Hallo.
Vorab:
- schön, daß sich auch noch Andere sachlich in diesen Diskurs einbringen!
@H2O:
H2O hat geschrieben:Mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen müßten auch gleiche Ausbildungsgänge / Ausbildungsziele zusammen fallen. Das ist aber nicht der Fall. Da liegen wohl die eigentlichen Schwierigkeiten.
RICHTIG!
Die angesprochene Richtlinie
"über die Anerkennung von Berufsqualifikationen" sieht
"harmonisierte Mindestanforderungen an die Berufsausbildung" als Grundlage für
"ein allgemeines System zur Anerkennung von Ausbildungsnachweisen und eine automatische Anerkennung von Berufserfahrung" vor. Mit dieser Richtlinie sollte aber nicht nur
"die Anerkennung von Berufsqualifikationen" von EU-Bürgern geregelt werden, sondern:
"Staatsangehörige von Drittländern" genießen ebenfalls Gleichbehandlung
"auf die Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Berufsqualifikationen nach bestimmten Unionsrechtsakten". Und somit schien dies auch ein Teil des Problems zu sein ... daß also nicht alle Berufsausbildungen immer und überall gleich oder zumindest vergleichbar sind.
- ... wenn es in einem dieser Länder überhaupt solch einen Lehrberuf gibt?
Aber vielleicht war es auch die Tatsache, daß verschiedene Bundesländer zum Teil auch einzelne Fachgesetze für einzelne Berufe erlassen haben, die ja von den BQFG abweichen können.
Mittlerweile haben die Bestimmungen aus dieser Richtlinie ja doch Einzug in unser
"Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz" (BQFG) gefunden.
H2O hat geschrieben:Unsere "duale Ausbildung" wird immer wieder einmal gelobt; deshalb vermute ich, daß ein junger Mensch, der diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, auf etliche Fähigkeiten und Kenntnisse zurück greifen kann, die anderswo so nicht vermittelt werden.
Ich kann mich an ein Forum erinnern, an dem unter Anderen Arbeitgeber aus diversen Ländern teilgenommen haben: Deutschland, USA und England, etc.
Der Moderator fragte den USA-Arbeitgeber einer großen juristischen Kanzlei, warum diese lieber auf deutsche Jura-Studenten zurückgreift - sie hätten doch selber recht gut ausgebildet Elite-Uni-Jura-Absolventen. Daraufhin bemerkte dieser, daß deren Ausbildung in juristischen Fragen zwar hervorragend sei, aber das Allgemeinwissen und die raumübergreifende Ausbildung sei bei deutschen Studenten doch besser und umfangreicher. Warum also unsere Politik das Modell seit 2006 sukzessive durch die Bologna-Reform ausgesetzt und durch die Abschlüsse nach Bachelor/Master durch privatrechtliche Akkreditierungsverfahren ersetzt hat, bleibt fraglich. Besonders fragwürdig erscheint mir, mit welcher Begründung die Einführung des Bachelorabschluß eingeführt wurde. Mann wolle den Bachelor
"als ersten berufsqualifizierender Abschluß einführen" - also quasi als Regelabschluß und somit
"für die Mehrzahl der Studierenden zu einer ersten Berufseinmündung" ermöglichen.
- (Kultusministerkonferenz (KMK) 2003)
Da aber gleichzeitig das Studium allgemein durch eine
"Reform" verschulischt wurde - sich also, meiner Meinung nach, Studierende zunehmend
'nur' auf ihr Studienfach konzentrieren müssen, ... Allgemeinwissen scheint dabei weitgehend auf der Strecke zu bleiben. Auch werden die gestuften Abschlüsse Bachelor und Master noch nicht immer und überall akzeptiert - besonders nicht der Bachelorabschluß. Ich weiß von meinem Schwager, daß sein Arbeitgeber den Masterabschluß voraussetzt.
H2O hat geschrieben:Pflegeberufen ... Ausbildungsberuf eine Hochschulbildung ... Vielleicht ist diese Akademisierung in vergleichbaren Berufsfeldern aber gar nicht sinnvoll zur Erfüllung der praktischen Aufgaben?
Ich denke schon, daß es sinnvoll ist, wenn man weiß, warum man etwas tut ... und welchen (medizinischen) Hintergrund es hat. Ich gehe ja auch lieber in ein Reha-Zentrum und absolviere dort meine Trainingseinheiten (und zahle dort für ein Monatsabo lieber etwas mehr - ich weiß zudem, daß dort dementsprechend ausgebildetet Personal ist), bevor ich in ein Fitnesstudio gehe - weil ich ein paar Euros sparen will, ... ich weiß aber nicht, ob das dortige Personal weiß,was es tut?
H2O hat geschrieben:Das Ende des Liedes könnte dann sein, daß Fachkräfte sich in anderen EU-Ländern einer Eingangsprüfung stellen müssen, in der sie ihre Einsatzmöglichkeiten nachweisen müssen. Vielleicht gefolgt von einer Art Probezeit, an deren Ende die Anerkennung einer Fachqualifikation für dieses Land steht... oder sie eben versagt wird.
Das ist ja in dieser Richtlinie ausdrücklich vorgesehen ... erlaubt. Zumindest für
"reglementierte Berufe ... wird den Mitgliedstaaten" gestattet,
"die Berufsqualifikationen des Dienstleisters vor der ersten Erbringung einer Dienstleistung zu überprüfen." Allerdings
"sollten Berufsangehörige von Anfang an wissen, ob eine Nachprüfung ihrer Berufsqualifikationen erforderlich ist und wann mit einer entsprechenden Entscheidung zu rechnen ist", aber:
"keinesfalls sollten die Bedingungen für eine solche vorherige Prüfung von Berufsqualifikationen im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs strenger als im Rahmen der Vorschriften über die Niederlassung sein."
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)