Kohlhaas hat geschrieben:(29 Apr 2021, 17:04)
Genau hier liegt Dein Denkfehler. Warum sollte man überhaupt eine Gemeinschaft oder eine Union bilden, wenn man dann in einem Notfall jeden Beteiligten sich selbst überlassen will? Du hast das Prinzip der Europäischen Union nicht verstanden. Ich jedenfalls finde es gut, dass (um nur ein Beispiel zu nennen!) Deutschland Corona-Patienten aus Portugal "übernommen" hat, weil dort die Intensivstationen voll waren. Natürlich hätte man damals den Portugiesen sagen können, dass sie selbst zusehen sollen, wie sie mit dem Problem fertig werden. So funktioniert aber eine Gemeinschaft nicht.
Das ist auch tatsächlich eine Unterstützung im Notfall. Die befürworte ich aus vollstem Herzen. Und so verstehe ich auch Solidarität unter den EU-Staaten. Aber was hat es mit einer Unterstützung im aktuellen Pandemie-Notfall zu tun wenn man Portugal im Jahr 2026 das Geld für den Bau von Photovoltaikanlagen schenkt? Wie groß ist denn überhaupt dieser Notfall, wenn nahezu alle EU-Staaten nur das geschenkte Geld wollen und auf den Kreditteil des Wiederaufbaufonds verzichten, weil sie keinen Bock darauf haben dass die EU-Kommission die finanzierten Projekte genehmigt und überwacht. Lieber nehmen sie einen erheblich höheren Zinssatz in Kauf und finanzieren damit die Projekte, die ihnen sinnvoll erscheinen und sei es nur um die Wiederwahl zu sichern.
Wirklich lustig ist der Sonderbericht des Bundesrechnungshof zum EU-Wiederaufbaufonds.
"Faktisch handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung – eine Zäsur. Für den Bundeshaushalt birgt das erhebliche Risiken ...
Für die Kredite, die aus dem EU-Haushalt getilgt werden sollen, gibt es keinen verbindlichen Tilgungsplan. Deutschland wird voraussichtlich 65 Milliarden Euro mehr zahlen, als es selbst Zuschüsse bekommt. Klar ist bislang nur, dass die Kredite im Zeitraum 2028 bis 2058 über den EU-Haushalt zurückgezahlt werden. Offen ist aber, welcher Anteil dann auf welchen Mitgliedstaat entfällt. Diese Frage soll Gegenstand zukünftiger Verhandlungen sein. ...
Die EU sichert die Schulden des Wiederaufbaufonds mit ihrem Haushalt ab. Um die Bonität zu gewährleisten, wird die sogenannte „Eigenmittelobergrenze“ erhöht. Das führt zu einem enormen Garantievolumen von mindestens 4 000 Milliarden Euro: fünfmal höher als das Volumen des Wiederaufbaufonds selbst. ... Dieser Spielraum könnte Begehrlichkeiten wecken, Spekulationen über eine Verstetigung der Verschuldung befeuern und dazu verleiten, den Tilgungsbeginn hinauszuzögern. ...
Die Praxis zeigt: In Krisenzeiten auf EU-Ebene eingeführte Instrumente verstetigen sich regelmäßig. So hat der ESM beispielsweise die zuvor eingerichteten temporären Rettungsschirme mittlerweile dauerhaft abgelöst. Dabei wird häufig ausgeblendet, dass die Kosten und Risiken in der jeweiligen Krise, nicht aber auf Dauer gerechtfertigt sind. ...
Die Fiskalregeln begrenzen die nationalen Defizite und Schuldenstände. Sie gelten jedoch nicht für EU-Schulden. Die Mitgliedstaaten könnten sich also auf EU-Ebene theoretisch unbegrenzt verschulden und sich diese Mittel dann als Zuschüsse selbst zuweisen. Die enorme Übersicherung des Fonds setzt dazu bedenkliche Anreize. ...
Daher sollten die Hilfen aus dem Wiederaufbaufonds mit Reformauflagen verknüpft werden, die auf den Abbau eben dieser strukturellen Defizite abzielen und die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten stärken. Gelingt dies nicht, könnte dies langfristig die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden." Quelle:
https://www.bundesrechnungshof.de/de/pr ... ung-werden
Bundestag und Bundesrat haben auf die Ratschläge des Bundesrechnungshofs geschissen. Mit dem EU-Wiederaufbaufonds werden die Menschen, insbesondere in den Nettozahlerländern, im ganz großen Stil hinters Licht geführt.
Und die Naivlinge des Bundesverfassungsgerichts tun so als ob es sich um eine einmalige Unterstützung im Notfall handeln würde.
"Darin wird die Europäische Kommission –
ausschließlich zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie – ermächtigt, im Namen der Europäischen Union an den Kapitalmärkten Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018 aufzunehmen." Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 1-029.html
Verarschung in Perfektion nenn ich sowas! Passt zur Kasperle-EU mit den Kasperle-Verträgen an die sich die Mitglieder halten oder auch nicht, wie es gerade passt. No-Bailout-Klausel - passt nicht. Solidarität in der Flüchtlingskrise - darauf scheißen die Osteuropäer. Rechtsstaatlichkeit - darauf scheißen Polen und Ungarn. Usw, usw, usw.