Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

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derBabelszwerg
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 12:27)

Man redet nicht miteinander, weil Russland das so will. Das hat sich über jahre angedeutet und hat erst vor einigen Monaten ein paar Höhepunkte gefunden.
Borrell hat es versucht und wurde regelrecht eingestampft von Lawrow (und das sind EUropäische Einschätzungen). Nach einer "Liebes"resolution des EU-Parlaments hat Russland den Parlamentspräsi sanktioniert.
Auf der anderen Seite verhandeln die Russen mittlerweile bilateral.
Wenn man die Aussagen z.B. des Kremlsprechers nach dem Borell-Besuch nimmt, scheint es eher so zu sein, dass es schon Interesse seitens Russlands gibt. Umgedreht war es der EU-Gipfel Ende Juni der das kategorisch abgelehnt hat. Der Vorschlag von Frankreich und Deutschland wurde abgelehnt. Und nicht nur von den baltischen Staaten oder Polen (z.B. auch den Niederlanden). Ich meine sogar gelesen zu haben, das Rutte meinte er würde sich ganz sicher nicht mit Putin an einen Tisch setzen. Was in Anbetracht des MH17 Vorfalls allzu verständlich ist, der russische Umgang mit der Angelegenheit ist nur als Verhöhnung der Opfer zu verstehen und ganz einfach erbärmlich. Sogar die Mullahs im Iran hatten bei dem versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine mehr Arsch in der Hose. Am Borell-Besuch sieht man das der Kreml ein einziges Witzfigurenkabinett ist. Einen Diplomaten, von dem bekannt ist, das er ne Lame Duck ist, zu düpieren, ja großes Kino. Eine wahre Heldentat, zumindest wenn man auf dem Level eines Lawrow ist. Gemeint ist hier mit Lame Duck die Position des Außenbeauftragten der EU nicht Borell als Person.
EU-Recht ist genauso biegbar, wie jedes andere Recht auch und wenn die EU mit Russland kooperativer umgehen möchte, wird sie beweisen müssen, dass sie dieses Biegen nicht nur gegen Russland einzusetzen weiß. Ich weiß, dass die absolute Masse glaubt, die EU wäre da meilenweit überlegen, aber das ist sie nicht.
Es hat seine Gründe, warum Borrell ggü Lawrow so kleinlaut war und warum zb kaum noch jemand zb. russische Krimgewässeraktionen ggü Großbritanien verurteilt.
Am Ende liegt der Ball bei der EU.
Ich bin gespannt, wie sie sich in der Sache entwickelt...
Für gewöhnlich ist Recht nicht biegbar, keine Ahnung wo das herkommt, aber das wäre Willkür. Dem vernehmen nach ist das oft in Russland der Fall. In europäischen Ländern eher nicht. Wieso sollten russische Verhältnisse auf die EU übertragen werden? Gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Zumal Russland seit Jahren durch feindliche Übergriffe auffällig ist.
Russland muss nur zuschauen, ob die sich gerne weiter zerfleischen will oder ob man als EU irgendwie zu einer verhandlungsfähigen Organisation zurückkehrt. In Mskau haben sie ihre Optionen für beide Entwicklungswege garantiert schon in der Schublade...
Das scheint schon geradezu absurd. Beispiel die diplomatischen Vorfälle zwischen Tschechien und Russland. Die Kürzung des Personals der russischen Botschaft hat das russische Drehkreuz für Geheimdienstoperationen in Europa geradezu handlungsunfähig gemacht. Den Personalschwund der tschechischen Botschaft in Moskau federt die deutsche Botschaft ab. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU "zerfleischen" sich nicht, sie kooperieren auf hohem Niveau. Außenpolitischer Verlierer ist hier Russland. Es sieht eher danach aus, als hätte man wenig Plan im Kreml. Aber gut, kannst natürlich weiter probieren die kompetenzbefreite Kreml-Clique als die Überbrains darzustellen, ist aber wenig glaubhaft aus meiner Sicht.
2.
Es gibt eine alte und imA sehr bewährte europäische Weisheit.
"An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."

Allein NordStream2 zeigt, wie viel -besser wie wenig- Gewicht man auf Worte legen sollte.
Es gehört leider mittlerweile zum schlechten Ton, dass man sich gegenseitig heftigst belegt und dabei vermeintlich umso toller aussieht, je krassere Worte man nutzt. Das begleitet uns genau so schon sehr lange und ist kein "da bewegt/dreht sich was". Hier ist eben gerade Wahlkampf und wenns andersum für Innenpolitik nutzt...in Russland auch.
Von europäischer Seite aus betrachtet ist das falsch. Es begleitet uns nicht schon sehr lange, natürlich spuckt man in Russland große Töne und verhält sich seit vielen Jahren feindselig, aber von Seiten der EU und erst Recht der Bundesregierung, ist das absolut neu. Das an die Öffentlichkeit kommt, wie Merkel genervt Putin imitiert und lächerlich macht "Moj truba" und der "kleine, verunsicherte Mann", ist außergewöhnlich und neu. So etwas habe ich vorher noch über kaum einen anderen Staatschef gelesen, mag sein, das so etwas natürlich auch über andere intern geäußert wird, aber es drang bisher nicht an die Öffentlichkeit. Zeigt aber nur wie viel Respekt man vor Putin hat.
In der Zeit ab 2015 wurden in Dtl sehr große Gasspeicher an Russen verkauft. In der zumindest öffentlich ach so heftigen Krise.
Dtl und Russland haben in den letzten Jahren diverse Kooperationsgebiete verankert (zb in Sachen Wasserstoff). Zur Hochphase der Nawalnyaktion hat der Altmaier ein Logistikstandort in Russland (aus dem Homeoffice) eröffnet. Und nicht zu vergessen, dass Angie 2014 die Ukrainekrise quasi im Alleingang verloren gegeben hat, als sie militärische Mittel ausschloss.
Das sind die Ansatzpunkte, die heute dazu dienen können, mehr Vorteil für Dtl zu generieren.
Was für einen Sinn macht die Betrachtung einzelner Projekte? Die gab es immer und wird es immer geben. Insgesamt sind die außenwirtschaftlichen Beziehungen rückläufig seit längerer Zeit. Russland hat schon an Bedeutung verloren und wird vermutlich weiter verlieren. Zumal richtige Sanktionen noch gar nicht beschlossen wurden. Man muss abwarten was evtl nach Urteilen zu MH17 oder auch dem Tiergartenmord passiert.
Wenn dir unklar ist, wie man Russland als Riesen ansehen kann, vergleiche einfach deren (außen)politisch erreichte Ergebnisse mit denen der anderen von dir genannten Player.
Dazu nur ein kleiner Punkt:
Warum glaubst du, lässt ein Biden nur kurze Zeit nach seiner öffentlichen Einschätzung, dass Putin ein Killer ist diesen ach so unwichtigen und unappetitlichen Typen dann anrufen und ihn zum Treffen einladen? So etwas tut ein Riese wie die USA nicht, wenn der andere nicht auch ziemlich groß ist.
Wenn die anderen klein sind, ordnet man einen Rückzug der US-Truppen an und schert sich nicht darum, was die anderen daraus machen, mit denen man da eigentlich zusammen war.
Welche Erfolge? Da ist nicht viel zu sehen, aus den G8 ist man seit geraumer Zeit raus, in der WHO wahrscheinlich nur wegen der Unterstützung der Bundesregierung (zumindest hat das erheblich beschleunigt). Man führt teure Kriege in der Ukraine und Syrien mit wenig Nutzen. Biden ruft und Putin kommt und holt sich ne Ansage ab, was passieren wird, falls die Cyber-Attacken nicht eingestellt werden. Sieht eher aus wie Zuckerbrot und Peitsche... Oder kommt jetzt auch, Russland will eigentlich gar nicht mit den USA reden?
lm Vergleich zu China, USA oder EU ist Russland warum genau ein Riese? Weil Lawrow dumme Sprüche ablässt? Es volkswirtschaftliche Direktinvestitionen von beiden Seiten gibt?
Weil Nordstream 2 schon Mal die Bedingung hat, das der Gastransit durch die Ukraine bestehen bleibt? Bedingungen für Gespräche zwischen EU und Russland erst noch definiert werden müssen und nur wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt es überhaupt Gespräche? Außenpolitischer Erfolg? Für mich sieht so Misserfolg auf ganzer Linie aus.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Nightrain »

Cobra9 hat geschrieben:(09 Sep 2021, 19:28)
Jetzt wirds aber absurd und dumm. Tut mir leid. Nicht der Verbraucher bzw Unternehmen entscheiden was importiert wird sondern die Regierung und EU.
Grüner Wasserstoff is die Ansage. Ende der Aussage
Ok, dann kannst du dafür auch Belege liefern? Ich sehe im Entwurf der EU-Kommission für die CO2-Grenzsteuer einen Start erst ab 2026 und volle Umstellung auf eine CO2-Abgabe auf Importe dann auf 2035. Allerdings wird sich die CO-Abgabe allein daran orientieren, wie hoch die Kosten für die entsprechenden CO2-Rechte für das entsprechende Produkt sind.

Es gibt überhaupt keine Bestrebungen den Import von nichtgrünem Wasserstoff einzuschränken. Es wird eine CO2-Steuer geben beim Import, die aber für die moderne Gewinnung aus Erdgas praktisch fast 0 sein wird. Denn Strom aus Atomkraft zahlt kaum CO2-Steuer. Und bei Lagerung des Kohlenstoffs auf der Mülldeponie ebenfalls praktisch nichts.

Übrigens scheibt die Bundesregierung auf der offiziellen Infoseite zum Wasserstoff für blauen und türkisten Wasserstoff: "bilanziell als CO2-neutral anzusehen"

Also machen wir uns nix vor. Die deutsche Industrie braucht für die Transformation haufenweise möglichst billigen Wasserstoff. Die EU kann selbst nicht genügend grünen Wasserstoff herstellen, weil es schon fast nicht klappt überhaupt genügend regenerativen Strom herzustellen für den Ersatz von Kohle- und Atomkraft UND den massiven Anstieg des Stromverbrauchs (Verdopplung) bis 2050.
"Man verhandelt nicht mit Terroristen. Man hört PEGIDA und AfD nicht zu. Man muss keine Rücksicht auf Impfskeptiker und Verschwörungstheoretiker nehmen." (Philipp Jessen)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 18:48)

Das Schöne ist, dass es keine Rolle spielt, ob bzw wie du oder ich es so sehen.
Ganz genau. Relevant ist nur, was der EuGH dazu sagt. Und der hat sich ja nun deutlich geäußert. ;)

Was ist für dich denn "lange"?
Die Regelung ist 2018 holter die polter auf Pipelines ausgeweitet worden, damit NordStream2 darunter fällt.
Das Unbundling ist im Jahr 2005 im Energiewirtschaftsgesetz festgeschrieben worden. Maßstab dafür war die Zahl der Kunden, die versorgt wurden. Wenn 2018 etwas "holter di polter" geändert worden sein sollte, dann bezog sich das nur auf die Klarstellung, dass auch ein russischer Versorger, der in der EU mehr als 100.000 Menschen beliefert, die Regeln einzuhalten hat.
Der Unterschied zu dem reinen EU-Gebiet ist nunmal, dass die EU außerhalb der EU eigentlich keine Rechtsbefugnis hat, sie es sich aber damit defacto zugestanden hat.
Das kann man nur machen, wenn man die Macht dazu hat.
Die EU regelt gar nichts, was außerhalb ihrer Rechtsbefugnis liegt. Sie legt lediglich fest, welche Regeln für Versorger gelten, die ausschließlich Kunden innerhalb der EU beliefern. Wer dabei "die Macht" hat, wird Putin schon noch merken. Es ist gewiss nicht Russland.
Das ist falsch.
Kohle ist eine der besten Anlageklassen der letzten Zeit.(https://www.finanzen.net/rohstoffe/kohlepreis)
Den europ. Gaspreis habe ich dir schon genannt und auch Öl ist alles andere als im Preis fallend.
Schau dir an, wie zb der Strom in Dtl in Q1 2021 erzeugt wurde, dann weißt du, warum diese Preise alles andere als fallend sind.
Anscheinend hast Du die Zeichen der Zeit nicht mitbekommen. Steinkohle wird in Deutschland gar nicht mehr gefördert, Braunkohle bald auch nicht mehr, alle westlichen Industrienationen wollen mittelfristig auch aus der Nutzung aller anderen fossilen Energieträger aussteigen, die Preise sind zeitweise dramatisch gefallen. Wenn es vorübergehend eine Erholung gab, besagt das nichts. Venezuela z.B. ist immer noch pleite.

https://amerika21.de/2020/03/238181/ein ... -venezuela

Nationen, die heute noch vorrangig auf den Energieexport setzen, kriegen in nicht allzu ferner Zukunft richtige Probleme.
Und wann hast du dir das letzte mal die russischen Staatsfinanzen angeschaut?
10 Mrd Hauhaltsüberschuss im 1. Halbjahr 2021, Rekorddevisenreserven und einen Wohlstandsfonds, der volumenmäßig mehr als 10% des russischen BIPs umfasst.
Ich lach mich schlapp. Warum merken eigentlich die Bürger nichts von diesem explodierenden Wohlstand?

Auch Gott, was der Putin so alles an Propagandameldungen schreibt.... :rolleyes:

https://de.statista.com/statistik/daten ... odukt-bip/
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Nightrain hat geschrieben:(10 Sep 2021, 10:19)

Ok, dann kannst du dafür auch Belege liefern? Ich sehe im Entwurf der EU-Kommission für die CO2-Grenzsteuer einen Start erst ab 2026 und volle Umstellung auf eine CO2-Abgabe auf Importe dann auf 2035. Allerdings wird sich die CO-Abgabe allein daran orientieren, wie hoch die Kosten für die entsprechenden CO2-Rechte für das entsprechende Produkt sind.

Es gibt überhaupt keine Bestrebungen den Import von nichtgrünem Wasserstoff einzuschränken. Es wird eine CO2-Steuer geben beim Import, die aber für die moderne Gewinnung aus Erdgas praktisch fast 0 sein wird. Denn Strom aus Atomkraft zahlt kaum CO2-Steuer. Und bei Lagerung des Kohlenstoffs auf der Mülldeponie ebenfalls praktisch nichts.

Übrigens scheibt die Bundesregierung auf der offiziellen Infoseite zum Wasserstoff für blauen und türkisten Wasserstoff: "bilanziell als CO2-neutral anzusehen"

Also machen wir uns nix vor. Die deutsche Industrie braucht für die Transformation haufenweise möglichst billigen Wasserstoff. Die EU kann selbst nicht genügend grünen Wasserstoff herstellen, weil es schon fast nicht klappt überhaupt genügend regenerativen Strom herzustellen für den Ersatz von Kohle- und Atomkraft UND den massiven Anstieg des Stromverbrauchs (Verdopplung) bis 2050.

Na was für eine Information.
Wir brauchen viel Wasserstoff um Gas ect zu ersetzen. Ist ja eine bahnbrechende Info von Dir.

Hat man ganz bestimmt nicht in den Strategien, Beschlüssen ect. aufgenommen und auf was wie Sicherheit der Versorgung nicht geachtet.


Komisch wohl doch. Schwerpunkt der EU-Rechtsvorschriften zur Versorgungssicherheit liegt auf Erdgas- und den Strommärkten sowie Alt Energien.

Beleg für was jetzt bitte genau.

Das die EU grünen Wasserstoff will oder Deutschland :?:
Oder Steuer und Abgabe Plan in der EU und national?

Das ist im Strang entsprechend schon mindestens jeweils eingestellt worden inklusive Quellen. Gibt verschiedene Möglichkeiten. ETS bsiw.

Wir sind eben nicht bei wünsche dir was. Grüner Wasserstoff ist gewünscht und nicht rot aus Russland
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(09 Sep 2021, 23:34)

1.Wenn man die Aussagen z.B. des Kremlsprechers nach dem Borell-Besuch nimmt, scheint es eher so zu sein, dass es schon Interesse seitens Russlands gibt. Umgedreht war es der EU-Gipfel Ende Juni der das kategorisch abgelehnt hat. Der Vorschlag von Frankreich und Deutschland wurde abgelehnt. Und nicht nur von den baltischen Staaten oder Polen (z.B. auch den Niederlanden). Ich meine sogar gelesen zu haben, das Rutte meinte er würde sich ganz sicher nicht mit Putin an einen Tisch setzen. Was in Anbetracht des MH17 Vorfalls allzu verständlich ist, der russische Umgang mit der Angelegenheit ist nur als Verhöhnung der Opfer zu verstehen und ganz einfach erbärmlich. Sogar die Mullahs im Iran hatten bei dem versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine mehr Arsch in der Hose. Am Borell-Besuch sieht man das der Kreml ein einziges Witzfigurenkabinett ist. Einen Diplomaten, von dem bekannt ist, das er ne Lame Duck ist, zu düpieren, ja großes Kino. Eine wahre Heldentat, zumindest wenn man auf dem Level eines Lawrow ist. Gemeint ist hier mit Lame Duck die Position des Außenbeauftragten der EU nicht Borell als Person.


2.
Für gewöhnlich ist Recht nicht biegbar, keine Ahnung wo das herkommt, aber das wäre Willkür. Dem vernehmen nach ist das oft in Russland der Fall. In europäischen Ländern eher nicht. Wieso sollten russische Verhältnisse auf die EU übertragen werden? Gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Zumal Russland seit Jahren durch feindliche Übergriffe auffällig ist.


3.
Das scheint schon geradezu absurd. Beispiel die diplomatischen Vorfälle zwischen Tschechien und Russland. Die Kürzung des Personals der russischen Botschaft hat das russische Drehkreuz für Geheimdienstoperationen in Europa geradezu handlungsunfähig gemacht. Den Personalschwund der tschechischen Botschaft in Moskau federt die deutsche Botschaft ab. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU "zerfleischen" sich nicht, sie kooperieren auf hohem Niveau. Außenpolitischer Verlierer ist hier Russland. Es sieht eher danach aus, als hätte man wenig Plan im Kreml. Aber gut, kannst natürlich weiter probieren die kompetenzbefreite Kreml-Clique als die Überbrains darzustellen, ist aber wenig glaubhaft aus meiner Sicht.


4.
Von europäischer Seite aus betrachtet ist das falsch. Es begleitet uns nicht schon sehr lange, natürlich spuckt man in Russland große Töne und verhält sich seit vielen Jahren feindselig, aber von Seiten der EU und erst Recht der Bundesregierung, ist das absolut neu. Das an die Öffentlichkeit kommt, wie Merkel genervt Putin imitiert und lächerlich macht "Moj truba" und der "kleine, verunsicherte Mann", ist außergewöhnlich und neu. So etwas habe ich vorher noch über kaum einen anderen Staatschef gelesen, mag sein, das so etwas natürlich auch über andere intern geäußert wird, aber es drang bisher nicht an die Öffentlichkeit. Zeigt aber nur wie viel Respekt man vor Putin hat.


5.
Was für einen Sinn macht die Betrachtung einzelner Projekte? Die gab es immer und wird es immer geben. Insgesamt sind die außenwirtschaftlichen Beziehungen rückläufig seit längerer Zeit. Russland hat schon an Bedeutung verloren und wird vermutlich weiter verlieren. Zumal richtige Sanktionen noch gar nicht beschlossen wurden. Man muss abwarten was evtl nach Urteilen zu MH17 oder auch dem Tiergartenmord passiert.


6.
Welche Erfolge? Da ist nicht viel zu sehen, aus den G8 ist man seit geraumer Zeit raus, in der WHO wahrscheinlich nur wegen der Unterstützung der Bundesregierung (zumindest hat das erheblich beschleunigt). Man führt teure Kriege in der Ukraine und Syrien mit wenig Nutzen. Biden ruft und Putin kommt und holt sich ne Ansage ab, was passieren wird, falls die Cyber-Attacken nicht eingestellt werden. Sieht eher aus wie Zuckerbrot und Peitsche... Oder kommt jetzt auch, Russland will eigentlich gar nicht mit den USA reden?
lm Vergleich zu China, USA oder EU ist Russland warum genau ein Riese? Weil Lawrow dumme Sprüche ablässt? Es volkswirtschaftliche Direktinvestitionen von beiden Seiten gibt?
Weil Nordstream 2 schon Mal die Bedingung hat, das der Gastransit durch die Ukraine bestehen bleibt? Bedingungen für Gespräche zwischen EU und Russland erst noch definiert werden müssen und nur wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt es überhaupt Gespräche? Außenpolitischer Erfolg? Für mich sieht so Misserfolg auf ganzer Linie aus.
1.
Welche Aussagen meinst du?
Russland lässt sich immer ein rethorisches Hintertürchen offen, aber die abwertende Rethorik zum Zustand der EU wird da immer offener beigemischt.

Die unterschiedlichen Standpunkte der jeweiligen Länder sind genau das, was man ausnutzen kann. Tschechien und Ungarn sind das Musterbeispiele.
Die einen haben einen internen Streit und tendieren weg und die anderen tun das Gegenteil, weil Moskau bilateral und nicht via EU-Segen vorgeht.

2.
Sollte es nicht sein, aber bei Bedarf ist es auch hier so.
Dazu reicht ein Hinweis auf die Auslegungsverrenkungen in Sachen Staatsfinanzierung via EZB. Sowas könnte man selbst erständlich auch an anderer Stelle tun.
Nicht um irgendwas für Russland zu tun, sonder so wie bei der EZB, um das EU-System nennen wir es mal weiter zu entwickeln.

3.
Einfach abwarten und Tee trinken.
Um die Widersprüche in der EU auszunutzen, braucht man kein Überbrain zu sein.
In Tschechien kostet das ggf ein AKW, aber das hätte es ja mit sanfterem kurs wohl auch nicht gegeben. Zumindest wenn man mal auf russische Großprojekte wie SouthStream schaut.

4.
Mindestens seit 2014.
Auch da hat Merkel schon erzählt, dass Putin in einer anderen Welt unterwegs wäre und keinen Bezug zur Realität hätte.

Und wenn du dir die letzte PK anschaust, als Angie in Moskau war, dann weißt du, wie die beidenmiteinander sind. "Lieber Vladimir" und "du" und "ich war ja Kranz für Soldaten ablegen"...

5.
Es ist ziemlich viel, wenn ein Staat seine größten Gasspeicher an Russen verkauft und sich auf NordStream2 festlegt, während doch Megakrise mit Russland ist.
Linde hat zwei Milliardenkooperationen mit Gazprom für deren neue Gasveredlungswerke (Amur und just gestern für die Anlage bei St. Petersburg) vereinbart.
Am Ende erzählt das und andere Kooperationen eine Geschichte, die wenig zum Image passt, dass man ja wegen der Werte eigentlich nicht...
Schau einfach mal, was aus der Flugzeugumleitung und Oppositionsverhaftung in Weißrussland fur ein Sanktions-usw-Theater folgte.
Etwa eine Woche später gab es einen ählichen Vorfall in Russland (Abbruch der Startphase).
Ähnlich wie beim Krimgewässervorfall gab es vor allem dröhnendes Schweigen aus der EU.
Im Ergebnis hat man Lukaschenko in Putins Arme getrieben.
Das war ein Geschenk der EU an Putin, das aber ganz anders aussieht.

6.
Das ist das Schöne an der Geopolitik. Man findet immer Ansätze es in alle Richtungen zu deuten.
Für dich wird das Folgende wohl eher eine Reihe von Misserfolgen sein...ich finde da eher ordentlich Potential, das aber natürlich auch ungehoben bleiben kann.
Russlands Syrienpolitik führte jüngst zu einer Kooperationserklärung zw SaudiArabien und Russland.
Die Ukrainekrise hat ihnen die Krim gebracht (die Kosten dafür fnanzieren wir zb gerade via höheren Gaspreisen) und dafür gesorgt, dass die vorher im Raum stehende EU-und Natoerweiterung um die Ukraine weit in die Zukunft gerückt ist.
Russland hat sich zu einem der Topentscheider bei der OPEC+ gemacht (das könnte eine Folge aus Syrien/Ukraine sein, wenn man da mal die Timelines betrachtet).
Russland ist neben China der zweie Kopf der SCO.
Die EAWU verhandelt (und schließt ab) diverse Freihandelsabkommen und hat sich als Teil der Seidenstrasse etabliert. Der NordSüdkorridor via Iran gen Indien erlebt zumindest auf Vereinbarungsebene einen neuen Frühling.
Russland setzt seben Fuß wieder verstärkt nach Afrika (während die Einsätze der EU-Staaten irgendwie nicht so wie erhofft laufen nd diverse Putsches/Sterbefälle eher den EUrop. Interessen schaden). In Libyen ist Russland neben der Türkei zb die Macht. Einfach weil die EU zu schwach war, muss sie nun direkt an der Südgrenze Russland sehr stark berücksichtigen.

Wenn du mich fragst, hat bis auf China kein anderes Land derartigen Machtzuwachs in den letzten 7-8 Jahren erfahren. Das kann naturlich auch nach hnten losgehen, aber bislang tut es das imA nicht.
Sie sind sicher ökonomisch nicht ansatzweise in einer Liga mit China oder der USA.
Aber sie spielen ihre Möglichkeiten sehr geschickt.
Zb ist es die Energiesupermacht schlechthin. Und just auf dem Feld muss sich die EU gerade bewähren.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Fr 10. Sep 2021, 21:41, insgesamt 1-mal geändert.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(10 Sep 2021, 14:58)
1.
Ganz genau. Relevant ist nur, was der EuGH dazu sagt. Und der hat sich ja nun deutlich geäußert. ;)


2.
Das Unbundling ist im Jahr 2005 im Energiewirtschaftsgesetz festgeschrieben worden. Maßstab dafür war die Zahl der Kunden, die versorgt wurden. Wenn 2018 etwas "holter di polter" geändert worden sein sollte, dann bezog sich das nur auf die Klarstellung, dass auch ein russischer Versorger, der in der EU mehr als 100.000 Menschen beliefert, die Regeln einzuhalten hat.


Die EU regelt gar nichts, was außerhalb ihrer Rechtsbefugnis liegt. Sie legt lediglich fest, welche Regeln für Versorger gelten, die ausschließlich Kunden innerhalb der EU beliefern. Wer dabei "die Macht" hat, wird Putin schon noch merken. Es ist gewiss nicht Russland.

3
Anscheinend hast Du die Zeichen der Zeit nicht mitbekommen. Steinkohle wird in Deutschland gar nicht mehr gefördert, Braunkohle bald auch nicht mehr, alle westlichen Industrienationen wollen mittelfristig auch aus der Nutzung aller anderen fossilen Energieträger aussteigen, die Preise sind zeitweise dramatisch gefallen. Wenn es vorübergehend eine Erholung gab, besagt das nichts. Venezuela z.B. ist immer noch pleite.

https://amerika21.de/2020/03/238181/ein ... -venezuela

Nationen, die heute noch vorrangig auf den Energieexport setzen, kriegen in nicht allzu ferner Zukunft richtige Probleme.

4.
Ich lach mich schlapp. Warum merken eigentlich die Bürger nichts von diesem explodierenden Wohlstand?

Auch Gott, was der Putin so alles an Propagandameldungen schreibt.... :rolleyes:

https://de.statista.com/statistik/daten ... odukt-bip/
1.
Relevant ist nur, was am Ende daraus wird.

2.
https://www.consilium.europa.eu/de/pres ... countries/
2019 ist die Ausweitung auf Pipelines aus Drittländern final beschlossen worden.
Und 2019 ist wohl eindeutig nicht 2005.
Und selbstverständlich ist diese Auslegung eindeutig über die Grenzen der EU hinaus wirksam.

3.
Genau deshalb steigt doch der Preis.
Gebraucht wird Kohle weiterhin, wie man an der deutschen Stromerstellung im Q1 sehen kann.
Wenn die EU diese Art Geschäft nicht mehr will, machen es andere. Zb Russland baut die Förderung aus und hat sicher bei dem Preisverlauf ganz gut verdient.
Wenn sie das in der Übergangszeit weiter schaffen, war es sicher eine sehr lohnende Entscheidung.

4.
Lach soviel du willst.
Das ist ja gesund und Russland wird ja von vielen gerne unterschätzt. Damit können die ganz gut leben.
Wundere dich dann nur nicht, wenn du die russische Pleitewelle ala Venezuela vermutest und diese auf sich warten lässt ;)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Michael Alexander »

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen und will weder Kohle, noch Kernkraft, noch Erdgas. Zumindest tut man so. Inoffiziell wissen wohl so manche, die sich mit der Materie auskennen, dass es so nicht geht. Deswegen ist NS2 ja auch heute fertiggestellt worden. Und in Kürze wird Gas durch die Röhre strömen, das die Deutschen bezahlen werden.

Wie soll es auch anders sein? Wie wollt ihr den eure Häuser heizen? Wie wollt ihr Strom generieren für eure Haushalte, eure Industrie, eure geplanten E-Autos? Räumt mal mit eurer Kinderbuchpolitik auf und seht der Realität ins Auge.

Was der EuGH dazu sagt, sollte euch schnurz sein, denn diese abgehobene Versammlung französisch parlierender Bürokraten handelt sicher nicht im Interesse Deutschlands und hat keine demokratische Legitimation. Auf EU-Ebene wird schon lange nach Belieben Recht gebogen und gebrochen. Den EuGH hat das aber bislang nicht gestört, da Recht immer dann gebrochen werden darf, wenn es die Integration der EU vorantreibt. Was soll man also von solch einem "Gerichtshof" halten?

Vielleicht müsst ihr aber auch erst einmal im Kalten und Dunklen sitzen, um all dies einzusehen. Ich wünsche viel Spass mit euren Lastenrädern und eurem Bullerbü. Die Zukunft wird dann eben woanders stattfinden.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Vongole »

Michael Alexander hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:54)

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen ....
Außer den Putin-Apologeten bist du der einzige, der hier aufstapft, weil sich weder Deutschland noch die EU nach deinen Vorstellungen drehen.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kevin Schildbürger »

Pardon, ich hatte mal vorgeschlagen, daß man wenn man schon kein Gas dann sollte man aber auf jeden Fall fertig bauen, weil so unkomplett macht die Röhre gar keinen Sinn.
In diesem Zusammenhang schlug ich vor, daß man die Röhre ja als Skaterröhre nutzen kann. Da muss ich jetzt leider eine Gegendarstellung. ich hab recherchiert. Die Röhre ist
nur 1,20 meter groß, da können nur Knirpse fahren, musst auch noch das Board zurechnen. Das war also Unsinn von mir, zieh ich zurück. Die Einzelröhren also Gasstränge sind nur
etwas über einen Milimeter, keine Ahnung wieso so klein. Aber egal jetzt fließt halt Gas durch, hat sich eh erledigt.
Von allen interessanten Gedanken schätze ich doch am meisten die interessanten
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

]
Michael Alexander hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:54)

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen und will weder Kohle, noch Kernkraft, noch Erdgas. Zumindest tut man so. Inoffiziell wissen wohl so manche, die sich mit der Materie auskennen, dass es so nicht geht. Deswegen ist NS2 ja auch heute fertiggestellt worden. Und in Kürze wird Gas durch die Röhre strömen, das die Deutschen bezahlen werden.

Gas ist noch eine gewisse Zeit notwendig ja. Streitet auch niemand ab. Aber es ist eine Zeit der Veränderung und des Übergang.

Die Uhr der fossilen Brennstoffe läuft aus. Ja Gas wird noch 15 Jahre für Exporteure wie Russland ein guter Deal sein. Aber immer weniger lohnend, immer teurer und abnehmen.

Nord Stream 2 ist nicht notwendig. Das ist mehrfach belegt worden.
Wie soll es auch anders sein? Wie wollt ihr den eure Häuser heizen? Wie wollt ihr Strom generieren für eure Haushalte, eure Industrie, eure geplanten E-Autos? Räumt mal mit eurer Kinderbuchpolitik auf und seht der Realität ins Auge.

Jetzt kommt die Angst Nummer als Taschenspieler Trick. Fossile Brennstoffe werden langfristig ersetzt werden und das ist problemlos möglich schon heute.

Auch zu vertretbaren Kosten und im Einklang mit Umweltschutz. Dito lohnt sich die Investition auch ohne Vergütung notfalls.

Ich brauche weder Öl, Gas oder mittlerweile Strom vom Netz. Das kann fast jeder erreichen bzw erreicht werden. Wir werden auch nicht nur EMobil sein.

Immer die Füße still halten :)

Es gibt genug Alternativen die auch bezahlbar & lukrativ sind je nach Objekt ect.

Man muss eben klug agieren. Im Dunkeln und Kalten muss niemand sitzen oder langfristig Angst davor haben.





Was der EuGH dazu sagt, sollte euch schnurz sein, denn diese abgehobene Versammlung französisch parlierender Bürokraten handelt sicher nicht im Interesse Deutschlands und hat keine demokratische Legitimation. Auf EU-Ebene wird schon lange nach Belieben Recht gebogen und gebrochen. Den EuGH hat das aber bislang nicht gestört, da Recht immer dann gebrochen werden darf, wenn es die Integration der EU vorantreibt. Was soll man also von solch einem "Gerichtshof" halten?

Vielleicht müsst ihr aber auch erst einmal im Kalten und Dunklen sitzen, um all dies einzusehen. Ich wünsche viel Spass mit euren Lastenrädern und eurem Bullerbü. Die Zukunft wird dann eben woanders stattfinden.

Wenn Du im Dunkeln sitzen willst bitte. Steht Dir frei :)

Die Zukunft bedeutet Veränderung und Anpassung. Das ist normal. Die EU und Deutschland funktionieren trotz aller Probleme und Macken relativ gut. Gerade weil es was wie denn Gerichtshof gibt. Wenn Du glaubst das die EU oder Deutschland nach deiner Meinung tanzen sollten bist du falsch.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:10)

1.
Welche Aussagen meinst du?
Russland lässt sich immer ein rethorisches Hintertürchen offen, aber die abwertende Rethorik zum Zustand der EU wird da immer offener beigemischt.

Die unterschiedlichen Standpunkte der jeweiligen Länder sind genau das, was man ausnutzen kann. Tschechien und Ungarn sind das Musterbeispiele.
Die einen haben einen internen Streit und tendieren weg und die anderen tun das Gegenteil, weil Moskau bilateral und nicht via EU-Segen vorgeht.

2.
Sollte es nicht sein, aber bei Bedarf ist es auch hier so.
Dazu reicht ein Hinweis auf die Auslegungsverrenkungen in Sachen Staatsfinanzierung via EZB. Sowas könnte man selbst erständlich auch an anderer Stelle tun.
Nicht um irgendwas für Russland zu tun, sonder so wie bei der EZB, um das EU-System nennen wir es mal weiter zu entwickeln.

3.
Einfach abwarten und Tee trinken.
Um die Widersprüche in der EU auszunutzen, braucht man kein Überbrain zu sein.
In Tschechien kostet das ggf ein AKW, aber das hätte es ja mit sanfterem kurs wohl auch nicht gegeben. Zumindest wenn man mal auf russische Großprojekte wie SouthStream schaut.

4.
Mindestens seit 2014.
Auch da hat Merkel schon erzählt, dass Putin in einer anderen Welt unterwegs wäre und keinen Bezug zur Realität hätte.

Und wenn du dir die letzte PK anschaust, als Angie in Moskau war, dann weißt du, wie die beidenmiteinander sind. "Lieber Vladimir" und "du" und "ich war ja Kranz für Soldaten ablegen"...

5.
Es ist ziemlich viel, wenn ein Staat seine größten Gasspeicher an Russen verkauft und sich auf NordStream2 festlegt, während doch Megakrise mit Russland ist.
Linde hat zwei Milliardenkooperationen mit Gazprom für deren neue Gasveredlungswerke (Amur und just gestern für die Anlage bei St. Petersburg) vereinbart.
Am Ende erzählt das und andere Kooperationen eine Geschichte, die wenig zum Image passt, dass man ja wegen der Werte eigentlich nicht...
Schau einfach mal, was aus der Flugzeugumleitung und Oppositionsverhaftung in Weißrussland fur ein Sanktions-usw-Theater folgte.
Etwa eine Woche später gab es einen ählichen Vorfall in Russland (Abbruch der Startphase).
Ähnlich wie beim Krimgewässervorfall gab es vor allem dröhnendes Schweigen aus der EU.
Im Ergebnis hat man Lukaschenko in Putins Arme getrieben.
Das war ein Geschenk der EU an Putin, das aber ganz anders aussieht.

6.
Das ist das Schöne an der Geopolitik. Man findet immer Ansätze es in alle Richtungen zu deuten.
Für dich wird das Folgende wohl eher eine Reihe von Misserfolgen sein...ich finde da eher ordentlich Potential, das aber natürlich auch ungehoben bleiben kann.
Russlands Syrienpolitik führte jüngst zu einer Kooperationserklärung zw SaudiArabien und Russland.
Die Ukrainekrise hat ihnen die Krim gebracht (die Kosten dafür fnanzieren wir zb gerade via höheren Gaspreisen) und dafür gesorgt, dass die vorher im Raum stehende EU-und Natoerweiterung um die Ukraine weit in die Zukunft gerückt ist.
Russland hat sich zu einem der Topentscheider bei der OPEC+ gemacht (das könnte eine Folge aus Syrien/Ukraine sein, wenn man da mal die Timelines betrachtet).
Russland ist neben China der zweie Kopf der SCO.
Die EAWU verhandelt (und schließt ab) diverse Freihandelsabkommen und hat sich als Teil der Seidenstrasse etabliert. Der NordSüdkorridor via Iran gen Indien erlebt zumindest auf Vereinbarungsebene einen neuen Frühling.
Russland setzt seben Fuß wieder verstärkt nach Afrika (während die Einsätze der EU-Staaten irgendwie nicht so wie erhofft laufen nd diverse Putsches/Sterbefälle eher den EUrop. Interessen schaden). In Libyen ist Russland neben der Türkei zb die Macht. Einfach weil die EU zu schwach war, muss sie nun direkt an der Südgrenze Russland sehr stark berücksichtigen.

Wenn du mich fragst, hat bis auf China kein anderes Land derartigen Machtzuwachs in den letzten 7-8 Jahren erfahren. Das kann naturlich auch nach hnten losgehen, aber bislang tut es das imA nicht.
Sie sind sicher ökonomisch nicht ansatzweise in einer Liga mit China oder der USA.
Aber sie spielen ihre Möglichkeiten sehr geschickt.
Zb ist es die Energiesupermacht schlechthin. Und just auf dem Feld muss sich die EU gerade bewähren.
1. Interner Streit? Die Tschechen reagieren auf Russlands Gefährdung der inneren Sicherheit der tschechischen Republik und tendieren weg aufgrund russischen Verhaltens. Das hat mit vermeintlich "cleveren" ausnutzen von EU Problemen nichts zu tun. Ebenso bei den niederländisch-russischen Beziehungen, oder Skandinavien, Baltikum, Polen, Großbritannien oder eben zunehmend Deutschland. Natürlich Orban, der stichelt mit der EU und Putin glaubt er könnte das ausnutzen, vermutlich ist es aber eher so, dass Orban hier kalkuliert, schlussendlich aber ernste Probleme mit der EU vermeiden wird. Aber auch die Polen haben derzeit ein paar Probleme mit Brüssel, gehen aber trotzdem nicht Richtung Moskau. Bilateral vorgehen funktioniert bei der EU halt nicht, das ist ja das Problem, die "Strategie" geht nicht auf. Die EU ist nunmal eine Bürokratie deren Regeln ein einziger Staat nicht ändern kann. Bilaterale Verhandlungen sind daher relativ sinnfrei, zumal man zu allen ein gleich gutes Verhältnis benötigt, damit es etwas bringt. Es sei denn die EU zerfällt am Ende, das ist aber nicht absehbar. Mir scheint sowieso das bei dir ein antiquiertes Bild vorherrscht. Niemand tendiert mehr nach Moskau, weil Russland diese Bedeutung von früher nicht mehr hat. Moskau kann sich entscheiden wohin es tendieren möchte: Peking, Washington oder Brüssel. Ich schätze es wird Peking sein, aber dann als Kellner, nicht als Koch.

2. Also hier werden EU interne Vorgänge mit gemischten verglichen. Eine direkte Staatsfinanzierung findet durch die EZB nicht statt, da die Staaten ihr Geld von den Geschäftsbanken erhalten. Es wäre aber natürlich möglich, das Mandat der EZB anzupassen. Müssten die EU Staaten beschließen. Wäre aber eine Änderung des Rechts, keine Biegung. Wo wurde irgendwo EU Recht gebogen und vor allem durch wen? In Sachen EZB und der Anleihenkäufe am Sekundärmarkt, müssten also EZB, Bundesregierung, Bundesbank, Verfassungsgericht EU Recht gebogen haben? Wann gab es eine Biegung von EU Recht bei Sachverhalten die eu-staaten und nicht eu-staaten betraf?

3. Ich finde das Argument nicht. Russland in der besseren Position, weil ein Milliardenauftrag flöten gegangen ist? Wo wurden denn hier Widersprüche in der EU ausgenutzt? Tschechien hat gesagt: Sprengstoffattentat=> russische Botschaft wird handlungsunfähig gemacht, russische Firma draußen => Frankreich, Südkorea oder USA werden das Kraftwerk bauen. Hier hat sich Russland ganz klar selbst geschadet und ganz ehrlich, die tschechische Reaktion war doch vorhersehbar, wer macht da die Planung im Kreml? Anscheinend niemand oder jemand der unfähig ist.

4. OK, wie gesagt, ich sehe da erst seit kurzem eine massive Verschlechterung. In etwa seit dem Zeitpunkt der Pressekonferenz wo Putin Merkel im Beisein von Macron und Selenskij dreist ins Gesicht log, wie er hinterher auch zugab. Das war dumm! Aber schlussendlich ist Merkel bald Geschichte.

5. Wer hat sich denn auf Nord Stream 2 festgelegt? Die Bundesregierung hat immer betont es ist ein rein privatwirtschaftliches Geschäft (was allein wegen Gazprom schon nicht stimmt, das ist ein Staatskonzern)... Nach dem Motto haltet uns da raus, die Pipeline ist kein Politikum. Man konnte sich auch lange genug drücken, bis irgendwann die USA klar gemacht haben, das sie sich da ungern verarschen lassen. Russlands Angriffe auf Deutschland, die EU oder auch der Überfall auf die Ukraine, welche Argumente hatte die Bundesregierung nach all dem dann noch? So gut wie keine, es gibt Nordstream 1, die schon bestehenden Pipelines über Land und allesamt mit Lieferverträgen die den Bedarf decken. Es ist fraglich ob man Nordstream 2 überhaupt braucht (wieder kein Argument pro Nordstream 2). Wo ist hier ein Bekenntnis zu Nord Stream 2? Man hat viel mehr die Nutzung an Bedingungen geknüpft, was eine neue Regierung machen wird ist schwer absehbar. Nichtsdestotrotz gibt es Zusagen an die Ukraine und die USA, denke nicht das man die brechen wird, egal wer regiert... Aber es scheint noch nicht sicher das dort überhaupt Gas in größeren Mengen fließt.

6. China entwickelt sich ständig, wobei Xhi Jinping immer mehr auch die Unternehmen und die Zivilbevölkerung an die Kandare nimmt. Für Wachstum und Innovation eher hinderlich, mal schauen wie sich das zukünftig auswirkt, hinzu kommt die ein Kind Politik nach der China weit mehr unter Überalterung leiden wird als bspw. Europa oder die USA.
Russland entwickelt sich meiner Meinung nach nicht. Syrien, Libyen oder der Nahe Osten allgemein wird unwichtiger werden, sieht man daran das der Nahe Osten für China keine Rolle spielt und für die USA auch immer weniger. Vermeintliche Erfolge sind nett aber letztendlich brotlose Kunst. Natürlich listest du auch positive Dinge auf, aber das war alles Kooperation und nicht Eskalation wie es Russland vermehrt betreibt. Ich denke auch dass die EU für Russland ein wichtiger Handelspartner sein kann, zumindest wichtiger als die Eurasische Wirtschaftsunion untereinander, da von der Wirtschaftskraft her Welten dazwischen liegen. Die Eurasische Wirtschaftsunion ist sowieso hinfällig. Ukraine nicht mehr wirklich dabei, Belarus gehört bald komplett zur russischen Föderation. Bleibt Kasachstan... Aber wie sieht da der Handel aus? Kasachstan verkauft Erdöl nach Russland und bekommt dafür russisches Erdöl? Putin kann keine Kooperation und auch Wirtschaftspolitik scheint ihm fremd zu sein und das sieht man.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(13 Sep 2021, 01:08)

1. Interner Streit? Die Tschechen reagieren auf Russlands Gefährdung der inneren Sicherheit der tschechischen Republik und tendieren weg aufgrund russischen Verhaltens. Das hat mit vermeintlich "cleveren" ausnutzen von EU Problemen nichts zu tun. Ebenso bei den niederländisch-russischen Beziehungen, oder Skandinavien, Baltikum, Polen, Großbritannien oder eben zunehmend Deutschland. Natürlich Orban, der stichelt mit der EU und Putin glaubt er könnte das ausnutzen, vermutlich ist es aber eher so, dass Orban hier kalkuliert, schlussendlich aber ernste Probleme mit der EU vermeiden wird. Aber auch die Polen haben derzeit ein paar Probleme mit Brüssel, gehen aber trotzdem nicht Richtung Moskau. Bilateral vorgehen funktioniert bei der EU halt nicht, das ist ja das Problem, die "Strategie" geht nicht auf. Die EU ist nunmal eine Bürokratie deren Regeln ein einziger Staat nicht ändern kann. Bilaterale Verhandlungen sind daher relativ sinnfrei, zumal man zu allen ein gleich gutes Verhältnis benötigt, damit es etwas bringt. Es sei denn die EU zerfällt am Ende, das ist aber nicht absehbar. Mir scheint sowieso das bei dir ein antiquiertes Bild vorherrscht. Niemand tendiert mehr nach Moskau, weil Russland diese Bedeutung von früher nicht mehr hat. Moskau kann sich entscheiden wohin es tendieren möchte: Peking, Washington oder Brüssel. Ich schätze es wird Peking sein, aber dann als Kellner, nicht als Koch.

2. Also hier werden EU interne Vorgänge mit gemischten verglichen. Eine direkte Staatsfinanzierung findet durch die EZB nicht statt, da die Staaten ihr Geld von den Geschäftsbanken erhalten. Es wäre aber natürlich möglich, das Mandat der EZB anzupassen. Müssten die EU Staaten beschließen. Wäre aber eine Änderung des Rechts, keine Biegung. Wo wurde irgendwo EU Recht gebogen und vor allem durch wen? In Sachen EZB und der Anleihenkäufe am Sekundärmarkt, müssten also EZB, Bundesregierung, Bundesbank, Verfassungsgericht EU Recht gebogen haben? Wann gab es eine Biegung von EU Recht bei Sachverhalten die eu-staaten und nicht eu-staaten betraf?

3. Ich finde das Argument nicht. Russland in der besseren Position, weil ein Milliardenauftrag flöten gegangen ist? Wo wurden denn hier Widersprüche in der EU ausgenutzt? Tschechien hat gesagt: Sprengstoffattentat=> russische Botschaft wird handlungsunfähig gemacht, russische Firma draußen => Frankreich, Südkorea oder USA werden das Kraftwerk bauen. Hier hat sich Russland ganz klar selbst geschadet und ganz ehrlich, die tschechische Reaktion war doch vorhersehbar, wer macht da die Planung im Kreml? Anscheinend niemand oder jemand der unfähig ist.

4. OK, wie gesagt, ich sehe da erst seit kurzem eine massive Verschlechterung. In etwa seit dem Zeitpunkt der Pressekonferenz wo Putin Merkel im Beisein von Macron und Selenskij dreist ins Gesicht log, wie er hinterher auch zugab. Das war dumm! Aber schlussendlich ist Merkel bald Geschichte.

5. Wer hat sich denn auf Nord Stream 2 festgelegt? Die Bundesregierung hat immer betont es ist ein rein privatwirtschaftliches Geschäft (was allein wegen Gazprom schon nicht stimmt, das ist ein Staatskonzern)... Nach dem Motto haltet uns da raus, die Pipeline ist kein Politikum. Man konnte sich auch lange genug drücken, bis irgendwann die USA klar gemacht haben, das sie sich da ungern verarschen lassen. Russlands Angriffe auf Deutschland, die EU oder auch der Überfall auf die Ukraine, welche Argumente hatte die Bundesregierung nach all dem dann noch? So gut wie keine, es gibt Nordstream 1, die schon bestehenden Pipelines über Land und allesamt mit Lieferverträgen die den Bedarf decken. Es ist fraglich ob man Nordstream 2 überhaupt braucht (wieder kein Argument pro Nordstream 2). Wo ist hier ein Bekenntnis zu Nord Stream 2? Man hat viel mehr die Nutzung an Bedingungen geknüpft, was eine neue Regierung machen wird ist schwer absehbar. Nichtsdestotrotz gibt es Zusagen an die Ukraine und die USA, denke nicht das man die brechen wird, egal wer regiert... Aber es scheint noch nicht sicher das dort überhaupt Gas in größeren Mengen fließt.

6. China entwickelt sich ständig, wobei Xhi Jinping immer mehr auch die Unternehmen und die Zivilbevölkerung an die Kandare nimmt. Für Wachstum und Innovation eher hinderlich, mal schauen wie sich das zukünftig auswirkt, hinzu kommt die ein Kind Politik nach der China weit mehr unter Überalterung leiden wird als bspw. Europa oder die USA.
Russland entwickelt sich meiner Meinung nach nicht. Syrien, Libyen oder der Nahe Osten allgemein wird unwichtiger werden, sieht man daran das der Nahe Osten für China keine Rolle spielt und für die USA auch immer weniger. Vermeintliche Erfolge sind nett aber letztendlich brotlose Kunst. Natürlich listest du auch positive Dinge auf, aber das war alles Kooperation und nicht Eskalation wie es Russland vermehrt betreibt. Ich denke auch dass die EU für Russland ein wichtiger Handelspartner sein kann, zumindest wichtiger als die Eurasische Wirtschaftsunion untereinander, da von der Wirtschaftskraft her Welten dazwischen liegen. Die Eurasische Wirtschaftsunion ist sowieso hinfällig. Ukraine nicht mehr wirklich dabei, Belarus gehört bald komplett zur russischen Föderation. Bleibt Kasachstan... Aber wie sieht da der Handel aus? Kasachstan verkauft Erdöl nach Russland und bekommt dafür russisches Erdöl? Putin kann keine Kooperation und auch Wirtschaftspolitik scheint ihm fremd zu sein und das sieht man.
1.
Da schau dir mal an, was zb. der tschechische Präsident davon hält.
Dort geht es darum, ob man den vorher russlandfreundlicheren Weg weitergehen wollte oder eben nicht. Imo haben die Umkehrer die Nase vorn.

Du erkennst letztlich das eigentliche Thema in Sachen Ungarn an (Orban nutzt Russland, um ggü der EU ein Druckmittel zu haben) und schließt quasi aus, dass genau das auch Russland nutzen könnte, weil du unterstellst, dass Ungarn wieder umkehrt. Das kann so kommen, muss aber nicht. Es ist am Ende eine Kalkulation jedes Staates. Sind die Goodies hoch genug, wird Orban weiter diesen Weg gehen.
In Sachen Deutschland geschieht genau sowas, wenn man NordStream2 nicht noch kippt. Die Vorteile der deutsch/russischen Kooperation überwiegen auf diesem Feld die Nachteil hier um Längen.
Und das muss keineswegs zum Vorteil der EU sein. Trotzdem wird es gemacht.

Polen ist tatsächlich das spannenste Land diesbezüglich, weil sie sich selber der russischen Option beraubt haben und jetzt keine wirklichen Alternativen haben (nachdem Trump wegfiel).
Das Gezerre um die EU-Coronamilliarden ist extrem interessant. Die Nummer ist bei Einführung quasi im Rahmen der gesamten EU-Budgetverhandlungen gelaufen und noch mit Fragen um CO2-Reduktion und einem Rechtsstaatlichkeitsgesichtswahrer verknüpft gewesen.
Und jetzt stellt die EU genau das zur Disposition. Sie kann es, weil Polen die Alternativen fehlen.
Aber das heißt noch lange nicht, dass die Nummer unbedingt EU-freundlich ausgehen muss. Selbst Polen kann einen Ausgleich mit Russland anstreben (tatsächlich empfehlen russische Thinktanks den Polen genau das).

Appropos Polen: Am Tag als Putin de Fertigstellung des ersten Rohres von NordStream2 verkündete, meldete sich bezüglich der BalticPipeline Dänemark (kurz vorher kam da deren Abhörungsunterstützung gg Dtl und Frankreich ans Licht) und legte diese wegen "Umwelt"bedenken defacto auf Eis. (https://www.dw.com/en/baltic-pipe-delay ... a-58318657)
So sieht es aus, wenn Polen gegen Deutschland UND Russland den kürzeren zieht.

2.
Mir ist völlig egal, wie man das "erklärt".
Es ist ein Fakt, dass da eine sehr kreative Auslegung stattgefunden hat, die man sicher im Wortlaut wiederfindet, die aber ziemlich offensichtlich anderweitige Probleme hat, die so wegdefiniert wurden. Es ist das Privileg der höchsten Richter, das so zu tun.
Diese Auslegung ist letztlich das Biegen und das geschieht hin und wieder mal.
So eine Auslegung ist jederzeit auch bei anderen Themen MÖGLICH.

3.
Wie kommst du darauf?
Du unterstellst ja, dass die mit anderem Stil diesen Auftrag bekommen hätten. Auch China wurde da zb ausgeschlossen.
Dabei ist augenscheinlich, dass Russland solche Großprojekte viel eher durchgesetzt bekommt, wenn es sich nicht Eu-freundlich, sondern mächtig verhält.
SouthStream ist ihnen gekippt worden.
TurkStream und Nordstream sind fertig. In beiden letzteren Fällen kann von einem zurückhaltenden Russland keine Rede sein.

4.
Ich bin sehr gespannt, was da nach der BT-Wahl kommt.
Aber ich vermute, dass keine neue Regierung an den Entwicklungen der letzten Jahre in Sachen Russlands Machtzuwachs vorbeikommt. Selbst eine (wohl unmögliche) grüne Alleinregierung nicht.
Da aber CDU und/oder SPD wichtiger Teil der Regierung sein werden, dürfte es handlungstechnisch Kontinuität geben, was imA Richtung mehr Kooperation/abstimmung im deutsch/russischen Verhältnis deutet. Egal, ob dann weiter das Theater um die ach so heiligen Werte aufgeführt wird.

5.
Und das nimmst du der Bundesregierung ab?
Das Projekt war so "unpolitisch", dass Dtl. US-Sanktionen und ewige politische Verhandlungen/Streits mit diversen EU-Staaten und der USA in Kauf genommen hat.
Wenn diese Pipeline also so unnötig für Deutschland (deutsche Interessen)sein sollte, warum hat man das getan?

6.
Da verkennst du die Bedeutung des nahen Ostens für China.
Dieser geographische Bereich ist für deren Seidenstrasse überragend wichtig und genau deshalb ist es auch ein geopolitisch sehr schweres Pfund, dass dort ohne Russland quasi nichts mehr geht.
Interessant ist zb, dass just dieser Punkt Ansätze für eine US-russische Kooperation bietet.
Ein wie auch immer geblockter weg durch den nahen Osten bietet beiden Vorteile im Sinne des Ausbalancierens Chinas.
China versucht das zu durchbrechen, indem sie dort in jedem Land den großen Investor geben (wollen). Zuletzt in Syrien mit entsprechenden Zusagen.

Ich sehe deren wirtschaftliche Entwicklung weniger im Vergleich mit China oder den USA.
Sie haben eine viel tiefere Basis und von dieser Basis aus entwickeln sie über zb. die Zollunion Potentiale.
Im Grunde ist das sowas wie eine (Teil)Wiederherstellung der SU im wirtschaftlichen/militärischen Bereich ohne es politisch in einen Staat zu bündeln. Auf dem Weg kopieren sie viele Ansätze der EU, aber versuchen auch Fehlentwicklungen zu vermeiden (zb Währungsfragen).

Russland betreibt eine Wirtschaftspolitik, die sie in die Lage versetzt hat, trotz schon ewigem Konflikt mit der EU/USA sogar leicht zu wachsen.
Und das bei haushaltspolitsch extrem nachhaltiger Ausrichtung.
Die Eskalationen waren für die Bereiche, die florieren aber tatsächlich Voraussetzungen (bzw. Ansatzpunkte). Das Russland in den Krisengebieten punkten konnte, hat die Nachfrage nach russischen Waffen stark begünstigt.
Dass es den Sanktions"krieg" zw EU-USA/Russland gibt, fördert deren Landwirtschaft und wird als Entwicklungsansatz für die industrielle Erneuerung genutzt. In Sachen Industrie ist da noch sehr viel zu tun, aber es passiert was. Und das mit sehr geringen westlichen Geldern (die allein schon wegen der hiesigen Druckerpresse alles andere als nachhaltig sind).
Dort gilt unabhängigeres und nachhaltiges Wachstum geht vor schnelles Wachstum.
Es dürfte kaum ein großes Land geben, dass auch nur ansatzweise so autakt laufen könnte wie Russland.
derBabelszwerg
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(13 Sep 2021, 09:51)
[…]
Ich habe das Zitat entfernt um den Beitrag nicht unnötig aufzublähen. Anhand der Nummerierung ist erkennbar auf welchen Teil sich die Antwort bezieht. Ich denke die Übersichtlichkeit ist daher trotzdem gegeben.

1. Die Äußerungen von Zeman sind mir bekannt. Aber Zeman kann an den tagespolitischen Entscheidungen wenig ändern. Er hat eine ähnliche Funktion wie der Bundespräsident in Deutschland (Repräsentation). Ein Großteil der tschechischen Bevölkerung kritisiert Zemans Ansichten und teilt diese nicht. Einige sprachen sogar von Hochverrat und dachten darüber nach Zeman dafür vor Gericht zu bringen (inwieweit das überzogen oder hysterisch ist steht auf einem anderen Blatt, die tschechische Gesetzgebung ist mir nicht hinreichend bekannt). Aktuell ist der Stand auch weiterhin das die russische Botschaft in Prag mit erheblichen Personalschwund leben muss. Auch aus der Ausschreibung zum Bau des Kernkraftwerks ist man raus. Wie schon gesagt, anscheinend ist man hier mit weiten Teilen der tschechischen Bevölkerung konform. Daher gibt es kaum einen Anlass umzuschwenken. Oder wie es der tschechische Außenminister damals sagte:
„Tschechien ist ein selbstbewusstes Land und verhält sich demgemäß.”
Auch viele Osteuropäische Länder haben sich solidarisch mit Tschechien gezeigt (bei der Slowakei war das keine Überraschung, beide Staaten verbindet viel), aber sogar Ungarn war dazu bereit. Aktuell beschwert sich Zeman über mutmaßliche Abhörung durch den tschechischen Geheimdienst. Es sieht nicht so aus das er hier Unterstützung durch den Ministerpräsident Babis erhält, der die Unabhängigkeit der Geheimdienstarbeit betont und er solche Abhörungen auch nicht untersagen kann. Eine Oppositionspolitikerin äußerte sich bspw. so:
Oppositionspolitikerin Marketa Pekarova-Adamova:
„Präsident Zeman sollte darüber nachdenken, mit was für Leuten er sich umgibt, wenn sich die Spionageabwehr mit ihnen befassen muss.“

Wegen Baltic Pipe: Polen hat gegen Deutschland und Russland den kürzeren gezogen… weil dänische Behörden zwischenzeitlich Umweltschutzmaßnahmen geprüft haben? Seit wann arbeiten Polen und Deutschland gegeneinander? Soweit ich weiß wird die Pipeline gerade gebaut und steht auch nicht auf der Kippe. Die Meldung die verlinkt wurde ist nicht aktuell bzw. sind die erwähnten Prüfungen schon lange abgeschlossen und der Bau hat auch schon Ende Juni begonnen (29.06.). Ich weiß nicht wieso zwischenzeitliche Umweltbedenken der Dänen ein Sieg für Russland ist? Steht es mit den außenpolitischen Erfolgen Russlands so schlecht, das man Ereignisse an denen Russland weder mitgewirkt hat, noch irgendeinen Einfluss darauf hat, als eigenen Erfolg umetikettieren muss? Und vor allem wieso ziehst Du Deutschland da ebenfalls mit rein? Die außenpolitischen Erfolge wirken ein wenig arg konstruiert.

2. Kritik an den Maßnahmen der EZB ist legitim und auch normal. Es gibt auch unter Ökonomen unterschiedliche Schulen und wenn man so will Weltanschauungen, was das geeignete Mittel in welcher Situation ist. Ich persönlich würde als Privileg von Richtern eher sehen, dass diese nicht weisungsgebunden sind und daher in Ihren Entscheidungen relativ frei. Gebunden sind Richter nur an die Gesetze. Die Auslegung der Gesetze ist schlicht ihr Job. Im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe muss sicher ausgelegt werden, ein gewisser Spielraum ist da, und je weniger konkret ein Gesetz formuliert ist, umso größer ist der Auslegungsspielraum. Wenn es sich aber im Gesetzeswortlaut wiederfindet, gibt es keinen großen Entscheidungsspielraum, da kann wenig "gebogen" werden (oder aber das Urteil ist angreifbar). Es lässt sich leicht behaupten Gesetze würden in Deutschland, der EU oder sonst wo "gebogen". Momentan sehe ich aber nicht, wieso man Gesetze zugunsten Russlands überhaupt biegen sollte? Die Handlungen Russlands bieten da keinen Anreiz dies zu tun.

3. Ich habe nicht behauptet, dass die russische Firma die Ausschreibung so oder so gewonnen hätte. Aber es ist doch klar, wenn man nicht mal mehr dabei ist, steht schon fest das man den Zuschlag nicht erhält. Das ist fix. Daher scheint mir die Sichtweise, man müsste möglichst großkotzig auftreten, realitätsfern zu sein. Ich weiß nicht welche Kräfteverhältnisse vorliegen müssen, dass so ein Auftreten irgendeinen Vorteil bringt. Die Aktuellen geben das aber anscheinend nicht her. Die EU (und sicher auch die Nato) ermöglichen es vielmehr auch kleineren osteuropäischen Staaten selbstbewusst aufzutreten, das das Russland nicht schmeckt und jemand wie Putin aus Zeiten der Sowjetunion auch nicht gewohnt ist, ist nachvollziehbar, aber wie gesagt anhand der tatsächlichen politischen Realitäten ist das Verhalten einfach realitätsfern, meiner Ansicht nach. Wenn Russland meint sich „mächtig“ zu verhalten, haben bspw. die osteuropäischen Staaten genug Antworten gegeben. Russlands Gebaren ist eher Säbbelrasseln bei dem wenig Substanz dahinter steht. Die osteuropäischen EU-Staaten sind wirtschaftlich mehr von der EU abhängig als von Russland. Hinzu kommt dass die Sowjetzeiten niemals aufgearbeitet wurden. Wer meint das sich bspw. bei Tschechien das Jahr 1968 nicht noch auswirkt, ist ein Träumer. Russland erntet schlussendlich was man selbst gesät hat.

4. Es geht eher darum das man Einmischungen und feindliche Handlungen nicht duldet, statt um Werte. Außerdem geht es um Zusagen die man anderen Staaten gegenüber macht, diese sollten nicht gebrochen werden, insbesondere ggü. den USA scheint mir das quasi ausgeschlossen, wenn man sich die derzeit realistischen neuen Regierungen anschaut. Ich vermute das weder Laschet, noch Scholz oder Baerbock die Zusagen nicht einhalten werden. Natürlich ist Kooperation egal mit wem, einem Konfliktbehafteten Verhältnis immer vorzuziehen. Einen nennenswerten Machzuwachs der russischen Föderation sehe ich aber nicht. Zumal hier die Frage ist, wessen Einfluss größer ist, der der USA oder der Russlands. Mit wem ist Kooperation lohnenswerter? Mit den USA ist Russland bei weitem nicht auf Augenhöhe. Weder wirtschaftlich noch militärisch.

5. Ich denke man wollte Problemen aus dem Weg gehen. Ein Baustopp war irgendwann keine Option mehr (etwaige Schadenersatzansprüche sollten vermieden werden). Für Russland ist die Pipeline eine Konzessionsentscheidung zu ihren Gunsten. Was sich aber schlagartig ändert, sollte die Pipeline mehr oder weniger ungenutzt auf dem Meeresboden liegen. Man gewährte Russland einen Vertrauensvorschuss, was sich im Nachhinein als falsch heraus stellte. Man ignorierte sogar weitestgehend die Aktionen Russlands (was im Nachhinein geradezu absurd ist, aber eben immer mit der vermeintlich fehlenden politischen Dimension des Projekts begründet wurde). Wieso sollte Nord Stream 2 ein Vorteil sein, wenn das Gas auf anderem Wege schon transportiert werden kann? Warum sollte eine Bundesregierung das Projekt stoppen, wo es doch kein Investitionsrisiko für die Regierung selbst war? Ein Baustopp aber eben schon Kosten verursachen könnte. Schlussendlich saß die Regierung dann zwischen den Stühlen. Ich denke die Frage der Vorteilhaftigkeit stellt sich schon, schließlich ist der Bau deutlich teurer als eine Pipeline auf dem Land. Noch dazu gab es wie gesagt ja schon NS1. Jetzt müssen mit evtl. sogar bei geringer Auslastung die gesamten Baukosten amortisiert werden, was sich schlussendlich auf den Preis auswirkt. Daher scheint die Sinnhaftigkeit fragwürdig.

6. Wie Du meinst. Aber der Warentransport der neuen Seidenstraße soll soweit ich weiß überwiegend auf dem Wasser stattfinden. Die internationalen Gewässer sind für die internationale Schifffahrt frei nutzbar. Aber mag sein das der nahe Osten für den Rest des Warentransports eine Rolle spielt, was aber so oder so noch sehr große Investitionen erfordert. Aber möglich das man bei China dort punkten kann. Nur eben für die EU oder die USA ist das Seidenstraßenprojekt nicht von übergeordneter Bedeutung.
Ich vermute der nächste Absatz handelte dann von der eurasischen Wirtschaftsunion:
Ok, über die eurasische Wirtschaftsunion lassen sich Potentiale entwickeln. Dazu gehören momentan aber nur Russland, der fast schon eingegliederte Satellitenstaat Belarus, Kirgisistan, Kasachstan und Armenien. Bei Lichte betrachtet ist das eine Union… mit sich selber! Ist sicherlich kein Problem, aber scheint mir kein großes Kunststück zu sein, da es keinen weiteren nennenswerten Staat gibt mit dem man sich arrangieren muss, also der annähernd auf Augenhöhe ist. Das ist doch ein erheblicher Unterschied zur EU. Das schmälert auch die Entwicklungsmöglichkeiten. Aber gut, Du kannst natürlich die Potentiale hervor heben. Aber ich persönlich sehe da keine großen Potentiale und auch keine Entwicklungen, aber nichtsdestotrotz sind Kooperationen immer sinnvoll. Für die Entwicklung wichtiger wären aber Kooperationen mit weiter entwickelten Staaten, davon profitiert man am meisten, das verbaut man sich aber zusehends (mit Ausnahme von China).
Allgemein zur Wirtschaftspolitik:
Russland hat den Import von Lebensmitteln aus der EU untersagt, mag sein das davon Teilbereiche der Landwirtschaft profitieren. Kurzfristig hat das aber den Verbrauchern geschadet, da sich die Lebensmittelpreise erhöht haben und auch die Qualität teilweise nicht vergleichbar ist, auch ist nicht alles verfügbar. Einen Wettbewerb gibt es ebenfalls nur eingeschränkt, was sich auf Qualität der Produkte und die Effizienz auch nicht positiv auswirken wird. Wenn es das Ziel ist möglichst isoliert oder von mir aus autark zu sein, dann arbeitet man sehr konsequent darauf hin. Allerdings ist es nicht sinnvoll alles selbst zu produzieren und vermutlich auch gar nicht machbar. Eine international arbeitsteilige Wirtschaft ist effizienter und beschert schlussendlich mehr Wohlstand. Da man kaum Sozialleistungen hat und ein Großteil des Staatshaushaltes aus Rohstoffexporten generiert, erklärt das die Entwicklung des Staatshaushaltes, Haushaltsüberschusse sind auch nichts schlechtes, aber wäre es nicht sinnvoller das Geld in die eigene Wirtschaft zu investieren?
Norwegen ist ebenfalls in einer guten Position was Rohstoffexporte angeht, die nutzen die Einnahmen aber für einen Pensionsfonds, davon haben früher oder später alle Norweger was und unterm Strich damit auch die norwegische Wirtschaft. Im Fall Russland stecken sich die Gewinne der Staat bzw. ein paar Oligarchen in die Tasche. Ich denke das sogar die arabischen Staaten da sinnvoller vorgehen.
In der Geschichte haben sich isolierte Staaten oft nicht gut entwickelt. Bspw. war Japan durch lange (selbst gewählte) Isolation erheblich in Rückstand geraten. Auch für Russland galt in der Vergangenheit oft, dass neue Impulse aus dem Ausland kamen. Kennst Du bspw. das russische Wort für „Rucksack“? Es lautet „Rucksack“ (wird auch so ausgesprochen). Das hat mit dem Militär zu tun und stammt aus den Zeiten als preußische Offiziere das russische Militär auf Vordermann gebracht haben. Chinas Aufstieg hat ebenfalls mit reichliche Wissenstransfer nach China zu tun. Aber natürlich kann man auch den Weg der Isolation wählen und vielleicht gelingt es ja, aber Zweifel sind angebracht. Vermutlich wird man dauerhaft hinter den Weltmärkten zurück fallen, außer man konzentriert sich auf ein paar Steckenpferde… dann ist man aber eben nicht autark und muss den Rest importieren, es ist eigentlich ein ziemliches Dilemma. Aber klar, irgendwie überleben kann man sicher auch autark, aber ist das der eigene Anspruch?
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

Ich habe das Zitat entfernt um den Beitrag nicht unnötig aufzublähen. Anhand der Nummerierung ist erkennbar auf welchen Teil sich die Antwort bezieht. Ich denke die Übersichtlichkeit ist daher trotzdem gegeben.

1. Die Äußerungen von Zeman sind mir bekannt. Aber Zeman kann an den tagespolitischen Entscheidungen wenig ändern. Er hat eine ähnliche Funktion wie der Bundespräsident in Deutschland (Repräsentation). Ein Großteil der tschechischen Bevölkerung kritisiert Zemans Ansichten und teilt diese nicht. Einige sprachen sogar von Hochverrat und dachten darüber nach Zeman dafür vor Gericht zu bringen (inwieweit das überzogen oder hysterisch ist steht auf einem anderen Blatt, die tschechische Gesetzgebung ist mir nicht hinreichend bekannt). Aktuell ist der Stand auch weiterhin das die russische Botschaft in Prag mit erheblichen Personalschwund leben muss. Auch aus der Ausschreibung zum Bau des Kernkraftwerks ist man raus. Wie schon gesagt, anscheinend ist man hier mit weiten Teilen der tschechischen Bevölkerung konform. Daher gibt es kaum einen Anlass umzuschwenken. Oder wie es der tschechische Außenminister damals sagte:
„Tschechien ist ein selbstbewusstes Land und verhält sich demgemäß.”
Auch viele Osteuropäische Länder haben sich solidarisch mit Tschechien gezeigt (bei der Slowakei war das keine Überraschung, beide Staaten verbindet viel), aber sogar Ungarn war dazu bereit. Aktuell beschwert sich Zeman über mutmaßliche Abhörung durch den tschechischen Geheimdienst. Es sieht nicht so aus das er hier Unterstützung durch den Ministerpräsident Babis erhält, der die Unabhängigkeit der Geheimdienstarbeit betont und er solche Abhörungen auch nicht untersagen kann. Eine Oppositionspolitikerin äußerte sich bspw. so:
Oppositionspolitikerin Marketa Pekarova-Adamova:
„Präsident Zeman sollte darüber nachdenken, mit was für Leuten er sich umgibt, wenn sich die Spionageabwehr mit ihnen befassen muss.“

Wegen Baltic Pipe: Polen hat gegen Deutschland und Russland den kürzeren gezogen… weil dänische Behörden zwischenzeitlich Umweltschutzmaßnahmen geprüft haben? Seit wann arbeiten Polen und Deutschland gegeneinander? Soweit ich weiß wird die Pipeline gerade gebaut und steht auch nicht auf der Kippe. Die Meldung die verlinkt wurde ist nicht aktuell bzw. sind die erwähnten Prüfungen schon lange abgeschlossen und der Bau hat auch schon Ende Juni begonnen (29.06.). Ich weiß nicht wieso zwischenzeitliche Umweltbedenken der Dänen ein Sieg für Russland ist? Steht es mit den außenpolitischen Erfolgen Russlands so schlecht, das man Ereignisse an denen Russland weder mitgewirkt hat, noch irgendeinen Einfluss darauf hat, als eigenen Erfolg umetikettieren muss? Und vor allem wieso ziehst Du Deutschland da ebenfalls mit rein? Die außenpolitischen Erfolge wirken ein wenig arg konstruiert.

2. Kritik an den Maßnahmen der EZB ist legitim und auch normal. Es gibt auch unter Ökonomen unterschiedliche Schulen und wenn man so will Weltanschauungen, was das geeignete Mittel in welcher Situation ist. Ich persönlich würde als Privileg von Richtern eher sehen, dass diese nicht weisungsgebunden sind und daher in Ihren Entscheidungen relativ frei. Gebunden sind Richter nur an die Gesetze. Die Auslegung der Gesetze ist schlicht ihr Job. Im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe muss sicher ausgelegt werden, ein gewisser Spielraum ist da, und je weniger konkret ein Gesetz formuliert ist, umso größer ist der Auslegungsspielraum. Wenn es sich aber im Gesetzeswortlaut wiederfindet, gibt es keinen großen Entscheidungsspielraum, da kann wenig "gebogen" werden (oder aber das Urteil ist angreifbar). Es lässt sich leicht behaupten Gesetze würden in Deutschland, der EU oder sonst wo "gebogen". Momentan sehe ich aber nicht, wieso man Gesetze zugunsten Russlands überhaupt biegen sollte? Die Handlungen Russlands bieten da keinen Anreiz dies zu tun.
Zeman war der Hinweis, dass es dort mitnichten so ist, dass die Richtungsentscheidung abgeschlossen wäre.Der nächste Schwenk ist ggf nur eine Wahl entfernt.

Und Polen und Dtl liegen schon einige Zeit bei diversen Themen sehr über Kreuz.
Polen wollte zb genau der Energiehub werden, der Dtl nun wohl wird. Deren ganzer Energieplan ala Pipeline/Flüssiggaszentrum ist durch NordStream sehr gefährdet.
Und sollte die Balticpipe nicht rechtzeitig fertig werden, steht Polen vor der Frage, wie es seinen Gas"hunger" in der Übergangszeit stillt, weil sie just zu dieser Zeit das Ende der Lieferungen aus Russland vor der Brust haben. Das ist in Klein das, was zur Verlängerung bei der Ukraine geführt hat und ist imA nun ein Druckmittel, um Polens Widerstand zu beeinflussen (die klagen ja ohne Ende

Angeführt habe ich das Beispiel, weil es durch den Zeitstempel imA sehr symbolhaft inszeniert wurde.

2.
Im Grunde hat man aus dem Thema gemacht, dass Staatsfinanzierung unproblematisch ist, solange sie formal indirekt ist.
Da die EZB mittlerweile größter Gläubiger diverser EU-Staaten ist, war das der Ausweg, um die Staatsfinanzierung weiter laufen lassen zu können, was aber sicher dem eigentlichen Zweck der Regelung zuwider läuft.
Um den Kreis zu schließen. Aus der Richtlinie könnte man sicher auch irgendein Wort/Satz oä hochstrichterlich so interpretieren, dass es auf Nordstream nicht anwendbar wäre, wenn man es wollte.
Und natürlich nicht zu Russlands Gunsten, sondern um Vorteile für die EU zu erzeugen (keiner kann ein Interesse daran haben wie derzeit mittlerweile mehr als 800 Dollar/1000 Kubik für Gas zu zahlen)

Den Rest splitte ich mal ab und schreibe morgen dazu
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)


3. Ich habe nicht behauptet, dass die russische Firma die Ausschreibung so oder so gewonnen hätte. Aber es ist doch klar, wenn man nicht mal mehr dabei ist, steht schon fest das man den Zuschlag nicht erhält. Das ist fix. Daher scheint mir die Sichtweise, man müsste möglichst großkotzig auftreten, realitätsfern zu sein. Ich weiß nicht welche Kräfteverhältnisse vorliegen müssen, dass so ein Auftreten irgendeinen Vorteil bringt. Die Aktuellen geben das aber anscheinend nicht her. Die EU (und sicher auch die Nato) ermöglichen es vielmehr auch kleineren osteuropäischen Staaten selbstbewusst aufzutreten, das das Russland nicht schmeckt und jemand wie Putin aus Zeiten der Sowjetunion auch nicht gewohnt ist, ist nachvollziehbar, aber wie gesagt anhand der tatsächlichen politischen Realitäten ist das Verhalten einfach realitätsfern, meiner Ansicht nach. Wenn Russland meint sich „mächtig“ zu verhalten, haben bspw. die osteuropäischen Staaten genug Antworten gegeben. Russlands Gebaren ist eher Säbbelrasseln bei dem wenig Substanz dahinter steht. Die osteuropäischen EU-Staaten sind wirtschaftlich mehr von der EU abhängig als von Russland. Hinzu kommt dass die Sowjetzeiten niemals aufgearbeitet wurden. Wer meint das sich bspw. bei Tschechien das Jahr 1968 nicht noch auswirkt, ist ein Träumer. Russland erntet schlussendlich was man selbst gesät hat.
3.
Es wirkte so, weil du von einer klaren Schädigung Russlands schriebst.
Das wäre es auf AKW bezogen nur, wenn man sonst den Auftrag bekommen hätte. Im Vergleich zu zu einer Teilnahme mit Nichtzuschlag wäre es in Sachen AKW kein Unterschied.
Es gibt aber Großprojekte, die man mit diesem Stil durchsetzen konnte.

Ich gehe mit, dass es in Einzelprojekten sicher Rückschläge/Nachteile erzeugt. ImA bleibt in der Summe aber eher der Vorteil des Stils.
Zu Dtl hatte ich ja schon die Gasspeicher genannt und auch die beiden Pipelines, die so umgesetzt wurden.
In Ungarn ist das AKW mit der harten Linie gg die EU zb. weiter im russischen Scope. Dort deutet sich bislang kein SouthStreamszenario an.
Zudem hat sich der Südosten Europas in Sachen Gasversorgung recht klar auf Gazprom festgelegt (inkl. diverser Abkommen).

Im Grunde spiegelt das wider, dass man in diversen EU-Staaten Ruslsands Versorgung braucht und das unabhängig davon, ob Russand freundlich ist oder nicht (was im zweiten Fall schlechtere Bedingungen zum Vorteil Russlands beinhaltet). Bulgarien hat das am schmerzlichsten erfahren. Statt 400 Mio Durchleitung gibt es jetzt Gas via Türkei zu mit deutlich weniger Einnahmen.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

4. Es geht eher darum das man Einmischungen und feindliche Handlungen nicht duldet, statt um Werte. Außerdem geht es um Zusagen die man anderen Staaten gegenüber macht, diese sollten nicht gebrochen werden, insbesondere ggü. den USA scheint mir das quasi ausgeschlossen, wenn man sich die derzeit realistischen neuen Regierungen anschaut. Ich vermute das weder Laschet, noch Scholz oder Baerbock die Zusagen nicht einhalten werden. Natürlich ist Kooperation egal mit wem, einem Konfliktbehafteten Verhältnis immer vorzuziehen. Einen nennenswerten Machzuwachs der russischen Föderation sehe ich aber nicht. Zumal hier die Frage ist, wessen Einfluss größer ist, der der USA oder der Russlands. Mit wem ist Kooperation lohnenswerter? Mit den USA ist Russland bei weitem nicht auf Augenhöhe. Weder wirtschaftlich noch militärisch.
Bestes Beispiel die aktuelle Ausfahrt eines deutschen Marineschiffs. (https://www.swp-berlin.org/publikation/ ... ndopazifik)
Wer soll so jemanden Ernst nehmen, wenn er daherkommt und feindliche Handlungen verteufelt und von regelbasierter Ordnung als Leitstern redet?
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.

Sprich es geht um die Frage, was bietet mehr Vor- als Nachteile.
Sollte dazugehören, den USA an einer Stelle entgegenzutreten (zb NordStream), dann macht man das.
Umgekehrt sch... man auf Recht und Ordnung, wenn es zb. mehr nutzt, wenn man sich auf der Seite der USA positioniert.

Bislang ist es unbestritten, dass der Einfluss der USA hier sehr viel größer ist. Genauso wie unbestritten sein dürfte, dass die Zeit auch in Dtl dafür gesorgt hat, dass der US-Einfluss nicht mehr so groß ist, wie er mal war. Das ist gewollt und genau für sowas braucht man Kooperation. Dafür bieten sich dann Einzelfelder an, wo man zb. mit Russland mehr zusammenarbeitet als vorher. Und das wie schon geschrieben unabhängig davon, ob man sich nun medial belegt und mit Vorwürfen überzieht.
Das ist eine imA Augen klar erkennbare Tendenz, die sich an den Interessen der EU/EU-Staaten ableiten lässt, dass sie unabhängiger (nicht unabhängig) von den USA werden wollen.

Das Militär ist ein spannender Bereich.
Ich würde Wetten darauf abschließen, dass EU-Staaten (vielleicht sogar die EU) die Kooperation mit Russland in diesem Bereich in den nächsten Jahren ausweiten.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

5. Ich denke man wollte Problemen aus dem Weg gehen. Ein Baustopp war irgendwann keine Option mehr (etwaige Schadenersatzansprüche sollten vermieden werden). Für Russland ist die Pipeline eine Konzessionsentscheidung zu ihren Gunsten. Was sich aber schlagartig ändert, sollte die Pipeline mehr oder weniger ungenutzt auf dem Meeresboden liegen. Man gewährte Russland einen Vertrauensvorschuss, was sich im Nachhinein als falsch heraus stellte. Man ignorierte sogar weitestgehend die Aktionen Russlands (was im Nachhinein geradezu absurd ist, aber eben immer mit der vermeintlich fehlenden politischen Dimension des Projekts begründet wurde). Wieso sollte Nord Stream 2 ein Vorteil sein, wenn das Gas auf anderem Wege schon transportiert werden kann? Warum sollte eine Bundesregierung das Projekt stoppen, wo es doch kein Investitionsrisiko für die Regierung selbst war? Ein Baustopp aber eben schon Kosten verursachen könnte. Schlussendlich saß die Regierung dann zwischen den Stühlen. Ich denke die Frage der Vorteilhaftigkeit stellt sich schon, schließlich ist der Bau deutlich teurer als eine Pipeline auf dem Land. Noch dazu gab es wie gesagt ja schon NS1. Jetzt müssen mit evtl. sogar bei geringer Auslastung die gesamten Baukosten amortisiert werden, was sich schlussendlich auf den Preis auswirkt. Daher scheint die Sinnhaftigkeit fragwürdig.
5.
Die USA haben damit gedroht, deutsche Städte/Häfen/staatliche Mitarbeiter zu sanktionieren.
NordStream2 ist 2015 vertragstechnisch in Sachen Bau abgeschlossen worden.
Wie kann man denn von Vertrauensvorschuss ausgehen, wenn die EU und Russland zu dem Zeitpunkt gerade seit fast 1,5 Jahren im Dauerklinsch in Sachen Ukraine (und damit Gastransit) UND auch Syrien liegen?

Der Vorteil ist natürlich die Versorgungssicherheit für Deutschland.
Kein Polen und keine Ukraine kann am Gashahn drehen, wenn nicht/weniger über deren Gebiet geleitet wird.
Dazu kommen wegfallende Transitkosten also billigere Energie und für weitergeleitetes Gas dann auch eigene Transiteinnahmen für hiesige Unternehmen, die Steuern zahlen.
Und ganz in dem Sinn. Deutschland hat keine direkten Kosten, denn die Fragen von Baukosten, Amortisierung usw. betreffen doch private Firmen :)
Und durch den gestiegenen Gaspreis hat Gazprom die Kosten schon eingepielt, bevor überhaupt der erste Kubikmeter hier angekommen ist.
Sprich die können uns auch Preise wie Weißrussland machen.
Werden sie aber nicht und schon gar nicht, wenn es auf mehr Konfrontation hinauslaufen sollte.
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Cobra9
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Polen macht es richtig




Am Vorabend der Einweihung der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland, bestätigte der polnische Bevollmächtigte für Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, dass Polen ab 2023 unabhängig von russischen Gaslieferungen sein wird.


https://www.euractiv.de/section/europak ... zprom-gas/
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

6. Wie Du meinst. Aber der Warentransport der neuen Seidenstraße soll soweit ich weiß überwiegend auf dem Wasser stattfinden. Die internationalen Gewässer sind für die internationale Schifffahrt frei nutzbar. Aber mag sein das der nahe Osten für den Rest des Warentransports eine Rolle spielt, was aber so oder so noch sehr große Investitionen erfordert. Aber möglich das man bei China dort punkten kann. Nur eben für die EU oder die USA ist das Seidenstraßenprojekt nicht von übergeordneter Bedeutung.

6a) Ich vermute der nächste Absatz handelte dann von der eurasischen Wirtschaftsunion:
Ok, über die eurasische Wirtschaftsunion lassen sich Potentiale entwickeln. Dazu gehören momentan aber nur Russland, der fast schon eingegliederte Satellitenstaat Belarus, Kirgisistan, Kasachstan und Armenien. Bei Lichte betrachtet ist das eine Union… mit sich selber! Ist sicherlich kein Problem, aber scheint mir kein großes Kunststück zu sein, da es keinen weiteren nennenswerten Staat gibt mit dem man sich arrangieren muss, also der annähernd auf Augenhöhe ist. Das ist doch ein erheblicher Unterschied zur EU. Das schmälert auch die Entwicklungsmöglichkeiten. Aber gut, Du kannst natürlich die Potentiale hervor heben. Aber ich persönlich sehe da keine großen Potentiale und auch keine Entwicklungen, aber nichtsdestotrotz sind Kooperationen immer sinnvoll. Für die Entwicklung wichtiger wären aber Kooperationen mit weiter entwickelten Staaten, davon profitiert man am meisten, das verbaut man sich aber zusehends (mit Ausnahme von China).

6b.Allgemein zur Wirtschaftspolitik:
Russland hat den Import von Lebensmitteln aus der EU untersagt, mag sein das davon Teilbereiche der Landwirtschaft profitieren. Kurzfristig hat das aber den Verbrauchern geschadet, da sich die Lebensmittelpreise erhöht haben und auch die Qualität teilweise nicht vergleichbar ist, auch ist nicht alles verfügbar. Einen Wettbewerb gibt es ebenfalls nur eingeschränkt, was sich auf Qualität der Produkte und die Effizienz auch nicht positiv auswirken wird. Wenn es das Ziel ist möglichst isoliert oder von mir aus autark zu sein, dann arbeitet man sehr konsequent darauf hin. Allerdings ist es nicht sinnvoll alles selbst zu produzieren und vermutlich auch gar nicht machbar. Eine international arbeitsteilige Wirtschaft ist effizienter und beschert schlussendlich mehr Wohlstand. Da man kaum Sozialleistungen hat und ein Großteil des Staatshaushaltes aus Rohstoffexporten generiert, erklärt das die Entwicklung des Staatshaushaltes, Haushaltsüberschusse sind auch nichts schlechtes, aber wäre es nicht sinnvoller das Geld in die eigene Wirtschaft zu investieren?
Norwegen ist ebenfalls in einer guten Position was Rohstoffexporte angeht, die nutzen die Einnahmen aber für einen Pensionsfonds, davon haben früher oder später alle Norweger was und unterm Strich damit auch die norwegische Wirtschaft. Im Fall Russland stecken sich die Gewinne der Staat bzw. ein paar Oligarchen in die Tasche. Ich denke das sogar die arabischen Staaten da sinnvoller vorgehen.

6c
In der Geschichte haben sich isolierte Staaten oft nicht gut entwickelt. Bspw. war Japan durch lange (selbst gewählte) Isolation erheblich in Rückstand geraten. Auch für Russland galt in der Vergangenheit oft, dass neue Impulse aus dem Ausland kamen. Kennst Du bspw. das russische Wort für „Rucksack“? Es lautet „Rucksack“ (wird auch so ausgesprochen). Das hat mit dem Militär zu tun und stammt aus den Zeiten als preußische Offiziere das russische Militär auf Vordermann gebracht haben. Chinas Aufstieg hat ebenfalls mit reichliche Wissenstransfer nach China zu tun. Aber natürlich kann man auch den Weg der Isolation wählen und vielleicht gelingt es ja, aber Zweifel sind angebracht. Vermutlich wird man dauerhaft hinter den Weltmärkten zurück fallen, außer man konzentriert sich auf ein paar Steckenpferde… dann ist man aber eben nicht autark und muss den Rest importieren, es ist eigentlich ein ziemliches Dilemma. Aber klar, irgendwie überleben kann man sicher auch autark, aber ist das der eigene Anspruch?
Das hier ist die Sphäre, die echte Macht verspricht: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unter ... 11629.html
Und dafür ist der Landweg perfekt.
Letztlich ist aber auch der Warenweg über gesichertes Gebiet immer wichtig. Russland profitiert genau deshalb von der Seidenstrasse, wenn der Weg via Nahem Osten unsicher ist, denn dann läuft mehr Ware über Russlands Landmasse und perspektivisch über die Nordroute (auch der Seeweg geht ja um den nahen Osten durch zb. das Nadelöhr Suezkanal)

Die SWP hat jüngst zu dieser Dimension eine recht ausführliche Publikation erstellt (https://www.swp-berlin.org/publikation/ ... -und-macht)
Um da als EU eine Option auf Ausweitung zu haben und da mit China zu konkurrieren, braucht man neben dem sicher vorhandenen KnowHow auch die Energie UND die Rohstoffe. Russland ist dafür qusi natürlicher Partner. Darum buhlen China und wenn die EU clever ist auch die EU.

6a.
Die Potentiale ist ausgehend von der deutlich geringeren Basis im Vgl. zu zb. der EU sogar sehr groß. So ein Freihandelsabkommen mit zb. Vietnam ist für uns sehr viel unbedeutender als für die.
Und die haben zb schon eins mit dem Iran, der nun wirklich ein riesiger Markt für die ist (den auch eine EU gerne erschließen würde, aber sie "darf" wegen USA nicht)
http://eawu.news/aussenhandel/handelspo ... reihandel/

6b.
Es geht denen ja auch nicht um Kurzfristigkeit.
Im Landwirtschaftsbereich war das schwierigstes Teilsegment die Rindfleischmarktentwicklung.
Letztes Jahr ist man in dem Segment zum Nummer1-Lieferanten für China geworden.
Und in einer Welt, in der sehr schnell die Versorgungslinien zur Disposition stehen, ist Eigenversorgung sogar überragend wichtig. Gefolgt von abgesicherten Bezugsquellen für die Dinge, die man selber nicht hat. Selbst wenn es "früher" in Sachen komparative Vorteile weniger gefragt war.

Und auf welche Welt steuern wir derzeit zu?
China legt wegen eines Coronafalls die Versorgungslinien via riesiger Handelshäfen lahm. Selbst die nun wirklich oberste VErteidigerin von offenen Märkten und Globalisierung (Eu) wirft ein Plan nach dem nächsten in den Ring, um Eigenversorgung zu fördern.

btw. Russland hat das Modell Norwegen/China/SaudiArabien usw mit seinem Wohlstandsfond ebenfalls kopiert. Allerdings eher mit der Maßgabe im Inland zu investieren, weil es da genug zu tun und zu entwickeln gibt. (analog zb der bei uns mal diskutierten Idee eines Deutschlandfonds)

6c.
Russland ist aber nicht isoliert. Im ganzen Gegenteil. Just in Sachen Wissen gibt es zb. einig dieser Kooperationen mit Dtl.
Sie erhöhen "nur" die Resillienz der heimischen Wirtschaft (gezwungenermaßen schon seit Jahren).
Das wiederum hat sogar China im Ansatz als Plan ausgegeben und imA noch besser bebildert (zwei Kreisläufe).
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Nachdem der Europäische Gasfuture (Dutch TTF) gestern umgerechnet die 800 Dollar/1000Kubik durchflogen hat, sind heute die 900 Dollar überstiegen worden.
https://www.theice.com/products/2799666 ... Id=5285052
(Umrechnungsfaktor derzeit mit 1,18: Eur/MWh zu Dollar/1000Kubik -> 1,18*10,445=12,325)

Die Europ. Gasspeicher sind im Schnitt gerade mal bei 71% Füllung und idR beginnt ab spätestens Mitte Oktober die Nettoentnahmephase.
Letztes Jahr gab es zum heutigen Zeitpunkt 93,5% Füllung.
(https://agsi.gie.eu/#/historical/eu)
derBabelszwerg
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(15 Sep 2021, 10:45)

[...]
Ich fasse die Punkte wieder zusammen in einen Beitrag.
1.
Sehe ich anders, wie schon dargestellt, scheint die Regierung, Opposition und auch der Großteil der Bevölkerung gerade auf dieser jetzigen Linie zu sein. Präsident Zeman ist weitestgehend alleine mit seiner Ansicht und auch nicht befugt hier die Regierungspolitik zu beeinflussen. Die Sichtweise, das sich alles wieder ändern wird, eventuell nach der nächsten Wahl, ist derzeit nicht wahrscheinlich.

Polen:
Trotzdem unterstellst Du die Bundesregierung würde hier bewusst gegen Polen arbeiten. Dem habe ich widersprochen. Das es Meinungsverschiedenheiten gibt, ist dafür kein ausreichender Hinweis bzw. zu allgemein (zumal die Regierung offiziell ja immer betont hat, dass Nordstream 2 sie nichts angeht). Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten mit bspw. Frankreich, trotzdem würde ich nicht sagen das die außenpolitischen Beziehungen schlecht sind.
Polen kann trotzdem Energiehub werden, schlussendlich wird das kostengünstigere bzw. der versorgungssichere Anbieter gewählt. Deutschland könnte hier ebenfalls Gas über Balticpipe beziehen, kommt ganz auf die Verhandlungen an und schlussendlich ist es egal woher das Gas kommt, die Anlagen die das Gas verwerten sind da nicht wählerisch. Konkurrenz ist also nur für Balticpipe ein Problem, nicht für Nordstream 1 u. 2? Man sollte sich schon entscheiden. Es gibt also zwei Anbieter aber du weißt schon im Vorfeld wer schlussendlich Hauptversorger wird? Für den Verbraucher ist Konkurrenz nur von Vorteil und das ist auch im Sinne der EU-Normen (daher auch das unbundling). Auch der Bundesregierung wird es nicht missfallen, dass es mehrere Anbieter gibt und schlussendlich der bessere den Zuschlag erhält (weil eben schlussendlich die beste Lösung auch für die deutschen Gasverbraucher).

2.
Laut Vertrag ist der „unmittelbare“ Erwerb durch die EZB verboten. Wenn Du (oder wer auch sonst) der Meinung bist, dass es sich um Staatsfinanzierung handelt, ist es trotzdem nicht der Fall, dass hier die Juristen „etwas daraus gemacht“ haben. Sie wurden durch die Kläger aufgefordert den Sachverhalt zu prüfen und laut Wortlaut ist es nun mal korrekt. Es steht schlicht genau so -und nicht etwa anders- in den Regelungen zu den Befugnissen der EZB. Wenn dann muss man hier den Vertrag kritisieren und nicht die Juristen, die den Wortlaut prüfen und feststellen, dass die Anleihekäufe nicht gegen die Regeln verstoßen. Aus welchem Grund sollte man jetzt eine Ausnahme für Nordstream machen? Man würde dann tatsächlich irgendwas „hinbiegen“ und nicht nur eine herbei fantasierte Biegung durchführen. Aus welchem Grund sollte man das tun? Natürlich nicht zu Russlands Gunsten… nein, wie oben schon erwähnt dient bspw. das unbundling den Verbraucherinteressen der EU-Bürger. Ein natürliches Monopol soll zumindest etwas aufgebrochen werden, aber nein es soll ein Monopol bestehen bleiben, einzig im Interesse der europäischen/deutschen Verbraucher. Erzähl das bitte jemand anderen, deine Argumentation ist nicht nachvollziehbar. Es sei denn du bist der Pressesprecher von Gazprom.

3.
Es sieht eher so aus als würden diverse EU-Staaten diversifizieren. Südosteuropa und Gazprom? Anfang des Jahres lauteten die Meldungen soweit ich weiß eher, dass es das Ende des Gazprom-Monopols in Südosteuropa bedeutet (Kroatisches LNG-Terminal was theoretisch den kroatischen Bedarf fast alleine decken kann, Bulgarien bezieht Gas aus Aserbaidschan). Bis jetzt wird bspw. Ungarn noch immer durch den Ukraine-Transit versorgt (und hat die Möglichkeit eben auch über Kroatien beliefert zu werden).
https://www.dw.com/de/gazprom-verliert- ... a-56159742

Natürlich braucht man Versorgung, aber Russland ist nicht der einzige Anbieter. Das ist eher zum Nachteil für Russland, aber positiv für die Verbraucher. Schlussendlich ist der Gasmarkt in Südosteuropa auch eher klein. Bedeutender scheint mir die Versorgung Italiens über Aserbaidschan zu sein. Aber für Italien gut, dass es Auswahl gibt.

4.
Was hat jetzt die Fregatte Bayern mit dem Thema zu tun? Die hat in einem umstrittenen Hafen gehalten, weil sie versorgt werden musste. Hätte man anders regeln können. Aber wie gesagt, geht es sicher nicht vornehmlich um Werte. Es geht hier um feindliche Handlungen und anhand derer man z.B. Nordstream 2 auf den Prüfstand stellen muss. Wie man sich öffentlich gegenseitig rhetorisch belegt ist zumindest vordergründig nicht entscheidend. Aber langfristig ist das ein Problem! Zur Zeit konnte man vor allem auch in den letzten Jahren noch trotz dieser öffentlichen, diplomatischen Verfehlungen weiter kooperieren. Nur hat es auch nach Abschluss von Nordstream 2 (also vertraglich) keine Entspannung gegeben und im Gegenteil, bestimmte Vorfälle traten erst danach auf (Angriff auf den Bundestag wurde erst viel später öffentlich, Skripal 2018, Tiergarten 2019, Vorfälle in Tschechien, Untersuchungen zu MH17 sind abgeschlossen, Anklage wurde erhoben, Beendigung des Petersburger Dialogs). Das ist alles öffentlich bekannt und nimmt auch einer zukünftigen Bundesregierung Handlungsspielraum. Wenn im Herbst das Kammergericht Berlin zum Einen den mutmaßlichen Auftragsmörder verurteilt (was meiner Meinung nach sehr wahrscheinlich ist, er wurde auf frischer Tat ertappt und auf der Flucht festgenommen) und die Beteiligung des russischen Staates bejaht, welche Möglichkeit hat dann die Bundesregierung? Kann man nach nichts weniger als Staatsterrorismus (und den gab es eben nicht nur in Deutschland, auch in Tschechien oder Großbritannien), noch an Projekten wie Nordstream 2 festhalten?
Militär:
Zunächst scheint die EU eher darauf bedacht zu sein, die eigenen Streitkräfte zu optimieren. Eine Kooperation mit Russland sehe ich nicht. Die meisten EU-Staaten sind auch Nato-Mitglieder, die Nato übt die Verteidigung des Bündnisgebietes unter anderem gegen russische Aggression. Russland im Gegenzug auch, wo siehst Du da Potential für Zusammenarbeit? Ich sehe hier keinerlei Bestrebungen weder seitens Russlands noch der EU oder auch nur einzelner EU-Staaten. Gibt es da Entwicklungen die mir nicht bekannt sind oder wie leiten sich Deine Vermutungen her?

5.
Die Frage ist, wie sich das zukünftig entwickeln wird. Konflikte und ernsthafte Störungen der Beziehungen haben i.d.R. einen Vorlauf. Das ist auch bei zwischenmenschlichen Beziehungen so. Handgreiflichkeiten beginnen fast immer verbal. Natürlich will ich nicht sagen, das ähnliches bevor steht. Aber so ein Verhalten steht eben auch nicht für Entspannung und Ausgangspunkt sind hier die russischen Verfehlungen, z.B. die schon beispiellose Peinlichkeit in der Sache mit dem Russlanddeutschen Mädchen „Lisa“… Lawrow fiel hier wie folgt auf: Keine Ahnung, aber viel Meinung! Der Kreml und seine Protagonisten fällt sicherlich vermehrt durch Inkompetenz auf, die in einem Fall wie bspw. „Lisa“ eher belustigend ist. Aber es gibt eben auch viele andere Vorfälle die weit weniger lustig sind. Die Bundesregierung war hier in der Vergangenheit erstaunlich unempfänglich für all das und an Pragmatismus interessiert, fraglich wie lange noch bzw. ob das nicht schon Vergangenheit ist. Du (und anscheinend auch der Kreml) haben die Zeichen der Zeit hier nicht erkannt. Steter Tropfen höhlt den Stein… rote Linien wurden überschritten und wenn sich nicht bald und dauerhaft eine Änderung des russischen Verhaltens abzeichnet, werden die außenpolitischen Beziehungen eher schlechter als besser werden (und ja, dann ist es fraglich ob zukünftig Kooperationen stattfinden werden… auch Nordstream wird hinterfragt). Wenn Du meinst das das im russischen Interesse ist, sei dir das unbenommen. Ich denke es ist nicht so.
Versorgungssicherheit durch ein Land wie Russland das schon den Gashahn zugedreht hat und auch die Gasversorgung als politisches Druckmittel offenkundig einsetzt? Wo soll da die Versorgungssicherheit sein? Die gibt es nur wenn man Alternativen hat… und die hat man und wird man zukünftig noch verstärkt haben. Daher ist es auch nur in unser aller Interesse zu diversifizieren (was zum Glück ja geschieht).
Nordstream 2 hat sich schon amortisiert, obwohl es noch keine Erträge gebracht hat. Ist das ein schlechter Witz den ich nicht verstehe? Die Kalkulation würde ich gerne mal sehen, will auch mal herzhaft lachen. Was aber echt total lustig ist, wenn man sich die Frage stellt, ob ein rein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen, das sagen wir mal in der Förderung und dem Verkauf von Erdgas engagiert ist, ein Projekt wir Nordstream 2 durchgeführt hätte. Gewinnorientierte Unternehmen wären erstmal bestrebt die bestehenden Leitungen maximal auszunutzen, um erstmal deren Gewinn zu maximieren, anstelle eine weitere Reduzierung der Auslastung einzelner Röhren durch den Bau einer weiteren Leitung zu erreichen (noch dazu mittels hoher Baukosten, weil unter Wasser). Sollte durch Nordstream 2 nur wenig Gas fließen oder aufgrund von Diversifizierung generell die Menge auch der anderen Leitungen sinken, ist das dann betriebswirtschaftlich ein ganz veritables Eigentor (per Fallrückzieher, (Eigen-)Tor des Jahres… mindestens).
Weil China ein weltweites Stromnetz anstrebt, ist der sichere Weg von Waren auf dem Land wichtig? Warum sollte die EU den Aufbau eines weltweiten Stromnetzes betreiben und in Konkurrenz zu China treten (zumal der Erfolg nicht absehbar ist und das im Grunde auch in einer riesigen Geldverbrennung enden kann)? In Europa würde das in erster Linie privatwirtschaftliche Unternehmen betreffen und EU Unternehmen generieren schon jetzt überall auf der Welt Aufträge, das können sie auch unabhängig von der EU machen. Bisher ist es nicht das Hauptziel der EU durch weltweite Infrastrukturprojekte vermeintliche Macht zu erhalten. Europas Macht ist der kaufkräftige Binnenmarkt und eigentlich auch nicht das Problem der EU wie die Waren hierher kommen.
Wenn es irgendwann zu dem Punkt kommt, das der Warenverkehr zwischen EU und Russland eingestellt wird (was ich persönlich nicht hoffe), ist Russlands Bedeutung für die Seidenstraße aus Sicht Chinas nahezu Null. Entscheidend ist der europäische Markt und genau den will China beliefern. Auch so schon ist der Warenweg über Land nicht der Entscheidende. Der Suezkanal ist seit seiner Entstehung eine internationale Zone und freie Durchfahrt gewährt. Weder China, USA, Großbritannien noch die EU haben ein Interesse an einer Blockade. Die freie Durchfahrt ist auch durch Spannungen und Konflikte im Nahen Osten nicht grundlegend gefährdet, zumindest würden Beeinträchtigung durch eine ganze Reihe Staaten nicht so einfach hingenommen werden.

6a.
Ja, man kann der Eurasischen Wirtschaftsunion nur viel Erfolg wünschen. Wie schon gesagt, Kooperation ist immer von Vorteil. Wenn das Potential aufgrund eines Freihandelsabkommens mit Vietnam sehr groß ist, wie ist dann das Potential erst mit Freihandelsabkommen mit bspw. den USA oder der EU? Ein Freihandelsabkommen mit Vietnam ist auch für die eurasische Wirtschaftsunion eher von geringem Nutzen. China, Japan, Indien etc. sind eher die Größen im asiatischen Raum (im europäischen Raum natürlich die EU). Außerdem lässt sich erst hinterher sagen wie profitabel ein Freihandelsabkommen schlussendlich ist. Wenn dann tatsächlich wenig Handel stattfindet, weil die einen die Produkte der anderen vielleicht nicht unbedingt brauchen, ist es zwar schön aber ohne nennenswerte Effekte.

6b. und c.
Es ging nicht um langfristige Entwicklung sondern um trotzige Reaktionen die man schlussendlich selbst herauf beschwört hat. Langfristig möchte Russland seine wirtschaftliche Bedeutung erhöhen, wenn man den Zielen die Putin regelmäßig verkündet, glauben schenken kann. Aber vermutlich weißt du es besser als Putin selbst.
Für das Ziel die wirtschaftliche Bedeutung Russlands zu erhöhen, wären deutlich höhere Wachstumsraten notwendig. Wenn man jemanden einholen möchte der vor einem liegt, muss man schneller wachsen.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(16 Sep 2021, 12:49)

Ich fasse die Punkte wieder zusammen in einen Beitrag.

Mache ich auch :)
sen.

1.
Der Babis ist da Opportunist.
Der hat anfangs rumgeeiert und dann medialem Druck nachgegeben. In zwei Jahren kann das wieder anders aussehen.

Zu Polen:
Das sind mA weit mehr als nur Meinungsverschiedenheiten. Wir werden sehen, ob er dort wieder runterkocht oder ob es "nuklear" wird, in dem Polen dem EU-Recht in Polen den übergeordneten Rang entzieht.

2.
Juristen prüfen genau sowas und sie können es wörtlich oder eben deutlich weiter auslegen.
Wenn zb Trumph jemanden als obersten Richter durchsetzt, der der Fraktion der wörtlichen Auslegung nahesteht, dann finden das manche nicht gut.
Wenn eie EZB also der größte Gläubiger diverser (aller?) EU-Staaten geworden ist und weiter deren Schulden sammelt, dann sind die Fragen um Schuldenunion oä praktisch und nn auch juristisch anders beantwortet als es der Vertrag mal vorsah.

Warum also kreativ werden in Sachen NordStream2?
Weil man sich so preiswerte Energie sichert. Das ist extrem wichtig, denn ohne passieren solche Dinge wie zb in Spanien, wo gegen Preissteigerungen demonstriert wird und wo der Staat nun staatlich gesteuert Energiekosten (auf seine Kosten) senkt.

Gazprom braucht keine Presssprecher. Sie gewinnen so oder so. Entweder bekommen sie dauerhaft höhere Preise oder eben bessere(sicherere und langfristigere) Rahmen. Im ersten Fall geschieht das genaue Gegenteil dessen, was die Richtlinie mal erreichen wollte.
Es reicht heute eine PK vom Kremlsprecher, um den Gasfuture in beliebige Richtung zu pushen.

3.
Das sind die Wunschträume EUropäischen Journalismus.
Der Flüssiggasmarkt ist ein Weltmarkt (Pipelines sind der Sache nach sehr regional).
Deshalb ist der Gaspreis für Kunden mit Pipelines idR viel besser kalkulierbar.
Wer heute Gas vom Weltmarkt kauft, bezahlt 800+ Dollar/1000 Kubik.
Wie "gut" dieses Modell funktioniert, kann man perfekt daran ablesen, dass die ganzen Terminals nur via Subvention laufen und doch gar geringe Auslastungen haben.

Neben Spanien rührt sich gerade auch in Italien Energiepreiserhöhungsunmut.
So richtig ausreichend ist das mit der TAP und Flüssiggas nicht...

4.
Mir ist es am Ende egal, wie Deutschland sich entscheidet.
Wenn diejenigen die Oberhand behalten, die es lieber emotionaler mögen, dann gibt es eben kein NordStream2. Als Gazpromaktionär würde ich das sogar begrüßen.
Als deutscher Staatsbürger, der es eher rational mag, sind mir langfristig sicher kalkulierbare und preiswerte Energiepreise deutlich wichtiger in Sachen Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie als irgendwelche Scharmützel ala Werte usw.
Die weiße Weste findet man eben auch bei uns nicht und moralisieredes Handeln muss man sich leisten können.

Zum Militär:
Das sind wieder Potentiale und je schwächer der US-Einfluss wird, desto wahrscheinlicher werden solche Kooperationen. Ich denke, dass es in diese Richtung läuft, denn eine EU-Armee ist darauf angewiesen, Russland nicht ins Gehege zu kommen. Das lässt sich am besten mit Abstimmung und später Kooperation bewerkstelligen. Schau ganz frisch nach Mali.
Man ist schon entsetzt, wenn nur russische Söldner im Raum stehen.

Und nimm dir den Natostaat Türkei, der jetzt in Sachen Luftabwehr gen Russland tätig wurde.
Warum sollte zb ein Orban das nicht in ein paar Jährchen auch tun?

5.
Du übersiehst die Macht, die Russland in Dtl längst hat.
Der "lustige" Fall Lisa zeigt das exemplarisch.
Wo du Imkompetenz siehst, sehe ich einen Grund, warum Dtl so unempfänglich und an Pragmatismus interessiert ist. Sie können mit dieser Nummer in!! Deutschland recht schnell Protestwellen erzeugen.
Dazu brauchen die ein wenig PR und einen Anlass.

Mit jemandem, der diese Macht hat, kann man nicht einfach umspringen, sondern muss das berückschtigen und je mehr Spaltungansätze sich entwickeln, desto weniger Anlass bieten, dass derjenige diese Möglichkeiten einsetzt.

Zum Amortisieren: Die Gaspreise steigen für einen großen Teil aller!! russischen Gasexporte, weil die Diskussionen um NordStream2 die Preise mitsteigert. Es ist also keine betriebswirtschaftliche Amortisation, sondern quasi via Querfinanzierung.
Gazprom wird dieses Jahr deshalb weit höhere Umsätze (und Gewinne) machen als ohne diese NordStream2-Debatte.

Lassen wir China einfach raus. Passt hier nicht zum Thread.

6.
Es gab und gibt ja die Vision ala von Lissabon bis Wladiwostok.
Dazu müsste mal das böse Blut aus dem Verhältnis. Das klappt am besten, wenn man gemeinsame Interessen abseits der gegenseitigen Verteufelung findet und verfolgt.

6c
Da unterschätzt du die Russen.
Die haben genau diese Gegensanktionen eingeführt, um den eigen Agramarkt zu fördern. Im vollen Bewusstsein, dass es zu kurzfristigen Problemen wie zb Inflation oder Versorgungsproblemen kommt.
Das Ergebnis ist ein Russland, dass heute zu einem Agragroßexporteur geworden ist (Tendenz steigend)
und das ist genau das, was die erreichen wollten in Sachen Bedeutungserhöhung.

Im Bereich Industrie läuft das deutlich langsamer, aber auch dort hat man spätestens 2015 eine Kombination aus regulatorischer UND währungsbedingter (und inKauf genommener) gestiegener Abschottung in Sachen Importe als Impuls für Entwicklungsprogramme der eigenen Industrie genutzt
Alexander Sommer
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Alexander Sommer »

Everythingchanges hat geschrieben:(16 Sep 2021, 16:56)

1.
(Fullquote)
Überlanges Zitat gekürzt, Mod.


t

Deine Beiträge sind mit absolutem Abstand die besten die ich je in diesem Forum gelesen habe, Respekt.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Weitere juristische Schritte gegen Nord Stream 2


https://www.svz.de/regionales/mecklenbu ... 57882.html
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Tom Bombadil »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(21 Aug 2021, 11:32)

Russland kann im übrigen grünen Wasserstoff produzieren.
Womit?
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 08:53)

Womit?
Rein theoretisch geht viel. Kernfusion beispielsweise. Oder ein Mittel universal gegen Krebs.

Russland hat sicher Potential und Fläche für grünen Wasserstoff. Aber die moderne, notwendige Technik fehlt. Konkurrenten können Grünen Wasserstoff zur Hälfte mittlerweile oder weniger produzieren als Russland.

Einfach deswegen weil Russland diese Technik nicht hat oder bekommt. Schon aus eigenen Interessen der Wirtschaft. Warum sollte man die Konkurrenz stärken.

Das mag eventuell Merkel und der Altmaier wollen, aber die Wirtschaft will das so nicht. Auch wenn die üblichen Verdächtigen kreischen.

Gut bezahlt eben vom Kreml bzw gute * Kontakte * langfristig. Nur wer viel investiert will wohl selbst Profit machen und Russland ist genau wie China bekannt das Verträge wenig zählen.

Dazu Sanktionen gegen Russland, Streit um Ns 2 ect.

Ich glaube nicht das es ein besseres Verständnis bald gibt
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Alexander Sommer hat geschrieben:(16 Sep 2021, 22:01)

Deine Beiträge sind mit absolutem Abstand die besten die ich je in diesem Forum gelesen habe, Respekt.
Vielen Dank, aber zu guten Diskussionen gehören immer mindestens zwei.
Insofern ist es gut, wenn widerstreitende Ansichten so ausgetauscht werden, wie es hier zb der Babelzwerg macht. Dann kann man auch gut antworten.
In der Sache hart und mit Fakten und Darlegung der eigenen Sicht und trotzdem respektvoll.

Je häufiger das so passiert, desto besser das Gesamtpaket.
Einfach weil es einen sachlich "zwingt" auch eigene Standpunkte immer wieder zu hinterfragen.


Zum Thema Gas:
Heute zum großen Verfallstag gibt es in Sachen Gaspreis zum Glück nach dem gestrigen Rückwärtsgang keine neue Rakete.
Der Kurs kurvt umgerechnet um die 800 Dollar. Vorgestern sah es noch danach aus, als würden die 1000 getestet.
Der Wetterbericht für Europa (http://www.berliner-kurier.de/panorama/ ... -li.183211) deutet darauf hin, dass es erst mal deutlich kühler wird und dass das Speicherauffüllen wohl kaum noch deutlich nach oben gefahren werden kann, obwohl Gazprom wieder mehr durch die Jamalpipeline leitet(https://www.gazprom.com/investors/discl ... -supplies/).
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Fr 17. Sep 2021, 12:46, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Tom Bombadil »

Cobra9 hat geschrieben:(17 Sep 2021, 09:00)

Rein theoretisch geht viel.
Ja, theoretisch. Das posting habe ich aber so verstanden, dass Russland das schon jetzt könne.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Alexander Sommer »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 08:53)

Womit?

Mit Strom aus ihren Wasserkraftwerken!!
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 12:33)

Ja, theoretisch. Das posting habe ich aber so verstanden, dass Russland das schon jetzt könne.

In einem minimalen Umfang der definitiv nicht wirtschaftlich in größeren Mengen ist funktioniert es schon.

Aber in großen Mengen - das wohl nicht.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(16 Sep 2021, 16:56)
[...]

1.
Ja natürlich, aber nicht sehr wahrscheinlich, wenn eben der Großteil der Bevölkerung das weiterhin so sieht. Das ist das „blöde“ an demokratischen Staaten, die Meinung der Bevölkerung muss berücksichtigt werden. Demokratien sind daher immer „opportunistisch“.
Polen:
Das sind Auseinandersetzungen zwischen der EU und Polen. Du hast behauptet Deutschland würde bewusst gegen Polen arbeiten. Wenn, dann ist es hier doch eher die PiS-Regierung die bewusst gegen die EU (nicht speziell Deutschland) arbeitet… aber sicherlich auch gerade nicht durch Balticpipe, das ist sogar ein überwiegend reines EU Projekt (wenn man das assoziierte Norwegen als Teil des Binnenmarktes ansieht) und auch im europäischen Interesse. Den Streit mit der EU sehe ich auch nicht als außenpolitischen Erfolg Russlands, da Russland mit der Rechtstaatlichkeit in Polen nichts zu tun hat.

2.
Nein, das können die Juristen nicht. Wenn explizit steht „unmittelbare“ dann ist auch nur unmittelbare Staatsfinanzierung gemeint. Ansonsten hätte man nur Staatsfinanzierung geschrieben ohne irgendwelche Spezifizierungen, dann müssten die Richter anfangen was alles unter Staatsfinanzierung subsumiert werden kann. Juristen können auslegen, wenn der Gesetzgeber diesen Spielraum lässt, wenn bspw. ein Gesetz eindeutig aufzählt was erlaubt ist und was nicht, gibt es keinen Interpretationsspielraum. Die ursprüngliche Behauptung war in der EU würde Recht hingebogen. Natürlich kann man das Vorgehen der EZB für falsch halten (ist aber auch ein anderes Thema), aber es ist nun mal keine Beugung des Rechts. Spielraum gibt es bspw. oft im Strafrecht, wo das Strafmaß meist vorgegeben ist mit Strafe von soundsoviel Monaten/Jahren bis soundsoviel Jahre, hier hat das Gericht z.B. Spielraum.
Was ist an Protesten verkehrt? Wenn Bürger protestieren wollen, können sie das tun, das sind Grundrechte. Das die Gaspreise in 2021 steigen werden, war lange bekannt, das hatte aber auch andere Gründe als den Weltmarktpreis (z.B. CO2 Abgabe). Ein Monopol ist aber ungünstig um Preise gering und stabil zu halten. Das beste Mittel sind mehrere Anbieter z.B. wenn man auch aus Norwegen bezieht. Daher wäre es unsinnig das „Unbundling“ einfach „weg zu biegen“. Zumindest aus Sicht der EU, natürlich nicht aus Sicht von Gazprom. Welche Interessen sollte die EU vertreten? Die der Europäer oder die eines russischen Staatskonzerns?

3.
Wenn die weltweite Nachfrage ansteigt, weil Corona-Lockdowns entfallen und sich die wirtschaftliche Aktivität wieder erhöht, steigt auch der Preis. Das ist normal und pendelt sich meist wieder ein, wenn die erhöhte Nachfrage sich wieder abflaut. Energiepreiserhöhungen haben viele Gründe (die Einkaufspreise machen schlussendlich nur ca. 50% des Verbraucherpreises aus). Das das den Verbrauchern nicht gefällt ist auch nicht überraschend. Die Diversifizierung in Südosteuropa gibt es also nicht wirklich, sie ist nur ein Wunschtraum? Es scheint, du vermischst hier kurzfristige Entwicklungen des Gaspreises mit der stattfindenden Diversifizierung. Die kurzfristige Entwicklung des Gaspreises ist aber auch eher ein Argument für Diversifizierung statt dagegen. Für den deutschen Gasverbraucher gilt, das diese eher selten den Gas-Anbieter wechseln, geschieht das häufiger, kann sich das ebenfalls auf die Preise auswirken, auch hier gäbe es noch Potential. Bei Telekommunikation oder Strom ist es schon eher so, das die Verbraucher häufiger zu günstigeren Anbietern wechseln. Ist natürlich noch keine Garantie für sinkende Preise.

4.
Wenn man sich auf Tatsachen beruft, und die Handlungen Russlands sind nun mal Tatsache, der handelt emotional. Warst Du es nicht, der dauernd davon sprach, dass man die Taten bewerten sollte? Wenn man das macht ist es aber nicht rational sondern emotionsgesteuert? Ob man sich schlussendlich für Gazprom entscheidet oder nicht, wird sich zeigen, wenn es das beste Angebot ist, dann wahrscheinlich ja.
Straftaten auf europäischem Boden haben erstmal nichts mit moralisierender, weißer Weste zu tun, sondern mit Gesetzesverstößen. Es gibt auch keine vergleichbaren Verfälle auf russischem Boden, die durch EU Staaten veranlasst wurden, also hätte man diese „weiße Weste“ sogar selber, aber darum geht es wie gesagt nicht. Straftaten haben Konsequenzen, ist halt so, muss man sich vorher überlegen, aber nicht hinterher heulen. Es ist auch nicht zu erwarten das es dann einen Bonus gibt und man EU-Richtlinien hinbiegt (selbst bei sehr positiven außenpolitischen Beziehungen wäre das fragwürdig). Wie naiv kann man denn eigentlich sein?

Militär:
Wenn man davon ausgeht das eine EU-Armee außerhalb Europas tätig wird, dann vielleicht. Aber eine EU-Armee wird sicher nicht in Russland aktiv und umgedreht die russische Armee auch nicht in Europa. Außerdem besteht auch die Nato noch und das spricht eher gegen eine Kooperation mit Russland, es sei denn es gibt Annäherung zwischen Nato und Russland. Ich denke grundsätzlich steht eine EU-Armee sowieso noch in den Sternen und auch politische Vorgaben wie z.B. ob Einsätze außerhalb des EU-Raums überhaupt gewollt sind. Von daher scheint das noch weit entfernte Zukunftsmusik.

Zu Mali: Man hat geäußert, dass man bei einem Einsatz russischer Söldner einen Abbruch des Einsatzes in Erwägung zieht. Denkst Du das geschieht weil man Bammel vor russischen Söldnern hat? Reguläre Truppen brauchen normalerweise vor Söldnern keine Bedenken haben, da diese nicht genauso ausgerüstet sind. Es geht darum das man Kooperation mit Wagner-Söldnern verweigert. Es spielt zwar keine Rolle, da die Soldaten nicht die Entscheidung treffen, aber Söldner sind bei regulären Truppen seit jeher nicht hoch angesehen. Reguläre Soldaten kämpfen für ihr Land, Söldner für Geld (und laufen bei Bedarf auch mal schnell über).

5.
Ich denke es interessiert in Deutschland die breite Öffentlichkeit herzlich wenig, was Putin, Lawrow oder sonst wer aus dem Kreml von sich gibt. Die meisten wissen gar nicht wer Lawrow überhaupt ist. Und was der so zu erzählen hat, hat in etwa die Relevanz des berühmten Sack Reis in China. Es gab keine nennenswerten Protestwellen in dieser Sache (außer ein paar Exilrussen und Russlanddeutsche, und das auch nur, weil russische Medien konsumiert wurden...). Und wer protestieren wollte, konnte das auch tun, das erschüttert dieses Land nicht. Lawrow hat sich hier zur Witzfigur gemacht, der Effekt war gleich Null. Zumal sich hinterher herausgestellt hat, dass es falsch war. Glaubst Du ernsthaft, man zittert in Deutschland, weil jemand wie Lawrow vermeintlich in der Lage wäre, Teile der Bevölkerung aufzuhetzen? Ein Fingerschnipp von Putin, ein kurzer Befehl gebellt von Lawrow und schon stürzen die Deutschen Ihre Regierung, brennen das Regierungsviertel nieder und errichten einen russlandhörigen Vasallenstaat? Lawrow wollte Trittbrettfahrer spielen und ist damit gehörig auf die Nase gefallen und das war tatsächlich recht komisch. Ich glaube der Regierungssprecher Seibert meinte nur süffisant „Lügen haben kurze Beine.“ Wer einmal als Dummschwätzer entlarvt ist, hat es schwer seine Integrität wieder zu erlangen. Ich weiß auch das in den Kremlmedien das Bild verbreitet wird, ein Großteil der deutschen Bevölkerung unterstützt klar die Meinung und Politik des Kreml. Das Problem ist nur, das ist völlig frei erfunden.

6.
Es gibt kein böses Blut, man hat in der Sache auch tatsächlich mal gesprochen. Konnte sich aber nicht einigen, daher gibt es den Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon bis heute nicht. Russland wird auch nicht verteufelt. Wenn man sagt das Russland die Bedeutung nicht hat, die man sich selber andichtet, ist das eine wertfreie Einschätzung, die man natürlich nicht teilen muss. Derzeit scheint auch das Interesse in Europa gebremst. Vermutlich auch in Russland derzeit kein Thema.

6 c.
Wenn dann unterschätze ich die Kreml-Akteure, nicht die Russen an sich. Aber die Entwicklungen sind überschaubar. Den eigenen Agrarmarkt hätte man doch schon lange vorher fördern können, auch das Importverbot hätte man lange vorher machen können (obwohl ich der Meinung bin das es eine unsinnige Maßnahme ist, weil die negativen Effekte überwiegen). Man wollte eher der EU schaden, die hat aber stattdessen schon längst andere Absatzmärkte gewonnen.
Außerdem fördert Protektionismus nicht die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft. Nimm die protektionistischen Maßnahmen weg und in der Regel fällt die heimische Produktion zusammen wie ein Kartenhaus. Das droht langfristig auch bei Agrar-Exporten. Weizen ist noch unter der Stufe von Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas (in Sachen Komplexität). Hinzu kommt der niedrige Rubel der Exporte billig macht. Man ist zum billigen Weizenexporteur geworden. Mag sein das hier diverse Lebensmittelskandale die es in Russland gab, sich dort noch nicht unmittelbar auswirken, aber langfristig wird sich kein Vertrauen in russische Lebensmittel entwickeln, wenn da nichts passiert. Und dann ist es auch mit dem Export vorbei bzw. wird in anderen Bereichen kaum ein Export von Lebensmitteln entstehen. Der größte Weizenproduzent ist übrigens die EU, sie verbraucht aber selber viel, nichtsdestotrotz wird ähnlich viel wie durch Russland exportiert. Aber das politische Ziel der EU-Agrarsubventionen ist nicht der Export, sondern ebenfalls die autonome Versorgung die man auch seit Jahrzehnten erreicht hat, was schlussendlich dazu geführt hat, dass es den „Butterberg“ an billigen Lebensmitteln gibt.
Kurios ist übrigens, dass man in russischen Supermärkten oft auch Produkte findet, wo drauf steht „Meine Liebe“ (auf Deutsch und in lateinischer Schrift, nicht kyrillisch). Stand direkt neben „Frosch“ Reiniger. Frosch ist tatsächlich ein deutsches Produkt, das andere soll zumindest den Eindruck erwecken (deswegen war es auch genau neben Frosch platziert). Gibt’s vergleichbar auch bei Milchprodukten (Käse der zumindest anscheinend etwas mit dem Alpenraum zu tun hat). Das illustriert wie viel Vertrauen die russischen Verbraucher in die heimische Produktion haben. Wie werden dann dauerhaft die Exportpotentiale sein?
https://meineliebe.eco/catalog/chistyas ... l/?lang=de

Industrie:
Deutlich langsamer ist schon sehr wohlwollend formuliert. Putin hatte jetzt 20 Jahre, wie viel Zeit soll es denn noch benötigen? Reichen nochmal 20 Jahre? Alles in a) ausreichender Menge, b) hoher Qualität und c) zu guten Preisen zu produzieren wird ebenfalls nicht funktionieren. Auch die Ansicht man könne alles von oben steuern (einfach anweisen und dann läufts) ist nicht unbedingt realitätsnah. Hinzu kommt die Korruption die die wirtschaftliche Entwicklung bremst. Wenn bei einem Unternehmer ab einer gewissen Entwicklung der FSB vor der Tür steht wegen „Beraterposten“, man also unqualifizierte und unproduktive Dummies mit durchfüttert, die Geld absaugen das dringend für die Entwicklung des eigenen Unternehmens benötigt wird, wird sich keine leistungsfähige Wirtschaft entwickeln oder deutlich langsamer. Die innovativsten US-Unternehmen schütten bspw. keine Dividende aus, Gewinne werden in das Unternehmen reinvestiert um das Unternehmen voran zu bringen (z.B. Apple erst seit 2012 und auch nur teilweise, Google/Alphabet A bis heute nicht, Amazon ebenso wenig).
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(17 Sep 2021, 19:17)

1.
enig).
1.
Wobei es bei Babis wohl eher mit seinen Vorteilen in Sachen Geschäfte zu tun haben dürfte.

Was Polen angeht gehe ich genau davon aus. Die Interessen gerade der PIS sind imA darauf ausgerichtet, Dtls Interessen "zu schaden", nachdem es vorher quasi wie ein Länderspiel lief.
Dtl ist in Polen durch sene wirtschaftliche Dominanz zu mächtig und dagegen regt sich Widerstand. Dtl wird seinen Einfluss da nicht aufgeben, sondern gegen die PIS arbeiten. NordStream2 und die Baltic/Terminal bei Swinemünde sind da ein Beispiel, wo es ziemlich hart zugeht.

2.
Doch das können sie.
Dazu müssten sie nur erklären, dass die Voraussetzung für das indirekte Staatsfinanzieren einen Finanzmarkt voraussetzt, der durch die Marktmanipulation der EZB durch die schiere Masse nicht mehr gegeben ist. Die EZB hat um Staatsanleihen eine quasi planwirtschaftliche Systematik errichtet. Das ist in Sachen Auslegung ganz sicher juristisch nicht alternativlos gewesen und sicher nicht im eigentlichen Sinn der Verträge.
Genau das wurde gebogen.

Ein Monopol wäre es nicht und eines ist auch klar. Ein gewinnmaximierendes Oligopol ist sicher sehr viel nachteiliger als eins, das durch seine Eigentümerstruktur auch ins Kalkül zieht, dass Kooperation sich in günstigeren Energiebeziehungen niederschlägt. Dieses Konstrukt kann Marktpreise dauerhaft unterbieten und dadurch anderweitige Wettbewerbsvorteile erzeugen.
Genau das hat Russland lange getan. Aber die EU wollte 2019 das Unbundling unbedingt über die eigenen Grenzen hinweg ausdehnen.

3.
Warum steigen denn dann die Gaspreise für zb Weißrussland nicht? Oder für Ungarn oder warum nicht für die Verträge nicht so stark, die nicht an die Spotpreise gebunden wurden?
Das hat rein gar nichts mit Verbraucherverhalten zu tun, sondern damit, wie kooperativ man mit dem (Geschäfts)partner umgeht und wie die jeweilige Ausrichtung in Sachen Fristen ist.
Das Gute an NordStream ist, dass es neue Felder anschließt, die dann wegen der Pipeline wieder einigermaßen exklusiv für uns sind. Das war lange auch bei den südlicheren Pipelines so, aber da stehen wir nun mehr in Konkurrenz mit Asien.

4.
Welche dieser "Tatsachen" lassen sich denn zweifelsfrei der russischen Regierung zuschreiben?
Vor allem in der Geschwindigkeit, in der es regelmäßig getan wird.
Bei den meisten Themen gibt es die emotionale Vorfestlegung und rethorische Giftpfeile, die bisweilen dann bis zu Sanktionen führen.
Kann man so machen, aber für mich ist das Kindergarten, der zum Emotionalisieren genutzt wird, um innenpolitisch Rückhalt für einen härteren Kurs zu erzeugen.
Wenn man Eier in der Hose hätte, würde man die Geschäftsverbindung kappen, aber ohne Gazprom gehen hier die Lichter aus und so wichtig sind uns die "Tatsachen" dann eben doch nicht.
Genau das ist auch der Ansatz, warum man auch mehr kooperieren kann. Wir können ja auch zb vortrefflich die Schattenseiten anderer ignorieren, wenn sie -sagen wir -unsere Regierung abhören...

Militär:
Für was anderes als Ensätze außerhalb der EU braucht man das Militär auch nicht. Schau in die Weißbücher. Marktzugang, Handelswege und Ressourcensicherung sind überragende Punkte der Agenda.
Wenn man jetzt aus zb Mali abzieht oder sagen wir in Nigeria und Guinea keinen Einfluss mehr hätte, hängt zb unser Bauxitzugriff oder auch französischer AKW-Brennstoff von anderen Mächten ab.
Wäre gut, wenn die kein Interesse daran hätten, diese Lieferungen nicht umzuleiten...
Und ja. Was russische Söldner erreichen, sah man zuletzt in der zentralafrikanischen Republik oder in Libyen. Vor denen sollte jede EUrop. Armee viel Respekt haben


Zum Rest später :D
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Sa 18. Sep 2021, 10:12, insgesamt 1-mal geändert.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(17 Sep 2021, 19:17)

5.
Ich).
5.
Da unterschätzt du mMn den Einfluß von RT, SNA, alternativen und den sozialen Medien.
Es dürfte noch keinen Zeitpunkt gegeben haben, in dem die Interessen der Russen in ganz Dtl so verbreitet werden konnten.
Dazu die Gruppierungen in AFD, Linke oder auch anderweitig.
Wenn man das mit Geheimdiensttätigkeit koppelt, ist viel möglich.
Der Fall Lisa war genau dafür ein Fingerzeig. Da wurden sehr schnell 1.000de durch Lawrow mobilisiert.
Auch über die gleiche Emotionalisierungsschiene, die hier gerne genutzt wird.

"Es knallt im Januar 2016
An einem Sonntag, dem 17. Januar 2016, berichtet die Tante des in Berlin Marzahn-Hellersdorf lebenden russlanddeutschen Mädchens Lisa unter Tränen im russischen Ersten Kanal, dass ihre Nichte von drei Flüchtlingen entführt und in einer Wohnung vergewaltigt worden sei. Die deutsche Polizei habe die darauffolgende Anzeige abgeschmettert. Höhnisch kommentiert der Reporter zum Schluss, er habe versucht mit der deutschen Polizei zu sprechen, jedoch sei an einem Sonntag dort niemand erreichbar. Angeblich hätten sich die Tante und der Onkel des Mädchens ohne das Wissen der Eltern an den Journalisten des Ersten russischen Staatssenders gewandt.

Es vergingen keine 24 Stunden nach der Ausstrahlung des Berichtes und innerhalb russischsprachiger Netzwerke in Deutschland machten wütende Aufrufe zu Demonstrationen gegen "Merkels Flüchtlingspolitik", gegen Flüchtlinge selbst sowie gegen eine angebliche staatliche Vertuschungsstrategie in diesem Zusammenhang die Runde. Die Verbreitung der Aufrufe erfolgte dabei via Messenger-Dienste wie WhatsApp oder soziale Netzwerke wie Odnoklassniki, dem in der "Erlebnisgeneration" (also diejenige, die die Migration im Erwachsenenalter bewusst vollzogen hatte) russlanddeutscher (Spät-)Aussiedler populärem russischen "StayFriends"-Pendant. Deutschlandweit kam es zu zahlreichen Demonstrationen mit insgesamt schätzungsweise 10.000 Demonstranten. So auch vor dem Kanzleramt in Berlin mit geschätzten 1.000 Demonstranten." https://m.bpb.de/gesellschaft/migration ... rf-marzahn

Es gibt genug Sprengstoff in der deutschen Gesellschaft (gerade n Sachen Migartion) und wenn es nützlich ist, kann da jeder mit der nötigen Macht eine Granate reinwerfen. Russland könnte. Wir schaffen es umgedreht nicht mehr.

6.
Naja wie bezeichnest du die letzte EU-Parlamentsnummer sonst?
Respektvoller Umgang ist das sicher nicht.
Im Hintergrund zeigen dann solche Abstimmungen, dass man weiter ist als 2014, wo man Seitens der EU ausdrücklich eine Inkompatibilität der beiden Unionen ausrief (Ukrainekrise um das nicht angenommene Assoziationsabkommen). Das da Bewegung ist, hat viel damit zu tun, dass es ziemlich teuer war, den Konfrontationsweg mit Russland zu gehen und dabei wenig bis nichts zu gewinnen.

Der Protektionismus greift weltweit um sich. Ganz vorn dabei sind die USA und die EU.
Und just EUropäische Agraprodukte sind sehr stark subventioniert. Nur deshalb sind sie weltmarktfähig und billig genug, um ggf selbst in Russland im Normalsegment aufzutauchen.
Zudem: Die EU ist kein Land. Insofern ist der Vergleich in Sachen größter Weizenexporteur neben den Subventionspunkten auch deshalb ziemlich gehaltlos.
Mir ist zb nicht bekannt, dass andere Freihandelszonen ihren Output gesammelt ins Spiel bringen.

6c.
Hätte man, aber man wollte es lieber über den offeneren Weg probieren, weil das die Voraussetzng für mehr Kooperation mit der EU gewesen ist. Die Lissabon-Wladiwostok-Idee war ja ein Ansatz, der in Russland aufkam und durchaus Befürworter hatte, die dem westlichen Weg zugeneigt waren.

Dann gab es den offenen Bruch und Russland hat sich als Reaktion auf Sanktionen und EU-Schwäche in Sachen Ukraine nicht mehr darum geschert, der EU zu gefallen.
Und mit dem Weg haben sie in den letzten 7 Jahren in der Wirtschaftsentwicklung weit mehr erreicht als in der Zeit davor.

Industrie:
Auch hier würde ich die zeitliche Linie eher 2014 ziehen.
Sicher stand in diversen Sonntagsreden die Entwicklung/Erneuerung der Industrie, aber da war imA das "holländische Krankheits"Syndrom sehr ausgeprägt und sein wir ehrlich. Durch den problemlosen Zugang musste man den Hintern nicht hoch bekommen, weil die Rohstoffexporte geng Taler für Importe generierten.
Wirkliche Schübe für zb Agra (und damit Landmaschinenbau), Chemie, Pharma, Logistik, Bauwirtschaft, Textil, Digital setzten erst später ein. So ziemlich überall gibt es den Trend zum Lokalisieren, zum selektiveren Import, weil der entweder regulatorisch erschwert oder w Rubel schlicht zu teuer ist.
Das kostet zwar anfangs Wachstumstempo, hat aber das Potential für die berühmt berüchtigte Modernisierung. Selbst wenn da noch viel Weg zurück gelegt werden muss.
Im Grunde haben wir in Russland den Willen erzeugt nicht mehr einfach bequem im Ausland Knowhowware zu kaufen, sondern sie selber herzustellen.
Wir werden deren Rohstoffe aber weiter in gleichen oder gar höheren Mengen benötigen.
ImA strategisch gesehen kein sonderlich kluges Vorgehen.

Btw Gazprom hat sich im Zuge dieser Entwicklung mehr auf Gasveredlungsbereiche orientiert.
Sie werden zb gerade zur weltweiten Nr. 1 oder 2 der Heliumproduktion, weil sie neue Industrieanlagen dafür gebaut haben/gerade fertig stellen. Freilich ist das Helium eher mit Fokus Asien und nicht EUropa verfügbar (Über Wladiwostok).
Solche Investitionen oder Ausschüttung der nicht gebrauchten Gewinne sind weit besser als mit gehorteten Gewinnen durchgeführte Aktienrückkaufprogramme zur Kurspflege. Sagte schon vor 20 Jahren mein Finanzierungsprofessor.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Sa 18. Sep 2021, 10:14, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Tom Bombadil »

Cobra9 hat geschrieben:(17 Sep 2021, 15:42)

In einem minimalen Umfang der definitiv nicht wirtschaftlich in größeren Mengen ist funktioniert es schon.
In kleinen Mengen kann ich auch grünen Wasserstoff mit Ökostrom herstellen ;)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(18 Sep 2021, 09:39)

In kleinen Mengen kann ich auch grünen Wasserstoff mit Ökostrom herstellen ;)

Dito :) Aber ja Russland will Uns nur Gutes und NS2 wird nicht böse genützt. Ja ja.



: Russlands durchsichtiges Spiel mit dem Gas
Die Pipeline Nord Stream 2 steht, doch die Genehmigung kann dauern. Dass Russland jetzt die Gaspreise mit knappem Angebot treibt und so Druck ausübt, überrascht nicht.
Eine Analyse von Carsten Luther


https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... imir-putin

https://m.tagesspiegel.de/politik/gaspr ... gle.com%2F
...
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Ich bin mal gespannt wie Russland ein paar Baustellen löst zu NS2.

Ganz konkret.

Leider ist Mord Stream 2 jetzt gebaut. Natürlich meine ich Nord Stream 2. Entschuldigung. Die Pipeline muss aber trotzdem die Erfordernisse des europäischen Rechts erfüllen und daran kann das Putin Regime nicht viel ändern.

Wie gemäß EU Recht etwa das Prinzip des sogenannten Unbundlings klappt wird interessant. Rosneft könnte die EU ablehnen rechtlich gesehen.

Die Regeln sind klar. Dieses besage, dass Gasproduktion und Infrastruktur zur Lieferung nicht in einer Hand liegen dürfe, um Monopole zu verhindern.

Jetzt findet man in Russland der unabhängig vom Kreml ist nicht so leicht. Wer nicht Heil mein Führer Putin offen sagt lebt wohl in ungewöhnlich gefährlicher Zeit.



Anderer Punkt . Geht es laut europäischem Energierecht müssen auch Dritte das Recht haben, in die Pipeline einzuspeisen, wofür Gazprom noch keine Lösung gefunden habe.

Das ist ein kleines Problem.

Für die Inbetriebnahme ist noch eine Zertifizierung durch die deutschen Behörden notwendig. Wahrscheinlich als letzten Dienst wird Frau Merkel das klar gemacht haben. Spekulation von mir. Doch selbst wenn die Bundesnetzagentur den Betrieb genehmigen sollte, könne die EU-Kommission dem Projekt noch einen Strich durch die Rechnung machen. Was sogar wahrscheinlich ist da viele Länder was dagegen haben Wenn die Kommission der EU valide Argumente nennt , dass eine möglicherweise positive Entscheidung der Bundesnetzagentur gegen das europäische Energierecht verstößt, könnte die Pipeline laaaaaange ruhen und die Gerichte zu tun haben lang.

Tja das wäre ja zu den eh aktuellen Verfahren noch ein paar Dinge zusammen die dem Putin nicht gefallen.

Deswegen was möglich ist um NS2 das Leben schwer zu machen ist willkommen von mir
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Cobra9 hat geschrieben:(18 Sep 2021, 14:58)

Dito :) Aber ja Russland will Uns nur Gutes und NS2 wird nicht böse genützt. Ja ja.



: Russlands durchsichtiges Spiel mit dem Gas
Die Pipeline Nord Stream 2 steht, doch die Genehmigung kann dauern. Dass Russland jetzt die Gaspreise mit knappem Angebot treibt und so Druck ausübt, überrascht nicht.
Eine Analyse von Carsten Luther


https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... imir-putin

https://m.tagesspiegel.de/politik/gaspr ... gle.com%2F
...
Gazprom liefert fast auf Rekordniveau und damit völlig vertragskonform.
Russland will Geld verdienen. Das geht mit oder (wie dieses Jahr zu sehen) auch ohne NordStream2 und wegen der allgemeinen EU-Einstellung zu Russland sollte es wenig verwunderlich sein, dass sie nicht springen und noch mehr liefern, nur weil wir das gerne wollen.

Weil das so durchsichtig ist, sieht man auch, welche Seite da nachhaltiger unterwegs ist.
Während die Gasabhängigkeit der EU sich ggü Russland in den letzten Jahren trotz Sonntagsreden eher noch gesteigert hat bzw gleich bleibt (2020: 37% Marktantei), hat Russland seinen Kundenstamm tatsächlich diversifiziert.

Ich bin zudem schwer gespannt, welches Unternehmen denn neue Pipelines von außerhalb gen EU verlegen wird, wenn es diese nicht mal selber nutzen darf. Wird wohl auf mehr Flüssiggas zu Weltmarktpreisen hinauslaufen

Eine kleine Vorschau gibt es ja aktuell https://www.n-tv.de/wirtschaft/Energiek ... 12178.html
"Explodierende Energiepreise zwingen erste Unternehmen dazu, energieintensive Fabriken in Europa zu schließen. Der Düngemittelhersteller CF Industries stoppte in der vergangenen Woche die Produktion in zwei britischen Werken. Der norwegische Chemiekonzern Yara International, der an mehr als einem Dutzend Standorten in ganz Europa produziert, kündigte an, die Herstellung von Ammonium ab kommender Woche um 40 Prozent zu drosseln. Auch deutsche Unternehmen wie der Chemieriese BASF und der Kupfer-Hersteller Aurubis beklagen Auswirkungen extrem gestiegener Preise für Strom und Energieträger wie Gas, Öl und Kohle...."


Gut gemacht EU.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Sa 18. Sep 2021, 16:25, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Dass Russland jetzt bereits so offen zeigt, welche politische Waffe die Pipeline sein kann, stärkt nur die Position derer, die noch einmal ganz genau hinschauen werden. Das gilt im Übrigen auch für die USA, die zwar im Kompromiss mit Deutschland vorerst von weiteren Sanktionen abgesehen haben, aber eben nicht dauerhaft. Und dann ist ja auch noch die Bundestagswahl und auch Umweltorganisationen klagen weiter aus Klimaschutzgründen gegen das Projekt. Noch ist der Gashahn nicht aufgedreht.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... imir-putin

Wenn die kommende Bundesregierung umdenken oder neu nachdenken wird, könnte also die USA durchaus wieder zur Seite stehen und unterstützen.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Für Kritiker war ja schon immer klar, dass Nordstream 2 ein strategisches Ränkespiel Moskaus ist, um Deutschland und seine europäischen oder westlichen Partner zu schleifen.

Einige Befürworter mögen sich aber doch wenigstens billiges Gas versprochen haben, eben zum Preis der Aufgabe von Energie-Solidarität und Diversifizierung.
Danach sieht es allerdings nicht gerade aus.
Der Winter könnte sehr teure Heizkosten bescheren. Mit etwas Verzögerung kommt auf die privaten Haushalte beim Gaspreis eine hohe Belastung zu.
https://m.tagesspiegel.de/politik/gaspr ... gle.com%2F

Fazit. Man hat sich selbst erfolgreich übers Ohr gehauen.
Genau das aber gilt es nun zu finanzieren, mithin aus eigener Tasche.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Sep 2021, 16:44)

Für Kritiker war ja schon immer klar, dass Nordstream 2 ein strategisches Ränkespiel Moskaus ist, um Deutschland und seine europäischen oder westlichen Partner zu schleifen.

Einige Befürworter mögen sich aber doch wenigstens billiges Gas versprochen haben, eben zum Preis der Aufgabe von Energie-Solidarität und Diversifizierung.
Danach sieht es allerdings nicht gerade aus.

https://m.tagesspiegel.de/politik/gaspr ... gle.com%2F

Fazit. Man hat sich selbst erfolgreich übers Ohr gehauen.
Genau das aber gilt es nun zu finanzieren, mithin aus eigener Tasche.
Wie erklärst du dir denn, dass Russland uns "schleift", indem es uns mehr Gas liefert?

https://www.mckinsey.com/industries/oil ... t-dynamics
Snapshot of European natural gas flows
Over H1 2021, production levels declined by 2 bcm (-8% ) compared to H1 2020 and were offset by increases in pipeline entries (+17 bcm, 14%) split equally across Q1 and Q2. Imports from Algeria rose by 174 percent or 12 bcm over H1 2021, while Russian piped imports were up 7 bcm (11%). Imports from Norway dropped by 4 bcm (-10%) in the same period. LNG withdrawals were down 8 bcm (18%) over H1 2021...

In Dtl sind es übrigens gar fast 30% mehr als 2020.

Das Hauptproblem sind die ach so flexiblen Flüssiggasimporte und die sinkende Eigenproduktion und sinkende norwegische Lieferung. Genau diese würde NordStream2 ausgleichen können, wenn man in der EU denn möchte...
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Everythingchanges hat geschrieben:(18 Sep 2021, 16:57)

Wie erklärst du dir denn, dass Russland uns "schleift", indem es uns mehr Gas liefert?

https://www.mckinsey.com/industries/oil ... t-dynamics
Snapshot of European natural gas flows
Over H1 2021, production levels declined by 2 bcm (-8% ) compared to H1 2020 and were offset by increases in pipeline entries (+17 bcm, 14%) split equally across Q1 and Q2. Imports from Algeria rose by 174 percent or 12 bcm over H1 2021, while Russian piped imports were up 7 bcm (11%). Imports from Norway dropped by 4 bcm (-10%) in the same period. LNG withdrawals were down 8 bcm (18%) over H1 2021...

In Dtl sind es übrigens gar fast 30% mehr als 2020.

Das Hauptproblem sind die ach so flexiblen Flüssiggasimporte und die sinkende Eigenproduktion und sinkende norwegische Lieferung. Genau diese würde NordStream2 ausgleichen können, wenn man in der EU denn möchte...
Es ist ja klar, dass man Nordstream 2 durchdrücken möchte - sei es eben durch das Lockangebot, die Preise könnten wieder sinken, wenn alle behördlichen Genehmigungen erteilt werden.
Gazprom bietet sich als Teil der Lösung an, für ein Problem, dass es ohne Gazprom gar nicht gäbe.

Aber nicht der Preis soll geschliffen werden, sondern natürlich die Unabhängigkeit Deutschlands, die Solidarität der Europäer und der Verbündeten sowie die Friedensbemühungen im russisch-ukrainischen Krieg.
Und zur Belohnung obendrauf darf der Verbraucher die Rechnung begleichen. Europa soll den hybriden Krieg gegen sich selbst finanzieren.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Sep 2021, 17:19)

Es ist ja klar, dass man Nordstream 2 durchdrücken möchte - sei es eben durch das Lockangebot, die Preise könnten wieder sinken, wenn alle behördlichen Genehmigungen erteilt werden.
Gazprom bietet sich als Teil der Lösung an, für ein Problem, dass es ohne Gazprom gar nicht gäbe.

Aber nicht der Preis soll geschliffen werden, sondern natürlich die Unabhängigkeit Deutschlands, die Solidarität der Europäer und der Verbündeten sowie die Friedensbemühungen im russisch-ukrainischen Krieg.
Und zur Belohnung obendrauf darf der Verbraucher die Rechnung begleichen. Europa soll den hybriden Krieg gegen sich selbst finanzieren.
Ohne Gazprom hätte die EU ein Gasloch von jährlich etwa 180+ Mrd Kubik (von ca 400Mrd) und an die 800 Dollar/1000Kubik könnte man wohl eher noch eine "0" hängen.

Bislang hat Russland einfach auf Anfrage beliebig mehr geliefert, weil man damit Kooperation mit der EU fördern wollte. Darauf gibt es aber keine Ewigkeitsgarantie. Wer meint, sich ggü Moskau wie die Axt im Walde aufführen zu können, sollte einen guten Plan B haben.

Aber den gibt es wohl nicht. Umgedreht Moskau hat wie so oft ncht nur Plan B sondern wohl noch C usw
Vielmehr als der nun einsetzende Medienschrei ala "Russland erpresst die EU", obwohl die real sogar mehr liefern und sich vertragskonform verhalten, fällt da der EU imo nicht ein, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.

Allerdings wird diese Art heiße Luft den Gas/Energiepreis sicher nicht reduzieren können. Das kann derzeit nur Russland, weil der Flüssiggasmarkt 800+Dollar/1000Kubik aufruft.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Sa 18. Sep 2021, 17:47, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Sep 2021, 16:07)

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... imir-putin

Wenn die kommende Bundesregierung umdenken oder neu nachdenken wird, könnte also die USA durchaus wieder zur Seite stehen und unterstützen.

Es bleibt zu hoffen das die nächste Bundesregierung eine Realisierung der Russen Politik vornehmen möchte und angepasst handelt.

Es ist ja nicht Schuld von Deutschland oder der EU das Russland zu Diktatur verkommt. Oder zu einem Aggressor der regelmäßig Kriegsverbrechen begeht in Konflikten. Mit Vorsatz.

Deswegen finde ich es wichtig das zumindest Russland sich aber 100 % an die gültigen Regeln & Gesetze im EU Raum zu halten hat. Oder notfalls die EU dafür sorgt.

Und im Gegensatz zu Meinungen ist die EU ein so interessanter Markt das andere Länder und Unternehmen auch Pipelines bauen wollen, es tun ohne wie Russland zu handeln


Scheinbar gibt's genug Interesse dafür mit der EU zu handeln. Ganz ohne zu wie ein Feind zu agieren.

Ansonsten gut gemacht EU eigene Interessen zu schützen, gleichzeitig gültige Regeln zu schaffen für alle und an die Umwelt zu denken :)


Auch der Green Deal wird rechtlich geschützt.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Sep 2021, 17:19)

Es ist ja klar, dass man Nordstream 2 durchdrücken möchte - sei es eben durch das Lockangebot, die Preise könnten wieder sinken, wenn alle behördlichen Genehmigungen erteilt werden.
Gazprom bietet sich als Teil der Lösung an, für ein Problem, dass es ohne Gazprom gar nicht gäbe.

Aber nicht der Preis soll geschliffen werden, sondern natürlich die Unabhängigkeit Deutschlands, die Solidarität der Europäer und der Verbündeten sowie die Friedensbemühungen im russisch-ukrainischen Krieg.
Und zur Belohnung obendrauf darf der Verbraucher die Rechnung begleichen. Europa soll den hybriden Krieg gegen sich selbst finanzieren.

Wie müssen den Einfluss von Russland reduzieren und Risiken minimieren.

Dazu Russland klar machen es gibt Regeln. Ich bin aber zuversichtlich die Karten werden mit Wasserstoff neu gemischt
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Cobra9 hat geschrieben:(18 Sep 2021, 17:38)

Wie müssen den Einfluss von Russland reduzieren und Risiken minimieren.

Dazu Russland klar machen es gibt Regeln. Ich bin aber zuversichtlich die Karten werden mit Wasserstoff neu gemischt
Das Mantra seit 2014. :D

In Sonntagsreden macht es sich super, aber so richtig funktioniert das in real bislang nicht...
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Everythingchanges hat geschrieben:(18 Sep 2021, 17:33)

Ohne Gazprom hätte die EU ein Gasloch von jährlich etwa 180+ Mrd Kubik (von ca 400Mrd) und an die 800 Dollar/1000Kubik könnte man wohl eher noch eine "0" hängen.

Bislang hat Russland einfach auf Anfrage beliebig mehr geliefert, weil man damit Kooperation mit der EU fördern wollte. Darauf gibt es aber keine Ewigkeitsgarantie. Wer meint, sich ggü Moskau wie die Axt im Walde aufführen zu können, sollte einen guten Plan B haben.

Aber den gibt es wohl nicht. Umgedreht Moskau hat wie so oft ncht nur Plan B sondern wohl noch C usw
Vielmehr als der nun einsetzende Medienschrei ala "Russland erpresst die EU", obwohl die real sogar mehr liefern und sich vertragskonform verhalten, fällt da der EU imo nicht ein, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.

Allerdings wird diese Art heiße Luft den Gas/Energiepreis sicher nicht reduzieren können. Das kann derzeit nur Russland, weil der Flüssiggasmarkt 800+Dollar/1000Kubik aufruft.
Es war immer ein Fehler, auf Putin oder Xi zu setzen. Deswegen sage ich ja, man habe sich selbst übers Ohr gehauen und werde entsprechend die Folgen auch ausbaden müssen.
Aber je früher man umdenkt, desto besser.

Dabei ist die Zukunft Russlands weit ungewisser als die Chinas. Die Putin-Gesellschaft kommt in die Jahre, der Haupt-Protagonist ist fast 70 und wird in den kommenden Jahrzehnten nicht jünger. Das Problem mit der russischen Jugend ist den Regime-Akteuren bekannt, das müssen sie nicht erst aus westlichen Zeitungen erfahren.
Der Westen muss sich vorrangig auf chinesische Begehrlichkeiten einrichten, eben auch dann, wenn Russland zum Junior-Partner Pekings werden sollte.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Guter Artikel zur Situation




Meinung: Deutschland ignoriert den Erpressungsversuch von Gazprom



Moskaus Bestreben, grünes Licht für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu erzwingen, läuft bislang ins Leere. Denn die Öffentlichkeit hat die Preisexplosion auf dem Gasmarkt noch gar nicht bemerkt, meint Andrey Gurkov


Arbeiter dreht am Absperrventil einer Gasleitung

Der russische Staatskonzern verfolgt nämlich seit Monaten das offensichtliche Ziel, von den Europäern eine schnelle und bedingungslose Betriebserlaubnis für die Nord Stream 2 zu erzwingen. Denn um gleich beide Stränge dieser neuen Gaspipeline in vollem Umfang in Betrieb nehmen zu können, was den Energiemarktgesetzen der EU widersprechen würde, braucht Gazprom eine Ausnahmeregelung, die ihm bisher verwehrt blieb.

https://m.dw.com/de/meinung-deutschland ... a-59216301


Natürlich keine Erpressung und schon gar nicht der Versuch die Regeln zu umgehen. Deswegen schon allein NS2 ist falsch und bleibt es.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Cobra9 hat geschrieben:(19 Sep 2021, 10:48)

Guter Artikel zur Situation




Meinung: Deutschland ignoriert den Erpressungsversuch von Gazprom



Moskaus Bestreben, grünes Licht für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu erzwingen, läuft bislang ins Leere. Denn die Öffentlichkeit hat die Preisexplosion auf dem Gasmarkt noch gar nicht bemerkt, meint Andrey Gurkov


Arbeiter dreht am Absperrventil einer Gasleitung

Der russische Staatskonzern verfolgt nämlich seit Monaten das offensichtliche Ziel, von den Europäern eine schnelle und bedingungslose Betriebserlaubnis für die Nord Stream 2 zu erzwingen. Denn um gleich beide Stränge dieser neuen Gaspipeline in vollem Umfang in Betrieb nehmen zu können, was den Energiemarktgesetzen der EU widersprechen würde, braucht Gazprom eine Ausnahmeregelung, die ihm bisher verwehrt blieb.

https://m.dw.com/de/meinung-deutschland ... a-59216301


Natürlich keine Erpressung und schon gar nicht der Versuch die Regeln zu umgehen. Deswegen schon allein NS2 ist falsch und bleibt es.
Was sollte daran ein guter Artikel sein?

Wenn in einem Schachspiel die Gegenseite die Sprengkraft eines Zuges nicht erkennt, geht der Zug nicht ins Leere, sondern ist sogar noch viel gefährlicher.

Es ist ja auch beschreibend, dass es wieder mal das Verteufeln Russlands ist, dass man in der EU als gute Politik anzusehen scheint, obwohl Gazprom sich vertragskonform verhält.
Mehr hat man nicht mehr aufzubieten und da braucht es natürlich Sündenböcke zum Ablenken, denn Schuld sind natürlich immer andere. Wenigstens auf diesem Feld ist die EU wirklich sehr professionell unterwegs.

Sorgt aber nur dafür, dass die Züge der Anderen nur noch später erkannt werden.
Aber das scheint ja manchem schon ein Erfolg zu sein :D
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Aus dem Artikel geht hervor, dass der sorg- und arglose Endverbraucher die Preisexplosion noch nicht wahrnimmt.

Und da die Medien auch nur mäßig berichten, ergibt sich kein Druck aus dem vulnerablen Teil der Bevölkerung, der Kreml-Forderung nach einer "bedingungslosen Betriebserlaubnis" nachzugeben.

Die Regierung, aktuell ohnehin in Wechselstimmung, tut also das, was sie am besten kann - nichts.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

DarkLightbringer hat geschrieben:(19 Sep 2021, 12:05)

Aus dem Artikel geht hervor, dass der sorg- und arglose Endverbraucher die Preisexplosion noch nicht wahrnimmt.

Und da die Medien auch nur mäßig berichten, ergibt sich kein Druck aus dem vulnerablen Teil der Bevölkerung, der Kreml-Forderung nach einer "bedingungslosen Betriebserlaubnis" nachzugeben.

Die Regierung, aktuell ohnehin in Wechselstimmung, tut also das, was sie am besten kann - nichts.
Genau das ist ja das Kurzsichtige an dem Artikel.

Glaubst du, dass Russland ein Problem damit hat, wenn EUropa klaglos (weil noch nicht wahrgenommen) für Energieimporte Vielfache der früheren Preise zahlt?
Das halten die nun wirklich sehr gerne auch Jahrzehnte aus. Auch ohne NordStream2 zu nutzen...

Insofern verkennt der Artikel die simple Wahrheit. Russland freut sich, wenn die EU sich in Sachen NordStream bewegt oder eben auch, wenn sie sich nicht bewegt.
Diese Konstellation dahingehend umzudeuten, das da irgendwas ins Leere geht, hat schon einen sehr surrealen Touch. "Gut" ist da imA nicht die angebrachte Bewertung.
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