Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

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DevilsNeverCry
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DevilsNeverCry »

Ich denke man sollte sich darauf einstellen das NS2 am Ende zu 100% genutzt wird. Vieles wird nun davon abhängen wie die juristische und technische Zertifizierung abläuft.

- Zur juristischen Zertifizierung: Aktuell sind von russischer Seite die Dokumente zur Zertifizierung nicht eingegangen. Der Prozess nach Eingang der Dokumente bei der Bundesnetzagentur dauert 4 Monate. Die EU hat dann das Recht innerhalb von 2 Monaten Einspruch einzulegen.
Wenn z. B. Die Nord Stream 2 AG die Dokumente einreicht, dann sehe ich hier schlechte Karten für Russland. Jeder der sich auch nur halbwegs mit NS2 beschäftigt hat, weiß dass das dritte Energiepaket der EU es nicht zulässt das Produzent und Lieferant gleichzeitig Eigentümer der Pipeline sein dürfen - das sogenannte ownership unbundling. Aktuell prüft Gasprom weitere juristische Schritte, aber meiner Meinung nach wird der aktuelle Status-quo nicht haltbar sein. Gasprom würde also nur 50% der Pipeline nutzen können. Wenn es überhaupt soweit kommt.
Eine weitere Variante, die in den deutschen Medien diskutiert wird, sieht vor das Gasprom 50% des Gases liefert und die restlichen 50% kommen von Rosneft oder Novatek. Auch der Verkauf von 50% des Gases an europäische Unternehmen - wie z. B. RWE - ist eine Variante die diskutiert wird. Diese können dann das Gas weiter an den Endverbraucher verkaufen. Beide Varianten haben aber einen Hacken: Gasprom ist weiterhin Produzent, Eigentümer der Pipeline und liefert weiterhin 50% des Gases. Hier wird es schwierig und ich bin mir sicher das NS2 Gegner so eine Konstellation - wenn es den zu dieser kommen sollte - anfechten werden. Eine komplette Entkopplung von Produzent, Lieferant und Pipelinebetreiber/Eigentümer sieht anders aus. Man sollte nicht vergessen das die EU hier Einspruch einlegen kann. Deutschland hat hier nicht das letzte Wort.

Es gibt aber im dritten Energiepaket der EU ein Schlupfloch. Das sogenannte ISO (independent system operator) und ITO (independent transmission operator) Verfahren. Im Falle von ITO wären Verwalter/Betreiber der Pipeline weiterhin Eigentümer, während bei ISO das nicht der Fall ist. Was könnte Russland hier z. B. machen? Russland könnte - wenn man nach dem ITO Verfahren geht - Gasprom weiterhin als Produzent und Lieferant agieren lassen und die Anteile der Pipeline auf ein anderes russisches Unternehmen umschreiben, z. B. Rosneft. Das würde bedeuten das wir eine juristische Person hätten die Lieferant und Produzent ist (Gasprom) und eine juristische Person die Betreiber und Eigentümer der entsprechenden Pipeline ist (z. B. Rosneft). Für NS2 Gegner ist diese Variante im Grunde genau so schlimm wie der Status-quo. Den Putin hätte hier immer noch die volle Kontrolle. Es ist eher Gasprom Chef Miller der dumm aus der Röhre guckt da er im innerrusischen Machtkampf gegen Setschin (Rosneft) zurückstecken müsste. Dieses ITO Verfahren ist deswegen interessant da hier eine Entkopplung vorliegt und die EU kein Veto (!) mehr einlegen kann. Ein ownership unbundling hat schließlich stattgefunden. Die NS2 Gegner könnten hier natürlich Einspruch einlegen und argumentieren das der russische Staat de facto die Kontrolle behält - und darum geht es ja letztlich. Aber im dritten Energiepaket steht nirgends das Lieferant, Produzent und Eigentümer der Pipeline nicht von einem Staat kontrolliert werden können. Hier wird es für die NS2 Gegner schon schwierig. Man könnte argumentieren das Russland der Besitzer dieser 2 juristischen Personen (Gasprom und Rosneft) ist. Trotzdem handelt es sich hier um zwei unterschiedliche juristische Personen. Gasprom wehrt sich nicht umsonst gegen eine Teilhabe Rosnefts am Export von russischen Gas durch NS1 und NS2. Das hat überwiegend wirtschaftliche Gründe. Politisch ist natürlich alles klar, beide sind in Staatshand und können bei Streitigkeiten mit anderen Ländern - z. B. der Ukraine - von Putin entsprechend genutzt werden.
Russland könnte noch auf die ISO Variante zurückgreifen. Hier sind dann die Chancen der NS2 Gegner am geringen, wenn nicht gar gleich bei Nulll, eine volle Betriebnahme von NS2 zu stoppen. Wie im obigen Beispiel wäre Gasprom weiterhin Lieferant und Produzent. Diesesmal wäre der Verwalter/Betreiber der Pipeline nicht gleich der Eigentümer. Beispielsweise könnte Novatek als russisches Privatunternehmen Eigentümer werden und Rosneft betreibt die Pipeline. Aber auch hier würde Putin weiterhin großen Einfluss haben, den Gasprom ist mit 10% bei Novatek beteiligt und die Firma wird mehrheitlich von einem Oligarchen betrieben welcher - oh we was eine Überraschung- Putin nahe steht. Wäre er das nicht dann hätten wir hier den nächsten Chodorkwski oder Beresowksi.

- Zur technischen Zertifizierung: Hier hat das Bergamt Stralsund das letzte Wort ubd meinem Kenntnisstand hat die EU hier auch keine Einspruchmöglichkeiten. Allerdings hat die USA Sanktionen auf den Weg gebracht, bei der Zertifizierer wie die DNV-GL vom US Markt abgeschnitten werden können, wenn diese NS2 zertifizieren sollten. Allerdings scheint Russland Ingenieure von DNV-GL geholt zu haben die diese Zertifizierung eigenständig vornehmen. Wenn Stralsund dazu sein Ok gibt, dann ist die technische Zertifizierung durch.
Zuletzt geändert von DevilsNeverCry am Do 9. Sep 2021, 00:19, insgesamt 1-mal geändert.
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DevilsNeverCry
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DevilsNeverCry »

H2O hat geschrieben:(08 Sep 2021, 22:33)

Hier verstehe ich Ihr Engagement zugunsten dieser Art Wasserstoffversorgung nicht. Wir brauchen grünen Wasserstoff, also CO2-neutral erzeugten. Mogelpackungen sind doch völlig sinnlose Versuche. Wollten wir uns auf H2 aus CH4 & Cie verlegen, dann könnten wir unseren Planeten auch weiterhin selbst vernichten, ohne russische Hilfe. Das kann's doch nicht sein! Darüber wird in der Tat die Politik zu wachen haben.
Mein Engagement? :D
Ich denke das Russland das als Übergangslösung nutzen wird bis man selbst grünen Wasserstoff liefern kann.
Die Erzeugung von blauen Wasserstoff sehe ich gar nicht mal als so verkehrt an, da das entsprechende CO2 gespeichert und industriell sogar genutzt werden kann. Es muss auch nicht in die Atmosphäre gelangen.
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Cobra9
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Wasserstoff in der EU soll Grün sein.

Ihr könnt jetzt diskutieren und behaupten das ist unrealistisch. Aber das ist der Fahrplan.

Es ist derzeit weder erkennbar noch langfristig das Russland überhaupt grünen Wasserstoff liefern kann.

Oder es will. Und dumm wäre man den Russen noch die Technik und Bauteile zu liefern. Wird wohl nicht passieren.


Stimmen dazu.




Prof. Volker Quaschning, Hochschule für Technik und Wirtschaft

Und trotzdem: In Norddeutschland werden neue Häfen für flüssiges Erdgas geplant, auch mit dem Versprechen, künftig könne man damit auch grünen Wasserstoff importieren. Oder Nord Stream 2. Geplant mit dem Argument, Deutschland und Europa hätten steigenden Gasbedarf. Inzwischen heißt es, die Pipeline könne künftig auch Wasserstoff aus Russland importieren – nur wäre der nicht klimaneutral und grün




Prof. Claudia Kemfert, Dt. Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Man muss schon fragen, wo kommt dann der Wasserstoff her, wenn man ihn auch importiert? Wenn Russland beispielsweise gemeint ist, dann kann auch dort der Wasserstoff nicht mit erneuerbaren Energien hergestellt werden. Da müssten erneuerbare Energien auch in Russland zunehmen.

Davon ist ja gar keine Rede, so dass man sich hier eher Wasserstoff aus Atomenergie oder fossilem Erdgas oder sogar Kohle importieren würde. Das erhöht die Emission.“


https://www1.wdr.de/daserste/monitor/se ... f-104.html


In ihrer aktuellen Wasserstoff-Roadmap setzt die russische Regierung jedoch insbesondere auf sogenannten gelben Wasserstoff aus Atomstrom und türkisen Wasserstoff. Das ist nicht grün.

http://static.government.ru/media/files ... uhW8mY.pdf

Also wenn selbst der Staat nicht mit der massiven Förderung und dem Ausbau für grünen Wasserstoff rechnet jetzt - was spricht für einen schnellen Ausbau.
Null.


Sollten Länder wie Deutschland weiterhin auf die Lieferung von"grünem" Wasserstoff bestehen, hat Russland ein Problem: Denn erneuerbare Energien gibt es dort praktisch nicht. Zwar bemüht sich das Land um den Aufbau heimischer Hersteller von Windrädern und Solarzellen. Doch selbst die Pläne des Energieministeriums sehen lediglich vor, dass bis 2024 ein Prozent des Energieverbrauchs des Landes durch Wind und Sonne gedeckt werden soll. Bis 2035 soll der Anteil dann auf bescheidene vier Prozent wachsen. "Russland fehlt eine schlüssige Strategie für erneuerbare Energien, sowohl auf staatlicher Ebene, als auch auf Ebene der Energiekonzerne", kritisiert Energie-Experte Dmitrij Marinitschew von der Ratingagentur Fitsch. Wenn Russland keine größeren Anstrengungen unternehme, könnte Europa dank grüner Energie und Wasserstoff russischem Gas Konkurrenz machen.


https://www.mdr.de/nachrichten/welt/ost ... m-100.html


Russland kann man aktuell nicht als großen Lieferanten einplanen. Ob das jemand passt oder nicht.

Ich bin auch dagegen und werde mich auch weiterhin mit den verfügbaren Möglichkeiten engagieren andere Lieferanten zu finden.

Es gibt eh verdammt viele Probleme damit Russland überhaupt mal an die notwendigen Grundlagen kommt.

Sanktionen dürfen gerne noch länger bleiben :)


Und bis Russland den Anfang findet werden andere produzieren. Zu günstigen Preisen.




Bis 2023 sinkt der Preis für grünen Wasserstoff unter zwei Dollar pro Kilogramm – die Schallmauer hin zur Wettbewerbsfähigkeit mit fossil produziertem Wasserstoff. Für die drastische Preissenkung gibt es mehrere Gründe.

Bisher gilt grüner Wasserstoff noch als teure Möglichkeit, überschüssigen Strom aus volatil produzierenden Ökostromanlagen langfristig zwischenzuspeichern. Doch das könnte sich bald ändern. Denn die Analysten von IHS Markit gehen davon aus, dass die Produktionskosten für grünen Wasserstoff bis 2030 unter zwei US-Dollar pro Kilogramm sinken werden. „Dieser Preis ist der heilige Gral für die Elektrolyse“, sagt Soufien Taamallah, Leiter der Abteilung Energietechnologien und Wasserstoff bei IHS Markit. Denn dann ist der Wasserstoff aus Ökostromanlagen wettbewerbsfähig ist mit Wasserstoff, der in Anlagen hergestellt wird, die mit Erdgas betrieben werden – den sogenannten blauen Wasserstoff.


Projektpipeline gut gefüllt

Dafür gibt es gute Anzeichen. Derzeit sind weltweit Elektrolysekapazitäten mit einer Leistung von 82 Megawatt aufgebaut. Doch laut IHS Markit sind weltweit üppige neue Elektrolysekapazitäten für grünen Wasserstoff angekündigt, schon konkret geplant oder sogar schon im Bau befindlich. „Die Investitionen in die Elektrolyse boomt derzeit überall in der Welt. Die Pipeline bis 2030 ist mit Projekten mit einer Gesamtleistung von mehr als 23 Gigawatt gefüllt – mehr als das 280-fache der derzeitigen Kapazität“, fasst Catherine Robinson, Leiterin der Abteilung Wasserstoff und erneuerbare Gase bei IHS Markit, die Ergebnisse des aktuellen Power-to-X-Trackers der Londoner Marktbeobachter zusammen.


https://www.erneuerbareenergien.de/ener ... erbsfaehig



Das ist auch nur ein Bruchteil der Investitionen die gemacht werden schon jetzt und in Zukunft. Bis Russland soweit ist werden andere sehr wohl am Markt sein, liefern können.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(08 Sep 2021, 22:22)

Nord Stream 2 kann aktuell keinen blauen Wasserstoff transportieren. Für so etwas wurde NS2 nicht gebaut. Es kann allerdings einen Mix aus Gas und Wasserstoff liefern.

Russland wird zukünftig auf gelben und blauen Wasserstoff setzen, da es über reichlich Gasvorkommen (blauer Wasserstoff) und Strom aus Atomanlagen (gelber Wasserstoff) verfügt.

Russland kann auch rosa Wasserstoff produzieren. Eu und Deutschland wollen Grünen Wasserstoff.

Von Mir aus können die Russen auch NS2 betreiben mit Erdgas. Es gelten die EU Vorschriften oder es wird die Durchsetzung notfalls mit Zwang erfüllt.

Aber grüner Wasserstoff aus Russland is weit weg
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Kevin Schildbürger hat geschrieben:(08 Sep 2021, 20:07)

Deutsch*land braucht keine Freunde.
Ach wirklich nicht. Dann braucht man auch keine Export Märkte oder Partner wie in der EU?

Ich glaube Freunde ist wahrscheinlich auch nicht mehr so präsent. Aber wenn Russland wieder eine normale politische Welt betreibt und die Auflagen erfüllt wie Wasserstoff muss grün sein - von mir aus.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Nightrain hat geschrieben:(08 Sep 2021, 20:05)

Meine Bedenken gehen dahin, dass wir nun mit Nord Stream 2 bereits eine fertige Pipeline haben, die es Russland ermöglicht große Mengen Wasserstoff nach Europa zu transportieren. Und das wird keine unbeliebter "grauer" Wasserstoff sein, sondern blauer und türkiser Wasserstoff.
Wenn es also bereits günstigten und (nahezu) CO2-neutralen Wasserstoff in Europa unbegrenzt verfügbar gibt, wer finanziert dann im unsicheren Nordafrika große Anlagen für grünen Wasserstoff?

Ich hab da keine Illusionen. Nord Stream 2 ist keine Gaspipeline, sondern gehört zur strategischen Planung Russlands in Europa eine Vormachtsstellung zu etablieren für die Bereitstellung von Wasserstoff.

A mit der Pipeline kann man so einfach grünen Wasserstoff gar nicht transportieren.
Russland produziert den nicht wirklich.


B warum sollte ich über was anderes reden als grünen Wasserstoff. Nur dieser ist seitens EU und Deutschland gewünscht.


C Wer Projekte finanziert sind Regierungen, Banken, Unternehmen ect.

Ich hab das auch schon erklärt wo man Infos findet und ich erstell keine Übersicht welche Projekte global laufen, geplant sind.

Das ist alles offen zu finden. Ansatz ist genannt. Es fließen Milliarden Euro in die Sache.
Nur nicht nach Russland derzeit :thumbup:
Der Nutzen von NS2 bei Erdgas okay teilweise wenn auch nicht notwendig. Ansonsten ist noch alles mit Fragezeichen versehen was Russland will langfristig.

Sollte Russland glauben der EU irgendwie Vorschriften machen zu können - da wird Russland wohl eine Überraschung erleben. Wie vor Gericht einige Male bereits erfolgt.

Russland muss langfristig seine Strategie anpassen. Oder nicht. Deren Problem.
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DarkLightbringer
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Everythingchanges hat geschrieben:(08 Sep 2021, 18:48)

Ärger mit Putin ist ja nix Frisches :D

Aber man sollte nicht vergessen, das NordStream1 in der Zeit von RotGrün vereinbart wurde.
Ich denke, dass die auch heute in der Realpolitik ähnliche Schwenks hinlegen würden wie zu Fischers Zeiten...
Der Rapallo-Komplex geht letztlich auf 1922 zurück.
>>We’ll always have Paris<<
[Humphrey Bogart als Rick Blaine in >Casablanca<, 1942]
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Nightrain »

Cobra9 hat geschrieben:(09 Sep 2021, 02:19)
B warum sollte ich über was anderes reden als grünen Wasserstoff. Nur dieser ist seitens EU und Deutschland gewünscht.
Es ist ziemlich wurscht, was die EU und Deutschland will. Bezahlen wird den Wasserstoff am Ende die Industrie und die Verbraucher und denen ist ausschließlich der Preis wichtig. Wenn der Wasserstoff zwar nicht grün ist aber so wenig CO2 dabei freigesetzt wird, dass man nicht mal merklich CO2-Steuer drauf setzen kann, kann Russland sehr attraktive Preise dafür anbieten.

Cobra9 hat geschrieben:(09 Sep 2021, 02:19)
Das ist alles offen zu finden. Ansatz ist genannt. Es fließen Milliarden Euro in die Sache.
Nur nicht nach Russland derzeit :thumbup:
Und auch offen zu finden ist, dass Russland auf Wasserstoffexport umstellen will. Darum laufen auch haufenweise Projekt, um (nahezu) CO2-neutralen nichtgrünen Wasserstoff bereit zu stellen, z.B. indem man den anfallenden Kohlenstoff einfach deponiert.
Im nationalen Energieplan steht auch drin, dass Russland 2050 der weltweit größte Wasserstoffexporteur sein will.
Cobra9 hat geschrieben:(09 Sep 2021, 02:19)
Ansonsten ist noch alles mit Fragezeichen versehen was Russland will langfristig.
Russland will langfristig den Wasserstoffmarkt in Europa beherrschen. Ich gehe daher davon aus, dass Russland alles daran setzen wird eine eigenständig produzierende Industrie in Europa und alternative Zulieferer (Afrika) frühzeitig zu ruinieren.

Fazit: Nord Stream 2 ist von Gazprom bereits darauf ausgelegt eine Mischung aus 70% Wasserstoff und 30% Erdgas zu transportieren. Natürlich ist die Pipeline schon dafür gedacht in Zukunft Europa möglichst exklusiv mit Wasserstoff zu versorgen. Weil grauer Wasserstoff nicht verkäuflich sein wird, baut Russland seine Herstellung komplett um auf blauen (CO2 Lagerung im Boden), gelben (Elektrolyse mit Atomkraft) und türkisen (fester Kohlenstoff als Müll auf die Deponie) Wasserstoff, die alle nahezu CO2-neutral sind und die Chance haben günstiger zu sein als grüner Wasserstoff.

Aktuell geplante Projekte:
Wintershall Dea & Gazprom: Entwicklung von Großanlagen zur Erzeugung von blauem Wasserstoff mittels Methanpyrolyse und Transport über bestehende Pipelines nach Europa
Uniper & Novatek: Entwicklung von Technologien zur Erzeugung, zum Transport und zur Lieferung von blauem und grünem Wasserstoff
Enel & Rosnano: Bau von Großwindparks in Sibirien zur Erzeugung von grünem Wasserstoff über Elektrolyse
Rosatom: Projekt zur Umstellung von Atomkraftwerken zur Erzeugung von Wasserstoff
BP Rosneft/Lukoil: Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff aus Methangas
"Man verhandelt nicht mit Terroristen. Man hört PEGIDA und AfD nicht zu. Man muss keine Rücksicht auf Impfskeptiker und Verschwörungstheoretiker nehmen." (Philipp Jessen)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(08 Sep 2021, 22:30)

Mein persönlicher Eindruck ist eher, dass Putin zukünftig in Brüssel den Dienstboteneingang nehmen kann, wenn überhaupt. Man redet noch nicht Mal miteinander. Die EU wird erst noch über den Preis nachdenken, den man dem Kreml dann präsentieren wird (gemeint ist der Preis damit überhaupt geredet wird). Liegt dann an Moskau das zu schlucken oder es sein zu lassen. Inwieweit kann man da erwarten, dass die Mindestforderung (!) "EU-Recht ist einzuhalten" aufgeweicht wird? Hat man das bei den USA gemacht (Stichwort TTIP)? Großbritannien? Schweiz oder Norwegen? Völlig realitätsfremd anzunehmen, für Russland gibt es Sonderregelungen. Die aktuellen Behördenanweisungen (Bundesnetzagentur) und Rechtsprechung (OLG Düsseldorf) sind relativ eindeutig. Da gibt es auch keinen Spielraum wie es aussieht?

2.
Soso, Deutschland sieht das ein? Da habe ich ebenfalls eine komplett andere Wahrnehmung. Die letzten Äusserungen z.B. zu Cyber-Attacken und Wahlbeeinflussung sind für deutsche Außenpolitik ungewöhnlich deutlich. Da dreht sich gerade was. Und wir reden hier von Merkel, die in der DDR sozialisiert wurde und noch die Sowjetunion als -vermeintliche- Weltmacht erlebt hat. Baerbock bspw. kennt Russland nur noch als den regionalen failed state der es bis heute ist. Ist mir unklar wie man Russland als "Riese" bezeichnen kann. Was sind dann die USA oder China? Ja sogar das U.K? Haben weltpolitisch alle mehr zu melden als Russland, die EU sowieso.
Man redet nicht miteinander, weil Russland das so will. Das hat sich über jahre angedeutet und hat erst vor einigen Monaten ein paar Höhepunkte gefunden.
Borrell hat es versucht und wurde regelrecht eingestampft von Lawrow (und das sind EUropäische Einschätzungen). Nach einer "Liebes"resolution des EU-Parlaments hat Russland den Parlamentspräsi sanktioniert.
Auf der anderen Seite verhandeln die Russen mittlerweile bilateral.

EU-Recht ist genauso biegbar, wie jedes andere Recht auch und wenn die EU mit Russland kooperativer umgehen möchte, wird sie beweisen müssen, dass sie dieses Biegen nicht nur gegen Russland einzusetzen weiß. Ich weiß, dass die absolute Masse glaubt, die EU wäre da meilenweit überlegen, aber das ist sie nicht.
Es hat seine Gründe, warum Borrell ggü Lawrow so kleinlaut war und warum zb kaum noch jemand zb. russische Krimgewässeraktionen ggü Großbritanien verurteilt.
Am Ende liegt der Ball bei der EU.
Ich bin gespannt, wie sie sich in der Sache entwickelt...

Russland muss nur zuschauen, ob die sich gerne weiter zerfleischen will oder ob man als EU irgendwie zu einer verhandlungsfähigen Organisation zurückkehrt. In Mskau haben sie ihre Optionen für beide Entwicklungswege garantiert schon in der Schublade...

2.
Es gibt eine alte und imA sehr bewährte europäische Weisheit.
"An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."

Allein NordStream2 zeigt, wie viel -besser wie wenig- Gewicht man auf Worte legen sollte.
Es gehört leider mittlerweile zum schlechten Ton, dass man sich gegenseitig heftigst belegt und dabei vermeintlich umso toller aussieht, je krassere Worte man nutzt. Das begleitet uns genau so schon sehr lange und ist kein "da bewegt/dreht sich was". Hier ist eben gerade Wahlkampf und wenns andersum für Innenpolitik nutzt...in Russland auch.

In der Zeit ab 2015 wurden in Dtl sehr große Gasspeicher an Russen verkauft. In der zumindest öffentlich ach so heftigen Krise.
Dtl und Russland haben in den letzten Jahren diverse Kooperationsgebiete verankert (zb in Sachen Wasserstoff). Zur Hochphase der Nawalnyaktion hat der Altmaier ein Logistikstandort in Russland (aus dem Homeoffice) eröffnet. Und nicht zu vergessen, dass Angie 2014 die Ukrainekrise quasi im Alleingang verloren gegeben hat, als sie militärische Mittel ausschloss.
Das sind die Ansatzpunkte, die heute dazu dienen können, mehr Vorteil für Dtl zu generieren.

Wenn dir unklar ist, wie man Russland als Riesen ansehen kann, vergleiche einfach deren (außen)politisch erreichte Ergebnisse mit denen der anderen von dir genannten Player.
Dazu nur ein kleiner Punkt:
Warum glaubst du, lässt ein Biden nur kurze Zeit nach seiner öffentlichen Einschätzung, dass Putin ein Killer ist diesen ach so unwichtigen und unappetitlichen Typen dann anrufen und ihn zum Treffen einladen? So etwas tut ein Riese wie die USA nicht, wenn der andere nicht auch ziemlich groß ist.
Wenn die anderen klein sind, ordnet man einen Rückzug der US-Truppen an und schert sich nicht darum, was die anderen daraus machen, mit denen man da eigentlich zusammen war.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Do 9. Sep 2021, 15:01, insgesamt 6-mal geändert.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(08 Sep 2021, 23:41)

Ich denke man sollte sich darauf einstellen das NS2 am Ende zu 100% genutzt wird. Vieles wird nun davon abhängen wie die juristische und technische Zertifizierung abläuft.

- Zur juristischen Zertifizierung: Aktuell sind von russischer Seite die Dokumente zur Zertifizierung nicht eingegangen. Der Prozess nach Eingang der Dokumente bei der Bundesnetzagentur dauert 4 Monate. Die EU hat dann das Recht innerhalb von 2 Monaten Einspruch einzulegen.
Wenn z. B. Die Nord Stream 2 AG die Dokumente einreicht, dann sehe ich hier schlechte Karten für Russland. Jeder der sich auch nur halbwegs mit NS2 beschäftigt hat, weiß dass das dritte Energiepaket der EU es nicht zulässt das Produzent und Lieferant gleichzeitig Eigentümer der Pipeline sein dürfen - das sogenannte ownership unbundling. Aktuell prüft Gasprom weitere juristische Schritte, aber meiner Meinung nach wird der aktuelle Status-quo nicht haltbar sein. Gasprom würde also nur 50% der Pipeline nutzen können. Wenn es überhaupt soweit kommt.
Eine weitere Variante, die in den deutschen Medien diskutiert wird, sieht vor das Gasprom 50% des Gases liefert und die restlichen 50% kommen von Rosneft oder Novatek. Auch der Verkauf von 50% des Gases an europäische Unternehmen - wie z. B. RWE - ist eine Variante die diskutiert wird. Diese können dann das Gas weiter an den Endverbraucher verkaufen. Beide Varianten haben aber einen Hacken: Gasprom ist weiterhin Produzent, Eigentümer der Pipeline und liefert weiterhin 50% des Gases. Hier wird es schwierig und ich bin mir sicher das NS2 Gegner so eine Konstellation - wenn es den zu dieser kommen sollte - anfechten werden. Eine komplette Entkopplung von Produzent, Lieferant und Pipelinebetreiber/Eigentümer sieht anders aus. Man sollte nicht vergessen das die EU hier Einspruch einlegen kann. Deutschland hat hier nicht das letzte Wort.

Es gibt aber im dritten Energiepaket der EU ein Schlupfloch. Das sogenannte ISO (independent system operator) und ITO (independent transmission operator) Verfahren. Im Falle von ITO wären Verwalter/Betreiber der Pipeline weiterhin Eigentümer, während bei ISO das nicht der Fall ist. Was könnte Russland hier z. B. machen? Russland könnte - wenn man nach dem ITO Verfahren geht - Gasprom weiterhin als Produzent und Lieferant agieren lassen und die Anteile der Pipeline auf ein anderes russisches Unternehmen umschreiben, z. B. Rosneft. Das würde bedeuten das wir eine juristische Person hätten die Lieferant und Produzent ist (Gasprom) und eine juristische Person die Betreiber und Eigentümer der entsprechenden Pipeline ist (z. B. Rosneft). Für NS2 Gegner ist diese Variante im Grunde genau so schlimm wie der Status-quo. Den Putin hätte hier immer noch die volle Kontrolle. Es ist eher Gasprom Chef Miller der dumm aus der Röhre guckt da er im innerrusischen Machtkampf gegen Setschin (Rosneft) zurückstecken müsste. Dieses ITO Verfahren ist deswegen interessant da hier eine Entkopplung vorliegt und die EU kein Veto (!) mehr einlegen kann. Ein ownership unbundling hat schließlich stattgefunden. Die NS2 Gegner könnten hier natürlich Einspruch einlegen und argumentieren das der russische Staat de facto die Kontrolle behält - und darum geht es ja letztlich. Aber im dritten Energiepaket steht nirgends das Lieferant, Produzent und Eigentümer der Pipeline nicht von einem Staat kontrolliert werden können. Hier wird es für die NS2 Gegner schon schwierig. Man könnte argumentieren das Russland der Besitzer dieser 2 juristischen Personen (Gasprom und Rosneft) ist. Trotzdem handelt es sich hier um zwei unterschiedliche juristische Personen. Gasprom wehrt sich nicht umsonst gegen eine Teilhabe Rosnefts am Export von russischen Gas durch NS1 und NS2. Das hat überwiegend wirtschaftliche Gründe. Politisch ist natürlich alles klar, beide sind in Staatshand und können bei Streitigkeiten mit anderen Ländern - z. B. der Ukraine - von Putin entsprechend genutzt werden.
Russland könnte noch auf die ISO Variante zurückgreifen. Hier sind dann die Chancen der NS2 Gegner am geringen, wenn nicht gar gleich bei Nulll, eine volle Betriebnahme von NS2 zu stoppen. Wie im obigen Beispiel wäre Gasprom weiterhin Lieferant und Produzent. Diesesmal wäre der Verwalter/Betreiber der Pipeline nicht gleich der Eigentümer. Beispielsweise könnte Novatek als russisches Privatunternehmen Eigentümer werden und Rosneft betreibt die Pipeline. Aber auch hier würde Putin weiterhin großen Einfluss haben, den Gasprom ist mit 10% bei Novatek beteiligt und die Firma wird mehrheitlich von einem Oligarchen betrieben welcher - oh we was eine Überraschung- Putin nahe steht. Wäre er das nicht dann hätten wir hier den nächsten Chodorkwski oder Beresowksi.

- Zur technischen Zertifizierung: Hier hat das Bergamt Stralsund das letzte Wort ubd meinem Kenntnisstand hat die EU hier auch keine Einspruchmöglichkeiten. Allerdings hat die USA Sanktionen auf den Weg gebracht, bei der Zertifizierer wie die DNV-GL vom US Markt abgeschnitten werden können, wenn diese NS2 zertifizieren sollten. Allerdings scheint Russland Ingenieure von DNV-GL geholt zu haben die diese Zertifizierung eigenständig vornehmen. Wenn Stralsund dazu sein Ok gibt, dann ist die technische Zertifizierung durch.
:thumbup:
tolle Zusammenfassung.

Eine Anmerkung dazu:
Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Pipelines erst Jahre nach Beginn der Nutzung überhaupt in der Lage sind die 100% zu erreichen.

Power of Sibira ist so weit ich das im Kopf habe gerade mal irgendwo unter/über einem Viertel der für später mal vereinbarten Leistung und die Pipeline läuft jetzt fast zwei Jahre.
Kohlhaas
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(08 Sep 2021, 18:01)

Na über die neue via Türkei, nachdem man SouthStream gekippt hatte.
Und es kommt preiswerter als über die Ukraine.

2.
Für Russland gibt es keinen "schlechten" Ausgang, weil es den Gaspreis beeinflussen kann.
Es geht im Kern um die Frage, ob die EU bereit ist anzuerkennen, dass Kooperation bedeutet, dass man von Maximalforderungen ala Ausweitung von EU-Recht auf zb Russland absehen sollte.

Es ist letztlich die alte schon immer strittige Frage, wie man mit dem Riesen neben sich umgehen möchte. Der Stil ala 2014 funktioniert dummerweise heute erst recht nicht mehr. Dtl sieht das ein, andere (noch) nicht
Oh, der "Riese" neben uns. Der "Riese" ist genau betrachtet ein Zwerg, dessen Wirtschaftsleistung gerade mal über die von Spanien hinausgeht.

Es geht hier auch nicht darum, EU-Recht auf Russland auszuweiten. Es geht darum, dass schlichtweg alle, die in der EU Geschäfte machen wollen, EU-Recht zu respektieren haben. Was Russland mit China aushandelt interessiert hier nicht. Was in der EU passiert, bestimmen nur wir, nicht Russland. Unser Haus, unserere Regeln. Wer sich daran nicht halten will, darf gerne draußen bleiben.

Russland kann die Gaspreise auch nur recht begrenzt beeinflussen. Das ist nur so lange möglich, wie Europa russisches Gas kauft. Europa ist aber auf Russland im Grunde nicht angewiesen. Es gibt andere mögliche Erdgaslieferanten. Russland hingegen braucht Europa ganz dringend, denn hier sitzen die zahlungskräftigsten Kunden. Das EU-Recht hat letztlich genau diesen Hintergrund. Es soll klarstellen, dass wir in der Lage sind, Putin mitzuteilen, dass wir sein Gas nicht brauchen. Oder jedenfalls, dass wir sein Gas nicht so dringend brauchen wie er unser Geld benötigt.
Slava Ukraini
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(09 Sep 2021, 14:19)

Oh, der "Riese" neben uns. Der "Riese" ist genau betrachtet ein Zwerg, dessen Wirtschaftsleistung gerade mal über die von Spanien hinausgeht.

Es geht hier auch nicht darum, EU-Recht auf Russland auszuweiten. Es geht darum, dass schlichtweg alle, die in der EU Geschäfte machen wollen, EU-Recht zu respektieren haben. Was Russland mit China aushandelt interessiert hier nicht. Was in der EU passiert, bestimmen nur wir, nicht Russland. Unser Haus, unserere Regeln. Wer sich daran nicht halten will, darf gerne draußen bleiben.

Russland kann die Gaspreise auch nur recht begrenzt beeinflussen. Das ist nur so lange möglich, wie Europa russisches Gas kauft. Europa ist aber auf Russland im Grunde nicht angewiesen. Es gibt andere mögliche Erdgaslieferanten. Russland hingegen braucht Europa ganz dringend, denn hier sitzen die zahlungskräftigsten Kunden. Das EU-Recht hat letztlich genau diesen Hintergrund. Es soll klarstellen, dass wir in der Lage sind, Putin mitzuteilen, dass wir sein Gas nicht brauchen. Oder jedenfalls, dass wir sein Gas nicht so dringend brauchen wie er unser Geld benötigt.
Es ist nur solange möglich, solange die EU Gas braucht und Russland Preissetzungsmacht hat und dass wird noch ein paar Jährchen so sein.

Du kennst sicher die OPEC.
Die ist zur OPEC+ geworden mit Russland als nicht ganz unwichtigem Staat.

Kennst du auch das GECF? Auch dort hört man zu, wenn Russland Vorschläge macht.
Zuletzt hat Russlandentschieden, die Gasinfrastruktur in Pakistan zu verbessern, damit die mehr Flüssiggas aufnehmen. Katar ist begeistert...rate mal welche Form Gasimport in den letzten Monaten in der EU volumentechnisch nicht so gut läuft...

Diese lustigen Schwanzvergleiche ala wir brauchen die nicht, die uns aber, führen geradewegs in die Irre.
Es nutzt der EU rein gar nichts, denn ihre Konkurrenz sind Unternehmen mit Standorten anderswo, die preiswerter herstellen können, wenn die EU keine preiswerte Energieversorgung gewährleisten kann.
Das ist ohne Russland derzeit und noch ein Weilchen unmöglich. Die können just deshalb an der Gaspreisschraube drehen, weil es hier ewig viel billiger war als anderswo und weil sie ene Macht auf dem Weltgasmarkt sind.
Dafür spielen Bipkleinrechngsvergleiche absolut keine Rolle.
Russland kann uns preiswert mit Energie versorgen. Spanien nicht.
Im Gegenteil. Die kaufen auch ua mehr russisches Flüssiggas als früher
Kohlhaas
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 14:49)
Diese lustigen Schwanzvergleiche ala wir brauchen die nicht, die uns aber, führen geradewegs in die Irre.
Das hat überhaupt nichts mit Schwanzvergleich zu tun. Es geht nur um die einfache Erkenntnis, dass bei einem Handelsgeschäft beide Beteiligten ein Interesse haben. Der Käufer will die Ware, der Verkäufer will das Geld. Es ist also etwas abseitig, so zu tun als hätte Russland als Erdgasanbieter zwingend "Macht" über uns. Russland will nämlich ganz dringend unser Geld, denn andere Einnahmenquellen als Gas und Öl hat Russland fast nicht. Wer ist jetzt abhängiger von wem?

Um nochmal auf die einschlägigen EU-Richtlinien zurückzukommen: Deren Sinn besteht genau darin, einem Anbieter von Energieträgern nicht die Macht zu geben, uns als Verbraucher zu erpressen. Diese Richtlinien hat Deutschland in der Vergangenheit unterlaufen. Das war ein Fehler. Dem setzt der EuGH jetzt Grenzen.
Slava Ukraini
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(09 Sep 2021, 15:18)

Das hat überhaupt nichts mit Schwanzvergleich zu tun. Es geht nur um die einfache Erkenntnis, dass bei einem Handelsgeschäft beide Beteiligten ein Interesse haben. Der Käufer will die Ware, der Verkäufer will das Geld. Es ist also etwas abseitig, so zu tun als hätte Russland als Erdgasanbieter zwingend "Macht" über uns. Russland will nämlich ganz dringend unser Geld, denn andere Einnahmenquellen als Gas und Öl hat Russland fast nicht. Wer ist jetzt abhängiger von wem?

Um nochmal auf die einschlägigen EU-Richtlinien zurückzukommen: Deren Sinn besteht genau darin, einem Anbieter von Energieträgern nicht die Macht zu geben, uns als Verbraucher zu erpressen. Diese Richtlinien hat Deutschland in der Vergangenheit unterlaufen. Das war ein Fehler. Dem setzt der EuGH jetzt Grenzen.
Wenn das so wäre, wird es wohl eine Lösung geben.

Ich würde mich sehr wundern, wenn die EU lieber friert als ihre zig Richtlinien nicht doch auch mal nicht eher antirussisch auszulegen. Russland ist ewig bereit gewesen uns sehr preiswert zu versorgen.

Das ändert sich just jetzt, weil Russland zeigt, dass diese Richtlinie, die es angeblich verhindern soll, es für die Verbraucher sehr teuer macht...

Das Schöne ist, dass diese Nummer in der Realität stattfindet und nicht in Brüssler Tagträumen.
Der Preis für Europ. Gas hat heute umgerechnet 700 Dollar/1000Kubikmeter erreicht. Im Q2 lag der von Gazprom angegebene Durchschnittspreis fur EUrop. Gas irgendwo bei 200-250Dollar und das war schon ein fettes Quartal.
Wegen meiner kann das so weiter gehen.
Ich freu mich jetzt schon auf die Dividende nächstes Jahr...je länger die EU wegen irgendwelcher Prinzipien gegenhält, desto besser. Es ist da wie im Kleinen.
Sturheit muss man sich leisten können. Der EUropäische Verbraucher hat es ja...https://www.tagesschau.de/wirtschaft/ko ... 1-101.html
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 15:39)

Wenn das so wäre, wird es wohl eine Lösung geben.

Ich würde mich sehr wundern, wenn die EU lieber friert als ihre zig Richtlinien nicht doch auch mal nicht eher antirussisch auszulegen. Russland ist ewig bereit gewesen uns sehr preiswert zu versorgen.
Ja, klar, Russland hat uns preiswert versorgt und führt bedenkenlos parallel einen hybriden Krieg insbesondere gegen Deutschland. Es hatte schon gute Gründe, dass Deutschland so gern russisches Gas und russisches Öl gekauft hat. Jetzt ist es aber Zeit für die Erkenntnis, dass auch andere Länder Öl und Gas verkaufen. Es ist auch keineswegs "antirussisch", wenn die EU fordert, dass auch Russlang sich an europäische Regeln halten muss, wenn Russland in Europa Öl und Gas verkaufen will. Was spricht denn dafür, dass europäische Anbieter diese Regeln befolgen müssen, Russland aber nicht?
Slava Ukraini
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(09 Sep 2021, 16:20)

Ja, klar, Russland hat uns preiswert versorgt und führt bedenkenlos parallel einen hybriden Krieg insbesondere gegen Deutschland. Es hatte schon gute Gründe, dass Deutschland so gern russisches Gas und russisches Öl gekauft hat. Jetzt ist es aber Zeit für die Erkenntnis, dass auch andere Länder Öl und Gas verkaufen. Es ist auch keineswegs "antirussisch", wenn die EU fordert, dass auch Russlang sich an europäische Regeln halten muss, wenn Russland in Europa Öl und Gas verkaufen will. Was spricht denn dafür, dass europäische Anbieter diese Regeln befolgen müssen, Russland aber nicht?
Lies dir den Link zur LexNordStream durch, den ich kürzlich verlinkt gabe.
Die eigenen Juristen des Rates haben eine Ausweitung auf aus dem Ausland kommende Pipelines wegen Bedenken abgelehnt. Es kam trotzdem zur LexNordStream.

Wie schon geschrieben. Mir soll es recht sein, wenn die EU entscheidet, dass Russland sich dran zu halten hat, weil dann das Preisniveau wegen dieser "Freundlichkeit" höher sein wird als mit kooperativerem Verhalten. Das ist eine russische "Richtlinie".
Sowas muss man sich leisten wollen und können.

Btw. du kannst ja mal versuchen imo woanders Gas oder Öl in entsprechenden Mengen herzubekommen... ;)
Der Ölmarkt ist OPEC+ (preis)beeinflusst und der Gasmarkt ist wegen massiv steigender Nachfrage in Asien leergefegt.Gerade die EU hat keine weiteren sondern sogar sinkende Fördermöglichkeiten und fast alle anderen großen Anbieter haben durchaus gesteigertes Interesse an einem ihnen freundlich gesinnten Russland.
Zudem macht ja just die EU Druck auf die großen Kapitale, weniger/nicht mehr in Kohlenstoffenergie zu investieren...
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von DarkLightbringer »

Der Winter 23/24 wird für Europa kalt und teuer, meint der von Sonja Margolina zitierte ukrainische Journalist Witali Portnikow.
Für die Ukraine und auch Deutschland käme die Stunde der Wahrheit im Winter 2023/24, wenn der Transitvertrag mit der Ukraine auslaufen würde. Dann «sehen wir uns mit Havarien von Gasleitungen in der Ukraine, leeren Gasspeichern und Aufrufen in Europa, EU-Gesetze zugunsten von Gazprom zu ändern, konfrontiert. Der Winter 2023/24 kann für Europa kalt und teuer werden.»
https://www.nzz.ch/meinung/der-wolf-im- ... ld.1643953

Und, dieser Herbst sei Vorbote eines solchen Frostes.
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[Humphrey Bogart als Rick Blaine in >Casablanca<, 1942]
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 16:39)

Lies dir den Link zur LexNordStream durch, den ich kürzlich verlinkt gabe.
Die eigenen Juristen des Rates haben eine Ausweitung auf aus dem Ausland kommende Pipelines wegen Bedenken abgelehnt. Es kam trotzdem zur LexNordStream.

Wie schon geschrieben. Mir soll es recht sein, wenn die EU entscheidet, dass Russland sich dran zu halten hat, weil dann das Preisniveau wegen dieser "Freundlichkeit" höher sein wird als mit kooperativerem Verhalten. Das ist eine russische "Richtlinie".
Sowas muss man sich leisten wollen und können.
Was die Juristen des Rates sich so denken, ist wurscht. Entscheidend ist nur, was der EuGH sich so denkt. Und der hat nunmal ein Urteil gesprochen. Schon bei NS1 hat Deutschland Ausnahmeregelungen gebraucht, um die tatsächlichen Abhahmemengen zu rechtfertigen. Das geht nunmal nicht endlos so weiter.

Und wenn es um "Freundlichkeit" geht: Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Russland glaubt, seine Gaslieferungen von "Freundlichkeit" abhängig machen zu dürfen. Das ist aber nicht der Fall. Genau das sollen die EU-Richtlinien verhindern. Aktuell steigt der Gaspreis. Das ist nicht schön, aber wir können uns das locker leisten. Wenn das Problem sich verschärfen sollte, bauen wir eben zwei LNG-Terminals und kaufen unser Gas woanders. Ganz egal was Putin sich in seinen feuchten Träumen so vorstellt: Russland ist definitiv nicht die einzige Quelle für Erdgas.

Es gibt auch keine "Lex Nordstream". Die entscheidenden Regeln gibt es schon lange, und die gelten für alle Marktteilnehmer in Europa. Das hat gute Gründe. Es ist also nur richtig, dass auch Russland sich an diese Regeln nun halten muss, wenn es auf dem europäischen Energiemarkt mitmischen will. Keine Ausnahmen mehr. Russland verdient keinen Wettbewerbsvorteil. Gazprom soll sich gefälligst an die gleichen Vorgaben halten, die auch für alle europäischen Wettbewerber gelten.

Und so ganz nebenbei: Die Zeit, da die Energieerzeuger ihre Kunden erpressen konnten, ist vorbei. Die Preise für fossile Energieträger fallen unablässig. Venezuela, eine der ölreichsten Nationen der Welt, ist deshalb an den Rand des Staatsbankrotts geraten. Russland steht kein bisschen besser da. Jede "Delle" im Energiepreis schlägt so richtig heftig auf die Staatseinnahmen durch. Uns kann das egal sein. Wir sind ja nicht von der "holländischen Krankheit" befallen.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(09 Sep 2021, 18:09)

Was die Juristen des Rates sich so denken, ist wurscht. Entscheidend ist nur, was der EuGH sich so denkt. Und der hat nunmal ein Urteil gesprochen. Schon bei NS1 hat Deutschland Ausnahmeregelungen gebraucht, um die tatsächlichen Abhahmemengen zu rechtfertigen. Das geht nunmal nicht endlos so weiter.

Und wenn es um "Freundlichkeit" geht: Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Russland glaubt, seine Gaslieferungen von "Freundlichkeit" abhängig machen zu dürfen. Das ist aber nicht der Fall. Genau das sollen die EU-Richtlinien verhindern. Aktuell steigt der Gaspreis. Das ist nicht schön, aber wir können uns das locker leisten. Wenn das Problem sich verschärfen sollte, bauen wir eben zwei LNG-Terminals und kaufen unser Gas woanders. Ganz egal was Putin sich in seinen feuchten Träumen so vorstellt: Russland ist definitiv nicht die einzige Quelle für Erdgas.
2.
Es gibt auch keine "Lex Nordstream". Die entscheidenden Regeln gibt es schon lange, und die gelten für alle Marktteilnehmer in Europa. Das hat gute Gründe. Es ist also nur richtig, dass auch Russland sich an diese Regeln nun halten muss, wenn es auf dem europäischen Energiemarkt mitmischen will. Keine Ausnahmen mehr. Russland verdient keinen Wettbewerbsvorteil. Gazprom soll sich gefälligst an die gleichen Vorgaben halten, die auch für alle europäischen Wettbewerber gelten.
3.
Und so ganz nebenbei: Die Zeit, da die Energieerzeuger ihre Kunden erpressen konnten, ist vorbei. Die Preise für fossile Energieträger fallen unablässig. Venezuela, eine der ölreichsten Nationen der Welt, ist deshalb an den Rand des Staatsbankrotts geraten. Russland steht kein bisschen besser da. Jede "Delle" im Energiepreis schlägt so richtig heftig auf die Staatseinnahmen durch. Uns kann das egal sein. Wir sind ja nicht von der "holländischen Krankheit" befallen.
Das Schöne ist, dass es keine Rolle spielt, ob bzw wie du oder ich es so sehen.
Russland schätzt mMn seine Lage deutlich realistischer ein als die EU.
Aber damit kann ich auch falsch liegen.
Wir werden es in der Realität zu sehen bekommen.

2.
Was ist für dich denn "lange"?
Die Regelung ist 2018 holter die polter auf Pipelines ausgeweitet worden, damit NordStream2 darunter fällt. Der Unterschied zu dem reinen EU-Gebiet ist nunmal, dass die EU außerhalb der EU eigentlich keine Rechtsbefugnis hat, sie es sich aber damit defacto zugestanden hat.
Das kann man nur machen, wenn man die Macht dazu hat.
Lassen wir ns überraschen, welcher Preis dafür zu zahlen sein wird.

3.
Das ist falsch.
Kohle ist eine der besten Anlageklassen der letzten Zeit.(https://www.finanzen.net/rohstoffe/kohlepreis)
Den europ. Gaspreis habe ich dir schon genannt und auch Öl ist alles andere als im Preis fallend.
Schau dir an, wie zb der Strom in Dtl in Q1 2021 erzeugt wurde, dann weißt du, warum diese Preise alles andere als fallend sind.

Und wann hast du dir das letzte mal die russischen Staatsfinanzen angeschaut?
10 Mrd Hauhaltsüberschuss im 1. Halbjahr 2021, Rekorddevisenreserven und einen Wohlstandsfonds, der volumenmäßig mehr als 10% des russischen BIPs umfasst.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Nightrain hat geschrieben:(09 Sep 2021, 11:00)

Es ist ziemlich wurscht, was die EU und Deutschland will. Bezahlen wird den Wasserstoff am Ende die Industrie und die Verbraucher und denen ist ausschließlich der Preis wichtig. Wenn der Wasserstoff zwar nicht grün ist aber so wenig CO2 dabei freigesetzt wird, dass man nicht mal merklich CO2-Steuer drauf setzen kann, kann Russland sehr attraktive Preise dafür anbieten.

Jetzt wirds aber absurd und dumm. Tut mir leid. Nicht der Verbraucher bzw Unternehmen entscheiden was importiert wird sondern die Regierung und EU.

Grüner Wasserstoff is die Ansage. Ende der Aussage

Und auch offen zu finden ist, dass Russland auf Wasserstoffexport umstellen will. Darum laufen auch haufenweise Projekt, um (nahezu) CO2-neutralen nichtgrünen Wasserstoff bereit zu stellen, z.B. indem man den anfallenden Kohlenstoff einfach deponiert.
Im nationalen Energieplan steht auch drin, dass Russland 2050 der weltweit größte Wasserstoffexporteur sein will.

Wayne juckt es. Grüner Wasserstoff weiterhin


Russland will langfristig den Wasserstoffmarkt in Europa beherrschen. Ich gehe daher davon aus, dass Russland alles daran setzen wird eine eigenständig produzierende Industrie in Europa und alternative Zulieferer (Afrika) frühzeitig zu ruinieren.

Fazit: Nord Stream 2 ist von Gazprom bereits darauf ausgelegt eine Mischung aus 70% Wasserstoff und 30% Erdgas zu transportieren. Natürlich ist die Pipeline schon dafür gedacht in Zukunft Europa möglichst exklusiv mit Wasserstoff zu versorgen. Weil grauer Wasserstoff nicht verkäuflich sein wird, baut Russland seine Herstellung komplett um auf blauen (CO2 Lagerung im Boden), gelben (Elektrolyse mit Atomkraft) und türkisen (fester Kohlenstoff als Müll auf die Deponie) Wasserstoff, die alle nahezu CO2-neutral sind und die Chance haben günstiger zu sein als grüner Wasserstoff.

Aktuell geplante Projekte:
Wintershall Dea & Gazprom: Entwicklung von Großanlagen zur Erzeugung von blauem Wasserstoff mittels Methanpyrolyse und Transport über bestehende Pipelines nach Europa
Uniper & Novatek: Entwicklung von Technologien zur Erzeugung, zum Transport und zur Lieferung von blauem und grünem Wasserstoff
Enel & Rosnano: Bau von Großwindparks in Sibirien zur Erzeugung von grünem Wasserstoff über Elektrolyse
Rosatom: Projekt zur Umstellung von Atomkraftwerken zur Erzeugung von Wasserstoff
BP Rosneft/Lukoil: Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff aus Methangas

Russland kann wollen was es will. Fakt ist Grüner Wasserstoff ist gewünscht und den kann Russland nicht verhindern.

Punkt. Und Russland was verhindern. Will es Krieg führen :p


Russland kann viel wollen. Ich glaube es wird nicht die große Rolle spielen und warum ist belegt.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 12:27)

Man redet nicht miteinander, weil Russland das so will. Das hat sich über jahre angedeutet und hat erst vor einigen Monaten ein paar Höhepunkte gefunden.
Borrell hat es versucht und wurde regelrecht eingestampft von Lawrow (und das sind EUropäische Einschätzungen). Nach einer "Liebes"resolution des EU-Parlaments hat Russland den Parlamentspräsi sanktioniert.
Auf der anderen Seite verhandeln die Russen mittlerweile bilateral.
Wenn man die Aussagen z.B. des Kremlsprechers nach dem Borell-Besuch nimmt, scheint es eher so zu sein, dass es schon Interesse seitens Russlands gibt. Umgedreht war es der EU-Gipfel Ende Juni der das kategorisch abgelehnt hat. Der Vorschlag von Frankreich und Deutschland wurde abgelehnt. Und nicht nur von den baltischen Staaten oder Polen (z.B. auch den Niederlanden). Ich meine sogar gelesen zu haben, das Rutte meinte er würde sich ganz sicher nicht mit Putin an einen Tisch setzen. Was in Anbetracht des MH17 Vorfalls allzu verständlich ist, der russische Umgang mit der Angelegenheit ist nur als Verhöhnung der Opfer zu verstehen und ganz einfach erbärmlich. Sogar die Mullahs im Iran hatten bei dem versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine mehr Arsch in der Hose. Am Borell-Besuch sieht man das der Kreml ein einziges Witzfigurenkabinett ist. Einen Diplomaten, von dem bekannt ist, das er ne Lame Duck ist, zu düpieren, ja großes Kino. Eine wahre Heldentat, zumindest wenn man auf dem Level eines Lawrow ist. Gemeint ist hier mit Lame Duck die Position des Außenbeauftragten der EU nicht Borell als Person.
EU-Recht ist genauso biegbar, wie jedes andere Recht auch und wenn die EU mit Russland kooperativer umgehen möchte, wird sie beweisen müssen, dass sie dieses Biegen nicht nur gegen Russland einzusetzen weiß. Ich weiß, dass die absolute Masse glaubt, die EU wäre da meilenweit überlegen, aber das ist sie nicht.
Es hat seine Gründe, warum Borrell ggü Lawrow so kleinlaut war und warum zb kaum noch jemand zb. russische Krimgewässeraktionen ggü Großbritanien verurteilt.
Am Ende liegt der Ball bei der EU.
Ich bin gespannt, wie sie sich in der Sache entwickelt...
Für gewöhnlich ist Recht nicht biegbar, keine Ahnung wo das herkommt, aber das wäre Willkür. Dem vernehmen nach ist das oft in Russland der Fall. In europäischen Ländern eher nicht. Wieso sollten russische Verhältnisse auf die EU übertragen werden? Gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Zumal Russland seit Jahren durch feindliche Übergriffe auffällig ist.
Russland muss nur zuschauen, ob die sich gerne weiter zerfleischen will oder ob man als EU irgendwie zu einer verhandlungsfähigen Organisation zurückkehrt. In Mskau haben sie ihre Optionen für beide Entwicklungswege garantiert schon in der Schublade...
Das scheint schon geradezu absurd. Beispiel die diplomatischen Vorfälle zwischen Tschechien und Russland. Die Kürzung des Personals der russischen Botschaft hat das russische Drehkreuz für Geheimdienstoperationen in Europa geradezu handlungsunfähig gemacht. Den Personalschwund der tschechischen Botschaft in Moskau federt die deutsche Botschaft ab. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU "zerfleischen" sich nicht, sie kooperieren auf hohem Niveau. Außenpolitischer Verlierer ist hier Russland. Es sieht eher danach aus, als hätte man wenig Plan im Kreml. Aber gut, kannst natürlich weiter probieren die kompetenzbefreite Kreml-Clique als die Überbrains darzustellen, ist aber wenig glaubhaft aus meiner Sicht.
2.
Es gibt eine alte und imA sehr bewährte europäische Weisheit.
"An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."

Allein NordStream2 zeigt, wie viel -besser wie wenig- Gewicht man auf Worte legen sollte.
Es gehört leider mittlerweile zum schlechten Ton, dass man sich gegenseitig heftigst belegt und dabei vermeintlich umso toller aussieht, je krassere Worte man nutzt. Das begleitet uns genau so schon sehr lange und ist kein "da bewegt/dreht sich was". Hier ist eben gerade Wahlkampf und wenns andersum für Innenpolitik nutzt...in Russland auch.
Von europäischer Seite aus betrachtet ist das falsch. Es begleitet uns nicht schon sehr lange, natürlich spuckt man in Russland große Töne und verhält sich seit vielen Jahren feindselig, aber von Seiten der EU und erst Recht der Bundesregierung, ist das absolut neu. Das an die Öffentlichkeit kommt, wie Merkel genervt Putin imitiert und lächerlich macht "Moj truba" und der "kleine, verunsicherte Mann", ist außergewöhnlich und neu. So etwas habe ich vorher noch über kaum einen anderen Staatschef gelesen, mag sein, das so etwas natürlich auch über andere intern geäußert wird, aber es drang bisher nicht an die Öffentlichkeit. Zeigt aber nur wie viel Respekt man vor Putin hat.
In der Zeit ab 2015 wurden in Dtl sehr große Gasspeicher an Russen verkauft. In der zumindest öffentlich ach so heftigen Krise.
Dtl und Russland haben in den letzten Jahren diverse Kooperationsgebiete verankert (zb in Sachen Wasserstoff). Zur Hochphase der Nawalnyaktion hat der Altmaier ein Logistikstandort in Russland (aus dem Homeoffice) eröffnet. Und nicht zu vergessen, dass Angie 2014 die Ukrainekrise quasi im Alleingang verloren gegeben hat, als sie militärische Mittel ausschloss.
Das sind die Ansatzpunkte, die heute dazu dienen können, mehr Vorteil für Dtl zu generieren.
Was für einen Sinn macht die Betrachtung einzelner Projekte? Die gab es immer und wird es immer geben. Insgesamt sind die außenwirtschaftlichen Beziehungen rückläufig seit längerer Zeit. Russland hat schon an Bedeutung verloren und wird vermutlich weiter verlieren. Zumal richtige Sanktionen noch gar nicht beschlossen wurden. Man muss abwarten was evtl nach Urteilen zu MH17 oder auch dem Tiergartenmord passiert.
Wenn dir unklar ist, wie man Russland als Riesen ansehen kann, vergleiche einfach deren (außen)politisch erreichte Ergebnisse mit denen der anderen von dir genannten Player.
Dazu nur ein kleiner Punkt:
Warum glaubst du, lässt ein Biden nur kurze Zeit nach seiner öffentlichen Einschätzung, dass Putin ein Killer ist diesen ach so unwichtigen und unappetitlichen Typen dann anrufen und ihn zum Treffen einladen? So etwas tut ein Riese wie die USA nicht, wenn der andere nicht auch ziemlich groß ist.
Wenn die anderen klein sind, ordnet man einen Rückzug der US-Truppen an und schert sich nicht darum, was die anderen daraus machen, mit denen man da eigentlich zusammen war.
Welche Erfolge? Da ist nicht viel zu sehen, aus den G8 ist man seit geraumer Zeit raus, in der WHO wahrscheinlich nur wegen der Unterstützung der Bundesregierung (zumindest hat das erheblich beschleunigt). Man führt teure Kriege in der Ukraine und Syrien mit wenig Nutzen. Biden ruft und Putin kommt und holt sich ne Ansage ab, was passieren wird, falls die Cyber-Attacken nicht eingestellt werden. Sieht eher aus wie Zuckerbrot und Peitsche... Oder kommt jetzt auch, Russland will eigentlich gar nicht mit den USA reden?
lm Vergleich zu China, USA oder EU ist Russland warum genau ein Riese? Weil Lawrow dumme Sprüche ablässt? Es volkswirtschaftliche Direktinvestitionen von beiden Seiten gibt?
Weil Nordstream 2 schon Mal die Bedingung hat, das der Gastransit durch die Ukraine bestehen bleibt? Bedingungen für Gespräche zwischen EU und Russland erst noch definiert werden müssen und nur wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt es überhaupt Gespräche? Außenpolitischer Erfolg? Für mich sieht so Misserfolg auf ganzer Linie aus.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Nightrain »

Cobra9 hat geschrieben:(09 Sep 2021, 19:28)
Jetzt wirds aber absurd und dumm. Tut mir leid. Nicht der Verbraucher bzw Unternehmen entscheiden was importiert wird sondern die Regierung und EU.
Grüner Wasserstoff is die Ansage. Ende der Aussage
Ok, dann kannst du dafür auch Belege liefern? Ich sehe im Entwurf der EU-Kommission für die CO2-Grenzsteuer einen Start erst ab 2026 und volle Umstellung auf eine CO2-Abgabe auf Importe dann auf 2035. Allerdings wird sich die CO-Abgabe allein daran orientieren, wie hoch die Kosten für die entsprechenden CO2-Rechte für das entsprechende Produkt sind.

Es gibt überhaupt keine Bestrebungen den Import von nichtgrünem Wasserstoff einzuschränken. Es wird eine CO2-Steuer geben beim Import, die aber für die moderne Gewinnung aus Erdgas praktisch fast 0 sein wird. Denn Strom aus Atomkraft zahlt kaum CO2-Steuer. Und bei Lagerung des Kohlenstoffs auf der Mülldeponie ebenfalls praktisch nichts.

Übrigens scheibt die Bundesregierung auf der offiziellen Infoseite zum Wasserstoff für blauen und türkisten Wasserstoff: "bilanziell als CO2-neutral anzusehen"

Also machen wir uns nix vor. Die deutsche Industrie braucht für die Transformation haufenweise möglichst billigen Wasserstoff. Die EU kann selbst nicht genügend grünen Wasserstoff herstellen, weil es schon fast nicht klappt überhaupt genügend regenerativen Strom herzustellen für den Ersatz von Kohle- und Atomkraft UND den massiven Anstieg des Stromverbrauchs (Verdopplung) bis 2050.
"Man verhandelt nicht mit Terroristen. Man hört PEGIDA und AfD nicht zu. Man muss keine Rücksicht auf Impfskeptiker und Verschwörungstheoretiker nehmen." (Philipp Jessen)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kohlhaas »

Everythingchanges hat geschrieben:(09 Sep 2021, 18:48)

Das Schöne ist, dass es keine Rolle spielt, ob bzw wie du oder ich es so sehen.
Ganz genau. Relevant ist nur, was der EuGH dazu sagt. Und der hat sich ja nun deutlich geäußert. ;)

Was ist für dich denn "lange"?
Die Regelung ist 2018 holter die polter auf Pipelines ausgeweitet worden, damit NordStream2 darunter fällt.
Das Unbundling ist im Jahr 2005 im Energiewirtschaftsgesetz festgeschrieben worden. Maßstab dafür war die Zahl der Kunden, die versorgt wurden. Wenn 2018 etwas "holter di polter" geändert worden sein sollte, dann bezog sich das nur auf die Klarstellung, dass auch ein russischer Versorger, der in der EU mehr als 100.000 Menschen beliefert, die Regeln einzuhalten hat.
Der Unterschied zu dem reinen EU-Gebiet ist nunmal, dass die EU außerhalb der EU eigentlich keine Rechtsbefugnis hat, sie es sich aber damit defacto zugestanden hat.
Das kann man nur machen, wenn man die Macht dazu hat.
Die EU regelt gar nichts, was außerhalb ihrer Rechtsbefugnis liegt. Sie legt lediglich fest, welche Regeln für Versorger gelten, die ausschließlich Kunden innerhalb der EU beliefern. Wer dabei "die Macht" hat, wird Putin schon noch merken. Es ist gewiss nicht Russland.
Das ist falsch.
Kohle ist eine der besten Anlageklassen der letzten Zeit.(https://www.finanzen.net/rohstoffe/kohlepreis)
Den europ. Gaspreis habe ich dir schon genannt und auch Öl ist alles andere als im Preis fallend.
Schau dir an, wie zb der Strom in Dtl in Q1 2021 erzeugt wurde, dann weißt du, warum diese Preise alles andere als fallend sind.
Anscheinend hast Du die Zeichen der Zeit nicht mitbekommen. Steinkohle wird in Deutschland gar nicht mehr gefördert, Braunkohle bald auch nicht mehr, alle westlichen Industrienationen wollen mittelfristig auch aus der Nutzung aller anderen fossilen Energieträger aussteigen, die Preise sind zeitweise dramatisch gefallen. Wenn es vorübergehend eine Erholung gab, besagt das nichts. Venezuela z.B. ist immer noch pleite.

https://amerika21.de/2020/03/238181/ein ... -venezuela

Nationen, die heute noch vorrangig auf den Energieexport setzen, kriegen in nicht allzu ferner Zukunft richtige Probleme.
Und wann hast du dir das letzte mal die russischen Staatsfinanzen angeschaut?
10 Mrd Hauhaltsüberschuss im 1. Halbjahr 2021, Rekorddevisenreserven und einen Wohlstandsfonds, der volumenmäßig mehr als 10% des russischen BIPs umfasst.
Ich lach mich schlapp. Warum merken eigentlich die Bürger nichts von diesem explodierenden Wohlstand?

Auch Gott, was der Putin so alles an Propagandameldungen schreibt.... :rolleyes:

https://de.statista.com/statistik/daten ... odukt-bip/
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Nightrain hat geschrieben:(10 Sep 2021, 10:19)

Ok, dann kannst du dafür auch Belege liefern? Ich sehe im Entwurf der EU-Kommission für die CO2-Grenzsteuer einen Start erst ab 2026 und volle Umstellung auf eine CO2-Abgabe auf Importe dann auf 2035. Allerdings wird sich die CO-Abgabe allein daran orientieren, wie hoch die Kosten für die entsprechenden CO2-Rechte für das entsprechende Produkt sind.

Es gibt überhaupt keine Bestrebungen den Import von nichtgrünem Wasserstoff einzuschränken. Es wird eine CO2-Steuer geben beim Import, die aber für die moderne Gewinnung aus Erdgas praktisch fast 0 sein wird. Denn Strom aus Atomkraft zahlt kaum CO2-Steuer. Und bei Lagerung des Kohlenstoffs auf der Mülldeponie ebenfalls praktisch nichts.

Übrigens scheibt die Bundesregierung auf der offiziellen Infoseite zum Wasserstoff für blauen und türkisten Wasserstoff: "bilanziell als CO2-neutral anzusehen"

Also machen wir uns nix vor. Die deutsche Industrie braucht für die Transformation haufenweise möglichst billigen Wasserstoff. Die EU kann selbst nicht genügend grünen Wasserstoff herstellen, weil es schon fast nicht klappt überhaupt genügend regenerativen Strom herzustellen für den Ersatz von Kohle- und Atomkraft UND den massiven Anstieg des Stromverbrauchs (Verdopplung) bis 2050.

Na was für eine Information.
Wir brauchen viel Wasserstoff um Gas ect zu ersetzen. Ist ja eine bahnbrechende Info von Dir.

Hat man ganz bestimmt nicht in den Strategien, Beschlüssen ect. aufgenommen und auf was wie Sicherheit der Versorgung nicht geachtet.


Komisch wohl doch. Schwerpunkt der EU-Rechtsvorschriften zur Versorgungssicherheit liegt auf Erdgas- und den Strommärkten sowie Alt Energien.

Beleg für was jetzt bitte genau.

Das die EU grünen Wasserstoff will oder Deutschland :?:
Oder Steuer und Abgabe Plan in der EU und national?

Das ist im Strang entsprechend schon mindestens jeweils eingestellt worden inklusive Quellen. Gibt verschiedene Möglichkeiten. ETS bsiw.

Wir sind eben nicht bei wünsche dir was. Grüner Wasserstoff ist gewünscht und nicht rot aus Russland
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(09 Sep 2021, 23:34)

1.Wenn man die Aussagen z.B. des Kremlsprechers nach dem Borell-Besuch nimmt, scheint es eher so zu sein, dass es schon Interesse seitens Russlands gibt. Umgedreht war es der EU-Gipfel Ende Juni der das kategorisch abgelehnt hat. Der Vorschlag von Frankreich und Deutschland wurde abgelehnt. Und nicht nur von den baltischen Staaten oder Polen (z.B. auch den Niederlanden). Ich meine sogar gelesen zu haben, das Rutte meinte er würde sich ganz sicher nicht mit Putin an einen Tisch setzen. Was in Anbetracht des MH17 Vorfalls allzu verständlich ist, der russische Umgang mit der Angelegenheit ist nur als Verhöhnung der Opfer zu verstehen und ganz einfach erbärmlich. Sogar die Mullahs im Iran hatten bei dem versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine mehr Arsch in der Hose. Am Borell-Besuch sieht man das der Kreml ein einziges Witzfigurenkabinett ist. Einen Diplomaten, von dem bekannt ist, das er ne Lame Duck ist, zu düpieren, ja großes Kino. Eine wahre Heldentat, zumindest wenn man auf dem Level eines Lawrow ist. Gemeint ist hier mit Lame Duck die Position des Außenbeauftragten der EU nicht Borell als Person.


2.
Für gewöhnlich ist Recht nicht biegbar, keine Ahnung wo das herkommt, aber das wäre Willkür. Dem vernehmen nach ist das oft in Russland der Fall. In europäischen Ländern eher nicht. Wieso sollten russische Verhältnisse auf die EU übertragen werden? Gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Zumal Russland seit Jahren durch feindliche Übergriffe auffällig ist.


3.
Das scheint schon geradezu absurd. Beispiel die diplomatischen Vorfälle zwischen Tschechien und Russland. Die Kürzung des Personals der russischen Botschaft hat das russische Drehkreuz für Geheimdienstoperationen in Europa geradezu handlungsunfähig gemacht. Den Personalschwund der tschechischen Botschaft in Moskau federt die deutsche Botschaft ab. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU "zerfleischen" sich nicht, sie kooperieren auf hohem Niveau. Außenpolitischer Verlierer ist hier Russland. Es sieht eher danach aus, als hätte man wenig Plan im Kreml. Aber gut, kannst natürlich weiter probieren die kompetenzbefreite Kreml-Clique als die Überbrains darzustellen, ist aber wenig glaubhaft aus meiner Sicht.


4.
Von europäischer Seite aus betrachtet ist das falsch. Es begleitet uns nicht schon sehr lange, natürlich spuckt man in Russland große Töne und verhält sich seit vielen Jahren feindselig, aber von Seiten der EU und erst Recht der Bundesregierung, ist das absolut neu. Das an die Öffentlichkeit kommt, wie Merkel genervt Putin imitiert und lächerlich macht "Moj truba" und der "kleine, verunsicherte Mann", ist außergewöhnlich und neu. So etwas habe ich vorher noch über kaum einen anderen Staatschef gelesen, mag sein, das so etwas natürlich auch über andere intern geäußert wird, aber es drang bisher nicht an die Öffentlichkeit. Zeigt aber nur wie viel Respekt man vor Putin hat.


5.
Was für einen Sinn macht die Betrachtung einzelner Projekte? Die gab es immer und wird es immer geben. Insgesamt sind die außenwirtschaftlichen Beziehungen rückläufig seit längerer Zeit. Russland hat schon an Bedeutung verloren und wird vermutlich weiter verlieren. Zumal richtige Sanktionen noch gar nicht beschlossen wurden. Man muss abwarten was evtl nach Urteilen zu MH17 oder auch dem Tiergartenmord passiert.


6.
Welche Erfolge? Da ist nicht viel zu sehen, aus den G8 ist man seit geraumer Zeit raus, in der WHO wahrscheinlich nur wegen der Unterstützung der Bundesregierung (zumindest hat das erheblich beschleunigt). Man führt teure Kriege in der Ukraine und Syrien mit wenig Nutzen. Biden ruft und Putin kommt und holt sich ne Ansage ab, was passieren wird, falls die Cyber-Attacken nicht eingestellt werden. Sieht eher aus wie Zuckerbrot und Peitsche... Oder kommt jetzt auch, Russland will eigentlich gar nicht mit den USA reden?
lm Vergleich zu China, USA oder EU ist Russland warum genau ein Riese? Weil Lawrow dumme Sprüche ablässt? Es volkswirtschaftliche Direktinvestitionen von beiden Seiten gibt?
Weil Nordstream 2 schon Mal die Bedingung hat, das der Gastransit durch die Ukraine bestehen bleibt? Bedingungen für Gespräche zwischen EU und Russland erst noch definiert werden müssen und nur wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt es überhaupt Gespräche? Außenpolitischer Erfolg? Für mich sieht so Misserfolg auf ganzer Linie aus.
1.
Welche Aussagen meinst du?
Russland lässt sich immer ein rethorisches Hintertürchen offen, aber die abwertende Rethorik zum Zustand der EU wird da immer offener beigemischt.

Die unterschiedlichen Standpunkte der jeweiligen Länder sind genau das, was man ausnutzen kann. Tschechien und Ungarn sind das Musterbeispiele.
Die einen haben einen internen Streit und tendieren weg und die anderen tun das Gegenteil, weil Moskau bilateral und nicht via EU-Segen vorgeht.

2.
Sollte es nicht sein, aber bei Bedarf ist es auch hier so.
Dazu reicht ein Hinweis auf die Auslegungsverrenkungen in Sachen Staatsfinanzierung via EZB. Sowas könnte man selbst erständlich auch an anderer Stelle tun.
Nicht um irgendwas für Russland zu tun, sonder so wie bei der EZB, um das EU-System nennen wir es mal weiter zu entwickeln.

3.
Einfach abwarten und Tee trinken.
Um die Widersprüche in der EU auszunutzen, braucht man kein Überbrain zu sein.
In Tschechien kostet das ggf ein AKW, aber das hätte es ja mit sanfterem kurs wohl auch nicht gegeben. Zumindest wenn man mal auf russische Großprojekte wie SouthStream schaut.

4.
Mindestens seit 2014.
Auch da hat Merkel schon erzählt, dass Putin in einer anderen Welt unterwegs wäre und keinen Bezug zur Realität hätte.

Und wenn du dir die letzte PK anschaust, als Angie in Moskau war, dann weißt du, wie die beidenmiteinander sind. "Lieber Vladimir" und "du" und "ich war ja Kranz für Soldaten ablegen"...

5.
Es ist ziemlich viel, wenn ein Staat seine größten Gasspeicher an Russen verkauft und sich auf NordStream2 festlegt, während doch Megakrise mit Russland ist.
Linde hat zwei Milliardenkooperationen mit Gazprom für deren neue Gasveredlungswerke (Amur und just gestern für die Anlage bei St. Petersburg) vereinbart.
Am Ende erzählt das und andere Kooperationen eine Geschichte, die wenig zum Image passt, dass man ja wegen der Werte eigentlich nicht...
Schau einfach mal, was aus der Flugzeugumleitung und Oppositionsverhaftung in Weißrussland fur ein Sanktions-usw-Theater folgte.
Etwa eine Woche später gab es einen ählichen Vorfall in Russland (Abbruch der Startphase).
Ähnlich wie beim Krimgewässervorfall gab es vor allem dröhnendes Schweigen aus der EU.
Im Ergebnis hat man Lukaschenko in Putins Arme getrieben.
Das war ein Geschenk der EU an Putin, das aber ganz anders aussieht.

6.
Das ist das Schöne an der Geopolitik. Man findet immer Ansätze es in alle Richtungen zu deuten.
Für dich wird das Folgende wohl eher eine Reihe von Misserfolgen sein...ich finde da eher ordentlich Potential, das aber natürlich auch ungehoben bleiben kann.
Russlands Syrienpolitik führte jüngst zu einer Kooperationserklärung zw SaudiArabien und Russland.
Die Ukrainekrise hat ihnen die Krim gebracht (die Kosten dafür fnanzieren wir zb gerade via höheren Gaspreisen) und dafür gesorgt, dass die vorher im Raum stehende EU-und Natoerweiterung um die Ukraine weit in die Zukunft gerückt ist.
Russland hat sich zu einem der Topentscheider bei der OPEC+ gemacht (das könnte eine Folge aus Syrien/Ukraine sein, wenn man da mal die Timelines betrachtet).
Russland ist neben China der zweie Kopf der SCO.
Die EAWU verhandelt (und schließt ab) diverse Freihandelsabkommen und hat sich als Teil der Seidenstrasse etabliert. Der NordSüdkorridor via Iran gen Indien erlebt zumindest auf Vereinbarungsebene einen neuen Frühling.
Russland setzt seben Fuß wieder verstärkt nach Afrika (während die Einsätze der EU-Staaten irgendwie nicht so wie erhofft laufen nd diverse Putsches/Sterbefälle eher den EUrop. Interessen schaden). In Libyen ist Russland neben der Türkei zb die Macht. Einfach weil die EU zu schwach war, muss sie nun direkt an der Südgrenze Russland sehr stark berücksichtigen.

Wenn du mich fragst, hat bis auf China kein anderes Land derartigen Machtzuwachs in den letzten 7-8 Jahren erfahren. Das kann naturlich auch nach hnten losgehen, aber bislang tut es das imA nicht.
Sie sind sicher ökonomisch nicht ansatzweise in einer Liga mit China oder der USA.
Aber sie spielen ihre Möglichkeiten sehr geschickt.
Zb ist es die Energiesupermacht schlechthin. Und just auf dem Feld muss sich die EU gerade bewähren.
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Fr 10. Sep 2021, 21:41, insgesamt 1-mal geändert.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Kohlhaas hat geschrieben:(10 Sep 2021, 14:58)
1.
Ganz genau. Relevant ist nur, was der EuGH dazu sagt. Und der hat sich ja nun deutlich geäußert. ;)


2.
Das Unbundling ist im Jahr 2005 im Energiewirtschaftsgesetz festgeschrieben worden. Maßstab dafür war die Zahl der Kunden, die versorgt wurden. Wenn 2018 etwas "holter di polter" geändert worden sein sollte, dann bezog sich das nur auf die Klarstellung, dass auch ein russischer Versorger, der in der EU mehr als 100.000 Menschen beliefert, die Regeln einzuhalten hat.


Die EU regelt gar nichts, was außerhalb ihrer Rechtsbefugnis liegt. Sie legt lediglich fest, welche Regeln für Versorger gelten, die ausschließlich Kunden innerhalb der EU beliefern. Wer dabei "die Macht" hat, wird Putin schon noch merken. Es ist gewiss nicht Russland.

3
Anscheinend hast Du die Zeichen der Zeit nicht mitbekommen. Steinkohle wird in Deutschland gar nicht mehr gefördert, Braunkohle bald auch nicht mehr, alle westlichen Industrienationen wollen mittelfristig auch aus der Nutzung aller anderen fossilen Energieträger aussteigen, die Preise sind zeitweise dramatisch gefallen. Wenn es vorübergehend eine Erholung gab, besagt das nichts. Venezuela z.B. ist immer noch pleite.

https://amerika21.de/2020/03/238181/ein ... -venezuela

Nationen, die heute noch vorrangig auf den Energieexport setzen, kriegen in nicht allzu ferner Zukunft richtige Probleme.

4.
Ich lach mich schlapp. Warum merken eigentlich die Bürger nichts von diesem explodierenden Wohlstand?

Auch Gott, was der Putin so alles an Propagandameldungen schreibt.... :rolleyes:

https://de.statista.com/statistik/daten ... odukt-bip/
1.
Relevant ist nur, was am Ende daraus wird.

2.
https://www.consilium.europa.eu/de/pres ... countries/
2019 ist die Ausweitung auf Pipelines aus Drittländern final beschlossen worden.
Und 2019 ist wohl eindeutig nicht 2005.
Und selbstverständlich ist diese Auslegung eindeutig über die Grenzen der EU hinaus wirksam.

3.
Genau deshalb steigt doch der Preis.
Gebraucht wird Kohle weiterhin, wie man an der deutschen Stromerstellung im Q1 sehen kann.
Wenn die EU diese Art Geschäft nicht mehr will, machen es andere. Zb Russland baut die Förderung aus und hat sicher bei dem Preisverlauf ganz gut verdient.
Wenn sie das in der Übergangszeit weiter schaffen, war es sicher eine sehr lohnende Entscheidung.

4.
Lach soviel du willst.
Das ist ja gesund und Russland wird ja von vielen gerne unterschätzt. Damit können die ganz gut leben.
Wundere dich dann nur nicht, wenn du die russische Pleitewelle ala Venezuela vermutest und diese auf sich warten lässt ;)
Michael Alexander
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Michael Alexander »

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen und will weder Kohle, noch Kernkraft, noch Erdgas. Zumindest tut man so. Inoffiziell wissen wohl so manche, die sich mit der Materie auskennen, dass es so nicht geht. Deswegen ist NS2 ja auch heute fertiggestellt worden. Und in Kürze wird Gas durch die Röhre strömen, das die Deutschen bezahlen werden.

Wie soll es auch anders sein? Wie wollt ihr den eure Häuser heizen? Wie wollt ihr Strom generieren für eure Haushalte, eure Industrie, eure geplanten E-Autos? Räumt mal mit eurer Kinderbuchpolitik auf und seht der Realität ins Auge.

Was der EuGH dazu sagt, sollte euch schnurz sein, denn diese abgehobene Versammlung französisch parlierender Bürokraten handelt sicher nicht im Interesse Deutschlands und hat keine demokratische Legitimation. Auf EU-Ebene wird schon lange nach Belieben Recht gebogen und gebrochen. Den EuGH hat das aber bislang nicht gestört, da Recht immer dann gebrochen werden darf, wenn es die Integration der EU vorantreibt. Was soll man also von solch einem "Gerichtshof" halten?

Vielleicht müsst ihr aber auch erst einmal im Kalten und Dunklen sitzen, um all dies einzusehen. Ich wünsche viel Spass mit euren Lastenrädern und eurem Bullerbü. Die Zukunft wird dann eben woanders stattfinden.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Vongole »

Michael Alexander hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:54)

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen ....
Außer den Putin-Apologeten bist du der einzige, der hier aufstapft, weil sich weder Deutschland noch die EU nach deinen Vorstellungen drehen.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Kevin Schildbürger »

Pardon, ich hatte mal vorgeschlagen, daß man wenn man schon kein Gas dann sollte man aber auf jeden Fall fertig bauen, weil so unkomplett macht die Röhre gar keinen Sinn.
In diesem Zusammenhang schlug ich vor, daß man die Röhre ja als Skaterröhre nutzen kann. Da muss ich jetzt leider eine Gegendarstellung. ich hab recherchiert. Die Röhre ist
nur 1,20 meter groß, da können nur Knirpse fahren, musst auch noch das Board zurechnen. Das war also Unsinn von mir, zieh ich zurück. Die Einzelröhren also Gasstränge sind nur
etwas über einen Milimeter, keine Ahnung wieso so klein. Aber egal jetzt fließt halt Gas durch, hat sich eh erledigt.
Von allen interessanten Gedanken schätze ich doch am meisten die interessanten
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

]
Michael Alexander hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:54)

Deutschland stampft kindisch mit den Füssen und will weder Kohle, noch Kernkraft, noch Erdgas. Zumindest tut man so. Inoffiziell wissen wohl so manche, die sich mit der Materie auskennen, dass es so nicht geht. Deswegen ist NS2 ja auch heute fertiggestellt worden. Und in Kürze wird Gas durch die Röhre strömen, das die Deutschen bezahlen werden.

Gas ist noch eine gewisse Zeit notwendig ja. Streitet auch niemand ab. Aber es ist eine Zeit der Veränderung und des Übergang.

Die Uhr der fossilen Brennstoffe läuft aus. Ja Gas wird noch 15 Jahre für Exporteure wie Russland ein guter Deal sein. Aber immer weniger lohnend, immer teurer und abnehmen.

Nord Stream 2 ist nicht notwendig. Das ist mehrfach belegt worden.
Wie soll es auch anders sein? Wie wollt ihr den eure Häuser heizen? Wie wollt ihr Strom generieren für eure Haushalte, eure Industrie, eure geplanten E-Autos? Räumt mal mit eurer Kinderbuchpolitik auf und seht der Realität ins Auge.

Jetzt kommt die Angst Nummer als Taschenspieler Trick. Fossile Brennstoffe werden langfristig ersetzt werden und das ist problemlos möglich schon heute.

Auch zu vertretbaren Kosten und im Einklang mit Umweltschutz. Dito lohnt sich die Investition auch ohne Vergütung notfalls.

Ich brauche weder Öl, Gas oder mittlerweile Strom vom Netz. Das kann fast jeder erreichen bzw erreicht werden. Wir werden auch nicht nur EMobil sein.

Immer die Füße still halten :)

Es gibt genug Alternativen die auch bezahlbar & lukrativ sind je nach Objekt ect.

Man muss eben klug agieren. Im Dunkeln und Kalten muss niemand sitzen oder langfristig Angst davor haben.





Was der EuGH dazu sagt, sollte euch schnurz sein, denn diese abgehobene Versammlung französisch parlierender Bürokraten handelt sicher nicht im Interesse Deutschlands und hat keine demokratische Legitimation. Auf EU-Ebene wird schon lange nach Belieben Recht gebogen und gebrochen. Den EuGH hat das aber bislang nicht gestört, da Recht immer dann gebrochen werden darf, wenn es die Integration der EU vorantreibt. Was soll man also von solch einem "Gerichtshof" halten?

Vielleicht müsst ihr aber auch erst einmal im Kalten und Dunklen sitzen, um all dies einzusehen. Ich wünsche viel Spass mit euren Lastenrädern und eurem Bullerbü. Die Zukunft wird dann eben woanders stattfinden.

Wenn Du im Dunkeln sitzen willst bitte. Steht Dir frei :)

Die Zukunft bedeutet Veränderung und Anpassung. Das ist normal. Die EU und Deutschland funktionieren trotz aller Probleme und Macken relativ gut. Gerade weil es was wie denn Gerichtshof gibt. Wenn Du glaubst das die EU oder Deutschland nach deiner Meinung tanzen sollten bist du falsch.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
derBabelszwerg
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Registriert: Mi 8. Sep 2021, 19:21

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(10 Sep 2021, 17:10)

1.
Welche Aussagen meinst du?
Russland lässt sich immer ein rethorisches Hintertürchen offen, aber die abwertende Rethorik zum Zustand der EU wird da immer offener beigemischt.

Die unterschiedlichen Standpunkte der jeweiligen Länder sind genau das, was man ausnutzen kann. Tschechien und Ungarn sind das Musterbeispiele.
Die einen haben einen internen Streit und tendieren weg und die anderen tun das Gegenteil, weil Moskau bilateral und nicht via EU-Segen vorgeht.

2.
Sollte es nicht sein, aber bei Bedarf ist es auch hier so.
Dazu reicht ein Hinweis auf die Auslegungsverrenkungen in Sachen Staatsfinanzierung via EZB. Sowas könnte man selbst erständlich auch an anderer Stelle tun.
Nicht um irgendwas für Russland zu tun, sonder so wie bei der EZB, um das EU-System nennen wir es mal weiter zu entwickeln.

3.
Einfach abwarten und Tee trinken.
Um die Widersprüche in der EU auszunutzen, braucht man kein Überbrain zu sein.
In Tschechien kostet das ggf ein AKW, aber das hätte es ja mit sanfterem kurs wohl auch nicht gegeben. Zumindest wenn man mal auf russische Großprojekte wie SouthStream schaut.

4.
Mindestens seit 2014.
Auch da hat Merkel schon erzählt, dass Putin in einer anderen Welt unterwegs wäre und keinen Bezug zur Realität hätte.

Und wenn du dir die letzte PK anschaust, als Angie in Moskau war, dann weißt du, wie die beidenmiteinander sind. "Lieber Vladimir" und "du" und "ich war ja Kranz für Soldaten ablegen"...

5.
Es ist ziemlich viel, wenn ein Staat seine größten Gasspeicher an Russen verkauft und sich auf NordStream2 festlegt, während doch Megakrise mit Russland ist.
Linde hat zwei Milliardenkooperationen mit Gazprom für deren neue Gasveredlungswerke (Amur und just gestern für die Anlage bei St. Petersburg) vereinbart.
Am Ende erzählt das und andere Kooperationen eine Geschichte, die wenig zum Image passt, dass man ja wegen der Werte eigentlich nicht...
Schau einfach mal, was aus der Flugzeugumleitung und Oppositionsverhaftung in Weißrussland fur ein Sanktions-usw-Theater folgte.
Etwa eine Woche später gab es einen ählichen Vorfall in Russland (Abbruch der Startphase).
Ähnlich wie beim Krimgewässervorfall gab es vor allem dröhnendes Schweigen aus der EU.
Im Ergebnis hat man Lukaschenko in Putins Arme getrieben.
Das war ein Geschenk der EU an Putin, das aber ganz anders aussieht.

6.
Das ist das Schöne an der Geopolitik. Man findet immer Ansätze es in alle Richtungen zu deuten.
Für dich wird das Folgende wohl eher eine Reihe von Misserfolgen sein...ich finde da eher ordentlich Potential, das aber natürlich auch ungehoben bleiben kann.
Russlands Syrienpolitik führte jüngst zu einer Kooperationserklärung zw SaudiArabien und Russland.
Die Ukrainekrise hat ihnen die Krim gebracht (die Kosten dafür fnanzieren wir zb gerade via höheren Gaspreisen) und dafür gesorgt, dass die vorher im Raum stehende EU-und Natoerweiterung um die Ukraine weit in die Zukunft gerückt ist.
Russland hat sich zu einem der Topentscheider bei der OPEC+ gemacht (das könnte eine Folge aus Syrien/Ukraine sein, wenn man da mal die Timelines betrachtet).
Russland ist neben China der zweie Kopf der SCO.
Die EAWU verhandelt (und schließt ab) diverse Freihandelsabkommen und hat sich als Teil der Seidenstrasse etabliert. Der NordSüdkorridor via Iran gen Indien erlebt zumindest auf Vereinbarungsebene einen neuen Frühling.
Russland setzt seben Fuß wieder verstärkt nach Afrika (während die Einsätze der EU-Staaten irgendwie nicht so wie erhofft laufen nd diverse Putsches/Sterbefälle eher den EUrop. Interessen schaden). In Libyen ist Russland neben der Türkei zb die Macht. Einfach weil die EU zu schwach war, muss sie nun direkt an der Südgrenze Russland sehr stark berücksichtigen.

Wenn du mich fragst, hat bis auf China kein anderes Land derartigen Machtzuwachs in den letzten 7-8 Jahren erfahren. Das kann naturlich auch nach hnten losgehen, aber bislang tut es das imA nicht.
Sie sind sicher ökonomisch nicht ansatzweise in einer Liga mit China oder der USA.
Aber sie spielen ihre Möglichkeiten sehr geschickt.
Zb ist es die Energiesupermacht schlechthin. Und just auf dem Feld muss sich die EU gerade bewähren.
1. Interner Streit? Die Tschechen reagieren auf Russlands Gefährdung der inneren Sicherheit der tschechischen Republik und tendieren weg aufgrund russischen Verhaltens. Das hat mit vermeintlich "cleveren" ausnutzen von EU Problemen nichts zu tun. Ebenso bei den niederländisch-russischen Beziehungen, oder Skandinavien, Baltikum, Polen, Großbritannien oder eben zunehmend Deutschland. Natürlich Orban, der stichelt mit der EU und Putin glaubt er könnte das ausnutzen, vermutlich ist es aber eher so, dass Orban hier kalkuliert, schlussendlich aber ernste Probleme mit der EU vermeiden wird. Aber auch die Polen haben derzeit ein paar Probleme mit Brüssel, gehen aber trotzdem nicht Richtung Moskau. Bilateral vorgehen funktioniert bei der EU halt nicht, das ist ja das Problem, die "Strategie" geht nicht auf. Die EU ist nunmal eine Bürokratie deren Regeln ein einziger Staat nicht ändern kann. Bilaterale Verhandlungen sind daher relativ sinnfrei, zumal man zu allen ein gleich gutes Verhältnis benötigt, damit es etwas bringt. Es sei denn die EU zerfällt am Ende, das ist aber nicht absehbar. Mir scheint sowieso das bei dir ein antiquiertes Bild vorherrscht. Niemand tendiert mehr nach Moskau, weil Russland diese Bedeutung von früher nicht mehr hat. Moskau kann sich entscheiden wohin es tendieren möchte: Peking, Washington oder Brüssel. Ich schätze es wird Peking sein, aber dann als Kellner, nicht als Koch.

2. Also hier werden EU interne Vorgänge mit gemischten verglichen. Eine direkte Staatsfinanzierung findet durch die EZB nicht statt, da die Staaten ihr Geld von den Geschäftsbanken erhalten. Es wäre aber natürlich möglich, das Mandat der EZB anzupassen. Müssten die EU Staaten beschließen. Wäre aber eine Änderung des Rechts, keine Biegung. Wo wurde irgendwo EU Recht gebogen und vor allem durch wen? In Sachen EZB und der Anleihenkäufe am Sekundärmarkt, müssten also EZB, Bundesregierung, Bundesbank, Verfassungsgericht EU Recht gebogen haben? Wann gab es eine Biegung von EU Recht bei Sachverhalten die eu-staaten und nicht eu-staaten betraf?

3. Ich finde das Argument nicht. Russland in der besseren Position, weil ein Milliardenauftrag flöten gegangen ist? Wo wurden denn hier Widersprüche in der EU ausgenutzt? Tschechien hat gesagt: Sprengstoffattentat=> russische Botschaft wird handlungsunfähig gemacht, russische Firma draußen => Frankreich, Südkorea oder USA werden das Kraftwerk bauen. Hier hat sich Russland ganz klar selbst geschadet und ganz ehrlich, die tschechische Reaktion war doch vorhersehbar, wer macht da die Planung im Kreml? Anscheinend niemand oder jemand der unfähig ist.

4. OK, wie gesagt, ich sehe da erst seit kurzem eine massive Verschlechterung. In etwa seit dem Zeitpunkt der Pressekonferenz wo Putin Merkel im Beisein von Macron und Selenskij dreist ins Gesicht log, wie er hinterher auch zugab. Das war dumm! Aber schlussendlich ist Merkel bald Geschichte.

5. Wer hat sich denn auf Nord Stream 2 festgelegt? Die Bundesregierung hat immer betont es ist ein rein privatwirtschaftliches Geschäft (was allein wegen Gazprom schon nicht stimmt, das ist ein Staatskonzern)... Nach dem Motto haltet uns da raus, die Pipeline ist kein Politikum. Man konnte sich auch lange genug drücken, bis irgendwann die USA klar gemacht haben, das sie sich da ungern verarschen lassen. Russlands Angriffe auf Deutschland, die EU oder auch der Überfall auf die Ukraine, welche Argumente hatte die Bundesregierung nach all dem dann noch? So gut wie keine, es gibt Nordstream 1, die schon bestehenden Pipelines über Land und allesamt mit Lieferverträgen die den Bedarf decken. Es ist fraglich ob man Nordstream 2 überhaupt braucht (wieder kein Argument pro Nordstream 2). Wo ist hier ein Bekenntnis zu Nord Stream 2? Man hat viel mehr die Nutzung an Bedingungen geknüpft, was eine neue Regierung machen wird ist schwer absehbar. Nichtsdestotrotz gibt es Zusagen an die Ukraine und die USA, denke nicht das man die brechen wird, egal wer regiert... Aber es scheint noch nicht sicher das dort überhaupt Gas in größeren Mengen fließt.

6. China entwickelt sich ständig, wobei Xhi Jinping immer mehr auch die Unternehmen und die Zivilbevölkerung an die Kandare nimmt. Für Wachstum und Innovation eher hinderlich, mal schauen wie sich das zukünftig auswirkt, hinzu kommt die ein Kind Politik nach der China weit mehr unter Überalterung leiden wird als bspw. Europa oder die USA.
Russland entwickelt sich meiner Meinung nach nicht. Syrien, Libyen oder der Nahe Osten allgemein wird unwichtiger werden, sieht man daran das der Nahe Osten für China keine Rolle spielt und für die USA auch immer weniger. Vermeintliche Erfolge sind nett aber letztendlich brotlose Kunst. Natürlich listest du auch positive Dinge auf, aber das war alles Kooperation und nicht Eskalation wie es Russland vermehrt betreibt. Ich denke auch dass die EU für Russland ein wichtiger Handelspartner sein kann, zumindest wichtiger als die Eurasische Wirtschaftsunion untereinander, da von der Wirtschaftskraft her Welten dazwischen liegen. Die Eurasische Wirtschaftsunion ist sowieso hinfällig. Ukraine nicht mehr wirklich dabei, Belarus gehört bald komplett zur russischen Föderation. Bleibt Kasachstan... Aber wie sieht da der Handel aus? Kasachstan verkauft Erdöl nach Russland und bekommt dafür russisches Erdöl? Putin kann keine Kooperation und auch Wirtschaftspolitik scheint ihm fremd zu sein und das sieht man.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(13 Sep 2021, 01:08)

1. Interner Streit? Die Tschechen reagieren auf Russlands Gefährdung der inneren Sicherheit der tschechischen Republik und tendieren weg aufgrund russischen Verhaltens. Das hat mit vermeintlich "cleveren" ausnutzen von EU Problemen nichts zu tun. Ebenso bei den niederländisch-russischen Beziehungen, oder Skandinavien, Baltikum, Polen, Großbritannien oder eben zunehmend Deutschland. Natürlich Orban, der stichelt mit der EU und Putin glaubt er könnte das ausnutzen, vermutlich ist es aber eher so, dass Orban hier kalkuliert, schlussendlich aber ernste Probleme mit der EU vermeiden wird. Aber auch die Polen haben derzeit ein paar Probleme mit Brüssel, gehen aber trotzdem nicht Richtung Moskau. Bilateral vorgehen funktioniert bei der EU halt nicht, das ist ja das Problem, die "Strategie" geht nicht auf. Die EU ist nunmal eine Bürokratie deren Regeln ein einziger Staat nicht ändern kann. Bilaterale Verhandlungen sind daher relativ sinnfrei, zumal man zu allen ein gleich gutes Verhältnis benötigt, damit es etwas bringt. Es sei denn die EU zerfällt am Ende, das ist aber nicht absehbar. Mir scheint sowieso das bei dir ein antiquiertes Bild vorherrscht. Niemand tendiert mehr nach Moskau, weil Russland diese Bedeutung von früher nicht mehr hat. Moskau kann sich entscheiden wohin es tendieren möchte: Peking, Washington oder Brüssel. Ich schätze es wird Peking sein, aber dann als Kellner, nicht als Koch.

2. Also hier werden EU interne Vorgänge mit gemischten verglichen. Eine direkte Staatsfinanzierung findet durch die EZB nicht statt, da die Staaten ihr Geld von den Geschäftsbanken erhalten. Es wäre aber natürlich möglich, das Mandat der EZB anzupassen. Müssten die EU Staaten beschließen. Wäre aber eine Änderung des Rechts, keine Biegung. Wo wurde irgendwo EU Recht gebogen und vor allem durch wen? In Sachen EZB und der Anleihenkäufe am Sekundärmarkt, müssten also EZB, Bundesregierung, Bundesbank, Verfassungsgericht EU Recht gebogen haben? Wann gab es eine Biegung von EU Recht bei Sachverhalten die eu-staaten und nicht eu-staaten betraf?

3. Ich finde das Argument nicht. Russland in der besseren Position, weil ein Milliardenauftrag flöten gegangen ist? Wo wurden denn hier Widersprüche in der EU ausgenutzt? Tschechien hat gesagt: Sprengstoffattentat=> russische Botschaft wird handlungsunfähig gemacht, russische Firma draußen => Frankreich, Südkorea oder USA werden das Kraftwerk bauen. Hier hat sich Russland ganz klar selbst geschadet und ganz ehrlich, die tschechische Reaktion war doch vorhersehbar, wer macht da die Planung im Kreml? Anscheinend niemand oder jemand der unfähig ist.

4. OK, wie gesagt, ich sehe da erst seit kurzem eine massive Verschlechterung. In etwa seit dem Zeitpunkt der Pressekonferenz wo Putin Merkel im Beisein von Macron und Selenskij dreist ins Gesicht log, wie er hinterher auch zugab. Das war dumm! Aber schlussendlich ist Merkel bald Geschichte.

5. Wer hat sich denn auf Nord Stream 2 festgelegt? Die Bundesregierung hat immer betont es ist ein rein privatwirtschaftliches Geschäft (was allein wegen Gazprom schon nicht stimmt, das ist ein Staatskonzern)... Nach dem Motto haltet uns da raus, die Pipeline ist kein Politikum. Man konnte sich auch lange genug drücken, bis irgendwann die USA klar gemacht haben, das sie sich da ungern verarschen lassen. Russlands Angriffe auf Deutschland, die EU oder auch der Überfall auf die Ukraine, welche Argumente hatte die Bundesregierung nach all dem dann noch? So gut wie keine, es gibt Nordstream 1, die schon bestehenden Pipelines über Land und allesamt mit Lieferverträgen die den Bedarf decken. Es ist fraglich ob man Nordstream 2 überhaupt braucht (wieder kein Argument pro Nordstream 2). Wo ist hier ein Bekenntnis zu Nord Stream 2? Man hat viel mehr die Nutzung an Bedingungen geknüpft, was eine neue Regierung machen wird ist schwer absehbar. Nichtsdestotrotz gibt es Zusagen an die Ukraine und die USA, denke nicht das man die brechen wird, egal wer regiert... Aber es scheint noch nicht sicher das dort überhaupt Gas in größeren Mengen fließt.

6. China entwickelt sich ständig, wobei Xhi Jinping immer mehr auch die Unternehmen und die Zivilbevölkerung an die Kandare nimmt. Für Wachstum und Innovation eher hinderlich, mal schauen wie sich das zukünftig auswirkt, hinzu kommt die ein Kind Politik nach der China weit mehr unter Überalterung leiden wird als bspw. Europa oder die USA.
Russland entwickelt sich meiner Meinung nach nicht. Syrien, Libyen oder der Nahe Osten allgemein wird unwichtiger werden, sieht man daran das der Nahe Osten für China keine Rolle spielt und für die USA auch immer weniger. Vermeintliche Erfolge sind nett aber letztendlich brotlose Kunst. Natürlich listest du auch positive Dinge auf, aber das war alles Kooperation und nicht Eskalation wie es Russland vermehrt betreibt. Ich denke auch dass die EU für Russland ein wichtiger Handelspartner sein kann, zumindest wichtiger als die Eurasische Wirtschaftsunion untereinander, da von der Wirtschaftskraft her Welten dazwischen liegen. Die Eurasische Wirtschaftsunion ist sowieso hinfällig. Ukraine nicht mehr wirklich dabei, Belarus gehört bald komplett zur russischen Föderation. Bleibt Kasachstan... Aber wie sieht da der Handel aus? Kasachstan verkauft Erdöl nach Russland und bekommt dafür russisches Erdöl? Putin kann keine Kooperation und auch Wirtschaftspolitik scheint ihm fremd zu sein und das sieht man.
1.
Da schau dir mal an, was zb. der tschechische Präsident davon hält.
Dort geht es darum, ob man den vorher russlandfreundlicheren Weg weitergehen wollte oder eben nicht. Imo haben die Umkehrer die Nase vorn.

Du erkennst letztlich das eigentliche Thema in Sachen Ungarn an (Orban nutzt Russland, um ggü der EU ein Druckmittel zu haben) und schließt quasi aus, dass genau das auch Russland nutzen könnte, weil du unterstellst, dass Ungarn wieder umkehrt. Das kann so kommen, muss aber nicht. Es ist am Ende eine Kalkulation jedes Staates. Sind die Goodies hoch genug, wird Orban weiter diesen Weg gehen.
In Sachen Deutschland geschieht genau sowas, wenn man NordStream2 nicht noch kippt. Die Vorteile der deutsch/russischen Kooperation überwiegen auf diesem Feld die Nachteil hier um Längen.
Und das muss keineswegs zum Vorteil der EU sein. Trotzdem wird es gemacht.

Polen ist tatsächlich das spannenste Land diesbezüglich, weil sie sich selber der russischen Option beraubt haben und jetzt keine wirklichen Alternativen haben (nachdem Trump wegfiel).
Das Gezerre um die EU-Coronamilliarden ist extrem interessant. Die Nummer ist bei Einführung quasi im Rahmen der gesamten EU-Budgetverhandlungen gelaufen und noch mit Fragen um CO2-Reduktion und einem Rechtsstaatlichkeitsgesichtswahrer verknüpft gewesen.
Und jetzt stellt die EU genau das zur Disposition. Sie kann es, weil Polen die Alternativen fehlen.
Aber das heißt noch lange nicht, dass die Nummer unbedingt EU-freundlich ausgehen muss. Selbst Polen kann einen Ausgleich mit Russland anstreben (tatsächlich empfehlen russische Thinktanks den Polen genau das).

Appropos Polen: Am Tag als Putin de Fertigstellung des ersten Rohres von NordStream2 verkündete, meldete sich bezüglich der BalticPipeline Dänemark (kurz vorher kam da deren Abhörungsunterstützung gg Dtl und Frankreich ans Licht) und legte diese wegen "Umwelt"bedenken defacto auf Eis. (https://www.dw.com/en/baltic-pipe-delay ... a-58318657)
So sieht es aus, wenn Polen gegen Deutschland UND Russland den kürzeren zieht.

2.
Mir ist völlig egal, wie man das "erklärt".
Es ist ein Fakt, dass da eine sehr kreative Auslegung stattgefunden hat, die man sicher im Wortlaut wiederfindet, die aber ziemlich offensichtlich anderweitige Probleme hat, die so wegdefiniert wurden. Es ist das Privileg der höchsten Richter, das so zu tun.
Diese Auslegung ist letztlich das Biegen und das geschieht hin und wieder mal.
So eine Auslegung ist jederzeit auch bei anderen Themen MÖGLICH.

3.
Wie kommst du darauf?
Du unterstellst ja, dass die mit anderem Stil diesen Auftrag bekommen hätten. Auch China wurde da zb ausgeschlossen.
Dabei ist augenscheinlich, dass Russland solche Großprojekte viel eher durchgesetzt bekommt, wenn es sich nicht Eu-freundlich, sondern mächtig verhält.
SouthStream ist ihnen gekippt worden.
TurkStream und Nordstream sind fertig. In beiden letzteren Fällen kann von einem zurückhaltenden Russland keine Rede sein.

4.
Ich bin sehr gespannt, was da nach der BT-Wahl kommt.
Aber ich vermute, dass keine neue Regierung an den Entwicklungen der letzten Jahre in Sachen Russlands Machtzuwachs vorbeikommt. Selbst eine (wohl unmögliche) grüne Alleinregierung nicht.
Da aber CDU und/oder SPD wichtiger Teil der Regierung sein werden, dürfte es handlungstechnisch Kontinuität geben, was imA Richtung mehr Kooperation/abstimmung im deutsch/russischen Verhältnis deutet. Egal, ob dann weiter das Theater um die ach so heiligen Werte aufgeführt wird.

5.
Und das nimmst du der Bundesregierung ab?
Das Projekt war so "unpolitisch", dass Dtl. US-Sanktionen und ewige politische Verhandlungen/Streits mit diversen EU-Staaten und der USA in Kauf genommen hat.
Wenn diese Pipeline also so unnötig für Deutschland (deutsche Interessen)sein sollte, warum hat man das getan?

6.
Da verkennst du die Bedeutung des nahen Ostens für China.
Dieser geographische Bereich ist für deren Seidenstrasse überragend wichtig und genau deshalb ist es auch ein geopolitisch sehr schweres Pfund, dass dort ohne Russland quasi nichts mehr geht.
Interessant ist zb, dass just dieser Punkt Ansätze für eine US-russische Kooperation bietet.
Ein wie auch immer geblockter weg durch den nahen Osten bietet beiden Vorteile im Sinne des Ausbalancierens Chinas.
China versucht das zu durchbrechen, indem sie dort in jedem Land den großen Investor geben (wollen). Zuletzt in Syrien mit entsprechenden Zusagen.

Ich sehe deren wirtschaftliche Entwicklung weniger im Vergleich mit China oder den USA.
Sie haben eine viel tiefere Basis und von dieser Basis aus entwickeln sie über zb. die Zollunion Potentiale.
Im Grunde ist das sowas wie eine (Teil)Wiederherstellung der SU im wirtschaftlichen/militärischen Bereich ohne es politisch in einen Staat zu bündeln. Auf dem Weg kopieren sie viele Ansätze der EU, aber versuchen auch Fehlentwicklungen zu vermeiden (zb Währungsfragen).

Russland betreibt eine Wirtschaftspolitik, die sie in die Lage versetzt hat, trotz schon ewigem Konflikt mit der EU/USA sogar leicht zu wachsen.
Und das bei haushaltspolitsch extrem nachhaltiger Ausrichtung.
Die Eskalationen waren für die Bereiche, die florieren aber tatsächlich Voraussetzungen (bzw. Ansatzpunkte). Das Russland in den Krisengebieten punkten konnte, hat die Nachfrage nach russischen Waffen stark begünstigt.
Dass es den Sanktions"krieg" zw EU-USA/Russland gibt, fördert deren Landwirtschaft und wird als Entwicklungsansatz für die industrielle Erneuerung genutzt. In Sachen Industrie ist da noch sehr viel zu tun, aber es passiert was. Und das mit sehr geringen westlichen Geldern (die allein schon wegen der hiesigen Druckerpresse alles andere als nachhaltig sind).
Dort gilt unabhängigeres und nachhaltiges Wachstum geht vor schnelles Wachstum.
Es dürfte kaum ein großes Land geben, dass auch nur ansatzweise so autakt laufen könnte wie Russland.
derBabelszwerg
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(13 Sep 2021, 09:51)
[…]
Ich habe das Zitat entfernt um den Beitrag nicht unnötig aufzublähen. Anhand der Nummerierung ist erkennbar auf welchen Teil sich die Antwort bezieht. Ich denke die Übersichtlichkeit ist daher trotzdem gegeben.

1. Die Äußerungen von Zeman sind mir bekannt. Aber Zeman kann an den tagespolitischen Entscheidungen wenig ändern. Er hat eine ähnliche Funktion wie der Bundespräsident in Deutschland (Repräsentation). Ein Großteil der tschechischen Bevölkerung kritisiert Zemans Ansichten und teilt diese nicht. Einige sprachen sogar von Hochverrat und dachten darüber nach Zeman dafür vor Gericht zu bringen (inwieweit das überzogen oder hysterisch ist steht auf einem anderen Blatt, die tschechische Gesetzgebung ist mir nicht hinreichend bekannt). Aktuell ist der Stand auch weiterhin das die russische Botschaft in Prag mit erheblichen Personalschwund leben muss. Auch aus der Ausschreibung zum Bau des Kernkraftwerks ist man raus. Wie schon gesagt, anscheinend ist man hier mit weiten Teilen der tschechischen Bevölkerung konform. Daher gibt es kaum einen Anlass umzuschwenken. Oder wie es der tschechische Außenminister damals sagte:
„Tschechien ist ein selbstbewusstes Land und verhält sich demgemäß.”
Auch viele Osteuropäische Länder haben sich solidarisch mit Tschechien gezeigt (bei der Slowakei war das keine Überraschung, beide Staaten verbindet viel), aber sogar Ungarn war dazu bereit. Aktuell beschwert sich Zeman über mutmaßliche Abhörung durch den tschechischen Geheimdienst. Es sieht nicht so aus das er hier Unterstützung durch den Ministerpräsident Babis erhält, der die Unabhängigkeit der Geheimdienstarbeit betont und er solche Abhörungen auch nicht untersagen kann. Eine Oppositionspolitikerin äußerte sich bspw. so:
Oppositionspolitikerin Marketa Pekarova-Adamova:
„Präsident Zeman sollte darüber nachdenken, mit was für Leuten er sich umgibt, wenn sich die Spionageabwehr mit ihnen befassen muss.“

Wegen Baltic Pipe: Polen hat gegen Deutschland und Russland den kürzeren gezogen… weil dänische Behörden zwischenzeitlich Umweltschutzmaßnahmen geprüft haben? Seit wann arbeiten Polen und Deutschland gegeneinander? Soweit ich weiß wird die Pipeline gerade gebaut und steht auch nicht auf der Kippe. Die Meldung die verlinkt wurde ist nicht aktuell bzw. sind die erwähnten Prüfungen schon lange abgeschlossen und der Bau hat auch schon Ende Juni begonnen (29.06.). Ich weiß nicht wieso zwischenzeitliche Umweltbedenken der Dänen ein Sieg für Russland ist? Steht es mit den außenpolitischen Erfolgen Russlands so schlecht, das man Ereignisse an denen Russland weder mitgewirkt hat, noch irgendeinen Einfluss darauf hat, als eigenen Erfolg umetikettieren muss? Und vor allem wieso ziehst Du Deutschland da ebenfalls mit rein? Die außenpolitischen Erfolge wirken ein wenig arg konstruiert.

2. Kritik an den Maßnahmen der EZB ist legitim und auch normal. Es gibt auch unter Ökonomen unterschiedliche Schulen und wenn man so will Weltanschauungen, was das geeignete Mittel in welcher Situation ist. Ich persönlich würde als Privileg von Richtern eher sehen, dass diese nicht weisungsgebunden sind und daher in Ihren Entscheidungen relativ frei. Gebunden sind Richter nur an die Gesetze. Die Auslegung der Gesetze ist schlicht ihr Job. Im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe muss sicher ausgelegt werden, ein gewisser Spielraum ist da, und je weniger konkret ein Gesetz formuliert ist, umso größer ist der Auslegungsspielraum. Wenn es sich aber im Gesetzeswortlaut wiederfindet, gibt es keinen großen Entscheidungsspielraum, da kann wenig "gebogen" werden (oder aber das Urteil ist angreifbar). Es lässt sich leicht behaupten Gesetze würden in Deutschland, der EU oder sonst wo "gebogen". Momentan sehe ich aber nicht, wieso man Gesetze zugunsten Russlands überhaupt biegen sollte? Die Handlungen Russlands bieten da keinen Anreiz dies zu tun.

3. Ich habe nicht behauptet, dass die russische Firma die Ausschreibung so oder so gewonnen hätte. Aber es ist doch klar, wenn man nicht mal mehr dabei ist, steht schon fest das man den Zuschlag nicht erhält. Das ist fix. Daher scheint mir die Sichtweise, man müsste möglichst großkotzig auftreten, realitätsfern zu sein. Ich weiß nicht welche Kräfteverhältnisse vorliegen müssen, dass so ein Auftreten irgendeinen Vorteil bringt. Die Aktuellen geben das aber anscheinend nicht her. Die EU (und sicher auch die Nato) ermöglichen es vielmehr auch kleineren osteuropäischen Staaten selbstbewusst aufzutreten, das das Russland nicht schmeckt und jemand wie Putin aus Zeiten der Sowjetunion auch nicht gewohnt ist, ist nachvollziehbar, aber wie gesagt anhand der tatsächlichen politischen Realitäten ist das Verhalten einfach realitätsfern, meiner Ansicht nach. Wenn Russland meint sich „mächtig“ zu verhalten, haben bspw. die osteuropäischen Staaten genug Antworten gegeben. Russlands Gebaren ist eher Säbbelrasseln bei dem wenig Substanz dahinter steht. Die osteuropäischen EU-Staaten sind wirtschaftlich mehr von der EU abhängig als von Russland. Hinzu kommt dass die Sowjetzeiten niemals aufgearbeitet wurden. Wer meint das sich bspw. bei Tschechien das Jahr 1968 nicht noch auswirkt, ist ein Träumer. Russland erntet schlussendlich was man selbst gesät hat.

4. Es geht eher darum das man Einmischungen und feindliche Handlungen nicht duldet, statt um Werte. Außerdem geht es um Zusagen die man anderen Staaten gegenüber macht, diese sollten nicht gebrochen werden, insbesondere ggü. den USA scheint mir das quasi ausgeschlossen, wenn man sich die derzeit realistischen neuen Regierungen anschaut. Ich vermute das weder Laschet, noch Scholz oder Baerbock die Zusagen nicht einhalten werden. Natürlich ist Kooperation egal mit wem, einem Konfliktbehafteten Verhältnis immer vorzuziehen. Einen nennenswerten Machzuwachs der russischen Föderation sehe ich aber nicht. Zumal hier die Frage ist, wessen Einfluss größer ist, der der USA oder der Russlands. Mit wem ist Kooperation lohnenswerter? Mit den USA ist Russland bei weitem nicht auf Augenhöhe. Weder wirtschaftlich noch militärisch.

5. Ich denke man wollte Problemen aus dem Weg gehen. Ein Baustopp war irgendwann keine Option mehr (etwaige Schadenersatzansprüche sollten vermieden werden). Für Russland ist die Pipeline eine Konzessionsentscheidung zu ihren Gunsten. Was sich aber schlagartig ändert, sollte die Pipeline mehr oder weniger ungenutzt auf dem Meeresboden liegen. Man gewährte Russland einen Vertrauensvorschuss, was sich im Nachhinein als falsch heraus stellte. Man ignorierte sogar weitestgehend die Aktionen Russlands (was im Nachhinein geradezu absurd ist, aber eben immer mit der vermeintlich fehlenden politischen Dimension des Projekts begründet wurde). Wieso sollte Nord Stream 2 ein Vorteil sein, wenn das Gas auf anderem Wege schon transportiert werden kann? Warum sollte eine Bundesregierung das Projekt stoppen, wo es doch kein Investitionsrisiko für die Regierung selbst war? Ein Baustopp aber eben schon Kosten verursachen könnte. Schlussendlich saß die Regierung dann zwischen den Stühlen. Ich denke die Frage der Vorteilhaftigkeit stellt sich schon, schließlich ist der Bau deutlich teurer als eine Pipeline auf dem Land. Noch dazu gab es wie gesagt ja schon NS1. Jetzt müssen mit evtl. sogar bei geringer Auslastung die gesamten Baukosten amortisiert werden, was sich schlussendlich auf den Preis auswirkt. Daher scheint die Sinnhaftigkeit fragwürdig.

6. Wie Du meinst. Aber der Warentransport der neuen Seidenstraße soll soweit ich weiß überwiegend auf dem Wasser stattfinden. Die internationalen Gewässer sind für die internationale Schifffahrt frei nutzbar. Aber mag sein das der nahe Osten für den Rest des Warentransports eine Rolle spielt, was aber so oder so noch sehr große Investitionen erfordert. Aber möglich das man bei China dort punkten kann. Nur eben für die EU oder die USA ist das Seidenstraßenprojekt nicht von übergeordneter Bedeutung.
Ich vermute der nächste Absatz handelte dann von der eurasischen Wirtschaftsunion:
Ok, über die eurasische Wirtschaftsunion lassen sich Potentiale entwickeln. Dazu gehören momentan aber nur Russland, der fast schon eingegliederte Satellitenstaat Belarus, Kirgisistan, Kasachstan und Armenien. Bei Lichte betrachtet ist das eine Union… mit sich selber! Ist sicherlich kein Problem, aber scheint mir kein großes Kunststück zu sein, da es keinen weiteren nennenswerten Staat gibt mit dem man sich arrangieren muss, also der annähernd auf Augenhöhe ist. Das ist doch ein erheblicher Unterschied zur EU. Das schmälert auch die Entwicklungsmöglichkeiten. Aber gut, Du kannst natürlich die Potentiale hervor heben. Aber ich persönlich sehe da keine großen Potentiale und auch keine Entwicklungen, aber nichtsdestotrotz sind Kooperationen immer sinnvoll. Für die Entwicklung wichtiger wären aber Kooperationen mit weiter entwickelten Staaten, davon profitiert man am meisten, das verbaut man sich aber zusehends (mit Ausnahme von China).
Allgemein zur Wirtschaftspolitik:
Russland hat den Import von Lebensmitteln aus der EU untersagt, mag sein das davon Teilbereiche der Landwirtschaft profitieren. Kurzfristig hat das aber den Verbrauchern geschadet, da sich die Lebensmittelpreise erhöht haben und auch die Qualität teilweise nicht vergleichbar ist, auch ist nicht alles verfügbar. Einen Wettbewerb gibt es ebenfalls nur eingeschränkt, was sich auf Qualität der Produkte und die Effizienz auch nicht positiv auswirken wird. Wenn es das Ziel ist möglichst isoliert oder von mir aus autark zu sein, dann arbeitet man sehr konsequent darauf hin. Allerdings ist es nicht sinnvoll alles selbst zu produzieren und vermutlich auch gar nicht machbar. Eine international arbeitsteilige Wirtschaft ist effizienter und beschert schlussendlich mehr Wohlstand. Da man kaum Sozialleistungen hat und ein Großteil des Staatshaushaltes aus Rohstoffexporten generiert, erklärt das die Entwicklung des Staatshaushaltes, Haushaltsüberschusse sind auch nichts schlechtes, aber wäre es nicht sinnvoller das Geld in die eigene Wirtschaft zu investieren?
Norwegen ist ebenfalls in einer guten Position was Rohstoffexporte angeht, die nutzen die Einnahmen aber für einen Pensionsfonds, davon haben früher oder später alle Norweger was und unterm Strich damit auch die norwegische Wirtschaft. Im Fall Russland stecken sich die Gewinne der Staat bzw. ein paar Oligarchen in die Tasche. Ich denke das sogar die arabischen Staaten da sinnvoller vorgehen.
In der Geschichte haben sich isolierte Staaten oft nicht gut entwickelt. Bspw. war Japan durch lange (selbst gewählte) Isolation erheblich in Rückstand geraten. Auch für Russland galt in der Vergangenheit oft, dass neue Impulse aus dem Ausland kamen. Kennst Du bspw. das russische Wort für „Rucksack“? Es lautet „Rucksack“ (wird auch so ausgesprochen). Das hat mit dem Militär zu tun und stammt aus den Zeiten als preußische Offiziere das russische Militär auf Vordermann gebracht haben. Chinas Aufstieg hat ebenfalls mit reichliche Wissenstransfer nach China zu tun. Aber natürlich kann man auch den Weg der Isolation wählen und vielleicht gelingt es ja, aber Zweifel sind angebracht. Vermutlich wird man dauerhaft hinter den Weltmärkten zurück fallen, außer man konzentriert sich auf ein paar Steckenpferde… dann ist man aber eben nicht autark und muss den Rest importieren, es ist eigentlich ein ziemliches Dilemma. Aber klar, irgendwie überleben kann man sicher auch autark, aber ist das der eigene Anspruch?
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

Ich habe das Zitat entfernt um den Beitrag nicht unnötig aufzublähen. Anhand der Nummerierung ist erkennbar auf welchen Teil sich die Antwort bezieht. Ich denke die Übersichtlichkeit ist daher trotzdem gegeben.

1. Die Äußerungen von Zeman sind mir bekannt. Aber Zeman kann an den tagespolitischen Entscheidungen wenig ändern. Er hat eine ähnliche Funktion wie der Bundespräsident in Deutschland (Repräsentation). Ein Großteil der tschechischen Bevölkerung kritisiert Zemans Ansichten und teilt diese nicht. Einige sprachen sogar von Hochverrat und dachten darüber nach Zeman dafür vor Gericht zu bringen (inwieweit das überzogen oder hysterisch ist steht auf einem anderen Blatt, die tschechische Gesetzgebung ist mir nicht hinreichend bekannt). Aktuell ist der Stand auch weiterhin das die russische Botschaft in Prag mit erheblichen Personalschwund leben muss. Auch aus der Ausschreibung zum Bau des Kernkraftwerks ist man raus. Wie schon gesagt, anscheinend ist man hier mit weiten Teilen der tschechischen Bevölkerung konform. Daher gibt es kaum einen Anlass umzuschwenken. Oder wie es der tschechische Außenminister damals sagte:
„Tschechien ist ein selbstbewusstes Land und verhält sich demgemäß.”
Auch viele Osteuropäische Länder haben sich solidarisch mit Tschechien gezeigt (bei der Slowakei war das keine Überraschung, beide Staaten verbindet viel), aber sogar Ungarn war dazu bereit. Aktuell beschwert sich Zeman über mutmaßliche Abhörung durch den tschechischen Geheimdienst. Es sieht nicht so aus das er hier Unterstützung durch den Ministerpräsident Babis erhält, der die Unabhängigkeit der Geheimdienstarbeit betont und er solche Abhörungen auch nicht untersagen kann. Eine Oppositionspolitikerin äußerte sich bspw. so:
Oppositionspolitikerin Marketa Pekarova-Adamova:
„Präsident Zeman sollte darüber nachdenken, mit was für Leuten er sich umgibt, wenn sich die Spionageabwehr mit ihnen befassen muss.“

Wegen Baltic Pipe: Polen hat gegen Deutschland und Russland den kürzeren gezogen… weil dänische Behörden zwischenzeitlich Umweltschutzmaßnahmen geprüft haben? Seit wann arbeiten Polen und Deutschland gegeneinander? Soweit ich weiß wird die Pipeline gerade gebaut und steht auch nicht auf der Kippe. Die Meldung die verlinkt wurde ist nicht aktuell bzw. sind die erwähnten Prüfungen schon lange abgeschlossen und der Bau hat auch schon Ende Juni begonnen (29.06.). Ich weiß nicht wieso zwischenzeitliche Umweltbedenken der Dänen ein Sieg für Russland ist? Steht es mit den außenpolitischen Erfolgen Russlands so schlecht, das man Ereignisse an denen Russland weder mitgewirkt hat, noch irgendeinen Einfluss darauf hat, als eigenen Erfolg umetikettieren muss? Und vor allem wieso ziehst Du Deutschland da ebenfalls mit rein? Die außenpolitischen Erfolge wirken ein wenig arg konstruiert.

2. Kritik an den Maßnahmen der EZB ist legitim und auch normal. Es gibt auch unter Ökonomen unterschiedliche Schulen und wenn man so will Weltanschauungen, was das geeignete Mittel in welcher Situation ist. Ich persönlich würde als Privileg von Richtern eher sehen, dass diese nicht weisungsgebunden sind und daher in Ihren Entscheidungen relativ frei. Gebunden sind Richter nur an die Gesetze. Die Auslegung der Gesetze ist schlicht ihr Job. Im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe muss sicher ausgelegt werden, ein gewisser Spielraum ist da, und je weniger konkret ein Gesetz formuliert ist, umso größer ist der Auslegungsspielraum. Wenn es sich aber im Gesetzeswortlaut wiederfindet, gibt es keinen großen Entscheidungsspielraum, da kann wenig "gebogen" werden (oder aber das Urteil ist angreifbar). Es lässt sich leicht behaupten Gesetze würden in Deutschland, der EU oder sonst wo "gebogen". Momentan sehe ich aber nicht, wieso man Gesetze zugunsten Russlands überhaupt biegen sollte? Die Handlungen Russlands bieten da keinen Anreiz dies zu tun.
Zeman war der Hinweis, dass es dort mitnichten so ist, dass die Richtungsentscheidung abgeschlossen wäre.Der nächste Schwenk ist ggf nur eine Wahl entfernt.

Und Polen und Dtl liegen schon einige Zeit bei diversen Themen sehr über Kreuz.
Polen wollte zb genau der Energiehub werden, der Dtl nun wohl wird. Deren ganzer Energieplan ala Pipeline/Flüssiggaszentrum ist durch NordStream sehr gefährdet.
Und sollte die Balticpipe nicht rechtzeitig fertig werden, steht Polen vor der Frage, wie es seinen Gas"hunger" in der Übergangszeit stillt, weil sie just zu dieser Zeit das Ende der Lieferungen aus Russland vor der Brust haben. Das ist in Klein das, was zur Verlängerung bei der Ukraine geführt hat und ist imA nun ein Druckmittel, um Polens Widerstand zu beeinflussen (die klagen ja ohne Ende

Angeführt habe ich das Beispiel, weil es durch den Zeitstempel imA sehr symbolhaft inszeniert wurde.

2.
Im Grunde hat man aus dem Thema gemacht, dass Staatsfinanzierung unproblematisch ist, solange sie formal indirekt ist.
Da die EZB mittlerweile größter Gläubiger diverser EU-Staaten ist, war das der Ausweg, um die Staatsfinanzierung weiter laufen lassen zu können, was aber sicher dem eigentlichen Zweck der Regelung zuwider läuft.
Um den Kreis zu schließen. Aus der Richtlinie könnte man sicher auch irgendein Wort/Satz oä hochstrichterlich so interpretieren, dass es auf Nordstream nicht anwendbar wäre, wenn man es wollte.
Und natürlich nicht zu Russlands Gunsten, sondern um Vorteile für die EU zu erzeugen (keiner kann ein Interesse daran haben wie derzeit mittlerweile mehr als 800 Dollar/1000 Kubik für Gas zu zahlen)

Den Rest splitte ich mal ab und schreibe morgen dazu
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)


3. Ich habe nicht behauptet, dass die russische Firma die Ausschreibung so oder so gewonnen hätte. Aber es ist doch klar, wenn man nicht mal mehr dabei ist, steht schon fest das man den Zuschlag nicht erhält. Das ist fix. Daher scheint mir die Sichtweise, man müsste möglichst großkotzig auftreten, realitätsfern zu sein. Ich weiß nicht welche Kräfteverhältnisse vorliegen müssen, dass so ein Auftreten irgendeinen Vorteil bringt. Die Aktuellen geben das aber anscheinend nicht her. Die EU (und sicher auch die Nato) ermöglichen es vielmehr auch kleineren osteuropäischen Staaten selbstbewusst aufzutreten, das das Russland nicht schmeckt und jemand wie Putin aus Zeiten der Sowjetunion auch nicht gewohnt ist, ist nachvollziehbar, aber wie gesagt anhand der tatsächlichen politischen Realitäten ist das Verhalten einfach realitätsfern, meiner Ansicht nach. Wenn Russland meint sich „mächtig“ zu verhalten, haben bspw. die osteuropäischen Staaten genug Antworten gegeben. Russlands Gebaren ist eher Säbbelrasseln bei dem wenig Substanz dahinter steht. Die osteuropäischen EU-Staaten sind wirtschaftlich mehr von der EU abhängig als von Russland. Hinzu kommt dass die Sowjetzeiten niemals aufgearbeitet wurden. Wer meint das sich bspw. bei Tschechien das Jahr 1968 nicht noch auswirkt, ist ein Träumer. Russland erntet schlussendlich was man selbst gesät hat.
3.
Es wirkte so, weil du von einer klaren Schädigung Russlands schriebst.
Das wäre es auf AKW bezogen nur, wenn man sonst den Auftrag bekommen hätte. Im Vergleich zu zu einer Teilnahme mit Nichtzuschlag wäre es in Sachen AKW kein Unterschied.
Es gibt aber Großprojekte, die man mit diesem Stil durchsetzen konnte.

Ich gehe mit, dass es in Einzelprojekten sicher Rückschläge/Nachteile erzeugt. ImA bleibt in der Summe aber eher der Vorteil des Stils.
Zu Dtl hatte ich ja schon die Gasspeicher genannt und auch die beiden Pipelines, die so umgesetzt wurden.
In Ungarn ist das AKW mit der harten Linie gg die EU zb. weiter im russischen Scope. Dort deutet sich bislang kein SouthStreamszenario an.
Zudem hat sich der Südosten Europas in Sachen Gasversorgung recht klar auf Gazprom festgelegt (inkl. diverser Abkommen).

Im Grunde spiegelt das wider, dass man in diversen EU-Staaten Ruslsands Versorgung braucht und das unabhängig davon, ob Russand freundlich ist oder nicht (was im zweiten Fall schlechtere Bedingungen zum Vorteil Russlands beinhaltet). Bulgarien hat das am schmerzlichsten erfahren. Statt 400 Mio Durchleitung gibt es jetzt Gas via Türkei zu mit deutlich weniger Einnahmen.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

4. Es geht eher darum das man Einmischungen und feindliche Handlungen nicht duldet, statt um Werte. Außerdem geht es um Zusagen die man anderen Staaten gegenüber macht, diese sollten nicht gebrochen werden, insbesondere ggü. den USA scheint mir das quasi ausgeschlossen, wenn man sich die derzeit realistischen neuen Regierungen anschaut. Ich vermute das weder Laschet, noch Scholz oder Baerbock die Zusagen nicht einhalten werden. Natürlich ist Kooperation egal mit wem, einem Konfliktbehafteten Verhältnis immer vorzuziehen. Einen nennenswerten Machzuwachs der russischen Föderation sehe ich aber nicht. Zumal hier die Frage ist, wessen Einfluss größer ist, der der USA oder der Russlands. Mit wem ist Kooperation lohnenswerter? Mit den USA ist Russland bei weitem nicht auf Augenhöhe. Weder wirtschaftlich noch militärisch.
Bestes Beispiel die aktuelle Ausfahrt eines deutschen Marineschiffs. (https://www.swp-berlin.org/publikation/ ... ndopazifik)
Wer soll so jemanden Ernst nehmen, wenn er daherkommt und feindliche Handlungen verteufelt und von regelbasierter Ordnung als Leitstern redet?
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.

Sprich es geht um die Frage, was bietet mehr Vor- als Nachteile.
Sollte dazugehören, den USA an einer Stelle entgegenzutreten (zb NordStream), dann macht man das.
Umgekehrt sch... man auf Recht und Ordnung, wenn es zb. mehr nutzt, wenn man sich auf der Seite der USA positioniert.

Bislang ist es unbestritten, dass der Einfluss der USA hier sehr viel größer ist. Genauso wie unbestritten sein dürfte, dass die Zeit auch in Dtl dafür gesorgt hat, dass der US-Einfluss nicht mehr so groß ist, wie er mal war. Das ist gewollt und genau für sowas braucht man Kooperation. Dafür bieten sich dann Einzelfelder an, wo man zb. mit Russland mehr zusammenarbeitet als vorher. Und das wie schon geschrieben unabhängig davon, ob man sich nun medial belegt und mit Vorwürfen überzieht.
Das ist eine imA Augen klar erkennbare Tendenz, die sich an den Interessen der EU/EU-Staaten ableiten lässt, dass sie unabhängiger (nicht unabhängig) von den USA werden wollen.

Das Militär ist ein spannender Bereich.
Ich würde Wetten darauf abschließen, dass EU-Staaten (vielleicht sogar die EU) die Kooperation mit Russland in diesem Bereich in den nächsten Jahren ausweiten.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

5. Ich denke man wollte Problemen aus dem Weg gehen. Ein Baustopp war irgendwann keine Option mehr (etwaige Schadenersatzansprüche sollten vermieden werden). Für Russland ist die Pipeline eine Konzessionsentscheidung zu ihren Gunsten. Was sich aber schlagartig ändert, sollte die Pipeline mehr oder weniger ungenutzt auf dem Meeresboden liegen. Man gewährte Russland einen Vertrauensvorschuss, was sich im Nachhinein als falsch heraus stellte. Man ignorierte sogar weitestgehend die Aktionen Russlands (was im Nachhinein geradezu absurd ist, aber eben immer mit der vermeintlich fehlenden politischen Dimension des Projekts begründet wurde). Wieso sollte Nord Stream 2 ein Vorteil sein, wenn das Gas auf anderem Wege schon transportiert werden kann? Warum sollte eine Bundesregierung das Projekt stoppen, wo es doch kein Investitionsrisiko für die Regierung selbst war? Ein Baustopp aber eben schon Kosten verursachen könnte. Schlussendlich saß die Regierung dann zwischen den Stühlen. Ich denke die Frage der Vorteilhaftigkeit stellt sich schon, schließlich ist der Bau deutlich teurer als eine Pipeline auf dem Land. Noch dazu gab es wie gesagt ja schon NS1. Jetzt müssen mit evtl. sogar bei geringer Auslastung die gesamten Baukosten amortisiert werden, was sich schlussendlich auf den Preis auswirkt. Daher scheint die Sinnhaftigkeit fragwürdig.
5.
Die USA haben damit gedroht, deutsche Städte/Häfen/staatliche Mitarbeiter zu sanktionieren.
NordStream2 ist 2015 vertragstechnisch in Sachen Bau abgeschlossen worden.
Wie kann man denn von Vertrauensvorschuss ausgehen, wenn die EU und Russland zu dem Zeitpunkt gerade seit fast 1,5 Jahren im Dauerklinsch in Sachen Ukraine (und damit Gastransit) UND auch Syrien liegen?

Der Vorteil ist natürlich die Versorgungssicherheit für Deutschland.
Kein Polen und keine Ukraine kann am Gashahn drehen, wenn nicht/weniger über deren Gebiet geleitet wird.
Dazu kommen wegfallende Transitkosten also billigere Energie und für weitergeleitetes Gas dann auch eigene Transiteinnahmen für hiesige Unternehmen, die Steuern zahlen.
Und ganz in dem Sinn. Deutschland hat keine direkten Kosten, denn die Fragen von Baukosten, Amortisierung usw. betreffen doch private Firmen :)
Und durch den gestiegenen Gaspreis hat Gazprom die Kosten schon eingepielt, bevor überhaupt der erste Kubikmeter hier angekommen ist.
Sprich die können uns auch Preise wie Weißrussland machen.
Werden sie aber nicht und schon gar nicht, wenn es auf mehr Konfrontation hinauslaufen sollte.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Polen macht es richtig




Am Vorabend der Einweihung der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland, bestätigte der polnische Bevollmächtigte für Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, dass Polen ab 2023 unabhängig von russischen Gaslieferungen sein wird.


https://www.euractiv.de/section/europak ... zprom-gas/
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(14 Sep 2021, 12:25)

6. Wie Du meinst. Aber der Warentransport der neuen Seidenstraße soll soweit ich weiß überwiegend auf dem Wasser stattfinden. Die internationalen Gewässer sind für die internationale Schifffahrt frei nutzbar. Aber mag sein das der nahe Osten für den Rest des Warentransports eine Rolle spielt, was aber so oder so noch sehr große Investitionen erfordert. Aber möglich das man bei China dort punkten kann. Nur eben für die EU oder die USA ist das Seidenstraßenprojekt nicht von übergeordneter Bedeutung.

6a) Ich vermute der nächste Absatz handelte dann von der eurasischen Wirtschaftsunion:
Ok, über die eurasische Wirtschaftsunion lassen sich Potentiale entwickeln. Dazu gehören momentan aber nur Russland, der fast schon eingegliederte Satellitenstaat Belarus, Kirgisistan, Kasachstan und Armenien. Bei Lichte betrachtet ist das eine Union… mit sich selber! Ist sicherlich kein Problem, aber scheint mir kein großes Kunststück zu sein, da es keinen weiteren nennenswerten Staat gibt mit dem man sich arrangieren muss, also der annähernd auf Augenhöhe ist. Das ist doch ein erheblicher Unterschied zur EU. Das schmälert auch die Entwicklungsmöglichkeiten. Aber gut, Du kannst natürlich die Potentiale hervor heben. Aber ich persönlich sehe da keine großen Potentiale und auch keine Entwicklungen, aber nichtsdestotrotz sind Kooperationen immer sinnvoll. Für die Entwicklung wichtiger wären aber Kooperationen mit weiter entwickelten Staaten, davon profitiert man am meisten, das verbaut man sich aber zusehends (mit Ausnahme von China).

6b.Allgemein zur Wirtschaftspolitik:
Russland hat den Import von Lebensmitteln aus der EU untersagt, mag sein das davon Teilbereiche der Landwirtschaft profitieren. Kurzfristig hat das aber den Verbrauchern geschadet, da sich die Lebensmittelpreise erhöht haben und auch die Qualität teilweise nicht vergleichbar ist, auch ist nicht alles verfügbar. Einen Wettbewerb gibt es ebenfalls nur eingeschränkt, was sich auf Qualität der Produkte und die Effizienz auch nicht positiv auswirken wird. Wenn es das Ziel ist möglichst isoliert oder von mir aus autark zu sein, dann arbeitet man sehr konsequent darauf hin. Allerdings ist es nicht sinnvoll alles selbst zu produzieren und vermutlich auch gar nicht machbar. Eine international arbeitsteilige Wirtschaft ist effizienter und beschert schlussendlich mehr Wohlstand. Da man kaum Sozialleistungen hat und ein Großteil des Staatshaushaltes aus Rohstoffexporten generiert, erklärt das die Entwicklung des Staatshaushaltes, Haushaltsüberschusse sind auch nichts schlechtes, aber wäre es nicht sinnvoller das Geld in die eigene Wirtschaft zu investieren?
Norwegen ist ebenfalls in einer guten Position was Rohstoffexporte angeht, die nutzen die Einnahmen aber für einen Pensionsfonds, davon haben früher oder später alle Norweger was und unterm Strich damit auch die norwegische Wirtschaft. Im Fall Russland stecken sich die Gewinne der Staat bzw. ein paar Oligarchen in die Tasche. Ich denke das sogar die arabischen Staaten da sinnvoller vorgehen.

6c
In der Geschichte haben sich isolierte Staaten oft nicht gut entwickelt. Bspw. war Japan durch lange (selbst gewählte) Isolation erheblich in Rückstand geraten. Auch für Russland galt in der Vergangenheit oft, dass neue Impulse aus dem Ausland kamen. Kennst Du bspw. das russische Wort für „Rucksack“? Es lautet „Rucksack“ (wird auch so ausgesprochen). Das hat mit dem Militär zu tun und stammt aus den Zeiten als preußische Offiziere das russische Militär auf Vordermann gebracht haben. Chinas Aufstieg hat ebenfalls mit reichliche Wissenstransfer nach China zu tun. Aber natürlich kann man auch den Weg der Isolation wählen und vielleicht gelingt es ja, aber Zweifel sind angebracht. Vermutlich wird man dauerhaft hinter den Weltmärkten zurück fallen, außer man konzentriert sich auf ein paar Steckenpferde… dann ist man aber eben nicht autark und muss den Rest importieren, es ist eigentlich ein ziemliches Dilemma. Aber klar, irgendwie überleben kann man sicher auch autark, aber ist das der eigene Anspruch?
Das hier ist die Sphäre, die echte Macht verspricht: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unter ... 11629.html
Und dafür ist der Landweg perfekt.
Letztlich ist aber auch der Warenweg über gesichertes Gebiet immer wichtig. Russland profitiert genau deshalb von der Seidenstrasse, wenn der Weg via Nahem Osten unsicher ist, denn dann läuft mehr Ware über Russlands Landmasse und perspektivisch über die Nordroute (auch der Seeweg geht ja um den nahen Osten durch zb. das Nadelöhr Suezkanal)

Die SWP hat jüngst zu dieser Dimension eine recht ausführliche Publikation erstellt (https://www.swp-berlin.org/publikation/ ... -und-macht)
Um da als EU eine Option auf Ausweitung zu haben und da mit China zu konkurrieren, braucht man neben dem sicher vorhandenen KnowHow auch die Energie UND die Rohstoffe. Russland ist dafür qusi natürlicher Partner. Darum buhlen China und wenn die EU clever ist auch die EU.

6a.
Die Potentiale ist ausgehend von der deutlich geringeren Basis im Vgl. zu zb. der EU sogar sehr groß. So ein Freihandelsabkommen mit zb. Vietnam ist für uns sehr viel unbedeutender als für die.
Und die haben zb schon eins mit dem Iran, der nun wirklich ein riesiger Markt für die ist (den auch eine EU gerne erschließen würde, aber sie "darf" wegen USA nicht)
http://eawu.news/aussenhandel/handelspo ... reihandel/

6b.
Es geht denen ja auch nicht um Kurzfristigkeit.
Im Landwirtschaftsbereich war das schwierigstes Teilsegment die Rindfleischmarktentwicklung.
Letztes Jahr ist man in dem Segment zum Nummer1-Lieferanten für China geworden.
Und in einer Welt, in der sehr schnell die Versorgungslinien zur Disposition stehen, ist Eigenversorgung sogar überragend wichtig. Gefolgt von abgesicherten Bezugsquellen für die Dinge, die man selber nicht hat. Selbst wenn es "früher" in Sachen komparative Vorteile weniger gefragt war.

Und auf welche Welt steuern wir derzeit zu?
China legt wegen eines Coronafalls die Versorgungslinien via riesiger Handelshäfen lahm. Selbst die nun wirklich oberste VErteidigerin von offenen Märkten und Globalisierung (Eu) wirft ein Plan nach dem nächsten in den Ring, um Eigenversorgung zu fördern.

btw. Russland hat das Modell Norwegen/China/SaudiArabien usw mit seinem Wohlstandsfond ebenfalls kopiert. Allerdings eher mit der Maßgabe im Inland zu investieren, weil es da genug zu tun und zu entwickeln gibt. (analog zb der bei uns mal diskutierten Idee eines Deutschlandfonds)

6c.
Russland ist aber nicht isoliert. Im ganzen Gegenteil. Just in Sachen Wissen gibt es zb. einig dieser Kooperationen mit Dtl.
Sie erhöhen "nur" die Resillienz der heimischen Wirtschaft (gezwungenermaßen schon seit Jahren).
Das wiederum hat sogar China im Ansatz als Plan ausgegeben und imA noch besser bebildert (zwei Kreisläufe).
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Nachdem der Europäische Gasfuture (Dutch TTF) gestern umgerechnet die 800 Dollar/1000Kubik durchflogen hat, sind heute die 900 Dollar überstiegen worden.
https://www.theice.com/products/2799666 ... Id=5285052
(Umrechnungsfaktor derzeit mit 1,18: Eur/MWh zu Dollar/1000Kubik -> 1,18*10,445=12,325)

Die Europ. Gasspeicher sind im Schnitt gerade mal bei 71% Füllung und idR beginnt ab spätestens Mitte Oktober die Nettoentnahmephase.
Letztes Jahr gab es zum heutigen Zeitpunkt 93,5% Füllung.
(https://agsi.gie.eu/#/historical/eu)
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von derBabelszwerg »

Everythingchanges hat geschrieben:(15 Sep 2021, 10:45)

[...]
Ich fasse die Punkte wieder zusammen in einen Beitrag.
1.
Sehe ich anders, wie schon dargestellt, scheint die Regierung, Opposition und auch der Großteil der Bevölkerung gerade auf dieser jetzigen Linie zu sein. Präsident Zeman ist weitestgehend alleine mit seiner Ansicht und auch nicht befugt hier die Regierungspolitik zu beeinflussen. Die Sichtweise, das sich alles wieder ändern wird, eventuell nach der nächsten Wahl, ist derzeit nicht wahrscheinlich.

Polen:
Trotzdem unterstellst Du die Bundesregierung würde hier bewusst gegen Polen arbeiten. Dem habe ich widersprochen. Das es Meinungsverschiedenheiten gibt, ist dafür kein ausreichender Hinweis bzw. zu allgemein (zumal die Regierung offiziell ja immer betont hat, dass Nordstream 2 sie nichts angeht). Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten mit bspw. Frankreich, trotzdem würde ich nicht sagen das die außenpolitischen Beziehungen schlecht sind.
Polen kann trotzdem Energiehub werden, schlussendlich wird das kostengünstigere bzw. der versorgungssichere Anbieter gewählt. Deutschland könnte hier ebenfalls Gas über Balticpipe beziehen, kommt ganz auf die Verhandlungen an und schlussendlich ist es egal woher das Gas kommt, die Anlagen die das Gas verwerten sind da nicht wählerisch. Konkurrenz ist also nur für Balticpipe ein Problem, nicht für Nordstream 1 u. 2? Man sollte sich schon entscheiden. Es gibt also zwei Anbieter aber du weißt schon im Vorfeld wer schlussendlich Hauptversorger wird? Für den Verbraucher ist Konkurrenz nur von Vorteil und das ist auch im Sinne der EU-Normen (daher auch das unbundling). Auch der Bundesregierung wird es nicht missfallen, dass es mehrere Anbieter gibt und schlussendlich der bessere den Zuschlag erhält (weil eben schlussendlich die beste Lösung auch für die deutschen Gasverbraucher).

2.
Laut Vertrag ist der „unmittelbare“ Erwerb durch die EZB verboten. Wenn Du (oder wer auch sonst) der Meinung bist, dass es sich um Staatsfinanzierung handelt, ist es trotzdem nicht der Fall, dass hier die Juristen „etwas daraus gemacht“ haben. Sie wurden durch die Kläger aufgefordert den Sachverhalt zu prüfen und laut Wortlaut ist es nun mal korrekt. Es steht schlicht genau so -und nicht etwa anders- in den Regelungen zu den Befugnissen der EZB. Wenn dann muss man hier den Vertrag kritisieren und nicht die Juristen, die den Wortlaut prüfen und feststellen, dass die Anleihekäufe nicht gegen die Regeln verstoßen. Aus welchem Grund sollte man jetzt eine Ausnahme für Nordstream machen? Man würde dann tatsächlich irgendwas „hinbiegen“ und nicht nur eine herbei fantasierte Biegung durchführen. Aus welchem Grund sollte man das tun? Natürlich nicht zu Russlands Gunsten… nein, wie oben schon erwähnt dient bspw. das unbundling den Verbraucherinteressen der EU-Bürger. Ein natürliches Monopol soll zumindest etwas aufgebrochen werden, aber nein es soll ein Monopol bestehen bleiben, einzig im Interesse der europäischen/deutschen Verbraucher. Erzähl das bitte jemand anderen, deine Argumentation ist nicht nachvollziehbar. Es sei denn du bist der Pressesprecher von Gazprom.

3.
Es sieht eher so aus als würden diverse EU-Staaten diversifizieren. Südosteuropa und Gazprom? Anfang des Jahres lauteten die Meldungen soweit ich weiß eher, dass es das Ende des Gazprom-Monopols in Südosteuropa bedeutet (Kroatisches LNG-Terminal was theoretisch den kroatischen Bedarf fast alleine decken kann, Bulgarien bezieht Gas aus Aserbaidschan). Bis jetzt wird bspw. Ungarn noch immer durch den Ukraine-Transit versorgt (und hat die Möglichkeit eben auch über Kroatien beliefert zu werden).
https://www.dw.com/de/gazprom-verliert- ... a-56159742

Natürlich braucht man Versorgung, aber Russland ist nicht der einzige Anbieter. Das ist eher zum Nachteil für Russland, aber positiv für die Verbraucher. Schlussendlich ist der Gasmarkt in Südosteuropa auch eher klein. Bedeutender scheint mir die Versorgung Italiens über Aserbaidschan zu sein. Aber für Italien gut, dass es Auswahl gibt.

4.
Was hat jetzt die Fregatte Bayern mit dem Thema zu tun? Die hat in einem umstrittenen Hafen gehalten, weil sie versorgt werden musste. Hätte man anders regeln können. Aber wie gesagt, geht es sicher nicht vornehmlich um Werte. Es geht hier um feindliche Handlungen und anhand derer man z.B. Nordstream 2 auf den Prüfstand stellen muss. Wie man sich öffentlich gegenseitig rhetorisch belegt ist zumindest vordergründig nicht entscheidend. Aber langfristig ist das ein Problem! Zur Zeit konnte man vor allem auch in den letzten Jahren noch trotz dieser öffentlichen, diplomatischen Verfehlungen weiter kooperieren. Nur hat es auch nach Abschluss von Nordstream 2 (also vertraglich) keine Entspannung gegeben und im Gegenteil, bestimmte Vorfälle traten erst danach auf (Angriff auf den Bundestag wurde erst viel später öffentlich, Skripal 2018, Tiergarten 2019, Vorfälle in Tschechien, Untersuchungen zu MH17 sind abgeschlossen, Anklage wurde erhoben, Beendigung des Petersburger Dialogs). Das ist alles öffentlich bekannt und nimmt auch einer zukünftigen Bundesregierung Handlungsspielraum. Wenn im Herbst das Kammergericht Berlin zum Einen den mutmaßlichen Auftragsmörder verurteilt (was meiner Meinung nach sehr wahrscheinlich ist, er wurde auf frischer Tat ertappt und auf der Flucht festgenommen) und die Beteiligung des russischen Staates bejaht, welche Möglichkeit hat dann die Bundesregierung? Kann man nach nichts weniger als Staatsterrorismus (und den gab es eben nicht nur in Deutschland, auch in Tschechien oder Großbritannien), noch an Projekten wie Nordstream 2 festhalten?
Militär:
Zunächst scheint die EU eher darauf bedacht zu sein, die eigenen Streitkräfte zu optimieren. Eine Kooperation mit Russland sehe ich nicht. Die meisten EU-Staaten sind auch Nato-Mitglieder, die Nato übt die Verteidigung des Bündnisgebietes unter anderem gegen russische Aggression. Russland im Gegenzug auch, wo siehst Du da Potential für Zusammenarbeit? Ich sehe hier keinerlei Bestrebungen weder seitens Russlands noch der EU oder auch nur einzelner EU-Staaten. Gibt es da Entwicklungen die mir nicht bekannt sind oder wie leiten sich Deine Vermutungen her?

5.
Die Frage ist, wie sich das zukünftig entwickeln wird. Konflikte und ernsthafte Störungen der Beziehungen haben i.d.R. einen Vorlauf. Das ist auch bei zwischenmenschlichen Beziehungen so. Handgreiflichkeiten beginnen fast immer verbal. Natürlich will ich nicht sagen, das ähnliches bevor steht. Aber so ein Verhalten steht eben auch nicht für Entspannung und Ausgangspunkt sind hier die russischen Verfehlungen, z.B. die schon beispiellose Peinlichkeit in der Sache mit dem Russlanddeutschen Mädchen „Lisa“… Lawrow fiel hier wie folgt auf: Keine Ahnung, aber viel Meinung! Der Kreml und seine Protagonisten fällt sicherlich vermehrt durch Inkompetenz auf, die in einem Fall wie bspw. „Lisa“ eher belustigend ist. Aber es gibt eben auch viele andere Vorfälle die weit weniger lustig sind. Die Bundesregierung war hier in der Vergangenheit erstaunlich unempfänglich für all das und an Pragmatismus interessiert, fraglich wie lange noch bzw. ob das nicht schon Vergangenheit ist. Du (und anscheinend auch der Kreml) haben die Zeichen der Zeit hier nicht erkannt. Steter Tropfen höhlt den Stein… rote Linien wurden überschritten und wenn sich nicht bald und dauerhaft eine Änderung des russischen Verhaltens abzeichnet, werden die außenpolitischen Beziehungen eher schlechter als besser werden (und ja, dann ist es fraglich ob zukünftig Kooperationen stattfinden werden… auch Nordstream wird hinterfragt). Wenn Du meinst das das im russischen Interesse ist, sei dir das unbenommen. Ich denke es ist nicht so.
Versorgungssicherheit durch ein Land wie Russland das schon den Gashahn zugedreht hat und auch die Gasversorgung als politisches Druckmittel offenkundig einsetzt? Wo soll da die Versorgungssicherheit sein? Die gibt es nur wenn man Alternativen hat… und die hat man und wird man zukünftig noch verstärkt haben. Daher ist es auch nur in unser aller Interesse zu diversifizieren (was zum Glück ja geschieht).
Nordstream 2 hat sich schon amortisiert, obwohl es noch keine Erträge gebracht hat. Ist das ein schlechter Witz den ich nicht verstehe? Die Kalkulation würde ich gerne mal sehen, will auch mal herzhaft lachen. Was aber echt total lustig ist, wenn man sich die Frage stellt, ob ein rein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen, das sagen wir mal in der Förderung und dem Verkauf von Erdgas engagiert ist, ein Projekt wir Nordstream 2 durchgeführt hätte. Gewinnorientierte Unternehmen wären erstmal bestrebt die bestehenden Leitungen maximal auszunutzen, um erstmal deren Gewinn zu maximieren, anstelle eine weitere Reduzierung der Auslastung einzelner Röhren durch den Bau einer weiteren Leitung zu erreichen (noch dazu mittels hoher Baukosten, weil unter Wasser). Sollte durch Nordstream 2 nur wenig Gas fließen oder aufgrund von Diversifizierung generell die Menge auch der anderen Leitungen sinken, ist das dann betriebswirtschaftlich ein ganz veritables Eigentor (per Fallrückzieher, (Eigen-)Tor des Jahres… mindestens).
Weil China ein weltweites Stromnetz anstrebt, ist der sichere Weg von Waren auf dem Land wichtig? Warum sollte die EU den Aufbau eines weltweiten Stromnetzes betreiben und in Konkurrenz zu China treten (zumal der Erfolg nicht absehbar ist und das im Grunde auch in einer riesigen Geldverbrennung enden kann)? In Europa würde das in erster Linie privatwirtschaftliche Unternehmen betreffen und EU Unternehmen generieren schon jetzt überall auf der Welt Aufträge, das können sie auch unabhängig von der EU machen. Bisher ist es nicht das Hauptziel der EU durch weltweite Infrastrukturprojekte vermeintliche Macht zu erhalten. Europas Macht ist der kaufkräftige Binnenmarkt und eigentlich auch nicht das Problem der EU wie die Waren hierher kommen.
Wenn es irgendwann zu dem Punkt kommt, das der Warenverkehr zwischen EU und Russland eingestellt wird (was ich persönlich nicht hoffe), ist Russlands Bedeutung für die Seidenstraße aus Sicht Chinas nahezu Null. Entscheidend ist der europäische Markt und genau den will China beliefern. Auch so schon ist der Warenweg über Land nicht der Entscheidende. Der Suezkanal ist seit seiner Entstehung eine internationale Zone und freie Durchfahrt gewährt. Weder China, USA, Großbritannien noch die EU haben ein Interesse an einer Blockade. Die freie Durchfahrt ist auch durch Spannungen und Konflikte im Nahen Osten nicht grundlegend gefährdet, zumindest würden Beeinträchtigung durch eine ganze Reihe Staaten nicht so einfach hingenommen werden.

6a.
Ja, man kann der Eurasischen Wirtschaftsunion nur viel Erfolg wünschen. Wie schon gesagt, Kooperation ist immer von Vorteil. Wenn das Potential aufgrund eines Freihandelsabkommens mit Vietnam sehr groß ist, wie ist dann das Potential erst mit Freihandelsabkommen mit bspw. den USA oder der EU? Ein Freihandelsabkommen mit Vietnam ist auch für die eurasische Wirtschaftsunion eher von geringem Nutzen. China, Japan, Indien etc. sind eher die Größen im asiatischen Raum (im europäischen Raum natürlich die EU). Außerdem lässt sich erst hinterher sagen wie profitabel ein Freihandelsabkommen schlussendlich ist. Wenn dann tatsächlich wenig Handel stattfindet, weil die einen die Produkte der anderen vielleicht nicht unbedingt brauchen, ist es zwar schön aber ohne nennenswerte Effekte.

6b. und c.
Es ging nicht um langfristige Entwicklung sondern um trotzige Reaktionen die man schlussendlich selbst herauf beschwört hat. Langfristig möchte Russland seine wirtschaftliche Bedeutung erhöhen, wenn man den Zielen die Putin regelmäßig verkündet, glauben schenken kann. Aber vermutlich weißt du es besser als Putin selbst.
Für das Ziel die wirtschaftliche Bedeutung Russlands zu erhöhen, wären deutlich höhere Wachstumsraten notwendig. Wenn man jemanden einholen möchte der vor einem liegt, muss man schneller wachsen.
Everythingchanges

Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

derBabelszwerg hat geschrieben:(16 Sep 2021, 12:49)

Ich fasse die Punkte wieder zusammen in einen Beitrag.

Mache ich auch :)
sen.

1.
Der Babis ist da Opportunist.
Der hat anfangs rumgeeiert und dann medialem Druck nachgegeben. In zwei Jahren kann das wieder anders aussehen.

Zu Polen:
Das sind mA weit mehr als nur Meinungsverschiedenheiten. Wir werden sehen, ob er dort wieder runterkocht oder ob es "nuklear" wird, in dem Polen dem EU-Recht in Polen den übergeordneten Rang entzieht.

2.
Juristen prüfen genau sowas und sie können es wörtlich oder eben deutlich weiter auslegen.
Wenn zb Trumph jemanden als obersten Richter durchsetzt, der der Fraktion der wörtlichen Auslegung nahesteht, dann finden das manche nicht gut.
Wenn eie EZB also der größte Gläubiger diverser (aller?) EU-Staaten geworden ist und weiter deren Schulden sammelt, dann sind die Fragen um Schuldenunion oä praktisch und nn auch juristisch anders beantwortet als es der Vertrag mal vorsah.

Warum also kreativ werden in Sachen NordStream2?
Weil man sich so preiswerte Energie sichert. Das ist extrem wichtig, denn ohne passieren solche Dinge wie zb in Spanien, wo gegen Preissteigerungen demonstriert wird und wo der Staat nun staatlich gesteuert Energiekosten (auf seine Kosten) senkt.

Gazprom braucht keine Presssprecher. Sie gewinnen so oder so. Entweder bekommen sie dauerhaft höhere Preise oder eben bessere(sicherere und langfristigere) Rahmen. Im ersten Fall geschieht das genaue Gegenteil dessen, was die Richtlinie mal erreichen wollte.
Es reicht heute eine PK vom Kremlsprecher, um den Gasfuture in beliebige Richtung zu pushen.

3.
Das sind die Wunschträume EUropäischen Journalismus.
Der Flüssiggasmarkt ist ein Weltmarkt (Pipelines sind der Sache nach sehr regional).
Deshalb ist der Gaspreis für Kunden mit Pipelines idR viel besser kalkulierbar.
Wer heute Gas vom Weltmarkt kauft, bezahlt 800+ Dollar/1000 Kubik.
Wie "gut" dieses Modell funktioniert, kann man perfekt daran ablesen, dass die ganzen Terminals nur via Subvention laufen und doch gar geringe Auslastungen haben.

Neben Spanien rührt sich gerade auch in Italien Energiepreiserhöhungsunmut.
So richtig ausreichend ist das mit der TAP und Flüssiggas nicht...

4.
Mir ist es am Ende egal, wie Deutschland sich entscheidet.
Wenn diejenigen die Oberhand behalten, die es lieber emotionaler mögen, dann gibt es eben kein NordStream2. Als Gazpromaktionär würde ich das sogar begrüßen.
Als deutscher Staatsbürger, der es eher rational mag, sind mir langfristig sicher kalkulierbare und preiswerte Energiepreise deutlich wichtiger in Sachen Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie als irgendwelche Scharmützel ala Werte usw.
Die weiße Weste findet man eben auch bei uns nicht und moralisieredes Handeln muss man sich leisten können.

Zum Militär:
Das sind wieder Potentiale und je schwächer der US-Einfluss wird, desto wahrscheinlicher werden solche Kooperationen. Ich denke, dass es in diese Richtung läuft, denn eine EU-Armee ist darauf angewiesen, Russland nicht ins Gehege zu kommen. Das lässt sich am besten mit Abstimmung und später Kooperation bewerkstelligen. Schau ganz frisch nach Mali.
Man ist schon entsetzt, wenn nur russische Söldner im Raum stehen.

Und nimm dir den Natostaat Türkei, der jetzt in Sachen Luftabwehr gen Russland tätig wurde.
Warum sollte zb ein Orban das nicht in ein paar Jährchen auch tun?

5.
Du übersiehst die Macht, die Russland in Dtl längst hat.
Der "lustige" Fall Lisa zeigt das exemplarisch.
Wo du Imkompetenz siehst, sehe ich einen Grund, warum Dtl so unempfänglich und an Pragmatismus interessiert ist. Sie können mit dieser Nummer in!! Deutschland recht schnell Protestwellen erzeugen.
Dazu brauchen die ein wenig PR und einen Anlass.

Mit jemandem, der diese Macht hat, kann man nicht einfach umspringen, sondern muss das berückschtigen und je mehr Spaltungansätze sich entwickeln, desto weniger Anlass bieten, dass derjenige diese Möglichkeiten einsetzt.

Zum Amortisieren: Die Gaspreise steigen für einen großen Teil aller!! russischen Gasexporte, weil die Diskussionen um NordStream2 die Preise mitsteigert. Es ist also keine betriebswirtschaftliche Amortisation, sondern quasi via Querfinanzierung.
Gazprom wird dieses Jahr deshalb weit höhere Umsätze (und Gewinne) machen als ohne diese NordStream2-Debatte.

Lassen wir China einfach raus. Passt hier nicht zum Thread.

6.
Es gab und gibt ja die Vision ala von Lissabon bis Wladiwostok.
Dazu müsste mal das böse Blut aus dem Verhältnis. Das klappt am besten, wenn man gemeinsame Interessen abseits der gegenseitigen Verteufelung findet und verfolgt.

6c
Da unterschätzt du die Russen.
Die haben genau diese Gegensanktionen eingeführt, um den eigen Agramarkt zu fördern. Im vollen Bewusstsein, dass es zu kurzfristigen Problemen wie zb Inflation oder Versorgungsproblemen kommt.
Das Ergebnis ist ein Russland, dass heute zu einem Agragroßexporteur geworden ist (Tendenz steigend)
und das ist genau das, was die erreichen wollten in Sachen Bedeutungserhöhung.

Im Bereich Industrie läuft das deutlich langsamer, aber auch dort hat man spätestens 2015 eine Kombination aus regulatorischer UND währungsbedingter (und inKauf genommener) gestiegener Abschottung in Sachen Importe als Impuls für Entwicklungsprogramme der eigenen Industrie genutzt
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Alexander Sommer »

Everythingchanges hat geschrieben:(16 Sep 2021, 16:56)

1.
(Fullquote)
Überlanges Zitat gekürzt, Mod.


t

Deine Beiträge sind mit absolutem Abstand die besten die ich je in diesem Forum gelesen habe, Respekt.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Weitere juristische Schritte gegen Nord Stream 2


https://www.svz.de/regionales/mecklenbu ... 57882.html
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Tom Bombadil »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(21 Aug 2021, 11:32)

Russland kann im übrigen grünen Wasserstoff produzieren.
Womit?
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 08:53)

Womit?
Rein theoretisch geht viel. Kernfusion beispielsweise. Oder ein Mittel universal gegen Krebs.

Russland hat sicher Potential und Fläche für grünen Wasserstoff. Aber die moderne, notwendige Technik fehlt. Konkurrenten können Grünen Wasserstoff zur Hälfte mittlerweile oder weniger produzieren als Russland.

Einfach deswegen weil Russland diese Technik nicht hat oder bekommt. Schon aus eigenen Interessen der Wirtschaft. Warum sollte man die Konkurrenz stärken.

Das mag eventuell Merkel und der Altmaier wollen, aber die Wirtschaft will das so nicht. Auch wenn die üblichen Verdächtigen kreischen.

Gut bezahlt eben vom Kreml bzw gute * Kontakte * langfristig. Nur wer viel investiert will wohl selbst Profit machen und Russland ist genau wie China bekannt das Verträge wenig zählen.

Dazu Sanktionen gegen Russland, Streit um Ns 2 ect.

Ich glaube nicht das es ein besseres Verständnis bald gibt
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Everythingchanges »

Alexander Sommer hat geschrieben:(16 Sep 2021, 22:01)

Deine Beiträge sind mit absolutem Abstand die besten die ich je in diesem Forum gelesen habe, Respekt.
Vielen Dank, aber zu guten Diskussionen gehören immer mindestens zwei.
Insofern ist es gut, wenn widerstreitende Ansichten so ausgetauscht werden, wie es hier zb der Babelzwerg macht. Dann kann man auch gut antworten.
In der Sache hart und mit Fakten und Darlegung der eigenen Sicht und trotzdem respektvoll.

Je häufiger das so passiert, desto besser das Gesamtpaket.
Einfach weil es einen sachlich "zwingt" auch eigene Standpunkte immer wieder zu hinterfragen.


Zum Thema Gas:
Heute zum großen Verfallstag gibt es in Sachen Gaspreis zum Glück nach dem gestrigen Rückwärtsgang keine neue Rakete.
Der Kurs kurvt umgerechnet um die 800 Dollar. Vorgestern sah es noch danach aus, als würden die 1000 getestet.
Der Wetterbericht für Europa (http://www.berliner-kurier.de/panorama/ ... -li.183211) deutet darauf hin, dass es erst mal deutlich kühler wird und dass das Speicherauffüllen wohl kaum noch deutlich nach oben gefahren werden kann, obwohl Gazprom wieder mehr durch die Jamalpipeline leitet(https://www.gazprom.com/investors/discl ... -supplies/).
Zuletzt geändert von Everythingchanges am Fr 17. Sep 2021, 12:46, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Tom Bombadil »

Cobra9 hat geschrieben:(17 Sep 2021, 09:00)

Rein theoretisch geht viel.
Ja, theoretisch. Das posting habe ich aber so verstanden, dass Russland das schon jetzt könne.
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Alexander Sommer »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 08:53)

Womit?

Mit Strom aus ihren Wasserkraftwerken!!
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Re: Blickwinkel zu Nord Stream 2 EU und Alternativen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Sep 2021, 12:33)

Ja, theoretisch. Das posting habe ich aber so verstanden, dass Russland das schon jetzt könne.

In einem minimalen Umfang der definitiv nicht wirtschaftlich in größeren Mengen ist funktioniert es schon.

Aber in großen Mengen - das wohl nicht.
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