H2O hat geschrieben:(19 Jan 2022, 20:10)
Technisch gesehen müßte dann aber von Greifswald in Vorpommern eine Leitung in die Niederlande gelegt werden. Zu Lande oder mit Zustimmung Dänemarks über Land und See. Eine Rohrleitung NEL zu Lande gibt es schon für Gas D --> NL, und eine Rohrleitung OPAL nach Süden gibt es aus für Gas D --> CZ --> A. Der Betrieb dieser Rohrleitungen "an D vorbei" ist politisch kaum vorstellbar.
Zumindest mit diesen Partnern müßte sich Deutschland sehr eng abstimmen, wenn D Stunk in Sachen NS2 machen möchte. Belgien und Frankreich sind auch rein planerisch betroffen. Gegenüber den USA ist damit die deutsche Interessenlage gefestigt. So kann man die Rücksichtnahme der Regierung Biden gegenüber D verstehen. D muß abwägen, wie weit das Wohlwollen der baltischen und polnischen Nachbarn diese Interessenlage dämpfen sollte... immer das Wohlwollen der russischen Seite vorausgesetzt, und der russische Verzicht auf die "Gaswaffe". Da läßt sich doch noch etwas zwischen D, EU und RU verhandeln!
Wie das technisch realisiert wird ... Tja.
Es gab 2019 in der ZEIT eine sehr aufschlussreiche Zusammenstellung von "Sieben Fakten zu Nord Stream 2", die in einigen Punkten eher nicht den gängigen Erzählungen entspricht. Solche Klarstellungen sind in den erhitzten politischen Debatten sehr nützlich.
Es beginnt mit Erstens:
Fakt Nr 1: Von den 1.230 Kilometern der neuen Rohrleitung vom russischen Wyborg bis Lubmin bei Greifswald ist ein Drittel bereits verlegt. Ende dieses Jahres wird das Gas fließen, das vor allem in Richtung Niederlande weitergeleitet wird.
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... tergruende
Zweiter Satz in Fakt Nr. Eins von Sieben.
Fakt Nr 2: Neben britischen, österreichischen, russischen und deutschen Unternehmen beteiligt sich auch die Royal Dutch Shell an der Finanzierung. Aus Menschenfreundlichkeit? Gewiss nicht.
Fakt Nr. 5:
Die Europäische Union wird in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Importgas brauchen als heute. Dies liegt an der rückläufigen Produktion in den Niederlanden und in Norwegen, auch England wird immer einfuhrabhängiger.
Den politischen Auseinandersetzungen mit Russland stehen die vorhersehbaren Ressourcenbedürfnisse in Regionen wie Europa gegenüber. Die Verwendung von LNG-Gas aus Ländern wie Katar ist politisch mindestens so fragwürdig wie die Lieferungen aus Russland (oder auch die Teilnahme an der Fußball-WM in Katar). (In Swinemünde landet in großen Mengen LNG aus Katar an).
Man soll mir einfach nicht mit Heuchlerei kommen. Und entweder sagen: Wir brauchen unseren Wohlstand und brauchen dafür Energie und importieren dafür auch gerne Gas aus Ländern in denen Homosexuelle ausgepeitscht werden oder Regimekritiker vergiftet werden ... oder man sagt: Nein. Wir schränken halt unseren Wohlstand ein. In der Regel in der Form, dass Energie eben wesentlich teurer wird und man sehr sehr sparsam damit umgehen muss. Es ist mir zwar durchaus bekannt, dass selbst in Bundesländern mit hohem Durchnittseinkommen wie BW reiheinweise sozial schwachen Bürgern der Strom abgestellt wird, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Aber andererseits wird man in S-Bahnen und Regionalzügen halbtot gegrillt. Als wenn Elektrizität immer und überall in unbegrenzter Menge zur Verfügung stünde.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)