derBabelszwerg hat geschrieben:(09 Sep 2021, 23:34)
1.Wenn man die Aussagen z.B. des Kremlsprechers nach dem Borell-Besuch nimmt, scheint es eher so zu sein, dass es schon Interesse seitens Russlands gibt. Umgedreht war es der EU-Gipfel Ende Juni der das kategorisch abgelehnt hat. Der Vorschlag von Frankreich und Deutschland wurde abgelehnt. Und nicht nur von den baltischen Staaten oder Polen (z.B. auch den Niederlanden). Ich meine sogar gelesen zu haben, das Rutte meinte er würde sich ganz sicher nicht mit Putin an einen Tisch setzen. Was in Anbetracht des MH17 Vorfalls allzu verständlich ist, der russische Umgang mit der Angelegenheit ist nur als Verhöhnung der Opfer zu verstehen und ganz einfach erbärmlich. Sogar die Mullahs im Iran hatten bei dem versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine mehr Arsch in der Hose. Am Borell-Besuch sieht man das der Kreml ein einziges Witzfigurenkabinett ist. Einen Diplomaten, von dem bekannt ist, das er ne Lame Duck ist, zu düpieren, ja großes Kino. Eine wahre Heldentat, zumindest wenn man auf dem Level eines Lawrow ist. Gemeint ist hier mit Lame Duck die Position des Außenbeauftragten der EU nicht Borell als Person.
2.
Für gewöhnlich ist Recht nicht biegbar, keine Ahnung wo das herkommt, aber das wäre Willkür. Dem vernehmen nach ist das oft in Russland der Fall. In europäischen Ländern eher nicht. Wieso sollten russische Verhältnisse auf die EU übertragen werden? Gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Zumal Russland seit Jahren durch feindliche Übergriffe auffällig ist.
3.
Das scheint schon geradezu absurd. Beispiel die diplomatischen Vorfälle zwischen Tschechien und Russland. Die Kürzung des Personals der russischen Botschaft hat das russische Drehkreuz für Geheimdienstoperationen in Europa geradezu handlungsunfähig gemacht. Den Personalschwund der tschechischen Botschaft in Moskau federt die deutsche Botschaft ab. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU "zerfleischen" sich nicht, sie kooperieren auf hohem Niveau. Außenpolitischer Verlierer ist hier Russland. Es sieht eher danach aus, als hätte man wenig Plan im Kreml. Aber gut, kannst natürlich weiter probieren die kompetenzbefreite Kreml-Clique als die Überbrains darzustellen, ist aber wenig glaubhaft aus meiner Sicht.
4.
Von europäischer Seite aus betrachtet ist das falsch. Es begleitet uns nicht schon sehr lange, natürlich spuckt man in Russland große Töne und verhält sich seit vielen Jahren feindselig, aber von Seiten der EU und erst Recht der Bundesregierung, ist das absolut neu. Das an die Öffentlichkeit kommt, wie Merkel genervt Putin imitiert und lächerlich macht "Moj truba" und der "kleine, verunsicherte Mann", ist außergewöhnlich und neu. So etwas habe ich vorher noch über kaum einen anderen Staatschef gelesen, mag sein, das so etwas natürlich auch über andere intern geäußert wird, aber es drang bisher nicht an die Öffentlichkeit. Zeigt aber nur wie viel Respekt man vor Putin hat.
5.
Was für einen Sinn macht die Betrachtung einzelner Projekte? Die gab es immer und wird es immer geben. Insgesamt sind die außenwirtschaftlichen Beziehungen rückläufig seit längerer Zeit. Russland hat schon an Bedeutung verloren und wird vermutlich weiter verlieren. Zumal richtige Sanktionen noch gar nicht beschlossen wurden. Man muss abwarten was evtl nach Urteilen zu MH17 oder auch dem Tiergartenmord passiert.
6.
Welche Erfolge? Da ist nicht viel zu sehen, aus den G8 ist man seit geraumer Zeit raus, in der WHO wahrscheinlich nur wegen der Unterstützung der Bundesregierung (zumindest hat das erheblich beschleunigt). Man führt teure Kriege in der Ukraine und Syrien mit wenig Nutzen. Biden ruft und Putin kommt und holt sich ne Ansage ab, was passieren wird, falls die Cyber-Attacken nicht eingestellt werden. Sieht eher aus wie Zuckerbrot und Peitsche... Oder kommt jetzt auch, Russland will eigentlich gar nicht mit den USA reden?
lm Vergleich zu China, USA oder EU ist Russland warum genau ein Riese? Weil Lawrow dumme Sprüche ablässt? Es volkswirtschaftliche Direktinvestitionen von beiden Seiten gibt?
Weil Nordstream 2 schon Mal die Bedingung hat, das der Gastransit durch die Ukraine bestehen bleibt? Bedingungen für Gespräche zwischen EU und Russland erst noch definiert werden müssen und nur wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt es überhaupt Gespräche? Außenpolitischer Erfolg? Für mich sieht so Misserfolg auf ganzer Linie aus.
1.
Welche Aussagen meinst du?
Russland lässt sich immer ein rethorisches Hintertürchen offen, aber die abwertende Rethorik zum Zustand der EU wird da immer offener beigemischt.
Die unterschiedlichen Standpunkte der jeweiligen Länder sind genau das, was man ausnutzen kann. Tschechien und Ungarn sind das Musterbeispiele.
Die einen haben einen internen Streit und tendieren weg und die anderen tun das Gegenteil, weil Moskau bilateral und nicht via EU-Segen vorgeht.
2.
Sollte es nicht sein, aber bei Bedarf ist es auch hier so.
Dazu reicht ein Hinweis auf die Auslegungsverrenkungen in Sachen Staatsfinanzierung via EZB. Sowas könnte man selbst erständlich auch an anderer Stelle tun.
Nicht um irgendwas für Russland zu tun, sonder so wie bei der EZB, um das EU-System nennen wir es mal weiter zu entwickeln.
3.
Einfach abwarten und Tee trinken.
Um die Widersprüche in der EU auszunutzen, braucht man kein Überbrain zu sein.
In Tschechien kostet das ggf ein AKW, aber das hätte es ja mit sanfterem kurs wohl auch nicht gegeben. Zumindest wenn man mal auf russische Großprojekte wie SouthStream schaut.
4.
Mindestens seit 2014.
Auch da hat Merkel schon erzählt, dass Putin in einer anderen Welt unterwegs wäre und keinen Bezug zur Realität hätte.
Und wenn du dir die letzte PK anschaust, als Angie in Moskau war, dann weißt du, wie die beidenmiteinander sind. "Lieber Vladimir" und "du" und "ich war ja Kranz für Soldaten ablegen"...
5.
Es ist ziemlich viel, wenn ein Staat seine größten Gasspeicher an Russen verkauft und sich auf NordStream2 festlegt, während doch Megakrise mit Russland ist.
Linde hat zwei Milliardenkooperationen mit Gazprom für deren neue Gasveredlungswerke (Amur und just gestern für die Anlage bei St. Petersburg) vereinbart.
Am Ende erzählt das und andere Kooperationen eine Geschichte, die wenig zum Image passt, dass man ja wegen der Werte eigentlich nicht...
Schau einfach mal, was aus der Flugzeugumleitung und Oppositionsverhaftung in Weißrussland fur ein Sanktions-usw-Theater folgte.
Etwa eine Woche später gab es einen ählichen Vorfall in Russland (Abbruch der Startphase).
Ähnlich wie beim Krimgewässervorfall gab es vor allem dröhnendes Schweigen aus der EU.
Im Ergebnis hat man Lukaschenko in Putins Arme getrieben.
Das war ein Geschenk der EU an Putin, das aber ganz anders aussieht.
6.
Das ist das Schöne an der Geopolitik. Man findet immer Ansätze es in alle Richtungen zu deuten.
Für dich wird das Folgende wohl eher eine Reihe von Misserfolgen sein...ich finde da eher ordentlich Potential, das aber natürlich auch ungehoben bleiben kann.
Russlands Syrienpolitik führte jüngst zu einer Kooperationserklärung zw SaudiArabien und Russland.
Die Ukrainekrise hat ihnen die Krim gebracht (die Kosten dafür fnanzieren wir zb gerade via höheren Gaspreisen) und dafür gesorgt, dass die vorher im Raum stehende EU-und Natoerweiterung um die Ukraine weit in die Zukunft gerückt ist.
Russland hat sich zu einem der Topentscheider bei der OPEC+ gemacht (das könnte eine Folge aus Syrien/Ukraine sein, wenn man da mal die Timelines betrachtet).
Russland ist neben China der zweie Kopf der SCO.
Die EAWU verhandelt (und schließt ab) diverse Freihandelsabkommen und hat sich als Teil der Seidenstrasse etabliert. Der NordSüdkorridor via Iran gen Indien erlebt zumindest auf Vereinbarungsebene einen neuen Frühling.
Russland setzt seben Fuß wieder verstärkt nach Afrika (während die Einsätze der EU-Staaten irgendwie nicht so wie erhofft laufen nd diverse Putsches/Sterbefälle eher den EUrop. Interessen schaden). In Libyen ist Russland neben der Türkei zb die Macht. Einfach weil die EU zu schwach war, muss sie nun direkt an der Südgrenze Russland sehr stark berücksichtigen.
Wenn du mich fragst, hat bis auf China kein anderes Land derartigen Machtzuwachs in den letzten 7-8 Jahren erfahren. Das kann naturlich auch nach hnten losgehen, aber bislang tut es das imA nicht.
Sie sind sicher ökonomisch nicht ansatzweise in einer Liga mit China oder der USA.
Aber sie spielen ihre Möglichkeiten sehr geschickt.
Zb ist es die Energiesupermacht schlechthin. Und just auf dem Feld muss sich die EU gerade bewähren.