H2O hat geschrieben:(14 Jul 2018, 17:42)
Damit verlassen Sie aber schnell den Bereich jeder Logik! Unser großes Problem sind Wirtschaftsflüchtlinge, die unsere Asylverfahren verstopfen und unsere Hilfsbereitschaft bewußt ausnutzen, hier sogar in Köln Silvester auf ihre Art feiern. Wer Asyl haben muß, der wird die etwas sehr knapp gehaltene Willkommenskultur wohl ertragen; wer aber bessere wirtschaftliche Möglichkeiten sucht, der wird sich gar nicht erst solchen Zumutungen aussetzen. Sie sprachen von vielen hunderttausend Menschen... und da setze ich dagegen: Wer aus politischen Gründen Hilfe braucht, der ist bei uns ganz richtig. Menschen in politischer Not werden das verstehen.
Die sozial bedingten Fluchtbewegungen gibt es natürlich auch, insgesamt sollen 250 Millionen Menschen an einer Veränderung der Bleibe interessiert sein. Die Zahl der Asylsuchenden ist mir jetzt nicht zur Hand, aber die Kriegsflüchtlinge gem. Genfer Konvention werden wohl beträchtlich zunehmen, wenn man die Dinge so laufen lässt, wie das gegenwärtig der Fall ist.
Bestes Beispiel dafür ist Syrien. Heftige Bombardierungen in der Provinz Daraa schlugen etwa 50.000 Menschen in die Flucht - könnten aber auch sehr viel mehr sein oder werden - und die machten sich zunächst Richtung jordanischer Grenze auf. Jordanien schloss aber die Grenze, weshalb diese Kriegsflüchtlinge nun entweder im Binnenraum umher irren werden oder einen sonstigen Weg finden.
Gegen Ankerzentren in Deutschland spricht aus meiner Sicht nichts, nur ist das alles keine wirkliche Lösung. Es mag vielleicht die einzige sein, wenn man Anhänger einer Permissivitätspolitik ist, aber sie wird weder Kriege noch Terror oder Tyrannei beenden können. Schlimmer noch, sie wird auch der Schleuserei kaum Einhalt gebieten können.
Die franz. Operation Sicheldüne oder die "EUCAP Sahel Niger"-Mission erscheint mir da deutlich vielversprechender, eben weil es an die Ursachen rangeht und nicht allein an Symptomen herumdoktert.
Eines ist doch fast völlig klar - wenn man die iranische Expansion in Syrien als quasi gottgegeben hinnehmen will, dann muss mindestens halb Syrien entvölkert werden, damit Assad bleiben kann.
In Eritrea ist das Problem etwas anders gelagert, aber Tod und Verzweiflung ist nichts Unbekanntes und ein Trip nach Europa wird für 8.000 Dollar angeboten. Wenn man nun sagt, die Ankerzentren sind aber nicht schön, wird das sehr, sehr wenig bringen - die Leute glauben das nicht.
Zum andern ist es ja auch so, dass Europa sein moralisches Antlitz nicht zur Gänze aufgeben kann. Man wird keine Lager errichten können, die schrecklicher als libysche Lager sind, selbst wenn man das überhaupt wollte. Aber wer will das schon.
Die strategische Idee ist grundsätzlich gut gemeint, aber auch wieder unlogisch. Folgte man Ihren Vorstellungen, dann wüchse die EU in den Ring hinein, bis es endlich doch Berührung mit ziemlich unangenehmen Nachbarn gäbe. Was nichts anderes heißt, als daß wir uns beschränken müssen und dabei in möglichst guten Verhältnissen mit unseren Nachbarn leben wollen.
Die gute Nachbarschaft bedeutet ja nicht automatisch, dass man auch unieren müsste. Kanada bildet auch keine Union mit den USA, aber das Verhältnis ist traditionell gut und in Sicherheitsfragen kooperiert man fast mühelos, zumal beide Staaten in der Allianz sind.
Zum andern bedeutet gute Nachbarschaftspolitik zum unmittelbaren Nachbarn nicht, dass man zum mittelbaren Nachbarn kein gutes Verhältnis wünschte. Man tut, was man kann.
Die Ukraine hat nun aber eine sehr gewalttätige nationalistische Truppe, mit der auch in der Ukraine nicht alle Menschen glücklich sind... Polen und Russen auch nicht. Beide Volksgruppen sind dort aber auch zu Hause. Ich möchte keinen Partner mit solchen Schlägern und Zündlern in der EU. Auch hatte ich von einer Hauptstadt gesprochen, die sich bis eben noch auf Russisch als tägliche Verkehrssprache unterhielt, und wo urplötzlich nur noch Ukrainisch verstanden werden soll. Die ticken doch wohl nicht richtig! Ich spreche fließend Französisch, Englisch, Italienisch und Deutsch; Polnisch geht so. Aber ich käme gar nicht auf den Gedanken, anderen Leuten mein Deutsch über zu stülpen. Wer will, der darf und soll. Und so hätte es auch in der Ukraine gehen können. Aber da haben Leute gebockt und gezündelt. Und nun sollen Dritte es richten? Im Ernst?
Sehr viele in der Ukraine sind zweisprachig, es ist lediglich ein Gesetz aus Janukowitschs Zeiten rückgängig gemacht worden. Unter russischer Herrschaft ist das Ukrainische vernachlässigt worden, völlig normal waren etwa Spielfilme aus russischer Produktion, die den Stalinismus verherrlichen. Da sind ein paar Kleinigkeiten geändert worden, aber natürlich kann jeder sprechen, wie er möchte.
Der Überfall auf die Ukraine ist nicht Schuld der Ukraine, sondern des Aggressors. Man vergleiche mal mit der Orangenen Revolution, da gab es auch eine Entsowjetisierung, aber dennoch keinen Krieg.
Die Ukraine verteidigt im Grunde Europa, auch die europäische Idee. Es hat wohl seine Gründe, weshalb nicht nur weitere Osteuropäer besorgt sind, sondern auch die NATO.
Die Rückversicherung soll in Anspruch nehmen, wer sie für sinnvoll hält. Ich möchte gern in tätiger Selbsthilfe möglichst viel Unabhängigkeit in jeder Hinsicht erringen, gern auch mit Nachbarn auf vergleichbarer Wellenlänge gemeinsam. Und mich mit diesen Nachbarn auch wirtschaftlich und politisch sehr eng zusammen schließen. Dabei sind die USA hinderlich (geworden). Also müssen wir Europäer einen eigenen Weg in unsere Zukunft gehen. Ich möchte keine Verantwortung für mich und meine Kinder an die USA weiter reichen.
Die Europäer haben tolle Werte, sie können sie nur nicht verteidigen - sagte ein Prof. Schueftan mal. In zwei Weltkonflikten wären die Europäer ohne Schutzmacht USA völlig vor die Hunde gegangen, nämlich im 2. Weltkrieg und im Kalten Krieg.
Selbständigkeit klingt ja hübsch, aber wenn das mit einer geringstmöglichen Verantwortung einher gehen soll, widerspricht es sich schon selbst. Das schärfste Argument, welches unsere Kanzlerin zur Umsetzung des Minsk-II-Waffenstillstandes anbringen kann lautet schlicht USA. Alles andere wird bislang gar nicht ernst genommen.
Wenn man nicht strategisch denken will, sondern permissiv und maximal reaktiv, dann braucht man eine Schutzmacht, die genau das kann.
General Naumann hat völlig Recht! So kann das auch nicht bleiben; da wird mir sicher auch Präsident Trump zustimmen. Also machen wir Europäer uns an die Arbeit, denn vom Reden allein wird das nicht besser.
Welche Arbeit ?
Wir haben uns schon daran gewöhnt, alle schwierigen Dinge den Amerikanern zu überlassen, für uns hört die Welt an den Säulen des Herakles auf. Flüchtlinge kommen entsprechend aus dem Nichts, völlig überraschend. Brüssel könnte aber eine Fact-Finding-Commission bilden, da hat man schon Erfahrung.
Stimmt genau: Gefahr erkannt; das nennt man eine Bedrohungslage, auf die Streitkräfte sich einstellen müssen. Eine glaubwürdige Zweitschlagsfähigkeit wird hoffentlich den Erstschlag zu einem äußerst dummen letzten Akt der Verzweiflung machen. Von uns aus niemals ein Erstschlag als offen verkündete Doktrin. Frau von der Leyen, übernehmen Sie, dafür haben wir Sie gewählt!
Was nützt denn die Zweitschlagsfähigkeit, wenn man Verrückten die Möglichkeit des Erstschlages an die Hand gibt ?
Das ist ungefähr so, als ließe man einen Blinden in dem Gedanken Bus fahren, wenn ein Unfall passiert, könne man ja den Führerschein entziehen.
Kurz und knapp - Permissivitätspolitik ist Hochrisiko-Politik.
Mag richtig sein; glaube ich sogar. Nur waren unsere Streitkräfte dort nicht im Einsatz. Da sehe ich auch keine versäumte Aufgabe für Deutschland. Unser Staatsgebiet hat sich verkleinert und unsere Streitkräfte hat General Naumann schon ganz richtig beschrieben. Was nicht geht, das geht nicht.
Klar wäre etwas gegangen. Doch stattdessen hat man jetzt mit der Flüchtlingskrise angefangen, initiativ zu werden. Man spricht miteinander, man kooperiert mit der libyschen Küstenwache. Kleine Schritte eben und späte Schritte, aber doch eine Messerspitze mehr als gar nichts.
Wir werden nun einmal politisch geführt von einer demokratisch ermittelten Bundesregierung und einem demokratisch gewählten Parlament. Generäle sind sicher militärisch geschulte Fachleute, die man auf diesem Gebiet so braucht wie Wirtschaftswissenschaftler im Kreis der Wirtschaftsweisen. Ich höre allen diesen Fachleuten gern aufmerksam zu, aber meine politische Meinung erarbeite ich mir nach alledem in eigener Verantwortung. Also, die Leute haben Recht, und unsere Bundesregierung sollte mit aller Kraft dafür sorgen, daß unsere äußere Sicherheit durch unsere Streitkräfte gewährleistet ist, daß sie der Bedrohungslage entsprechend aufgebaut und ausgestattet ist.
Wir wollten uns aber eigentlich über die "Europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik" austauschen. Dazu hätte der erste Absatz ausgereicht. Oder haben unsere Generäle auch dazu umsetzbare Vorschläge zur Hand?
Das ist eine Frage von Öffentlichkeitsarbeit. Die Wähler und Staatsbürger sind keine kleinen Kinder, denen man erzählen müsste, es könne gar nichts passieren und es gäbe auch gar nichts zu tun. Im Gegenteil, es wäre sogar wichtig, die Resilienz zu ertüchtigen.
Wenn man die Wölfe schon anfüttert, sollte man auch darauf vorbereiten, dass die Wölfe kommen.
Der Diskurs über Flüchtlingspolitik erscheint mir stark philosophischer Natur. Die Grundlagen sollten vielleicht auch mal geklärt werden, in den dazu nötigen Exkursen. Die einen wollen Girlanden aufhängen, die andern Gartenzäune errichten - das Thema steckt m. E. noch sehr in den Kinderschuhen. Sozusagen.
Jemand wie General Domröse muss da wie jemand von einem anderen Stern erscheinen. Wie versprochen, ein kleines Zitat des Nämlichen:
"Wir müssen auch Feuer bei unseren Nachbarn militärisch austreten, sonst bleibt nur Elend und Menschen, die die Flucht antreten", sagt der deutsche Nato-General Hans-Lothar Domröse.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/n ... 61105.html
Sie haben aber natürlich Recht damit, wenn Sie meinen, Militärs denken eben grundsätzlich anders wie Politiker. Für einen Domröse ist das eher eine technisch-operative Frage und das politische Primat ist gar nicht zu kommentieren. Für die Politik ist wiederum das Entscheidende, was in den Abendnachrichten kommt. Das sind zwei sehr verschiedene Dinge.