natürlich vorfinden, dürfte unwahrscheinlich sein.
Am ultimativen Beweis müssen wir wohl alle scheitern Perdedor. Du weißt nach Descartes, dass Du ein Bewusstsein hast, so wie ich es von mir annehmen darf. Aber Du kannst bestenfalls nur annehmen, dass ich auch eines habe. Daran ändert KI fundamental nichts.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Cat with a whip » Mi 9. Sep 2015, 15:39 hat geschrieben:
Das Hammerbeispiel ist geeignet um die reduktionistsche Vorgehensweise zu erklären. Wenn man das Wesen des Hammers erklären will, muß man ihn analysieren und in Teile zerlegen, wodurch das Ganze erklärbar wird. (an einem Ende rotierender Stab, am anderen Stabende harte Schwungmasse -> mit wenig Kraftaufwand große Kraft, bzw über geringe Beschleunigung hohe Beschleunigung erzeugen)

Wenn man weiß wie ein Hammer funktioniert, kann man ihn auch mathematisch beschreiben oder in Computermodellen simulieren. Auch seine Wirkung, wenn man genügend über das Verhalten vom Werkstoffen weiß. Aber in der mathematischen Beschreibung wird nie ein Hammer entstehen. :D
Genausowenig wird erlebtes Bewusstsein in Computern enstehen. Weil die Simulation eines Gehirns nicht identisch ist mit einem Gehirn.

Die Vortellung, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft ist, wird wohl auch von modernen Reduktionisten geteilt.

Das Problem bleibt vorerst, dass Tatsachen, wie das Erleben von Bewusstsein oder sowas wie Wahrnehmen von Farbe oder Emotionen derzeit nicht erklärbar ist. Das entzieht sich unserem Zugang.

Ich vermute die Hirnforschung mit Hinblick auf medizinischen Fragestellungen kann in Zukunft die interessantesten Antworten geben, denn oft zeigt sich das Wesenhafte immer dann ,wenn etwas nicht so funktioniert wie man es gewohnt ist, wie eben bei krankhaften Veränderungen.
Na, da bin ich froh. Ich dachte erst schon, ich stünde auch vor Dir wie ein Esoteriker...
So, es gibt moderne Reduktionisten? Das entzieht sich mir und solange Reduktionisten keine Politik machen, ist es ja o.k.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Aber in der mathematischen Beschreibung wird nie ein Hammer entstehen. :D
Genausowenig wird erlebtes Bewusstsein in Computern enstehen. Weil die Simulation eines Gehirns nicht identisch ist mit einem Gehirn.
Zwei menschliche Gehirne sind auch nicht identisch zueinander, trotzdem können in beiden Bewusstsein entstehen.
In irdischen Experimenten können die Fusionsprozesse in der Sonne "simuliert" werden.
http://luna.lngs.infn.it/index.php
Natürlich sind diese Experimente nicht identisch mit der Sonne. Trotzdem sind es die selben Prozesse und rein theoretisch wäre auch ein hochskalieren möglich. In der Praxis kann man natürlich keine Sonne 1:1 nachbauen (ausreichende Masse für gravitativen Einschluss), aber es gibt keinen Grund, warum dies beim Bewusstsein nicht funktionieren sollte.
Cat with a whip hat geschrieben: Das Problem bleibt vorerst, dass Tatsachen, wie das Erleben von Bewusstsein oder sowas wie Wahrnehmen von Farbe oder Emotionen derzeit nicht erklärbar ist.
Es gibt aber auch Menschen, die meinen, dass es da nichts zu erklären gibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Dennett
Qualia ist demnach ein Scheinproblem.
https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinproblem
Finde ich persönlich plausibel.

Corella hat geschrieben: schnitz Du mir ein täuschend echtes Bonsai mit perfekt angeklebten grünen Blättern und stell mir die Frage: warum sollte es nicht leben, wenn es doch genauso wie ein echtes Bäumchen ausschaut?
Ich meinte nicht nur den Anschein, sondern eine wirklich grundlegende Untersuchung.
Durch einfache chemische Tests lässt sich feststellen, dass im Schnitzwerk keine Stoffwechselprozesse stattfinden.
Wie soll das im Zusammenhang mit der bewussten KI ablaufen?
Zuletzt geändert von Perdedor am Mi 9. Sep 2015, 18:39, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Perdedor » Mi 9. Sep 2015, 17:31 hat geschrieben:
Es gibt aber auch Menschen, die meinen, dass es da nichts zu erklären gibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Dennett
Qualia ist demnach ein Scheinproblem.
https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinproblem
Finde ich persönlich plausibel.
Sie lesen offenbar nicht richtig die Arikel die Sie verlinken. Der Funktionalismus Dennetts ist kein Widerspruch dazu, dass erlebte Qualia und Bewusstsein derzeit nicht schlüssig mit neuronalen Prozessen erklärt werden können. Zum Zweiten setzt Dennetts Aussage, dass sich das Bewusstsein durch die Neuro- und Kognitionswissenschaften in Zukunft restlos erklären ließe eben genau meine Aussage über den gegenwärtigen Zustand voraus. Die Hirnforschung steht ja erst am Anfang.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Ich meinte nicht nur den Anschein, sondern eine wirklich grundlegende Untersuchung.
Durch einfache chemische Tests lässt sich feststellen, dass im Schnitzwerk keine Stoffwechselprozesse stattfinden.
Wie soll das im Zusammenhang mit der bewussten KI ablaufen?
Für eine überzeugende Übereinstimmung des Titels und des gezeigten Filmchens, welches X verlinkt hat, fehlt mir eine Darlegung funktionaler Strukturen im Sinne dessen hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Analogie_ ... e_Merkmale
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Perdedor » Mi 9. Sep 2015, 17:31 hat geschrieben:
Zwei menschliche Gehirne sind auch nicht identisch zueinander, trotzdem können in beiden Bewusstsein entstehen.
In irdischen Experimenten können die Fusionsprozesse in der Sonne "simuliert" werden.
http://luna.lngs.infn.it/index.php
Natürlich sind diese Experimente nicht identisch mit der Sonne. Trotzdem sind es die selben Prozesse und rein theoretisch wäre auch ein hochskalieren möglich. In der Praxis kann man natürlich keine Sonne 1:1 nachbauen (ausreichende Masse für gravitativen Einschluss), aber es gibt keinen Grund, warum dies beim Bewusstsein nicht funktionieren sollte.



Es gibt aber auch Menschen, die meinen, dass es da nichts zu erklären gibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Dennett
Qualia ist demnach ein Scheinproblem.
https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinproblem
Finde ich persönlich plausibel.




Ich meinte nicht nur den Anschein, sondern eine wirklich grundlegende Untersuchung.
Durch einfache chemische Tests lässt sich feststellen, dass im Schnitzwerk keine Stoffwechselprozesse stattfinden.
Wie soll das im Zusammenhang mit der bewussten KI ablaufen?
Also, ich bin kein Philosoph - aber da warst Du ja nicht so pingelig :-) - aber ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Popper, Wittgenstein, Dennett Evolutionsprozesse völlig unterschätzen. Popper war ja ein guter Freund von Lorenz und Mayr, hatte aber für eine entwicklungsreiche Zeit keinen Kontakt zu seinen früheren Kindheitsfreunden und daher wohl einiges verpasst. Es ist sehr schwer, Nicht-Biologen nahe zu bringen, wie sehr solch Dinge wie meinetwegen Dennetts Teppichmuster in kausale Prozesse einwirken. Auch Wittgensteins "alles was der Fall ist" greift mir viel zu kurz. Viel zu sehr in der Gegenwart spielend, viel zu sehr Näherungen und Statistiken unterschlagend. Evolution arbeitet aber mit all dem.

Eine wirklich schöne Einführung, guter Wiki-Artikel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Multilevel-Selektion

Auch Mayr erklärt sehr schön in seinen letzten, populärwissenschaftlichen Büchern, wie Ganzheiten Gegenstand der Selektion sind und bringt viele konkrete Beispiele. Emergenz ist fundamental erklärt, Du brachtest das einfache Beispiel "Temperatur". Nun kannst Du - und da bist Du mit dem Physik-Hintergrund ja nun wirklich pingelig - darlegen, dass man die Schwankungen in der Geschwindigkeit der Moleküle anbetrachts ihrer Menge bestens vernachlässigen kann. In den Lebenswissenschaften ist das aber oft nicht so. Tipping-points, Points of no return, Schwellenwerte komplexer Faktorenkombinationen können nachhaltig wirksam werden. Aus ähnlichen Gründen sind Emergenzen einfach nicht vernachlässigbar. Evolution ist kreativ - Kreationismus trotzdem was völlig anderes.
Nochmal fokussierter: Biologen arbeiten ständig mit Größen, von denen wir wissen, dass Versuche ihrer Überführung ähnlich der Wärmephysik in die Bewegungssätze, völlig sinnlos ist. Und wir wissen auch, dass die Selektion als treibende Kraft der Evolution solch Größen ebenfalls als solche Ganzheiten nimmt.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von X3Q »

Sorry, Corella. Aber jetzt sind wir beim Geschwafel.

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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Sie lesen offenbar nicht richtig die Arikel die Sie verlinken.
Ich hab ihn gar nicht gelesen. Die Verlinkung war nur ein Service für diejenigen, die vielleicht nicht wissen, wer Dennett ist.
Ich habe ihn jetzt mal überflogen.
Cat with a whip hat geschrieben: Der Funktionalismus Dennetts ist kein Widerspruch dazu, dass erlebte Qualia und Bewusstsein derzeit nicht schlüssig mit neuronalen Prozessen erklärt werden können.
Dennett ist der Meinung, dass es sich bei dem Qualiaproblem um ein Scheinproblem handelt.
Steht so in dem Artikel (und auch unabhängig von dem Artikel hatte ich ihn so verstanden).
Das widerspricht zwar nicht der Aussage:
"Erlebte Qualia ist derzeit nicht schlüssig mit neuronalen Prozessen zu erklären."
entzieht ihr aber die Grundlage. Denn wenn es sich um ein Scheinproblem handelt, muss gar nichts erklärt werden.

Wittgenstein (Tractatus logico-philosophicus) sagte: "Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. [...] Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft [...] und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewisse Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat."
Das Zeichen ohne Bedeutung wäre hier der Begriff "Qualia". Daher auch die Bezeichnung "Qualia-Eliminativismus" für diese philosophishe Denkrichtung.

Corella hat geschrieben: Aus ähnlichen Gründen sind Emergenzen einfach nicht vernachlässigbar.
Natürlich nicht. Wie Cat with a whip oben ja bereits sagte:
"Die Vortellung, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft ist, wird wohl auch von modernen Reduktionisten geteilt."
Aber auch emergente Eingenschaften lassen sich messen und quantifizieren.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Perdedor » Do 10. Sep 2015, 17:12 hat geschrieben:
Dennett ist der Meinung, dass es sich bei dem Qualiaproblem um ein Scheinproblem handelt.
Steht so in dem Artikel (und auch unabhängig von dem Artikel hatte ich ihn so verstanden).
Das widerspricht zwar nicht der Aussage:
"Erlebte Qualia ist derzeit nicht schlüssig mit neuronalen Prozessen zu erklären."
entzieht ihr aber die Grundlage. Denn wenn es sich um ein Scheinproblem handelt, muss gar nichts erklärt werden.
Nur verschwindet etwas nicht, wenn man es wegerklärt oder weil man Erklärungsmodelle erfindet in denen Qualia nicht vorkommen.
Perdedor » Do 10. Sep 2015, 17:12 hat geschrieben: Wittgenstein (Tractatus logico-philosophicus) sagte: "Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. [...] Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft [...] und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewisse Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat."
Das Zeichen ohne Bedeutung wäre hier der Begriff "Qualia". Daher auch die Bezeichnung "Qualia-Eliminativismus" für diese philosophishe Denkrichtung.
Es geht darum ob der der theoretische Begriff "Qualia" brauchbar ist, nicht darum ob das was man darunter versteht existiert oder nicht. Dennett selbst erscheinen Qualia offensichtlich. Er lehnt aber das theoretische Konzept ab. Er hat wohl viele klasse Modelle gemacht, mit denen er letztlich sich selbst um das Problem drückt.

Damit bleibt eben leider auch die Lücke weiter klaffend.

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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von X3Q »

Nur weil man aber ein Problem "hererklären" kann, muss dieses nicht auch in Wirklichkeit existieren.

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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Nur verschwindet etwas nicht, wenn man es wegerklärt oder weil man Erklärungsmodelle erfindet in denen Qualia nicht vorkommen.
Es verschwindet nicht, weil es nie da war. Dennett argumentiert, dass das Qualia Konzept, sofern es als irgendetwas Besonderes im Zusammenhang mit dem menschlichen Bewusstsein verstanden wird, gar nicht klar definiert ist.
"That is to say,
whenever someone experiences something as being one way rather
than another, this is true in virtue of some property of something
happening in them at the time, but these properties are so unlike the
properties traditionally imputed to consciousness that it would be
grossly misleading to call any of them the long-sought qualia. Qualia
are supposed to be special properties , in some hard-to-define way. My
claim- which can only come into focus as we proceed- is that conscious
experience has no properties that are special in any of the ways qualia
have been supposed to be special.
"
http://www.fflch.usp.br/df/opessoa/Denn ... Qualia.pdf

Er erfindet nicht nur ein Modell "in dem Qualia nicht vorkommen", sondern zeigt auf, dass Modelle in denen sie vorkommen ungenügend definiert sind. Das Konzept von Qualia als etwas Besonderem, Erklärungswürdigen beruht lediglich auf Verwirrung (bei der Verwendung von Sprache, wie Wittgenstein sagen würde).

Wohlgemerkt: Natürlich existieren auch nach Dennett Wahrnehmungen. Nur stellen diese eben nichts "Zusätzliches" dar, was einer extra Erklärung bedarf. Der Mensch ist identisch mit einem philosophischen Zombie. Es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden Konzepten, weil Qualia eben nichts Zusätzliches ist.

In diesem Sinne hat er das Problem tatsächlich "wegerklärt". Wenn man dem aber folgt, macht es keinen Sinn zu sagen, dass das Phänomen trotzdem exitieren könnte. Welches Phänomen?

ps: Es versteht sich von selbst, dass ich hier mein Verständnis der Argumentation darlege.
Zuletzt geändert von Perdedor am Fr 11. Sep 2015, 15:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Nur weil man aber ein Problem "hererklären" kann, muss dieses nicht auch in Wirklichkeit existieren.
Und indem man sich dumm stellt und nicht drüber nachdenken und reden will und sich selbst belügt verschwindet das Problem wieder. So einfach ist das.
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Fr 11. Sep 2015, 17:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Cat with a whip
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Perdedor » Fr 11. Sep 2015, 14:51 hat geschrieben:
Es verschwindet nicht, weil es nie da war. Dennett argumentiert, dass das Qualia Konzept, sofern es als irgendetwas Besonderes im Zusammenhang mit dem menschlichen Bewusstsein verstanden wird, gar nicht klar definiert ist.
"That is to say,
whenever someone experiences something as being one way rather
than another, this is true in virtue of some property of something
happening in them at the time, but these properties are so unlike the
properties traditionally imputed to consciousness that it would be
grossly misleading to call any of them the long-sought qualia. Qualia
are supposed to be special properties , in some hard-to-define way. My
claim- which can only come into focus as we proceed- is that conscious
experience has no properties that are special in any of the ways qualia
have been supposed to be special.
"
http://www.fflch.usp.br/df/opessoa/Denn ... Qualia.pdf

Er erfindet nicht nur ein Modell "in dem Qualia nicht vorkommen", sondern zeigt auf, dass Modelle in denen sie vorkommen ungenügend definiert sind. Das Konzept von Qualia als etwas Besonderem, Erklärungswürdigen beruht lediglich auf Verwirrung (bei der Verwendung von Sprache, wie Wittgenstein sagen würde).

Wohlgemerkt: Natürlich existieren auch nach Dennett Wahrnehmungen. Nur stellen diese eben nichts "Zusätzliches" dar, was einer extra Erklärung bedarf. Der Mensch ist identisch mit einem philosophischen Zombie. Es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden Konzepten, weil Qualia eben nichts Zusätzliches ist.

In diesem Sinne hat er das Problem tatsächlich "wegerklärt". Wenn man dem aber folgt, macht es keinen Sinn zu sagen, dass das Phänomen trotzdem exitieren könnte. Welches Phänomen?

ps: Es versteht sich von selbst, dass ich hier mein Verständnis der Argumentation darlege.
Stellen sie sich vor, mir ist das längst klar. Ich ignoriere das ja nicht. Das kommt daher weil Qualia derzeit nicht erklärt werden können. Aber nur weil die einen sie mit Modellen nicht erklären können, liegen andere nicht richtig, die sich um das Problem drücken. Die subjektiven Empfindungen sind jedoch auch noch weiter da.

Dennett ist derjenige, der ein Problem mit dem Argument der Unwissenschaftlichkeit der Konzepte wegredet und seinen Strohmann aufbaut, diese Begriffe umdeudet und dann so tut als hätte er einen Ausweg gefunden. Der konnte ja schon Anfang der neunziger Jahre Bewusstsein "erklären". Solche Gestalten wie Dennett haben natürlich besondere Popularität, weil sie dem Laien scheinbar widerspruchslos ganz die Welt "erklären" können. Nur ist Dennett selbst der volle Widerspruch, wenn er einmal Qualia und Bewusstsein als Konzept leugnet und bei anderer Gelegenheit die Subjektivität als Tatsache wieder bejaht. Dann kann man sich ja je nach Belieben heraussuchen was einem gefällt. Bitte, wems gefällt.

Fakt ist, es bleibt die Lücke. Das ist aktueller Stand ob es uns gefällt oder nicht.
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Perdedor
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Aber nur weil die einen sie mit Modellen nicht erklären können, liegen andere nicht richtig, die sich um das Problem drücken.
Sie drücken sich ja nicht, sondern haben viel Zeit und Arbeit darauf verwendet aufzuzeigen, dass das Problem gar nicht existiert.
Cat with a whip hat geschrieben: Die subjektiven Empfindungen sind jedoch auch noch weiter da.
Ja, aber sie sind nichts weiter als die Verarbeitung der Signale von den Sinnesorganen im Gehirn.
Das findet nach Definition auch beim Zombie statt. Die Frage ist nun, was soll denn noch zusätzlich passieren?
Die Befürworter von Qualia gehen davon aus, dass beim Menschen im Gegensatz zum Zombie eben noch Qualia auftreten. Aber es fehlt die klare Definition, was das sein soll. Wie ich oben schon fragte: Wenn wir einen Zombie und einen Menschen genau untersuchen, und wenn wir wirklich keinen Unterschied feststellen, warum sollte man dann überhaupt davon ausgehen, dass sie sich unterscheiden?
Was bringt es, wenn man a priori davon ausgeht, dass der Mensch über etwas verfügt, was dem Zombie abgeht, und dann sagt, man könne dieses etwas nicht klar definieren? Wenn man gar nicht weiß, wovon man redet, redet man von gar nichts.
Cat with a whip hat geschrieben: Dennett ist derjenige, der ein Problem mit dem Argument der Unwissenschaftlichkeit der Konzepte wegredet und seinen Strohmann aufbaut, diese Begriffe umdeudet und dann so tut als hätte er einen Ausweg gefunden.
Was für ein Strohmann und was für eine Umdeutung?
Cat with a whip hat geschrieben: Solche Gestalten wie Dennett haben natürlich besondere Popularität, weil sie dem Laien scheinbar widerspruchslos ganz die Welt "erklären" können.
Das ist ja nun Rabulistik. Er behauptet nicht, die ganze Welt erklären zu können. Es geht um ein bestimmtes Thema und, ja, hin und wieder kommt es vor, dass jemand etwas erklären kann, was vorher unklar war. Warum die Widerspruchslosigkeit nur scheinbar ist, müsstest du noch zeigen.
Cat with a whip hat geschrieben: Nur ist Dennett selbst der volle Widerspruch, wenn er einmal Qualia und Bewusstsein als Konzept leugnet und bei anderer Gelegenheit die Subjektivität als Tatsache wieder bejaht.
Ich versuche es mal mit meinen Worten:
Subjektiv ist eine Erfahrung, weil die Signale im eigenen Gehirn empfangen und verarbeitet werden. Die Vorgänge im Gehirn, die bei Wahrnehmung der Farbe Rot ablaufen, sind selbstverständlich nicht identisch mit Licht der entsprechenden Wellenlänge. Folglich können sich diese Vorgänge auch von Gehirn zu Gehirn unterscheiden (auch von Zeit zu Zeit im selben Gehirn). Daher ist Subjektivität natürlich eine Tatsache.
Trotzdem entspricht die Wahrnehmung der Farbe Rot eben nur einem bestimmten Zustand im Gehirn. Einem Zustand den auch das Zombie Gehirn aufweisen kann. Daher existiert Qualia nicht als etwas über den Zombie hinausgehendes. Man kann natürlich den Begriff Qualia einfach für die Wahrnehmung verwenden, aber dann hätte auch der Zombie Qualia.
Das ist also kein Widerspruch in Dennetts Aussagen.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Ja, aber sie sind nichts weiter als die Verarbeitung der Signale von den Sinnesorganen im Gehirn.
Ganz großes Kino.

Zu Dennetts Bewusstsein:
http://www.nybooks.com/articles/archive ... -exchange/

Wissenschaft kann derzeit mit ihrer Sprache nicht sagen was Bewusstsein ist:
https://www.dasgehirn.info/denken/bewus ... smus-9582/
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Fr 11. Sep 2015, 20:39, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Wenn du mit dem Artikel etwas bestimmtes sagen willst, dann zitier bitte die entsprechende Stelle.
Oder wolltest du das nur mal so in den Raum stellen?
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von JosefG »

Perdedor » Fr 11. Sep 2015, 19:05 hat geschrieben:Wenn wir einen Zombie und einen Menschen genau untersuchen, und wenn wir wirklich keinen Unterschied feststellen, warum sollte man dann überhaupt davon ausgehen, dass sie sich unterscheiden?
Vielleicht würde man doch einen Unterschied feststellen, wenn man nur genau genug hinschaut. Vielleicht besteht der Unterschied darin, dass der Zombie nicht in der Lage ist, sich über die Rätselhaftigkeit des Bewusstseins zu wundern. Und ich vermute, dass keine in einem Digitalrechner realisierte KI dazu in der Lage ist.
Zuletzt geändert von JosefG am Sa 12. Sep 2015, 05:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

JosefG hat geschrieben: Vielleicht würde man doch einen Unterschied feststellen, wenn man nur genau genug hinschaut.
Aber welcher Art soll der Unterschied dann sein?
Es gehört ja gerade zur Definition des ph. Zombies, dass in seinem Gehirn dieselben Prozesse ablaufen, wie beim Menschen.
JosefG hat geschrieben: Vielleicht besteht der Unterschied darin, dass der Zombie nicht in der Lage ist, sich über die Rätselhaftigkeit des Bewusstseins zu wundern.
Wie stellt man das fest?
Er soll ja in der Lage sein, den Touring Test zu bestehen. In einer philosophischen Diskussion wird er also dieselben Fragen und Antworten geben, wie ein Mensch.
Dazu haben Menschen diesbezüglich sehr unterschiedliche Ansichten. Ich finde das Bewusstsein nicht besonders rätselhaft (das versuche ich in der Diskussion ja gerade zu begründen). Bich ich ein Zombie?
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Perdedor » Sa 12. Sep 2015, 11:22 hat geschrieben:
Es gehört ja gerade zur Definition des ph. Zombies, dass in seinem Gehirn dieselben Prozesse ablaufen, wie beim Menschen.
Das gehört gerade NICHT zur Definition des P-Zombies. Die Motivation der div. Zombieargumentationen ist ja diese bisher nicht geklärten Prozesse zu prüfen.

Das grundlegend gemeinsame des P-Zombie ist fehlendes Bewusstsein oder Qualia. Dann kann man je nach Bedarf weitere Eigenschaften dieses hypotetischen Wesen definieren, wie z.B. physikalische Ununterscheidbarkeit.

Nehmen wir einen Zombie der keinen Geschmack empfinden kann. Er isst ein Stück Schokolade und sagt: "Mmmh! Das ist die beste Schokolade die ich je gegessen habe." Sagen kann er das, was er damit meint ist aber völlig unklar. Nichtmal ob es mit der Handlung in Zusammenhang steht. In dessen Gehirn laufen sicher nicht dieselben Prozesse ab, wie in einem Menschen der tatsächlich Schokolade schmecken kann und diese Äusserung macht. Im menschlichen Gehirn laufen vielleicht ähnliche Prozesse ab die sensomotorische Steuerung des Sprechapparates betreffen. Aber schon bei den Prozessen die das Kauen der Schokolade begleiten wird man schon den Zombie unterscheiden müssen, denn dieser Zombie kann per Definition den Geschmack der Schokolade nicht geniessen und wird seine Zunge daher anders bewegen als ein Mensch. Ein Mensch wird den Spiesebrei aus zerkauter Schokolade im Mund noch willentlich genüsslich an die diversen Geschmacksknospen vorbeiführen um das für ihn angenehme Gefühl zu intensivieren und lange hinauszuzögern. Das deutet auf Prozesse hin, die nicht mehr in einem Zombie vorstellbar wären.

http://plato.stanford.edu/entries/zombies/
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Sa 12. Sep 2015, 17:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Ja, aber sie sind nichts weiter als die Verarbeitung der Signale von den Sinnesorganen im Gehirn.
Da haben wir sie wieder, die klassische Behauptung der Reduktionisten. Gegenstand der Selektion sind nicht nur einzelne Signalmodifikationen sondern auch ein ganzes Gefühl, seine Mischung im Individuum, das Verhalten des Individuums und das seiner Gruppe. Alles jeweils und gleichzeitig. Multilevelkonzept nicht verstanden. Dto. X.

Wenn man gar nicht weiß, wovon man redet, redet man von gar nichts.
Es gibt etwas dazwischen ("Konzept") und etwas darüber hinaus ("Emergenz").

Nachtrag: Mit "manche Schwäne sind grau!", was zum Thema mal als Artikel verlinkt war, aber natürlich von Euch nicht beachtet, damit war nicht gemeint, dass zum Schwarzen Schwan noch ein paar Falsifikationen dazu kommen. Es handelt sich um Fundamentalkritik, dass Phänomenologie eben nicht auf solch Logiksätze runterzubrechen ist. Die Kritik an Popper ist alles andere als neu. Weniger alt ist aber, dass Poppers Idealismus nie wirklich trug. Und ähnliches kann man wohl auch zu Wittgenstein sagen (was der Fall sein könnte, spielt zum Beispiel in der Realität auch eine Rolle). Damit ist ja unbenommen, dass sie geniales Gedankengut erzeugten, nur nehmt mal zur Kenntnis, dass Eure ehrenwerten Philosophen mittlerweile eine zeitliche Einordnung erfahren haben und geht mal neueren Quellen nach.
Zuletzt geändert von Corella am Mo 14. Sep 2015, 17:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Cat with a whip hat geschrieben: Das gehört gerade NICHT zur Definition des P-Zombies. Die Motivation der div. Zombieargumentationen ist ja diese bisher nicht geklärten Prozesse zu prüfen.
Das kommt wohl darauf an, was man unter "Prozess" versteht. Ich zitiere aus dem von dir verlinkten Text:
"If zombies are to be counterexamples to physicalism, it is not enough for them to be behaviorally and functionally like normal human beings: plenty of physicalists accept that merely behavioral or functional duplicates of ourselves might lack qualia. Zombies must be like normal human beings in all physical respects, and they must have the physical properties that physicalists suppose we have."

Wenn sie aber in allen physikalischen Aspekten identisch mit einem Menschen sind, dann müssen auch alle ablaufenden physikalischen Prozesse dieselben sein.
Cat with a whip hat geschrieben: Nehmen wir einen Zombie der keinen Geschmack empfinden kann.
Mag sein, dass irgendein Philosoph das Zombie-Beispiel in diesem Zusammenhang verwendet hat, aber uns interessiert doch eher etwas anderes.
Es gibt auch Menschen die keinen Geschmack empfinden können.
https://en.wikipedia.org/wiki/Ageusia
Für uns interessant wäre aber ein Beispiel bei dem der Zombie über funktionale Geschmacksnerven verfügt. Diese senden Signale ins Gehirn, welche dort verarbeitet werden. Nach einer gewissen Bearbeitungszeit sendet das Gehirn Signale an den Sprechapparat, was zu der Äußerung "Lecker!" führt.
Die Frage ist nun, ob ein solcher Prozess möglich ist, ohne dass Qualia ins Spiel kommen. Und wenn ja, ob die Bearbeitung der Sinneseindrücke im Gehirn dann anders verläuft.
Wenn ja, dann hätten wir Qualia einfach auf einen bestimmten Prozess im Gehirn zurückgeführt und das Problem wäre gelöst. Dann würden dieselben Philospohen aber wieder die Frage stellen, ob es möglich wäre, dass trotz auftreten dieser so identifizierten Prozesse keine Qualia vorhanden sein könnten.

Das ist doch das eigentliche Qualia-Problem. Dass lediglich gewisse Sinneseindrücke fehlen können (wie bei einem Blinden) ist ja banal.

Corella hat geschrieben: Gegenstand der Selektion sind nicht nur einzelne Signalmodifikationen sondern auch ein ganzes Gefühl, seine Mischung im Individuum, das Verhalten des Individuums und das seiner Gruppe.
Ja, aber das ist gerade Emergenz. Diese steht nicht im Widerspruch zu "einzelnen Signalmodifikationen", sondern folgt daraus.
Ich denke nicht, dass die Biologie da anders ist als die Physik.
Temperatur, Entropie etc. sind Gegenstand der Thermodynamik (oberes "Level" im "Multilevelkonzept"). Die Bewegung der einzelnen Teilchen sind das untere Level. Das wird in der Thermodynamik aber nicht betrachtet.
Corella hat geschrieben: Damit ist ja unbenommen, dass sie geniales Gedankengut erzeugten, nur nehmt mal zur Kenntnis, dass Eure ehrenwerten Philosophen mittlerweile eine zeitliche Einordnung erfahren haben und geht mal neueren Quellen nach.
Was heißt das konkret?
Nebenbei bemerkt zitiere ich besagte Philosophen nur der Vollständigkeit halber. Meine eigenen Ansichten sind nicht auf deren Werk angewiesen.
Arbeit. Leben. Zukunft.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Ja, aber das ist gerade Emergenz. Diese steht nicht im Widerspruch zu "einzelnen Signalmodifikationen", sondern folgt daraus.
"folgt daraus" ungleich "nichts weniger als", der Unterschied ist schon entscheidend.
Ich denke nicht, dass die Biologie da anders ist als die Physik.
Konkrete "Folgen" sind welche, von vielen möglichen und haben z.B. eine historische Dimension, die nicht reproduzierbar ist. Ansonsten, das hatten wir ja schon, ist die Frage "wozu?" nicht sinnvoll physikalisch zu stellen, biologisch dagegen sehr. Und da es das Wesen der Emergenz ist, nicht reduzierbar zu sein, ist das wohl auch mehr als eine rein praktische Angelegenheit.
Temperatur, Entropie etc. sind Gegenstand der Thermodynamik (oberes "Level" im "Multilevelkonzept").
So? Nach meinem spontanen Geschmack wäre wohl der "Bienentanz" im unteren-mittleren Level...
Was heißt das konkret?
Konzepte abwägen, statt nur Regeln und Gesetze zu formulieren. Auch Ganzheiten zum Objekt oder Subjekt der Betrachtung zu machen. Zu Deinen Fragen den Thread betreffend: vergleichende Strukturanalysen anzustrengen. Sie liefern keine Logikbeweise, aber Erkenntnisse nach bestem Stand, Wissen und Gewissen, gültig, bis es wieder besser gewusst wird.
Verzicht auf radikale Sätze wie sinngemäß, wenn ich eine Erkenntnislücke habe, dann weiß ich nichts. Die Philosophen kloppen sich da ähnlich engagiert wie andere Berater der Gesellschaften, Radikalität ist da aber sehr fehl am Platze.


Nachtrag: mit "Eurem Zombie" habe ich mich noch nie befasst, muss ich demnächst mal nachholen, danke der Diskussion. Bleibt freundlich miteinander (Cat!), denn das ist doch alles spannend. Nur mal an der Stelle: eine Lanze für Sirene, auch wenn sie nerven kann, aber an der Stelle braucht es doch wohl noch ganz wesentlich eine Appetenz! Hat Dr. phil. Zombie eine solche?
Zuletzt geändert von Corella am Di 15. Sep 2015, 16:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von BlueMonday »

Cat with a whip » Sa 12. Sep 2015, 16:04 hat geschrieben: Sagen kann er das, was er damit meint ist aber völlig unklar.
Das ist bei jedem beliebigen, "normalen" Mitmenschen ja nicht anderes, ist nur Spekulation, ist induktiver Schluss, ist Denkgewohnheit, die fallibel ist, also das, was er vermeintlich "meint", wenn er etwas sagt oder sich sonst wie ausdrückt.

Das einzig Gewisse sind die eigenen "sensations", das unmittelbare Erleben selbst.
Der eigene Eindruck. Das unbegriffene, da noch begriffslose Phänomen. Was dann nach außen dringt, ist allenfalls ein Ausdruck, ein Name, ein Wort, das so offensichtlich nicht identisch sein kann mit dem zugeordneten Eindruck. Er ist tatsächlich etwas völlig anderes.
Die sprachlichen "Verhexungen" beginnen, wenn man sich diesem Unterschied nicht bewusst ist, wenn man nicht mit einer gesunden Portion Sprachkritik oder Sprachskepsis beginnt.

Wie entsteht denn "Sprache"? Als rein spekulativer Koordinierungsversuch.
Ein Akteur erlebt etwas, nimmt etwas mit seinen Sinnen wahr. Das Grollen eines Donners bspw. Und dazu erlebt er vielleicht einen weiteren Akteur in seiner Nähe, der ihm ähnlich erscheint wie er selbst, als Wesen, das hört, sieht, empfindet. Er erschrickt vielleicht bei dem Donnergeräusch, gibt "Laut", gibt eher unbewusst seiner Angst Ausdruck, den der Andere aufnimmt.
Und der Andere zieht vielleicht aus dem zeitlichen Zusammenfall, dieser Koinzidenz des Erlebten Schlüsse. Er hört auch den "Donner"-. empfindet vielleicht auch "Angst". Und ordnet das Alles dem Aufschrei des Anderen zu.
Das Ganze wiederholt sich beim nächsten Donner. Die Feebackschleifen beginnen in Gang zu kommen. Man induziert "Bedeutung", extrahiert das vermeintlich Gleichgebliebene im Wiederholten.
Der Schreckensschrei wird zum Symbol, zum akustischen Fingerzeig für das vermeintlich Identische, er wird moduliert, gezähmt, wird zum kontrollierten, reproduzierbaren Laut, zur besonderen, unterscheidbaren Lautfolge, schließlich zum Wort, zum Namen eines Begriffs, einer Vorstellung, einer Erinnerung.

Aber das Ganze verlässt nie das Reich der Spekulation. Vielleicht meint und empfindet der Andere ganz anders, mal ganz zu schweigen davon, was man da an sich überhaupt bezeichnet hat, ob es ein Ding namens "Donner" jenseits des Eindrucks und gemachten Begriffs überhaupt gibt. Die Frage stellt sich, inwieweit die begriffliche Zurechtmachung die Welt formt, ihr überhaupt erst eine "Gestalt" gibt, die sie an sich gar nicht hat.

Mir bleibt bloß der unmittelbare Eindruck, den ich habe, wenn ich bspw. eine Erdbeere es. Ich weiß nicht, was der Andere bei einem ähnlichen Vorgang empfindet. Kein Wort, kein Symbol, kein äußeres Datum, keine noch só feine Vermessung des Gehirns, keine Zahl/Quantität wird das je vermitteln können. Maximal wird man induktiv schließen. Aber es bleibt eine Äußerlichkeit, eine gemachte Form.
Und auf dieses wird man sich beschränken müssen. Mehr kann man nicht austauschen.

Man kann weitere Begriffe erfinden für vermeintliche "Ganzheiten", fantastische Holismen, der durstigen Wissensprosa weitere Begriffsblüten hinzufügen, immer luftiger, weiter weg vom unmittelbar Erlebbaren,
kann danach fragen, ob es "die Angst" gäbe oder "die Liebe", "die Gesellschaft", einen Geist, ein Bewusstsein, eine Seele, einen Gott oder Erdbeergeschack... Der Irrtum oder die Übertreibung liegt in dem Glauben, man habe eine Erklärung poder Klärung für etwas gefunden, weil man einen Namen wofür auch immer erfunden hat. Man sollte sich erinnern, wozu eben Sprache taugt, erinnern an ihren ureigentlichen Zweck, sich nämlich als handelnde Wesen zu koordinieren, den Gegenüber zu beeinflussen, zu stören, zu beruhigen, abzustoßen, zu täuschen, zu drohen, sein Vertrauen zu gewinnen usw.

Die eigentliche Frage wird dann sein, ob dieses oder jenes neu erfundene Konzept einen zusätzlichen Nutzen stiftet, oder ob es gar Schaden anrichtet, die Frage, wem es nutzt und wem es schaden wird, welches "mehr" es gegenüber kleinteiligeren, demütigeren, bescheideneren, sparsameren, bisherigen Begriffen liefern will, ob am Ende mehr Verklärung denn Klärung erzeugt wird.
Sich letztlich klar zu machen, dass hinter jedem Begriff ein Interesse oder Zweck steht, und jedes Interesse in der Regel kein allgemeines ist, sondern nur Teile berührt.
Zuletzt geändert von BlueMonday am Mi 16. Sep 2015, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Brimborium »

Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Corella » Di 15. Sep 2015, 14:36 hat geschrieben:..... aber an der Stelle braucht es doch wohl noch ganz wesentlich eine Appetenz! Hat Dr. phil. Zombie eine solche?
Per Definition zeigt das Gedankenexperiment "P-Zombie" das Appetenzverhalten.

Nimmt man an, dass dazu die Instanz des bewussten Erlebens für das Subjekts notwendig sei, muß man dies erklären.
Nimmt man es nicht an, hat man ein zusätzliches Problem, denn man müsste weiter erklären warum es dieses Erleben dann in unserer realen Welt trotzdem gibt.

Für einen Verhaltensforscher, der das Lebewesen als Black Box begreift ist das Verhalten widerspruchsfrei vorstellbar. Der braucht die Zombiefrage nicht. Für Kognitionsforscher ist das Verhalten mit einem mathematischen Formalismus erklärbar und in der KI reproduzierbar. Der braucht auch keinen Zombie. Nur der arme Neurobiologe, der dies mit physiologischen Vorgängen erklären soll, also es mit den harten Fakten zu tun hat, macht sich lächerlich, wenn er vorschnell Scheinerklärungen und Metaphern präsentiert.
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Mi 16. Sep 2015, 21:50, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Cat with a whip » Mi 16. Sep 2015, 20:45 hat geschrieben:
Per Definition zeigt das Gedankenexperiment "P-Zombie" das Appetenzverhalten.

Nimmt man an, dass dazu die Instanz des bewussten Erlebens für das Subjekts notwendig sei, muß man dies erklären.
Nimmt man es nicht an, hat man ein zusätzliches Problem, denn man müsste weiter erklären warum es dieses Erleben dann in unserer realen Welt trotzdem gibt.

Für einen Verhaltensforscher, der das Lebewesen als Black Box begreift ist das Verhalten widerspruchsfrei vorstellbar. Der braucht die Zombiefrage nicht. Für Kognitionsforscher ist das Verhalten mit einem mathematischen Formalismus erklärbar und in der KI reproduzierbar. Der braucht auch keinen Zombie. Nur der arme Neurobiologe, der dies mit physiologischen Vorgängen erklären soll, also es mit den harten Fakten zu tun hat, macht sich lächerlich, wenn er vorschnell Scheinerklärungen und Metaphern präsentiert.
Danke. (Mit dem "vorschnell" kann ich mich durchaus anfreunden ;) )
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

verunglückter Post
Zuletzt geändert von Corella am Do 17. Sep 2015, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Das einzig Gewisse sind die eigenen "sensations", das unmittelbare Erleben selbst.
Der eigene Eindruck. Das unbegriffene, da noch begriffslose Phänomen. Was dann nach außen dringt, ist allenfalls ein Ausdruck, ein Name, ein Wort, das so offensichtlich nicht identisch sein kann mit dem zugeordneten Eindruck. Er ist tatsächlich etwas völlig anderes.
Die sprachlichen "Verhexungen" beginnen, wenn man sich diesem Unterschied nicht bewusst ist, wenn man nicht mit einer gesunden Portion Sprachkritik oder Sprachskepsis beginnt.
Strengt man eine vergleichende Strukturanalyse an, dann legt das schon nahe, dass sich beispielsweise der Eindruck, den wir mit "süß" typisieren, zwischen Deinen und meine Ohren durchaus sehr ähnelt und die Typisierung, der Begriff sinnhaft ist. Deine Bezeichnung "völlig" ist daher eine ungesunde Portion Sprachkritik, für den praktischen Gebrauch wäre sie einfach nur radikal.

Aber das Ganze verlässt nie das Reich der Spekulation. Vielleicht meint und empfindet der Andere ganz anders, mal ganz zu schweigen davon, was man da an sich überhaupt bezeichnet hat, ob es ein Ding namens "Donner" jenseits des Eindrucks und gemachten Begriffs überhaupt gibt. Die Frage stellt sich, inwieweit die begriffliche Zurechtmachung die Welt formt, ihr überhaupt erst eine "Gestalt" gibt, die sie an sich gar nicht hat.
So richtig es ist, dass Wahrnehmung immer auch Trugbild ist, so kann man aber auch auf harte Verknüpfungen der "Gestalt der Welt" und lebendiger Phänomene hinweisen. Alle analogen Strukturen weisen schon mal sehr offensichtlich auf äonenlange, konstante Parameter.
Mir bleibt bloß der unmittelbare Eindruck, den ich habe, wenn ich bspw. eine Erdbeere es. Ich weiß nicht, was der Andere bei einem ähnlichen Vorgang empfindet. Kein Wort, kein Symbol, kein äußeres Datum, keine noch só feine Vermessung des Gehirns, keine Zahl/Quantität wird das je vermitteln können. Maximal wird man induktiv schließen. Aber es bleibt eine Äußerlichkeit, eine gemachte Form.
Und auf dieses wird man sich beschränken müssen. Mehr kann man nicht austauschen.
Die Erdbeere regt in sehr ähnlicher Weise so ähnliche Hirnteile an, dass man sie typisieren kann, in Gyrus x und Sulcus y, Amygdala und Hypophyse usw.
Man kann weitere Begriffe erfinden für vermeintliche "Ganzheiten", fantastische Holismen, der durstigen Wissensprosa weitere Begriffsblüten hinzufügen, immer luftiger, weiter weg vom unmittelbar Erlebbaren,
kann danach fragen, ob es "die Angst" gäbe oder "die Liebe", "die Gesellschaft", einen Geist, ein Bewusstsein, eine Seele, einen Gott oder Erdbeergeschack... Der Irrtum oder die Übertreibung liegt in dem Glauben, man habe eine Erklärung poder Klärung für etwas gefunden, weil man einen Namen wofür auch immer erfunden hat. Man sollte sich erinnern, wozu eben Sprache taugt, erinnern an ihren ureigentlichen Zweck, sich nämlich als handelnde Wesen zu koordinieren, den Gegenüber zu beeinflussen, zu stören, zu beruhigen, abzustoßen, zu täuschen, zu drohen, sein Vertrauen zu gewinnen usw.

Die eigentliche Frage wird dann sein, ob dieses oder jenes neu erfundene Konzept einen zusätzlichen Nutzen stiftet, oder ob es gar Schaden anrichtet, die Frage, wem es nutzt und wem es schaden wird, welches "mehr" es gegenüber kleinteiligeren, demütigeren, bescheideneren, sparsameren, bisherigen Begriffen liefern will, ob am Ende mehr Verklärung denn Klärung erzeugt wird.
Sich letztlich klar zu machen, dass hinter jedem Begriff ein Interesse oder Zweck steht, und jedes Interesse in der Regel kein allgemeines ist, sondern nur Teile berührt.
Begriffe, die beispielsweise Erdbeergeschmack beschreiben, wären sicherlich nicht "flüchtig". Wärest Du mit Deiner Haltung nicht so "fest", würde ich mich mit Dir gern auf "flüssig" einigen. So wie Lebensprozesse an Flüssigkeiten gebunden sind, u.a. weil man sie kompartimentieren kann, Gase nicht. "Fest" fehlt die nötige Dynamik.
Du betonst das trennende in sehr radikaler Weise, Begriffe typisieren Gemeinsamkeiten. Die Gefahr des Holismus hast Du erkannt, die Gefahren des Reduktionismus, überträgt man in auf Politik, leider nicht.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Perdedor »

Corella hat geschrieben: Ansonsten, das hatten wir ja schon, ist die Frage "wozu?" nicht sinnvoll physikalisch zu stellen, biologisch dagegen sehr.
Da haben wir uns damals aber nicht drauf geeinigt. ;)
Die Frage "wozu?" kann man a posteriori immer beantworten (auch in der Physik). Das bedeutet aber nicht, dass diese Betrachtungsweise sinnvoll oder gar notwendig ist.
Corella hat geschrieben: Und da es das Wesen der Emergenz ist, nicht reduzierbar zu sein, ist das wohl auch mehr als eine rein praktische Angelegenheit.
Hier liegt wohl der Hund begraben.
Emergenz ist nur rein praktisch nicht reduzierbar (es ist unmöglich das Verhalten jedes einzeln Atoms in einem idealen Gas zu berechnen und damit das makroskopische Verhalten bei steigender Temperatur). Prinzipiell spricht nichts dagegen, dass emergente Phänomene reduzierbar sind. Es gibt einzelne, bei denen das noch nicht gelungen ist (insbesondere in der Biologie), aber keines bei dem dieses Nicht-Gelingen irgendwie tiefer begründet wäre.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Au weia Corella, "Und da es das Wesen der Emergenz ist, nicht reduzierbar zu sein".

Tatsächlich ist es das Wesen der Emergenz selbst nur auf reduktionistische Weise erklärt werden zu können, da sie als neue systemische Eigenschaft aus den Funktionen ihrer natürlichen Konstituenten hervorgeht. Emergenz ist in vielen Beispielen sogar sehr gut ableitbar und mathematisch beschreibbar. So ist die Tempertur eines Gases eine emergente Eigenschaft oder die Viskosität einer Flüssigkeit usw.

Beim hier behandelten Phänomen Bewusstsein ist die Emergenz zwar aus verschiedenen Gründen durchaus plausibel, aber derzeit aufgrund mangelnden Wissens und der Komplexität des Gegenstands nicht ableitbar. Bei biologischen Phänomenen ist Reduktion klar schwierig, aber unter diesem Eindruck kann man Emergenz nicht deuten. Würde man hingegen bei Bewusstsein keine Emergenz unterstellen, müsste man diese Funktion oder Eigenschaft anders erklären, zum Beispiel als fundamental postulieren, was z.B. in der Antike so gemacht wurde (Hypokeimenon). So einfach kommt man aber heute nicht mehr weg.

Heute sind die Mehrheit der Wissenschaftler der Meinung, dass sich Bewusstein zumindest prinzipiell auf neuronale Funktionen reduzieren lässt und das sogar so sein muß, da das naturwissenschaftliche Weltbild kaum noch andere Auswege übrig lässt. Nur wie das in der Praxis gelingen soll ist derzeit völlig ungewiss. Und selbst wenn dies in der Praxis an diesem Fall von Emergenz niemals gelänge, bliebe Emerenz trotzdem nur reduktionistisch erklärbar.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Brimborium »

Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 16:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
Das ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Frage.
;)
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Eine statistische, emergente Größe wie Temperatur mag auf die Aktivität der Partikel reduzierbar sein. Trauen würde ich dem so auch nicht, aber für eine aktive Darlegung muss ich da passen.

((Dürfte wohl die Quantenphysik berühren? Dort ist 1 + 1 nicht notwendig = 2, sondern 2, 0 oder -2 oder so, gell? Da wo sich meine Profession bewegt, ist 1 + 1 ja sowieso nicht gleich 2, weil in der praktischen Anwendung zwei so gleiche Dinge ja gar nicht gegeben sind. Das Detail müsste Blue jetzt eigentlich gefallen ;) Systembiologen ziehen daraus aber andere Schlüsse.))

Aber das Temperaturbeispiel nun auf biologische Untersuchungsaspekte auszudehnen, ist je nach Aspekt überdehnt!
Was Ihr vier, Blue, Perdedor, Cat, X hartnäckig nicht würdigt, ist die Kreativität des Prozesses: Systemeigenschaften entstehen, die es vorher (historische Dimension!) nicht gab. Wer Sozialverhalten oder ökologische Überlebensstrategien untersucht, hat es mit einer Vielzahl emergenter Phänomene unterschiedlicher Komplexionsniveaus zu tun, deren Wirkbeziehungen sich höchst nicht-linear ändern können. Wir sind uns bis auf Blue sicherlich einig, dass wir das Ob einer Reduzibilität auch den Habilitanten der Philosophie überlassen können. In der Praxis werden die Allermeisten, auch Ihr, froh sein, wenn ein Arzt mit den üblichen Checklisten so wage Diagnosen macht und dennoch aussichtsreiche Therapien findet usw. Darin steckt dann viel Deduktion und das ist ein Stück weit richtig und gut.
Das heißt dann im Klartext: bitte gewöhnt Euch solche Alles-oder-nichtsereien wie sinngemäß "wenn ein Wort nicht definiert ist, ist der Satz inhaltsleer" oder Nichts-anderes-alsereien wie "Bewusstsein ist nichts weiter als..." ab! Es gibt keinen fundamentalen Algorithmus, mit dem Gesellschaften am besten wirtschaften, ein Computer Bewusstsein erzeugen wird usw. Biologie wird nicht in Chemie aufgehen, Sozialwissenschaften nicht in Psychologie und diese nicht in Biologie. Ob unscharfe Begriffe nur flüchtig sind oder tiefen Sinn haben, ist eine Frage der guten Praxis. Das ist mühselig, insofern habe ich manchmal das Gefühl, dass das Sehnsüchten nach Einfachheit entgegensteht. Solch Sehnsüchte neigen zu Radikalität. X als Lumper in der Systematik, Blue als Ismus-Enthusiast im Wirtschaftsforum als Beispiele, wo Radikalität sichtbar wird. An vielen anderen Stellen schreibt Ihr mir regelmäßig aus der Seele, unbenommen.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von JosefG »

Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 15:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
Kommt darauf an, was man unter "Materielles" versteht.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

JosefG » Fr 18. Sep 2015, 11:37 hat geschrieben: Kommt darauf an, was man unter "Materielles" versteht.
Bewusstsein, welches nicht an zumindest äußerlich sichtbare Strukturen gebunden wäre, wurde noch nicht allgemeingültig nachgewiesen. Daher wäre es mit den Beobachtungen - soweit nichts übersehen wurde - vereinbar, wenn Bewusstsein mit Aufbau komplexer Strukturen entsteht und mit Zerfall wieder verschwindet. Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, wo es denn eigentlich herkommt, bestenfalls wovon es kommen könnte. Kann sein, dass es im Sinne des Wortes kreativ entsteht, kann sein, dass es etwas aus der Welt entspricht, es abbildet. So wie Augen mit ihrer Struktur die Eigenschaften des Lichtes abbilden. Soweit wir Prozesse verstehen, können wir auch solche Abbildungen darin erkennen. Das wirft mit einiger Berechtigung die Frage auf, warum das bei unverstandenen Prozessen anders sein soll. Und es erinnerte an die christliche Überzeugung vom Menschen als Abbild Gottes.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Corella » Fr 18. Sep 2015, 09:50 hat geschrieben:Eine statistische, emergente Größe wie Temperatur mag auf die Aktivität der Partikel reduzierbar sein. Trauen würde ich dem so auch nicht, aber für eine aktive Darlegung muss ich da passen.

((Dürfte wohl die Quantenphysik berühren? Dort ist 1 + 1 nicht notwendig = 2, sondern 2, 0 oder -2 oder so, gell? Da wo sich meine Profession bewegt, ist 1 + 1 ja sowieso nicht gleich 2, weil in der praktischen Anwendung zwei so gleiche Dinge ja gar nicht gegeben sind. Das Detail müsste Blue jetzt eigentlich gefallen ;) Systembiologen ziehen daraus aber andere Schlüsse.))

Aber das Temperaturbeispiel nun auf biologische Untersuchungsaspekte auszudehnen, ist je nach Aspekt überdehnt!
Was Ihr vier, Blue, Perdedor, Cat, X hartnäckig nicht würdigt, ist die Kreativität des Prozesses: Systemeigenschaften entstehen, die es vorher (historische Dimension!) nicht gab. Wer Sozialverhalten oder ökologische Überlebensstrategien untersucht, hat es mit einer Vielzahl emergenter Phänomene unterschiedlicher Komplexionsniveaus zu tun, deren Wirkbeziehungen sich höchst nicht-linear ändern können. Wir sind uns bis auf Blue sicherlich einig, dass wir das Ob einer Reduzibilität auch den Habilitanten der Philosophie überlassen können. In der Praxis werden die Allermeisten, auch Ihr, froh sein, wenn ein Arzt mit den üblichen Checklisten so wage Diagnosen macht und dennoch aussichtsreiche Therapien findet usw. Darin steckt dann viel Deduktion und das ist ein Stück weit richtig und gut.
Das heißt dann im Klartext: bitte gewöhnt Euch solche Alles-oder-nichtsereien wie sinngemäß "wenn ein Wort nicht definiert ist, ist der Satz inhaltsleer" oder Nichts-anderes-alsereien wie "Bewusstsein ist nichts weiter als..." ab! Es gibt keinen fundamentalen Algorithmus, mit dem Gesellschaften am besten wirtschaften, ein Computer Bewusstsein erzeugen wird usw. Biologie wird nicht in Chemie aufgehen, Sozialwissenschaften nicht in Psychologie und diese nicht in Biologie. Ob unscharfe Begriffe nur flüchtig sind oder tiefen Sinn haben, ist eine Frage der guten Praxis. Das ist mühselig, insofern habe ich manchmal das Gefühl, dass das Sehnsüchten nach Einfachheit entgegensteht. Solch Sehnsüchte neigen zu Radikalität. X als Lumper in der Systematik, Blue als Ismus-Enthusiast im Wirtschaftsforum als Beispiele, wo Radikalität sichtbar wird. An vielen anderen Stellen schreibt Ihr mir regelmäßig aus der Seele, unbenommen.

Eiertanz. Es geht schlicht darum dass man sich nur sinnvoll unterhalten kann wenn man die allgemein akzeptierte Definition von Begriffen ebenso akzeptiert. Es reicht völlig festzuhalten dass man Bewusstsein als emergentes Phänomen begreifen kann. Nur weil im speziellen Fall wegen verschiedener Ursachen eine Reduktion nicht gelingt, ist es nicht zulässig den Begriff generell umzudefinieren wie Sie es taten. Das ist intellektuelle Anarchie. Das nimmt doch niemand ernst.

Man kann sagen: "Die Reduktion von mutmaßlich emergenten Phänomenen ist in manchen naturwissenschaftlichen Fachrichtungen wie der Biologie schwierig, viellleicht sogar unmöglich, weil A, B, C....". Damit hätte niemand ein Problem. Das Wesen der Emergenz beibt aber dass es wenigstens theoretisch im Prinzip reduzierbar ist. Genau diese Vorannahme führt ja erst zur Emergenz.
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

Corella » Fr 18. Sep 2015, 12:05 hat geschrieben:
Bewusstsein, welches nicht an zumindest äußerlich sichtbare Strukturen gebunden wäre, wurde noch nicht allgemeingültig nachgewiesen. Daher wäre es mit den Beobachtungen - soweit nichts übersehen wurde - vereinbar, wenn Bewusstsein mit Aufbau komplexer Strukturen entsteht und mit Zerfall wieder verschwindet. Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, wo es denn eigentlich herkommt, bestenfalls wovon es kommen könnte. Kann sein, dass es im Sinne des Wortes kreativ entsteht, kann sein, dass es etwas aus der Welt entspricht, es abbildet. So wie Augen mit ihrer Struktur die Eigenschaften des Lichtes abbilden. Soweit wir Prozesse verstehen, können wir auch solche Abbildungen darin erkennen. Das wirft mit einiger Berechtigung die Frage auf, warum das bei unverstandenen Prozessen anders sein soll. Und es erinnerte an die christliche Überzeugung vom Menschen als Abbild Gottes.
Bis auf das subjektive Erleben, wo es sich direkt offenbart ist man in der dritten Person auf die Definition von Merkmalen des Bewusstsein angewiesen, sonst macht es keinen Sinn etwas nachweisen zu wollen. Da fängts schon an, eine einheitliche Definition von Bewußtsein zu formulieren.

Augen machen doch noch mehr. Und da wirds ja interessant. Sie bilden nicht nur Eigenschaften des Lichts ab, sondern auch die Geometrie des Lichtursprungs als Fläche und zusammen mit Stereoskopie bieten sie die Grundlage für räumliches Sehen. Dazu leisten sie bereits das Entstehen von Information, indem sie Licht selektiv in Aktionspotentiale umwandeln und Signale modulieren. Das was das Gehirn damit macht, ist nur zum Teil "Abbild". Für die Wahrnehmung wird das meißte aufgrund von Wissen konstruiert und zum Teil sind die semantischen Inhalte völlig hanebüchen, wie zum Beispiel die Einbildung von Farben. Das gibt es in der physikalischen Welt nicht. Farben sind keine Eigenschaft des Lichts. Da fängts nämlich schon an, dass das Gehirn seine eigene Realität produziert. Uns erscheinen die Farben trotzdem so real wie der Gegenstand, von dem dieses Licht ausgeht.

Leider wirkte sich die christliche Vorstellung des Abbild Gottes als fortschrittshemmend in den Disziplinen aus in denen solche Begriffe wie Wahrnehmung, Bewusstein, Seele, Psyche oder Verhalten eine Rolle spielten. Noch im 19 J.h. war es für Wissenschaftler der "Psychologie" (heute Psychiatrie) eher tabu sich laut darüber zu äussern, dass das menschliche Ich-Bewusstein, die Seele/Psyche, Denken oder wie immer man es nennen will aus dem nervösen Substrat zwischen den Ohren hervorgehen könnte. Ja für so ein paar schnöde vegetative Funktionen und elektrische Reizpotentiale um die Peripherie zu steuern, ja dafür war bestenfalls das Gehirngewebe noch zuständig, aber bei der Person hörte es auf. Denn da fühlte sich ja "Gottes Ebenbild" ganz dolle gekränkt. Denn dann wäre man ja nix weiter als'n Affe, der gefälligst über Instinktive ohne "Seele" zu funktionieren habe. Echte Fortschritte in der Psychiatrie machte man als man anerkannte, dass psychische Erkrankung auch auf Erkrankungen des Gehirns zurückzuführen sind.

Auch heute sind diese fortschrittsfeindlichen Vorstellungen in der vermeintlich aufgeklärten westlichen Welt weit verbreitet. Da wird mystifiziert und esotherisch philosophiert nur um in der menschlichen Psyche irgendeine neue naturreligiöse Heiligkeit oder eine unergründbare Wesenhaftigkeit fortleben zulassen. Alleine die vielen Gekränkten mit ihren Spukgeschichten, die ihren Trost darin finden, zu hoffen sie wären unsterblich oder ihre Seele käme in den Himmel oder ihre Bwusstsein würde mit dem Universum verschmelzen und ähnliches.
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Fr 18. Sep 2015, 21:30, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Was ist Bewusstsein?

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Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 20:21 hat geschrieben:
Augen machen doch noch mehr. Und da wirds ja interessant. Sie bilden nicht nur Eigenschaften des Lichts ab, sondern auch die Geometrie des Lichtursprungs als Fläche und zusammen mit Stereoskopie bieten sie die Grundlage für räumliches Sehen. Dazu leisten sie bereits das Entstehen von Information, indem sie Licht selektiv in Aktionspotentiale umwandeln und Signale modulieren. Das was das Gehirn damit macht, ist nur zum Teil "Abbild". Für die Wahrnehmung wird das meißte aufgrund von Wissen konstruiert und zum Teil sind die semantischen Inhalte völlig hanebüchen, wie zum Beispiel die Einbildung von Farben. Das gibt es in der physikalischen Welt nicht. Farben sind keine Eigenschaft des Lichts. Da fängts nämlich schon an, dass das Gehirn seine eigene Realität produziert. Uns erscheinen die Farben trotzdem so real wie der Gegenstand, von dem dieses Licht ausgeht.
da hätte ich mal n`paar fragen:
wenn ich jetzt ,evolutionsmäßig betrachtet, an die erfindung des auges herangehe; wie kam es zustande, daß ein auge überhaupt entstand ? ich meine damit, woher wußte die evolution/selektion, daß es überhaupt sowas wie sehen gibt ? und das es nur eines evolutionären ablaufs bedarf, damit dies in der realen welt zum tragen kommt. oder reicht da emergenz vollkommen aus, um das zu erklären ? sprich, der reine zufall der chemischen mischungen ? mir erscheint der vorgang gesteuert. aber von wem ? erfahrungssammelndes bewußtsein( die erfahrungen müssen mindestens genetisch weitergegeben werden) oder zufälligen molekülketten ?
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Cat with a whip »

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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 16:32 hat geschrieben:

Eiertanz. Es geht schlicht darum dass man sich nur sinnvoll unterhalten kann wenn man die allgemein akzeptierte Definition von Begriffen ebenso akzeptiert. Es reicht völlig festzuhalten dass man Bewusstsein als emergentes Phänomen begreifen kann. Nur weil im speziellen Fall wegen verschiedener Ursachen eine Reduktion nicht gelingt, ist es nicht zulässig den Begriff generell umzudefinieren wie Sie es taten. Das ist intellektuelle Anarchie. Das nimmt doch niemand ernst.

Man kann sagen: "Die Reduktion von mutmaßlich emergenten Phänomenen ist in manchen naturwissenschaftlichen Fachrichtungen wie der Biologie schwierig, viellleicht sogar unmöglich, weil A, B, C....". Damit hätte niemand ein Problem. Das Wesen der Emergenz beibt aber dass es wenigstens theoretisch im Prinzip reduzierbar ist. Genau diese Vorannahme führt ja erst zur Emergenz.
Top down oder bottom up, ist der eigentliche Streit im Hintergrund. Das Rechts-links-Geseier des Wirtschaftsforums landet hier im Grundsätzlichen. Ansonsten: Reduktion als Ismus ist eine Nichts-anderes-alserei. Wenn Du meinst, das sei umdefiniert, dann kannst Du das nur aus der Sicht eines der beiden Lager so sagen!
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Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Corella »

Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 20:21 hat geschrieben:
Bis auf das subjektive Erleben, wo es sich direkt offenbart ist man in der dritten Person auf die Definition von Merkmalen des Bewusstsein angewiesen, sonst macht es keinen Sinn etwas nachweisen zu wollen. Da fängts schon an, eine einheitliche Definition von Bewußtsein zu formulieren.

Augen machen doch noch mehr. Und da wirds ja interessant. Sie bilden nicht nur Eigenschaften des Lichts ab, sondern auch die Geometrie des Lichtursprungs als Fläche und zusammen mit Stereoskopie bieten sie die Grundlage für räumliches Sehen. Dazu leisten sie bereits das Entstehen von Information, indem sie Licht selektiv in Aktionspotentiale umwandeln und Signale modulieren. Das was das Gehirn damit macht, ist nur zum Teil "Abbild". Für die Wahrnehmung wird das meißte aufgrund von Wissen konstruiert und zum Teil sind die semantischen Inhalte völlig hanebüchen, wie zum Beispiel die Einbildung von Farben. Das gibt es in der physikalischen Welt nicht. Farben sind keine Eigenschaft des Lichts. Da fängts nämlich schon an, dass das Gehirn seine eigene Realität produziert. Uns erscheinen die Farben trotzdem so real wie der Gegenstand, von dem dieses Licht ausgeht.

Leider wirkte sich die christliche Vorstellung des Abbild Gottes als fortschrittshemmend in den Disziplinen aus in denen solche Begriffe wie Wahrnehmung, Bewusstein, Seele, Psyche oder Verhalten eine Rolle spielten. Noch im 19 J.h. war es für Wissenschaftler der "Psychologie" (heute Psychiatrie) eher tabu sich laut darüber zu äussern, dass das menschliche Ich-Bewusstein, die Seele/Psyche, Denken oder wie immer man es nennen will aus dem nervösen Substrat zwischen den Ohren hervorgehen könnte. Ja für so ein paar schnöde vegetative Funktionen und elektrische Reizpotentiale um die Peripherie zu steuern, ja dafür war bestenfalls das Gehirngewebe noch zuständig, aber bei der Person hörte es auf. Denn da fühlte sich ja "Gottes Ebenbild" ganz dolle gekränkt. Denn dann wäre man ja nix weiter als'n Affe, der gefälligst über Instinktive ohne "Seele" zu funktionieren habe. Echte Fortschritte in der Psychiatrie machte man als man anerkannte, dass psychische Erkrankung auch auf Erkrankungen des Gehirns zurückzuführen sind.

Auch heute sind diese fortschrittsfeindlichen Vorstellungen in der vermeintlich aufgeklärten westlichen Welt weit verbreitet. Da wird mystifiziert und esotherisch philosophiert nur um in der menschlichen Psyche irgendeine neue naturreligiöse Heiligkeit oder eine unergründbare Wesenhaftigkeit fortleben zulassen. Alleine die vielen Gekränkten mit ihren Spukgeschichten, die ihren Trost darin finden, zu hoffen sie wären unsterblich oder ihre Seele käme in den Himmel oder ihre Bwusstsein würde mit dem Universum verschmelzen und ähnliches.
Kaum Widerspruch, die Allegorie als solche finde ich trotzdem faszinierend. Und auch wenn Du die Beispiele durchaus kompetent mehrst, so bleibt die Frage, woher die neuen Eigenschaften denn kommen, ähnlich den Qualia doch rätselhaft. Und die sehr verwegene Frage, ob und was denn solch neue Eigenschaften von der Welt abbilden, hat - wie gesagt - einige Berechtigung. Die Welt ist mystisch. Du musst - denke ich - ein wenig aufpassen, nicht ganz ähnlich den Gläubigen, offene Fragen Deinerseits zu beantworten, indem eine reduktionistische Erklärung einfach unterstellt wird, auch wenn man sie (evtl. nur vermeintlich) noch nicht kennt. So wie X mir zurecht mal einwarf, ich solle den Reduktionismus nicht verachten, denn er hätte mehr zustande gebracht - so müsst Ihr aufpassen, den Wald vor lauter Bäumen zu übersehen. Immer wieder mein stures Leierbeispiel: Meeresüberfischung löst Du durch Einhaltung von Quoten und Schutzzonen, nicht allein durch fundamentale Marktmechanismen. Deduktiver Ansatz.
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