DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 19:11)
Und es stimmt, was da gesagt wird, manche dieser Fälle sind von geringerer Tragweite, ja, und jedes Urteil betrifft immer etwas anderes, ja.
Aber, sie haben doch eines gemeinsam, nur eines, sie bestätigen jedes mal, dass die nationalen Verfassungsgerichte ihr eigenes Kontrollrecht anerkennen.
Das ist der Punkt. Sie prüfen also, ob das Unionsrecht im Rahmen seiner Zuständigkeit Anwendung findet oder nicht. Sie kontrollieren es.
In dem verlinkten Text wird schon in der Überschrift gesagt und anschließend vergleichend dargelegt, dass es die von Dir behaupteten Ähnlichkeiten in den Urteilen der Verfassungsgerichte nicht gibt.
Mit dem Hinweis auf die Kontrollrechte der Verfassungsgerichte versuchst Du nun trotzdem, erneut eine Ähnlichkeit zu behaupten. Die Aussage, dass Verfassungsgerichte Kontrollrechte haben, ist in dem Zusammenhang etwa so sinnvoll wie die Aussage, dass Wasser nass ist. Selbstverständlich haben sie solche Rechte. Genau dafür sind Verfassungsgerichte da. Die bloße Existenz dieser Rechte besagt aber nichts darüber, in welcher Weise die Gerichte Kontrolle ausüben; es besagt nichts darüber, auf wessen "Weisung" sie das tun (wie jetzt in Polen unter PiS-Kontrolle).
Der Disput dreht sich die ganze Zeit nicht um Kontrollrechte, sondern um die Forderung der polnischen Regierung (genauer: der PiS), dem von ihr inzwischen kontrollierten polnischen Recht Vorrang gegenüber dem EU-Recht einzuräumen. Diesen Anspruch verteidigst Du unausgesetzt mit der falschen Behauptung, dies sei vergleichbar mit den Urteilen anderer Verfassungsgerichte.
Im Raum der Union gibt es konstitutionellen Pluralismus, es gibt Länder mit verschiedenen Rechtsstrukturen, es kann aber keine Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben.
Darum geht es in der Union auch nicht. Und das ist der Grund, weshalb die Verfassungsgerichte die Kontrolle ausüben.
Der konstitutionellen Vielfalt sind aber Schranken gesetzt. Diese Schranken liegen in den Verträgen, die Polen vor dem Beitritt zur EU unterzeichnet hat. Deshalb kann es aufgrund geltenden EU-Rechts sehr wohl Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben, die EU-Recht nicht mehr anerkennen wollen. Genau das passiert gerade im Falle Polens. Und völlig zu Recht! Wie in dem verlinkten Text sehr schlüssig dargelegt ist, würde es die EU grundlegend ändern, gar zerstören, wenn die "Rechtsauffassung" der PiS sich durchsetzen würde.
Nur um dies zu verdeutlichen: Die EU fordert von Polen überhaupt nicht, sein Rechtssystem in bestimmter Weise zu gestalten. Sie weist nur darauf hin, dass die jetzige Umgestaltung dem bislang akzeptierten EU-Recht entsprechen muss und dass Abweichungen davon nicht geduldet werden. Dabei geht die EU völlig gerecht vor. Sie würde Abweichungen nämlich auch dann nicht dulden, wenn sie von Deutschland oder einem beliebigen anderen Staat angestrebt würden. Andere Staaten streben soetwas bloß nicht an. Das versucht bislang NUR Polen!