Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 Jan 2021, 10:59)

Wie naiv sind sie eigentlich? 1 Monat Verzögerung bei der Herdenimmunität verursacht alleine im Bereich Wirtschaft in Deutschland einen Schaden von ca 40 Mrd €, von seelischen und körperlichen Leid inklusive Todesfälle ganz zu schweigen. Die EU wird aus diesem selbst verursachten Desaster massivst geschwächt hervorgehen. Und hoffentlich werden die Nationalstaaten schnellstmöglich alle Kompetenzen die wichtig sind, wieder in die Heimatländer zurückholen.
Ich kann nur hoffen, daß niemand auf diese Sirenenklänge hereinfallen wird. Einigkeit macht stark. Sie predigen: "Einigkeit ist dumm!" Na, was soll's.
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 Jan 2021, 11:09)

Ich kann nur hoffen, daß niemand auf diese Sirenenklänge hereinfallen wird. Einigkeit macht stark. Sie predigen: "Einigkeit ist dumm!" Na, was soll's.
Die Briten fühlen sich mit dem Brexit jedenfalls bestätigt.

"Die EU-Kommission macht im Streit um die Lieferverzögerung des AstraZeneca-Impfstoffs gerade die beste Werbung für den Brexit: Sie agiert langsam, bürokratisch und protektionistisch. Und wenn etwas schiefläuft, sind die anderen schuld. So sehen viele Britinnen und Briten die EU und so bestätigten sich Anfang der Woche die Vorurteile. "Jetzt verstehe ich den Brexit besser", sagte ein Mitarbeiter von AstraZeneca im Fernsehen." Quelle: https://www.zeit.de/amp/politik/ausland ... britannien

Die Versager-EU sollte froh sein wenn ihr nicht weitere Staaten von der Stange gehen. Und sich nur auf das beschränken wovon sie was versteht. Zurück zur Wirtschaftsunion!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 Jan 2021, 11:36)

Die Briten fühlen sich mit dem Brexit jedenfalls bestätigt.

"Die EU-Kommission macht im Streit um die Lieferverzögerung des AstraZeneca-Impfstoffs gerade die beste Werbung für den Brexit: Sie agiert langsam, bürokratisch und protektionistisch. Und wenn etwas schiefläuft, sind die anderen schuld. So sehen viele Britinnen und Briten die EU und so bestätigten sich Anfang der Woche die Vorurteile. "Jetzt verstehe ich den Brexit besser", sagte ein Mitarbeiter von AstraZeneca im Fernsehen." Quelle: https://www.zeit.de/amp/politik/ausland ... britannien

Die Versager-EU sollte froh sein wenn ihr nicht weitere Staaten von der Stange gehen. Und sich nur auf das beschränken wovon sie was versteht. Zurück zur Wirtschaftsunion!
Das dürfen Sie hier so oft wiederholen wie Sie möchten; ich bleibe dabei, daß Gemeinschaft in den meisten Fällen besser ist als ständige Vorteilssuche. Insofern ist das europäische Projekt und die EU durch nichts zu ersetzen. Niemand muß in der EU bleiben; der Brexit zeigt es doch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Es ist schlimm, dass sich die Überdehnung der EU ausgerechnet in der Pandemie mit dramatischen Folgen zeigt.

Es wäre an der Zeit zu Vernunft zu kommen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Allerdings bin ich skeptisch, ob sich die Vernunft durchsetzt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(31 Jan 2021, 05:55)

Es ist schlimm, dass sich die Überdehnung der EU ausgerechnet in der Pandemie mit dramatischen Folgen zeigt.

Es wäre an der Zeit zu Vernunft zu kommen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Allerdings bin ich skeptisch, ob sich die Vernunft durchsetzt.
Au ja, ich möchte auch die richtigen und nur vernünftigen Schlüsse ziehen. Und die wären dann welche? ;)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Gin-Tonic »

H2O hat geschrieben:(30 Jan 2021, 09:55)

Mit Ihren Aussagen heißen Sie letztlich Foulspiel gut. Mit mir nicht. Ich will gemeinschaftliche Lösungen und Fairness. Ich lobe die EU und die Bundeskanzlerin ausdrücklich dafür, daß sie keinen Wettlauf um die größte Zuteilung von Impfstoff zugelassen haben, sondern eine Gemeinschaftslösung angestrebt haben. Die Kanzlerin hat unseren Gesundheitsminister zurück gepfiffen, als der gleich auf eigene Faust Impfstoff beschaffen wollte. Die Gemeinschaft lebt durch die EU und ihre geballte wirtschaftliche und politische Macht. Mit der Exportgenehmigung von Impfstoff kommt nun ein wenig "take back control" ins Spiel; Brexit auf europäisch. Wollte so niemand, ist aber notwendig.
Die EU WAR eine politische und wirtschaftliche Macht!

Heute?

-Für Unternehmen und Arbeitnehmer mit die höchsten Abgaben weltweit
-Für Industrieunternehmen die höchsten Auflagen und man arbeitet weiter an der Schredderung der Industrie
-Als sogenannte "Global Player" arbeitet man an Abschottungsmassnahmen, natürlich nur aus "umwelttechnischen" Gründen (Stichwort CO2 Zoll für importierte Produkte), da man für schreiende Kinderlein an Punkt 2 arbeitet
-Unternehmen haben einen, im Vergleich zu den USA, deutlich schlechteren Zugang zu Kapital da man es nicht fertig bringt die Kapitalmärkte zu reformieren. Stattdessen will man noch mehr Auflagen (MIFID) die die Masse der Kleinanleger ausgrenzt. Zudem will das Parlament eine Finanztransaktionssteuer, was die ohnehin schwache Börsenkapitalisierung der EU Firmen noch weiter schwächt (die Konsequenzen sollten bekannt sein)
-Man vereinbart ein Investitionsabkommen mit China, das den Europäern keinen wirklichen Investitionsschutz bietet, die IP noch immer nicht schützt und auch sonst keinen einzigen der vielbeschworenen Werte der EU einbezieht. Arbeitslager, Unterdrückung der freien Meinung, alles OK, solange VW da ein paar Polos mehr verkaufen kann?
-Wenn man sich die Seite des EU Parlaments ansieht wird da 3 Tage die Woche (scheisse ich muss 5-6 Tage die Woche arbeiten) über Sachen diskutiert die 99,99% der EU Bürger NIE betreffen werden. Politik der Politik Willens? (*Ironie an* Wir haben bald Richtlinien zum Umgang mit multitransexuellexoethischen Rotationseuropäern :D *Ironie off*)

Ich könnte noch Stunden weiterfahren... Ich liebe die "geeinigte" EU, ich liebe es mich in jedem einzelnen Land irgendwie doch zu Hause zu fühlen (mehrsprachig noch einfacher :) ). Aber was wirtschaftlich und politisch da fabriziert wurde, und WER da was zu sagen hat, da graut es mir. (ich stelle mir grad eine EU Armee unter FlintenUschis Kommando vor, da würde ja jeder Schützenverein mit besoffenen Bauern mehr Schutz bieten :D)

Zum Thema Impfstoff gibt es einen eigenen Strang, dort wurde das Versagen schon dokumentiert und diskutiert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Sie haben als Unionsbürger jederzeit die Möglichkeit, sich auf europäischer Ebene politisch in Ihrem Sinne zu betätigen. Natürlich dürfen Sie auch sämtliche handelnden Personen der EU politisch in die Tonne treten. Und nun 'mal los! Sie dürfen sich natürlich nicht davor fürchten, daß Sie dann von anderen ewig Unzufriedenen in die gleiche politische Tonne getreten werden. :)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Gin-Tonic »

die übliche Floskel :) Ich bin in einer Partei und helfe da auch aktiv mit, und natürlich bringe ich meine Vorstellungen mit ein. Die meisten dürften froh sein dass ich KEINEN Politikerposten in der EU inne habe, hier im Forum wäre die politische Tonne dann zu klein :D da ich als hier wohl als neokapitalistischer Wirtschaftsliberaler gelten würde. Auf einem Kontinent der mit 10 Jahresplänen arbeitet und von Verträgen (und dessen Einhaltung) keine Ahnung hat wäre es wohl auch schwer ein Amt zu bekommen, das kommt davon wenn die 80% der Queralimentierten die Mehrheit sind und dementsprechend auch das Plenum aussieht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Gin-Tonic hat geschrieben:(31 Jan 2021, 09:23)

die übliche Floskel :) Ich bin in einer Partei und helfe da auch aktiv mit, und natürlich bringe ich meine Vorstellungen mit ein. Die meisten dürften froh sein dass ich KEINEN Politikerposten in der EU inne habe, hier im Forum wäre die politische Tonne dann zu klein :D da ich als hier wohl als neokapitalistischer Wirtschaftsliberaler gelten würde. Auf einem Kontinent der mit 10 Jahresplänen arbeitet und von Verträgen (und dessen Einhaltung) keine Ahnung hat wäre es wohl auch schwer ein Amt zu bekommen, das kommt davon wenn die 80% der Queralimentierten die Mehrheit sind und dementsprechend auch das Plenum aussieht.
Sie beginnen also gleich mit einer Kapitulation. Ja, ja, demokratische Verfahren sind schwierig, wenn jemand die Menschen auf Vordermann bringen möchte. Das haben Sie schon ganz richtig erkannt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Europa2050 »

Senexx hat geschrieben:(27 Jan 2021, 09:44)

Frau vdL ist noch nicht lange im Amt und hat nun erste Proben ihres Nichtkönnens abgegeben. Wir durften ihrer Unfähigkeit ja lange im Verteidigungsministerium zusehen.

Inzwischen frage ich mich, ob sie durchhält oder irgendwann zurücktreten muss.

Dann gäbe es einen neuen Kommissionschef. Und das wird, auf Jahre, kein Deutscher sein. Sondern vermutlich ein Franzose.

Die Franzosen könnten vdL aber auch im Amt belassen. Eine schwache Kommissionschefin ist durchaus in ihrem Sinne.
Richtig, und da kann es nur einen geben - kommt aus den Bergen und hat den arroganten Brittenpinkeln (ich meine die Politiker und nicht die Menschen!) gezeigt, wo der Bartel den Most holt - Barnier.

Wobei die Frau Vestager das definitiv auch drauf hätte, aber eine Liberale als Kommisionscheffin wäre bei den Linken und rechten Gschaftlhubern ja nie gegangen...

Wir hätten schon die Leute, schließlich ist das Reservoir ja größer als nur Deutschland...
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Europa2050 hat geschrieben:(31 Jan 2021, 09:31)

Richtig, und da kann es nur einen geben - kommt aus den Bergen und hat den arroganten Brittenpinkeln (ich meine die Politiker und nicht die Menschen!) gezeigt, wo der Bartel den Most holt - Barnier.

Wobei die Frau Vestager das definitiv auch drauf hätte, aber eine Liberale als Kommisionscheffin wäre bei den Linken und rechten Gschaftlhubern ja nie gegangen...

Wir hätten schon die Leute, schließlich ist das Reservoir ja größer als nur Deutschland...
Genau so ist das gelaufen. Bei Herrn Barnier konnte Präsident Macron nicht sicher sein, ob er auch noch Frau Lagarde in Stellung bringen könnte. Das hat er schon sehr klug eingefädelt, chapeau!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Euractiv 9. März 2021 „Digitale Dekade“: Kommission stellt Ziele für europäische Datensouveränität vor
https://www.euractiv.de/section/digital ... itaet-vor/
"Diese Verlagerung von zentralisierten Clouds hin zu neuen Datenverarbeitungstechnologien rund um das sogenannte „Edge Computing“ erfordere daher auch eine Erhöhung der Investitionen und einen Anstieg der Neuentwicklungen...
Zur Erreichung der neuen Ziele sei vor allem das Erreichen von Verbindungen im Gigabit-Bereich bis 2030 von zentraler Bedeutung, schreibt die Kommission weiter. Dabei solle der Schwerpunkt auf dem Ausbau von Festnetz- und Mobilfunktechnologien, einschließlich 5G und 6G, liegen...
Hier wünscht sich die Kommission, dass die Produktion von hochmodernen und nachhaltigen Halbleitern in Europa, einschließlich Prozessoren, bis 2030 „wertmäßig mindestens 20 Prozent der Weltproduktion“ ausmacht...
Im Bereich Qualifikationen und Beschäftigung möchte die Kommission die Zahl von „20 Millionen beschäftigten IKT-Spezialisten in der EU erreichen, wobei sich die Anteile von Frauen und Männern in der Branche annähern sollten“...
Im öffentlichen Sektor müssten zukünftig alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu elektronischen Krankenkarten und -akten haben; die Online-Bereitstellung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen für Unternehmen und die Allgemeinbevölkerung soll bei 100 Prozent liegen; und mindestens 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sollen 2030 eine „elektronische europäische Identifikationslösung“ nutzen."

Es gibt auch noch andere Themen als Corona-Versäumnisse.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

„Digitale Dekade“
Dieser Plan kann nur gelingen, wenn die Kräfte des freien Weltmarkts aus der EU heraus gehalten werden können. Ansonsten entstehen Lieferketten, die zunächst für das in der EU ansässige Unternehmen wirtschaftliche Vorteile bieten, aber doch allmählich dazu führen, daß Unternehmen in autoritär geführten Staaten immer größere Anteile der Wertschöpfung übernehmen, ihre Technologie verbessern und ausbauen... und am Ende den ursprünglichen Auftraggeber aufkaufen.

Die Absichtserklärung ist kein Selbstläufer. Um das Ziel in der EU überhaupt erreichen zu können, sind sehr klare Vorgehenskonzepte zu entwickeln und vermutlich mit erheblichem Druck gegen innere und äußere Widerstände innerhalb der EU durch zu setzen. Aus meiner Sicht fehlt aber der innere Zusammenhalt der EU, der sich auf einen gemeinsamen Willen einigen ließe. Allein schon die nationale Beschaffungspolitik der EU-Staaten wird verhindern, daß drei wirklich beherrschende Hersteller über die angestrebten Fähigkeiten in der Forschung, Entwicklung, Herstellung und im Management verfügen. Der heutige Zustand der EU auf diesem überlebenswichtigen Gebiet ist schließlich doch kein Zufall!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wähler hat geschrieben:(09 Mar 2021, 16:23)

Euractiv 9. März 2021 „Digitale Dekade“: Kommission stellt Ziele für europäische Datensouveränität vor
https://www.euractiv.de/section/digital ... itaet-vor/
"Diese Verlagerung von zentralisierten Clouds hin zu neuen Datenverarbeitungstechnologien rund um das sogenannte „Edge Computing“ erfordere daher auch eine Erhöhung der Investitionen und einen Anstieg der Neuentwicklungen...
Zur Erreichung der neuen Ziele sei vor allem das Erreichen von Verbindungen im Gigabit-Bereich bis 2030 von zentraler Bedeutung, schreibt die Kommission weiter. Dabei solle der Schwerpunkt auf dem Ausbau von Festnetz- und Mobilfunktechnologien, einschließlich 5G und 6G, liegen...
Hier wünscht sich die Kommission, dass die Produktion von hochmodernen und nachhaltigen Halbleitern in Europa, einschließlich Prozessoren, bis 2030 „wertmäßig mindestens 20 Prozent der Weltproduktion“ ausmacht...
Im Bereich Qualifikationen und Beschäftigung möchte die Kommission die Zahl von „20 Millionen beschäftigten IKT-Spezialisten in der EU erreichen, wobei sich die Anteile von Frauen und Männern in der Branche annähern sollten“...
Im öffentlichen Sektor müssten zukünftig alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu elektronischen Krankenkarten und -akten haben; die Online-Bereitstellung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen für Unternehmen und die Allgemeinbevölkerung soll bei 100 Prozent liegen; und mindestens 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sollen 2030 eine „elektronische europäische Identifikationslösung“ nutzen."

Es gibt auch noch andere Themen als Corona-Versäumnisse.
Das große Geld geht allerdings - nach meinem flüchtigen Eindruck - erst und vor allem in die Entwicklung von Superrechnern (EuroHPC-Programm) und weniger in Edge-Computing. 8 Milliarden sind für drei Rechner der "Vor-Exa-Klasse" (>10^17 Ops pro Sekunde) für die Top 5 der Welt und weitere fünf Peta-Rechner (>10^15 Ops pro Sekunde) für die Top 50 der Welt in der EU vorgesehen. Die Anwendungsgebiete sind klar: KI, Big Data Analyse, Robotik, Genetik, Forschung. Modellierung von Epidemieausbreitungsszenarien natürlich auch. Wie man für jetzt aber von diesen zweifellos beeindruckenden Digitalplänen zu dem kommt was Binnenmarktkommisar so beschreibt: "Wir [in Europa] müssen dafür sorgen, dass wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen können." Er spricht davon, dass man Hochleistungsrechnerkapazitäten innerhalb der EU so änhlich anbieten werde, wie man "Strom" anbietet und EU-weit verteilt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Letzte Woche startete ja die "Konferenz zur Zukunft Europas". Ein Punkt, der eigentlich wie die Faust aufs Auge zu diesem Diskussionsthread passt. Erst einmal gab es Ärger: Der Belgische Ex-Premier und EU-Brexit-Chefunterhändler Verhofstadt sollte sie ursprünglich leiten. Dann sagten die nationalen Regierungen "Nein" und es gab etliches Gezänk. Nun wird die Zukunft Europas von allen drei Machtzentren - Parlament, Rat und Kommission geleitet. Bürger sollen ihre Meinung kundtun. Ah ja!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2021, 18:21)

Nun wird die Zukunft Europas von allen drei Machtzentren - Parlament, Rat und Kommission geleitet.
Dann ist ja schon klar was rauskommt. Ergebnisoffen kann die Diskussion über die Zukunft gar nicht mehr sein, keine dieser drei Gremien wird seine eigene Abschaffung möglich machen. Die Krake EU will sich weiter ausbreiten, egal ob das den Bürgern passt oder nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Orbiter1 hat geschrieben:(15 Mar 2021, 18:39)

Dann ist ja schon klar was rauskommt. Ergebnisoffen kann die Diskussion über die Zukunft gar nicht mehr sein, keine dieser drei Gremien wird seine eigene Abschaffung möglich machen. Die Krake EU will sich weiter ausbreiten, egal ob das den Bürgern passt oder nicht.
Naja. Auch wenn diese Bemerkung wahrscheinlich ironisch gemeint war. Es wäre schon schön, wenn diese Diskussion ein wenig mehr Öffentlichkeit bekommen würde.

Dem von oben organisierten "Kongress für die Zukunft Europas" stehen von unten organsierte Initiativen wie das "European Democracy Lab - Reloading Europe" gegenüber. Keine Frage für mich, wohin meine Sympathie geht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Da lebt man nun in Polen, liest eifrig die Gazeta Wyborcza und nun dieses: In der Rzeczpospolita wird lang und breit vom Besuch des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron berichtet. Keine Silbe darüber in der Gazeta Wyborcza.

Na gut, die Leute haben Prioritäten. Die Rzeczpospolita berichtet, daß der Premier als glühender Anhänger der europäischen Einigung im Elyseepalast vorgesprochen hat, also die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit der EU-Partner voran bringen will. So will der Premier, daß Polen sich an der europäischen Verteidigung beteiligen will, also dem Eurocorps beitreten möchte, um an gemeinsamen europäischen Einsätzen mit zu wirken. Polen will sich auch an gemeinsamen technischen Entwicklungen beteiligen... was ja heißen wird, daß das Land an Projekten mitwirken möchte, die Deutschland und Frankreich schon auf den Weg gebracht haben. Weiterhin war dort zu lesen, daß Präsident Macron durch deutsche Einreden davon abgekommen sei, die vertiefte Zusammenarbeit ohne Polen zu betreiben. Das sind doch wirklich gute Nachrichten für überzeugte Europäer. Vielleicht wird so ja doch noch etwas aus dem "Weimarer Dreieck", das eine besonders enge Zusammenarbeit Frankreichs, Polens und Deutschlands entwickeln wollte.

Ein anderes Thema war die derzeit um sich greifende Pandemie... und der Mangel an Impfstoffen. Da wollen beide, Frankreich und Polen, versuchen, auf eine europäische Autarkie auf diesem Gebiet hin zu arbeiten. Kein Wort davon, daß das Vorhaben ohne den Partner Deutschland begonnen werden soll. Polen will auch seine gemeinsame "digitale Zukunft" mit Frankreich gestalten, also das Netz 5G mit französischer Zuarbeit aufbauen. Schließlich kam noch die Energiewende ins Gespräch, als zarte Anfrage des polnischen Premiers nach einer Zusammenarbeit für Atomkraftwerke in Polen.. Da zeigte sich der französische Präsident sehr zurückhaltend mit Hinweis auf den notwendigen zeitlichen Vorlauf.

Insgesamt ein Gesprächsverlauf, in dem das Wort "Deutschland" nicht ein einziges Mal vorkam, aber so verfaßt, daß der polnische Premier Morawiecki nahezu zwingend das Gespräch mit der Bundesregierung suchen sollte. Das Gespräch kann ja frühestens mit der neuen Bundesregierung nach den Bundestagswahlen gesucht werden... also Anfang 2022. Aber warum soll der Premier nicht schon vorher ein ähnliches Gespräch mit der niederländischen Regierung suchen, um deren Erfahrung mit der Zusammenarbeit mit den deutschen Nachbarn zu erkunden?

Quelle: Rzeczpospolita online-Ausgabe 2021-03-20 "Przywiązanie do Unii połączyło Morawieckiego i Macrona" "Verbundenheit zur Union einte Morawiecki und Macron"
https://www.rp.pl/Dyplomacja/303179894- ... crona.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Ja genau, lasst mal die Deutschland hassenden, LGBT diskriminierenden, Flüchtlinge/Solidarität verweigernden und auf Rechtsstaatlichkeit verzichtenden Nettoempfänger aus Polen vorschlagen, wie die EU vorangebracht werden kann.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Mar 2021, 20:07)

Ja genau, lasst mal die Deutschland hassenden, LGBT diskriminierenden, Flüchtlinge/Solidarität verweigernden und auf Rechtsstaatlichkeit verzichtenden Nettoempfänger aus Polen vorschlagen, wie die EU vorangebracht werden kann.
Keinesfalls, sonst wollen am Ende die Briten zurück in die EU!
:?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Theophan »

H2O hat geschrieben:(20 Mar 2021, 19:39)

Da lebt man nun in Polen, liest eifrig die Gazeta Wyborcza und nun dieses: In der Rzeczpospolita wird lang und breit vom Besuch des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron berichtet. Keine Silbe darüber in der Gazeta Wyborcza.

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Sehen Sie, mit einer Zeitung allein kommt man nicht weit.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Theophan hat geschrieben:(21 Mar 2021, 14:59)

Sehen Sie, mit einer Zeitung allein kommt man nicht weit.
Zu meinem Erstaunen: Ja. Aber Sie sehen ja, daß mich das erstaunt... eben weil ich schon von Zeit zu Zeit auch in der Rzeczpospolita online-Ausgabe lese. Meist bearbeiten beide Blätter ziemlich gleiche Themen. Zum Journalismus gehört aus meiner Sicht auch die Auswahl von Nachrichten. Die Gazeta Wyborcza hat offenbar dem Thema geringere Bedeutung zugewiesen als einem ziemlich unangenehmen Fall von politischer Geschaftelhuberei.

Davon abgesehen... ich fände es gut, wenn polnische Politiker in Berlin ein und aus gingen, so wie das mit französischen Kollegen einschließlich Gegenbesuch üblich ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(21 Mar 2021, 15:40)

Zu meinem Erstaunen: Ja. Aber Sie sehen ja, daß mich das erstaunt... eben weil ich schon von Zeit zu Zeit auch in der Rzeczpospolita online-Ausgabe lese. Meist bearbeiten beide Blätter ziemlich gleiche Themen. Zum Journalismus gehört aus meiner Sicht auch die Auswahl von Nachrichten. Die Gazeta Wyborcza hat offenbar dem Thema geringere Bedeutung zugewiesen als einem ziemlich unangenehmen Fall von politischer Geschaftelhuberei.
Auch in deutschen Medien wird dem Besuch Morawieckis in Frankreich offenbar recht geringe Bedeutung beigemessen. Ich konnte jedenfalls nur im Ärzteblatt was dazu finden... ;)

Irgendwie regt sich in mir der Verdacht, dass diese polnisch-französische Treffen eher dazu diente, ein bisschen von dem zerschlagenen Porzellan nach Polens Veto wieder zu kitten.

Ansonsten stimme ich völlig zu: Es wäre mehr als wünschenswert, wenn die feste Achse Paris-Berlin bis Warschau erweitert würde. Ich fürchte nur, dass das erst nach der Abwahl der PIS möglich sein wird.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Mar 2021, 15:40)

Davon abgesehen... ich fände es gut, wenn polnische Politiker in Berlin ein und aus gingen, so wie das mit französischen Kollegen einschließlich Gegenbesuch üblich ist.
Es reicht wenn die polnischen Politiker ihre Reparationsforderungen per Post schicken. Wir können sie auch alleine in der Papiertonne entsorgen. Im übrigen schließt sich da gerade sowieso ein Fenster. Merkel ist in wenigen Monaten weg und der Nachfolger kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit von den Grünen. In deren 137-seitigen Wahlprogramm kommt das Wort "Europa" 247 mal vor, das Wort "Polen" 1 mal.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Mar 2021, 17:28)

Es reicht wenn die polnischen Politiker ihre Reparationsforderungen per Post schicken. Wir können sie auch alleine in der Papiertonne entsorgen. Im übrigen schließt sich da gerade sowieso ein Fenster. Merkel ist in wenigen Monaten weg und der Nachfolger kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit von den Grünen. In deren 137-seitigen Wahlprogramm kommt das Wort "Europa" 247 mal vor, das Wort "Polen" 1 mal.
Bisher ist die politische Bedeutung von "Europa" die Kurzform für die Gemeinschaft von 27 demokratisch geführten Staaten der EU. Da ist Polen ganz selbstverständlich enthalten, wenn das Land sich nicht zum Polexit entschließt. Wenn Sie meinen, daß DIE GRÜNEN sich weniger dem europäischen Projekt verpflichtet fühlen, dann will ich Sie nicht daran hindern. ;)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

...dass dieses polnisch-französische Treffen eher dazu diente, ein bisschen von dem zerschlagenen Porzellan nach Polens Veto wieder zu kitten.
Nein, da lag noch viel mehr im Argen! Etwa im Streit um die Aufnahme von Flüchtlingen. Der Bruch der dreigeteilten Macht demokratischer Institutionen hat auch Frankreich nachhaltig erbost... sah man sich doch traditionell Polen verbunden, schon um das Deutsche Reich ein zu hegen. Die deutsch-französische Aussöhnung hat das Gefühl inzwischen gedämpft. Da hätten die Franzosen die Polen am liebsten vor die Tür gesetzt. Polen gilt weithin als streitsüchtiger Partner, der letzten Endes nur die EU abmelkt. Da ist es schon erfreulich, wenn von polnischer Seite der Versuch einer Annäherung gemacht wird. Natürlich müssen dann auch Änderungen in der polnischen Mitwirkung am europäischen Projekt folgen.

Die polnische Regierungskoalition um die PiS-Partei herum hat ein Zukunftsprogramm "Nowy Ład" (Neue Ordnung; vermutlich sinngemäß besser übersetzt als "Neue Ziele") aufgelegt, das heute verkündet werden soll. Die vorab schon verkündeten 10 Leitsätze sehen nirgendwo "Europa" vor.

Wenn das Programm ohne Verzahnung mit "Europa" bleibt, dann hätte der Premierminister Morawiecki auch in Warschau bleiben können. Ich bleibe da auch am Ball!

Lassen wir uns angenehm überraschen!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Mar 2021, 18:39)

Bisher ist die politische Bedeutung von "Europa" die Kurzform für die Gemeinschaft von 27 demokratisch geführten Staaten der EU. Da ist Polen ganz selbstverständlich enthalten, wenn das Land sich nicht zum Polexit entschließt. Wenn Sie meinen, daß DIE GRÜNEN sich weniger dem europäischen Projekt verpflichtet fühlen, dann will ich Sie nicht daran hindern. ;)
Die Grünen haben Vorstellungen zu Europa die so ziemlich das exakte Gegenteil von den Vorstellungen der PiS zu Europa sind. Das sowieso vollkommen bedeutungslose Weimarer Dreieck wird mit den Grünen ganz sicher nicht belebt. Mit der PiS aber definitiv auch nicht. Morawiecki wollte sich in Paris halt auch mal wichtig fühlen. Nettoempfänger, die nicht mal den Euro als Währung haben, sind das aber de facto sowieso nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Mar 2021, 20:02)

Die Grünen haben Vorstellungen zu Europa die so ziemlich das exakte Gegenteil von den Vorstellungen der PiS zu Europa sind. Das sowieso vollkommen bedeutungslose Weimarer Dreieck wird mit den Grünen ganz sicher nicht belebt. Mit der PiS aber definitiv auch nicht. Morawiecki wollte sich in Paris halt auch mal wichtig fühlen. Nettoempfänger, die nicht mal den Euro als Währung haben, sind das aber de facto sowieso nicht.
Als Dauergast in Polen erlebe ich hier nur erfreuliche Überraschungen. Ihre in nahezu jeder Richtung wütenden Abwertungen kann ich sehr leicht ertragen, wenn es um Polen geht. Die Leute sind ganz in Ordnung... sprechen nur die falsche Sprache und leben am falschen Ort. Ich weiß es also besser, will Sie aber keineswegs belehren.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Mar 2021, 20:09)

Als Dauergast in Polen erlebe ich hier nur erfreuliche Überraschungen. Ihre in nahezu jeder Richtung wütenden Abwertungen kann ich sehr leicht ertragen, wenn es um Polen geht. Die Leute sind ganz in Ordnung... sprechen nur die falsche Sprache und leben am falschen Ort. Ich weiß es also besser, will Sie aber keineswegs belehren.
Es sind Ihre freundlichen Polen die seit Jahren die PiS zur stärksten politischen Kraft in Polen machen. Und die PiS nimmt die 12 Mrd € Nettozahlungen im Jahr gerne und scheißt ansonsten auf die EU und ihre Werte. Auf solche Mitglieder kann die EU verzichten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Mar 2021, 20:42)

Es sind Ihre freundlichen Polen die seit Jahren die PiS zur stärksten politischen Kraft in Polen machen. Und die PiS nimmt die 12 Mrd € Nettozahlungen im Jahr gerne und scheißt ansonsten auf die EU und ihre Werte. Auf solche Mitglieder kann die EU verzichten.
Das können Sie in Ihrem Wahn ja gern tun. Ich spiele dabei nicht mit, sondern werde versuchen, die Leute hier von den vernünftigen Zielen des europäischen Projekts zu überzeugen. Meist renne ich da offene Türen ein. Derzeit weniger, weil nach Erreichen der Zone Rot Hausarrest geboten ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Bundesverfassungsgericht stoppt (vorläufig) Corona-Aufbaufonds der EU
s.z.B.:https://www.faz.net/aktuell/politik/inl ... 65145.html

Was ich daran nicht verstehe: Wieso haben Bundestag und Bundesrat solange dazu gebraucht, dem Aufbaufonds zuzustimmen? Ich dachte, das Geld würde dringend benötigt.

Wie sieht es mit der Zustimmung der Parlamente in den anderen EU-Ländern aus?
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Maikel hat geschrieben:(27 Mar 2021, 10:05)

Bundesverfassungsgericht stoppt (vorläufig) Corona-Aufbaufonds der EU
s.z.B.:https://www.faz.net/aktuell/politik/inl ... 65145.html

Was ich daran nicht verstehe: Wieso haben Bundestag und Bundesrat solange dazu gebraucht, dem Aufbaufonds zuzustimmen? Ich dachte, das Geld würde dringend benötigt.

Wie sieht es mit der Zustimmung der Parlamente in den anderen EU-Ländern aus?
Hier geht es um ein EU-Projekt und da ist erst einmal Trägheit angesagt, egal wie groß die Not ist (s. Impfstoffbeschaffung). Da die EU-Kommission bei der Vergabe der Hilfsgelder mitreden will, müssen die EU-Mitgliedstaaten erst mal entsprechende Vorschläge zur Genehmigung einreichen. Das soll Ende April soweit sein. Aufgrund des Mitspracherechts der EU-Kommission besteht ausschließlich Interesse an den 312,5 Mrd € Hilfsgeldern die man geschenkt bekommt (und von den Geberländern wie Deutschland finanziert werden müssen). Die EU-Kommission wird also keine Kredite zur Verfügung stellen müssen um auf ein Gesamthilfspaket von 750 Mrd € zu kommen. Lieber zahlen die Nehmerländer höhere Zinsen und bestimmen selbst, was mit dem Geld passiert. So groß ist die Not dann offensichtlich auch wieder nicht. Man darf gespannt sein mit welcher Kasperle-Begründung das Bundesverfassungsgericht dieses mal die gemäß EU-Vertrag absolut ausgeschlossene, aber de facto bestehende EU-Schuldenunion leugnet und die Aktion durchwinkt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ich sehe in der Umlage von Schulden nichts Schlimmes, wenn das angepeilte Ergebnis allen Partnern nützt... wie hier bei der Überwindung der Pandemie-Folgen. Ich könnte mir allerdings ein Stimmrecht im EU-Ministerrat vorstellen, das an die Beitragshöhe der Partner gebunden ist. Ich finde es nämlich auch ärgerlich, wenn Dritte darüber bestimmen, was mit meinen Beiträgen geschieht. Vermutlich ist mein Gedankengang völlig undemokratisch; aber ich glaube, daß alle Demokratien dieser Welt einmal so angefangen haben. Warum also auch nicht die EU als Föderation? :thumbup:
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Maikel hat geschrieben:(27 Mar 2021, 10:05)

Was ich daran nicht verstehe: Wieso haben Bundestag und Bundesrat solange dazu gebraucht, dem Aufbaufonds zuzustimmen? Ich dachte, das Geld würde dringend benötigt.

Wie sieht es mit der Zustimmung der Parlamente in den anderen EU-Ländern aus?
Witzigerweise steht ausgerechnet beim großen Mrd-Geschenke-Empfänger Polen die Zustimmung im Parlament auf der Kippe. Der PiS-Koalitionspartner Solidarna Polska, der auch den Justizminister stellt, weigert sich seit Wochen der Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds zuzustimmen. Ob die Opposition unter Zugeständnissen politischer Forderungen dazu bereit ist, muss man abwarten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 Mar 2021, 15:07)

Witzigerweise steht ausgerechnet beim großen Mrd-Geschenke-Empfänger Polen die Zustimmung im Parlament auf der Kippe. Der PiS-Koalitionspartner Solidarna Polska, der auch den Justizminister stellt, weigert sich seit Wochen der Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds zuzustimmen. Ob die Opposition unter Zugeständnissen politischer Forderungen dazu bereit ist, muss man abwarten.
Dass Polen eher bereit ist, sich an Buchstaben und Geist des Maastrichtvertrages zu halten, als die EU selber und ihre "Muster"-Länder, zeigt, wie verrottet diese Institution inzwischen ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

Olaf Scholz spricht sich für eine EU-Armee aus. Denke jetzt kommt Deutschland langsam auf die Schurkenliste der USA. ;)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 Mar 2021, 15:07)

...Der PiS-Koalitionspartner Solidarna Polska, der auch den Justizminister stellt, weigert sich seit Wochen der Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds zuzustimmen. Ob die Opposition unter Zugeständnissen politischer Forderungen dazu bereit ist, muss man abwarten.
Sie verschweigen aber geflissentlich, daß die Partei Solidarna Polska über eine Wählerzustimmung von 1,5% verfügt... und sie deshalb auch nur als formale Untergliederung der PiS ins Parlament gekommen ist. Sie nutzt die ihr zugedachte Rolle als Zünglein an der Waage weidlich aus... hat mit irrwitzigen Projekten (Verbot des Schwangeschaftsabbruchs auch bei unheilbaren Beeinträchtigungen der Leibesfrucht!) der PiS einen Zustimmungsverlust von etwa 20% ihrer Wähler eingebrockt.

Weiterhin verschweigen Sie, daß die polnische Opposition aus mehreren Gruppierungen besteht, die untereinander ziemlich zerstritten sind. Das rettet die PiS, macht aber eine Einigung mit der Opposition sehr schwer.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(27 Mar 2021, 20:47)

Sie verschweigen aber geflissentlich, daß die Partei Solidarna Polska über eine Wählerzustimmung von 1,5% verfügt... und sie deshalb auch nur als formale Untergliederung der PiS ins Parlament gekommen ist. Sie nutzt die ihr zugedachte Rolle als Zünglein an der Waage weidlich aus... hat mit irrwitzigen Projekten (Verbot des Schwangeschaftsabbruchs auch bei unheilbaren Beeinträchtigungen der Leibesfrucht!) der PiS einen Zustimmungsverlust von etwa 20% ihrer Wähler eingebrockt.

Weiterhin verschweigen Sie, daß die polnische Opposition aus mehreren Gruppierungen besteht, die untereinander ziemlich zerstritten sind. Das rettet die PiS, macht aber eine Einigung mit der Opposition sehr schwer.
Dann besteht ja theoretisch die berechtigte Hoffnung dass der EU-Hilfsfonds wegen der fehlenden Ratifizierung durch Polen gar nicht zustande kommt und damit EU-Recht auch nicht gebrochen wird. In der Praxis wird sich Polen selbstverständlich die geschenkten 24 Mrd € nicht entgehen lassen und trotzdem irgendwie eine Mehrheit für die Ratifizierung finden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 Mar 2021, 21:01)

Dann besteht ja theoretisch die berechtigte Hoffnung dass der EU-Hilfsfonds wegen der fehlenden Ratifizierung durch Polen gar nicht zustande kommt und damit EU-Recht auch nicht gebrochen wird. In der Praxis wird sich Polen selbstverständlich die geschenkten 24 Mrd € nicht entgehen lassen und trotzdem irgendwie eine Mehrheit für die Ratifizierung finden.
Nun wird mir die Sache wieder bewußter: Die Oppositionsparteien wollen mitbestimmen, wofür der polnische Anteil des EU-Hilfsfonds genutzt wird. Ihr Argument: Der Hilfsfonds ist nicht das Geld der Regierung, sondern das Geld aller Polen.

Und in der EU laufen auch schon Überlegungen, Mittel für den Hilfsfonds nur aus der Euro-Gruppe zu ziehen und den Hilfsfonds deshalb auf die Eurogruppe zu beschränken. Diesen Hinweis hatte die Gazeta Wyborcza natürlich nicht vergessen... ein Vorspiel zum Polexit.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Maikel hat geschrieben:(27 Mar 2021, 10:05)
Bundesverfassungsgericht stoppt (vorläufig) Corona-Aufbaufonds der EU
Interview dazu mit Bernd Lucke, mit interessanten Details:
https://www.cicero.de/innenpolitik/euro ... bertolpeln
(Ich hoffe, es verschwindet nicht hinter Bezahlschranke)

Darin u.a.: "Ein Land, das sowieso überlegt, aus der EU auszutreten, hätte schnell einen triftigen finanziellen Anreiz, das zu tun. Denn es könnte sich schlagartig aller Verpflichtungen, diese EU-Schulden zu tilgen, entziehen. Natürlich zu Lasten der verbleibenden Mitgliedsstaaten."
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Maikel hat geschrieben:(28 Mar 2021, 11:12)

Interview dazu mit Bernd Lucke, mit interessanten Details:
https://www.cicero.de/innenpolitik/euro ... bertolpeln
(Ich hoffe, es verschwindet nicht hinter Bezahlschranke)

Darin u.a.: "Ein Land, das sowieso überlegt, aus der EU auszutreten, hätte schnell einen triftigen finanziellen Anreiz, das zu tun. Denn es könnte sich schlagartig aller Verpflichtungen, diese EU-Schulden zu tilgen, entziehen. Natürlich zu Lasten der verbleibenden Mitgliedsstaaten."
Ohnehin erwarte ich einen weiteren Zerfall der EU und zwar nicht nur durch Austritt von Ländern im Norden wie Polen.

Einerseits würde sich Polen, wie Lucke anmerkt, beträchtliche laufende Ausgaben für marode EU-Südländer sparen. Zudem könnte Polen ohne EU-Gängeleien stark von der missratenen deutschen Energiewandlerei profitieren, denn Deutschland wird polnischen Kohlestrom zunehmend benötigen, den Polen gern zu liefern bereits sein dürfte. (Dazu braucht Polen einen weiterhin guten Draht in die USA zur Gewährleistung militärischer Sicherheit gegen Russland.)

Andererseits sehe ich Verwerfungen aus Frankreich auf die EU zukommmen. Macrons Islampolitik ("Radikale Islamisten erobern Problemviertel"), gepaart mit seiner Coronapolitik ("Immer weniger Franzosen halten Emmanuel Macron für einen fähigen Präsidenten"), könnte Marine le Pen in Jahresfrist ins Präsidentenamt bringen: "Vor der Präsidentenwahl 2022 – Marine Le Pen überholt Präsident Macron". Schon im letzten Präsentschaftswahlkampf versprach le Pen den Franzosen ein "Referendum über EU-Austritt".

Und so befürchte ich: Die EU zerplatzt und für Deutschland verwirklichen sich die enormen EU-Haftungsrisiken.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(28 Mar 2021, 12:55)
...
... Die EU zerplatzt und für Deutschland verwirklichen sich die enormen EU-Haftungsrisiken.
Horrorgemälde... fehlt nur noch der Weltuntergang. Ich würde mir für einen solchen völligen Zusammenbruch derzeit überhaupt kein Ausstiegsszenarium Deutschlands überlegen, sondern die Zuversicht äußern, daß es nie und nimmer zu diesem Wahnsinn kommt. Wenn der Wahnsinn sich ernsthaft ankündigt, dann bleibt noch Zeit genug, mit den Partnern in der EU einen Weg in die Zukunft zu überlegen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(28 Mar 2021, 18:22)

Horrorgemälde... fehlt nur noch der Weltuntergang. Ich würde mir für einen solchen völligen Zusammenbruch derzeit überhaupt kein Ausstiegsszenarium Deutschlands überlegen, sondern die Zuversicht äußern, daß es nie und nimmer zu diesem Wahnsinn kommt. Wenn der Wahnsinn sich ernsthaft ankündigt, dann bleibt noch Zeit genug, mit den Partnern in der EU einen Weg in die Zukunft zu überlegen.
Falls sich auch Polen und Frankreich von der EU wegorientieren sollten, sehe ich nicht mehr viel Spielraum, um "mit den Partnern in der EU einen Weg in die Zukunft zu überlegen" -- außer man möchte die deutsch-italienische Achse reaktivieren.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Vongole »

Fliege hat geschrieben:(28 Mar 2021, 19:37)

Falls sich auch Polen und Frankreich von der EU wegorientieren sollten, sehe ich nicht mehr viel Spielraum, um "mit den Partnern in der EU einen Weg in die Zukunft zu überlegen" -- außer man möchte die deutsch-italienische Achse reaktivieren.
Weder Polen noch Frankreich werden das tun. Die Polen sind immer noch europafreundlich, auch aus Angst vor Putin, und Le Pen würde mit einem Referendum krachend scheitern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Vongole hat geschrieben:(28 Mar 2021, 19:43)

Weder Polen noch Frankreich werden das tun. Die Polen sind immer noch europafreundlich, auch aus Angst vor Putin, und Le Pen würde mit einem Referendum krachend scheitern.
Für Polen kann ich das bestätigen. Jede Umfrage hat bisher eine Zustimmung zur EU in der Größenordnung 85% der Befragten ergeben.

In Frankreich wurden bisher sämtliche Europathemen zum Abstrafen handelnder französischer Politiker mißbraucht. Aber ich will nicht ausschließen, daß die französische Rechte mit solchen Tricks wie in GB eine Wut schürt, die den relativen Bedeutungsverlust Frankreichs auf die EU zurück führt... man sich also auch wie GB gern als Weltmacht mit ständigem Sitz im Weltsicherheitsrat sieht.

Als Folge davon käme wohl viel mehr zum Einsturz als "nur" die EU; die gewachsene Zweisamkeit Deutschland Frankreich wäre dann wohl auch dahin... in der EU, in der Verteidigung, in der Verflechtung großer Industriekomplexe.

Kurzum: Mit diesem Weltuntergangsszenarium befasse ich mich erst dann, wenn es sich ernsthaft abzeichnet. Derzeit halte ich das Szenarium für einen Wahnsinn und ein Hirngespinst.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Das Verfahren dürfte die Einführung der EU-Corona-Anleihen um Monate verzögern:
Eurotopics 30. März 2021 Karlsruhe stoppt Corona-Hilfspaket, Europa staunt
https://www.eurotopics.net/de/258749/ka ... opa-staunt
Financial Times
„Das Gericht hat in den vergangenen 20 Jahren das Wahlrecht und den Grundsatz der staatlichen Haushaltssouveränität - zwei unveränderbare Grundsätze der deutschen Verfassung - extrem interpretiert. Gleichzeitig hat es anderen Elementen der Verfassung, bei denen es um die Übertragung von Befugnissen an die EU zum Zwecke der EU-Integration geht, wenig Bedeutung geschenkt."
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Fliege »

Wähler hat geschrieben:(30 Mar 2021, 16:10)

Das Verfahren dürfte die Einführung der EU-Corona-Anleihen um Monate verzögern:
Eurotopics 30. März 2021 Karlsruhe stoppt Corona-Hilfspaket, Europa staunt
https://www.eurotopics.net/de/258749/ka ... opa-staunt
Financial Times
„Das Gericht hat in den vergangenen 20 Jahren das Wahlrecht und den Grundsatz der staatlichen Haushaltssouveränität - zwei unveränderbare Grundsätze der deutschen Verfassung - extrem interpretiert. Gleichzeitig hat es anderen Elementen der Verfassung, bei denen es um die Übertragung von Befugnissen an die EU zum Zwecke der EU-Integration geht, wenig Bedeutung geschenkt."
Es ist aus rechtsstaatlicher Perspektive zu begrüßen, dass verbotene EU-Gemeinschaftshaftung (Sinn: "Eigentlich ist so etwas ja verboten durch die Maastrichter Verträge") zunächst, wie du sagst, "verzögert" und letztlich, wie ich hoffe, gar nicht zustande kommt. Ohne verbotene EU-Gemeinschaftshaftung braucht der deutsche Bundestag auch nicht GG-widrig sein Budgetrecht verraten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Wähler hat geschrieben:(30 Mar 2021, 16:10)

Das Verfahren dürfte die Einführung der EU-Corona-Anleihen um Monate verzögern:
Eurotopics 30. März 2021 Karlsruhe stoppt Corona-Hilfspaket, Europa staunt
Das es dagegen eine Klage beim BVG geben würde, war ja zu erwarten gewesen. Warum haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat deren Entscheidung denn so lange "verzögert"?
Innerhalb der GroKo gab es doch wohl keine Zweifel an der Entscheidung, man hätte also schon viel früher zustimmen können. Dann hätte das BVG in Ruhe darüber verhandeln können.

Ich vermute in der späten Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat eine Strategie, damit jetzt "von allen Seiten" Druck auf das BVG ausgeübt wird.
Zuletzt geändert von Maikel am Mi 31. Mär 2021, 08:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wir sollten die deutschen Befindlichkeiten nicht zu hoch aufhängen. In Polen streiten sich Regierung und Opposition um die Zustimmung zur Wiederaufbauhilfe (genauer: Um die förderungswürdigen Vorhaben, die damit finanziert werden sollen). Kommen beide Seiten nicht zu einem gemeinsamen Beschluß, dann ist das EU-Paket gescheitert... kann das BVG entscheiden, was immer es möchte.

Die Sorgenkinder Griechenland und Italien planen schon mit den Geldern, die sie sich aus dem Hilfsfonds erhoffen.

Ungarn und Polen soll die unentschiedene Lage angeblich auf Dauer Recht sein. So lange hat die EU keine Möglichkeit, diese Vertragsbrüchigen finanziell über Gelder aus dem EU-Haushalt unter Druck zu setzen.

Das berichtete der DLF in seinem Nachtprogramm 2021-03-31.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

Die EU ist da kaum signifikant reformierbar. Deshalb wäre eine Kern-EU wettbewerbsfähiger. "Dracon" (Draghi und Macron) womöglich nach Merkel das neue Führungsduo?
Wettbewerb der Systeme

No time for Losers

Eine Kolumne von Henrik Müller

China führt, die USA ziehen nach, Europa ist noch gar nicht losgelaufen: Andere Wirtschaftsräume sind längst dabei, den Corona-Einbruch aufzuholen, doch Europa durchleidet den nächsten Shutdown.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unter ... 27fecfa81b
Mit etwas Pech wird die EU zu einer Melkuh wie die arabischen Staaten der arabischen Halbinsel. Gut, um Business zu machen, aber sonst bitte Mund halten, sonst gibts Ärger. Der EU fehlt neben der Struktur anders als den USA oder China auch der Wille zur Macht.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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