Europawahl 2019

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Der Neandertaler
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Maikel.
Maikel hat geschrieben:Es geht doch bei Junckers Feststellung nicht darum, ob Gesetze im Widerspruch zu nationalen Regelungen stehen.
Mal abgesehen davon, daß man für so eine Prüfung erstmal verstanden haben muß, was die EU da beschlossen hat.


Eben; deshalb versucht die EU gerne Gesetze durchzubringen, deren spätere Auswirkung den Parlamenten bei Zustimmung ggf. gar nicht bewußt ist.

Es ist halt etwas anderes, ob ein Parlament ein Gesetz selbst ausgearbeitet hat, oder ob es von außen kommt, und lediglich einer Umsetzung und Zustimmung bedarf.
Versuch doch erst einmal zu verstehen, daß das EU-Parlament kein Initiativrecht besitzt - was im Umkehrschluß bedeutet, daß lediglich die EU-Kommission das Vorschlagsrecht innehat. Wobei allerdings diese Vorschläge dem Ministerrat vorgelegt werden. Auch kann in vielen Politikbereichen nicht mehr europäisches Recht werden, was nicht vorher die Zustimmung des Europäischen Parlaments bekommen hat.
  • ... unter Umständen mit Abänderungen.
'dem Ministerrat vorgelegt' heißt aber, daß nichts in's Parlament kommt, was die nationalen Regierungen nicht in irgendeiner Art und Weise vorher gesehen und beurteilt haben. Also dürfte die "Überraschung" eher klein sein.
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H2O
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Der Neandertaler hat geschrieben:(24 Feb 2019, 16:59)

Hallo H2O.
Eines hab ich noch vergessen - da hast Du Dich vermutlich nur verkürzt ausgedrückt?!?Wie ich am Anfang dieses Diskurses schonmal betont habe, gibt es in der EU zwei Arten von "Gesetzen":
  • "Verordnungen"
    und
  • "Richtlinien"
Verordnungen sind verbindliche Rechtsakte ... sind EU-Vorschriften, die alle EU-Länder in vollem Umfang umsetzen müssen ... die also unmittlbar, bzw.: nach Veröffentlichung im EU-Amtblatt und eu-weit gelten.
  • etwa die Verordnung 2015/478 für Waren, die in die EU importiert werden und für die gemeinsame Schutzmaßnahmen, oder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zum "Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten" und "zum freien Datenverkehr", bei der nun unter Anderem auch die "Informationspflicht" einzelner Unternehmen, welche personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person erhoben wurden, geregelt, ... bzw.: gestärkt wurde, oder die "Roaming-Verordnung" (EU) 531/2012, bei der die Roamingaufschläge eu-weit maximiert wurden, mit dem Ziel, "die Differenz zwischen den Inlands- und den Roamingtarifen zu verringern", ...
Richtlinien aber sind Rechtsakte, bei denen man sich irgendwie nicht einigen konnte. Die also entweder 'nur' Mindestanforderungen stellen, oder bei denen zwar die Ziele feststehen, nicht aber die Maßnahmen, die dazu nötig sind.
  • Richtlinien mit lediglich Mindestanforderungen - betreffend den Verbraucherschutz:
Auch die EU-Richtlinie 2008/50/EG gehört dazu. Sie regelt Luftreinhaltung in der EU - sie bestimmt dazu "Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei" in der Luft und "zum Schutz der menschlichen Gesundheit". Obwohl diese auch für die Dieselfahrverbote herangezogen wird, ist sie allerdings nicht dafür verantwortlich, sondern Politik und Wirtschaft, die die Grenzwerte zu lange ignoriert haben. Diese Richtlinie ist weitgend zu unser aller Wohl und "zum Schutz der menschlichen Gesundheit" erlassen worden.

Fazit:
  • die Zeiten, in denen "Jedes EU-Gesetz ... in nationale Gesetze überführt werden" muß, ... die sind weitgehend vorbei. Denn wie zumindest die oben genannten Richtlinien aufzeigen, wären wohl die darin enthaltenen Punkte nie in Gänze im nationalen Rahmen wohl kaum möglich geworden.
Der Unterschied von "Verordnungen (EU)" und "Richtlinien (EU)" war mir überhaupt nicht klar. Da versucht Wikipedia Klarheit zu schaffen:
Durch die Durchgriffswirkung unterscheiden sich die Verordnungen von den Richtlinien. Richtlinien haben keine unmittelbare Geltung in einem Mitgliedstaat, können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar anwendbar sein.
Verordnungen werden von der Gemeinschaft erlassen und gelten ohne Ratifizierung in allen EU-Staaten. Sie "greifen durch". Sie dürfen auch nicht verändert werden, etwa durch einen Ratifizierungsprozeß. (Die Ratifizierung ist nicht vorgeschrieben, aber auch nicht verboten.) Die Verordnung gilt in jedem Falle.

Verordnungen sind Gesetze, die den gemeinsamen Markt unmittelbar betreffen. So gibt es die "Gurkenverordnung", über die so viel gelästert wurde, und eine "Bananenverordnung" gibt es auch. Man ahnt, warum eine Verordnung nicht ratifiziert werden muß. Wie soll andernfalls Ware im EU-weiten Handel verglichen werden.

Ich vermute, daß Verstöße gegen Verordnungen auf jeden Fall vor dem EU-Gerichtshof verhandelt werden, weil sie vorrangig Gemeinschaftsrecht sind.

Richtlinien gelten erst nach Ratifizierung in den EU-Staaten, die die Richtlinie ratifiziert haben. Die Richtlinie zur Luftreinhaltung hat Deutschland ratifiziert. Ich vermute, daß der Schutzverein deshalb ein deutsches Verwaltungsgericht anrufen konnte. Durch die Ratifizierung ist die EU-Richtlinie ein nationales Gesetz geworden.

Ich habe versuchsweise anstelle der juristischen Präzisierungen den Unterschied an der Sache festgemacht:
Verordnung = Gemeinschaftsrecht gilt immer, ist mehr technisch orientiert für das Funktionieren des gemeinsamen Markts
Richtlinie = gilt erst nach Ratifizierung, ist eine sinnvolle Handreichung der EU, die nicht zwingend umgesetzt (ratifiziert) werden muß. Die Richtlinie greift ein in unser tägliches Leben, bzw will dort eingreifen, wenn sie ratifiziert wurde.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Verordnungen sind Gesetze, die den gemeinsamen Markt unmittelbar betreffen. ... "Gurkenverordnung", ... "Bananenverordnung" ...
Ich vermute, daß Verstöße gegen Verordnungen auf jeden Fall vor dem EU-Gerichtshof verhandelt werden, weil sie vorrangig Gemeinschaftsrecht sind.

Richtlinien gelten erst nach Ratifizierung in den EU-Staaten, die die Richtlinie ratifiziert haben. Die Richtlinie zur Luftreinhaltung hat Deutschland ratifiziert. Ich vermute, daß der Schutzverein deshalb ein deutsches Verwaltungsgericht anrufen konnte. Durch die Ratifizierung ist die EU-Richtlinie ein nationales Gesetz geworden.

Ich habe versuchsweise anstelle der juristischen Präzisierungen den Unterschied an der Sache festgemacht:
Verordnung = Gemeinschaftsrecht gilt immer, ist mehr technisch orientiert für das Funktionieren des gemeinsamen Markts
Richtlinie = gilt erst nach Ratifizierung, ist eine sinnvolle Handreichung der EU, die nicht zwingend umgesetzt (ratifiziert) werden muß. Die Richtlinie greift ein in unser tägliches Leben, bzw will dort eingreifen, wenn sie ratifiziert wurde.
Richtig erkannt! Allerdings sind EU-Richtlinien sehr wohl zwingend umzusetzen - sie sind ja Mindesstandarts. Allerdings legen diese lediglich ein Ziel und einen Zeitrahmen für dessen Umsetzung fest, wobei es jedem Mitgliedstaat überlassen bleibt, welche Mittel der Mitgliedstaat zur Erreichung dieser Ziele einsetzt. Allerdings haben die Mitgliedstaaten bei ihrer Umsetzung in nationales Recht und wegen der Bindung 'nur' an die Zielvorgaben der Richtlinie einen gewißen Gestaltungsspielraum. So kann, wer will, auch über diese Zielvorgaben hinausgehen - ansonsten besteht aber eine Umsetzungspflicht innerhalb der in der Richtlinie festgesetzten Frist.

Wird eine Richtlinie nur unvollständig, nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht in nationales Recht umgesetzt, können sich Unionsbürger unter bestimmten Voraussetzungen vor den nationalen Gerichten direkt auf diese Richtlinie berufen und somit klagen.

Verordnungen sind für alle unmittelbar verbindlich. Steht eine Verordnung im Konflikt mit einem nationalen Gesetz, so hat die Verordnung Vorrang - kommt allerdings selten vor, daß Verordnungen erlassen werden, wenn ein Konflikt mit einem nationalen Gesetz absehbar ist ... es sei denn, es ist ausdrücklich erwünscht.
Richtig:
  • Eine Klage bei nicht-Beachtung von Verordnungen kann nur die Europäische Kommission vor dem EuGH bewirken - diese ist ja die Hüterin der Verträge.
Das gesamte rechtliche Regelungsgefüge der EU, "Acquis communautaire" genannt, muß jedes potentielle Beitrittsland vor ihrem Beitritt zur Europäischen Union akzeptieren und in seine Gesetzgebung aufnehmen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Wird eine Richtlinie nur unvollständig, nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht in nationales Recht umgesetzt, können sich Unionsbürger unter bestimmten Voraussetzungen vor den nationalen Gerichten direkt auf diese Richtlinie berufen und somit klagen.
Mir ist jetzt nicht ganz klar, wie ein Nicht-Gesetz von nationalen Gerichten ohne Strafmaß und Ermessensspielräume durchgesetzt werden soll. Bei Verordnungen schien mir die Prozedur klar zu sein: EuGH, Vertragsverletzung.

Wer macht denn der nationalen Regierung Beine, wenn die sich alle Zeit der Welt läßt? Die Regierungsmitglieder hatten vielleicht sogar gegen die Richtlinie gestimmt, und nun nehmen sie ganz einfach kein Flüchtlingskontingent auf. Ich denke einmal, daß das so ein praktischer Fall sein könnte.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Wer macht denn der nationalen Regierung Beine, wenn die sich alle Zeit der Welt läßt? Die Regierungsmitglieder hatten vielleicht sogar gegen die Richtlinie gestimmt, und nun nehmen sie ganz einfach kein Flüchtlingskontingent auf. Ich denke einmal, daß das so ein praktischer Fall sein könnte.
Die nationalen Gerichte!
Siehe am Beispiel "Grenzwerte" - dies war ebenfalls "nur" eine Richtlinie - auf deren Einhaltung wurde ebenso vor nationalen Gerichten auf geklagt. Die Einbindung in nationales Recht war ja schon erfolgt - nur mit der Einhaltung und Umsetzung der Grenzwerte hapert es.

Es wäre eine schlechte Regierung ... sie gäbe ein schlechtes Bild und Vorbild, wenn sie sich nicht diesem Urteil unterordnen wolle. Das kannst Du sehr gut beobachten, mit welchen Maßnahmen sie dieses Urteil umgehen will. Einerseits möchte sie sich an dieses Urteil halten und es umsetzen - sprich: Städte sollen Fahrverbote anordnen. Andererseits möchte sie diese umgehen, indem sie den Städten ermöglicht, bei geringer Überschreitung dieser Grenzwerte, dieses nicht anordnen zu müssen.

Ich denke, wenn die Regierung mit Tricks versucht, dieses Urteil zu umgehen, wird dieses letztlich ebenfalls vor dem EuGH landen.
  • erst wenn alle nationalen Rechtsmittel erschöpft sind ... sprich: wenn alle nationalen Instanzen durchlaufen wurden, kann der EuGH angerufen werden. Es sei denn, dieses oder jenes Gericht legt dem EuGH den Fall vor und bitte um Klärung.
Dein genanntes Beispiel (Flüchtlige) ist kein gutes Beispiel dafür, aber es zeigt, wie Verordnungen ... oder Beschlüsse (und um einen solchen "Beschluß" handelte es sich) nicht gehandhabt werden sollten. Die EU ist ja weitgehend von einstimmigen Entscheidungen abgekommen - nur Entscheidungen in Finanzfragen müssen noch einstmmig sein. Allerdings bleibt bei Überstimung eines Staates immer das Risiko, daß dieser Staat diese Entscheidung aus Frust darüber, nicht umsetzt. Dies hilft zwar nur bedingt - denn letztlich müßte er sich doch EuGH-gerichtlichen Entscheidungen beugen, aber bis dahin ...?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Siehe am Beispiel "Grenzwerte" - dies war ebenfalls "nur" eine Richtlinie - auf deren Einhaltung wurde ebenso vor nationalen Gerichten auf geklagt. Die Einbindung in nationales Recht war ja schon erfolgt - nur mit der Einhaltung und Umsetzung der Grenzwerte hapert es.
Nein, so hatte ich nicht gefragt! Mir ging es darum, daß eine EU-Richtlinie nicht ratifiziert wurde und nun ein Rechtsstreit genau über dessen Verletzung losbricht.

Die Richtlinie für die Atemluft in Ballungsgebieten wurde ja ratifiziert und sie hat danach den Charakter eines nationalen Gesetzes. Da können Verwaltungsgerichte selbstverständlich Recht sprechen.

Ich hatte gezuckt, daß ein deutsches Gericht Recht sprechen will aufgrund eines ausländischen Gesetzes. Als solches sehe ich auch EU-Richtlinien an, die nicht in "unseren Rechtskörper" überführt wurden.

Bei EU-Verordnungen ist die Sache für mich erst einmal klar: Vertragsverletzung, EuGH. Aber eine Richtlinie ohne Ratifizierung? Die dürfte es nach meinem derzeitigen Verständnis im deutschen Rechtsbereich gar nicht geben.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Nein, so hatte ich nicht gefragt! Mir ging es darum, daß eine EU-Richtlinie nicht ratifiziert wurde und nun ein Rechtsstreit genau über dessen Verletzung losbricht.
[...]
Ich hatte gezuckt, daß ein deutsches Gericht Recht sprechen will aufgrund eines ausländischen Gesetzes. Als solches sehe ich auch EU-Richtlinien an, die nicht wurden.
[...]
Bei EU-Verordnungen ist die Sache für mich erst einmal klar: Vertragsverletzung, EuGH. Aber eine Richtlinie ohne Ratifizierung? Die dürfte es nach meinem derzeitigen Verständnis im deutschen Rechtsbereich gar nicht geben.
Eine "Richtlinie" 'muß ' nicht ratifiziert werden, um "in "unseren Rechtskörper" überführt" zu werden ... sprich: um national rechtskräftig zu werden. "Richtlinie" sind so aufgebaut, daß darin erstmal nur Mindestanforderungen genannt werden - geschieht häufig dann, wenn in dem ein oder anderen EU-Land bereits höhere Standards gesetzt sind. Kommt hinzu, daß darin aber auch ein Datum genannt wird, bis zu dem diese Mindestanforderungen ... diese "Richtlinie" in nationales Recht eingebunden werden muß - in der Regel zwei Jahren nach Verabschiedung der Richtlinie. Geschieht dies nicht ordnungsgemäß oder nicht fristgerecht bis zu diesem Datum, wird diese "Richtlinie" automatisch nationales Recht. Strafzahlungen könnten die Folge sein - aber auch ein gemeinschaftsrechtlicher Schadensersatzanspruch, den der EuGH geschaffen hat.
  • bestes Beispiel:
    • die Richtlinie 90/314/EWG von 1993 besagte, daß die Mitgliedsstaaten spätestens bis zum 31. Dezember 1992 Maßnahmen treffen müssen, um sicherzustellen, daß Pauschalreisende gegen eine Pleite ihres Reiseveranstalters abgesichert sind. Das Justizministerium versäumte die fristgerechte Umsetzung - was bis dahin noch nicht auffiel. Erst 1994, als zahlreiche deutsche Touristen im Ausland strandeten, weil deren Reiseveranstalter bankrott gingen, bevor sie das Geld für den Rückflug an die Fluggesellschaft weitergeleitet hatten, wurde eilig ein Gesetz im Sinne der Richtlinie erarbeitet und in nationales Recht überführt. Eine entsprechende Klage vor dem Landgericht Bonn setzte dieses Verfahren allerdings aus und legte den Fall dem EuGH vor.
      Folge:
      • 1996 entschied der EuGH, daß die Bundesrepublik Deutschland diejenigen Reisenden entschädigen muß, die durch die nicht rechtzeitige Umsetzung der Richtlinie einen Schaden erlitten hatten. Kosten für den auszugleichenden Schaden:
        • 20 Mio. DM
        .
À propos "... ein deutsches Gericht Recht sprechen will aufgrund eines ausländischen Gesetzes":
  • diesese "ausländische Gesetz" wird ja spätestens nach der Ratifizierung oder der nicht fristgerechten Ratifizierung "nationales Recht" - also kann auch "ein deutsches Gericht Recht sprechen"
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Ja klar, da hatte ich keinen Zweifel: einmal ratifiziert ist das "ausländische Gesetz" auch ein deutsches Gesetz. Nur das Theater vorher, das war mir überhaupt nicht klar. Vielen Dank für das Beispiel mit den gestrandeten Touristen! Da hat es also Dresche gegeben, weil der Bundestag sich nicht gerührt hatte.

Nach dieser Erklärung kann ich so manche verwirrende Beschlußfassung der EU besser verstehen. Dankeschön!
  • Nachtrag: die EU sorgt sich offenbar mehr um das Wohl der EU-Bürger als die nationalen Regierungen. Könnte die EU nicht unseren Verkehrsminister durch einen bürgerfreundlichen Menschen ersetzen? :) Industrielobby brauchen wir doch wirklich nicht!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

H2O hat geschrieben:Da hat es also Dresche gegeben, weil der Bundestag sich nicht gerührt hatte.
Meines Wissens sind derzeit etwa 74 Verfahren gegen Deutschland anhängig - 2017 wurden 23 neue Verfahren eingeleitet. Zuletzt verklagte die EU-Kommission Deutschland, Frankreich und Belgien vor dem EuGH, weil diese Länder es versäumt haben, die vollständige Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften über "die Anerkennung von Berufsqualifikationen" (Richtlinie 2013/55/EU) der Kommission mitzuteilen. Für Deutschland könnte dies ein Zwangsgeld von ca. 62.000 EUR pro Tag nach sich ziehen.
Also: die Zeiten, in den Deutschland als Musterschüler der EU galt, sind wohl vorbei - wenn sie überhaupt je stattgefunden haben.
  • Die erwähnte und überarbeitete Richtlinie hätte bis zum 18. Januar 2016 in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
H2O hat geschrieben:Nachtrag: die EU sorgt sich offenbar mehr um das Wohl der EU-Bürger als die nationalen Regierungen. Könnte die EU nicht unseren Verkehrsminister durch einen bürgerfreundlichen Menschen ersetzen? :) Industrielobby brauchen wir doch wirklich nicht! [/list]
Dies wäre vielleicht wünschenswert! Deshalb verstehe ich auch die Vorbehalte gegen EU-Gesetze nicht wirklich!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von imp »

Der Neandertaler hat geschrieben:(25 Feb 2019, 12:38)

Meines Wissens sind derzeit etwa 74 Verfahren gegen Deutschland anhängig - 2017 wurden 23 neue Verfahren eingeleitet. Zuletzt verklagte die EU-Kommission Deutschland, Frankreich und Belgien vor dem EuGH, weil diese Länder es versäumt haben, die vollständige Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften über "die Anerkennung von Berufsqualifikationen" (Richtlinie 2013/55/EU) der Kommission mitzuteilen. Für Deutschland könnte dies ein Zwangsgeld von ca. 62.000 EUR pro Tag nach sich ziehen.
Also: die Zeiten, in den Deutschland als Musterschüler der EU galt, sind wohl vorbei - wenn sie überhaupt je stattgefunden haben.
  • Die erwähnte und überarbeitete Richtlinie hätte bis zum 18. Januar 2016 in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
Dies wäre vielleicht wünschenswert! Deshalb verstehe ich auch die Vorbehalte gegen EU-Gesetze nicht wirklich!
Hier entstehen vor allem jungen Europäern viele Nachteile. Deutschland sollte sich schämen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo imp.
imp hat geschrieben:Hier entstehen vor allem jungen Europäern viele Nachteile. Deutschland sollte sich schämen.
RICHTIG: vor allem Nachteile zuungunsten der jungen - aber nicht nur. Es sind in erster Linie Gelder, die bestimmt sinnvoller eingesetzt werden könnten. Strafzahlungen entstehen ja nicht nur, weil Richtlinien nicht ordnungsgemäß ... also nicht vollständig oder nicht fristgerecht umgesetzt werden - dies wäre, bei sehr gutem Willen, eventuell noch nachvollziehbar. Strafzahlungen entstehen aber auch, wie mein Beispiel aufzeigt, durch Nachläßigkeit ... durch Versäumnisse. Denn da ja Brüssel ... die EU-Kommission nicht in allen EU-Mitgliedsstaaten alle rechtlichen Vorgänge (oder Gesetze allgemein) kontrolliert ... kontrollieren kann, gehört es ebenfalls zu den vertraglichen Pflichten eines jeden EU-Mitglieds, den Vollzug und die Umsetzung einer Richtlinie der Kommission mitzuteilen. Tut dieser es nicht, werden vertragsgemäß Strafzahlungen fällig. Dieses ist Dummheit!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen müßten auch gleiche Ausbildungsgänge / Ausbildungsziele zusammen fallen. Das ist aber nicht der Fall. Da liegen wohl die eigentlichen Schwierigkeiten.

Unsere "duale Ausbildung" wird immer wieder einmal gelobt; deshalb vermute ich, daß ein junger Mensch, der diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, auf etliche Fähigkeiten und Kenntnisse zurück greifen kann, die anderswo so nicht vermittelt werden.

So weit ich weiß, gibt es den Typ "Handwerksmeister" anderswo ebenfalls nicht. Deshalb wollte man ihn nicht mehr voraussetzen, wenn man einen Fachbetrieb führen will. Jetzt ist der "Meister" wohl nur noch mit dem Recht verbunden, Auszubildende im eigenen Betrieb zu beschäftigen.

Dann wird es mit der Vergleichbarkeit von Berufsabschlüssen natürlich schwierig.

Darüber habe ich mich auch schon geärgert, als ich mich als junger Mann im europäischen Ausland bewerben wollte. Ich hatte damals das Gefühl, daß die nationalen Gesellschaften sich so unerwünschte Wettbewerber vom Halse halten wollten. Im Hochschulbereich hat man durch die Bologna-Reformen versucht, der Vergleichbarkeit näher zu kommen.

Aus meiner Sicht ist das aber ein fortwährender Prozeß, bei dem man vermutlich sehr genau hinsehen muß, damit sich nicht wieder nicht sinnvoll Vergleichbares entwickelt.

Bei Pflegeberufen wird neuerdings aus dem Ausbildungsberuf eine Hochschulbildung entwickelt. Werden ältere oder ausländische Pflegekräfte dann vergleichbare Fähigkeiten und Kenntnisse haben, wenn dort der bisherige Ausbildungsgang weiter für angemessen gehalten wird? Vielleicht ist diese Akademisierung in vergleichbaren Berufsfeldern aber gar nicht sinnvoll zur Erfüllung der praktischen Aufgaben?

Das Ende des Liedes könnte dann sein, daß Fachkräfte sich in anderen EU-Ländern einer Eingangsprüfung stellen müssen, in der sie ihre Einsatzmöglichkeiten nachweisen müssen. Vielleicht gefolgt von einer Art Probezeit, an deren Ende die Anerkennung einer Fachqualifikation für dieses Land steht... oder sie eben versagt wird.

Wenn wir uns die ermittelten Leistungsunterschiede in der deutschen Schullandschaft auf Bundesebene vor Augen halten, dann wird auf europäischer Ebene die Vergleichbarkeit nicht einfacher. Da hat die EU noch einen dornigen Weg vor sich! Mich würde nicht wundern, wenn die Verhängung von Strafgeldern für Unbotmäßigkeit vor dem EuGH abgewehrt werden wird, wenn die Ausbildungsergebnisse sich trotz gleicher Berufsbezeichnung deutlich unterscheiden.

Insofern wundert mich gar nicht die Bummelei der europäischen Industrieländer, gegen die die EU vorgehen will. Die EU müßte also zunächst eine Harmonisierung der Ausbildungsgänge einleiten... und die Ergebnisse ständig überprüfen, damit solche Klemmer in Zukunft überwunden werden.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(27 Feb 2019, 02:01)

Mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen müßten auch gleiche Ausbildungsgänge / Ausbildungsziele zusammen fallen. Das ist aber nicht der Fall. Da liegen wohl die eigentlichen Schwierigkeiten.

Unsere "duale Ausbildung" wird immer wieder einmal gelobt; deshalb vermute ich, daß ein junger Mensch, der diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, auf etliche Fähigkeiten und Kenntnisse zurück greifen kann, die anderswo so nicht vermittelt werden.

So weit ich weiß, gibt es den Typ "Handwerksmeister" anderswo ebenfalls nicht. Deshalb wollte man ihn nicht mehr voraussetzen, wenn man einen Fachbetrieb führen will. Jetzt ist der "Meister" wohl nur noch mit dem Recht verbunden, Auszubildende im eigenen Betrieb zu beschäftigen.
Das ist nicht richtig. Es gibt noch 41 Berufe mit Meisterzwang. Ursprünglich waren es einmal 94.

Man diskutiert, ob man den Meisterzwang für weitere Berufe wieder einführen will.

Europäische Harmonisierung kann nur heißen, dass die anderen das deutsche Modell übernehmen, soweit sie es nicht schon haben, wie Österreich.

Am deutschen Handwerkswesen soll die Welt genesen.

Im Übrigen sollen sie endlich Berufsausbildung nach deutschem Vorbild einführen. Das beste Mittel zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit und Hebung des Qualitätsstandards in der Arbeitswelt.

Die Verschlechterung der Hochschulausbildung durch Abschaffung des Diploms und Einführung des Bachelorunwesens darf keinesfalls bei der Berufsausbildung wiederholt werden.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Die Verschlechterung der Hochschulausbildung durch Abschaffung des Diploms und Einführung des Bachelorunwesens darf keinesfalls bei der Berufsausbildung wiederholt werden.
Hier kann ich nur für meine Fachrichtung sprechen. Der Weg zum Diplom war aus meiner Sicht zu "alternativlos". Die Zwischenstufe "Bachelor" läßt auch einen Ausstieg zu mit anerkannter Berufsbezeichnung. Das war früher anders... bis zum Diplom gab es "entweder alles oder nichts". Wer sich den Wissenschaften zuwenden will, der wird sicher den Master-Studiengang anschließen und eine Promotion... die mir auch schon wieder zu weit voraus liegt. Die sollte in den Master-Studiengang eingebaut werden.

Mit Blick auf die gewerbliche Ausbildung kann ich mir kein durch Erfahrung begründetes Urteil erlauben. Vorstellen könnte ich mir aber auch dort einen grundlegenden Abschluß nach 2 Jahren, an den sich eine spezielle Fachausbildung anschließt mit 1 oder 2 Jahren.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo.
Vorab:
  • schön, daß sich auch noch Andere sachlich in diesen Diskurs einbringen!
@H2O:
H2O hat geschrieben:Mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen müßten auch gleiche Ausbildungsgänge / Ausbildungsziele zusammen fallen. Das ist aber nicht der Fall. Da liegen wohl die eigentlichen Schwierigkeiten.
RICHTIG!
Die angesprochene Richtlinie "über die Anerkennung von Berufsqualifikationen" sieht "harmonisierte Mindestanforderungen an die Berufsausbildung" als Grundlage für "ein allgemeines System zur Anerkennung von Ausbildungsnachweisen und eine automatische Anerkennung von Berufserfahrung" vor. Mit dieser Richtlinie sollte aber nicht nur "die Anerkennung von Berufsqualifikationen" von EU-Bürgern geregelt werden, sondern: "Staatsangehörige von Drittländern" genießen ebenfalls Gleichbehandlung "auf die Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Berufsqualifikationen nach bestimmten Unionsrechtsakten". Und somit schien dies auch ein Teil des Problems zu sein ... daß also nicht alle Berufsausbildungen immer und überall gleich oder zumindest vergleichbar sind.
  • ... wenn es in einem dieser Länder überhaupt solch einen Lehrberuf gibt?
Aber vielleicht war es auch die Tatsache, daß verschiedene Bundesländer zum Teil auch einzelne Fachgesetze für einzelne Berufe erlassen haben, die ja von den BQFG abweichen können.
Mittlerweile haben die Bestimmungen aus dieser Richtlinie ja doch Einzug in unser "Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz" (BQFG) gefunden.
H2O hat geschrieben:Unsere "duale Ausbildung" wird immer wieder einmal gelobt; deshalb vermute ich, daß ein junger Mensch, der diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, auf etliche Fähigkeiten und Kenntnisse zurück greifen kann, die anderswo so nicht vermittelt werden.
Ich kann mich an ein Forum erinnern, an dem unter Anderen Arbeitgeber aus diversen Ländern teilgenommen haben: Deutschland, USA und England, etc.
Der Moderator fragte den USA-Arbeitgeber einer großen juristischen Kanzlei, warum diese lieber auf deutsche Jura-Studenten zurückgreift - sie hätten doch selber recht gut ausgebildet Elite-Uni-Jura-Absolventen. Daraufhin bemerkte dieser, daß deren Ausbildung in juristischen Fragen zwar hervorragend sei, aber das Allgemeinwissen und die raumübergreifende Ausbildung sei bei deutschen Studenten doch besser und umfangreicher. Warum also unsere Politik das Modell seit 2006 sukzessive durch die Bologna-Reform ausgesetzt und durch die Abschlüsse nach Bachelor/Master durch privatrechtliche Akkreditierungsverfahren ersetzt hat, bleibt fraglich. Besonders fragwürdig erscheint mir, mit welcher Begründung die Einführung des Bachelorabschluß eingeführt wurde. Mann wolle den Bachelor "als ersten berufsqualifizierender Abschluß einführen" - also quasi als Regelabschluß und somit "für die Mehrzahl der Studierenden zu einer ersten Berufseinmündung" ermöglichen.
  • (Kultusministerkonferenz (KMK) 2003)
Da aber gleichzeitig das Studium allgemein durch eine "Reform" verschulischt wurde - sich also, meiner Meinung nach, Studierende zunehmend 'nur' auf ihr Studienfach konzentrieren müssen, ... Allgemeinwissen scheint dabei weitgehend auf der Strecke zu bleiben. Auch werden die gestuften Abschlüsse Bachelor und Master noch nicht immer und überall akzeptiert - besonders nicht der Bachelorabschluß. Ich weiß von meinem Schwager, daß sein Arbeitgeber den Masterabschluß voraussetzt.
H2O hat geschrieben:Pflegeberufen ... Ausbildungsberuf eine Hochschulbildung ... Vielleicht ist diese Akademisierung in vergleichbaren Berufsfeldern aber gar nicht sinnvoll zur Erfüllung der praktischen Aufgaben?
Ich denke schon, daß es sinnvoll ist, wenn man weiß, warum man etwas tut ... und welchen (medizinischen) Hintergrund es hat. Ich gehe ja auch lieber in ein Reha-Zentrum und absolviere dort meine Trainingseinheiten (und zahle dort für ein Monatsabo lieber etwas mehr - ich weiß zudem, daß dort dementsprechend ausgebildetet Personal ist), bevor ich in ein Fitnesstudio gehe - weil ich ein paar Euros sparen will, ... ich weiß aber nicht, ob das dortige Personal weiß,was es tut?
H2O hat geschrieben:Das Ende des Liedes könnte dann sein, daß Fachkräfte sich in anderen EU-Ländern einer Eingangsprüfung stellen müssen, in der sie ihre Einsatzmöglichkeiten nachweisen müssen. Vielleicht gefolgt von einer Art Probezeit, an deren Ende die Anerkennung einer Fachqualifikation für dieses Land steht... oder sie eben versagt wird.
Das ist ja in dieser Richtlinie ausdrücklich vorgesehen ... erlaubt. Zumindest für "reglementierte Berufe ... wird den Mitgliedstaaten" gestattet, "die Berufsqualifikationen des Dienstleisters vor der ersten Erbringung einer Dienstleistung zu überprüfen." Allerdings "sollten Berufsangehörige von Anfang an wissen, ob eine Nachprüfung ihrer Berufsqualifikationen erforderlich ist und wann mit einer entsprechenden Entscheidung zu rechnen ist", aber: "keinesfalls sollten die Bedingungen für eine solche vorherige Prüfung von Berufsqualifikationen im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs strenger als im Rahmen der Vorschriften über die Niederlassung sein."
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@ Der Neandertaler

Aus meiner Sicht müßte die EU sich ehrlich machen und in einer Tabelle von Berufsbezeichnungen der EU-Mitgliedsstaaten die Mindestkenntnisse / Fähigkeiten festlegen, auf die man sich immer verlassen darf. Von dort zu einer Harmonisierung dürfte der Weg nicht allzu weit sein. Die Fähigeits- / Kenntnis-lücken müßten dann jedem Mitgliedsstaat als zu erledigende Aufgabe zugewiesen werden. Bis dahin muß wohl oder übel zur Berufsbezeichnung das Land genannt werden, wo die Ausbildung stattgefunden hat.

Ich stelle mir vor, eine Bewerbung für einen Ingenieur-Beruf in Frankreich ab zu schicken. Der französische Betrieb kann doch gar nicht wissen, womit sich in Deutschland Ingenieure zur Prüfung anmelden, welche Aufgaben er ihnen also ohne Gewissensbisse zuweisen kann. Eine Nachprüfung, um von der EU festgestellte Fähigkeitslücken zu finden... oder ob die durch Berufserfahrung längst weggebügelt wurden... wäre das Mindeste. Danach noch eine Probezeit. Das sind bei einem Umzug ins Ausland arge Risiken für beide Seiten. Da sind "kalte Füße" in jedem Falle angesagt, zumindest bei Familienvätern!

Die EU-Kommission und das EU-Parlament als Organe der Gemeinschaft dürfen sich auf dem Gebiet nicht um ihre Verantwortung für die Unionsbürger drücken; genau genommen geht das schon bei der Schulbildung los. Das wird noch ein weiter Weg bis zur Chancengleichheit der Unionsbürger überall in der EU. Das ist wenigstens einmal ein richtiges Ziel!

Mit dem EU-Führerschein sind wir schon einmal auf dem richtigen Wege angekommen.

Mit solchen praktischen Fragen müßten wir doch unsere EU-Kandidaten bedrängen, wenn die EU für uns Unionsbürger geschaffen wurde und nicht nur für Kapital und Banken.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Wähler »

Euractiv 26. Februar 2019 Überparteiliches Bündnis warnt vor Europawahl vor antidemokratischen Kräften
https://www.euractiv.de/section/europaw ... -kraeften/
"Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Arbeitgebern und weiteren Verbänden hat drei Monate vor der Europawahl am 26. Mai dazu aufgerufen, antidemokratischen und nationalistischen Kräften entgegenzutreten.
In dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Appell werben die Beteiligten dafür, die „proeuropäischen Kräfte zu bündeln und sich für die Grundwerte der EU starkzumachen“."

Hoffentlich bekommt der beginnende Wahlkampf noch mehr inhaltliche Tiefe. Das erinnert irgendwie an den inhaltsschwachen Bundestagswahlkampf.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(08 Mar 2019, 17:56)

Euractiv 26. Februar 2019 Überparteiliches Bündnis warnt vor Europawahl vor antidemokratischen Kräften
https://www.euractiv.de/section/europaw ... -kraeften/
"Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Arbeitgebern und weiteren Verbänden hat drei Monate vor der Europawahl am 26. Mai dazu aufgerufen, antidemokratischen und nationalistischen Kräften entgegenzutreten.
In dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Appell werben die Beteiligten dafür, die „proeuropäischen Kräfte zu bündeln und sich für die Grundwerte der EU starkzumachen“."

Hoffentlich bekommt der beginnende Wahlkampf noch mehr inhaltliche Tiefe. Das erinnert irgendwie an den inhaltsschwachen Bundestagswahlkampf.
Das sehe ich genau so: Anstatt mit zusammenfassenden Begriffen wie "pro-europäisch" und "Grundwerte der EU" an zu treten, sollten alle pro-europäischen Kräfte doch im Einzelnen sagen, was die Grundwerte der EU sind und wo die politischen Gegenkräfte dem europäischen Projekt Schaden zufügen wollen. Ein Schuß Zukunftsmusik zur Entwicklung der Gemeinschaft könnte auch nicht schaden!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Wähler.
Wähler hat geschrieben:(08 Mar 2019, 17:56)

Euractiv 26. Februar 2019 Überparteiliches Bündnis warnt vor Europawahl vor antidemokratischen Kräften
https://www.euractiv.de/section/europaw ... -kraeften/
"Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Arbeitgebern und weiteren Verbänden hat drei Monate vor der Europawahl am 26. Mai dazu aufgerufen, antidemokratischen und nationalistischen Kräften entgegenzutreten.
In dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Appell werben die Beteiligten dafür, die „proeuropäischen Kräfte zu bündeln und sich für die Grundwerte der EU starkzumachen“."

Hoffentlich bekommt der beginnende Wahlkampf noch mehr inhaltliche Tiefe. Das erinnert irgendwie an den inhaltsschwachen Bundestagswahlkampf.
Das ist das Problem:
  • Europa und seine Politik ist besser als ihr Ruf!
Da aber vergangenheitlich nationale Politiker immer zuerst den jeweils nationalen Gesetzgeber in's Spiel gebracht haben ... ihn genannt haben, wenn es um positve Leistungen ging - und nach deren Meinung aus Brüsse nur selten Gutes kam, konnte der EU-Erfolg wenig wahrgenommen werden. Mit dem Wahlkampf verhällt es sich fast ebenso. Wer kennt denn schon "seinen" EU-Kandidaten vorort?
Weber als EVP-Spitzenkandidat ist bekannt - OK! Vielleicht kennt auch jemand noch Katarina Barley von der SPD?!
  • ... aber Udo Bullmann?
    • ... oder Nicola Beer von der FDP?
Dabei schickt Deutschland 96 Abgeordnete in's Europäische Parlament.

Nimmt man nur die Sachen, von denen nun wohl jeder irgendwie profitieren wird ... oder kann - die vielleicht jeden in irgendeiner Art und Weise betreffen, dürfte dies zu Europas Schaden nicht sein. Daß die Roaminggebühren eingeschränkt wurden, liegt wohl an Europa - nicht an irgendwelchen nationalen Gesetzgebern. Ebenso verhält es sich etwa in Sachen Passagierrechte. Wenn man angestrengt nachdenkt, fällt einem bestimmt noch mehr ein.

Es muß sich erst ein Bündnis diverser "fast" privater Initiatoren zu Wort melden - aus Politik ist kaum etwas zu vernehmen.
Zuletzt geändert von Der Neandertaler am Fr 8. Mär 2019, 18:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(08 Mar 2019, 18:30)
Das sehe ich genau so: Anstatt mit zusammenfassenden Begriffen wie "pro-europäisch" und "Grundwerte der EU" an zu treten, sollten alle pro-europäischen Kräfte doch im Einzelnen sagen, was die Grundwerte der EU sind und wo die politischen Gegenkräfte dem europäischen Projekt Schaden zufügen wollen. Ein Schuß Zukunftsmusik zur Entwicklung der Gemeinschaft könnte auch nicht schaden!
Vor allem sollte man sagen, wie man die Wünsche der EU-Bürger berücksichtigt nach (in alphabetischer Reihenfolge) Geldsicherheit, Jugendarbeitslosigkeitsbehebung, Migrationsstopp, Wirtschaftswachstum.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(08 Mar 2019, 18:34)

Vor allem sollte man sagen, wie man die Wünsche der EU-Bürger berücksichtigt nach (in alphabetischer Reihenfolge) Geldsicherheit, Jugendarbeitslosigkeitsbehebung, Migrationsstopp, Wirtschaftswachstum.
Gegen diese Begriffe ist nichts ein zu wenden... die wird wohl jeder vernünftige Mensch unterstützen. Von politischem Interesse wäre aber, daß politische Kräfte Maßnahmen und Abläufe erklären, die genau diese Begriffe mit Leben erfüllen. Also das, was sie selbst nach Kräften zur Beseitigung der Nöte beitragen wollen, die mit diesen Begriffen verbunden sind.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
Ich habe lange und intensiv nachgedacht, ob ich Dir antworten soll?
  • ... und wenn ja, wie?
Denn einerseits sind Deine Überlegungen "einer Tabelle von Berufsbezeichnungen der EU-Mitgliedsstaaten die Mindestkenntnisse / Fähigkeiten" durchaus berechtigt - oder zumindest verständlich, aber andererseits sind eventuell die Anforderungen eines Berufes in verschiedenen Ländern ebenso verschieden?
Abgesehen davon, daß auch bei uns Bildung nunmal Ländersache ist - und die Länder recht unwirsch reagieren, wenn in ihre Kompetenuz eingegriffen werden soll (Stichwort: Digital-Pakt), so wird eine EU-Vereinheitlichung wohl auch in einigen EU-Ländern nicht gerne gesehen. Darüberhinaus dürfte eine derartige Vereinheitlichung auf EU-Ebene wohl unweigerlich zu einer, in diesem Zusammenhang, überflüßigen: Bundesstaat-oder-Staatenbund-Diskussion führen.

Meine Bedenken lagen aber auch in der Tatsache begründet, daß ich zunehmend der Meinung bin, daß Deine Überlegungen und/oder Forderungen zwar berechtigt sind, diese aber, meiner bescheidenen Meinung nach, irgendwie unpassend sind - weil detailreich.
  • ... irgendwie zu sehr.
Europa hat nun wahrlich andere ... sprich: größere Probleme als etwa eine Schulvereinheitlichung (worüber wir uns ja auch schonmal ausgetauscht haben) oder eine Berufsvereinheitlichung oder ... ach, was weiß ich sonst noch.

Die Euro-, die Banken- und die Griechenland-Krise haben wir wohl einigermaßen gemeistert - auch wenn es einigen wohl zu weit ging. Der Brexit und dessen eventuellen Folgen sind wohl ein nicht zu unterschätzendes Problem.

Aber viel wichtiger dürfte es sein, "proeuropäischen Kräfte zu bündeln und sich für die Grundwerte der EU starkzumachen" - also: eine erfolgreiche und starke EU-Wahl derartiger Kräfte zum EU-Palament. Dies dürfte unser drängendes Problem sein!?!

Sicherlich, vieles (Sinnvolle) wäre wünschenswert, aber nicht immer und zu allen Zeiten sofort und bedenkenlos umzusetzen. Deshalb befürchte ich, daß derartige Regulierungen - so sinnvoll diese eventuell auch wären, ... daß diese nur den anti-europäischen Volksschreier in die Karten spielen würde.
  • ... sprich: sie würden dies als Beweis heranziehen, daß Europa alles, jeden und immer bevormunden wolle.
Nationalistische Töne sind dazu aber recht unangebracht!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@ Der Neandertaler

Wenn wir Im Beruf und in der Bildung Durchlässigkeit und Chancengleichheit in der EU haben wollen, dann müssen wir in Fragen der Wirtschaft und Berufsabschlüssen unsere nationalen Besonderheiten aufgeben zugunsten gemeinschaftlicher Regeln. Und wenn wir die europäischen Hochschulen in einfacher Weise zugänglich machen wollen, also über ein paar Symbolsemester hinaus, dann müssen wir an gemeinsame Ziele der Schulbildung heran gehen. Ich sehe da gar keinen anderen Weg.

Natürlich gibt es auch den praktischen Weg: Wer Menschen aus der EU in einer bestimmten Funktion beschäftigen will, der trägt anschließend auch weiterhin die Verantwortung für das Funktionieren seines Unternehmens. Der führt bei Fachkräftemangel ein Fachgespräch mit einem auswärtigen Bewerber und macht ihm dementsprechend ein Angebot für künftige Mitarbeit. Der Bewerber kann das ablehnen und auf Einstufung entsprechend seiner erlangten formalen Qualifikation bestehen. So lange hier der Rechtsweg ausgeschlossen ist, kann ich mich auch damit anfreunden. Das ist schließlich der heute übliche Weg.

Die Folgen der Fehleinschätzung seiner formalen Qualifikation trägt dann der Bewerber, der abgewiesen wird oder unter selbst empfundenen Wert bezahlt wird. So ist das bisher wohl auch gelaufen, und wenn alle Seiten darüber glücklich sind, dann sollte man daran nicht rühren. Ich meine allerdings, daß ein großer Teil des Gemeckeres genau aus formaler Gleichheit und tatsächlichen Unterschieden entsteht.

Die Analogie zu unserem Bildungswesen ist gar nicht zu übersehen. Wenn die Ergebnisse der formalen Qualifikation von Bewerbern zu sehr auseinander gehen, dann zeigt sich das in hohen Abbrecherquoten in sehr teuren Bildungsgängen... und dem wirkt eine anspruchsvolle Hochschule durch Eingangsprüfungen entgegen, oder durch Vorsemester mit ähnlicher Wirkung. Oder durch Ablehnung von Bewerbern aus bekannt nachteiligen Bildungsanstalten.

Kann man alles so lassen; der bestmögliche Zustand wird das sicher nicht sein können. Ich wäre dafür, wie 70% der repräsentativ befragten Bundesbürger, daß die Schulbildung auf bestimmte Abschlußkenntnisse und -fähigkeiten vom Bundestag festgelegt wird, und daß so die allseits geforderte Flexibilität am Arbeitsmarkt für Eltern und Schüler leichter erfüllt werden kann.

Und so eben auch mit Blick auf ein Europa mit 510 Millionen Menschen, denen überall in der EU gleiche Lebenschancen geöffnet werden sollten.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(08 Mar 2019, 18:47)
Gegen diese Begriffe ist nichts ein zu wenden... die wird wohl jeder vernünftige Mensch unterstützen. Von politischem Interesse wäre aber, daß politische Kräfte Maßnahmen und Abläufe erklären, die genau diese Begriffe mit Leben erfüllen. Also das, was sie selbst nach Kräften zur Beseitigung der Nöte beitragen wollen, die mit diesen Begriffen verbunden sind.
Ein zentrales Thema, welches das Glück der jungen Menschen in der EU und in Europa betrifft, ist die Jugendarbeitslosigkeit. Dazu möchte ich dies zitieren:

"Es darf keine verlorene Generation geben".

Diese Ankündigung erging wann?
Wer soll einem Politiker vertrauen, der seitdem zur Lösung dieses "vielleicht drängendsten europäischen Problems" - vorsichtig geschätzt - nichts unternommen hat, jedoch viele Milliarden Euro lieber an anderer Stelle verbrennt?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(08 Mar 2019, 21:36)

Ein zentrales Thema, welches das Glück der jungen Menschen in der EU und in Europa betrifft, ist die Jugendarbeitslosigkeit. Dazu möchte ich dies zitieren:

"Es darf keine verlorene Generation geben".

Diese Ankündigung erging wann?
Wer soll einem Politiker vertrauen, der seitdem zur Lösung dieses "vielleicht drängendsten europäischen Problems" - vorsichtig geschätzt - nichts unternommen hat, jedoch viele Milliarden Euro lieber an anderer Stelle verbrennt?
Völlig berechtigte Enttäuschung. Solche Superlative werden nur noch übertroffen von der Chefsache, und danach Funkstille und gar nichts mehr! Dann finde ich es vertrauenerweckender, wenn ein Politiker sagt: "Leute, ganz schlimm! Aber wenn ich mich hier einbringe, dann bleibt dieses, dieses, und dieses liegen... und da stehe ich im Wort!"
  • Nachtrag:

    So ganz gerecht waren Sie mit Ihrem Vorwurf an die Kanzlerin aber nicht. Denn in dem zitierten Bericht stand sehr klar zu lesen:
    als wir Anfang dieses Jahres auf dem EU-Rat den EU-Haushaltsrahmen für die nächsten Jahre beschlossen haben, ist es gelungen, sechs Milliarden Euro ausschließlich dem Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu widmen.
    Mit anderen Worten: Da ist schon etwas angestoßen worden. 6 Mrd zusätzliche Mittel sind ein ziemlicher Schluck aus der EU-Pulle, wenn die betroffenen Staaten sich ihrerseits auch um ihre jungen Leute bemühen. Wir können wirklich nicht erwarten, daß die Kanzlerin sich in Person vor Ort um die Lösung der dort verursachten Probleme bemüht. Hier ist nun einmal auch viel zu tun!

    Und schon sind wir wieder beim Thema Korruption in Mitgliedsstaaten. Ich kann hier gar nicht oft genug darauf hinweisen. Ich halte den Kampf gegen die Korruption für die größte Herausforderung der EU. EU-Mittel versickern im Geflecht der Verantwortungen. Im Grunde müßte die EU Kontrollbefugnisse haben bis in die letzte Stelle vor dem eigentlichen Empfänger der Leistung. Aber das muten Sie einmal einem souveränen Staat zu!

    Mit Blick auf Italien halte ich den Kampf gegen Korruption und Mafia-Strukturen für wichtiger als den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und die jüngst ertrotzten Sozialleistungen.

    Dem bekannten Umfang der Korruption entsprechend müßte das Team zur Bekämpfung den Umfang eines sehr großen EU-Ministeriums haben.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Wähler »

Fliege hat geschrieben:(08 Mar 2019, 18:34)
Vor allem sollte man sagen, wie man die Wünsche der EU-Bürger berücksichtigt nach (in alphabetischer Reihenfolge) Geldsicherheit, Jugendarbeitslosigkeitsbehebung, Migrationsstopp, Wirtschaftswachstum.
Du willst anscheinend meinem italienischen Neffen und meiner italienischen Nichte den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt einschränken? Meine halbe Herkunftsfamilie lebt inzwischen über Europa verstreut und die Freizügigkeit der Binnenmigration ist unerlässlich für die wirtschaftliche Zukunft der EU-Mitgliedsstaaten. Auch fähige Leute von außerhalb der EU sollten angesichts der Bevölkerungsschrumpfung willkommen sein. Hier in Deutschland möchte ich nicht immer nur im eigenen Saft schmoren. Die einzelnen Länder könnten sich vielmehr voneinander abschauen, was im jeweils anderen Land besser läuft.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
Eines haben ja wohl schon geklärt:
  • Europa, dessen Regierungsarbeit und dessen Gesetzgebungsverfahren ist schwerlich mit einem anderen Land vergleichbar.
Deutschland hat in seinem Grundgesetz stehen: "Bundesrecht bricht Landesrecht!" Insofern kann der Bund ein (auf Vereinheitlichung abgestuftes) Gesetz erlassen, das dann auch bundeseinheitlich gilt. Trotzdem haben die Länder teilweise ein Mitspracherecht, wenn es ihre Kompetenzen berührt - sie können es, wenn schon nicht verhindern, so aber zumindest verzögern. So funktioniert es aber nicht innerhalb der EU. Hier haben wir nunmal souveräne Länder und ihre Chefs. Abgesehen davon, daß nur das zur Gesetzesvorlage wird, worauf sich die EU-Länder- bzw.: die Regierungschefs vorher schon verständigt haben, kommt es dort auch nicht gut, wenn - analog zu Berlin, Paris, Prag, Warschau oder ... wenn Brüssel einfach ein "Gesetz" erläßt, daß dann in allen EU-Ländern ungefragt gilt ... gelten muß.

Regierungsarbeit in der EU funktioniert anders: bi- und multilateral ... viel diplomatischer. Vor dem eigentlichen Gesetzgebungsverfahren ... also: noch bevor etwas Gesetzesvorlage wird ... bevor etwas überhaupt als regulierungsbedürftig angesehen wird, sind sehr viele (diplomatische) Verhandlung angesagt. Bis also etwas per "Gesetz" geregelt wird ... also: von der Einsicht, daß etwas regulierungsbedürftig ist - über eine Gesetzesvorlage und der nachfolgenden Lesungem im EU-Parlament - bishin zum fertigen "Gesetz", ... da können schonmal einige Jahre in's Land gehen.

Teilweise ist es auch so, daß einige Länder nur Einsicht gewinnen, wenn etwas bei ihnen schiefläuft. Nachdem, beispielsweise, einige südeuropäische Länder eine Wirtschaftskrise (mit anschließender Jugendarbeitslosigkeit) durchlaufen hatten, sah man dort das bundesdeutsche Duale-Ausbildungs-System als vorteilhaft an.

Nenne es nun "ein paar Symbolsemester" - oder überhaupt Symbolpolitik, aber die Richtlinie 2005/36/EG - "die Anerkennung von Berufsqualifikationen und Freizügigkeit am Arbeitsmarkt" ist zumindest ein Anfang. 2013 wurde der "Europäische Berufsausweis" für einige andere Berufe eingeführt - eine Richtlinie, die eine "automatische Anerkennung der Berufsqualifikationen für bestimmte Berufe" vorsieht. Somit ist eine "Durchlässigkeit und Chancengleichheit in der EU" doch schon gegeben.

Eine weitere Vereinheitlichung sehe ich nicht als notwendig an - zumindest jetzt (noch) nicht!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Fliege hat geschrieben:(08 Mar 2019, 18:34)
Wünsche der EU-Bürger [...].
Wähler hat geschrieben:(09 Mar 2019, 06:34)
Du willst anscheinend meinem italienischen Neffen und meiner italienischen Nichte [...].
Sind Italiener keine EU-Bürger?

Die Abhilfe hoher Jugendarbeitslosigkeit in der EU dürfte so laufen, dass junge Arbeitslose oder Ausbildungslose aus ihren EU-Ländern in den EU-Norden ziehen, wo die Wirtschaftsleistung besser ist. Allerdings müsste das befördert werden, was nicht passiert (Spracherwerb, Umzugshilfe bei Antritt eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, Reisekostenhilfe für Heimatkontakt, psycho-soziale Betreuung usw.).
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Fliege.
Fliege hat geschrieben:... aus ihren EU-Ländern ... müsste das befördert werden, was nicht passiert (Spracherwerb, Umzugshilfe bei Antritt eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, Reisekostenhilfe für Heimatkontakt, psycho-soziale Betreuung usw.).
Mit Verlaub:
  • dies ist so nicht ganz richtig!
Seit 2013 gibt es ein Sonderprogramm zur "Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften aus Europa".
  • namens: MobiPro-EU
Interessierte Jugendliche ... jungen Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren aus Mitgliedstaaten der EU soll etwa in Deutschland eine berufliche Perspektive erföffnet werden. Ihnen soll eine betriebliche Berufsausbildung oder eine qualifizierte Beschäftigung in einem Engpaß- bzw. Mangelberuf ermöglicht weden.

Darin enthalten ist, daß in besonders zu begründeten Ausnahmefällen (in den Gesundheitsberufen, etc.) Arbeitssuchende sogar bis zum Alter von 40 Jahren gefördert werden können. Wer bereits eine Qualifikation in einem Mangelberuf hat, für denjenigen kann ein Verfahren zur Anerkennung der Qualifikation übernommen werden. Und Mangelberuf ist heutzutage fast jeder Berufszweig. Allerdings ergibt sich dies eher aus der Engpaßanalyse der Bundesagentur für Arbeit heraus - die in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird.

Mit diesem Sonderprogramm unterstützt die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) junge Europäerinnen und Europäer, die eine Ausbildung oder Arbeit in Deutschland aufzunehmen (wollen), etwa mit Sprachkursen, um sprachliche Hemmnisse, die einer Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit in Deutschland im Weg stehen würden, abzubauen. Aber auch wer sich im Heimatland mittels eines Sprachkurses auf seinen Job in Deutschland vorbereitet, kann dies finanziert bekommen. Und wer in Deutschland nach der Einstellung noch weiter Deutsch lernen muß, kann gefördert werden. Ein Praktikum im Ausbildungsbetrieb wird ebenso gefördert, wie es auch für Vorstellungsgespräche Reisekostenpauschalen für die An- und Abreise gibt. Wenn der Lohn nicht ausreicht, erhalten die jungen Erwachsenen Hilfen für den Lebensunterhalt. Auch Lernförderung begleitend zur Ausbildung wird finanziert.

Es wird also schon etwas getan, um Jugendlichen und Arbeitslosen innerhalb Europas (wieder) eine Perspektive zu geben. Nur, bekannt ist dies wohl weniger!?! Deshalb bin ich der Meinung:
  • Europa sollte seine Verdienste besser verkaufen - es besser bekannt machen!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Der Neandertaler hat geschrieben:(09 Mar 2019, 13:01)
Hallo Fliege.
Mit Verlaub:
  • dies ist so nicht ganz richtig!
Seit 2013 gibt es ein Sonderprogramm zur "Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften aus Europa".
  • namens: MobiPro-EU
Interessierte Jugendliche ... jungen Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren aus Mitgliedstaaten der EU soll etwa in Deutschland eine berufliche Perspektive erföffnet werden. Ihnen soll eine betriebliche Berufsausbildung oder eine qualifizierte Beschäftigung in einem Engpaß- bzw. Mangelberuf ermöglicht weden.

Darin enthalten ist, daß in besonders zu begründeten Ausnahmefällen (in den Gesundheitsberufen, etc.) Arbeitssuchende sogar bis zum Alter von 40 Jahren gefördert werden können. Wer bereits eine Qualifikation in einem Mangelberuf hat, für denjenigen kann ein Verfahren zur Anerkennung der Qualifikation übernommen werden. Und Mangelberuf ist heutzutage fast jeder Berufszweig. Allerdings ergibt sich dies eher aus der Engpaßanalyse der Bundesagentur für Arbeit heraus - die in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird.

Mit diesem Sonderprogramm unterstützt die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) junge Europäerinnen und Europäer, die eine Ausbildung oder Arbeit in Deutschland aufzunehmen (wollen), etwa mit Sprachkursen, um sprachliche Hemmnisse, die einer Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit in Deutschland im Weg stehen würden, abzubauen. Aber auch wer sich im Heimatland mittels eines Sprachkurses auf seinen Job in Deutschland vorbereitet, kann dies finanziert bekommen. Und wer in Deutschland nach der Einstellung noch weiter Deutsch lernen muß, kann gefördert werden. Ein Praktikum im Ausbildungsbetrieb wird ebenso gefördert, wie es auch für Vorstellungsgespräche Reisekostenpauschalen für die An- und Abreise gibt. Wenn der Lohn nicht ausreicht, erhalten die jungen Erwachsenen Hilfen für den Lebensunterhalt. Auch Lernförderung begleitend zur Ausbildung wird finanziert.

Es wird also schon etwas getan, um Jugendlichen und Arbeitslosen innerhalb Europas (wieder) eine Perspektive zu geben. Nur, bekannt ist dies wohl weniger!?! Deshalb bin ich der Meinung:
  • Europa sollte seine Verdienste besser verkaufen - es besser bekannt machen!
Danke für deinen Hinweis.
Leider zählt, was hinten herauskommt, wie Kohl zu sagen pflegte. Und was hinten herauskommt ist nicht nur in diesem EU-Politikfall nur allzu mau.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@ Der Neandertaler:
Somit ist eine "Durchlässigkeit und Chancengleichheit in der EU" doch schon gegeben.

Eine weitere Vereinheitlichung sehe ich nicht als notwendig an - zumindest jetzt (noch) nicht!
Im meinem Beitrag habe ich doch schon darauf hingewiesen, daß ermutigende Anfänge einer europäischen Bildungs- und Ausbildungslandschaft existieren. Durchlässigkeit und Chancengleichheit sind in der EU aus meiner Sicht aber noch lange nicht ausgereizt.

Schon in meinen jungen Jahren hatten wir an der TU Berlin beträchtliche Studentenzahlen von Südeuropäern, im wesentlichen Griechen und Türken, einige Jugoslawen und einen Vorzeige-Isländer :) Unser Institut pflegte sehr engen Kontakt mit der École Supérieure, weil unser Chef ein international beachteter Forscher war. Und wir Mitarbeiter hatten davon auch große Vorteile. :)

Dieser Austausch beruhte auf dem sehr persönlichen Streben unseres Chefs.

Was ich gern hätte, das wäre ein Pflicht-Austauschprogramm der europäischen Hochschulen, das mit einiger Gewißheit auch zur Harmonisierung der Abschlüsse beitragen sollte. Meinetwegen der heutige Bachelor in Deutschland, der nachfolgende Master aber im Partnerland der Hochschule... und das Promotionsstudium in einem weiteren Land der EU oder wieder in Deutschland.

Erst wenn solche oder ähnlich wirkende systematische Bildungsgänge auf den Weg gebracht wurden, kann man von Durchlässigkeit und Chancengleichheit sprechen.
Damals hätte ich nie und nimmer als Seiteneinsteiger eine Anstellung in einem französischen Hochschulinstitut bewirken können. Ich bin heute gar nicht unglücklich, wie mein Berufsleben sich entwickelt hat. Aber der jüngeren Generation sollte schon systematisch ein internationaler Bildungsgang angedient werden!

Aus meiner Sicht käme dabei für die EU ein gar nicht hoch genug einzuschätzender Mehrwert zu Stande. Und: Man muß drängen, ansonsten bewegt sich nichts vom Fleck!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
Weßt Du, eines verstehe ich nicht so ganz ... kann es nicht soooo ganz ganz verstehen:
  • Was soll das, etwa "ein Pflicht-Austauschprogramm"? OK, den Inhalt dessen verstehe ich schon - aber schon das Wort "Pflicht" verursacht bei mir ein recht ungutes Gefühl. Ich denke, jeden Uni ... jede Klinik oder sonstwer, der auf Außenwirkung angewiesen ist, wird sich für jegliche Arbeitnehmer oder Studentinnen oder Studenten öffnen - da braucht es bestimmt kein "Pflicht-(Austausch)programm".
Nimm zum Beispiel die "Hochschule für angewandtes Management" (HAM) mit Sitz in Ismaning. Sie bietet, meines Wissens, im Rahmen des ERASMUS-Programmes des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) nicht nur Auslandserfahrung während des Studiums zu sammeln - etwa durch ein Auslandssemester an einer Hochschule oder mittels eines Praktikums in einem Unternehmen im europäischen Ausland, sondern auch, wenn die Auslands-Hochschule Mitglied von "IUNworld" (International University Network) ist - einem internationalen Netzwerk renommierter Hochschulen, diverse Austauschprogramme mit Universitäten in Nordamerika und Europa. Anerkennungen der dort erwobenenen Studienleistungen sind, als sog. "Freemover", an der HAM ebenfalls möglich!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

:rolleyes:
Der Neandertaler hat geschrieben:(09 Mar 2019, 15:31)

Hallo H2O.
Weßt Du, eines verstehe ich nicht so ganz ... kann es nicht soooo ganz ganz verstehen:
  • Was soll das, etwa "ein Pflicht-Austauschprogramm"? OK, den Inhalt dessen verstehe ich schon - aber schon das Wort "Pflicht" verursacht bei mir ein recht ungutes Gefühl. Ich denke, jeden Uni ... jede Klinik oder sonstwer, der auf Außenwirkung angewiesen ist, wird sich für jegliche Arbeitnehmer oder Studentinnen oder Studenten öffnen - da braucht es bestimmt kein "Pflicht-(Austausch)programm".
Nimm zum Beispiel die "Hochschule für angewandtes Management" (HAM) mit Sitz in Ismaning. Sie bietet, meines Wissens, im Rahmen des ERASMUS-Programmes des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) nicht nur Auslandserfahrung während des Studiums zu sammeln - etwa durch ein Auslandssemester an einer Hochschule oder mittels eines Praktikums in einem Unternehmen im europäischen Ausland, sondern auch, wenn die Auslands-Hochschule Mitglied von "IUNworld" (International University Network) ist - einem internationalen Netzwerk renommierter Hochschulen, diverse Austauschprogramme mit Universitäten in Nordamerika und Europa. Anerkennungen der dort erwobenenen Studienleistungen sind, als sog. "Freemover", an der HAM ebenfalls möglich!
Solche Einrichtungen wie HAM sind ja ganz im Sinne dessen, was mir vorschwebt.

Die Sache mit der Pflicht haben Sie zu streng ausgelegt. Ich meinte damit den systematischen Wechsel der Hochschule nach einem ersten qualifizierenden Abschluß. So, wie bei Professuren eine Hausberufung unüblich ist, oder zumindest meist für anrüchig gehalten wird. Nun aber innerhalb der EU länderübergreifend zu verstehen.

Was ich nicht will: Im Hochschulstandort geboren, zur Schule gegangen, Hochschule besucht, dort promoviert und Professur übernommen. Motto: Mein Großvater, mein Vater und ich sind insgesamt seit 80 Jahren an dieser Hochschule tätig, und meine Kinder und Enkel werden auch diesen Weg gehen. :thumbup: Zugegeben, das dürfte es wohl kaum geben, aber so wird am ehesten klar, was vermieden werden soll.

Es geht also um den ernsthaften weiteren Aufbau der Qualifikation eines europäischen Wissenschaftlers und das systematische Zusammenwachsen der Europäischen Union.

Ähnliche Gedanken könnte man auch für die gewerbliche Berufsbildung voran treiben, denn die jungen Leute verlassen die Schule mit etwa 18 Lebensjahren, sind also schon weitgehend mündig. Angesichts freier Ausbildungsstellen in Deutschland und arbeitsloser junger Leute in der südlichen EU kann man sich da doch nur die Haare raufen! Wenn diese Menschen ausbildungsfähig sein sollten, dann ist das doch wohl der größte Flop in der EU. Die bisherigen gut gemeinten Maßnahmen haben daran nichts geändert. Dann muß man eben einen Gang zulegen!

Das Ziel bleibt immer wieder das Gleiche: Die Qualifikation der Erwerbstätigen in der EU harmonisieren, möglichst auch anheben, und das Gemeinschaftsgefühl in der EU weiter entwickeln.

Nichts Neues unter der Sonne!
https://volksmusik-forschung.de/datenba ... ?id=256710
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Die Sache mit der Pflicht haben Sie zu streng ausgelegt. Ich meinte ...
Dies will ich nicht abstreiten, ich werde aber wohl nicht der Einzige bleiben, der dies "zu streng ausgelegt". Erstens ging es mir auch lediglich bei dem Wort "Pflicht" so. Zweitens: die, die sowieso immer gegen alles aufstöhnen, was aus Brüssel kommt, werden dies ebenso interpretieren. Besonders, wenn das Wort "Pflicht" fällt.

Da ich kein Freund von irgendwelchen Vorschriften bin - und schon gar nicht seitens Politik ... auch angesichts noch so gut gemeinter Maßnahmen zur Vereinheitlichungen ... wie jeder sein Leben zu leben hat ... was er letztlich daraus machen soll, sehe ich auch hier keinerlei Bedarf einer "verpflichtenden Vorschrift". Politik soll und muß in gewißem Rahmen Rahmenbedingungen schaffen - etwa durch vergleichbare Zielvorgaben oder sonstige Maßnahmen. Die Umsetzung soll und muß den Unis, den (öffentlichen) Arbeitgebern, etc. überlassen bleiben - also weitgehend der (Privat-) Wirtschaft. Es gibt wahrlich schwerwiegendere Problemfelder, um deren sich Politik kümmern soll und muß.
H2O hat geschrieben:Solche Einrichtungen wie HAM sind ja ganz im Sinne dessen, was mir vorschwebt.
Schon klar! Dafür braucht es aber kein "Pflichtprogramm" ... oder sonstige Vorschrift seitens Politik.
H2O hat geschrieben:Was ich nicht will: Im Hochschulstandort geboren, zur Schule gegangen, Hochschule besucht, dort promoviert und Professur übernommen.
Sei ehrlich:
  • wenn jemand ausgebildet ist, ist es nicht jedem weitgehend selber überlassen, wo, wie und wie lange er dort lebt und arbeitet?
Mit diversen Maßnahmen zur Anerkennung beruflicher und schulischer Abschlüße ... mit vereinzelten Richtlinien, Beschlüßen und sonstigen nationalen Maßnahmen (auf freiwilliger Basis!) ist doch schon einiges bewegt worden.
H2O hat geschrieben:... freie Ausbildungsstellen in Deutschland und arbeitsloser junger Leute in der südlichen EU ... Die bisherigen gut gemeinten Maßnahmen haben daran nichts geändert. Dann muß man eben einen Gang zulegen!
Angesichts dessen, was ich Fliege geschildert habe - Stichwort: Sonderprogramm namens MobiPro-EU, frage ich mich, ob Du dies zur Kenntnis genommen hast und es lediglich auf die gesamte EU ausgeweitet sehen möchtest?
Dann muß ich Dich aber fragen:
  • "Welches EU-Land soll denn noch solch ein Programm auflegen?"
Spanien? ... Portugal? ... Griechenland? Ich glaube nicht, daß etwa französische, deutsche, polnische oder tschechische Jugendliche so verzweifelt sind, zur Ausbildung in eines dieser Länder zu ziehen. Also geht es nur auf freiwilliger Basis ... und mit Vorbildfunktion einzelner, wirtschaftlich starker Länder. Auch schon klar, daß es nicht immer schnell genug geht! Wir sind aber in der EU - ich habe schon versucht, Dir zu erklären, daß ein Gesetzesvorhaben ... eine Maßnahme, bei der möglichst alle mit an Bord sein sollen, ... daß dies recht langwierig sein kann ... und es zumeist auch ist. Welche Verhandlungen ... respektive: welche Überlegungen im Hintergrund laufen, ... da hab auch ich nicht den nötigen Einblick!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@ Der Neandertaler:

Nein, ich bin schon ein Freund von Frischer Luft. Kann sein, daß das nicht jedermanns Sache ist. Aber ich würde alles nur Mögliche tun, die Frischluftfraktion zu fördern. Das Kinderlied besingt sehr gut meine Vorstellung von gebildeten Menschen.

Selbstverständlich habe ich Ihre Ausführungen über Förderprogramme für junge Leute gelesen. Dennoch bin ich unzufrieden mit der Tatsache, daß sich offenbar an der Lage gar nichts geändert hat. Nein, ganz allgemein sehe ich die Sinnfälligkeit, daß junge Leute sich Wind um die Nase wehen lassen. Nicht aus Verzweiflung, sondern aus Neugierde und Wißbegier den Tapetenwechsel dann vollziehen, wenn er noch leicht möglich ist. Als Familienvater/-mutter ist das lange Zeit nicht leistbar, als junger Mensch in der Ausbildung aber sehr wohl.

Das sollten wir Europäer systematisch fördern und nicht dem Zufall überlassen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Dennoch bin ich unzufrieden mit der Tatsache, daß sich offenbar an der Lage gar nichts geändert hat.
Aber vielleicht liegt es eher an den Menschen selbst?
  • ... weniger daran, daß es keine politischen "Pflicht" Vorgaben gibt?
Vielleicht muß solche eine Einrichtung aber erst auch noch viel bekannter werden ... es muß sich sehr weit herum sprechen, bevor es vermehrt angenommen wird.
  • Stichwort: "Social Proof"- Herdentrieb.
Experimente haben zeigt, bewegt nur etwa fünf Prozent einer Menschenmenge in eine bestimmte Richtung, folgt der Rest nach – ohne sich darüber klar zu sein, einem solchen Impuls zu folgen.
H2O hat geschrieben:Das sollten wir Europäer systematisch fördern und nicht dem Zufall überlassen.
Im Mittelalter waren die Menschen mobiler - zwangsweise. Aus beruflichen Gründen war eine "Walz" angesagt. Unserer Eltern wurden seßhafter - dieses übertrug sich weitgehend auf uns. Schon unsere Kinder sind nicht mehr so seßhaft, wie wir es teilweise (noch) sind. Sie wollen die Welt erkunden - naja, zumindest Europa soll es sein. Sie haben ja auch die Möglichkeit dazu.
  • Stichwort: Schengenraum, etc.
Europa ünterstütz sie dabei:
  • Brüssel (die Kommission) hat sich entschieden, 2018 15.000 Tickets an junge EU-Bürger zu vergeben - jeder, der in diesem Halbjahr seinen 18. Geburtstag feiert, soll ein Interrail-Ticket geschenkt bekommen. Sie sollen so den Kontinent und seine Kultur kennenlernen.
    Das Programm, namens "DiscoverEU" war allerdings kein so großer Erfolg. Ein Sprecher dazu:
    • "Es war noch Geld aus der ersten Runde übrig"
    Deshalb kündigte die Brüsseler Behörde im November an, in der zweiten Runde dieses Programms weitere 12.000 Tickets an 18-Jährige vergeben zu wollen.

    Nun sind allerdings aus diesen 12.000 Tickets für Bahn, Fähre oder Bus - lediglich Unterkunft und Verpflegung zahlen sie selbst ... aus 12.000 Tickets sind nun 14.500 Tickets geworden. Diese mußten unter den fast 80.000 Bewerbern per Los festgestellt werden.

    In den kommenden Jahren (2021 bis 2027) soll das Programm ausgeweitet werden.

    Ist das Programm mit einem Budget von nur 12 Millionen Euro gestartet, sind es für das weitere Programm (2021 bis 2027) etwa 700 Millionen Euro, mit denen rund 1,5 Millionen Tickets für junge Europäer finanziert werden sollen. Mit dieser "notwendige Finanzierung" soll ein "europäisches Bewußtsein" der Jugendlichen geschaffen werden - so das Europäische Parlament.
Das dürfte also ebenfalls in Deinem Sinne sein?
  • ... oder?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Wähler »

Interessanter Presseclub (+ nachgefragt) zum Thema: Zwischen Orban und Macron - Europa im Richtungsstreit
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendunge ... t-100.html
Fazit:
Es steht zu befürchten, dass die Spitzenkandidaten nach der Wahl bei der Besetzung des EU-Kommissionspräsidenten nicht berücksichtigt werden.
AKK hat Stellung gegen Macron bezogen und die Haltung von Merkel, sich nicht festlegen zu wollen, überwunden.
Die Mehrheit der Ungarn wollen in der EU bleiben, neigen aber zum Rosinenpicken.
Der Brexit dürfte die Europawahl noch länger überschatten.
Die Spitzenkandidaten wollen einen kurzen Wahlkampf im April und Mai.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Der Neandertaler hat geschrieben:(10 Mar 2019, 11:10)

Hallo H2O.Aber vielleicht liegt es eher an den Menschen selbst?
  • ... weniger daran, daß es keine politischen "Pflicht" Vorgaben gibt?
Vielleicht muß solche eine Einrichtung aber erst auch noch viel bekannter werden ... es muß sich sehr weit herum sprechen, bevor es vermehrt angenommen wird.
  • Stichwort: "Social Proof"- Herdentrieb.
Experimente haben zeigt, bewegt nur etwa fünf Prozent einer Menschenmenge in eine bestimmte Richtung, folgt der Rest nach – ohne sich darüber klar zu sein, einem solchen Impuls zu folgen. Im Mittelalter waren die Menschen mobiler - zwangsweise. Aus beruflichen Gründen war eine "Walz" angesagt. Unserer Eltern wurden seßhafter - dieses übertrug sich weitgehend auf uns. Schon unsere Kinder sind nicht mehr so seßhaft, wie wir es teilweise (noch) sind. Sie wollen die Welt erkunden - naja, zumindest Europa soll es sein. Sie haben ja auch die Möglichkeit dazu.
  • Stichwort: Schengenraum, etc.
Europa ünterstütz sie dabei:
  • Brüssel (die Kommission) hat sich entschieden, 2018 15.000 Tickets an junge EU-Bürger zu vergeben - jeder, der in diesem Halbjahr seinen 18. Geburtstag feiert, soll ein Interrail-Ticket geschenkt bekommen. Sie sollen so den Kontinent und seine Kultur kennenlernen.
    Das Programm, namens "DiscoverEU" war allerdings kein so großer Erfolg. Ein Sprecher dazu:
    • "Es war noch Geld aus der ersten Runde übrig"
    Deshalb kündigte die Brüsseler Behörde im November an, in der zweiten Runde dieses Programms weitere 12.000 Tickets an 18-Jährige vergeben zu wollen.

    Nun sind allerdings aus diesen 12.000 Tickets für Bahn, Fähre oder Bus - lediglich Unterkunft und Verpflegung zahlen sie selbst ... aus 12.000 Tickets sind nun 14.500 Tickets geworden. Diese mußten unter den fast 80.000 Bewerbern per Los festgestellt werden.

    In den kommenden Jahren (2021 bis 2027) soll das Programm ausgeweitet werden.

    Ist das Programm mit einem Budget von nur 12 Millionen Euro gestartet, sind es für das weitere Programm (2021 bis 2027) etwa 700 Millionen Euro, mit denen rund 1,5 Millionen Tickets für junge Europäer finanziert werden sollen. Mit dieser "notwendige Finanzierung" soll ein "europäisches Bewußtsein" der Jugendlichen geschaffen werden - so das Europäische Parlament.
Das dürfte also ebenfalls in Deinem Sinne sein?
  • ... oder?
Mir geht es so wie seinerzeit Deng Xiao Ping: "Ob schwarze oder weiße Katze: Hautsache sie fängt Mäuse!" :

Alles, was uns dem europäischen Projekt näher bringt, findet meinen Beifall!

Meine Erfahrung: Wenn durch ein Regelwerk systematisch Anstöße bis in die "Basis" durchgeleitet werden, kommt allein schon dadurch mehr Schwung in eine Sache.

Siehe Wehrpflicht: Durch die Wehrpflicht mußte ein Wehrpflichtiger bewußt und begründet "Nein" sagen; ansonsten übernahm er seinen Teil der Verantwortung am äußeren Schutz unseres Volkes. Damals konnte sich die Bundeswehr zwar beklagen, daß es viele Wehrpflichtige nicht auf Dauer zur Bundeswehr hinzog, aber sie bekam doch ganz überwiegend die Bewerber für Zeitsoldaten und Berufssoldaten, die sie brauchte.

In diesem Sinne sehe ich auch die Pflicht, sich am europäischen Gedanken der Bildung und Ausbildung zu beteiligen: Die Grundstufe der Bildung/Ausbildung ist immer national; Aufbaustufen grundsätzlich und systematisch "fern von der Heimat". Meine Hoffnung dabei ist doch, daß bei jungen Leuten die Lust und Neugierde in den "Lern- und Wanderjahren" über den Rand des warmen heimischen Nests hinaus führen.

Wer dazu geeignetere Maßnahmen im Sinn hat, der sollte sie hier unbedingt vortragen.

Ich nehme hier den Standpunkt ein, daß Bequemlichkeit, Furcht vor Veränderungen, nach Kräften und vor allem systematisch entgegen gewirkt werden muß.

Ich bin nicht bereit, fehlenden Veränderungswillen aus der Gemeinschaftsschatulle zu unterstützen... also mit tränenerstickter Stimme die weit verbreitete Jugendarbeitslosigkeit im Süden durch Steuermittel zu verfestigen, während an anderer Stelle offene Stellenangebote keine Bewerber finden.

Den Schlenker zur Wehrpflicht hatten wir hier schon. Machen wir noch einen Schlenker zur Sozialgesetzgebung "Fördern und Fordern: Wer zumutbare Arbeit oder zumutbare berufliche Fortbildung verweigert, der muß mit dem Entzug von Mitteln aus der Gemeinschaftskasse rechnen.

Ich meine, daß diese systematischen und zumutbaren Anschübe durchaus den von der Gemeinschaft erhofften Zweck erfüllt haben und hatten. Nur darum geht es!

Denken wir daran, daß die Überschrift hier "Europawahl 2019" lautet. Dazu sollte schon ein Gestaltungswille ausgedrückt werden!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Alles, was uns dem europäischen Projekt näher bringt, findet meinen Beifall!

Meine Erfahrung: Wenn durch ein Regelwerk systematisch Anstöße bis in die "Basis" durchgeleitet werden, kommt allein schon dadurch mehr Schwung in eine Sache.
[...]
Ich nehme hier den Standpunkt ein, daß Bequemlichkeit, Furcht vor Veränderungen, nach Kräften und vor allem systematisch entgegen gewirkt werden muß.
[...]
Ich meine, daß diese systematischen und zumutbaren Anschübe durchaus den von der Gemeinschaft erhofften Zweck erfüllt haben und hatten. Nur darum geht es!

Denken wir daran, daß die Überschrift hier "Europawahl 2019" lautet. Dazu sollte schon ein Gestaltungswille ausgedrückt werden!
Gut, einiges kann ich davon unterschreiben - zumindest ersteres und letzteres ... aber besonders auch, wenn es gegen die "Furcht vor Veränderungen" und für den "Gestaltungswille" geht. Aber ich glaube nicht, daß mit einem weitreichenden "Regelwerk systematisch Anstöße (immer) bis in die "Basis" durchgeleitet werden". Im Gegenteil:
  • dies würde unweigerlich Protest hervorrufen - bezüglich dessen, daß Brüssel zuviel regelt und somit die Frage aufwerfen, ob wir ohne die EU (also in Nationalstaaten) nicht doch besser auskommen würden?
    • ... ob wir einen Staatenbund oder nicht doch lediglich einen (losen) Staatenbund anstreben sollen?
Somit würde durch ein derartiges Regelwerk (wohlgemerkt: damit ist nicht gemeint, daß keine "Zielvorgaben" gemacht werden sollen.) ... dadurch würde genau das Gegenteil erreicht dessen werden, was Europa ... was den europäischen Gedanken voranbringen soll und kann.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Der Neandertaler hat geschrieben:(12 Mar 2019, 08:44)

Hallo H2O.Gut, einiges kann ich davon unterschreiben - zumindest ersteres und letzteres ... aber besonders auch, wenn es gegen die "Furcht vor Veränderungen" und für den "Gestaltungswille" geht. Aber ich glaube nicht, daß mit einem weitreichenden "Regelwerk systematisch Anstöße (immer) bis in die "Basis" durchgeleitet werden". Im Gegenteil:
  • dies würde unweigerlich Protest hervorrufen - bezüglich dessen, daß Brüssel zuviel regelt und somit die Frage aufwerfen, ob wir ohne die EU (also in Nationalstaaten) nicht doch besser auskommen würden?
    • ... ob wir einen Staatenbund oder nicht doch lediglich einen (losen) Staatenbund anstreben sollen?
Somit würde durch ein derartiges Regelwerk (wohlgemerkt: damit ist nicht gemeint, daß keine "Zielvorgaben" gemacht werden sollen.) ... dadurch würde genau das Gegenteil erreicht dessen werden, was Europa ... was den europäischen Gedanken voranbringen soll und kann.
Damit sprechen Sie den alten Widerspruch zwischen einem übermächtigen Zentralstaat und einem hinterwälderischen Bundesstaat an. Beides ist Murks. Man erkennt das am besten an einem der jüngeren Beschlüsse, die Gestaltungshoheit über Bildungssysteme auf Bundesländer zu übertragen. Dort verfallen Schulen und sie bekommen nicht die erhofften Lehrer, weil sie unterschiedlich besolden. Am Ende schreien alle nach mehr Geld, mehr Leuten... um danach wieder so weiter zu machen, wie bisher auch. Sogar die Forderung des Bundes auf 1:1 Finanzierung ist abgewiesen worden, weil sie angeblich die Bundesländer überfordern könnte. Das bedeutet spiegelbildlich: Gar keine Mittel, noch nicht einmal die Hälfte des Notwendigen!

Und die oft eingeforderte berufsbedingte Beweglichkeit der erwerbstätigen Familien wird durch diese Unterschiede behindert, und das seit Menschengedenken, weil die Leistungen und Ziele unterschiedlich angelegt wurden. Künftig wird sich diese berufsbedingte Beweglichkeit auf Europa ausdehnen, wie heute schon aus der Not der Ost-Länder und Süd-Länder zu beobachten ist. Wir wollen das hier nicht sehen, weil wir nicht zu solchen Wanderschaften genötigt sind, und die, die das hier tun, wollen mehr ihr Weltbild erweitern als einer Not folgend den Ort wechseln.

Deshalb ist mir ein Streit und ein Weckruf beizeiten lieber als eine Reise im Schlafwagen. Die Entwicklung der europäischen Union muß ernsthaft und ehrgeizig betrieben werden, um die Ziele des europäischen Projekts: "Gleiche Lebenschancen für alle Europäer" flächendeckend erreichen zu können. Ohne Plan und ohne Ziel wird das nie etwas! Im Gegenteil wächst der Unmut dadurch, daß die EU genötigt ist, immer wieder rückständige Partner auf zu päppeln.

Man hat also die Wahl, sich über "Bevormundung für alle" oder über "Zahlmeister für immer dieselben Kandidaten" auf zu regen. Im Zweifelsfalle bevorzuge ich das gemeinsame Streben nach bestmöglicher Leistung überall.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
Jetzt sind wir aber ganz diametral. Seit wann ... und wieso ist ein Bundesstaat "hinterwälderisch"?
Ich bin ein Freund des Subsidaritäts-Prinzips Insofern möchte ich das, was Brüssel regeln muß (weil es die Gemeinschaft als Ganzes betrifft), auch durch Brüssel geregelt wissen - nicht mehr und nicht weniger. Aber das, was besser vorort entschieden werden muß und kann, weil ein Beamter in Brüssel nicht unbedingt weiß ... nicht wissen kann, wie die Verhältnisse ... etwa in Solingen, Jena oder einer sonstigen Stadt sind, sondern eher die dortigen Leute, ... das soll auch vorort geregelt werden.

Nochmal ein kleiner Seitensprung zur Finanzierung des "Digitalpakt Schule" und dem Streit darüber - den Du vermutlich meinst:
Schulen hatten einen Nachholbedarf in Sachen Laptops-, Notebooks-, Tablets- und Smartboards-Ausstattung. Der Bund wollte helfen und über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro zur Verfügung stellen - davon 3,5 Milliarden Euro noch in dieser Legislaturperiode. Los gehen sollte es eigentlich am 1. Januar 2019. Damit die Verwaltungsvereinbarung umgesetzt werden kann, ist eine Grundgesetzänderung notwendig, da Bildungspolitik verfassungsrechtlich eigentlich allein Sache der Länder ist. Es ist also nicht so, daß "die Gestaltungshoheit über Finanzierung der Bildungssysteme auf Bundesländer zu übertragen" eines "der jüngeren Beschlüsse" ist, sonderrn: dies war schon immer Länder-Sache. Sie pochten auf das "Kooperationsverbot"! Kann man verwerflich finden oder nicht - Tatsache aber ist, daß der Bund auf die Bildungspolitik der Länder keinen Einfluß ausüben soll.

Es war die Föderalismusreform von 2006 - also mit Zustimmung des Bundes, die dieses festschrieb. 2014 wurde das "Kooperationsverbot" für den Bereich der Hochschulen weiter gelockert - seither darf der Bund auch langfristig die chronisch unterfinanzierten Hochschulen fördern. Und 2017 wurde schließlich der Artikel 104c in's Grundgesetz eingefügt, der besagt, daß der Bund nun auch den Gemeinden bei der "kommunalen Bildungsinfrastruktur" finanziell unter die Arme zu greifen darf - allerdings nur für "finanzschwachen" Gemeinden. Entgegen dieser Vereinbarung ("finanzschwache" Gemeinden) sollte mit der vorgesehenen Grundgesetzänderung nun künftig an alle Gemeinden Finanzhilfen des Bundes für "gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen" in der Bildungsinfrastruktur fließen dürfen.

Allerdings schien das Pochen auf die Länderhoheit bei der Bildung - daß der Bund dort zusehr hineinreden wolle ... dies dürfte allerdings nur der vordergründige Vorbehalt gewesen sein. Denn eine weitaus größere Rolle dürfte sein:
  • "Die Mittel des Bundes sind in jeweils mindestens gleicher Höhe durch Landesmittel für den entsprechenden Investitionsbereich zu ergänzen."
Resultat:
  • Der DigitalPakt Schule kommt - zwar nicht so, wie vorgesehen ... also mit der vorgesehenen Grundgesetzänderung, aber er kommt.
Der Bund kümmert sich um die Finanzen für den Aufbau digitaler Bildungsinfrastrukturen und investiert bis zu 5 Milliarden Euro - 2018: 2,4 Milliarden Euro. Anschließend soll der Fonds aus der anstehenden Versteigerung der Lizenzen für die 5G-Mobilfunktechnologie gespeist werden.
Die Länder hingehen übernehmen die Verantwortung für den Betrieb und die Wartung, sowie für pädagogische Konzepte und die (Weiter-)Qualifizierung von Lehrkräften.

Fazit:
  • Die Aussage, daß "gar keine Mittel" fließen, "noch nicht einmal die Hälfte des Notwendigen!" ist so nicht ganz haltbar.
H2O hat geschrieben:Ziele des europäischen Projekts: "Gleiche Lebenschancen für alle Europäer" flächendeckend erreichen zu können. Ohne Plan und ohne Ziel wird das nie etwas! Im Gegenteil wächst der Unmut dadurch, daß die EU genötigt ist, immer wieder rückständige Partner auf zu päppeln.

Man hat also die Wahl, sich über "Bevormundung für alle" oder über "Zahlmeister für immer dieselben Kandidaten" auf zu regen. Im Zweifelsfalle bevorzuge ich das gemeinsame Streben nach bestmöglicher Leistung überall.
Kann ich unterschreiben!
Aber wie gesagt:
  • dafür braucht es keine tiefgreifenden verpflichtenden Regeln ... schon gar nicht von staatlicher Seite aus. Wenn die Notwendigkeit besteht, wird jede Gesellschaft dies schon selber (und eventuell vernünftiger) regeln ... vor allen Dingen: praxis-näher!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

dafür braucht es keine tiefgreifenden verpflichtenden Regeln ... schon gar nicht von staatlicher Seite aus. Wenn die Notwendigkeit besteht, wird jede Gesellschaft dies schon selber (und eventuell vernünftiger) regeln ... vor allen Dingen: praxis-näher!
Genau da sehe ich einen unauflösbaren Widerspruch. Mir geht es um das Ziel, daß junge Leute von Anbeginn an mit der europäischen Gemeinschaft eng verbunden sein sollten. Das klappt bestimmt nicht, wenn man dies nur jenen überläßt, die ganz von allein (vielleicht durch kluge Eltern) über ihren Tellerrand sehen wollen.

Dazu ist zuallerst die sehr weitgehende Harmonisierung der Bildungsziele und Ausbildungsziele notwendig, damit nicht gleich der erste Schritt aus dem Hause mit einer Riesenenttäuschung endet.

Da kann man nicht einfach vor Ort darüber befinden, was für die jungen Leute gut ist. Woher sollen diese (älteren) Menschen das wissen? Ich nehme die EU-Verhältnisse so wie sie sind... und da sehe ich sehr große Unterschiede, die keineswegs zufällig so entstanden sind. Da muß man ansetzen und mit Lehrern und Geld und Investitionen für Chancengleichheit sorgen. Und einen Plan machen, wie wir alle auf ein bestmögliches Ergebnis zusteuern können. Den kann niemand in den entlegenen Ecken Europas oder Deutschlands eben einmal aus dem Hut zaubern, und für alle unmittelbar vergleichbar kann der auch nicht angelegt werden.

Dazu müssen aus meiner Sicht die Bildungseliten der Mitgliedsstaaten sehr eng zusammenarbeiten und eben genau dieser Plan muß dann überall in Europa mit Leben gefüllt werden. Dann haben wir Aussicht auf eine Gemeinschaft bestens befähigter Leute in einem engen Staatenbund in einer oder höchstens 2 Generationen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Orbiter1 »

Noch ein alter Bekannter der gerne Europaabgeordneter werden möchte. Carles Puigdemont, der ehemalige katalanische Regionalpräsident. So ein Abgeordnetengehalt hat was für sich und er wohnt ja bereits in Brüssel im Exil. Ist jedenfalls besser als sich vor der spanischen Justiz zu verantworten und u. U. für Jahre ins Gefängnis gehen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von unity in diversity »

Orbiter1 hat geschrieben:(16 Mar 2019, 13:21)

Noch ein alter Bekannter der gerne Europaabgeordneter werden möchte. Carles Puigdemont, der ehemalige katalanische Regionalpräsident. So ein Abgeordnetengehalt hat was für sich und er wohnt ja bereits in Brüssel im Exil. Ist jedenfalls besser als sich vor der spanischen Justiz zu verantworten und u. U. für Jahre ins Gefängnis gehen.
Belgien scheint ein sicheres Land zu sein.
Wer dort lebt, darf alles werden.
Finde dich damit ab und arrangiere dich. :)
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Senexx »

Orbiter1 hat geschrieben:(16 Mar 2019, 13:21)

Noch ein alter Bekannter der gerne Europaabgeordneter werden möchte. Carles Puigdemont, der ehemalige katalanische Regionalpräsident. So ein Abgeordnetengehalt hat was für sich und er wohnt ja bereits in Brüssel im Exil. Ist jedenfalls besser als sich vor der spanischen Justiz zu verantworten und u. U. für Jahre ins Gefängnis gehen.
Ja, Puigdemont im EU-Parlament wäre gut. Ein konsequenter Schritt der Internationalisierung des Katalonienproblems.

https://www.dw.com/de/puigdemont-will-i ... a-47846449
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Das heute vom EU-Parlament gebilligte Zensurgesetz (Upload-Filter) dürfte, so meine Erwartung, zu einem Top-Wahlkampfthema zur EU-Wahl im Mai werden. Die Parteien, die diesem Zensurgesetz zugestimmt haben, dürften in ihren Heimatländern nun erheblich Probleme bekommen, so meine Schätzung. Immerhin: Mit Langeweile zur EU-Wahl ist nun nicht mehr zu rechnen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Orbiter1 »

Fliege hat geschrieben:(26 Mar 2019, 19:17)

Das heute vom EU-Parlament gebilligte Zensurgesetz (Upload-Filter) dürfte, so meine Erwartung, zu einem Top-Wahlkampfthema zur EU-Wahl im Mai werden. Die Parteien, die diesem Zensurgesetz zugestimmt haben, dürften in ihren Heimatländern nun erheblich Probleme bekommen, so meine Schätzung. Immerhin: Mit Langeweile zur EU-Wahl ist nun nicht mehr zu rechnen.
Das Thema interessiert außerhalb Deutschlands fast niemanden. Im EU-Parlament hat heute keiner verstanden wieso dass in Deutschland ein solches Gigantenthema ist.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Und warum ist das EU-Zensurgesetz nur in Deutschland ein solches Gigantenthema?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Fliege.
Fliege hat geschrieben:Das heute vom EU-Parlament gebilligte Zensurgesetz ... nur in Deutschland ein solches Gigantenthema?
In Deutschland ist nun jedes Thema ein recht emotional aufgeheiztes Thema ... es wird emotional aufgeheizt. Würde man aber mal nüchtern und pragmatisch an dieses oder jenes Thema herangehen, sehe dies schon ganz anders aus.

Grundsätzlich dürfte erstmal nichts Verwerfliches daran sein, daß man die Rechte von geistigem Eigentum besser schützen wollte. Dies hat man ja bei Buch- und Roman-Autoren auch getan. Da aber im digitalen Zeitalter, in dem eine Kopie eines Songs oder sonstigen schriflichen Eigentum besser schnell erledigt ist ... in diesem Zeitalter greift ein Gesetz aus dem vorigen Jahrhundert nicht mehr richtig. Also muß eine Urheberrechtsreform her ... am besten eu-weit. So weit - so gut!

Bei der Urheberrechtsreform ging es darum, daß Online-Plattformen, die vergangenheitlich recht viel Gewinn mit Veröffentlichungen ihrer User gemacht haben und dies auch weiterhin machen (werden), ... daß die für Verstöße gegen geistiges Eigentum haften sollen.

In dem berühmt-berüchtigten und vielzitierten Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform steht lediglich drinn, daß die Plattformen "nach besten Kräften" versuchen müssen, zukünftige Uploads von Material zu verhindern, das einer "ausreichend begründeten Mitteilung von Personen oder Unternehmen" unterzogen wurde, die die Rechte an dem Material für sich beanspruchen. Das können Audio, Video, Text, Textbilder, Bilder, Fotos, Choreographien und vieles mehr sein. Der Vorschlag bezieht sich auf "Werke oder andere geschützte Gegenstände". Somit ist alles gemeint, was dem Schutz des geistigen Eigentums unterliegt: das Urheberrecht, aber auch andere Rechte, die unter den weit gefaßten Begriff des "geistigen Eigentums" fallen. Dazu gehören Video und Audio, aber auch weniger offensichtliche Dinge wie Choreographie und Markenrecht.

Von den sogenannten "Upload-Filtern" ist also nirgends die Rede. Sie ergeben sich nur "indirekt". Denn statt dieser "Upload-Filter" könnten diese Internetgiganten auch etwa eine eigene Abteilung mit Menschen, die dies beurteilen, einrichten. Menschen aber kosten Geld - Monat für Monat. Sogenannte "Upload-Filter" aber nur einmal. Diese sind also billiger - aber auch unzuverläßiger. Sie können etwa nicht zwischen Satire oder Ironie und "Ernst" unterscheiden. Es liegt also in erster Linie an den Internetgiganten selber, ob sie lieber Abteilung mit Menschen einrichten werden und wollen, die zwar etwas zuverläßiger arbeiten als die sogenannten "Upload-Filter", die aber letztlich den Gewinn dieser Plattformen schmälern werden. Während es den selbsternannten "Hütern des Internets" nach eigener Aussage also um die "Freiheit des Internets" geht, geht es ihnen wohl eher um ihren Gewinn.

À propos:
  • Kannst Du nun auch erklären, warum dies ein Zensurgesetz sein soll?
    • ... oder kannst Du nur nachplappern?
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Fliege
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Der Neandertaler hat geschrieben:(26 Mar 2019, 20:48)
In Deutschland ist nun jedes Thema ein recht emotional aufgeheiztes Thema ... es wird emotional aufgeheizt. Würde man aber mal nüchtern und pragmatisch an dieses oder jenes Thema herangehen, sehe dies schon ganz anders aus.
Das schätze ich ein wie du. Die misslungene EU-Gesetzesinitiative zum Schutz von Urheberrechten hat das Thema unnötig emotional aufgeheizt. Und nun ist dieses Gesetz auch noch beschlossen worden.

Widerstand regt sich auch in anderen EU-Ländern wie Österreich und Italien (elf sollen es sein).
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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