Chancen für einen europäischen Föderalismus

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Moses
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Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Moses »

Der ehemalige Bürgermeister von Hamburg und SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi vermisst ein "vereinigtes Europa", aber ein föderalistischeres.

Was kann er meinen?
Mehr Macht für die "Zentrale"? Mehr konkurrierende Gesetzgebung (kennen wir ja aus Deutschland)? Oder gar ein völlig neues föderales System?

Zur Vorbereitung auf die Diskussion gibt es unzähligen Lesestoff zum Thema, ich persönlich empfehle für einen schnellen, einfachen Zugang folgenden Artikel:

http://www.bpb.de/apuz/209070/chancen-e ... smus?p=all

Eine Bitte noch, keine Kommunismus Diskussionen und keine "Der Westen wird untergehen" Prophezeiungen!
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

Moses » Di 21. Jul 2015, 11:46 hat geschrieben:Der ehemalige Bürgermeister von Hamburg und SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi vermisst ein "vereinigtes Europa", aber ein föderalistischeres.

Was kann er meinen?
Mehr Macht für die "Zentrale"? Mehr konkurrierende Gesetzgebung (kennen wir ja aus Deutschland)? Oder gar ein völlig neues föderales System?

Zur Vorbereitung auf die Diskussion gibt es unzähligen Lesestoff zum Thema, ich persönlich empfehle für einen schnellen, einfachen Zugang folgenden Artikel:

http://www.bpb.de/apuz/209070/chancen-e ... smus?p=all

Eine Bitte noch, keine Kommunismus Diskussionen und keine "Der Westen wird untergehen" Prophezeiungen!
Das ist für aktive Politiker seiner Generation typisch. Das ist das Denken der 80er/90er. Wenn man Ende der 80er vielleicht in Poppenreuth in der Schule saß, dann schrieb man Aufsätze zur Frage, ob man lieber ein Europa der Vaterländer oder ein geeintes Europaland haben möchte. Der Zeitgeist war mehr für letzteres. Die reale Diskussion um die europäische Integration läuft natürlich ganz anders. Aber das sprengt den Rahmen einer Doppelstunde.

Wie es der Hamburger genau meint, weiß er nur selber. Vermutlich möchte er die realen Verhältnisse, dass bestimmte wenige Aufgaben für alle verbindlich auf EU-Ebene gelöst werden und andere in den Staaten selbst, in einer Art EU-Staatshülle verwirklicht sehen. So wie Bund und Länder bei uns.
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frems
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

SoleSurvivor » Di 21. Jul 2015, 12:57 hat geschrieben: Wie es der Hamburger genau meint, weiß er nur selber. Vermutlich möchte er die realen Verhältnisse, dass bestimmte wenige Aufgaben für alle verbindlich auf EU-Ebene gelöst werden und andere in den Staaten selbst, in einer Art EU-Staatshülle verwirklicht sehen. So wie Bund und Länder bei uns.
Kurz zum Interview (http://www.deutschlandfunk.de/europaeis ... _id=325853). Er plädiert zwar für ein geeintes Europa, das sich aber zugleich auf weniger "Europa-Kompetenzen" beruhen sollte. Sprich, primär Kompetenzen zu den Nationalstaaten und vor allem untere Entitäten (Bundesländer, ...) zurückholen, aber zugleich (Banken, Armee, Außenpolitik, Energie, Verbraucherschutz, .. ?) Bereiche nach "oben" abgeben, die dort sinnvoller sind als auf der Nationalebene, auch wenn Nationalpolitiker dies ungern "verlieren" möchten.
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Moses
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Moses »

SoleSurvivor » Di 21. Jul 2015, 12:57 hat geschrieben: Das ist für aktive Politiker seiner Generation typisch. Das ist das Denken der 80er/90er. Wenn man Ende der 80er vielleicht in Poppenreuth in der Schule saß, dann schrieb man Aufsätze zur Frage, ob man lieber ein Europa der Vaterländer oder ein geeintes Europaland haben möchte. Der Zeitgeist war mehr für letzteres. Die reale Diskussion um die europäische Integration läuft natürlich ganz anders. Aber das sprengt den Rahmen einer Doppelstunde.

Wie es der Hamburger genau meint, weiß er nur selber. Vermutlich möchte er die realen Verhältnisse, dass bestimmte wenige Aufgaben für alle verbindlich auf EU-Ebene gelöst werden und andere in den Staaten selbst, in einer Art EU-Staatshülle verwirklicht sehen. So wie Bund und Länder bei uns.
Ich selbst glaube nicht, dass das System der Bundesrepublik auf Dauer gut für Europa wäre jedoch das momentane System, vor allem die sogenannte Flexibilitätsklusel im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art 352) scheint mir tatsächlich ein Hindernis zu sein. Eine klare Zuweisung von Kompetenzen und ein transparenterer Umgang mit den Entscheidungsbefugnissen würde hier schon einiges Helfen. Wer in der EU weiß denn schon, wo die Kompetenzen genau liegen und vor allem warum sie genau so verteilt wurden.
Es ist ja nicht wirklich das Problem, dass die EU zu viele Kompetenzen zu lasten der Selbstbestimmung der einzelnen Länder hat, sondern das es nicht erkennbar ist wer genau jetzt abschließend verantwortlich ist.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

frems » Di 21. Jul 2015, 12:05 hat geschrieben: Kurz zum Interview (http://www.deutschlandfunk.de/europaeis ... _id=325853). Er plädiert zwar für ein geeintes Europa, das sich aber zugleich auf weniger "Europa-Kompetenzen" beruhen sollte. Sprich, primär Kompetenzen zu den Nationalstaaten und vor allem untere Entitäten (Bundesländer, ...) zurückholen, aber zugleich (Banken, Armee, Außenpolitik, Energie, Verbraucherschutz, .. ?) Bereiche nach "oben" abgeben, die dort sinnvoller sind als auf der Nationalebene, auch wenn Nationalpolitiker dies ungern "verlieren" möchten.
Ein solcher Deal kann bestimmte Entscheidungen, die vielleicht früher mal richtig waren, an die heutige Zeit anpassen.
Zudem kann man in dem Zug viele Institutionen aufräumen, die heute so halb EU, halb Sondervertrag sind.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Moses »

frems » Di 21. Jul 2015, 13:05 hat geschrieben: Kurz zum Interview (http://www.deutschlandfunk.de/europaeis ... _id=325853). Er plädiert zwar für ein geeintes Europa, das sich aber zugleich auf weniger "Europa-Kompetenzen" beruhen sollte. Sprich, primär Kompetenzen zu den Nationalstaaten und vor allem untere Entitäten (Bundesländer, ...) zurückholen, aber zugleich (Banken, Armee, Außenpolitik, Energie, Verbraucherschutz, .. ?) Bereiche nach "oben" abgeben, die dort sinnvoller sind als auf der Nationalebene, auch wenn Nationalpolitiker dies ungern "verlieren" möchten.
Ist im Grunde doch ein vertretbarer Ansatz. Die Bundesländer haben sicherlich auch eine Kompetenzen nur ungern an den Bund abgegeben und ob die Zuständigkeiten, welche bei den Ländern liegen dort auch immer gut aufgehoben sind weiß ich auch nicht - seis drum, wenn es nach nachvollziehbaren Regeln erfolgt und der Souverän genau weiß in welchem, von ihm gewählten Parlament welche Entscheidungen abschließend getroffen werden, dann ist die EU auch kein Monster sondern ein Gestaltungswerkzeug.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

Vielleicht kann die EU funktionieren wie die USA, das die europäischen Staaten ein Status wie die Bundesstaaten in den USA
haben, mit eigenen Gesetzen und auf ihre Regionale Besonderheiten zugeschnitten sind. Aber das in Brüssel wie in Washington eine Regierung sitzt eine einheitliche EU Polizei wie das FBI, eine europäische Armee und keine nationalen Armeen mehr.

Die Regierung der EU sollte gewählt werden von einheitlichen Parteien, dann sollten sich Linke, die Grünen Konservativen und die Rechten zu einer europäischen Partei zusammenschließen. Dann spielt es auch keine Rolle mehr ob der Präsident aus Deutschland oder Griechenland kommt. Er hat die Interessen der EU zu vertreten nicht seines Herkunftlandes.

Ich glaube nur so hätte die EU auf Dauer eine gute Chance mit den Großen mithalten zu können oder dazu gehören.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Sibaliu » Mi 22. Jul 2015, 15:34 hat geschrieben:Vielleicht kann die EU funktionieren wie die USA, das die europäischen Staaten ein Status wie die Bundesstaaten in den USA
haben, mit eigenen Gesetzen und auf ihre Regionale Besonderheiten zugeschnitten sind. Aber das in Brüssel wie in Washington eine Regierung sitzt eine einheitliche EU Polizei wie das FBI, eine europäische Armee und keine nationalen Armeen mehr.

Die Regierung der EU sollte gewählt werden von einheitlichen Parteien, dann sollten sich Linke, die Grünen Konservativen und die Rechten zu einer europäischen Partei zusammenschließen. Dann spielt es auch keine Rolle mehr ob der Präsident aus Deutschland oder Griechenland kommt. Er hat die Interessen der EU zu vertreten nicht seines Herkunftlandes.

Ich glaube nur so hätte die EU auf Dauer eine gute Chance mit den Großen mithalten zu können oder dazu gehören.
Ich denke, die Idee der Vereinigten Staaten von Europa setzt eine europäische Identität bei einer deutlichen Mehrheit der Menschen in Europa voraus. Gibt es denn diese Identität? Also in der jetzigen Situation einen griechischen EU-Präsidenten, ich weiß ja nicht, wie das bei den Deutschen ankäme.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

Sibaliu » Mi 22. Jul 2015, 14:34 hat geschrieben:Vielleicht kann die EU funktionieren wie die USA, das die europäischen Staaten ein Status wie die Bundesstaaten in den USA
haben, mit eigenen Gesetzen und auf ihre Regionale Besonderheiten zugeschnitten sind. Aber das in Brüssel wie in Washington eine Regierung sitzt eine einheitliche EU Polizei wie das FBI, eine europäische Armee und keine nationalen Armeen mehr.
Das wären für Deutschland lauter Nachteile.
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Sibaliu
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

Helmuth_123 » Mi 22. Jul 2015, 15:56 hat geschrieben:
Ich denke, die Idee der Vereinigten Staaten von Europa setzt eine europäische Identität bei einer deutlichen Mehrheit der Menschen in Europa voraus. Gibt es denn diese Identität? Also in der jetzigen Situation einen griechischen EU-Präsidenten, ich weiß ja nicht, wie das bei den Deutschen ankäme.

Warum soll das für Deutschland ein Problem sein ? So ein Präsident wird gewählt und zwar von ganz Europa , die Partei stellt wie in den USA ihren Kandidaten auf, so das der Präsident von der ganzen EU mitgetragen wird, anders kann es nicht funktionieren und immer bloss irgendwelche Parteien wählen die dann in Brüssel sitzen und nur rumreden, ist niemand geholfen.
SoleSurvivor » Mi 22. Jul 2015, 16:14 hat geschrieben: Das wären für Deutschland lauter Nachteile.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von odiug »

Helmuth_123 » Mi 22. Jul 2015, 14:56 hat geschrieben:
Ich denke, die Idee der Vereinigten Staaten von Europa setzt eine europäische Identität bei einer deutlichen Mehrheit der Menschen in Europa voraus. Gibt es denn diese Identität? Also in der jetzigen Situation einen griechischen EU-Präsidenten, ich weiß ja nicht, wie das bei den Deutschen ankäme.
Na ja ... die Bayern nehmen ja schon seit Beginn eines geeinten Deutschland Saupreussen oder Fischkoepp als Kanzler hin und das funktioniert ja auch ... wenn auch mit lautem Gemotze.
Ich bin aber dagegen, die EU an den USA zu orientieren.
Ich halte nichts davon, Europa als Nationalstaat zu begreifen.
Europa sollte vielmehr die Ueberwindung des Nationalstaats anstreben, nicht einen Uebernationalstaat schaffen.
Frag mich jetzt aber nicht, wie das genau im Detail ausschauen soll ... auf jeden Fall anders, als was wir bisher kennen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Excellero »

Wenn es nach mir ginge würde man die EU auflösen und das ganze zurück bauen zur EWG eine reine wirtschaftliche Kooperation zwischen Nationalstaaten.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

Excellero » Mi 22. Jul 2015, 22:18 hat geschrieben:Wenn es nach mir ginge würde man die EU auflösen
Ja gut, da kann man aber auch fragen, warum es ausgerechnet nach dir gehen muss. Andere würden vielleicht die EU-Länder auflösen und Eurogaue einrichten, in denen Menschen als EU-Bürger ihre regionale Selbstverwaltung regeln. Manche würden eine europaweite einheitliche Krankenkasse aufbauen. Andere stehen auf eine EU-Armee oder auf ein europaweit gleiches Steuersystem. Angela Merkel als Europakanzlerin können sich auch manche vorstellen. Unbedingt sollte auch die Mongolei Teil der EU sein.

Die EU bietet viele Möglichkeiten der Fortentwicklung und Vertiefung. Die Demokratie entscheidet, wohin die Reise geht. Es sollte möglichst viel auf EU- und auf Kommunalebene geregelt werden, sagen manche. Subsidiarität statt Nationalismus.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von zollagent »

Excellero » Mi 22. Jul 2015, 23:18 hat geschrieben:Wenn es nach mir ginge würde man die EU auflösen und das ganze zurück bauen zur EWG eine reine wirtschaftliche Kooperation zwischen Nationalstaaten.
Das ist es, was z.B. die Briten wollen. Und die sind in einer Außenseiterposition, nicht mal im eigenen Land ist man da einig. Die Schotten werden nämlich im Falle eines britische EU-Austritts ihre Unabhängigkeit noch mal aufs Tapet bringen.
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Sibaliu
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

Eine Auflösung der EU ist ein Fehler, der Gedanke Europa als ein Staat zusammenzufassen empfinde ich als was grossartiges und einzigartiges auf dieser Welt, Viele Staaten mit einer Währung, mit einheitlichen Gesetzen die auf einer guten Grundlage beruhen.
Gesetze des Humanismus, Gleichbehandlung, Naturschutz auf fast ganz Europa.

Warum gibt es denn Probleme in der EU, mit den Euro Griechenland Südeuropa ?
Ganz einfach, weil die Nationalen Interessen der einzelnen Politiker der EU immer noch im Vordergrund stehen, weil sie immer noch in Grenzen denken und weniger Rücksicht auf die Belange der anderen Staaten nehmen und so Europa immer noch nicht als ganzes erfassen.
Dann die Korruption und oft Verlogenheit der Politiker, wäre von Anfang an ein harter Kurs für die Aufnahme in der Euro Zone durchgesetzt worden, hätten wir die Probleme mit Griechenland jetzt nicht.
Für die EU ist das jetzt eine sehr harte Bewährungs- und Belastungsprobe, wenn sie das jetzt durchsteht und schafft ihre Probleme zu lösen, wird sie nicht nur gestärkt daraus hervorgehen sondern auf der Geopolitische Ebene ein ernsthafter Partner und auch Gegner sowohl für den Osten als auch für die USA bedeuten. Niemand wird dann an Europa vorbeikommen, wenn es um grosse Entscheidungen geht.
Außerdem jeder von euch profitiert von der EU, jeder kann ohne Wechselkurse fast die gesamte EU bereisen, kann überall arbeiten
und die Zeiten wo deutsche Firmen nach Polen oder Rumänien auswandern weil dort die Löhne extrem billiger sind, wird mehr und mehr vorbei sein.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von NMA »

frems » Di 21. Jul 2015, 13:05 hat geschrieben: Kurz zum Interview (http://www.deutschlandfunk.de/europaeis ... _id=325853). Er plädiert zwar für ein geeintes Europa, das sich aber zugleich auf weniger "Europa-Kompetenzen" beruhen sollte. Sprich, primär Kompetenzen zu den Nationalstaaten und vor allem untere Entitäten (Bundesländer, ...) zurückholen, aber zugleich (Banken, Armee, Außenpolitik, Energie, Verbraucherschutz, .. ?) Bereiche nach "oben" abgeben, die dort sinnvoller sind als auf der Nationalebene, auch wenn Nationalpolitiker dies ungern "verlieren" möchten.
Da wird es dann schon schwierig. Welche Kompetenzen wohin?

Auch wenn die EU die Sicherheitslage der europäischen Staaten revolutioniert hat und der Krieg unter den europäischen Völkern etwa so unwahrscheinlich ist wie seit dem Präkambrium nicht mehr, ist der Eingriff auf die nationale Sicherheitspolitik schon vergleichbar mit "an den Eiern packen". Ich hielte eine EU-Armee für sinnvoll. Eine, die nur in Teilen und ganz langsam nationale Armeen ersetzt. Womöglich sind die deutschen dahingehend noch am devotesten, aber bei unserem Atommächten in der Nachbarschaft hörts sicher schon gleich auf. Und wer soll sich denn dann sonst freimachen, wenn schon die drei großen Militärmächte sicherlich nicht einig werden. Bei vielen würden aber die Alarmglocken schrillen.

Bei mir klingen dieselben beim Thema Verbraucherschutz. Mein Vertrauen in die deutschen Standards ist summa summarum so hoch, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass etwaige Fusionierungen in irgendeiner Form Vorteile bringen könnten. Einen wirtschaftlichen Handlungsbedarf sehe ich nicht. Man kauft in Asien und den USA prinzipiell sicherlich lieber deutsche als europäische Produkte. Und mit TTIP kannst mich jagen.

Die "Vereinigten Staaten von Europa" sind ein ehernes Ziel. Aber Einigung in der Frage, welche Kompenzen wohin gehören, halte ich für utopisch. Zumal derzeit ja alles wieder so läuft, dass zukünftige Generationen wohl leider wieder eher national fühlen und denken werden.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

NMA » Do 23. Jul 2015, 10:54 hat geschrieben:
Da wird es dann schon schwierig. Welche Kompetenzen wohin?

Auch wenn die EU die Sicherheitslage der europäischen Staaten revolutioniert hat und der Krieg unter den europäischen Völkern etwa so unwahrscheinlich ist wie seit dem Präkambrium nicht mehr, ist der Eingriff auf die nationale Sicherheitspolitik schon vergleichbar mit "an den Eiern packen". Ich hielte eine EU-Armee für sinnvoll. Eine, die nur in Teilen und ganz langsam nationale Armeen ersetzt. Womöglich sind die deutschen dahingehend noch am devotesten, aber bei unserem Atommächten in der Nachbarschaft hörts sicher schon gleich auf. Und wer soll sich denn dann sonst freimachen, wenn schon die drei großen Militärmächte sicherlich nicht einig werden. Bei vielen würden aber die Alarmglocken schrillen.

Bei mir klingen dieselben beim Thema Verbraucherschutz. Mein Vertrauen in die deutschen Standards ist summa summarum so hoch, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass etwaige Fusionierungen in irgendeiner Form Vorteile bringen könnten. Einen wirtschaftlichen Handlungsbedarf sehe ich nicht. Man kauft in Asien und den USA prinzipiell sicherlich lieber deutsche als europäische Produkte. Und mit TTIP kannst mich jagen.

Die "Vereinigten Staaten von Europa" sind ein ehernes Ziel. Aber Einigung in der Frage, welche Kompenzen wohin gehören, halte ich für utopisch. Zumal derzeit ja alles wieder so läuft, dass zukünftige Generationen wohl leider wieder eher national fühlen und denken werden.
Ich finde die schwedischen, deutschen auch die schweizerischen Standards für Verbraucherschutz auch sehr gut und würde sie nicht gegen andere eintauschen wollen. Wenn dann sollten die besten Standards eines Landes von der EU übernommen werden.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von NMA »

Mich dünkt aber, europäische Standards werden hauptsächlich den Zweck haben, sich von amerikanischen oder chinesischen beeinflussen oder aushebeln zu lassen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

Die nationalen Standards bleiben ja bestehen und werden nicht aufgelöst, nur dürfen sie nicht schlechter sein, als die der EU.
Die Gefahr einer Aushebelung vor allem aus den USA sehe ich ja auch, gerade durch das Freihandelsabkommen, was Firmen die Möglichkeit schaffen soll, gegen EU Standards zu klagen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von zollagent »

Sibaliu » Do 23. Jul 2015, 11:06 hat geschrieben:Die nationalen Standards bleiben ja bestehen und werden nicht aufgelöst, nur dürfen sie nicht schlechter sein, als die der EU.
Die Gefahr einer Aushebelung vor allem aus den USA sehe ich ja auch, gerade durch das Freihandelsabkommen, was Firmen die Möglichkeit schaffen soll, gegen EU Standards zu klagen.
Das dürfte wohl etwas vereinfacht ausgedrückt sein. Klagen werden, so weit ich das mitbekommen habe, nur gegen diskriminierende Standards möglich sein. Sprich, Standards, die Einheimische Firmen nicht auch betreffen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Sibaliu »

zollagent » Do 23. Jul 2015, 11:28 hat geschrieben: Das dürfte wohl etwas vereinfacht ausgedrückt sein. Klagen werden, so weit ich das mitbekommen habe, nur gegen diskriminierende Standards möglich sein. Sprich, Standards, die Einheimische Firmen nicht auch betreffen.
Das Problem ist doch, das die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen so gut wie hinter verschlossene Türen verlaufen.
Die Bedenken, der Klein und Mittelständischen Unternehmen und vor allem kleinere Bauernbetriebe, die ja sowieso einen enormen Druck jetzt schon von grossen Unternehmen ausgesetzt sind, sind doch auch berechtigt, denn die guten Standards in Qualität
Arbeitsschutz usw. dürfen durch das Freihandelsabkommen nicht aufgehoben werden, nur damit amerikanische Firmen
besser mit heimischen konkurrieren können.

Ja ich drücke mich hier einfach aus, weil es nicht mein Fachgebiet ist und ich nur das mitbekomme was über den Medien und Veröffentlichungen läuft bzw. was man hin und wieder über einen Fachbeitrag zu lesen bekommt
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von NMA »

zollagent » Do 23. Jul 2015, 11:28 hat geschrieben: Das dürfte wohl etwas vereinfacht ausgedrückt sein. Klagen werden, so weit ich das mitbekommen habe, nur gegen diskriminierende Standards möglich sein. Sprich, Standards, die Einheimische Firmen nicht auch betreffen.

Es weiß keiner wirklich, was die da ausbaldowern.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von zollagent »

NMA » Do 23. Jul 2015, 12:43 hat geschrieben:

Es weiß keiner wirklich, was die da ausbaldowern.
Bei Verhandlungen durchaus üblich. Solche Gespräche sind nicht öffentlich.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Sibaliu » Mi 22. Jul 2015, 22:44 hat geschrieben:

Warum soll das für Deutschland ein Problem sein ? So ein Präsident wird gewählt und zwar von ganz Europa , die Partei stellt wie in den USA ihren Kandidaten auf, so das der Präsident von der ganzen EU mitgetragen wird, anders kann es nicht funktionieren und immer bloss irgendwelche Parteien wählen die dann in Brüssel sitzen und nur rumreden, ist niemand geholfen.
Kannst Du Dir nicht die Bildschlagzeilen bei einer griechischen EU-Präsidenten in der jetzigen Situation vorstellen? Wie gesagt, ich denke ein europäischer Föderalstaat setzt eine starke europäische Identität bei der Mehrheitsbevölkerung voraus, sonst platzt die ganze Sache. Ich weiß nicht, ob diese europäische Identität bei der Mehrheitsbevölkerung Europas besteht. Ich kann nur von mir sagen, dass sie bei mir nur wenig ausgeprägt ist. Wenn mich jemand fragt: "Was bist Du?" dann würde ich antworten "Ich bin Deutscher und Thüringer." "Ich bin Europäer." würde ich wahrscheinlich nur sagen, wenn es darum geht, dass mich ein französischer Fremdenlegionär aus dem Dschungel Südostasiens oder Afrikas retten soll.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Excellero » Mi 22. Jul 2015, 23:18 hat geschrieben:Wenn es nach mir ginge würde man die EU auflösen und das ganze zurück bauen zur EWG eine reine wirtschaftliche Kooperation zwischen Nationalstaaten.
Ich bin da ähnlicher Meinung. Rückbau der EU hin zur Freihandelszone und zu einen Verteidigungsbündnis.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

Helmuth_123 » Fr 24. Jul 2015, 20:08 hat geschrieben:
Ich bin da ähnlicher Meinung. Rückbau der EU hin zur Freihandelszone und zu einen Verteidigungsbündnis.
Das wäre ständig ein Vorrangstreit mit diesem anderen Furunkel.
Die EU ist ein nützliches Instrument deutscher Wirtschafts- und Außenpolitik in und um Europa. Man sollte sie nicht leichtfertig preisgeben.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Checkpointe »

odiug » Mi 22. Jul 2015, 22:00 hat geschrieben: Europa sollte vielmehr die Ueberwindung des Nationalstaats anstreben, nicht einen Uebernationalstaat schaffen.
Die Abschaffungsbetrebungen der Bundesrepublik Deutschland als souveränen Nationalstaat sind verfassungsfeindlich.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Checkpointe »

Sibaliu » Do 23. Jul 2015, 10:01 hat geschrieben: Ich finde die schwedischen, deutschen auch die schweizerischen Standards für Verbraucherschutz auch sehr gut und würde sie nicht gegen andere eintauschen wollen. Wenn dann sollten die besten Standards eines Landes von der EU übernommen werden.
Warum sollte das nicht jedes Land für sich selbst entscheiden können?
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Checkpointe » Sa 25. Jul 2015, 14:06 hat geschrieben:
Die Abschaffungsbetrebungen der Bundesrepublik Deutschland als souveränen Nationalstaat sind verfassungsfeindlich.
Ich bin bekanntermaßen kein Europäer, aber Verfassungen sind nicht in Stein gemeißelt. Die kann man ändern und sogar abschaffen und durch neue ersetzen. Ob das ganze legal ist, hängt von den Methoden ab und dem Inhalt der Verfassungsänderung.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Checkpointe » Sa 25. Jul 2015, 14:11 hat geschrieben:
Warum sollte das nicht jedes Land für sich selbst entscheiden können?
Weil es keinen Sinn ergibt bei einem gemeinsamen Markt verschiedene Standards zu haben. Kann ja jeder sein eigenes Ding machen, aber partizipiert dann eben nicht am Binnenmarkt. Das war beim deutschen Zollverein nicht anders. Was bringt es Dir denn, wenn sich die Qualitätsstandards für Babynahrung zwischen Deutschland und Dänemark unterscheiden?
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

NMA » Do 23. Jul 2015, 10:54 hat geschrieben: Da wird es dann schon schwierig. Welche Kompetenzen wohin?
Darum geht's doch immer. Da könnte man doch ergebnisoffen diskutieren, ob der Status Quo sinnvoll ist. Da könnte am Ende bei herauskommen, daß manch Kompetenz der supranationalen Institutionen wieder an die Nationalstaaten und ihre Untereinheiten abgegeben wird, während andere Bereiche besser bei der EU aufgehoben sind. Muß unbedingt jede Ausschreibung für den ÖPNV, der ggf. per Direktvergabe an ein kommunales Unternehmen vergeben wird, wirklich europaweit ausgeschrieben werden? Muß jeder Nationalstaat, unabhängig von der Geographie, wirklich auf nationaler Ebene Energieraumplanung betreiben? Wäre es nicht sinnvoller, wenn sich die EU aus manch lokaler Angelegenheit zurückzieht, aber zugleich schaut, ob manche Bereiche eben nicht nur national betrachtet werden können? Darum geht's doch. In den USA käme ja auch niemand auf die Idee, alle Kompetenzen an Washington abzutreten. Gleichzeitig wird man kaum jemanden finden, der für jeden Bundesstaat eine eigene Armee oder Währung vorschlägt.
Auch wenn die EU die Sicherheitslage der europäischen Staaten revolutioniert hat und der Krieg unter den europäischen Völkern etwa so unwahrscheinlich ist wie seit dem Präkambrium nicht mehr, ist der Eingriff auf die nationale Sicherheitspolitik schon vergleichbar mit "an den Eiern packen". Ich hielte eine EU-Armee für sinnvoll. Eine, die nur in Teilen und ganz langsam nationale Armeen ersetzt. Womöglich sind die deutschen dahingehend noch am devotesten, aber bei unserem Atommächten in der Nachbarschaft hörts sicher schon gleich auf. Und wer soll sich denn dann sonst freimachen, wenn schon die drei großen Militärmächte sicherlich nicht einig werden. Bei vielen würden aber die Alarmglocken schrillen.
Ich persönlich fände eine Europaarmee, deren Einsatz das Europaparlament beschließt, wichtiger als z.B. eine gemeinsame Währung. Aber das wollen Nationalpolitiker nicht, auch wenn kaum jemand bestreiten wird, daß es sinnvoll(er) wäre. Ist halt das Dilemma aller politischen Ebenen, daß sie ungerne Kompetenzen abgeben, egal ob nach oben oder unten. Oder glaubt jemand, die britische "better together"-Kampagne beim Schottland-Referendum würde man bei einem Volksentscheid zur EU-Mitgliedschaft auch so durchführen?

Und noch eine persönliche Anmerkung: ich würde die vielen Errungenschaften nicht der EU zuschreiben. Viel mehr ist die EU das Ergebnis von Integration und Harmonisierung und sicherlich nicht das Ende der Geschichte. Wer Europa trägt, sind eben die Menschen und damit ihre Repräsentanten. Es mag zynisch klingen, aber die europäische Öffentlichkeit wurde dadurch gestärkt, daß selbst an deutschen Stammtischen nun über griechische MwSt-Sätze oder Finanzminister leidenschaftlich gestritten wird, während die Politiker in langen Nächten verhandeln statt Panzer zu schicken. Von einem "Europa der Eliten" kann somit keiner mehr sprechen, sofern nicht der Aluhut glüht.

Selbiges aber auch in andere Richtung. Vor wenigen Wochen konnte man Überschriften wie "EU will doch nicht Roaming-Gebühren abschaffen" lesen. Das machte mich stutzig, weil zuvor Kommission und Parlament engagiert dafür eintraten, daß ein Telefonat von Wien nach München eben nicht teurer sein soll als eins von München nach Hamburg. Im letzten Absatz war dann in einem Halbsatz zu lesen, daß nur ein Positionspapier des Europäischen Rats die Abschaffung verhindern wollte. Und wer sitzt im Rat? Eben, die Vertreter der Nationalstaaten. Die Länder, die große Telekommunikationsunternehmen haben, wollten die Gewinne sichern, damit die tschechische Telekom-Tochter weiterhin ihre Stellung ausnutzen kann, um bei einem Telefonat ins deutsche Telekom-Netz ordentlich abzukassieren. Mit Wettbewerb und Marktwirtschaft hat es wenig zu tun, wenn man staatlich Gewinne sichert und die Märkte künstlich so abschottet, daß nur Betriebe europaweit profitieren können, aber nichts beim Bürger ankommt.
Bei mir klingen dieselben beim Thema Verbraucherschutz. Mein Vertrauen in die deutschen Standards ist summa summarum so hoch, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass etwaige Fusionierungen in irgendeiner Form Vorteile bringen könnten. Einen wirtschaftlichen Handlungsbedarf sehe ich nicht. Man kauft in Asien und den USA prinzipiell sicherlich lieber deutsche als europäische Produkte. Und mit TTIP kannst mich jagen.

Die "Vereinigten Staaten von Europa" sind ein ehernes Ziel. Aber Einigung in der Frage, welche Kompenzen wohin gehören, halte ich für utopisch. Zumal derzeit ja alles wieder so läuft, dass zukünftige Generationen wohl leider wieder eher national fühlen und denken werden.
Der Verbraucherschutz ist ja schon europäisiert und wurde in keinem einzigen Fall reduziert. Eher orientiert man sich an den höchsten nationalen Standards, auch wenn das den Unternehmen nicht immer gefällt. Und manchmal auch nicht dem Bürger, der sich über europäische Handelsklassen wundert, die faktisch nur den vorherigen Stand zementieren und sich im Alltag rein gar nichts ändert, aber man sich eben fragt, warum man dafür Europa braucht. Die Einigung Europas ist ja schon Ziel unserer Verfassung. Wie man das Kind am Ende nennt, ist da zweitrangig. Den Begriff VSE finde ich etwas ungünstig, weil er anmaßt, daß es eine Kopie der USA wäre. Das geht aber schon aus kulturellen und historischen Gründen daneben, da die europäische Einheit als "sui generis" keine Vorbilder hat, sondern selbst eins ist. Gewiß kann man sich einiges an funktionierenden demokratischen Föderationen abschauen, aber sie nicht einfach so kopieren.

Häufig macht man es sich auch zu einfach, wenn man immer "die EU" für alles verantwortlich macht. Das ist bequem für nationale Politiker mit Eigeninteressen, für Populisten und für Wähler, die es nicht so kompliziert mögen. Da sitzen 19 nationale Finanzminister an einem Verhandlungstisch, arbeiten im Konsens einen Kompromiß aus und alle rufen "Brüssel mal wieder! Nicht demokratisch legitimiert!". Oder es reisen nur Merkel und Hollande nach Minsk und alle, egal ob sie das Ergebnis gut oder schlecht finden, meckern über eine Einmischung "Europas", obwohl es rein nationale, intergouvernementale Handlungen sind.

Daß zukünftige Generationen bevorzugt auf die nationale Ebene schauen, glaube ich nicht. Nicht nur, weil die Jugend heute besser (aus)gebildet ist, sondern weil sie längst europäisch sind, auch wenn sie das nicht mit viel Lametta und Fähnchen kundtun, sondern einfach machen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß man zum Schüleraustausch mal nach Frankreich geht, auf Klassenfahrt das Europaviertel in Brüssel besucht, als Azubi ein Praktikum in Finnland macht oder sein Erasmus-Semester (oder gleich ein ganzes Studium) in Spanien verbringt. Und so enden auch persönliche Beziehungen nicht an nationalen Grenzen, die immer weiter verschwimmen und als altbacken betrachtet werden. Starke Renationalisierungstendenzen hat da eher die Generation, die im Kalten Krieg aufwuchs und von heutigen (internationalen) Herausforderungen restlos überfordert ist, weshalb sie ihr Glück in einem abgeschotteten Nationalstaat sucht. Das ist ja auch das Problem der Antieuropäer im Europaparlament, die alle Kompetenzen beim zentralistischen Nationalstaat wünschen, aber zugleich alle nationalen Regierungen vehement ablehnen und deshalb Verbündete in ganz Europa suchen. Ganz sympathisch fand ich diesen Artikel einer jungen Europäerin in einem Debattenblatt sowie einen Leserkommentar dadrunter:
Her mit der Republik Europa!

Lange genug haben die Alten Europa regiert und dabei die Interessen und Erfahrungen der jungen Generation außen vor gelassen. Es ist Zeit, sich den Tatsachen zu stellen: Die Jungen wollen Demokratie jenseits des Nationalstaats.

Wir sind wütend. Europa bricht vor unseren Augen auseinander. Ewig gestrige PolitikerInnen opfern Grundsätze wie Gleichheit und Würde auf dem Altar des einfachen Populismus. Dabei benötigt Europa dringend radikale Veränderungen in vielen Bereichen, wie in der Sozial-, Finanz- und Klimapolitik. Aber anstatt Mut zu zeigen, werden anerkannte Lösungen durch Angst und Misstrauen ersetzt. Vorangegangene Generationen haben ein kriegszerstörtes Europa geerbt. Sie haben uns Institutionen zur Einigung und Friedenssicherung hinterlassen. [...]
Das wird sich mit der Zeit sicherlich erledigen. Das Problem sind auch nicht "die Alten", sondern eher die "Mittleren", wenn wir von der europäischen Integration sprechen. Die ganz alten Jahrgänge kennen noch den Krieg oder zumindest die Trümmer der Nachkriegsjahre. Für sie hatte die europäische Integration als Gegenentwurf zum aggressiven Nationalismus vor allem eins im Sinn: Frieden. Die Jugend wiederum wuchs mit Schengen in einem freien, vereinten "Europa" auf, das sie nicht aufgeben wollen und längst europäisch leben. Da ist der Frieden eine Selbstverständlichkeit, deshalb zählen für sie vor allem die "Freundschaften", ob von Völkern oder Einzelpersonen. Die Mittleren hingegen kennen beides weniger (natürlich nicht alle, aber durchschnittlich in Relation zu anderen Generationen) und wurden anders sozialisiert. [...]

Immaterielle Werte sind da weitestgehend ohne Bedeutung, alles wird durchökonomisiert, selbst die Bildung des eigenen Nachwuchses. Und sobald in dieser dynamischen, globalisierten Welt etwas unerwartetes passiert, was man nicht sofort begreift (bzw. begreifen möchte), denkt man an die eigene Jugend zurück, wo man manche Probleme nicht hatte; und da sieht man dann: ah, die Bonner Republik, tolle D-Mark, das Eis für 10 Pfennig! (Dass die D-Mark in Sachen Inflation ziemlich instabil war und gerne mal über 6, 7 Prozent lag, nun, daran muss man sich ja nicht erinnern) Und so will man sich mit viel heißer Luft im vermeintlich warmen Nationalstaat zurückziehen. Da geht's nicht mehr um jung oder alt, Arbeiter oder Unternehmer, sozialdemokratisch gegen konservativ, sondern "wir gegen die". Man bildet sich verzweifelt ein, dass es "deutsche Interessen" gibt ohne zu merken, dass man mit dem politischen Feind in Deutschland weniger Interessen, Werte un Ansichten teilt als mit einem Gleichgesinnten 50km hinter der Grenze. [...]
http://www.theeuropean.de/nora-rathje/1 ... ues-europa

(Nein, ich war es nicht, auch wenn ich fast alles so unterschreiben würde, den Autor hinterm Pseudonym "kenne" und manch Argument gerne übernahm. :p )

Daher ist es aber auch albern, ständig von "EU-Zentralismus" zu sprechen, nur weil einzelne Bereiche -- ob durch nationale Vertreter oder europäische Kommissare und Parlamentarier -- transnational geregelt werden. Die Unterscheidung zwischen Föderalismus und Zentralismus entscheidet sich nicht am Verbraucherschutz. Oder ist die föderale Schweiz nun zentralistisch, weil nicht jeder Kanton eine eigene Armee hat? Ebendt. Es geht vor allem um die Exekutive, nicht Legislative. Würde man die EU als einen Staat betrachten -- was sie natürlich derzeit nicht ist --, dann wäre es der (kon)föderalste Staat auf Erden aufgrund der vielen Kompetenzteilungen auf vertikaler sowie horizontaler Ebene. Sowas findet man nicht in Deutschland und nicht in den USA.

* so, das war jetzt aber auch die letzte Editierung. :mad:
Zuletzt geändert von frems am Samstag 25. Juli 2015, 16:04, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von odiug »

Checkpointe » Sa 25. Jul 2015, 13:06 hat geschrieben:
Die Abschaffungsbetrebungen der Bundesrepublik Deutschland als souveränen Nationalstaat sind verfassungsfeindlich.
Sind sie nicht.
Die Abschaffung der freiheitlich, demokratischen Grundordnung ist Verfassungsfeindlich.
Ich muss die FDG aber nicht durch einen Nationalstaat garantiert wissen, ich kann mir auch andere Modelle vorstellen.
Ich muss die FDG auch nicht unbedingt so nennen ... ich kann auch Constitution dazu sagen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

odiug » Sa 25. Jul 2015, 16:03 hat geschrieben: Sind sie nicht.
Die Abschaffung der freiheitlich, demokratischen Grundordnung ist Verfassungsfeindlich.
Ich muss die FDG aber nicht durch einen Nationalstaat garantiert wissen, ich kann mir auch andere Modelle vorstellen.
Ich muss die FDG auch nicht unbedingt so nennen ... ich kann auch Constitution dazu sagen.
Ich hefte meine Rechte und Pflichten als Buerger nicht an irgend eine Fahne, auch nicht an die der EU oder Deutschlands.
Wenn es hart auf hart kommt, dann wirst du es tun und froh darüber sein.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 15:07 hat geschrieben:
Ich bin bekanntermaßen kein Europäer, aber Verfassungen sind nicht in Stein gemeißelt. Die kann man ändern und sogar abschaffen und durch neue ersetzen. Ob das ganze legal ist, hängt von den Methoden ab und dem Inhalt der Verfassungsänderung.
Dafür muß man nicht die Verfassung ändern. Jedenfalls nicht das deutsche Grundgesetz. Die Einigung Europas ist schon in der Präambel gelistet und wird mit mehreren Artikeln beschrieben. Das Gequake von Souveränität ist eh ziemlich irrsinnig. Kein Land der Welt ist völlig souverän, sondern Sachzwängen und Verflechtungen (wirtschaftlich, politisch, sozial/demographisch, ...) ausgeliefert. Wer das nicht sieht, hat halt den Schuß noch nicht gehört oder wünscht sich verzweifelt eine Welt, die es einfach nicht gibt, auch wenn sie bequem und einfach(er) für einen selbst wäre. Im 18. und 19. Jahrhundert mag für viele der (republikanische) Nationalstaat die bessere Lösung zum Feudalismus gewesen sein, aber die Herausforderungen waren da eben andere als im 21. Jahrhundert, egal ob wir von transnationalen Kriegen im Nahen Osten sprechen, von der Sicherheitsarchitektur Europas, von der Klimapolitik, von unternehmerischen Verflechtungen, von heutigen Mobilitätsmöglichkeiten und damit veränderten Migrationsbewegungen, vom Treiben im Bankenwesen, ... dafür ist kein Nationalstaat in Europa noch geeignet. Deshalb ist die regionale Integration auch kein rein europäisches Phänomen, das man irgendwie mit dem Zweiten Weltkrieg begründet, sondern in allen Ecken der Welt zu betrachten, ob in Südostasien, Afrika, Latein- und Nordamerika, Zentralasien oder in der Arabischen Welt. Ich kann's verstehen, wenn das manch einem zu schnell geht, er die komplexen Materiern nicht durchschauen mag und ihm ein "früher war alles besser" als Notlösung sympathischer erscheint. Aber so ist das Leben auf diesem Planeten nicht und es spricht nichts dafür, daß es (wieder) so jemals wird. Noch hat das kleine Europa, wo nicht einmal 10% der Weltbevölkerung lebt, die Chance, die globale Zukunft nachhaltig nach den eigenen Interessen mitzugestalten. Ob wir die Chance nutzen oder sie gleich anderen regionalen Wirtschaftsräumen überlassen, ist dann die andere Frage.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Helmuth_123 » Fr 24. Jul 2015, 21:08 hat geschrieben:
Ich bin da ähnlicher Meinung. Rückbau der EU hin zur Freihandelszone und zu einen Verteidigungsbündnis.
Juchu, ein Europa der Güter und nicht der Menschen. Freie Fahrt für freie Betriebe, aber nicht für den arbeitslosen Handwerker aus der Uckermark, dessen Arbeitskraft in Dänemark oder den Niederlanden gebraucht werden könnte. Warum bauen wir -- zumindest für die Menschen -- nicht Mauern um jedes Bundesland? Oder gleich jede Kommune? Deutschland ist doch völlig willkürlich. Wär doch schrecklich, wenn ein Thüringer zum Studium nach Sachsen geht oder ein Saarländer in Rheinland-Pfalz einen Job aufnimmt. Weniger Freiheit ist bekanntlich mehr und irgendein Haar in der Suppe findet man schon. Notfalls steckt man es selbst rein. :thumbup:
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von HugoBettauer »

frems » Sa 25. Jul 2015, 15:38 hat geschrieben:Wär doch schrecklich, wenn ein Thüringer zum Studium nach Sachsen geht
Das wäre mir egal, von hier aus ist das alles eins. Hauptsache er kommt nicht her.
Ich persönlich fände eine Europaarmee, deren Einsatz das Europaparlament beschließt, wichtiger als z.B. eine gemeinsame Währung. Aber das wollen Nationalpolitiker nicht, auch wenn kaum jemand bestreiten wird, daß es sinnvoll(er) wäre.
Das mache ich jetzt einfach mal. Die EU ist momentan ein Verein eigenständiger Staaten, die über bestimmte Themen Verträge machen. Sie tun das, um als eigenständige Staaten erfolgreicher zu sein. Sie tun das nicht, damit "Europa" mehr Erfolg hat. Bei der Ausgestaltung der EU verfolgen sie zwei Interessen: Innerhalb der EU möglichst viele eigene Vorteile ausspielen und möglichst wenige Lasten und Nachteile vertraglich zulassen. Nach außen soll die EU helfen, die eigenen nationalen Interessen besser zu vertreten. Da wäre eine EU-Armee hinderlich. Jedes Land möchte nötigenfalls selbst über seine Armee verfügen, auch wenn die EU-Partner nicht mitziehen, weil es sie etwa nicht interessiert. Umgekehrt möchte jeder EU-Partner sich aus militärischen Abenteuern heraushalten, die ein anderes EU-Land im Alleingang verfolgt. Es herrscht unter den EU-Ländern keine außenpolitische Interessenharmonie, die durch eine EU-Armee gemeinsam durchgesetzt werden könnte.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

frems » Sa 25. Jul 2015, 16:38 hat geschrieben: Juchu, ein Europa der Güter und nicht der Menschen. Freie Fahrt für freie Betriebe, aber nicht für den arbeitslosen Handwerker aus der Uckermark, dessen Arbeitskraft in Dänemark oder den Niederlanden gebraucht werden könnte. Warum bauen wir -- zumindest für die Menschen -- nicht Mauern um jedes Bundesland? Oder gleich jede Kommune? Deutschland ist doch völlig willkürlich. Wär doch schrecklich, wenn ein Thüringer zum Studium nach Sachsen geht oder ein Saarländer in Rheinland-Pfalz einen Job aufnimmt. Weniger Freiheit ist bekanntlich mehr und irgendein Haar in der Suppe findet man schon. Notfalls steckt man es selbst rein. :thumbup:
Mensch frems, Du und Deine wilden Phantasien. Goethe hat ganz ohne Europäische Union in Straßburg studiert. Also kann der arbeitslose Handwerker aus der Uckermark auch ohne Europäische Union sich eine Arbeit in Dänemark oder den Niederlanden suchen.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

frems » Sa 25. Jul 2015, 16:29 hat geschrieben: Dafür muß man nicht die Verfassung ändern. Jedenfalls nicht das deutsche Grundgesetz. Die Einigung Europas ist schon in der Präambel gelistet und wird mit mehreren Artikeln beschrieben. Das Gequake von Souveränität ist eh ziemlich irrsinnig. Kein Land der Welt ist völlig souverän, sondern Sachzwängen und Verflechtungen (wirtschaftlich, politisch, sozial/demographisch, ...) ausgeliefert. Wer das nicht sieht, hat halt den Schuß noch nicht gehört oder wünscht sich verzweifelt eine Welt, die es einfach nicht gibt, auch wenn sie bequem und einfach(er) für einen selbst wäre. Im 18. und 19. Jahrhundert mag für viele der (republikanische) Nationalstaat die bessere Lösung zum Feudalismus gewesen sein, aber die Herausforderungen waren da eben andere als im 21. Jahrhundert, egal ob wir von transnationalen Kriegen im Nahen Osten sprechen, von der Sicherheitsarchitektur Europas, von der Klimapolitik, von unternehmerischen Verflechtungen, von heutigen Mobilitätsmöglichkeiten und damit veränderten Migrationsbewegungen, vom Treiben im Bankenwesen, ... dafür ist kein Nationalstaat in Europa noch geeignet. Deshalb ist die regionale Integration auch kein rein europäisches Phänomen, das man irgendwie mit dem Zweiten Weltkrieg begründet, sondern in allen Ecken der Welt zu betrachten, ob in Südostasien, Afrika, Latein- und Nordamerika, Zentralasien oder in der Arabischen Welt. Ich kann's verstehen, wenn das manch einem zu schnell geht, er die komplexen Materiern nicht durchschauen mag und ihm ein "früher war alles besser" als Notlösung sympathischer erscheint. Aber so ist das Leben auf diesem Planeten nicht und es spricht nichts dafür, daß es (wieder) so jemals wird. Noch hat das kleine Europa, wo nicht einmal 10% der Weltbevölkerung lebt, die Chance, die globale Zukunft nachhaltig nach den eigenen Interessen mitzugestalten. Ob wir die Chance nutzen oder sie gleich anderen regionalen Wirtschaftsräumen überlassen, ist dann die andere Frage.
Von mir aus sollen die machen, was sie wollen. Ich habe andere Ideale und Vorstellungen, die weder mit hypothetischen Vereinigten Staaten von Europa noch mit der Bundesrepublik vereinbar sind.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 17:23 hat geschrieben:
Mensch frems, Du und Deine wilden Phantasien. Goethe hat ganz ohne Europäische Union in Straßburg studiert. Also kann der arbeitslose Handwerker aus der Uckermark auch ohne Europäische Union sich eine Arbeit in Dänemark oder den Niederlanden suchen.
Klar kann er, mit erheblichem bürokratischem Aufwand. Außerdem ist es natürlich unsäglich, dass das Kapital über die Grenzen frei fließen kann, die Menschen aber nicht innerhalb der EU wandern sollen, zumindest wenn es nach bestimmten nationalistischen Politikern geht.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 17:28 hat geschrieben:
Von mir aus sollen die machen, was sie wollen. Ich habe andere Ideale und Vorstellungen, die weder mit hypothetischen Vereinigten Staaten von Europa noch mit der Bundesrepublik vereinbar sind.
Lass mich raten, du hättest gerne das unabhängige Königreich Thüringen? :)
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Blickwinkel » Sa 25. Jul 2015, 17:34 hat geschrieben:
Lass mich raten, du hättest gerne das unabhängige Königreich Thüringen? :)
Steht in meiner Signatur.
1848 gab es tatsächlich mal Überlegungen die Thüringer Fürstentümer zu einem Königreich innerhalb des Deutschen Reiches zu vereinen, hat man leider nicht umgesetzt.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 17:57 hat geschrieben:
Steht in meiner Signatur.
1848 gab es tatsächlich mal Überlegungen die Thüringer Fürstentümer zu einem Königreich innerhalb des Deutschen Reiches zu vereinen, hat man leider nicht umgesetzt.
War das im Rahmen der Revolution von 1848?
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Helmuth_123 »

Blickwinkel » Sa 25. Jul 2015, 18:00 hat geschrieben:
War das im Rahmen der Revolution von 1848?
Ja.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

Die Revolution ging von meinem Heimatort aus, es ist aber dennoch so, dass sich einiges gewandelt hat. Natürlich muss hier eine Balance zwischen lokalen Bedürfnissen und übergeordneter, globaler Politik inner- und außerhalb der EU vorhanden sein. Die Zeiten von Königreichen ist vorbei. Da kommt du circa 100 Jahre zu spät.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 17:23 hat geschrieben:
Mensch frems, Du und Deine wilden Phantasien. Goethe hat ganz ohne Europäische Union in Straßburg studiert. Also kann der arbeitslose Handwerker aus der Uckermark auch ohne Europäische Union sich eine Arbeit in Dänemark oder den Niederlanden suchen.
Wenn Du alle Errungenschaften, inkl. Diskriminierungsfreiheit und europäische Institutionen (gemeinsame Verteidigungspolitik, gemeinsamer Binnenmarkt, ...), behalten möchtest, heißt das Ergebnis "jetzige EU".
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

SoleSurvivor » Sa 25. Jul 2015, 17:12 hat geschrieben: Das wäre mir egal, von hier aus ist das alles eins. Hauptsache er kommt nicht her.



Das mache ich jetzt einfach mal. Die EU ist momentan ein Verein eigenständiger Staaten, die über bestimmte Themen Verträge machen. Sie tun das, um als eigenständige Staaten erfolgreicher zu sein. Sie tun das nicht, damit "Europa" mehr Erfolg hat. Bei der Ausgestaltung der EU verfolgen sie zwei Interessen: Innerhalb der EU möglichst viele eigene Vorteile ausspielen und möglichst wenige Lasten und Nachteile vertraglich zulassen. Nach außen soll die EU helfen, die eigenen nationalen Interessen besser zu vertreten. Da wäre eine EU-Armee hinderlich. Jedes Land möchte nötigenfalls selbst über seine Armee verfügen, auch wenn die EU-Partner nicht mitziehen, weil es sie etwa nicht interessiert. Umgekehrt möchte jeder EU-Partner sich aus militärischen Abenteuern heraushalten, die ein anderes EU-Land im Alleingang verfolgt. Es herrscht unter den EU-Ländern keine außenpolitische Interessenharmonie, die durch eine EU-Armee gemeinsam durchgesetzt werden könnte.
Keineswegs. Du beschreibst ja genau das, was ich damit meinte, wenn die Nationalstaaten kein Interesse an einer Europaarmee haben. Und das sind (egoistisch betrachtet) nachvollziehbare Gründe. Das heißt aber eben nicht, daß für Europa eine gemeinsame Armee nicht sinnvoller wäre als der aktuelle Stand. Und das war ja mein Einwand. Und die Interessensharmonie, die Du im letzten Satz ansprichst, gibt's ja schon. Schau Dir z.B. die Positionierung "Europas" gegen den russischen Aggressor an. Da entscheiden 28 Nationalstaaten einstimmig, weil jedes einzelne Land den selben Kurs vertritt. Über kleine Meinungsunterschiede bzw. -nuancen wird dann am Tisch verhandelt. Die Richtung will aber keiner um 180 Grad umdrehen. Auch nicht bei Konflikten in Nordafrika oder im Nahen Osten. Daher wäre eine europäische Parlamentsarmee sinnvoller und nicht nur aus ökonomischen Gründen. Eine Spaltung wie 2003 würde es dann nicht mehr geben, sondern ein emanzipiertes Europa. Aber das ist, wie Du sagtest, nicht im eigenen Machtinteresse von nationalen Politikern, ob hier in Europa, in Fernostasien oder auf der anderen Seite vom Teich.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Helmuth_123 » Sa 25. Jul 2015, 17:28 hat geschrieben:
Von mir aus sollen die machen, was sie wollen. Ich habe andere Ideale und Vorstellungen, die weder mit hypothetischen Vereinigten Staaten von Europa noch mit der Bundesrepublik vereinbar sind.
Hab ich doch kein Problem mit. Ich wollte Dir auch nicht widersprechen, sondern nur ergänzen, daß das Grundgesetz nicht zur Debatte steht, so wie es hier (nicht durch Dich!) eingebracht wurde.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Blickwinkel »

Nun, momentan ist es recht schwer, alle Länder auf einen Nenner innerhalb der EU zu bringen. Deswegen gibt es immer wieder EU-Länder, die sich bei bestimmten Projekten zusammen tun. Für eine Europaarmee wären aus meiner Sicht die großen Staaten der EU notwendig: D, GB und F. Hier ist bereits ein Problem vorhanden, weil alle drei ihren Führungsanspruch haben wollen und sich keine der drei grün sind. Aus diesem Grund wird es einfacher sein, wenn NL, D und PL (mit kleineren EU-Ländern) eine Europaarmee bilden. Gerade in der Beziehung D - PL liegt viel Potential.

Deswegen wäre es auch besser, Rüstungsprojekte mit diesen Länder zu machen, anstatt mit F und GB, auch wenn die monetär besser ausgestattet sind. Viele dt. Kenner der Rüstungspolitik kritisieren auch den Weg von Sigmar Gabriel, den Einfluß Frankreichs auf dt. Rüstungshersteller indirekt auszuweiten.
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von Checkpointe »

frems » Sa 25. Jul 2015, 14:15 hat geschrieben: Was bringt es Dir denn, wenn sich die Qualitätsstandards für Babynahrung zwischen Deutschland und Dänemark unterscheiden?
Naja, ich habe keine Ahnung von Babynahrung. Aber nehmen wir einfach mal an, in Deutschland und in Dänemark würden ganz verschiedene Vorstellungen davon herrschen, welche Zutaten in Babynahrung gehören, welche Herstellungverfahren angewendet werden dürfen, wieviel Kalorien ein Gläschen Babynahrung haben sollte, wieviel Vitamine in Babynahrung enthalten sein müssen und so weiter. Warum sollen dann beide Länder nicht die Babynahrung in ihrem Land so herstellen dürfen, wie sie das gewohnt sind und wie es von der dortigen Bevölkerung erwünscht und akzeptiert ist? Warum sollte das schädlich für den Markt sein? Warum sollte Brüssel das von oben diktieren?

Oder anderes Beispiel, warum sollte nicht jedes Land selbst entscheiden, ob es bei sich zuhause Glühbirnen verbietet oder nicht? Vielleicht ist in Irland die Glühbirne verpöhnt, in Portugal aber in der Bevölkerung sehr beliebt und gefragt. Warum sollten die Portugiesen also nicht weiterhin das Recht haben für sich selbst Glühbirnen zu produzieren und zu verkaufen, genauso wie die Iren das Recht haben sollte, in ihrem Land den Vertrieb von Glühbirnen zu verbieten? Warum muss man das in Brüssel vorschreiben?

Oder Vorratsdatenspeicherung. Wenn das in Schweden von der Bevölkerung akzeptiert ist, kann man das dort doch gerne machen. Aber warum sollte Deutschland dann auch gezwungen sein seine eigene Bevölkerung mit einer Vorratsdatenspeicherung zu überziehen, die hier überhaupt nicht akzeptiert und unerwünscht ist?
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Re: Chancen für einen europäischen Föderalismus

Beitrag von frems »

Blickwinkel » Sa 25. Jul 2015, 19:03 hat geschrieben:Nun, momentan ist es recht schwer, alle Länder auf einen Nenner innerhalb der EU zu bringen. Deswegen gibt es immer wieder EU-Länder, die sich bei bestimmten Projekten zusammen tun. Für eine Europaarmee wären aus meiner Sicht die großen Staaten der EU notwendig: D, GB und F. Hier ist bereits ein Problem vorhanden, weil alle drei ihren Führungsanspruch haben wollen und sich keine der drei grün sind. Aus diesem Grund wird es einfacher sein, wenn NL, D und PL (mit kleineren EU-Ländern) eine Europaarmee bilden. Gerade in der Beziehung D - PL liegt viel Potential.
Ist wahrscheinlich(er), ja. Gerade die Benelux-Staaten haben in den letzten Jahren einige Hürden überwunden, um eine solche Militärunion zumindest im kleinen Rahmen auf die Beine zu stellen. Und das geht weit über transnationale Korps hinaus.
Deswegen wäre es auch besser, Rüstungsprojekte mit diesen Länder zu machen, anstatt mit F und GB, auch wenn die monetär besser ausgestattet sind. Viele dt. Kenner der Rüstungspolitik kritisieren auch den Weg von Sigmar Gabriel, den Einfluß Frankreichs auf dt. Rüstungshersteller indirekt auszuweiten.
So ist es ja jetzt schon häufig der Regelfall, recht aktuell: http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... er-leopard
Die Kritik geht da meist auf unsere Ursula zurück: http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... euben.html

Sie ist aber auch eine Anhängerin der europäischen Integration und warb regelmäßig für eine Europaarmee (u.a. hier: http://www.tagesschau.de/ausland/europa ... e-101.html), weshalb man es ihr verzeihen kann. :p
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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