Völliger Unsinn. Auch im Kommunismus findet laut Marx der Mehrwert durch den Arbeiter statt, er wird eben nur anders verteilt... ihn bekommen die Arbeiter (...jedem nach seinen Bedürfnissen...), und nicht der Fabrikbesitzer, den es dann ja nicht mehr geben wird. Ein Satz wie "Mehrwert basiert auf Ausbeutung" zeigt also deutlich, daß der, der ihn äußert, überhaupt nicht verstanden hat, was der Mehrwert eigentlich genau ist.
Mit dem gesunden Menschenverstand bewaffnet kann man zur Mehrwertfrage folgendes sagen:
Er ist nicht zwangsläufig, es gibt ihn nicht immer auch unbedingt. Rein theoretisches Beispiel: Ein Unternehmen hat 2 Mitarbeiter, es kauft Vasen ein. Eine Vase kostet im Einkauf 100 Euro... der erste MA nimmt jede Vase vom Zulieferer entgegen und lässt sie fallen. Der zweite MA klebt die Scherben zusammen und verkauft anschließend die Vasen, leider nur für 50 Euro, wegen den Bruchspuren (Den Fall, daß die Vase für 150 Euro verkauft werden kann, weil man dumme Kunden findet, denen man die Bruchspuren als "künstlerische Verfeinerung" verkaufen kann, lassen wir mal beiseite). In diesem fiktiven Fall gibt es einen negativen Mehrwert... man könnte sagen, der tatternde MA trägt zur Wertminderung bei. Nun kann man natürlich sagen: so ein Unternehmen gibt es ja gar nicht. Was es aber dennoch in der Praxis oft gibt, sind MA, die wertmindernd tätig sind. Der harmlose Fall ist noch der, wo tatsächlich die Produktionsgüter aus Unachtsamkeit, Faulheit usw. eines Einzelnen beschädigt werden... denn hier besteht ja eine Chance, bei ausreichender Wiederholungshäufigkeit den Übeltäter dingfest zu machen und zu entlassen. Der weit weniger harmlose Fall ist der, wo die Organisation der Produktionsabläufe stellenweise oder übergreifend derart verkorkst ist, daß einzelne Teams oder gar ganze Abteilungen durch ihre Tätigkeit dem ganzen Unternehmen in Summe schaden statt nützen, wo also trotz eines individuellen Mehrwerts der Mehrwert fürs Unternehmen negativ ist. Je größer ein Unternehmen, desto größer diese Gefahr. Der prominenteste Fall waren die Staaten hinter dem eisernen Vorhang, wie z.B. die DDR. Zunächst gab es hier gar kein Instrument, gegen Personen vorzugehen, die ständig einen negativen Mehrwert erzeugten (ob aus Alkoholabhängigkeit oder einfach nur Faulheit oder sonstiger Renitenz), denn jeder hatte ja ein Recht auf Arbeit... allenfalls konnten solche Personen auf Arbeitsplätze verschoben werden, wo der Schaden, den sie verursachtem minimal war... ein Gehalt bekammen sie für ihre Ablieferung des negativen Mehrwerts aber dennoch. Darüber hinaus war aber in der DDR wie in den anderen sozialistischen Staaten die staatsdirigistische Organisation der Arbeitsabläufe derart katastrophal und und unangebracht, daß trotz einer großen Anzahl Arbeiter, die tatsächlich einen positiven Mehrwert ablieferten, dieser nicht ausreichte, um am Ende ein erträgliches Überleben des Landes zu sichern. Was nützt z.B. der Mehrwert, den unzählige landwirtschaftlich Tätige in die Produktion von Lebensmitteln stecken, wenn zum notwendigen Zeitpunkt und an der notwendigen Stelle z.B. die entsprechenden Transportmittel fehlen, um die Produkte zu den weiterverarbeitenden oder verkaufenden Stellen transportieren, und stattdessen die Produkte in den Lagerstätten verfaulen? Die DDR war dadurch gekennzeichnet, daß die Mehrwerte zwar nicht irgendwelchen Fabrikbesitzern in die Hände fielen, sondern oft stattdessen durch ineffektive Organisation "vernichtet" wurden, sodaß die Arbeiter auch wieder nichts von ihnen hatten.
Anderes theoretisches Beispiel: Ein Unternehmen handelt mit Vasen, kauft diese für 100 Euro ein, ein Mitarbeiter steckt seinen wunderschönen Mehrwert ins Produkt, indem er die Vasen kunstvoll bemalt, anschließend soll die Vase verkauft werden. Vasen sind aber momentan irgendwie out, die Menschen kaufen lieber LCD-Bildschirme, und zeigen sich damit Blumenbilder vom USB-Stick an, die Vasen können allenfalls für 50 Euro verkauft werden. Was ist nun mit dem Mehrwert, wo ist der denn geblieben? Auch er verpufft irgendwie... Diesen Fall gibt es im Kapitalismus sehr oft, ein prominenter Fall der letzten Zeit war die Handelskette Schlecker... unzählige fleißige Schleckermitarbeiter steckten ihre Mehrwerte in die Arbeit, aber trotzdem machte das Unternehmen in Gänze so fortgesetzt Minus (m.a.W. die Besitzer konnten überhaupt keine Werte abgreifen, sondern mussten welche zuschießen), daß am Ende der Geschäftsbetrieb eingestellt werden musste, als niemand mehr zuschießen wollte. Für die Phase, in der die Besitzer zuschießen mussten, kann der Satz "Der Unternehmer beutet den Arbeiter aus (durch Aneignung des Mehrwerts)" umgewandelt werden in "Der Arbeiter beutet den Unternehmer aus"... denn es werden ja die Gehälter weiter bezahlt, obwohl die Summe aus Produktkosten plus Mehrwert im Verkauf nicht erzielt werden konnte.
Das Risiko, solcherart vom Arbeiter ausgebeutet zu werden statt umgekehrt, besteht in der freien Marktwirtschaft für jeden Unternehmer, da es keine Garantien gibt, Produkte zu bestimmten Preisen absetzen zu können. Die erfolgreichsten Firmen können in der freien Marktwirtschaft wenige Monate später vom Untergang bedroht sein (und umgekehrt). Ein weiteres prominentes Beispiel: Nokia. Die Aneignung des Mehrwerts in den erfolgreichen Zeiten kann als Belohnung verstanden werden für die Bereitschaft, sein Eigentum riskant einzusetzen, d.h. so einzusetzen, das es auch verloren gehen könnte. Linke allerdings verdrängen regelmäßig die Idee, daß die unternehmerische Investition auch scheitern kann, und das Investierte am Ende futsch ist (Wenn sie "Wirtschaft" denken, denken sie ja Staatswirtschaft, und der Staat kann ja nun mal nicht pleite gehen, oder?)... weswegen sie auch nicht einsehen, daß es für das Risiko (daß sie so nicht sehen), eine Belohnung geben muß. Der Mehrwert, den der Kapitalist schafft, ist, daß er sein Kapital nicht in den eigenen Konsum steckt, sondern in risikobehaftete Unternehmungen... denn der Wert für die Gesellschaft des Kapitalistenkonsums ist gering, der Wert des Unternehmens aber hoch, denn es schafft Arbeitsplätze für Viele.
Zurück zum Mehrwert des Arbeiters... Er ist keine heilige Kuh, er kann etwas wert sein, er kann nichts wert sein, er kann schaden. Ein simpler Satz wie "Der Unternehmer eignet sich den Mehrwert des Arbeiters an, und beutet diesen dadurch aus" wird der Komplexität der Realität nicht gerecht und kann deshalb so ohne weiteres nicht ernstgenommen werden.
Man muß hinzufügen, daß die Komplexität der Realität im Kapitalismus zur Zeit Marxens auch überhaupt eine ganz andere, viel geringere war als heute, weswegen die Betrachtungen Marxens viel von ihrer Bedeutung verloren haben, da sie in einer anderen Zeit, in der viele andere Faktoren auf den Plan getreten sind, ganz einfach nicht mehr zutreffen. Der Begriff "Informationsgesellschaft" war inexistent. Neue Technologien, die es Einzelpersonen ohne viel Kapital aber mit großen Ideen erlaubten, ein Weltunternehmen in einer Garage aufzubauen, gab es noch überhaupt nicht (Beispiel: in der Elektronik Grundig, in der IT Apple und Microsoft)... die Stahlwerke und Werften usw. aus Marxens Zeit konnten hingegen schwerlich von armen Schluckern in Hinterzimmern aufgebaut werden, an ihnen aber orientierte er seine Theorien.
Aber auch für die Industrien, deren Aufbau heute noch jenseits der Möglichkeiten von Garagenbewohnern liegen, wird die nahe Zukunft Änderungen bringen... so werden die sog. 3D-Drucker jedem auch mit wenig Geld bald ermöglichen, im Keller eine Fabrik aufzubauen... Marx wird dann endgültig ad acta gelegt werden müssen, da dann endgültig niemand (mit Findigkeit und Grips im Kopf) mehr gezwungen werden kann, seinen Mehrwert an andere wegzugeben.