Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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schokoschendrezki
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(13 Sep 2021, 14:09)

Diese Frage, die Du nicht beantworten kannst, haben sich einzelne Bayern auch im 19. Jahrhundert hinsichtlich des Deutschen Reiches (Preußen!!!) gestellt und auch so beantwortet.
Dabei nicht in Betracht gezogen, dass nach 1870 (eher 1866) ihre Söhne nicht mehr auf die Söhne der Preussen geschossen haben (nur noch grundsätzlich verbal). Sie haben sich trotzdem nicht von der bayerischen Identität (Schwaben, Bayern, Franken, Oberpfälzer) verabschiedet in dem sie die deutsche Identität angenommen haben. Was auch immer jeder Einzelne spätestens am Stammtisch damit gemeint hat. Und bevor Schumann sich nach Afrika aufmachen wollte, hat er erkannt, dass er in Zukunft verhindern musste, dass der Bretone oder Aquitaner wieder auf den Westfalen oder Franken schiessen musste.
Interessanter Einwurf. Aber die Deutschen haben sich mit Kaiserproklamation und Reichsgründung nicht etwa von einem Identitätsgedanken verabschiedet sondern ihn nur auf einer größeren Fläche weiter verwirklicht. Wohin das dann im 20. Jahrhundert geführt hat, ist allen bekannt.

Wenn ich mich für die EU als pragmatisches Zweckbündnis einsetze und gegen ein identitäres "Europäertum" und eine Institutionen-EU ... dann nicht deshalb, weil ich lieber Berliner, Preuße oder Deutscher sein will, sondern weil ich mich ganz generell gegen das wende, was viele Menschen mit dem Begriff "Identität" verbinden.

Ich weise nochmal darauf hin, dass in den Ursprungsjahren der Montan-Union-, EWG- und später EU-Gründung ... Europa in gewisser Hinsicht und vor allem aus Sicht Frankreichs weniger "europäische Werte" als zumindest auch Europa als globale Macht verstanden wissen wollten. Nicht vergessen: Frankreich war im unmittelbaren Nachkriegseuropa eine Spätkoloanialmacht. Mit dem Anspruch, große Teile von Afrika dominant zu beherrschen. Wenns sein muss mit Kriegsfeldzügen. Suche nur mal nach dem Stichwort "Eurafrika". Die Geburt der EU ist von Anfang an von solchen imperialen Vorstellungen vergiftet. Dass das im Grunde bis heute so ist, erkennt man u.a. an der im Endeffekt afrikafeindlichen gemeinsamen EU-Agrarpolitik.

Die Deklaration von Dingen wie Pressefreiheit, Demoratie, Parlamentarismus, Gewaltenteilung als "europäische Werte" halte ich für grundsätzlich falsch. Schon erstmal deshalb, weil sie dabei im historischen Zusammenhang ein so wichtiges Land wie die USA außen vor lässt. Es suggeriert, dass irgendwo in der Welt ersteinmal die Europäer anmarschiert kommen müssen, um für Demorkatie "zu sorgen". Diese Vorstellung hat auch ein gewisses Potzenzial für Trotzreaktionen. Und die kann ich gut verstehen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Sep 2021, 08:40)

Interessanter Einwurf. Aber die Deutschen haben sich mit Kaiserproklamation und Reichsgründung nicht etwa von einem Identitätsgedanken verabschiedet sondern ihn nur auf einer größeren Fläche weiter verwirklicht. Wohin das dann im 20. Jahrhundert geführt hat, ist allen bekannt.

Wenn ich mich für die EU als pragmatisches Zweckbündnis einsetze und gegen ein identitäres "Europäertum" und eine Institutionen-EU ... dann nicht deshalb, weil ich lieber Berliner, Preuße oder Deutscher sein will, sondern weil ich mich ganz generell gegen das wende, was viele Menschen mit dem Begriff "Identität" verbinden.

Ich weise nochmal darauf hin, dass in den Ursprungsjahren der Montan-Union-, EWG- und später EU-Gründung ... Europa in gewisser Hinsicht und vor allem aus Sicht Frankreichs weniger "europäische Werte" als zumindest auch Europa als globale Macht verstanden wissen wollten. Nicht vergessen: Frankreich war im unmittelbaren Nachkriegseuropa eine Spätkoloanialmacht. Mit dem Anspruch, große Teile von Afrika dominant zu beherrschen. Wenns sein muss mit Kriegsfeldzügen. Suche nur mal nach dem Stichwort "Eurafrika". Die Geburt der EU ist von Anfang an von solchen imperialen Vorstellungen vergiftet. Dass das im Grunde bis heute so ist, erkennt man u.a. an der im Endeffekt afrikafeindlichen gemeinsamen EU-Agrarpolitik.

Die Deklaration von Dingen wie Pressefreiheit, Demoratie, Parlamentarismus, Gewaltenteilung als "europäische Werte" halte ich für grundsätzlich falsch. Schon erstmal deshalb, weil sie dabei im historischen Zusammenhang ein so wichtiges Land wie die USA außen vor lässt. Es suggeriert, dass irgendwo in der Welt ersteinmal die Europäer anmarschiert kommen müssen, um für Demorkatie "zu sorgen". Diese Vorstellung hat auch ein gewisses Potzenzial für Trotzreaktionen. Und die kann ich gut verstehen.
Ich finde Deinen Ansatz sich generell gegen das zu wenden, was viele Menschen mit Identität verbinden zu defensiv, ja sogar anarchistisch. Das ist ein Ansatz, der sich auch mit meinem: Europäer haben lange genug sich wegen "Lokalidentitäten" genußvoll umgebracht, nicht deckt.
Dein Vorwurf die Europäische "Identität" führt zum genußvollem (=ideologisch begründet) Abschlachten der Afrikaner oder X ist in meinen Augen falsch, denn die Gefahr dass es dazu kommen kann besteht bei jedem Staat.
Schaffen wir deshalb die Staaten ab ?
Ich sage dazu: erstmal in Europa und lassen dafür Regionen entstehen, mit einem Rahmen der aus Werten besteht, die den Menschen in seiner Vielfalt Freiheit gibt.
Und ein solcher Staat benötigt deshalb Schranken, um die Menschen zu schützen.
Und genau dazu sind Schranken die Du als Deklarationen von Dingen gezeichnet gedacht.
Warum Du diese dann auf einmal als Aussenpolitische Waffe gegen andere bezeichnen willst ist für mich nicht klar geworden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von lili »

Merkel trifft Regierungschef der Westbalkan-Staaten

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... np1taskbar

Mal gucken wie es gelaufen ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Und in Polen hetzt die PiS unverändert weiter gegen die EU. Dass 90 Prozent der Polen in der EU verbleiben wollen, ist der PiS offensichtlich egal.

https://www.n-tv.de/panorama/Neun-von-z ... 02478.html

Ich bin mal gespannt, wie die nächsten Wahlen in Polen ausgehen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(14 Sep 2021, 11:40)

Ich finde Deinen Ansatz sich generell gegen das zu wenden, was viele Menschen mit Identität verbinden zu defensiv, ja sogar anarchistisch. Das ist ein Ansatz, der sich auch mit meinem: Europäer haben lange genug sich wegen "Lokalidentitäten" genußvoll umgebracht, nicht deckt.
Dein Vorwurf die Europäische "Identität" führt zum genußvollem (=ideologisch begründet) Abschlachten der Afrikaner oder X ist in meinen Augen falsch, denn die Gefahr dass es dazu kommen kann besteht bei jedem Staat.
Schaffen wir deshalb die Staaten ab ?
Ich sage dazu: erstmal in Europa und lassen dafür Regionen entstehen, mit einem Rahmen der aus Werten besteht, die den Menschen in seiner Vielfalt Freiheit gibt.
Und ein solcher Staat benötigt deshalb Schranken, um die Menschen zu schützen.
Und genau dazu sind Schranken die Du als Deklarationen von Dingen gezeichnet gedacht.
Warum Du diese dann auf einmal als Aussenpolitische Waffe gegen andere bezeichnen willst ist für mich nicht klar geworden.
Also von "Abschlachten" habe ich kein Wort geschrieben. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass man dieses formelhafte "ich bin begeisteter Europäer" einmal unvoreingenommen hinsichtlich der historischen Entstehung der EU bzw. ihrer Vorgängerstrukturen überdenken sollte. Und dann ist eben unabhängig davon die GAP, die gemeinsame Agrarpolitik der EU schon seit einiger Zeit ein Kritikpunkt von sehr vielen Kritikern. Die auf die Folgen dieser Politik außerhalb der EU hinweisen. Mit Recht.

Beiträge zu diesem Thema "Werte-Durchsetzung" höre ich gefühlt zehnmal am Tag. Selbstverständlich: Ungarn ist ein Land, dass man nicht mehr uneingeschränkt als "Demokratie" bezeichnen kann. Die Pressefreiheit ist eingeschränkt. Die Gewaltenteilung ist ausgehebelt. Aber die Konzepte dieser "Werte-Durchsetzung" der EU gehen völlig an der Realität vorbei. Wir haben in der EU einen Binnenmarkt und freien Güter- und Personenverkehr. Und wir haben in der Regel liberale Wirtschaftskonzepte. Wo die Regel herrscht, dass der Staat sich nicht oder möglichst wenig in die Unternehmenspolitik einmischen soll. In der Folge wird von Unternehmen vor allem auch aus Deutschland in Ungarn eine Produktionsstätte nach der anderen errichtet. Die Wachstumszahlen sind sehr gut. Es herrscht in einigen Regionen nahezu Vollbeschäftigung. Die Konzepte, die das EU-Parlament oder auch die EU-Kommision haben, um "Werte" durchzusetzen, bis hin zu einer völligen Streichung aller EU-Mittel, ringen einem Autokraten in einem aufstrebenden Wirtschaftsland wie Orbán nur ein müdes Lächeln ab. Angesichts dieser Realitäten scheint mir eine Rückbesinnung auf diese Kernelemente, also Binnenmarkt, freier Güter- und Personenverkehr, gegenseitige Anerkennung von Bildungsabschlüssen nur folgerichtig.

In Hinsicht auf ein Land außerhalb der EU wie China ist dieses krasse Missverhältnis zwischen "Werten" und "wirtschaftlichen Interessen" ja noch weitaus ausgeprägter. Schaut man realistisch auf diese realen Verhältnisse, kommt man sich bei diesem Werte-Gerede einfach verschaukelt vor. Auch wenn man diese Werte - wie auch ich - durchaus teilt und vertritt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Sep 2021, 09:11)

Also von "Abschlachten" habe ich kein Wort geschrieben. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass man dieses formelhafte "ich bin begeisteter Europäer" einmal unvoreingenommen hinsichtlich der historischen Entstehung der EU bzw. ihrer Vorgängerstrukturen überdenken sollte. Und dann ist eben unabhängig davon die GAP, die gemeinsame Agrarpolitik der EU schon seit einiger Zeit ein Kritikpunkt von sehr vielen Kritikern. Die auf die Folgen dieser Politik außerhalb der EU hinweisen. Mit Recht.

Beiträge zu diesem Thema "Werte-Durchsetzung" höre ich gefühlt zehnmal am Tag. Selbstverständlich: Ungarn ist ein Land, dass man nicht mehr uneingeschränkt als "Demokratie" bezeichnen kann. Die Pressefreiheit ist eingeschränkt. Die Gewaltenteilung ist ausgehebelt. Aber die Konzepte dieser "Werte-Durchsetzung" der EU gehen völlig an der Realität vorbei. Wir haben in der EU einen Binnenmarkt und freien Güter- und Personenverkehr. Und wir haben in der Regel liberale Wirtschaftskonzepte. Wo die Regel herrscht, dass der Staat sich nicht oder möglichst wenig in die Unternehmenspolitik einmischen soll. In der Folge wird von Unternehmen vor allem auch aus Deutschland in Ungarn eine Produktionsstätte nach der anderen errichtet. Die Wachstumszahlen sind sehr gut.
Du übersiehst dabei, dass die "Werte-Durchsetzung" kein Selbstzweck ist.

Damit Binnenmarkt und freier Güter- und Personenverkehr reibungslos funktionieren können, muss sich jeder Marktteilnehmer drauf verlassen können, dass er im EU-Ausland nach rechtsstaatlichen Prinzipien behandelt wird, eine unabhängige Justiz vorfindet, ohne Angst vor Inhaftierung seine Meinung sagen und auf Wunsch sogar schwul oder lesbisch sein darf... etc.

Die "gemeinsamen Werte" der EU sind kein Luxus. Sie sind die Grundvoraussetzung dafür, dass ein freier Binnenmarkt überhaupt existieren kann. Und wir brauchen auch keineswegs bloß liberale Wirtschaftskonzepte. Wir brauchen dafür Regelungen, die Individuen möglichst weitgehend vor staatlichen Eingriffen schützen. Ungarn ist da kein leuchtendes Beispiel. Gerade dort schickt sich der Staat an, immer tiefer in die Entfaltung von Menschen, in die Tätigkeit der Justiz und in das Bildungssystem einzugreifen. Das ist alles andere als liberal.

Und dann kommt noch hinzu, dass die EU sehr wohl ein Recht darauf hat sicherzustellen, dass Orban die Überweisungen aus Brüssel nicht in die eigenen Taschen oder in die Taschen seiner Sippschaft umleiten kann.

Die europäischen Werte sind nicht nebensächlich. Sie sind konstituierend.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von lili »

Was die EU für das kommendes Jahr plant

https://www.sueddeutsche.de/politik/ley ... duced=true

Da kann man nur gespannt sein.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(15 Sep 2021, 14:08)

Du übersiehst dabei, dass die "Werte-Durchsetzung" kein Selbstzweck ist.

Damit Binnenmarkt und freier Güter- und Personenverkehr reibungslos funktionieren können, muss sich jeder Marktteilnehmer drauf verlassen können, dass er im EU-Ausland nach rechtsstaatlichen Prinzipien behandelt wird, eine unabhängige Justiz vorfindet, ohne Angst vor Inhaftierung seine Meinung sagen und auf Wunsch sogar schwul oder lesbisch sein darf... etc.

Die "gemeinsamen Werte" der EU sind kein Luxus. Sie sind die Grundvoraussetzung dafür, dass ein freier Binnenmarkt überhaupt existieren kann. Und wir brauchen auch keineswegs bloß liberale Wirtschaftskonzepte. Wir brauchen dafür Regelungen, die Individuen möglichst weitgehend vor staatlichen Eingriffen schützen. Ungarn ist da kein leuchtendes Beispiel. Gerade dort schickt sich der Staat an, immer tiefer in die Entfaltung von Menschen, in die Tätigkeit der Justiz und in das Bildungssystem einzugreifen. Das ist alles andere als liberal.

Und dann kommt noch hinzu, dass die EU sehr wohl ein Recht darauf hat sicherzustellen, dass Orban die Überweisungen aus Brüssel nicht in die eigenen Taschen oder in die Taschen seiner Sippschaft umleiten kann.

Die europäischen Werte sind nicht nebensächlich. Sie sind konstituierend.
Das mag in der Theorie stimmen. Ich sag dir nochmal, und da befinde ich mich in Übereinstimmung mit vielen Leuten, mit denen ich mich vor Ort darüber unterhalten habe: Rechtsstaat bedeutet zum Beispiel, dass es ordnungsgemäße Verfahren für Industrieansiedlungen gibt. Einschließlich Umweltvertäglichkeitsprüfungen. Wenn BMW oder Mercedes ein großes Werk in Ungarn errichten will, dann machen sie das über die deutsche Handelsvertretung in Budapest. Dort sitzen die deutschen Duzfreunde von Orbán. Den rufen sie an und der ruft einen seiner Vertrauten in der Provinz an. Und nach einer Woche hat der ein passendes Gelände gefunden. Das ist sozusagen der "Hauptstrom". Einer der Nebenströme besteht darin, dass die Zentralregierung EU-Infrastrukturgelder nur an Kommunen und Städte weiterleitet, in denen Orbán-Vertraute sitzen und sie den anderen Kommunen, in denen Oppositionelle sitzen entzieht. Damit schafft sich Orbán ein Netz von Gefolgsleuten im Land. Das ist der Nebenstrom. Und da dieses Netz inzwischen installiert und gut ausgebaut ist, braucht es diesen Geldfluss eigentlich nicht mehr. Deswegen wird die EU auf diesem Weg nicht mehr weiterkommen.

Was Investoren brauchen, ist nicht Pressefreiheit und Gewaltenteilung sondern Investitionsschutz. Das funktioniert auf der gloabalen Ebene durch internationale Gerichte, die privat und völlig unabhängig von irgendwelchen "Werten" oder "Rechtsstaatlichkeit" funktionieren und die dennoch im Ernstfall Milliarden für "entgangene Gewinne" kassieren können.

Die Herren und Damen von der Industrie fahren nicht nach Budapest, um sich als schwul oder lesbisch zu outen, sondern um Geschäfte zu machen. Das ist zugegeben ein etwas vereinfachtes aber auch ein ziemlich pessimistisches Bild von der Realität. Aber es stimmt aus meiner Sicht mehr mit der Realität überein als das der "Wertegemeinschaft".

In etwas zivilerer aber nicht ganz unähnlicher Form fand übrigens auch die Ansiedlung der Tesla-Gigafactory südlich von Berlin statt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Sep 2021, 09:11)

...

In Hinsicht auf ein Land außerhalb der EU wie China ist dieses krasse Missverhältnis zwischen "Werten" und "wirtschaftlichen Interessen" ja noch weitaus ausgeprägter. Schaut man realistisch auf diese realen Verhältnisse, kommt man sich bei diesem Werte-Gerede einfach verschaukelt vor. Auch wenn man diese Werte - wie auch ich - durchaus teilt und vertritt.
Auf den ersten Teil wurde schon eingegangen.
China ist ein demokratisches "Problem" und nach der Politik "Wandel durch Handel" wird realpolitisch in meinen Augen nun eine neue Seite angeschlagen. Sie haben jetzt, meiner Meinung nach, durch die bisherige Politik auch einen Lebensstandart zu verlieren den sie vorher nicht hatten. Insoweit könnten sie in die demokratische "Falle" gegangen sein. Andererseits haben die chinesischen Machthaber mehr als einmal verdeutlicht, dass ein oder tausende Menschenleben für sie nichts bedeutet.
Um den Bogen zu Ungarn wieder zu schlagen, gilt auch hier diese Prämisse: eine wirtschaftliche Entwicklung ist ein zartes Pflänzchen das immer begossen werden muss und wenn Tropfen nicht mehr fallen, fallen auch die sichtbaren Folgen lange nicht auf bis es zusammenkracht.
Das wird auch Orban bemerken, auch wenn er imagemäßig weiter den starken Kerl geben muss. Abwarten werden, wird aber der "Westen" können, dem auch noch andere Mittel zur Verfügung stehen.
Das ist für mich die vielbeschworene Realität.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(16 Sep 2021, 09:11)

Auf den ersten Teil wurde schon eingegangen.
China ist ein demokratisches "Problem" und nach der Politik "Wandel durch Handel" wird realpolitisch in meinen Augen nun eine neue Seite angeschlagen.
Also "Wandel durch Handel" ist nun wirklich alles andere als ein neues Konzept. Alle Betrachtungen dazu sprechen, im Gegenteil, von einer "gescheiterten Lebenslüge". Stellvertetend dafür nur mal die Einführung in einem Artikel in der NZZ
Das Märchen vom Wandel durch Handel – wenn seine Logik je funktioniert hat, dann umgekehrt: China führt mit seiner Wirtschaftsmacht die westlichen Demokratien vor.

Wie einen Gral hat der Westen die Devise vom Wandel durch Handel vor sich hergetragen. Die Regeln der Ökonomie, so die Idee, beförderten weltweit Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Ein Märchen und eine Lebenslüge, wie der Blick auf China zeigt.
https://www.nzz.ch/meinung/china-russla ... duced=true
Ich versichere dir, ich habe in jüngerer Zeit wenigstens 10 Artikel gelesen oder gehört, die allesamt in dieselbe Richtung gingen. Es hat, meiner Ansicht nach, vor allem damit zu tun, dass große, weltweit operierende Unternehmen gar nicht mehr an die Strukturen gebunden sind, in denen sowas wie "Handel durch Wandel" stattfinden könnte: Staaten, Länder, Staatengemeinschaften wie die EU zum Beispiel. Erstens. Und Zweitens: Damit, dass autokratische und neokommunistische System in der auf Extensivität und Wachstum bedachten globalen Wirtschaft im Systemwettbewerb einfach langfristig überlegen sind.

Wenn dieser sogenannte "Westen" seine Werte verteidigen will, dann muss er als erstes aus der wachstumsorientierten Wohlstandsökonomie aussteigen. Dann erst kann er Lebenswirklichkeiten vorweisen, die eine Alternative zu autokratischen Systemen bilden. In Hinsicht auf Produktionskapazität, Preiswettbewerb, Innovationsfähigkeit wird er - zumindest langfristig - unterlegen sein.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Sep 2021, 08:25)

...

Wenn dieser sogenannte "Westen" seine Werte verteidigen will, dann muss er als erstes aus der wachstumsorientierten Wohlstandsökonomie aussteigen. Dann erst kann er Lebenswirklichkeiten vorweisen, die eine Alternative zu autokratischen Systemen bilden. In Hinsicht auf Produktionskapazität, Preiswettbewerb, Innovationsfähigkeit wird er - zumindest langfristig - unterlegen sein.
Da bin ich bekanntermassen der gegenteiligen Meinung und sehe die autokratischen Systeme nur immer in einem kurzfristigen Vorteil, der langfristig in allen Deinen drei Punkten scheitern wird. Auch sehe ich diese Systeme im "Gnaden und Abhängigheitsverhältnis" zu dem wertegebundenen Demokratien, denn solche autoritären Staaten besitzen für ihre produktiven, billigen und innovativen Menschen keine Rechtsgarantien, die sie aber im "Westen" finden.

https://austrian-institute.org/de/blog/ ... ngehoeren/

https://de.irefeurope.org/Diskussionsbe ... -unmoglich

Jedoch sehe ich in meinen Augen die Problematik eher in den westlichen Demokratien selbst:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/ ... wirtschaft

aber auch hieraus:

"Unter den 42 sehr gut und gut regierten Staaten findet sich mit Singapur lediglich eine Autokratie. Dem gegenüber befinden sich unter den 46 Ländern mit schlechter oder gescheiterter Regierungsführung lediglich fünf Demokratien: Bosnien und Herzegowina, Lesotho, Libanon, Nigeria und Ungarn."
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(17 Sep 2021, 13:04)

Da bin ich bekanntermassen der gegenteiligen Meinung und sehe die autokratischen Systeme nur immer in einem kurzfristigen Vorteil, der langfristig in allen Deinen drei Punkten scheitern wird. Auch sehe ich diese Systeme im "Gnaden und Abhängigheitsverhältnis" zu dem wertegebundenen Demokratien, denn solche autoritären Staaten besitzen für ihre produktiven, billigen und innovativen Menschen keine Rechtsgarantien, die sie aber im "Westen" finden.
Ich muss voranstellen, dass ich gewisse Entwicklungen persönlich keineswegs als positiv ansehe. Aber unabhängig davon. Der letzte Satz scheint mir von einer gewissen Arroganz und Überheblichkeit geprägt zu sein. Wenn Du dich da mal nicht irrst. Deinen verlinkten Artikeln steht die Analyse in der NZZ (eine eher konservative aber auf jeden Fall seriöse Zeitschrift gegenüber): "umgekehrt: China führt mit seiner Wirtschaftsmacht die westlichen Demokratien vor." "Gnade" ist sowieso ein ganz seltsam archaischer Begriff. Der im harten Weltwirtschaftsleben wohl kaum irgendwo anzutreffen ist. Und dieses "billig"-Attribut kommt noch aus der Zeit des beginnenden chinesischen Wirtschaftsaufschwungs in den 90ern. Wir leben inzwischen in einer ganz anderen Welt.

Der Rechtsstaat ist eine wunderbare Idee und Einrichtung. Er entfaltet seine positive Wirkung aber nur, wenn er nicht von informellen Regelungen überlagert wird. Er erfordert das selbständige eigenständige Individuum. Man muss ihn wollen. Im letzten Absatz des verlinkten austrian-instituts-Artikels ist von einem "Zeitgeist" im Westen die Rede, der in Teilen zumindest den Ideen der liberalen Marktwirtschaft entgegengerichtet ist. Ein großer Teil dieses Zeitgeists läuft auf Identität, Gemeinschaft, Nation, Kommunitarismus hinaus. Das Bedürfnis nach einer "Leitkultur" unter konservativ geprägten Menschen sehe ich in einer ähnlichen Richtung wie das Sozialkreditsystem in China. Lass einen "Chefisten" wie Friedrich Merz Kanzler werden und du wirst sehen. Orbán war irgendwann auch mal ein überzeugter Liberaler. Jetzt sind die Berufungen auf traditionelle Werte wie "Familie" Gesetz. In den Leitkultur-Entwürfen stehen andere Vorschläge. Aber vom Prinzip her gehts in dieselbe Richtung.

Das Gegenmodell eines Ausstiegs aus einer extensiven, klassisch wohlfahrtsökonomischen Gesellschaft hat natürlich ein Problem: Die autokratischen Systeme haben in der Regel allesamt imperiale Ambitionen. Wie soll man sich dagegen wehren? Wie soll man eine wachstumskritische Gesellschaft gegen Angriffe verteidigen? Ich habe darauf auch keine Antwort.


Unabhängig davon und etwas off topic (weils nicht um die EU geht): In der führenden westlichen Macht löst sich der Rechtsstaat gerade auf. Gerade heute die Meldung, dass nach wie vor ein großer Teil der Republikaner-Anhänger nach wie vor an einen Wahlbetrug glaubt. Und dass Donald Trump den Kampf um seine Führungsmacht bzw. um seine Rückkehr an die Macht längst noch nicht aufgegeben hat. Gleichzeitig hat der amtierende Präsident mit UK und Australien gerade ein Militärbündnis im Süpazifisch-Indischen Raum abgeschlossen. Und wiederum gleichzeitig haben wir das Desaster des Afghanistan-Einsatzes. Dieser etwas sonntäglich-professorale Ton in deinen verlinkten Artikeln passt einfach nicht (mehr) zu dieser zerrissenen Wirklichkeit. Auch wenn ich dir den Glauben an den Sieg einer wohlgeordneten Welt, in der alles seinen Platz in einer natürlichen Rangordnung hat, so wie etwa inden 60ern, 70ern, nicht nehmen will.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Sep 2021, 14:12)

Ich muss voranstellen, dass ich gewisse Entwicklungen persönlich keineswegs als positiv ansehe. Aber unabhängig davon. Der letzte Satz scheint mir von einer gewissen Arroganz und Überheblichkeit geprägt zu sein. Wenn Du dich da mal nicht irrst. Deinen verlinkten Artikeln steht die Analyse in der NZZ (eine eher konservative aber auf jeden Fall seriöse Zeitschrift gegenüber): "umgekehrt: China führt mit seiner Wirtschaftsmacht die westlichen Demokratien vor."
An der Stelle stimme ich Haegar zu. Die NZZ analysiert die aktuelle Situation. Es ist zweifellos richtig, dass China derzeit die westlichen Demokratien "vorführt". Das funktioniert aber nur, weil China in der Vergangenheit planmäßig und staatlich organisiert "geistiges Eigentum" gestohlen hat und sich nicht an internationale Gebräuche und Regeln hält. Genau dagegen regt sich aber immer stärker wachsender Widerstand. Bekanntlich wachsen die Spannungen zwischen China und dem Rest der Welt immer stärker. Das Wirtschaftssystem der westlichen Demokratien trägt sich aus eigener Kraft. Der chinesische Erfolg gründet sich letztlich auf "Raub". Und Raub ist kein langfristig tragfähiges Konzept. Irgendwann lassen die Beraubten sich nicht mehr berauben. Das erfährt China gerade. Peking ist politisch mittlerweile völlig isoliert. Das wird sich auch ökonomisch auswirken, wie Trumps Handelskrieg mit China angedeutet hat.

Zudem ist zu beachten, dass es nur ganz, ganz wenige undemokratische Staaten gibt, die zu ähnlichem wirtschaftlichen Erfolg gelangt sind wie China. Genau genommen fällt mir gar kein zweites Beispiel ein. In Demokratien scheint der wirtschaftliche Erfolg also eher die Regel zu sein, in Diktaturen hingegen eher die Ausnahme.

"Gnade" ist sowieso ein ganz seltsam archaischer Begriff. Der im harten Weltwirtschaftsleben wohl kaum irgendwo anzutreffen ist.
Gesellschaften reduzieren sich aber nicht auf das Wirtschaftsleben. Das Wirtschaftsleben ist, genau betrachtet, sogar nur ein Symptom der gesellschaftlichen/politischen Verhältnisse. China ist dafür das beste Beispiel. Im Verhältnis zwischen den Menschen und dem Staat können die Bürger nicht auf einklagbares "Recht" zählen, sondern nur auf freiwillig/willkürlich von den Machthabern gewährte "Gnade" - wenn überhaupt.
Der Rechtsstaat ist eine wunderbare Idee und Einrichtung. Er entfaltet seine positive Wirkung aber nur, wenn er nicht von informellen Regelungen überlagert wird. Er erfordert das selbständige eigenständige Individuum.
Genau das gerade nicht. Der Rechtsstaat gewährt Rechtssicherheit und Rechtsdurchsetzung insbesondere für die Menschen, die wenig Durchsetzungskraft haben und deshalb wenig Eigenständigkeit entfalten können. Der Rechtsstaat sorgt dafür, dass die Durchsetzung des Rechts nicht von persönlicher Macht abhängt. Unser gesamtes Justizsystem beruht auf dieser Grundhaltung.
Im letzten Absatz des verlinkten austrian-instituts-Artikels ist von einem "Zeitgeist" im Westen die Rede, der in Teilen zumindest den Ideen der liberalen Marktwirtschaft entgegengerichtet ist.
Genau das ist der Punkt: "...in Teilen...". Diesen Zeitgeist gibt es. Der ist aber keineswegs prägend. In Deutschland zum Beispiel pflegen vielleicht 10 Prozent der Menschen diesen Zeitgeist. Selbst bei den "Sorgenkindern" der EU (Polen, Ungarn) will eine breite Mehrheit der Menschen nichts von der Abgrenzung der eigenen Gemeinschaft gegen die Union wissen.
Das Bedürfnis nach einer "Leitkultur" unter konservativ geprägten Menschen sehe ich in einer ähnlichen Richtung wie das Sozialkreditsystem in China.
Wir haben eine Leitkultur. Das ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Mit dem chinesischen Sozialkreditsystem bzw. mit dem ihm zugrunde liegenden Gesellschaftsverständnis hat das gar nichts zu tun. Der Unterschied liegt darin, dass die Machthaber in China ihre "Leitkultur" ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung definieren und notfalls mit Gewalt durchsetzen.
Orbán war irgendwann auch mal ein überzeugter Liberaler. Jetzt sind die Berufungen auf traditionelle Werte wie "Familie" Gesetz.
Na, das wage ich mal zu bezweifeln! Orban hatte irgendwann mal nicht die Macht, seine illiberalen Vorstellungen durchzusetzen. Jetzt kann er es, und jetzt versucht er es. Das hat aber gewiss nichts damit zu tun, dass er irgendwelchen moralischen Leitbildern wie "Familie" Geltung verschaffen will. Er braucht seine Macht letztlich nur dazu, sich selbst und seiner Sippschaft die Taschen voll zu machen.

In Deutschland wird diese Art von Macht nicht an Politiker vergeben. Da darf ein beliebiger Erz-Konservativer gern über Leitkultur reden. Er bekommt aber nicht die Macht, sowas dann auch durchzusetzen.

In Ungarn wird das übrigens auch nicht so einfach sein. Orban hätte das gern und drängt in die Richtung. Die PiS in Polen versucht das gleiche. Damit geraten sie aber zunehmend auf Kollisionskurs mit der EU. Kruzfristig mag sowas "erfolgreich" sein, mittelfristig fährt man damit aber gegen die Wand. Was "Erfolg" betrifft, liegt der einzige Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur/Autokratie in folgendem Punkt:

Diktaturen/Autokratien können schnell Entscheidungen treffen. Demokratisch getroffene Entscheidungen haben aber tieferen Rückhalt in der Bevölkerung und sind deshalb viel "hartnäckiger", weil möglicher Widerstand nicht mit Gewalt gebrochen werden darf.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Kohlhaas hat geschrieben:(17 Sep 2021, 15:04)

An der Stelle stimme ich Haegar zu. Die NZZ analysiert die aktuelle Situation. Es ist zweifellos richtig, dass China derzeit die westlichen Demokratien "vorführt". Das funktioniert aber nur, weil China in der Vergangenheit planmäßig und staatlich organisiert "geistiges Eigentum" gestohlen hat und sich nicht an internationale Gebräuche und Regeln hält. Genau dagegen regt sich aber immer stärker wachsender Widerstand. Bekanntlich wachsen die Spannungen zwischen China und dem Rest der Welt immer stärker. Das Wirtschaftssystem der westlichen Demokratien trägt sich aus eigener Kraft. Der chinesische Erfolg gründet sich letztlich auf "Raub". Und Raub ist kein langfristig tragfähiges Konzept. Irgendwann lassen die Beraubten sich nicht mehr berauben. Das erfährt China gerade. Peking ist politisch mittlerweile völlig isoliert. Das wird sich auch ökonomisch auswirken, wie Trumps Handelskrieg mit China angedeutet hat.
Da irrst Du dich. Die Gründer der Autoindustrie des Auto-Lands Deutschland reisten damals im 19. Jahrhundert vielfach nach England und kamen mit Ideen und Bauplänen zurück. Das ist der normale Lauf der Dinge. Für mich, der ich grundsätzlich und so gut wie nur mit Open Source Software arbeite, ist das jetzt keine Aufregung wert. Davon unabhängig: China war vollkommen von internationalen Raumfahrtprogrammen ausgeschlossen. Auch von der russischen ISS. Nichtsdestotrotz wird, wenn in Kürze die ISS außer Betrieb geht, China das einzige Land der Welt mit einem Vergleichsprojekt sein. Ich wüsste nicht, bei welcher Gelegenheit die Chinesen da irgendeine "Raubgelegenheit" hatten.

Die neueste und vielleicht brisanteste oder auch charakteristischste aktuelle Meldung lautet (im Schatten des Afghanistan-Desasters): AKK hat (per Twitter :p ) den Rückzugsbefehl für den Sahel-Einsatz (vor allem in Mali) gegeben. 9 Jahre Beteiligung der Bundesrepublik an diesem europäischen Projekt waren komplett umsonst. Das kann man ohne Wenn und Aber so sagen. Die durch den letzten einer Reihe von Putschen an die Macht gekommene Regierung schließt für die Verteidigung Malis gegen Dschihadisten und Tuaregs im Norden lieber einen Vertrag mit der privaten russichen Söldnertruppe "Wagner" ab. Und das obwohl ein Teil der höheren Offiziere in Mali eine Ausbildung in den USA oder Westeuropa durchlaufen haben.

Viele der Analysen zur Entwicklung der Weltpolitik mit längerfristigem Blick kommen im Kern zu der Aussage bzw. formulieren diese sogar explizit oder tragen sie sogar im Titel: Dieser sogenannte "Westen" ... existiert nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr als geschlossenes Ganzes. Auch die kurzfristige Ausbootung Frankreichs bei einem Milliardenwaffendeal der USA mit Australien spricht dafür.

Ich sag nochmal: Ich halte diese Entwicklung persönlich in keinster Weise für positiv. Aber ich will nicht in dieser altväterlich-zurückgelehnten Art von der Überlegenheit von Demokratie und Marktwirtschaft sprechen sondern die Welt möglichst so sehen wie sie wirklich ist.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(17 Sep 2021, 15:04)
Wir haben eine Leitkultur. Das ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Mit dem chinesischen Sozialkreditsystem bzw. mit dem ihm zugrunde liegenden Gesellschaftsverständnis hat das gar nichts zu tun. Der Unterschied liegt darin, dass die Machthaber in China ihre "Leitkultur" ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung definieren und notfalls mit Gewalt durchsetzen.
Nein. Das bestreite ich vehement und in zweifacher Hinsicht. Dass die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" die Leitkultur sei ... das ist ja im Prinzip das Konzept "Verfassungspatriotismus". Und dieses Konzept ist genau so angestaubt und patriarchalisch wie der Begriff heute in den Ohren klingt. Für mich (und nicht nur für mich) ist die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" einfach das optimale Konzept für Individualismus und zur Loslösung von Bindungen. Es braucht für die Zustimmung dafür keinerlei Affekt sondern nur rationale Überlegung.

Und zweitens: Ich glaube du irrst in der Annahme, dass der Nationalismus und der Kollektivismus in China, der sich z.B. im Sozialpunktesystem äußert, sich gegen den Willen der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung richtet. Das nächste Gegenargument gegen eine solche Behauptung lautet meist: Naja, die Bevölkerung wurde ja auch einer "Gehhirnwäsche" unterzogen. Solange bis sie selbst an ein solches System glaubt.. Nein! Nicht doch! Das ist eine völlige Fehleinschätzung und außerdem ein Ausdruck von Arroganz.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Hat das chinesische Volk seine politische Führung in freier und geheimer Wahl aus einem breiten Spektrum von politischen Angeboten gewählt, oder hat hier eine Bande bewaffneter Räuber mit Hilfe von Mitläufern und Eingeschüchterten ein Herrschaftssystem eingerichtet? Die Tatsache, daß sich in China ein erfolgreiches Herrschaftssystem eingerichtet hat, wird niemand bestreiten. Aber mit Überzeugungen und Volkswillen würde ich das Herrschaftssystem nicht in Zusammenhang bringen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 07:59)

...

Die neueste und vielleicht brisanteste oder auch charakteristischste aktuelle Meldung lautet (im Schatten des Afghanistan-Desasters): AKK hat (per Twitter :p ) den Rückzugsbefehl für den Sahel-Einsatz (vor allem in Mali) gegeben. 9 Jahre Beteiligung der Bundesrepublik an diesem europäischen Projekt waren komplett umsonst. Das kann man ohne Wenn und Aber so sagen. Die durch den letzten einer Reihe von Putschen an die Macht gekommene Regierung schließt für die Verteidigung Malis gegen Dschihadisten und Tuaregs im Norden lieber einen Vertrag mit der privaten russichen Söldnertruppe "Wagner" ab. Und das obwohl ein Teil der höheren Offiziere in Mali eine Ausbildung in den USA oder Westeuropa durchlaufen haben.

Viele der Analysen zur Entwicklung der Weltpolitik mit längerfristigem Blick kommen im Kern zu der Aussage bzw. formulieren diese sogar explizit oder tragen sie sogar im Titel: Dieser sogenannte "Westen" ... existiert nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr als geschlossenes Ganzes. Auch die kurzfristige Ausbootung Frankreichs bei einem Milliardenwaffendeal der USA mit Australien spricht dafür.

Ich sag nochmal: Ich halte diese Entwicklung persönlich in keinster Weise für positiv. Aber ich will nicht in dieser altväterlich-zurückgelehnten Art von der Überlegenheit von Demokratie und Marktwirtschaft sprechen sondern die Welt möglichst so sehen wie sie wirklich ist.
Pünktlich zum 99 Geburtstag eine Wiedergabe des Untergang des Abendlandes.

"Mit der neunten, der russischen Kultur identifiziert Spengler einen weiteren Kultur-Organismus, dem die Zukunft des kommenden dritten Jahrtausends gehöre."

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Unter ... bendlandes

Ich denke er würde heute China sagen und ich würde in meiner "Arroganz" antworten: Wieder falsch.

Ich betrachte das "Angebot" dieser Systeme im Vergleich zu dem "Angebot" des "Westens" auch für den Menschen zB. in China als menschlicher und damit zukunftsorientiert. Die verzweifelten Bemühungen dieser konkurrierender Systeme sich abzuschotten, gerade im Zeitalter des www ist klar erkennbar. Er versucht sogar mit Gegenpropaganda in die Offensive zu gehen und ist aber nicht als Eigenpropaganda aufgebaut, weil es sich dadurch nur noch mehr lächerlich machen würde, weil da noch weniger für die eigenen Menschen angeboten wird.
Auch Trumps "America First" ist implodiert und hat eine Gegenbewegung ausgelöst, die sich zB. Sanders nie erträumen durfte.

Die Vitalität des Westens zeigt sich gerade wegen eines demokratischen Systems deutlich. Um in dem Threadrahmen zu bleiben: Erkennst Du denn eine relevante Bevölkerungsbewegung weg vom "Westen" in Richtung der mitteleuropäischen Länder wie Ungarn oder Polen ?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 08:43)

Nein. Das bestreite ich vehement und in zweifacher Hinsicht. Dass die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" die Leitkultur sei ... das ist ja im Prinzip das Konzept "Verfassungspatriotismus". Und dieses Konzept ist genau so angestaubt und patriarchalisch wie der Begriff heute in den Ohren klingt. Für mich (und nicht nur für mich) ist die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" einfach das optimale Konzept für Individualismus und zur Loslösung von Bindungen. Es braucht für die Zustimmung dafür keinerlei Affekt sondern nur rationale Überlegung.

Und zweitens: Ich glaube du irrst in der Annahme, dass der Nationalismus und der Kollektivismus in China, der sich z.B. im Sozialpunktesystem äußert, sich gegen den Willen der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung richtet. Das nächste Gegenargument gegen eine solche Behauptung lautet meist: Naja, die Bevölkerung wurde ja auch einer "Gehhirnwäsche" unterzogen. Solange bis sie selbst an ein solches System glaubt.. Nein! Nicht doch! Das ist eine völlige Fehleinschätzung und außerdem ein Ausdruck von Arroganz.
In Punkt 1 gebe ich Dir Recht, denn er bewirkt, dass ein "Verfassungspatriot", bevor er sich bewaffnet erstmal nachdenkt und danach beruhigt abdrücken kann. Für mich ein professionelles Handeln. Der "andere" wird vorstürmen und sterben. Denn das ist es für mich, zu Ende gedacht, wofür Patriotismus gut ist.

Punkt 2: Ich glaube er irrt nicht. Ein gewisser Anteil der Menschen in China ist auch gerade durch die konfuzianische Prägung der Erziehung durchaus mit einem solchem Sozialpunktesystem einverstanden. Aber selbst die chinesischen Machthaber sind am Beispiel Hong Kong,Taiwan und Südkorea sicher, das sie nicht sicher sind. Und deshalb versuchen sie immer wieder deutlich zu machen, dass sie letztlich auch vor blanker Gewalt nie zurückschrecken werden und der einzelne Mensch nichts wert ist.
Und liegen dabei im Widerspruch zu ihrer eigenen konfuzianischen Prägung.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(20 Sep 2021, 09:51)

Pünktlich zum 99 Geburtstag eine Wiedergabe des Untergang des Abendlandes.

"Mit der neunten, der russischen Kultur identifiziert Spengler einen weiteren Kultur-Organismus, dem die Zukunft des kommenden dritten Jahrtausends gehöre."

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Unter ... bendlandes

Ich denke er würde heute China sagen und ich würde in meiner "Arroganz" antworten: Wieder falsch.

Ich betrachte das "Angebot" dieser Systeme im Vergleich zu dem "Angebot" des "Westens" auch für den Menschen zB. in China als menschlicher und damit zukunftsorientiert. Die verzweifelten Bemühungen dieser konkurrierender Systeme sich abzuschotten, gerade im Zeitalter des www ist klar erkennbar. Er versucht sogar mit Gegenpropaganda in die Offensive zu gehen und ist aber nicht als Eigenpropaganda aufgebaut, weil es sich dadurch nur noch mehr lächerlich machen würde, weil da noch weniger für die eigenen Menschen angeboten wird.
Auch Trumps "America First" ist implodiert und hat eine Gegenbewegung ausgelöst, die sich zB. Sanders nie erträumen durfte.

Die Vitalität des Westens zeigt sich gerade wegen eines demokratischen Systems deutlich. Um in dem Threadrahmen zu bleiben: Erkennst Du denn eine relevante Bevölkerungsbewegung weg vom "Westen" in Richtung der mitteleuropäischen Länder wie Ungarn oder Polen ?
Also erstmall: Häh? Ich hab doch überhaupt nix von "Untergang" geschrieben. Oswald Spengler stand mit ganzem Herzen auf einer bürgerlich-konservativ-nationalistischen Seite. Und von daher ist es verständlich, dass er Veränderungen jeder Art als "Untergang" wahrnahm. Ich habe geschrieben, dass ich lediglich nicht in einer altväterlich-zurückgelehnten Art von der Überlegenheit des Westens sprechen will sondern zumindest versuche, die Welt so zu sehen wie sie wirklich ist.

Selbstverständlich erkenne ich eine Bevölkerungsbewegung "weg vom Westen". Genauer müsste man eigentlich sagen Weg von einem in sich geschlossenen Westen. Was ist denn zum Beispiel der Brexit anderes? Und gerad heute früh hörte ich einen Kommentar ... da hieß es: Man solle sich Biden nicht etwa als eine Art gutwilligen Politik-Opa vorstellen, der nun wieder die gute alte multilaterale Welt und das Atlantik-Bündnis der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederherstellt. In der Frage "America First" sei er keinen Deut weniger knallhart als Trump. Und ein Land wie Ungarn ist viel viel zu klein und unbedeutend als dass es da jemals eine Richtung "hin" geben könnte. Wobei das auch nicht ganz stimmt. Eine der deutschsprachigen und eigentlich schon fast untergegangen Wochenzeitungen ("Balaton-Zeitung") feiert seine Wiederauferstehung. Wegen der Tatsache des anhaltenden Booms der Errichtung von "Rentner-Refugien" in touristisch attraktiven Regionen. Es liegt eben einfach ein Stück näher an Deutschland als Mallorca. Und da musst du einfach mal die Augen und Ohren öffnen: Was meinst du wieviele Menschen es in Deutschland gibt, die offen oder versteckt denken oder auch sagen: Orbán: Der macht es richtig! Warum hat uns der liebe Gott statt eines Orbáns eine Merkel gesandt? Und auch hier denke ich mir meinen Teil dazu.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Erkennst Du denn eine relevante Bevölkerungsbewegung weg vom "Westen" in Richtung der mitteleuropäischen Länder wie Ungarn oder Polen ?
Diese Frage ist aus meiner Sicht in diesem Zusammenhang nicht zulässig. In der EU gibt es ein Wohlstandsgefälle von West-Mitteleuropa nach Ost-Mitteleuropa, für das ich die EU aber nicht verantwortlich mache, sondern die Nachkriegsgeschichte Europas. Es gibt also schon eine nennenswerte Zuwanderung aus der Ukraine nach Ost-Polen... und Polen nutzt diese Zahlen, um sich der Verteilung von Asylbewerbern auf alle EU-Partner zu widersetzen.

In Deutschland leben und arbeiten 700.000 Polen; an solche Zahlen kommt die Zuwanderung aus dem Westen natürlich nicht heran.

Sie hätten aber auch fragen können, ob es denn eine relevante Bevölkerungsbewegung von Deutschlands Westen in die östlichen Bundesländer gibt. Da wäre meine Antwort sehr ähnlich ausgefallen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Was meinst du wieviele Menschen es in Deutschland gibt, die offen oder versteckt denken oder auch sagen: Orbán: Der macht es richtig! Warum hat uns der liebe Gott statt eines Orbáns eine Merkel gesandt? Und auch hier denke ich mir meinen Teil dazu.
Klar gibt es die. Die Sonntagsfrage zeigt, daß etwa 11% unserer befragten Mitbürger sich in nationalstaatlicher Enge wohler zu fühlen scheinen als in der EU, und daß auch zwielichtiges Führungspersonal ihnen keine Sorgen macht.

Um es einmal anders aus zu drücken: Frau Merkel haben die wohl nicht gewählt... :p
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:12)

Also erstmall: Häh? Ich hab doch überhaupt nix von "Untergang" geschrieben. Oswald Spengler stand mit ganzem Herzen auf einer bürgerlich-konservativ-nationalistischen Seite. Und von daher ist es verständlich, dass er Veränderungen jeder Art als "Untergang" wahrnahm. Ich habe geschrieben, dass ich lediglich nicht in einer altväterlich-zurückgelehnten Art von der Überlegenheit des Westens sprechen will sondern zumindest versuche, die Welt so zu sehen wie sie wirklich ist.

Selbstverständlich erkenne ich eine Bevölkerungsbewegung "weg vom Westen". Genauer müsste man eigentlich sagen Weg von einem in sich geschlossenen Westen. Was ist denn zum Beispiel der Brexit anderes? Und gerad heute früh hörte ich einen Kommentar ... da hieß es: Man solle sich Biden nicht etwa als eine Art gutwilligen Politik-Opa vorstellen, der nun wieder die gute alte multilaterale Welt und das Atlantik-Bündnis der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederherstellt. In der Frage "America First" sei er keinen Deut weniger knallhart als Trump. Und ein Land wie Ungarn ist viel viel zu klein und unbedeutend als dass es da jemals eine Richtung "hin" geben könnte. Wobei das auch nicht ganz stimmt. Eine der deutschsprachigen und eigentlich schon fast untergegangen Wochenzeitungen ("Balaton-Zeitung") feiert seine Wiederauferstehung. Wegen der Tatsache des anhaltenden Booms der Errichtung von "Rentner-Refugien" in touristisch attraktiven Regionen. Es liegt eben einfach ein Stück näher an Deutschland als Mallorca. Und da musst du einfach mal die Augen und Ohren öffnen: Was meinst du wieviele Menschen es in Deutschland gibt, die offen oder versteckt denken oder auch sagen: Orbán: Der macht es richtig! Warum hat uns der liebe Gott statt eines Orbáns eine Merkel gesandt? Und auch hier denke ich mir meinen Teil dazu.
Ist bei mir so angekommen wie "Untergang" in dem Versuch die Welt so zu sehen wie sie wirklich ist.

"Genauer müsste man eigentlich sagen Weg von einem in sich geschlossenen Westen." Jetzt verstehe ich Dich besser.

Gab es denn je einen ?

Frankreich ist mit der NATO nie wirklich glücklich gewesen und GB nie mit der EU. Deutschland (Italien, Spanien ?) jedoch mit beidem. Ich bitte mir in meiner deutschen Arroganz zu verzeihen, wenn ich jetzt viele Nachbarn einfach so weggedacht habe mit ihren Eigenheiten.

Die USA war als Weltmacht immer der "Taktgeber" des Westens und versucht wieder nach Trump in diese Position zurückzukehren. Wird wohl gelingen, wenn sie die Republikaner von der Macht weghalten. Soll die EU (jetzt ohne GB) sich hierzu wie verhalten ?
Ein Ziel scheint zumindest nach der Asien-Nato sicher: gegen China.
Zuletzt geändert von Haegar am Mo 20. Sep 2021, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

H2O hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:18)

Diese Frage ist aus meiner Sicht in diesem Zusammenhang nicht zulässig. In der EU gibt es ein Wohlstandsgefälle von West-Mitteleuropa nach Ost-Mitteleuropa, für das ich die EU aber nicht verantwortlich mache, sondern die Nachkriegsgeschichte Europas. Es gibt also schon eine nennenswerte Zuwanderung aus der Ukraine nach Ost-Polen... und Polen nutzt diese Zahlen, um sich der Verteilung von Asylbewerbern auf alle EU-Partner zu widersetzen.

In Deutschland leben und arbeiten 700.000 Polen; an solche Zahlen kommt die Zuwanderung aus dem Westen natürlich nicht heran.

Sie hätten aber auch fragen können, ob es denn eine relevante Bevölkerungsbewegung von Deutschlands Westen in die östlichen Bundesländer gibt. Da wäre meine Antwort sehr ähnlich ausgefallen.
Mich hätten schon auch die Einwanderer aus F, ESP, I, GR usw. interessiert. Deshalb meine hinterfotzige Frage... :D
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Haegar hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:38)

Mich hätten schon auch die Einwanderer aus F, ESP, I, GR usw. interessiert. Deshalb meine hinterfotzige Frage... :D
Diese "Westler" fragen natürlich auch nach ihren Lebensbedingungen vor Ort in der Fremde. Und wenn die nicht besser sind als zu Hause, dann ist die Entscheidung, wohin man allenfalls auswandern würde, doch wohl klar. :)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:27)

Klar gibt es die. Die Sonntagsfrage zeigt, daß etwa 11% unserer befragten Mitbürger sich in nationalstaatlicher Enge wohler zu fühlen scheinen als in der EU, und daß auch zwielichtiges Führungspersonal ihnen keine Sorgen macht.

Um es einmal anders aus zu drücken: Frau Merkel haben die wohl nicht gewählt... :p
Ja, das ist natürlich richtig. Das müsste man zuallererst jenen sagen, die überall und immer das Märchen vom Opferstatus verbreiten. Dass man hoffnungslos der Meinungsherrschaft eines linksgrünen Mainstreams, eines "Systems" einschließlich einer nach links verschobenen CDU ausgesetzt ist. Immer mit einem Pflaster auf dem Mund. Und dass eigentlich niemand mehr in der Bundesrepublik seine eigene Meinung aussprechen dürfe, wenn sie diesem linkgrünen Mainstream nicht in den Kram passt.

Bei diesen Umfragen muss man aber aufpassen. Wenn man sich den Gang der Weltpolitik anschaut. Der wird eher selten von mehr oder weniger passiven Mehrheiten bestimmt.

Sie leben ja in Polen. Polen hat rein statistisch in der Bevölkerung eine der höchsten Zustimmungsraten zur EU in Europa. Und gleichzeitig so ziemlich die größten Differenzen zwischen den EU-Institutionen und der Landesregierung. Wie lässt dieser eklatante Widerspruch erklären? Ist die Regierung auf nichtdemokratischem Weg an die Macht gekommen? Klares Nein. Bekennen sich so viele Polen zur EU, weil sie sich deshalb einfach Vorteile ohne Eigenleistung versprechen? Eher nein. An der Ablehnung der Namensänderung im heute Nordmazedonien genannten Staat durch einen großen Teil der Menschen mit der möglichen Folge eines Endes der EU-Perspektive wegen der Blockade Griechenlands sieht man ganz klar, dass man solche Vorteilserwägungen nicht einfach als prinzipiell gegeben voraussetzen kann. Der Gang der Weltpolitik folgt nicht einfach nur einem Mehrheitswillen. Weil dieser Mehrheitswillen von, ich nenne es mal "tektonischen Verschiebungen" abhängig ist. Es gibt global betrachtet schon seit einiger Zeit eine Verschiebung hin zu "Identität, Tradition, Souveränität". Auch wenn die gleichnamige EU-Parlamentsfraktion klein und unbedeutend war und inzwischen nicht mehr existiert. Für die übergroße Mehrheit der Menschen in Deutschland ist - so vermute ich jedenfalls - "EU" vor allem und inzwischen mit Sicherheit und Stabilität verbunden. Sie werden das Konzept "EU-Gemeinschaft" nicht einfach so in die Tonne treten. Nicht weil sie die EU lieben, sondern weil sie - wie vermutlich alle Lebewesen - eher auf die Strategie "Minimierung des maximalen Risikos" als auf die Strategie "Maximierung des minimalen Gewinns" setzen.

Ich wusste das bislang gar nicht so richtig und vielleicht ist das ja auch eine neuere Erkennntis oder vielleicht habe ich das ganze auch nicht richtig oder überhaupt nicht kapiert: Die Evolution auf der Ebene der Genetik vollzieht sich nicht einfach nach einem blinden Trial-and-Error-Prinzip. Es gibt sozusagen immer einen großen konservativen Teil der Gene und einen kleineren "explorierenden" Teil. Der konservative Teil sorgt dafür, dass Änderungen nicht in die Katastrophe führen. Der explorierende Teil sorgt dafür, dass immer auch nach neuen Möglichkeiten gesucht wird. Tut sich so eine (wirkliche oder vermeintliche) Möglichkeit auf, so wird im Nu der konservative Teil überstimmt. Und es findet ein auch möglicherweise radikaler Übergang statt. Und in gewisser Hinsicht scheint es mir, dass es da Parallelen in der politischen Entwicklung gibt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Haegar hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:34)

Ist bei mir so angekommen wie "Untergang" in dem Versuch die Welt so zu sehen wie sie wirklich ist.

"Genauer müsste man eigentlich sagen Weg von einem in sich geschlossenen Westen." Jetzt verstehe ich Dich besser.

Gab es denn je einen ?
Ja. Ich denke schon. Mir sind die Ambitionen Frankreichs, sich als eigenständige Supermacht zu etablieren, auch als eigenständige Atommacht, bekannt. Es gab diesen mehr oder weniger in sich geschlossenen "Westen" u.a. deshalb, weil es einen "Osten" gab. Und es gibt ihn u.a. deshalb nicht mehr, weil es diesen "Osten", sprich das SU-beherrschte System des Staatssozialismus nicht mehr gibt.

Man betrachte dazu nur einmal und als Beispiel die Entwicklung der Türkei. Sie wurde - fast völlig unabhängig von innenpolitischen Entwicklungen - gebraucht als NATO-Mitglied. Als strategisch äußerst wichtiges Land direkt am Südrand der SU. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass diese kemalistisch-nationalistische, säkulare NATO-Türkei fester Bestandteil dieses sogenannten "Westens" war. Ist sie nicht mehr. Überhaupt nicht mehr. Weil sich diese Ost-West-Polarisierung aufgelöst hat. Und an ihre Stelle ein diffuses Kämpfen um globale oder regionale Vorherrschaft getreten ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 11:21)

..
Ich wusste das bislang gar nicht so richtig und vielleicht ist das ja auch eine neuere Erkennntis oder vielleicht habe ich das ganze auch nicht richtig oder überhaupt nicht kapiert: Die Evolution auf der Ebene der Genetik vollzieht sich nicht einfach nach einem blinden Trial-and-Error-Prinzip. Es gibt sozusagen immer einen großen konservativen Teil der Gene und einen kleineren "explorierenden" Teil. Der konservative Teil sorgt dafür, dass Änderungen nicht in die Katastrophe führen. Der explorierende Teil sorgt dafür, dass immer auch nach neuen Möglichkeiten gesucht wird. Tut sich so eine (wirkliche oder vermeintliche) Möglichkeit auf, so wird im Nu der konservative Teil überstimmt. Und es findet ein auch möglicherweise radikaler Übergang statt. Und in gewisser Hinsicht scheint es mir, dass es da Parallelen in der politischen Entwicklung gibt.
Das liest sich für mich, wohl in der Kürze, sehr sozialdarwinistisch an. Und damit wieder in der Nähe von Oswald Spengler. ;) :D
Und wird daher in der Tradition des moralischen Fehlschlusses von mir abgelehnt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

Frankreich steht nicht alleine da, nachdem sich Australien nicht an Verträge zu halten gedenkt:

https://www.spiegel.de/ausland/u-boot-s ... 870fdff596
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Diese Entwicklung im Westen muß man aber doch auch unter ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Natürlich dürfen Verbündete auch in Friedenszeiten... und besonders dann!... nicht in dieser Weise miteinander umspringen!
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 3#p5074825

Frankreich bekommt nun in der EU... zumindest von der Seite der EU-Amtsträger... breite verbale Unterstützung im geplatzten U-Bootsgeschäft mit Australien. Dem DLF zufolge hat auch unser Außenminister Maaß das Vorgehen von USA, GB und AUS getadelt. Alles schön und gut, und einem geprellten und gekränkten Partner tut diese Solidarität sicher gut. Aber Parteinahme kann kein Ersatz für eine zukunftsgerichtete Politik der EU sein!

Genau dort liegt aber doch zu vieles im Argen. Der Weg zu einem gemeinsamen europäischen wirtschaftlichen, politischen und weltpolitischen Auftritt wird versperrt durch engstirnige nationale Interessen der Partner. Im Zweifelsfall sucht jeder EU-Partner seinen bevorzugten Platz im Orchester der ganz Großen, was geradezu lächerlich wirkt angesichts der bestehenden Unterschiede der wirtschaftlichen, weltpolitischen und militärischen Fähigkeiten. GB mit seinen "special relationships" und "Global Britain" will heute nicht mehr so recht passen zu einem Land mit 65 Mio Einwohnern und dennoch beeindruckender Vergangenheit... die nie wieder kommen kann. Aber GB ist seit einiger Zeit auch kein Bestandteil der EU mehr... taugt aber immer noch als schlechtes Beispiel.

Nun kann unsereiner als überzeugter Europäer und Unionsbürger nur hoffen, daß unsere Partnerstaaten die altgewohnten Verbindungen allmählich, aber stetig, auf die EU als gemeinsame Plattform übertragen, also eine gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik entsteht. Das beste, was den wachsam beobachtenden Weltmächten passieren kann, das sind Europäer, die eifersüchtig um den besten Platz an der Tafel der Mächtigen buhlen und sich in ihrer Eifersucht auch anstacheln lassen. Divide et impera; damit hat das alte Rom seine Macht ausgebaut.

Man wird ja wohl noch einmal davon träumen dürfen, was möglich wäre, wenn bestimmte Einsichten sich durchsetzten!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Michael Alexander »

H2O hat geschrieben:(21 Sep 2021, 20:17)
Frankreich bekommt nun in der EU... zumindest von der Seite der EU-Amtsträger... breite verbale Unterstützung im geplatzten U-Bootsgeschäft mit Australien.
Tja, die EU kann halt gut labern; auch weiss von der Leyen sehr gut, vom wem sie inthronisiert wurde und wessen Lied sie zu singen hat. Aussenpolitische Kohärenz und militärische Macht hat die EU keine, und wird sie auch nicht haben, da diese einen halbwegs homogenen Nationalstaat und gemeinsamen Volkswillen voraussetzen.

Von daher hat das ganze Herumlabern keine Konsequenz und andere Mächte handeln eben so, wie sie das für richtig halten, unabhängig von der Einschätzung der EU.

Die EU bekommt allerdings einen Orden als Wächterin der Obermoral, und darf sich dafür einen Lolli kaufen.
H2O hat geschrieben:(21 Sep 2021, 20:17)
Dem DLF zufolge hat auch unser Außenminister Maaß das Vorgehen von USA, GB und AUS getadelt.
:D Die Welt erzittert vor dem Machtwort, das Maas gesprochen hat.

Ernsthaft, glaubst du wirklich, diese Witzfigur würde irgendwo ausserhalb Deutschlands ernst genommen? Maas wird in diversen Entwicklungsländern allenfalls als einfach nutzbares Scheckbuch wahrgenommen, aber in den USA, GB oder Australien ist dieser Mann unbekannt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

@ Michael Alexander:

Ihre Verachtung der gewachsenen europäischen Strukturen drücken Sie hier nun einmal gern aus. Aber eher in der erkennbaren Absicht, das Erreichte zu vernichten oder es wenigstens verächtlich zu machen. Lust am Untergang!

Im Gegensatz zu Ihnen versuche ich aus erkannten Mängeln Wege zur Verbesserung des schlechten Zustands auf zu zeigen. Das sollte der künftige Weg Europas und der EU sein. Der ist zwar dornig und mühevoll, aber er hat Zukunft.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

H2O hat geschrieben:(21 Sep 2021, 21:20)

@ Michael Alexander:

Ihre Verachtung der gewachsenen europäischen Strukturen drücken Sie hier nun einmal gern aus. Aber eher in der erkennbaren Absicht, das Erreichte zu vernichten oder es wenigstens verächtlich zu machen. Lust am Untergang!
....
Es ist doch bekannt das die rechtsextremen Menschenfeinde versuchen hier dadurch an die Macht zu kommen. Dafür muss es "Deutschland schlecht gehen" und dafür muss die EU scheitern. Weil beides nicht gelingt versuchen Sie es schlecht zu reden oder verächtlich zu machen. Da sie Menschenfeinde sind, sind ihnen diese in Deutschland und der EU sowie so egal.
amircamdzic
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von amircamdzic »

EU? Vielleicht als Jugoslawien?
Michael Alexander
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Michael Alexander »

Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 09:58)

Es ist doch bekannt das die rechtsextremen Menschenfeinde versuchen hier dadurch an die Macht zu kommen. Dafür muss es "Deutschland schlecht gehen" und dafür muss die EU scheitern. Weil beides nicht gelingt versuchen Sie es schlecht zu reden oder verächtlich zu machen. Da sie Menschenfeinde sind, sind ihnen diese in Deutschland und der EU sowie so egal.
Unglaublich, wie hier jeder kritische und realistische Blick auf EU und deutsche Aussenpolitik als "rechtsextreme Menschenfeindschaft" charakterisiert wird.

Hast du ausser Heuchelei und Diffamierung auch etwas zur Sache beizutragen? Hast du überhaupt mitbekommen, worum es geht?

Die EU kann nicht erwarten, dass sie von den USA als Partner im Indopazifik akzeptiert wird, solange sie parallel dazu Abkommen mit China anstrebt. China ist nämlich das Land, gegen das sich die ganze Initiative richtet.

Dass Australien eher auf USA und GB als auf Frankreich und die EU vertraut, ist nur logisch. Atom-U-Boote dürften sicherlich auch konventionellen U-Booten überlegen sein.

Deutschland kann nicht erwarten, mit einem Aussenministerdarsteller wie Maas, einer nicht existierenden aussenpolitischen Strategie, und einer kaum einsetzbaren Bundeswehr auf internationaler Bühne ernst genommen zu werden, ausser wenn es darum geht, dass Deutschland mal wieder Geld verteilen soll.

Jetzt verstanden? Was sind deine Argumente dagegen?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

Michael Alexander hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:30)

Unglaublich,....
Treffer auf A8...
Michael Alexander hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:30)
Die EU kann nicht erwarten, dass sie von den USA als Partner im Indopazifik akzeptiert wird, solange sie parallel dazu Abkommen mit China anstrebt. China ist nämlich das Land, gegen das sich die ganze Initiative richtet.

Dass Australien eher auf USA und GB als auf Frankreich und die EU vertraut, ist nur logisch. Atom-U-Boote dürften sicherlich auch konventionellen U-Booten überlegen sein.
Was hat Dein Partnersatz mit dem U-Boot-Vertragsbruch durch Australien zu tun ? Die EU kann für ihre Mitgliedsstaaten erwarten, dass Verträge eingehalten werden.

Übrigens lehnt das EU-Parlament jedes Abkommen mit China ab:

https://www.europarl.europa.eu/news/de/ ... n-bestehen

Ob das Vertrauen in Verträge mit GB wirklich eine Basis in Boris Johnson hat, kann zumindest seit dem Verhalten im Nordirlandprotokoll angezweifelt werden.
Michael Alexander hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:30)
Deutschland kann nicht erwarten, mit einem Aussenministerdarsteller wie Maas, einer nicht existierenden aussenpolitischen Strategie, und einer kaum einsetzbaren Bundeswehr auf internationaler Bühne ernst genommen zu werden, ausser wenn es darum geht, dass Deutschland mal wieder Geld verteilen soll.

...
Und weiter geht es mit der "rechtskonservativen" Diffamierung. Wie voraussehbar diesmal dann Treffer auf H8 :D
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Cobra9 »

Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:59)

Treffer auf A8...



Was hat Dein Partnersatz mit dem U-Boot-Vertragsbruch durch Australien zu tun ? Die EU kann für ihre Mitgliedsstaaten erwarten, dass Verträge eingehalten werden.

Übrigens lehnt das EU-Parlament jedes Abkommen mit China ab:

https://www.europarl.europa.eu/news/de/ ... n-bestehen

Ob das Vertrauen in Verträge mit GB wirklich eine Basis in Boris Johnson hat, kann zumindest seit dem Verhalten im Nordirlandprotokoll angezweifelt werden.



Und weiter geht es mit der "rechtskonservativen" Diffamierung. Wie voraussehbar diesmal dann Treffer auf H8 :D


Verträge? Mitnichten nach meinem Wissen so einfach .


Denn: Die französische Regierung war längst gewarnt. Im April schon hatte Australien ein weiterführendes Abkommen mit dem französischen Rüstungskonzern DCNS zum Bau dieselgetriebener U-Boote nicht unterzeichnet. Die Gründe lagen auf dem Tisch: Der für die U-Boote hatte sich verdoppelt, technische Vorgaben wurden nicht erfüllt.

https://www.deutschlandfunk.de/europa-u ... d=503342q0


Wenn ich das richtig in einem anderen Bereich im Netz gelesen habe war Australien somit nicht weiter gebunden. Es hat ja die weiterführenden Vereinbarungen abgelehnt mit dem Hinweis das Frankreich seine Pflicht verletzt.




Es kommt hinzu Biden erwartet Zusammenarbeit. Die Frankreich so nicht will.

Deutschland jnein. Aber da sein wenn es brennt sollen die USA. Ich würde dringend anraten einen EU Standpunkt zu finden und dann eine Lösung zu finden mit den USA.

Die sind schon lange sauer auf einige Länder in Europa. Aber das kommt davon wenn jeder seine Suppe kocht und komplett anders agieren will wie die Verbündeten, auf die man angewiesen ist.

China, Russland sehen die USA als Bedrohung. Unsere etwas naive EU inklusive Deutschland, Frankreich als Freund bzw Partner.


Guter Artikel der FAZ

https://m.faz.net/aktuell/politik/ausla ... 47987.html
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Michael Alexander »

Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:59)

Treffer auf A8...



Was hat Dein Partnersatz mit dem U-Boot-Vertragsbruch durch Australien zu tun ? Die EU kann für ihre Mitgliedsstaaten erwarten, dass Verträge eingehalten werden.
Ist denn öffentlich bekannt, was in dem Vertrag steht? Ich würde erwarten, dass gewisse Ausstiegsszenarien vorgesehen sind. Bei so grossen Projekten - es geht um zig Milliarden Euro Volumen - ist das aber häufig auch eher eine politische denn eine juristische Frage.

Ist dir klar, dass der Auftrag eigentlich erst an Deutschland gehen sollte? Hat sich Frankreich um Deutschland gesorgt, als es ihm den Auftrag wegschnappte? Warum soll Deutschland nun betrübt sein, dass auch Frankreich den Auftrag nicht bekommt? Warum geht die EU-Solidarität denn immer nur in eine Richtung?

Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:59)
Übrigens lehnt das EU-Parlament jedes Abkommen mit China ab:

https://www.europarl.europa.eu/news/de/ ... n-bestehen
Entscheidend für Biden war, was letzten Herbst zwischen EU und China gelaufen ist. Er hat es wohl als Affront empfunden, dass die EU zwar zur Verteidigung auf NATO und USA setzt, aber nicht bereit ist, eine gemeinsame Front gegen China zu halten.

Mir geht es übrigens auch gar nicht so sehr darum, was nun richtig oder falsch ist im Hinblick auf China. Es geht mir eher um eine kluge Strategie, die auch die Konsequenzen des eigenen Handelns im Blick hat.
Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:59)
Ob das Vertrauen in Verträge mit GB wirklich eine Basis in Boris Johnson hat, kann zumindest seit dem Verhalten im Nordirlandprotokoll angezweifelt werden.
Ich kann nur sagen, dass es für Deutschland in der Vergangenheit fast immer besser gelaufen ist, mit angelsächsischen Ländern verbündet zu sein als mit irgendwelchen anderen Ländern. Derzeit sorgen die USA für die Sicherheit u.a. Deutschlands, Polens, des Baltikums, Südkoreas und Japans. Grossbritannien ist zusammen mit Frankreich die stärkste Militärmacht Europas und hat nach wie vor enge Verbindungen zu Australien, mit dem es Sprache und politische Kultur teilt.

Versprechungen Deutschlands wiegen dagegen leicht, vor allem, wenn sie militärische Dinge betreffen.
Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 12:59)
Und weiter geht es mit der "rechtskonservativen" Diffamierung. Wie voraussehbar diesmal dann Treffer auf H8 :D
Mit Regierungskritik und offenem Meinungsaustausch auf der Basis von Sachargumenten hast du es offenbar nicht so. Stattdessen greifst andere Diskussionsteilnehmer persönlich an und diffamierst sie. Bitte wundere dich dann nicht, wenn es aus dem Wald ähnlich zurückhallt, wie du hineingerufen hast.

Denkst du, dass dies einer Diskussion förderlich ist? Warum probierst du es nicht mit Sachargumenten?

Welcher ausgewiesene aussenpolitische Beobachter ist denn der Überzeugung, dass Maas ein guter Aussenminister ist? Dass Deutschland eine konsequente aussenpolitische Strategie verfolgt? Dass die EU sich aussenpolitisch kohärent verhält?

Welche Erfolge hat Maas denn vorzuweisen? Namibia? Afghanistan?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

Cobra9 hat geschrieben:(22 Sep 2021, 13:47)

Verträge? Mitnichten nach meinem Wissen so einfach .


Denn: Die französische Regierung war längst gewarnt. Im April schon hatte Australien ein weiterführendes Abkommen mit dem französischen Rüstungskonzern DCNS zum Bau dieselgetriebener U-Boote nicht unterzeichnet. Die Gründe lagen auf dem Tisch: Der für die U-Boote hatte sich verdoppelt, technische Vorgaben wurden nicht erfüllt.

https://www.deutschlandfunk.de/europa-u ... d=503342q0


Wenn ich das richtig in einem anderen Bereich im Netz gelesen habe war Australien somit nicht weiter gebunden. Es hat ja die weiterführenden Vereinbarungen abgelehnt mit dem Hinweis das Frankreich seine Pflicht verletzt.




Es kommt hinzu Biden erwartet Zusammenarbeit. Die Frankreich so nicht will.

Deutschland jnein. Aber da sein wenn es brennt sollen die USA. Ich würde dringend anraten einen EU Standpunkt zu finden und dann eine Lösung zu finden mit den USA.

Die sind schon lange sauer auf einige Länder in Europa. Aber das kommt davon wenn jeder seine Suppe kocht und komplett anders agieren will wie die Verbündeten, auf die man angewiesen ist.

China, Russland sehen die USA als Bedrohung. Unsere etwas naive EU inklusive Deutschland, Frankreich als Freund bzw Partner.


Guter Artikel der FAZ

https://m.faz.net/aktuell/politik/ausla ... 47987.html
FAZ leider hinter Bezahlschranke.

Ob die Gründe für die das Nichtunterzeichnen der weiterführenden Verträge wirklich in den behaupteten Punkten lagen, oder in den möglicherweise bereits vorliegenden Angebot der USA und GB können wir beide nicht sagen.
Und das werden evtl. (Schieds-)Gerichte (wenn zuständig) entscheiden. Ich denke auch, dass einer der drei Gründe vorgelegen hat. Den "französische Aufstand" sehe ich eher in Richtung Kompensationzahlungen(-aufträge). Man darf nicht vergessen, dass es ein Ausschreibungsverfahren gegeben hat in dem sich der französische Anbieter durchgesetzt hat und auch Kosten dadurch entstanden sind, dass er sich auf diese Folgeverträge verlassen durfte.

Die Unterstützung F durch die EU finde ich daher begrüßenswert. Und wo Du eine naive EU sehen willst, die für ihre Mitglieder auch gegenüber den USA eintritt kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Cobra9 »

Haegar hat geschrieben:(22 Sep 2021, 14:08)

FAZ leider hinter Bezahlschranke.

Ob die Gründe für die das Nichtunterzeichnen der weiterführenden Verträge wirklich in den behaupteten Punkten lagen, oder in den möglicherweise bereits vorliegenden Angebot der USA und GB können wir beide nicht sagen.
Und das werden evtl. (Schieds-)Gerichte (wenn zuständig) entscheiden. Ich denke auch, dass einer der drei Gründe vorgelegen hat. Den "französische Aufstand" sehe ich eher in Richtung Kompensationzahlungen(-aufträge). Man darf nicht vergessen, dass es ein Ausschreibungsverfahren gegeben hat in dem sich der französische Anbieter durchgesetzt hat und auch Kosten dadurch entstanden sind, dass er sich auf diese Folgeverträge verlassen durfte.

Die Unterstützung F durch die EU finde ich daher begrüßenswert. Und wo Du eine naive EU sehen willst, die für ihre Mitglieder auch gegenüber den USA eintritt kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
Eu naiv ist doch eigentlich nicht neu. Seit 1990 predigt jede US Regierung erfüllt eure Versprechen, Verpflichtungen und entwickelt eine ernsthafte, Glaubwürdigkeit.

Was Deutschland, Frankreich ect nicht getan haben. Die EU hat keine gemeinsame Außen, Sicherheit, Verteidigungspolitik.

Jeder macht was Er will eigentlich. Am ehesten ist die EU ein Wirtschaftspolitik Verbund.

Und naiv so zu tun als könne man den USA viel tun in den Konstellationen. In Washington lacht man doch drüber.

France First, Germany Firtst aber wenn es donnert schreit man nach Onkel Sam. Weil wir abhängig sind.

Was hat Europa eigentlich für eine Idee bezüglich geschlossenem Auftreten und Weltpolitik mitgestalten wirklich. Seh Ich keine andere, als so viel wie möglich Profit mit so wenig wie möglich Risiko und Einsatz zu generieren unterm Schutzpolizei Schirm der USA. Bisher wurde die EU doch immer von den USA zumindest ein bißchen protektioniert. Wenn das aber jetzt wegfällt, steht die EU ziemlich bescheiden da.

Die USA, sowohl Demokraten, als auch Republikaner ,sind der Meinung, dass Europa sich selbst verteidigen soll und wenn man die USA will gelten gemeinsame Regeln.

Merkel, Marcron wollen das nicht. Ok. Aber dann muss man was tun und eigenständiger werden. Was nicht passiert Biden hat nicht gefallen was die letzten Jahre lief. Merkel macht so weiter.

Tja dann gibt's Quittungen die zeigen jetzt geht's anders . Unser Hängematte-Politiker von CDU/CSU, SPD und FDP, als auch Teile der Grünen sind der Meinung, wir leben noch in den 60ern bis 90ern.

Friede Freude Eierkuchen. Der Abzug aus Afghanistan, als auch der Deal mit den U-Booten sollte eigentlich dem blödesten gezeigt haben, was Sache ist mittlerweile.
Alle Staaten in der EU, die eine gemeinsame Außenpolitik und Verteidigungspolitik wollen, sollten sich zusammenschließen und vorangehen, wie beim Euro!


Nicht übermorgen. Die Laender, die nicht mitmachen wollen, sollen weiter davon träumen, dass die USA sie verteidigen und unterstützen zum Nulltarif bzw draufzahlen.

Die EU ergreift keine deutliche Position gegen China und Russland. Dann sorgen die USA für sich selbst.

Wir werden die nächsten 20 Jahre keine EU Armee haben die den Namen verdient.

Entweder wir machen die aber besser und stärker, etwa wie die Vereinigten Staaten von Europa, und sind starke, ernstzunehmende Player und auf Augenhöhe mit den USA und China, oder wir sind ein Haufen Einzelstaaten, jeder für sich zu klein um etwas zu bewegen, und als Gruppe hilflos weil uneinig.

Nein wir würgen uns gegenseitig noch mit Projekten wie NS2 gegenseitig eine rein.

Deutschland hat in Wales damals viel versprochen. Immer mehr in der Zwischenzeit und null, null geliefert.

Wer soll es noch Ernst nehmen was unsere Politiker treiben bei Streitkräften Außenpolitik.....

Aber gut gehört unter schlechte Politik. Naiv zu sein gehört zur EU. Oder Europa scheinbar. Seit Obama deutlich laut gesagt hat China ist kein Freund hätte man überlegen müssen. Dann Russland.

Insofern manifestiert sich hier das, was Ex-US-Präsident Barack Obama als Politik des "Asian Pivot" angekündigt hatte in der Summe betreffend China. Das Biden mit Deutschland grollt war erkennbar wegen Russland und China. Dito Frankreich .

All das wurde lange und unter strikter Geheimhaltung vorbereitet, aber mit Vorwarnung. Frankreich lehnte doch ab wie andere Staaten deutlich dabei zu sein.

Wirtschaft. Seeeeeehr wichtig.

Das schafft eine neue Sicherheitsarchitektur, welche die nächsten Jahrzehnte bestimmen wird und ohne Nato direkt. Soll Frankreich doch schmollen.

Es sollte nicht übersehen werden, dass es dabei um viel mehr geht als um ein paar neue Unterseeboote für die australische Marine.

Ganz bestimmt nicht. Eine neue anglozentrische Infrastruktur für Verteidigung soll neueste Technologien im Bereich Künstliche Intelligenz, Quanten-Computer, Cybersicherheit und einiges mehr bündeln. Das ist für Australien ein super Deal und China muss die USA sehr Ernst nehmen.


Dabei liegt die Lösung auf der Hand was zu tun ist. Die Europäer, vor allem auch die Deutschen, müssen endlich das 21. Jahrhundert akzeptieren und von ihrer Denke wegkommen, dass ihnen immer jemand zu Hilfe kommt.



Was die Verträge angeht. Wenn Frankreich die nicht eingehalten hat, was Australien sagt und eigentlich auch belegt glaubwürdig - dann war die Verweigerung der weiteren Papiere im April gerechtfertigt und der Cut auch.

Frankreich hat sogar die 50 % nochmal canceln wollen und Technologien Transfer einschränken. Sorry da versteh ich Australien.

Was mir bekannt ist stand heute spricht einiges dafür das Frankreich eher beleidigt ist, schockiert und im Frühjahr die Wahlen kommen. Das ist natürlich blöde die Regierung dort sowas jetzt.

Geld hat Frankreich bisher nach meinem Info Stand für die jeweiligen Schritte wie vereinbart erhalten.

Und wenn der Vertrag sagt im April hätte Australien das erneut unterschreiben sollen, es aber aus bekannten Gründen nicht getan hat muss Frankreich beweisen es ist nicht wie im Raum steht.


Ich denke Australien hat im Moment gesehen eher die besseren Chancen im Streitfall. Frankreich hat die Verträge einfach nicht im Inhalt und fristgerecht erfüllt.

Mittelfristig ist Europa in der jetzigen Lage für die Chinesen nicht mehr als ein Frühstückchen, vor allem wenn man sich weiterhin in Einzelportionen anbietet.

Aber Frankreich will das nicht ändern wirklich.

Die von Frankreich viel beschworene Europäische Verteidigungsallianz scheitert schon daran, dass es seine Atomwaffen nicht einbringen will. Eine Allianz, in der die ultimative Abschreckung in der Verfügung eines einzigen Mitglieds steht, ist keine Allianz gleichberechtigter Partner.

Dito bei Rüstungskonzernen und Projekten ist Frankreich Na ja.

M.a.W. will Frankreich eine Position wie aktuell die USA einnehmen, ohne jedoch auch nur entfernt die ökonomischen und konventionellen Ressourcen zu besitzen, diese Position auch auszufüllen.

Mit diesem sicherheitspolitischen Ansatz wird Frankreich noch öfters frustriert werden. Naiv ist es wieder was passt.




Europa wirkt auf den Rest der Welt wahrscheinlich wie ein Haufen überalterter besserwisserischer zerstrittener Länder die man nicht mehr Ernst zu nehmen braucht. Ich habe regelmäßig im Ausland zu tun. Das ist oft so was man hört.

Weder wirtschaftlich noch militärisch mit Gewicht in der Einzelform. Deswegen machen Russland, China und die USA schon lange was sie wollen und ein gespaltenes Europa spielt da kaum noch eine Rolle.

Versuchen Sie mal in Deutschland eine kleine Siedlung mit 10 Häusern zu bauen. Da sind 3 Jahre für die ganzen Genehmigungen schon schnell. In der gleichen Zeit, baut China 10 Kleinstädte komplett neu auf.

Und wir zerlegen die EU gleich mit in Teilen.


Die Betroffenheit einiger Länder über den U-Boot Kauf ist deshalb heuchlerisch.
Merkel und Macron haben kürzlich und klammheimlich ein Wirtschaftsabkommen
mit China geschlossen, ohne die USA mit einzubeziehen. Hat Merkel Rücksicht auf die USA genommen mit Russland. Nope. Hervorragende Handelsbeziehungen mit China haben und gleichzeitig sich unter dem Schutzschirm der USA stellen ist sicherlich politisch in Berlin zu vertreten. Oder Paris.

Die Deutschen haben gegen erhebliche Bedenken der USA (und anderer Europäer) NS2 durchgeboxt, die EU das umstrittene Wirtschaftsabkommen abgeschlossen. Kann Ich weitermachen falls gewünscht .


Gegenüber China übertrifft sich Europa darin wer den unterwürfigsten Kotau anbieten kann, egal was Peking in Sachen Menschenrechtsverletzungen oder Expansionismus veranstaltet. Kein Wunder, dass man da als strategischer Partner nur eingeschränkt Vertrauen und Konsultationswürdigkeit zugesprochen bekommt

Aber natürlich nehmen wir Geld gern ein. Aber Wehe es rappelt. Wo bleibt Onkel Sam. Hilfe Hilde.

Sorry das ist naiv und noch Doppelschleife bei moralischen Fragen


Die EU soll erstmal eine echte EU werden und realistisch werden
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Haegar »

Cobra9 hat geschrieben:(23 Sep 2021, 00:50)

...
Entweder wir machen die aber besser und stärker, etwa wie die Vereinigten Staaten von Europa, und sind starke, ernstzunehmende Player und auf Augenhöhe mit den USA und China, oder wir sind ein Haufen Einzelstaaten, jeder für sich zu klein um etwas zu bewegen, und als Gruppe hilflos weil uneinig.

....

Aber natürlich nehmen wir Geld gern ein. Aber Wehe es rappelt. Wo bleibt Onkel Sam. Hilfe Hilde.

Sorry das ist naiv und noch Doppelschleife bei moralischen Fragen


Die EU soll erstmal eine echte EU werden und realistisch werden
Danke für die emotionale Zusammenfassung. Da bin ich völlig bei Dir.
Wenn man meint kurzfristig schlau zu handeln, ohne zu Ende zu denken ist das in Deinen Augen naiv in meinen Augen dumm.

Für mich auch klar erkennbar, dass die eher konservativen Wähler auch auf das Wählerpotential der EU-Skeptiker schielen und wir deshalb auch ein weiterwursteln und Verlassen (für mich eher verlassen sein) auf die USA bauen. Damit sind wir bei den sog. Transatlantiker.
Mir fehlt auch der klare Schritt vorwärts der für mich von Frau Merkel nach den Angeboten von Macron, auch wegen oben, vergeigt wurde. Ich sehe zur Zeit eher die EU-Lokomotive F und I mit D als Bremser.
Mal sehen ob ein Regierungswechsel in D was bringt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von amircamdzic »

Haegar hat geschrieben:(21 Sep 2021, 13:53)

Frankreich steht nicht alleine da, nachdem sich Australien nicht an Verträge zu halten gedenkt:

https://www.spiegel.de/ausland/u-boot-s ... 870fdff596
Wie so? Wer ist mit Frankreich? EU? Lachen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Tja, Gehässigkeit ist auch eine menschliche Eigenschaft :( ... Vernunft und Verstand aber auch. :thumbup:

Tatsächlich gibt es unerwartet viele Möglichkeiten in Europa, sich tüchtig in die Haare zu geraten. Die vergangenen Jahrhunderte sind meine Zeugen! Inzwischen hat das Friedensprojekt EU uns ein wenig von dieser Geißel befreit, aber im Hintergrund lauern immer noch mögliche Brandherde, die von dummen Menschen wieder angefacht werden können.

Hier hat sich ein ziemlich unverdächtiges Blatt aufgemacht, diese Konfliktmöglichkeiten einmal in die europäische Landkarte ein zu tragen.

https://deutsche-wirtschafts-nachrichte ... mzrdanbzgy

Was mich an diesem Titel etwas beruhigt, das ist das Fragezeichen. Hoffentlich keine Formvorschrift für die Erstellung eines Links zu einem gespeicherten Artikel... :?:

Ja, Gruppenegoismus oder Nationalismus / Chauvinismus sind Teil unseres Bestrebens, uns in Gemeinschaften gegen Dritte ab zu sichern. So lange es noch Nationalstaaten in der EU gibt, die sich "voll souverän" gebärden, wird es diese zentrifugalen Kräfte geben, die die EU auseinander treiben können.

Allerdings kommt mir die Schlußfolgerung "Rückkehr zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" als oberste Schicht des EU-Zusammenhalts verflixt kurzschlüssig daher. Riecht ein wenig nach "Teile und herrsche!" Ja könnte so sein: Die Verfasser des Beitrags arbeiten in den USA, und für die Menschen dort und ihren Führungsanspruch ist eine EU als politische Kraft eine "schmutzige Konkurrenz".

Ich hatte eher mit einer Entwicklung zu einem Kerneuropa gerechnet, das etwa die heutige Eurogruppe zusammenfaßt... und zugleich alle Segnungen der heutigen EU auf seine "Bundesländer" beschränkt. Und einen Rand der EU, der aus freiem Entschluß dem Kern beitreten kann, wenn er dessen Werte und Errungenschaften in den jeweiligen Verfassungen mit Volksabstimmung und 2/3-Mehrheit übernimmt... entsprechende Anteile seiner "Souveränität" auf die Gemeinschaft überträgt.

Tja, so kann man sich in Träumen verlieren!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

In Polen und Ungarn zeichnen sich Entwicklungen ab, die diese Länder aus der EU in ihrer derzeitigen Form heraus treiben werden. Vermutlich ist das Merkel-Junker-Konzept der einigen EU so nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die EU sollte einen regulären "Norwegenstatus" einführen, der Ländern ihre nationale Souveränität läßt, die mit dem sich entwickelnden europäischen Bundesstaat nicht einverstanden sind.

Dabei muß klar sein, daß wenigstens Marktnormen und Marktregeln in der EU und diesen Randstaaten übereinstimmen, und daß es ein gemeinsam anerkanntes Schiedsgericht gibt, das wirtschaftliche Streitfragen verbindlich entscheidet.

Die "Wertegemeinschaft" und ausgleichende Zahlungsströme können wie in einem Bundesstaat nur innerhalb der EU entwickelt werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von petit.manni »

Quo vadis , Europa und EU ?

Diese Frage , werden sich wohl noch Generationen von Menschen darin lebend , ... stellen .

Das Projekt als solches , kann keine Generation alleine vollenden . Man wird immer nur den Stab an die
nächste Generation weitergeben können und hoffen , das sie vor allem aus den Fehlern der vorherigen
Generation lernt und das Projekt dann wieder ein Stück weiter voranbringt in dem Sie diese Fehler ausmerzt
und dann mit neuen Ideen dazu , das Projekt wieder aufs neue damit belebt und weiterentwickelt .

Für unsere Generation , die zum einen das souveräne Leben innerhalb eines Nationalstaates kennt und dann
der sich mehr und mehr öffnende Nationalstaat von heute , ... wo auch mal der unbequeme kalte globale Wind hereinbläst,
... tun sich sichtlich viele schwer mit Europa , ... als zukünftig gemeinsames Gebilde .

In einer kleinen Zelle = Nationalstaat sich zu organisieren und ein Gemeinwesen zu bauen sowie gemeinsame Nenner
des miteinander zu finden , ... hat man darin gelernt und eigentlich gut hingebracht . Mit viel nationaler Egomanie gegen-
über anderen Staaten , ... aber man hat am Ende was gemeinsames hingebracht zusammen ... im Lande .

Europa über ... einen als gemeinsamen Binnen-Wirtschaftsraum funktionierendes Gebilde ... hinaus ein Bild zu geben ,
bedarf noch Zeit und hat mit der heutigen Generation wenig zu tun . Die primäre Aufgabe heute ist , das Projekt als
solches , am Leben zu erhalten . ... und das Bestreben alleine wird schon schwer genug werden .

Die Welt von morgen mit ihren globalen Problemen , braucht vor allem keine Nationalstaaten mehr .
Die Generationen nach uns kommend, müssen einen Blick ... ein Verständnis ... für den Planeten als ganzes bekommen und nicht
mehr nur ... einen primären ... egoman ausgeprägten ... inneren Blick auf ihr Land ... in dem Sie leben .

Zur Zeit aber , erkennen wir mehr und mehr , das sich alles und jeder in Europa wieder mehr und mehr ins eigene Nationale Schneckenhaus zurückzieht .

Wenn ich es mir wünschen dürfte , sollte Europa wie ein Leuchtturm der Hoffnung für andere , in die Welt hinausstrahlen . Nur davon sind wir
noch meilenweit entfernt . Das egomane der Einzelstaaten überstrahlt immer noch alles andere und verhindert so vieles andere wichtige .


Einstein mit seinem Weitblick formulierte es mal schön .

= Nationalstaaten sind wie eine Kinderkrankheit . Sie sind die Masern der Menschheit .


Ps : Wir können alle dazu , wirklich nur noch auf die nächste Generation hoffen und bauen . :)
Suche ... Weisheit ... Respekt ... und Mitgefühl ... in deinem Leben .
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(10 Oct 2021, 00:48)

In Polen und Ungarn zeichnen sich Entwicklungen ab, die diese Länder aus der EU in ihrer derzeitigen Form heraus treiben werden. Vermutlich ist das Merkel-Junker-Konzept der einigen EU so nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die EU sollte einen regulären "Norwegenstatus" einführen, der Ländern ihre nationale Souveränität läßt, die mit dem sich entwickelnden europäischen Bundesstaat nicht einverstanden sind.
Im Prinzip eine schöne Idee; ein "Norwegenstatus" war ja auch nach dem Brexit Teil der Diskussion.
Die "Wertegemeinschaft" und ausgleichende Zahlungsströme können wie in einem Bundesstaat nur innerhalb der EU entwickelt werden.
Unterschied zu Norwegen und GB: Polen und Ungarn sind auf die von dir dezent "ausgleichenden Zahlungsströme" angewiesen; im Gegensatz zu Norwegen.

BTW: Zahlt das reiche Norwegen eigentlich nichts in die Kassen der EU ein, und profitiert trotzdem vom "Norwegenstatus"?
Dann könnte ein offizieller "Norwegenstatus" auch eine Option für Nettozahler wie z.B. NL sein; daran kann die EU kein Interesse haben.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Tom Bombadil »

H2O hat geschrieben:(29 Sep 2021, 15:16)

Hier hat sich ein ziemlich unverdächtiges Blatt aufgemacht, diese Konfliktmöglichkeiten einmal in die europäische Landkarte ein zu tragen.
Das Blatt ist sogar sehr verdächtig: https://www.psiram.com/de/index.php/Deu ... achrichten
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(10 Oct 2021, 11:33)

Das Blatt ist sogar sehr verdächtig: https://www.psiram.com/de/index.php/Deu ... achrichten
Vielen Dank; ja, darauf hatte mich Vongole schon hingewiesen. Ich bin ganz einfach zu arglos unterwegs!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Maikel hat geschrieben:(10 Oct 2021, 09:14)

Im Prinzip eine schöne Idee; ein "Norwegenstatus" war ja auch nach dem Brexit Teil der Diskussion.
Ich finde, daß dieser Status auch zur "Eingewöhnung" neuer Partner geeignet ist. Dann bleiben jene Partner vom Hof, die nur die Ausgleichszahlungen anlocken, ansonsten aber ihre eigenen Wege gehen möchten... etwa Serbien.
Unterschied zu Norwegen und GB: Polen und Ungarn sind auf die von dir dezent "ausgleichenden Zahlungsströme" angewiesen; im Gegensatz zu Norwegen.
Tja, diese Partner wirken zerstörerisch... sind eben kein Teil der Europäischen Projekts. Daß die EU ihre Selbstzerstörung auch noch finanziert, das dürfte etwas zu viel verlangt sein... meine ich.
BTW: Zahlt das reiche Norwegen eigentlich nichts in die Kassen der EU ein, und profitiert trotzdem vom "Norwegenstatus"?
Doch, Norwegen zahlt mit Sicherheit etwas für die Organisation des Binnenmarkts; aber Ausgleichszahlungen, Regionale Entwicklungsfonds, Landwirtschaft sind außen vor. Müßte ich eigentlich auch genauer nachlesen...
Dann könnte ein offizieller "Norwegenstatus" auch eine Option für Nettozahler wie z.B. NL sein; daran kann die EU kein Interesse haben.
Ja, das wäre eine unschöne Nebenwirkung! Andererseits könnten die Kosten die Niederlande auch ganz aus der EU treiben. Warum sollten die Niederlande keinen NEXIT mit der Option "Norwegen" ansteuern? Hatte man ja den Briten auch angeboten, aber die wollten nur eine Zollunion: Keine Handelsnormen und Schiedsstellen der EU mehr. Das kann aber nicht im Interesse der Niederländer liegen. Die brauchen als Handelsnation den Gemeinsamen Markt zur Sicherung ihres Wohlstands und vor allem offene Grenzen für Dienstleistungen, Arbeitnehmer, Investitionen, Rechtssicherheit...

Mein Strandpunkt: Niemandem ist damit gedient, wenn Partner das Europäische Projekt nur widerwillig auf sich nehmen. Dann sind die gutwilligen Partner zunehmend verärgert, und die widerwilligen auch. Niemand braucht die EU als verzankten Hühnerhaufen... meine ich.
Wähler
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Schreitet die Integration voran?
SZ 15. November 2021 Bei Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung setzt die EU die Spielregeln, aber es stehen schwierige Debatten an
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.5462468
"So beginnen bald im Europaparlament und im Ministerrat, dem Gremium der Mitgliedstaaten, die Verhandlungen über die Klimaschutz-Gesetze, welche die Kommission im Sommer präsentiert hat. Die Rechtsakte sollen die ehrgeizigen Klimaschutz-Ziele der EU umsetzen...
Einer der bedeutendsten Rechtsakte für diesen Bereich ist das Gesetz über digitale Märkte, das es der Kommission erleichtern soll, gegen wettbewerbswidrige Praktiken mächtiger Internetplattformen wie Google, Facebook und Amazon vorzugehen. Hier wollen Ministerrat und Parlament in den kommenden Wochen ihre Verhandlungspositionen festzurren..
Nebenher muss Brüssel noch mit diversen internen und externen Krisen klarkommen: etwa den Folgen der Pandemie, den steigenden Energiepreisen, den Flüchtlingsströmen aus Belarus, dem Streit mit Polen über den Abbau des Rechtsstaats oder dem Gerangel mit Großbritannien über Zollregeln für Nordirland...
Diese Brüsseler Blase, die Gesetzgebungs- und Geldverteilungsmaschinerie der EU, ist seit von der Leyens Amtsantritt noch mächtiger geworden...
Geld bedeutet Gestaltungsmacht - und noch nie hatte ein Kommissionspräsident nur annähernd so viel davon wie nun von der Leyen als erste Frau an der Spitze der Behörde."
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von streicher »

Offenbar will die EU der Seidenstraßen-Intiative der VR etwas entgegenbieten: "Global Gateway".
Zum Beispiel ohne Schuldenfalle für die Entwicklungsländer...

https://www.spiegel.de/wirtschaft/globa ... 296b1b4fff
Die Zukunft ist Geschichte.
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