Anhänger des IS attackieren kurdische Unterstützer, aber neben PKK-Anhängern und der Polizei sind auch türkische Nationalisten und die islamistische sogenannte kurdische Hisbollah an den Protesten und Ausschreitungen beteiligt. Die meisten Menschen starben bei diesen innerkurdischen Konflikten – Straßengefechten zwischen PKK- und Hisbollah-Anhängern. Um die Konflikte zu verstehen, folgt deshalb ein Überblick über die Akteure und ihre Positionen innerhalb der türkischen Gesellschaft.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014 ... -hueda-par
Hier eine Überschau der einzelnen Akteure, wobei einiges etwas unscharf geworden ist, denke ich. Die Sicherheitskräfte/Polizei ist kein eigenständiger Akteur, sie unterstehen der Regierung, einschließlich der Streitkräfte, die politisch wirklich tot sind. Sie spielen keine Rolle mehr in dem Sinn, da sie der völligen Kontrolle der Regierung unterstehen.
Zudem ist die Einteilung der Islamisten in türkische ISIS-Fans und kurdische Hisbullah so nicht korrekt. Man kann unter den Islamisten nur schwer eine ethnische Grenze ziehen, da auf "türkischer Seite" Türken und (staatstreue) Kurden, auf Seiten der Hisbullah tatsächlich fast nur Kurden kämpfen, aber untereinander gibt es so gut wie keinen Streit um religiöse Auslegungen und Fragen o.ä. Heißt: im Zweifelsfall ist man "Bruder", denn sie beide verfolgen das Ziel der Scharia-Einführung, weshalb die von einigen Deutschen als islamistisch bezeichnete AKP in der Türkei als eigentlich moderat und teilweise sogar liberal gilt, kurz: "die Mitte". Die kurdische Hisbullah versucht allerdings, die kurdischen Islamisten zu repräsentieren.
Hier gibt es auch Schnittmengen zwischen ihr und der PKK, so z.B. in der Terminologie. Sie spricht auch von Kurdistan, nennt den Südosten der Türkei politisch bewusst Nordkurdistan, ist radikal anti-kemalistisch und lehnt das bestehende republikanische System der Türkei ab. Sie besteht auf die Anerkennung des kurdischen Volkes, auf Sprachfreiheit, jedoch wird jedwede Form des Nationalismus als unislamisch abgelehnt. Separatistische Tendenzen sind bei ihr sehr schwach, vielmehr müsse die ganze islamische Welt, die Ummah, gerettet werden. Sie tritt eher im Muslimbrüder-Stil auf.
Ihr wird von PKK-nahen Kreisen unterstellt, dass sie vom türkischen Staat supportet werde, was in der Vergangenheit auch stimmte, die aktuelle, neu organisierte Partei ist aber unabhängig. Dies sieht man z.B. daran, dass weder ein AKP-Politiker noch Erdogan ihren Namen in den Mund nehmen, weil insgeheim auch die Angst besteht, die islamische Hisbullah könnte die islamischen und turkophilen Kurden der AKP-Wählerschaft entziehen. Dies bewahrheitete sich bei den letzten Wahlen aber nicht. Die linksorientierte Kurdenpartei BDP verlor an die Islamisten.
Zusammenfassend:
• kurdisch-marxistische PKK
• kurdisch-islamistische Hisbullah
• Regierung der Türkei
• Türkische Nationalisten
Die Hisbullah hat auf ihrer Homepage erklärt, dass sie zurück zum bewaffneten Kampf kehren werde, wenn die Attacken der PKK-Jugend nicht aufhören. Diese Idioten haben tatsächlich ohne ersichtlichen Grund die Kuranschulen und Moscheen der Hisbullah-Anhänger angegriffen. Die Jugendorganisation gilt als extrem radikal und teilweise kontraproduktiv. Es hat zur Überraschung einiger etwas gedauert, bis sie den Appellen der Kurdenpartei und sogar Öcalan himself Folge leisteten und die gewalttätigen Ausschreitungen unterließen.