Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

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Zunder
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Zunder »

Henry Morgenthau senior war bis 1916 amerikanischer Botschafter in Konstantinopel.
In seinem Bericht "Ambassador Morgenthau's Story" schreibt er über Talaat Pascha, einem Hauptverantwortlichen für den Genozid:

"One day Talaat made what was perhaps the most astonishing request I had ever heard. The New York Life Insurance Company and the Equitable Life of New York had for years done considerable business among the Armenians. The extent to which this people insured their lives was merely another indication of their thrifty habits.

"I wish," Talaat now said, "that you would get the American life insurance companies to send us a complete list of their Armenian policy holders. They are practically all dead now and have left no heirs to collect the money. It of course all escheats to the State. The Government is the beneficiary now. Will you do so?"

This was almost too much, and I lost my temper.

"You will get no such list from me," I said, and I got up and left him."

http://net.lib.byu.edu/estu/wwi/comment ... rgen25.htm

Talaat Pascha wurde am 15. März 1921 in Berlin von einem Mitglied des armenischen Kommandos "Operation Nemesis" erschossen.
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Córdoba
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Córdoba »

Kardux » Fr 24. Apr 2015, 20:28 hat geschrieben: Auch bei uns in Südkurdistan gab es Gedenkveranstaltungen. Die Rolle der Kurden in diesem Völkermord sollte nie vergessen werden. Ich finde es wirklich beschämend das die Hinterbliebenen des Genozids bis heute noch um die Anerkennung kämpfen müssen. Und das die ganze Welt auch noch Rücksicht auf die Türkei nehmen will ist eine Schande...
Es adelt die Kurden, wenn sie hier Mitverantwortung übernehmen, das muß man schon sagen.

Denn die Regel weltweit....
....... ob nun in Amerika, Latein oder Anglo, in Bezug auf die Indianer......
.....ob in Russland im Stalinismus (->Ukrainer)
........Japan im zweiten Weltkrieg (->Massaker in China) etc......
.......die Regel ist ja eher, das man verdrängt.

Ich glaube aber, daß die Kurden nicht in Hauptlast tragen.
In Wahrheit kamen erst die Armenier, und dann wurden die Kurden erledigt..............

Vielleicht haben sich die Kurden auf die Seite der Osmanen geschlagen, weil sie glaubten, daß sie damit ihr eigenes Überleben retten.
Das hat aber nicht funktioniert.
Marie-Luise

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Marie-Luise »

Zunder » Fr 24. Apr 2015, 22:20

Henry Morgenthau senior war bis 1916 amerikanischer Botschafter in Konstantinopel.
In seinem Bericht "Ambassador Morgenthau's Story" schreibt er über Talaat Pascha, einem Hauptverantwortlichen für den Genozid:

"One day Talaat made what was perhaps the most astonishing request I had ever heard. The New York Life Insurance Company and the Equitable Life of New York had for years done considerable business among the Armenians. The extent to which this people insured their lives was merely another indication of their thrifty habits.

"I wish," Talaat now said, "that you would get the American life insurance companies to send us a complete list of their Armenian policy holders. They are practically all dead now and have left no heirs to collect the money. It of course all escheats to the State. The Government is the beneficiary now. Will you do so?"

This was almost too much, and I lost my temper.

"You will get no such list from me," I said, and I got up and left him."

http://net.lib.byu.edu/estu/wwi/comment ... rgen25.htm

Talaat Pascha wurde am 15. März 1921 in Berlin von einem Mitglied des armenischen Kommandos "Operation Nemesis" erschossen.
Welch ein widerwärtiges Ansinnen der Türkei.

Nun ist die Türkei sauer auf Alle, die es wagten, den Völkermord einen Völkermord zu nennen.

>Bundespräsident Gauck hatte das Massaker an den Armeniern als "Völkermord" bezeichnet. Die Regierung in Ankara reagiert nun empört: Das türkische Volk werde dem deutschen Präsidenten seine Aussagen nicht verzeihen, so das türkische Außenministerium.<

http://www.tagesschau.de/ausland/tuerke ... d-101.html

Deren Verzeihung brauchen wir nicht!
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frems
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von frems »

Marie-Luise » Sa 25. Apr 2015, 13:51 hat geschrieben:
Welch ein widerwärtiges Ansinnen der Türkei.

Nun ist die Türkei sauer auf Alle, die es wagten, den Völkermord einen Völkermord zu nennen.

>Bundespräsident Gauck hatte das Massaker an den Armeniern als "Völkermord" bezeichnet. Die Regierung in Ankara reagiert nun empört: Das türkische Volk werde dem deutschen Präsidenten seine Aussagen nicht verzeihen, so das türkische Außenministerium.<

http://www.tagesschau.de/ausland/tuerke ... d-101.html

Deren Verzeihung brauchen wir nicht!
Na immerhin schafft es der Außenminister zwischen Deutschland bzw. den Deutschen und dem "deutschen Präsidenten" zu unterscheiden. Andere schaffen das wiederum nicht und sehen nur "die Türkei".
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Marie-Luise

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Marie-Luise »

frems » Sa 25. Apr 2015, 13:57

Na immerhin schafft es der Außenminister zwischen Deutschland bzw. den Deutschen und dem "deutschen Präsidenten" zu unterscheiden. Andere schaffen das wiederum nicht und sehen nur "die Türkei".
Das hat er gut gemacht, gell?

Andererseits hört sich das für mich gefährlich an. Man weiß nie, wer sich aufgefordert fühlt, Gauck ans Leder gehen zu wollen.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von JFK »

Córdoba » Sa 25. Apr 2015, 11:27 hat geschrieben:
Es adelt die Kurden, wenn sie hier Mitverantwortung übernehmen, das muß man schon sagen.

Denn die Regel weltweit....
....... ob nun in Amerika, Latein oder Anglo, in Bezug auf die Indianer......
.....ob in Russland im Stalinismus (->Ukrainer)
........Japan im zweiten Weltkrieg (->Massaker in China) etc......
.......die Regel ist ja eher, das man verdrängt.

Ich glaube aber, daß die Kurden nicht in Hauptlast tragen.
In Wahrheit kamen erst die Armenier, und dann wurden die Kurden erledigt..............

Vielleicht haben sich die Kurden auf die Seite der Osmanen geschlagen, weil sie glaubten, daß sie damit ihr eigenes Überleben retten.
Das hat aber nicht funktioniert.
Was hat nicht funktioniert? Die Kurden sind mehr den je, und somit auch viele Kulturträger, was ich gut finde, das ganze Elend hat ja auch seine guten Seiten.

Die Meisten Menschen in Ostanatolien haben diese Deportationen mit einem Tränenenden Auge beobachtet, wie dieser Hurensohn talaat unsere Menschlichkeit mit Füßen getreten hat, die Überfälle mancher Kurden und der "Cetes" waren dann Produkt der Propaganda, ich werd nicht daraus schlau wieso die Türken nicht langsam auf die Armänier zugehen, die Beweislast ist erdrückend.
»Menschen, weigert euch, Feinde zu sein« (Römer 12)
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von frems »

Marie-Luise » Sa 25. Apr 2015, 14:02 hat geschrieben:
Das hat er gut gemacht, gell?

Andererseits hört sich das für mich gefährlich an. Man weiß nie, wer sich aufgefordert fühlt, Gauck ans Leder gehen zu wollen.
Zumindest hat der Außenminister es besser gemacht als Du, das stimmt. Daher stellt sich auch nicht die Frage, ob Du eine Verzeihung von "denen" wünschst. Das ist ein rein diplomatisches Thema zwischen Einzelpersonen. Interessant bei Gauck war aber auch, wie er die Mitschuld Deutschlands hervorgehoben hat. Aber das hast Du vermutlich überhört.
Labskaus!

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Marie-Luise

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Marie-Luise »

frems » Sa 25. Apr 2015, 14:09
Zumindest hat der Außenminister es besser gemacht als Du, das stimmt. Daher stellt sich auch nicht die Frage, ob Du eine Verzeihung von "denen" wünschst. Das ist ein rein diplomatisches Thema zwischen Einzelpersonen. Interessant bei Gauck war aber auch, wie er die Mitschuld Deutschlands hervorgehoben hat. Aber das hast Du vermutlich überhört.
Weißt Du, frems, wenn Du mir antwortest, kommen nichts als Gehässigkeiten.

Daher lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, weiterhin darauf einzugehen.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von kammps »

JFK » So 19. Apr 2015, 19:28 hat geschrieben:
Mit dem Unterschied eben das feind klar definiert war, und keine sowieso unterwürfige und hilflose Minderheiten gesäubert wurden.
Die Vernichtung von Zivilbevölkerung ist nie ein "Feldzug", kriegerischer Kampf oder militärische Auseinandersetzung. Sie ist immer (aus menschlicher Sicht) ein Verbrechen und in Kriegszeiten und -territorien, ein Kriegsverbrechen.
Dein Hinweis auf regelmäßiges Auftreten solcher Verbrechen in der Historie der zivilisatorischen Menschheit entwertet kein einzige Verbrechen davon. Es wäre ja das Schärfste, denn Völkermord an den Armeniern zu relativieren durch andere Grausamkeiten davor oder danach.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von JFK »

kammps » Sa 25. Apr 2015, 14:23 hat geschrieben: Die Vernichtung von Zivilbevölkerung ist nie ein "Feldzug", kriegerischer Kampf oder militärische Auseinandersetzung. Sie ist immer (aus menschlicher Sicht) ein Verbrechen und in Kriegszeiten und -territorien, ein Kriegsverbrechen.
Dein Hinweis auf regelmäßiges Auftreten solcher Verbrechen in der Historie der zivilisatorischen Menschheit entwertet kein einzige Verbrechen davon. Es wäre ja das Schärfste, denn Völkermord an den Armeniern zu relativieren durch andere Grausamkeiten davor oder danach.
Auf keinem Fall, da hast du vollkommen recht, dieser Schandfleck in unserer Geschichte erlaubt mir keinen Armänier in die Augen zu sehen, es ist einfach krank weiterhin den Völkermord zu leugnen, auch wenn 1-2 Stämme der Armänier uns an die russen Verkauft haben, so ist es noch lange keine Entschuldigung.
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Ammianus
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Ammianus »

Du musst aber sehen, dass das Vorgehen der Armenier auch folgerichtig war. Das Vorgehen muslimischer Staaten bei Eroberungen war immer die Unterwerfung anderer. Diese durften dann mehr oder weniger ihre Kultur und wenn sie Anhänger sogenannter Buchreligionen waren auch diese behalten und weiter ausüben. Die Eroberer kassierten von den Unterworfenen Schutzgeld und finanzierten sich von diesem.

Wenn ich mich unterwerfe, bedeutet es aber nicht, dass ich wirklich meine Loyalität gegenüber dem Angreifer bekunde. Ich stelle nur fest, nicht stark genug zu sein, diesen dorthin zurückzujagen, von wo er hergekommen ist. Vor die Wahl, Tod, Vertreibung oder Unterwerfung unter relativ humanen Bedingungen gestellt, entschließe ich mich für letzteres. Ich beuge mich der Gewalt. Mein Interesse ist es, mein Leben und meinen Besitz zu erhalten, der Sieger will von meiner Arbeit leben.

In dem Moment jedoch, wo ich die Möglichkeit habe, mich von diesem Joch zu befreien, werde ich die Chancen abwägen und mich dann erheben oder mich mit anderen verbünden, die mir bei der Befreiung helfen. So haben es die Griechen getan und auch die Bulgaren. Die Bulgaren waren so z.B. das einzige Volk im Ostblock, dass keine größeren Aversionen gegen die Russen hatte. Schon davor hatten sie es abgelehnt, obwohl mit Deutschland verbunden, Truppen für den Krieg gegen die Sowjetunion zur Verfügung zu stellen. All das, weil sie die Russen als Befreier vom jahrhundertelangen osmanischen Joch ansahen – und das zu Recht.

So kann man auch den Armeniern nicht vorwerfen, wenn sie in einem Krieg ein Bündnis mit den Russen gegen die als Unterdrücker empfundenen Osmanen eingehen. Das ist kein Verkaufen. Die Armenier waren in keinster Weise zu irgendeiner Form der Treue gegenüber Konstantinopel verpflichtet.
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Kardux
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Kardux »

Ammianus hat geschrieben:So kann man auch den Armeniern nicht vorwerfen, wenn sie in einem Krieg ein Bündnis mit den Russen gegen die als Unterdrücker empfundenen Osmanen eingehen. Das ist kein Verkaufen. Die Armenier waren in keinster Weise zu irgendeiner Form der Treue gegenüber Konstantinopel verpflichtet.
Sie haben Recht. Nur erzählen Sie das mal einem Türken...

Wie bereits von Ihnen erwähnt, war es legitim das sich die Armenier mit den Russen verbündet haben.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Makumba »

Ammianus » Sa 25. Apr 2015, 17:41 hat geschrieben:.
So kann man auch den Armeniern nicht vorwerfen, wenn sie in einem Krieg ein Bündnis mit den Russen gegen die als Unterdrücker empfundenen Osmanen eingehen. Das ist kein Verkaufen. Die Armenier waren in keinster Weise zu irgendeiner Form der Treue gegenüber Konstantinopel verpflichtet.
Wenn du das so siehst war das Vorgehen der Jung-Türken dann auch folgerichtig. ;)

Aber so war es eben nicht.

Oder glaubst du das alle armenischen Greise, Kinder und Frauen die in der Türkei friedlich lebten, sich mit den Russen verbünden wollten? Das ist quatsch.


Wie auch immer, die Armenier wurden damals in der Türkei ausgerottet, mit primitivsten und brustalsten Methoden. Wenn man sich das mit eigenen Augen vorstellen müsste würde man verrückt werden.

Wie auch immer, es ist Geschichte.


Wenn du siehst wie emotional die Türken und auch Kurden an das Thema herangehen:
dieser Schandfleck in unserer Geschichte erlaubt mir keinen Armänier in die Augen zu sehen
dann wird auch klar wieso "der normale Türke von nebenan" das alles leugnen will. Man müsste sich einfach mal damit auseinandersetzen bzw. akzeptieren das man selbst keine "weiße Weste" hat. Wie auch immer, die meisten der heute lebenden Türken dürften persönlich nicht in diese Geschichte involviert sein. Haben also damit gar nichts zu tun.

Es ist eine großartige Chance.

Ist es nicht ein viel größerer Ballast zu leugnen, obwohl alle Bescheid wissen?

Oder ist ein Leugnen dieser Offensichtlichen Massaker eine Bedrohung? Denn ohne dieses Massaker zuzugeben und zu bereuen, signalisiert "die Türkei" das sie zu weiteren dieser Taten bereit wäre.
Das Ausrotten und Abschlachten von armenischen Männern, Frauen und Kindern war wohl gerechtfertigt in den Augen der Türkei.
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Córdoba
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Córdoba »

Kardux » Sa 25. Apr 2015, 21:42 hat geschrieben: Wie bereits von Ihnen erwähnt, war es legitim das sich die Armenier mit den Russen verbündet haben.
Eine ernsthafte Gefahr waren aber weder Armenier noch Kurden für das osmanische Reich.
Wenn man einen gewissen Seperatismus im Herzen trägt, heißt das nicht, daß man eine militärische Gefahr darstellt.
Im großen und Ganzen waren Kurden und Armenier relativ loyal gegenüber dem osmanischen Reich.

Einen Grund, sie auszulöschen, hat es nicht gegeben.

Zerlegt wurde Osmanien von den Arabern, die flächenmäßig den größten Teil des osmanischen Reiches ausmachten.
Und deren Stämme vom osmanischen Reich nie wirklich domestiziert werden konnten.
Und die in Scharen Briten und Franzosen in die Hände gelaufen sind.

Briten und Franzosen hatten anschließend genauso wenig Freude an den Arabern, wie die Osmanen zuvor.
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Kardux
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Kardux »

Córdoba hat geschrieben:
Eine ernsthafte Gefahr waren aber weder Armenier noch Kurden für das osmanische Reich.
Wenn man einen gewissen Seperatismus im Herzen trägt, heißt das nicht, daß man eine militärische Gefahr darstellt.
Im großen und Ganzen waren Kurden und Armenier relativ loyal gegenüber dem osmanischen Reich.

Einen Grund, sie auszulöschen, hat es nicht gegeben.

Zerlegt wurde Osmanien von den Arabern, die flächenmäßig den größten Teil des osmanischen Reiches ausmachten.
Und deren Stämme vom osmanischen Reich nie wirklich domestiziert werden konnten.
Und die in Scharen Briten und Franzosen in die Hände gelaufen sind.

Briten und Franzosen hatten anschließend genauso wenig Freude an den Arabern, wie die Osmanen zuvor.
Was Sie schreiben ist historisch korrekt.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von schokoschendrezki »

JFK » Sa 18. Apr 2015, 13:26 hat geschrieben:
Der "Völkermord" kam erst als das Osmanische Imperium so gut wie nicht existent war, im Bürgerkrieg sind dann die Armäniern untergegangen.

Aber so Juden enteignen, sie versklaven und anschließend umzubringen, sowas gibt es nicht im Orient.
In etlichen Analysen und Berichten zum Thema wird dargelegt, dass der Hass auf die Armenier in der damaligen Türkei strukturell dem Judenhass in sehr vielen Punkten ähnlich ist. Ein Autor schrieb (sinngemäß) von einem "proto-antisemitischen" Grundmuster. Armenier galten in der damaligen Türkei als gebildetere Minderheit, die vorzugsweige von Handel und Geschäften lebte und sich - in den Augen ihrer Feinde - einen unverdienten höheren Wohlstand "erschlichen" hätten. Sie selbst, die Armenier, standen dem osmanischen Reich bzw. der Türkei an sich nicht feindlich gegenüber.

Bezeichnenderweise wurde der Begriff "Holocaust" im Sinne der Gewaltanwendung gegen eine Ethnie erstmalig ab etwa 1894 im Zusammenhang mit Massakern an Armeniern (z.b. in Urfa, als mehrere tausend Menschen in einer Kirche verbrannten) noch vor dem eigentlichen Völkermord an den Armeniern verwendet.

Der eigentliche Urheber des internationalen Terminus "Genozid" ist der vor den Nazis aus Polen geflohene jüdische Rechtswissenschaftler Raphael Lemkin. Und dieser stützt diesen Begriff ganz ausdrücklich und explizit sowohl auf den Völkermord an den Armeniern als auch auf die Shoah. Ohne eine andere Gewichtung als hinsichtlich der Anzahl der Opfer.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von pikant »

in der ganzen Diskussion macht der Aussenminister Steinmeier eine schlechte Figur und hat sich ins Abseits gestellt mit seiner juengsten Auesserung.
kann mich nicht erinnern, dass ein Aussenminister so eine andere Meinung vertritt als der Bundestag in seiner grossen sehr grossen Mehrheit.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von schokoschendrezki »

pikant » Mo 27. Apr 2015, 09:31 hat geschrieben:in der ganzen Diskussion macht der Aussenminister Steinmeier eine schlechte Figur und hat sich ins Abseits gestellt mit seiner juengsten Auesserung.
kann mich nicht erinnern, dass ein Aussenminister so eine andere Meinung vertritt als der Bundestag in seiner grossen sehr grossen Mehrheit.
Nicht nur der Bundestag. Kein geringerer als der israelische Staatspräsident Rivlin hat kürzlich dem Papst für seine klaren Worte gratuliert und gleichfalls den Völkermord an den Armeniern als solchen bezeichnet.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von pikant »

schokoschendrezki » Mo 27. Apr 2015, 08:48 hat geschrieben:
Nicht nur der Bundestag. Kein geringerer als der israelische Staatspräsident Rivlin hat kürzlich dem Papst für seine klaren Worte gratuliert und gleichfalls den Völkermord an den Armeniern als solchen bezeichnet.
ich verstehe ueberhaupt nicht, warum ein Voelkermord an den Armeniern und das oeffentlich zu sagen eine Verharmlosung des Holocaust bedeuten koennte.
das verstehen ausser Steinmeier wohl nicht so viele ......
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von JFK »

schokoschendrezki » Mo 27. Apr 2015, 08:53 hat geschrieben:
In etlichen Analysen und Berichten zum Thema wird dargelegt, dass der Hass auf die Armenier in der damaligen Türkei strukturell dem Judenhass in sehr vielen Punkten ähnlich ist. Ein Autor schrieb (sinngemäß) von einem "proto-antisemitischen" Grundmuster. Armenier galten in der damaligen Türkei als gebildetere Minderheit, die vorzugsweige von Handel und Geschäften lebte und sich - in den Augen ihrer Feinde - einen unverdienten höheren Wohlstand "erschlichen" hätten. Sie selbst, die Armenier, standen dem osmanischen Reich bzw. der Türkei an sich nicht feindlich gegenüber.

Bezeichnenderweise wurde der Begriff "Holocaust" im Sinne der Gewaltanwendung gegen eine Ethnie erstmalig ab etwa 1894 im Zusammenhang mit Massakern an Armeniern (z.b. in Urfa, als mehrere tausend Menschen in einer Kirche verbrannten) noch vor dem eigentlichen Völkermord an den Armeniern verwendet.

Der eigentliche Urheber des internationalen Terminus "Genozid" ist der vor den Nazis aus Polen geflohene jüdische Rechtswissenschaftler Raphael Lemkin. Und dieser stützt diesen Begriff ganz ausdrücklich und explizit sowohl auf den Völkermord an den Armeniern als auch auf die Shoah. Ohne eine andere Gewichtung als hinsichtlich der Anzahl der Opfer.
Ja, das stimmt schon nur wurde keine Partei vom Volk gewählt, die sich dieser schande angenommen hat, sondern aus dem Putsch der Jungtürken resultierte.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Ammianus »

Makumba » Sa 25. Apr 2015, 22:08 hat geschrieben:
Wenn du das so siehst war das Vorgehen der Jung-Türken dann auch folgerichtig. ;)

Aber so war es eben nicht.

Oder glaubst du das alle armenischen Greise, Kinder und Frauen die in der Türkei friedlich lebten, sich mit den Russen verbünden wollten? Das ist quatsch.


...
Aus der Logik von Unterwerfung, Ausbeutung und Unterdrückung von Widerstand heraus war dieses Verhalten auch folgerichtig. In dem Moment, wo die von mir Unterworfenen anfangen ihre Furcht zu verlieren und ihre Situation verändern wollen, wird es für mich als Unterwerfer kreuzgefährlich. Wenn man in die Osmanische Geschichte schaut, dann ist man dort immer mit äußerster Brutalität gegen jedes Aufbegehren vorgegangen – und unterschied sich damit nicht im geringsten von christlichen und anderen Gesellschaften egal ob Mongolen oder Azteken.

Das Osmanische Reich war im 19. Jh. nur noch ein lebender Leichnam. Seine Gebiete in Europa hatte es fast vollständig verloren. Ohne anders gelagerte Interessen von Engländern und Franzosen wäre es wohl den Russen gelungen, sich in den Besitz der Dardanellen und Konstantinopels zu bringen. Ägypten und Nordafrika zählten nur noch nominell zum sogenannten Kalifat der Sultane. Als dann Deutschland gelang, die Türkei auf seiner Seite in den 1. Weltkrieg zu ziehen, war es für England nicht allzu schwer, die Araber auf ihre Seite zu bringen – und sie anschließend um die Früchte ihres Kampfes zu betrügen. In Anatolien hatte man die riesigen Minderheiten der Armenier, Griechen (die saßen da schon seit mindestens Beginn der Eisenzeit) und Kurden. In einem nur wenig anders verlaufenem Szenario wäre der Westen Kleinasiens inklusive Konstantinopels jetzt griechisch. Den Osten würden sich Kurden, Araber und Armenier, in welcher Konstellation auch immer, teilen. Die in etwa jetzige Rolle der heutigen Kurden wäre dann den osmanischen Türken zugefallen: Zerrieben zwischen den erfolgreicheren Nationalitäten, überall eine verachtete und unterdrückte Minderheit.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Kardux »

Ammianus hat geschrieben:Die in etwa jetzige Rolle der heutigen Kurden wäre dann den osmanischen Türken zugefallen: Zerrieben zwischen den erfolgreicheren Nationalitäten, überall eine verachtete und unterdrückte Minderheit.
Sowas wäre nie passiert. Die Türken waren und sind ein militantes Volk. Niemals hätten die osmanischen Türken dasselbe Schicksal wie die Kurden erlebt. Die Kurden tragen an ihrem Schicksal auch eine große Mitschuld. Sie liessen sich nämlich immer von den Türken vereinnahmen.

Ich stimme Ihnen jedoch zu, das es unter Umständen eine kleinere Resttürkei gegeben hätte. Aber das wirkliche Kernland der Türken, rund um Ankara, Konya, Yozgat, Aksaray war niemals in Gefahr. Und ich denke selbst wenn die Griechen in den Wirren der Nachkriegszeit Istanbul und die heutige Westtürkei erobert hätten, so hätten das die Türken niemals auf sich sitzen lassen. Der Einmarsch in Nordzypern dient hier als Beispiel, wozu die Türkei in der Lage ist.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Córdoba »

Kardux » Mo 27. Apr 2015, 17:07 hat geschrieben:
Sowas wäre nie passiert. Die Türken waren und sind ein militantes Volk. Niemals hätten die osmanischen Türken dasselbe Schicksal wie die Kurden erlebt. Die Kurden tragen an ihrem Schicksal auch eine große Mitschuld. Sie liessen sich nämlich immer von den Türken vereinnahmen.

Ich stimme Ihnen jedoch zu, das es unter Umständen eine kleinere Resttürkei gegeben hätte. Aber das wirkliche Kernland der Türken, rund um Ankara, Konya, Yozgat, Aksaray war niemals in Gefahr. Und ich denke selbst wenn die Griechen in den Wirren der Nachkriegszeit Istanbul und die heutige Westtürkei erobert hätten, so hätten das die Türken niemals auf sich sitzen lassen. Der Einmarsch in Nordzypern dient hier als Beispiel, wozu die Türkei in der Lage ist.
Historisch haben die Kurden ziemliches Pech gehabt, wie die Basken, nicht ganz so wie die Tibeter.
Vor allen Dingen nach dem ersten Weltkrieg.

Die Deutschen haben mehr Glück gehabt, als sie verdient haben.
Wenn man bedenkt, was sie sich geleistet haben.

Zerlegt wurden die Osmanen im Kern von den Arabern, diese waren nomadisch, wenig zivilisiert, und illoyal.
Die Osmanen haben ihren ganzen Haß aber auf die domestizierten, zivilisierten Minoritäten, also Kurden Griechen Armenier etc. gerichtet.
Ausgerechnet diese waren aber über Jahrhunderte relativ loyal gegenüber dem Sultan.
Und nicht entscheidend für den Zerfall des osmanischen Reiches.

Der Hass der Türken hat sich gegen die Falschen gerichtet!

Was passiert heute?
Die Türkei unterstützt den IS, um den Kurden wieder eins auszuwischen.

Das produziert neuen Hass, die Gewaltspirale dreht sich weiter, vor allen Dingen in den Kurdengebieten der Türkei.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Marie-Luise »

Marie-Luise » Mo 13. Apr 2015, 17:10

Dazu fällt mir Erdogans Ausspruch von vor einigen Jahren ein:

"Muslime morden nicht", "Muslime begehen keinen Völkermord!"

("Muslims don't .... ")

>Prime Minister Recep Tayyip Erdogan’s famous series of quotes “Muslims don’t kill,” “Muslims don’t commit genocide” and “Muslims don’t resort to terror” from a couple of years ago also contained another jewel: “Muslims don’t resort to nuclear weapons.”

http://www.hurriyetdailynews.com/defaul ... 2011-11-10
Erdogans "Muslime morden nicht", "Muslime begehen keinen Völkermord" haben nun den prominenten Muslimbruder Youssef al-Qaradawi auf den Plan gerufen. Er trat der Muslimbruderschaft U.S.A. bei, um der Türkei gegen die Bezeichnung "Genozid" beizustehen.

http://www.dailysabah.com/diplomacy/201 ... -incidents
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Hassad »

Marie-Luise » Fr 1. Mai 2015, 19:00 hat geschrieben:
Erdogans "Muslime morden nicht", "Muslime begehen keinen Völkermord" haben nun den prominenten Muslimbruder Youssef al-Qaradawi auf den Plan gerufen. Er trat der Muslimbruderschaft U.S.A. bei, um der Türkei gegen die Bezeichnung "Genozid" beizustehen.

http://www.dailysabah.com/diplomacy/201 ... -incidents

Sowie der Erdowahn den Massenmord heute unterstützt an Minderheiten wie Kurden, Yesiden , so leugnet er auch heute den Genoizid an den Armenier vor 100 Jahren.
Dem Erdowahn glaube ich nichts mehr.
Zur Erinnerung, vor einem Jahr etwa wollte er mittels Agenten einen Angriff auf sein Land simulieren von syrischem Boden aus, um einen Grund zu erzielen in Syrien auch direkt einzumaschieren. Erdogan ist der eigentliche Chef der IS - ein Multiterrorist und Kriegstreiber.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von feratheyv »

Demolit » Di 14. Apr 2015, 11:45 hat geschrieben:
Eine kleine Korrektur wäre dem Franziskus noch auf den Spickzettel zu schreiben. Wenn die Definition von Völkermord korrekt angewandt wird, dann wäre der erste Völkermord im vorigen Jahrhundert in Deutsch Südwestafrika an den Hereros verübt worden.
Das gleiche musste ich auch denken und hatte schon befürchtet, dass die Herero und Nama vergessen werden würden. Da die Verbrechen gegen sie auch in der Bundestagsdebatte angesprochen wurden, kann ich nur hoffen, das auch dieses Thema auf die Tagesordnung kommt und als Genozid deklariert wird. Aber noch scheinen die Interessen der Herero und Nama leider unbedeutender als die der Nachfahren der deutschen Siedler in Namibia zu sein.
http://www.politlog.de/2015/04/27/volke ... -armenier/
Erst Hintergründe wissen, dann sich zu einem Thema äußern!
kammps

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von kammps »

feratheyv » Mo 11. Mai 2015, 02:45 hat geschrieben:
Das gleiche musste ich auch denken und hatte schon befürchtet, dass die Herero und Nama vergessen werden würden. Da die Verbrechen gegen sie auch in der Bundestagsdebatte angesprochen wurden, kann ich nur hoffen, das auch dieses Thema auf die Tagesordnung kommt und als Genozid deklariert wird. Aber noch scheinen die Interessen der Herero und Nama leider unbedeutender als die der Nachfahren der deutschen Siedler in Namibia zu sein.
http://www.politlog.de/2015/04/27/volke ... -armenier/
Eine Nummer kleiner wäre ja auch schon ein Schritt. Zum Beispiel die Straßen umbenennen, mit denen verantwortlich Beteiligte des Völkermords immer noch gewürdigt werden.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Makumba »

feratheyv » Mo 11. Mai 2015, 01:45 hat geschrieben: Das gleiche musste ich auch denken und hatte schon befürchtet, dass die Herero und Nama vergessen werden würden.
Ja, das glaube ich auf Wort. Wie das Schicksal der vergessenen Hereros sie um den Schlaf bringt.
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Antonius
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Antonius »

Ammianus hat geschrieben:(27 Apr 2015, 16:54)
(...)
Das Osmanische Reich war im 19. Jh. nur noch ein lebender Leichnam. Seine Gebiete in Europa hatte es fast vollständig verloren. Ohne anders gelagerte Interessen von Engländern und Franzosen wäre es wohl den Russen gelungen, sich in den Besitz der Dardanellen und Konstantinopels zu bringen. Ägypten und Nordafrika zählten nur noch nominell zum sogenannten Kalifat der Sultane. Als dann Deutschland gelang, die Türkei auf seiner Seite in den 1. Weltkrieg zu ziehen, war es für England nicht allzu schwer, die Araber auf ihre Seite zu bringen – und sie anschließend um die Früchte ihres Kampfes zu betrügen. In Anatolien hatte man die riesigen Minderheiten der Armenier, Griechen (die saßen da schon seit mindestens Beginn der Eisenzeit) und Kurden. In einem nur wenig anders verlaufenem Szenario wäre der Westen Kleinasiens inklusive Konstantinopels jetzt griechisch. Den Osten würden sich Kurden, Araber und Armenier, in welcher Konstellation auch immer, teilen. Die in etwa jetzige Rolle der heutigen Kurden wäre dann den osmanischen Türken zugefallen: Zerrieben zwischen den erfolgreicheren Nationalitäten, überall eine verachtete und unterdrückte Minderheit.
Wenn sich die türkischen Siedlungsgebiete auf die Gegend von Ankara, Konya, etc., beschränkt hätten, so hätte ein türkischer Staat durchaus überleben können.
Natürlich, man hätte sich mit den Nachbarstaaten Kurdistan, Armenien, Syrien, Griechenland arrangieren müssen.

Im übrigen hat der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche endlich die Resolution zum Völkermord an den Armeniern 1915ff verabschiedet.
Besonders beeindruckend fand ich die Rede des Parteivorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, zum Thema.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von immernoch_ratlos »

Bei Ereignissen die noch einigermaßen in unserem "Ereignishorizont" (nein, nicht der in der "allgemeinen Relativitätstheorie") liegen, ist man versucht Begriffe aufzusetzen, die zumindest juristisch keinerlei Wirkung haben.

Völkermord oder Genozid genannt wird inzwischen alles was politisch "opportun" erscheint. Als Straftatbestand im "Völkerstrafrecht" wurde "Völkermord" exakt am 09.12.1948 in der Resolution 260 die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ justiziabel.

Nachdem das Töten gleich ganzer Volksgruppen und alles was die Konvention in Artikel II definiert, in bislang nie dagewesenen Größenordnungen unübersehbar geworden war, versucht man dies zukünftig durch Strafandrohung wenigstens einzudämmen. Wen das im Detail interessiert kann sich in dem WIKI Völkermord weiter informieren.

Der Begriff "Völkermord" ist zwar sehr detailliert definiert, aber wer möchte kann den beliebig auch "rückwärts" gerichtet anwenden. Diese geradezu inflationäre Anwendung, mach diese Art des Verbrechens geradezu "alltäglich". Quasi als unvermeidbare Begleitumstände bei kriegerischen Auseinandersetzungen - Bürgerkriegen usw.

So gesehen kommt diese nachträgliche Verurteilung einer - zweier Regierungen, von denen allenfalls die nun ja "Rechtsnachfolger" noch existieren nicht nur zu spät (im Fall des osmanischen Reichs) ein nachträglicher Versuch schändliche Taten Heute zu (ver)urteilen. Das hängt ganz von der politischen Situation des Tages ab.

Was gegenwärtige andauernde Untaten angeht, wird es da auch weitere 100 Jahre dauern, bis diese dann "posthum" verurteilt werden ?

Warum kann (kindlich naiv gefragt) niemand schon im Ansatz - auch durch Gegengewalt wenn nicht anders möglich - gerade laufende Verbrechen verhindern ? Wenn ein Staat gerade dabei ist GEGENWÄRTIG die "Weichen" für Gewalt im Inneren zu stellen z.B. ?

Diese leicht verspätete und juristisch unwirksame "Verurteilung" war ein wunderhübsches Schmierentheater für alle, denen aus sehr späte Gerechtigkeit erst mal genügt....

Eine höchst dumme Stärkung der "Wagenburgmentalität" die sicher hilft so manchen Kurden UND sicher auch erhebliche Anzahl ethnischer Türken zu töten.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von BruceLee »

Ich darf seit dem Beschluss im Bundestag über den (Platzhalter für ein bestimmtes Wort) Armeniergenozid nicht mehr diskutieren, ohne mir
eine eventuelle Strafanzeige einzuhandeln. Demokratie pur inmitten Europas. Insofern hoffe ich natürlich, dass die Türkei genauso konsequent
gegen die Armeniergenozidbefürworter vorgeht. Ja ich weiss, so war das früher auch, aber mittlerweile kann man darüber offen reden, aber
hoffentlich nicht mehr all zu lang. Genauso wie man Atatürk verfluchen und beschimpfen darf.

All diese Beschlüsse in jedweden Parlamenten der Welt werden nichts an der Armut und Abschiermung Armeniens (seitens der Türkei, aber
meiner Meinung nach noch sehr viel mehr ausbaufähig) sowie der Aussöhnung der beiden
Länder ändern.

Ich hasse Erdogan, aber mein Segen zur völligen Vernichtung der pkk Terroristen hat er alle male und ich hoffe er wird dies endlich bis zum
bitteren ende durchziehen.

Erdogan ist zwar ein Dummschwätzer ohne Ende, aber mittlerweile kann ich die Schar seiner Anhänger nachvollziehen, wenn ich seine
Gesinnung mit der Doppelmoral der angeblich modernsten Demokratien des Westens vergleiche.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Kardux »

BruceLee hat geschrieben:Ich darf seit dem Beschluss im Bundestag über den (Platzhalter für ein bestimmtes Wort) Armeniergenozid nicht mehr diskutieren, ohne mir
eine eventuelle Strafanzeige einzuhandeln. Demokratie pur inmitten Europas.
Ja, genauso wurde ja auch der Völkermord an den Herero und Nama anerkannt. Sie sagen es, das ist Demokratie pur. Und selbst Schwachköpfe die weiterhin den Völkermord leugnen oder relativieren müssen mit keiner Strafanzeige rechnen. Wo soll das bitte verankert worden sein? Welches Gesetz gibt es dazu? Inmitten Europas, wurde lediglich dieser Genozid anerkannt, sehr spät wie ich finde. Die "Meinungsfreiheit" für türkische Faschisten welche die geplante Vernichtung der Armenier negieren wird weiterhin bewahrt.
BruceLee hat geschrieben:Insofern hoffe ich natürlich, dass die Türkei genauso konsequent gegen die Armeniergenozidbefürworter vorgeht.
So dummdreist brauchen Sie nicht zu hoffen, den Artikel 301 der türkischen Verfassung gibt es schon länger. Hieß zwar früher "Herabsetzung des Türkentums", und jetzt halt einfach "Herabsetzung der türkischen Nation". Und trotzdem ist und bleibt es ein Gummiparagraph, den kann man so interpretieren wie man gerade Lust hat.
BruceLee hat geschrieben:Genauso wie man Atatürk verfluchen und beschimpfen darf.
Auch dagegen gibt es weiterhin ein Gesetz in der Türkei. So einfach ist es nicht Atatürk zu beschimpfen. Auch wenn es vollkommen legitim und verständlich ist ihn zu verfluchen und natürlich zu beschimpfen.
BruceLee hat geschrieben:Ich hasse Erdogan, aber mein Segen zur völligen Vernichtung der pkk Terroristen hat er alle male und ich hoffe er wird dies endlich bis zum bitteren ende durchziehen.
Eine sogenannte Hassliebe. :D

Die PKK wird weder Erdogan noch irgend einer seiner faschistischen Nachfolger vernichten können. Die PKK ist im Grunde nur eine Idee, ein Gedanke, ein Wille nach Freiheit. Den kann man nicht vernichten. Noch während der osmanischen Kolonisierung Kurdistans revoltierten gewisse kurdische Emirate. Damals kannte man den Begriff Terroristen noch nicht in Istanbul. Aber irgendeinen Begriff benötigte man ja schon um nicht Freiheitskämpfer oder Widerstandskämpfer hören zu müssen - deshalb lieber Begiffe wie Banditen um den kurdischen Widerstand zu dysphemisieren. Später als die moderne Türkei ausgerufen wurde revoltierten die Kurden wieder. Aufständische, Abtrünnige, Freischärler, usw. man fand ja immer einen passenden Begriff. Heute sind es halt die PKK- Terroristen.

Und noch immer scheint das türkische Volk nicht verstanden zu haben das sich das kurdische Volk nicht vernichten lässt.
BruceLee hat geschrieben:Erdogan ist zwar ein Dummschwätzer ohne Ende
Das Sie mal etwas Vernünftiges schreiben - ein Wunder. Ja, natürlich, Erdogan ist ein Dummschwätzer ohne Ende. Und die Schar seiner Anhänger scheint wohl viel dümmer als er zu sein. Wer sich einem Führer verschreit kann nicht anders bezeichnet werden.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Flaschengeist »

palulu hat geschrieben:(13 Apr 2015, 15:46)

Der Papst hielt vor Kurzem im Petersdom einen Gottesdienst zu Ehren der ermordeten Armenier während des Osmanischen Reiches ab, an dem auch Vertreter der orthodox-armenischen Geistlichkeit teilnahmen. Dort bezeichnete er die Ereignisse von 1915 als einen Völkermord "am ersten christlichen Volk". Er stellte die Ereignisse um 1915 auf eine Stufe mit dem Holocaust und dem Stalinismus. Die Armenier seien Opfer des ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts geworden, hat Franziskus gesagt, allerdings ist diese Aussage wieder einmal Ausdruck des weißen Rassismus. Tatsächlich waren die ersten Genozidopfer des letzten Jahrhunderts Afrikaner: die Herero und Nama.

http://www.tagesschau.de/ausland/papst- ... r-103.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/paps ... 25258.html

Naturgemäß missfiel dies der Türkei. Der Botschafter des Vatikan wurde ins türkische Außenministerium einbestellt, der türkische Botschafter aus dem Vatikan zurück nach Ankara beordert. Es wird gemunkelt, dass der Papst aus Rücksicht auf die Beziehungen zur Türkei nicht an der pompösen und internationalen Gedenkzeremonie am 24. April in Eriwan teilnehmen werde, weshalb die Zeremonie im Petersdom abgehalten worden sei.

Der taz-Journalist Jürgen Gottschlich hat ganz ungeplant und unerwartet ein Buch zu dieser Thematik just am 100. Jahrestag veröffentlicht:

Beihilfe zum Völkermord: Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier
Gebundene Ausgabe – 24. Februar 2015
von Jürgen Gottschlich (Autor)

Klappentext:
-> http://www.amazon.de/Beihilfe-zum-Völke ... s=Armenier

In der Bundesrepublik wird am 24. April eine Gedenkstunde im Deutschen Parlament abgehalten. Die Welt meint, aus Rücksicht vor Erdogan wolle man das Wort Genozid in Deutschland nicht in den Mund nehmen von offizieller Seite. Abgesehen davon, dass Erdogan nicht die personifizierte Türkei ist, würde diesem Standpunkt Jürgen Gottschlich wohl so nicht zustimmen. Deutschland wiederum hat kein Interesse daran, als Mittäter verurteilt zu werden. Interessant ist auch, wer die Gedenkfeier in Armenien besucht und wer nicht. Vor einigen Wochen wurde nämlich berichtet, dass der französische Staatspräsident François Hollande die Zeremonie am 24. April in Eriwan besuchen werde, Deutschland wolle lediglich einen Vertreter entsenden. In Frankreich lebt eine einflussreiche armenische Diaspora, in Deutschland eine türkische.

In der Türkei hingegen hat man ebenfalls so seine Mittel und Wege. Die Kaufentscheidung des Milliarden Dollar schweren Raketenabwehrsystems wurde aufgeschoben, zuletzt waren europäische Firmen, genauer gesagt ein italienisch-französisch Konsortium, in den engeren Kreis gerückt. Ihr Angebot wird inzwischen favorisiert. Darüber hinaus hat man mit Turkish Airlines, eine stark expandierende Fluglinie, einen Großkunden bei Airbus, der jährlich 30 neue Flugzeuge einflottet. Abgesehen von ökonomischen Zwängen spricht auch die Tatsache, dass Armenien sich der russischen Machtsphäre letztlich ergeben hat, nicht für ein größeres westliches Interesse an der Thematik. Armenien ist zum 02.01.2015 der Eurasischen Union beigetreten.

Die Vertreibung der Armenier war ein Völkermord unter vielen. Weder der erste noch der letzte im 20. Jahrhundert. Die Briten haben z.B. die Buren in KZ`s gesteckt und dort krepieren lassen.

Die Deutschen tragen an der Vertreibung der Armenier keine Verantwortung. Zumindest ist mir nicht bekannt, wie denn die Deutschen das Geschehen im Osmanischen Reich hätten verhindern können. Es sei denn man mach allgemein immer die Verbündeten mit verantwortlich. Das würde dann aber bedeuten das die USA auch für die Verbrechen der SU im WW II mit verantwortlich sind.

Die Regierung Atatürk hat übrigens die Verbrechen an den Armeniern zumindest teilweise aufgearbeitet und die Verantwortlichen zum Tode verurteilt.

Allgemein bin ich der Meinung daß die Geschehnisse der damaligen Zeit und ihre Einordnung eine Diskussion ist, die den Armeniern und den Türken etwas an geht. Deutschland hat damit nichts zu tun.
bennyh

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von bennyh »

Flaschengeist hat geschrieben:(30 Sep 2016, 14:14)

Die Vertreibung der Armenier war ein Völkermord unter vielen. Weder der erste noch der letzte im 20. Jahrhundert. Die Briten haben z.B. die Buren in KZ`s gesteckt und dort krepieren lassen.

Die Deutschen tragen an der Vertreibung der Armenier keine Verantwortung. Zumindest ist mir nicht bekannt, wie denn die Deutschen das Geschehen im Osmanischen Reich hätten verhindern können. Es sei denn man mach allgemein immer die Verbündeten mit verantwortlich. Das würde dann aber bedeuten das die USA auch für die Verbrechen der SU im WW II mit verantwortlich sind.

Die Regierung Atatürk hat übrigens die Verbrechen an den Armeniern zumindest teilweise aufgearbeitet und die Verantwortlichen zum Tode verurteilt.

Allgemein bin ich der Meinung daß die Geschehnisse der damaligen Zeit und ihre Einordnung eine Diskussion ist, die den Armeniern und den Türken etwas an geht. Deutschland hat damit nichts zu tun.
Die USA waren während des WW2 nicht in der Sovietunion präsent. Die Deutsche Militärführung aber sehr wohl im Osmanischen Reich während des WW1. Es gab nie eine derart intensive Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sovietunion wie zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich. Die USA und die Sovietunion verband lediglich ein gemeinsamer Feind (bzw. gemeinsame Feinde, aka Nazi-Deutschland, Ungarn, Italien, Bulgarien und Rumänien und später das Kaiserreich Japan. Selbst beim Thema Finnland gab es keinen gemeinsamen Nenner.) Die Sovietunion hat ihre Verbrechen, wenn möglich, heimlich durchgeführt, die Jungtürken hingegen ganz offen und für jeden sichtbar, der es wissen wollte. Zwischen der Sovietunion und den USA gab es auch kein derart ungleiches Kräfteverhältnis wie zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich.
Das Deutsche Kaiserreich ist nicht verantwortlich für die Entscheidung zum Genozid an den Armeniern oder die Planung desselben, aber für eine viel zu passive Haltung wider besseren Wissens und für die Weigerung, die Osmanen aufzufordern, den Genozid einzustellen. Man entscheid stattdessen, dass die militärische Allianz wichtiger war als das Leben der Armenier. Man hätte vielleicht einen Hebel gehabt, um die Armenier zu retten. Vielleicht hätte der Hebel auch nicht gereicht. Aber zumindest hat man es nicht probiert. Eine deutsche Verantwortung für den Völkermord gibt es durchaus, nicht aufgrund dessen, was das Deutsche Kaiserreich tat, sondern aufgrund dessen, was es nicht tat.
bennyh

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von bennyh »

Kardux hat geschrieben:(07 Jun 2016, 00:48)
Auch dagegen gibt es weiterhin ein Gesetz in der Türkei. So einfach ist es nicht Atatürk zu beschimpfen. Auch wenn es vollkommen legitim und verständlich ist ihn zu verfluchen und natürlich zu beschimpfen.
Nicht, dass ich irgendwas gegen Beschimpfung und Verfluchung von Staatsmännern hätte, aber aus Interesse: Was ist für Sie das Beschimpfungs- und Verfluchungswerte an Atatürk?
Kardux hat geschrieben:(07 Jun 2016, 00:48)
Ja, natürlich, Erdogan ist ein Dummschwätzer ohne Ende. Und die Schar seiner Anhänger scheint wohl viel dümmer als er zu sein.
Schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist. :D
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Jekyll »

bennyh hat geschrieben:(30 Sep 2016, 16:03)Schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist. :D
Was Dummheit und Dummschwätzerei angeht beweisen deutsche und kurdische Nationalisten am laufend Band, dass hier die Grenzen des Möglichen noch lange nicht erreicht worden sind.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von bennyh »

Jekyll hat geschrieben:(30 Sep 2016, 16:46)

Was Dummheit und Dummschwätzerei angeht beweisen deutsche und kurdische Nationalisten am laufend Band, dass hier die Grenzen des Möglichen noch lange nicht erreicht worden sind.
Ja, möglich. Wüsste nur nicht, dass Sie hier grade einem Deutschen oder Nationalist antworten.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Flaschengeist »

bennyh hat geschrieben:(30 Sep 2016, 15:58)

Die USA waren während des WW2 nicht in der Sovietunion präsent. Die Deutsche Militärführung aber sehr wohl im Osmanischen Reich während des WW1. Es gab nie eine derart intensive Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sovietunion wie zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich. Die USA und die Sovietunion verband lediglich ein gemeinsamer Feind (bzw. gemeinsame Feinde, aka Nazi-Deutschland, Ungarn, Italien, Bulgarien und Rumänien und später das Kaiserreich Japan. Selbst beim Thema Finnland gab es keinen gemeinsamen Nenner.) Die Sovietunion hat ihre Verbrechen, wenn möglich, heimlich durchgeführt, die Jungtürken hingegen ganz offen und für jeden sichtbar, der es wissen wollte. Zwischen der Sovietunion und den USA gab es auch kein derart ungleiches Kräfteverhältnis wie zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich.
Das Deutsche Kaiserreich ist nicht verantwortlich für die Entscheidung zum Genozid an den Armeniern oder die Planung desselben, aber für eine viel zu passive Haltung wider besseren Wissens und für die Weigerung, die Osmanen aufzufordern, den Genozid einzustellen. Man entscheid stattdessen, dass die militärische Allianz wichtiger war als das Leben der Armenier. Man hätte vielleicht einen Hebel gehabt, um die Armenier zu retten. Vielleicht hätte der Hebel auch nicht gereicht. Aber zumindest hat man es nicht probiert. Eine deutsche Verantwortung für den Völkermord gibt es durchaus, nicht aufgrund dessen, was das Deutsche Kaiserreich tat, sondern aufgrund dessen, was es nicht tat.

Welcher Hebel hätte das denn sein können?

Die USA haben einen Hebel gehabt. Die Amis hätten z.B. mit einer Einstellung aller Lieferungen drohen können. Selbst ein Mann wie Väterchen Stalin hätte es sich dann überlegt ob er seine Verbrechen z.B. an den Wolgadeutschen ausführen läßt.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Tom Bombadil »

Der Völkermord an den Armeniern hat die Familie von Silvina Der-Meguerditchian zerstört. Die meisten Familienmitglieder kamen ums Leben. Auf einem "Fluchtteppich", der in der Berliner Akademie der Künste zu sehen sein wird, hat sie die Geschichte ihrer Großeltern festgehalten.
http://www.deutschlandradiokultur.de/fa ... _id=367143

Die Erinnerung an den ersten systematischen Völkermord des 20. Jahrhunderts, verübt von der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches, wird wachgehalten. Ein gutes und wichtiges Signal, besonders für die nationalistischen Elemente in der Türkei und unter Türken in Deutschland. Man sollte wie Deutschland aus der Geschichte lernen und den Hass auf andere Völker begraben.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Taurus »

Tom Bombadil hat geschrieben:(01 Oct 2016, 10:42)

Der Völkermord an den Armeniern hat die Familie von Silvina Der-Meguerditchian zerstört. Die meisten Familienmitglieder kamen ums Leben. Auf einem "Fluchtteppich", der in der Berliner Akademie der Künste zu sehen sein wird, hat sie die Geschichte ihrer Großeltern festgehalten.
http://www.deutschlandradiokultur.de/fa ... _id=367143

Die Erinnerung an den ersten systematischen Völkermord des 20. Jahrhunderts, verübt von der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches, wird wachgehalten. Ein gutes und wichtiges Signal, besonders für die nationalistischen Elemente in der Türkei und unter Türken in Deutschland. Man sollte wie Deutschland aus der Geschichte lernen und den Hass auf andere Völker begraben.


Insofern halte ich es für politischen Schwachsinn, unbewiesene und unerforschte Ereignisse als Völkermord aufzutischen und Wachzuhalten, während heute vor laufender Kammera und Publikum echte und bejubelte Völkermorde stattfinden. Entschuldigt bitte wenn ich etwas gesagt habe was ich nicht sagen durfte, nur wegen der Meinungsfreiheit wegen habe ich gewagt diesen Satz auszusprechen und bitte die Moderation unpassende Teile zu löschen soweit diese eventuell in sicht deutscher Gesetzgebung verboten sind.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von aleph »

Taurus hat geschrieben:(01 Oct 2016, 12:47)

Insofern halte ich es für politischen Schwachsinn, unbewiesene und unerforschte Ereignisse als Völkermord aufzutischen und Wachzuhalten, während heute vor laufender Kammera und Publikum echte und bejubelte Völkermorde stattfinden. Entschuldigt bitte wenn ich etwas gesagt habe was ich nicht sagen durfte, nur wegen der Meinungsfreiheit wegen habe ich gewagt diesen Satz auszusprechen und bitte die Moderation unpassende Teile zu löschen soweit diese eventuell in sicht deutscher Gesetzgebung verboten sind.
Das eine schließt das andere nicht aus. Es ist nicht verkehrt, Verbrechen der Vergangenheit zu benennen. Aber natürlich befreit das EInem nicht von den gegenwärtigen Aufgaben.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Tom Bombadil »

Der Völkermord an den Armeniern ist weder unbewiesen noch unerforscht, das ist eine reine Schutzbehauptung, um nicht aus der Geschichte lernen zu müssen.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Kardux »

bennyh hat geschrieben:(30 Sep 2016, 16:03)

Nicht, dass ich irgendwas gegen Beschimpfung und Verfluchung von Staatsmännern hätte, aber aus Interesse: Was ist für Sie das Beschimpfungs- und Verfluchungswerte an Atatürk?


Schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist. :D
Was meinen Sie mit Verfluchungswerte?
Taurus hat geschrieben:


Insofern halte ich es für politischen Schwachsinn, unbewiesene und unerforschte Ereignisse als Völkermord aufzutischen und Wachzuhalten, während heute vor laufender Kammera und Publikum echte und bejubelte Völkermorde stattfinden. Entschuldigt bitte wenn ich etwas gesagt habe was ich nicht sagen durfte, nur wegen der Meinungsfreiheit wegen habe ich gewagt diesen Satz auszusprechen und bitte die Moderation unpassende Teile zu löschen soweit diese eventuell in sicht deutscher Gesetzgebung verboten sind.
Die Leugnung des Armeniergenozids wird in Deutschland nicht strafrechtlich verfolgt. Das ändert nichts an den Umständen. Die geplante Vernichtung der Armenier um Lebensraum für "treue und loyale" Menschen zu schaffen war ganz bestimmt einer der schlimmsten und folgenschwersten Völkermorde der Moderne. Die Auswirkungen für die Armenier waren verheerend. Man muss sich einmal vor Augen halten das heute vielleicht an die 10 Millionen Armenier in Ostanatolien leben würden, stattdessen wenige Zehntausend. Bis heute müssen sich die Hinterbliebenen der Opfer mit unsinnigen Pseudohistorikern herum schlagen die diese Vernichtung kleinreden bzw. leugnen. Man wurde in zweierlei Hinsicht vernichtet...
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HugoBettauer

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von HugoBettauer »

Taurus hat geschrieben:(01 Oct 2016, 12:47)

Insofern halte ich es für politischen Schwachsinn, unbewiesene und unerforschte Ereignisse als Völkermord aufzutischen
Das ist eben so in der Politik. Derzeit ist "Türkeikritik" en vogue.
Vardarovic

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Vardarovic »

Die deutsche Politik gibt gegenüber Erdogan erneut nach:

Konfliktpotenzial mit Türkei
Auswärtiges Amt sagt Armenien-Konzert ab
25.10.2016
http://www.n-tv.de/politik/Auswaertiges ... 33801.html
Das Auswärtige Amt möchte das Risiko für eine erneute Diskussion mit der Türkei nach der Völkermordresolution für Armenien offenbar möglichst gering halten. Zumindest ist die vorläufige Absage einer Aufführung zum diesem Thema so zu verstehen.
Armenier-Aufführung abgesagt
25.10.2016
http://www.sueddeutsche.de/politik/tuer ... -1.3221396
"Ein versöhnlicher Abend": Die Dresdner Philharmniker dürfen ihr Konzertprojekt nicht in Istanbul aufführen.
Die Präzedenzfälle deutscher Politik gegenüber Erdogan stehen, sie sind.
Fortan wird jede deutsche Kritik seitens der Türkei als Lachnummer begriffen werden.
Albula

Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Albula »

Traurig ist doch das Deutschland fast 100 Jahre brauchte bis ein Bundespräsident den Völkermord als Genozid bezeichnete...
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John Galt
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von John Galt »

Heute ist Armenian Genocide Remembrance Day.
Civilization is the progress toward a society of privacy. The savage’s whole existence is public, ruled by the laws of his tribe. Civilization is the process of setting man free from men.
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Quatschki »

John Galt hat geschrieben:(24 Apr 2017, 13:54)

Heute ist Armenian Genocide Remembrance Day.
Sag doch einfach Եղեռնի զոհերի հիշատակի օր
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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Flaschengeist »

Albula hat geschrieben:(16 Dec 2016, 16:26)

Traurig ist doch das Deutschland fast 100 Jahre brauchte bis ein Bundespräsident den Völkermord als Genozid bezeichnete...

Unter Realpolitischen Gesichtspunkten was die Armenier Resolution ein absolutes Desaster. Man hat einfach nur unnötigen Außenpolitischen Kredit verspielt. Kredit den wir jetzt brauchen könnten.

Aber vermutlich wollten die Deutschen nur die Verantwortung für noch einen Völkermord übernehmen und die Türken haben das einfach nicht verstanden.
„Nur in Deutschland wird mir vorgeworfen, ich wäre deutschfreundlich“ :)

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Re: Der 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern

Beitrag von Gutmensch1 »

Flaschengeist hat geschrieben:(01 Aug 2017, 03:56)

Unter Realpolitischen Gesichtspunkten was die Armenier Resolution ein absolutes Desaster. Man hat einfach nur unnötigen Außenpolitischen Kredit verspielt. Kredit den wir jetzt brauchen könnten.

Aber vermutlich wollten die Deutschen nur die Verantwortung für noch einen Völkermord übernehmen und die Türken haben das einfach nicht verstanden.
Eine selbstose Geste der Deutschen :) . Aber Flaschi, hast du dir vielleicht mal Gedanken darüber gemacht, warum die türkische Regierung keine Verantwortung für den geschichtlichen Fakt des Völkermordes an den Armeniern übernehmen wollen?
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