Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Dieter Winter hat geschrieben:(01 Feb 2020, 10:39)

Bei seiner Rentenreform scheint er sich relativ wenig um die Meinung der Bürger zu scheren. Wobei insofern die französischen Verhältnisse, verglichen mit den deutschen, paradiesisch anmuten.
Den Nachrichten zufolge ist in Frankreich ein Wust von Vergünstigungen entstanden, für die es in unserer Arbeitswelt keine besonders guten Begründungen mehr gibt... außer der Besitzstandswahrung. Und dafür kämpfen die Gewerkschaften gegen den Rest der Mitbürger. Manchmal erinnert mich der Streit an unser häufig neidgetriebenes Gerede von Altersrentnern gegenüber Beamtenpensionen. Ich bin gar nicht neugierig zu erfahren, was sich in Deutschland abspielen würde, wenn diese Strukturen angefaßt werden würden. :p
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Dieter Winter
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Dieter Winter »

H2O hat geschrieben:(01 Feb 2020, 13:30)

Ich bin gar nicht neugierig zu erfahren, was sich in Deutschland abspielen würde, wenn diese Strukturen angefaßt werden würden. :p
Da würde vergleichsweise wenig passieren Die Agenda 2010 löste zwar ein gewisses Missfallen aus, aber letztlich hat es der Michel geschluckt. Da sind die Franzosen, schon aus Tradition, aus anderem Holz.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Dieter Winter hat geschrieben:(01 Feb 2020, 14:13)

Da würde vergleichsweise wenig passieren Die Agenda 2010 löste zwar ein gewisses Missfallen aus, aber letztlich hat es der Michel geschluckt. Da sind die Franzosen, schon aus Tradition, aus anderem Holz.
Wenn's den Leuten an den "sozialen Besitzstand" geht dann werden sie wohl doch böse. In 2004 schmierte unser Land für alle Welt sichtbar durch viel zu hohe Sozialkosten ab. Da hätte man streiken können, um schneller am Ziel an zu kommen. :thumbup:
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Dieter Winter
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Dieter Winter »

H2O hat geschrieben:(01 Feb 2020, 17:29)

Wenn's den Leuten an den "sozialen Besitzstand" geht dann werden sie wohl doch böse. In 2004 schmierte unser Land für alle Welt sichtbar durch viel zu hohe Sozialkosten ab.
Das kann man jetzt glauben, oder auch nicht:

https://causa.tagesspiegel.de/politik/b ... -2010.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Meinungsverschiedenheiten gab es auch 2004. Aber die genannten Zahlen sprechen für sich.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Auf der Sicherheitskonferenz in München fordert Macron erneut den Dialog über die Zukunft der EU zu intensivieren.

"Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht für Europa "den Moment der Wahrheit" gekommen. Bei der 56. Münchner Sicherheitskonferenz plädiert er im Gespräch mit Konferenzleiter Wolfgang Ischinger für ein "Kerneuropa", ohne den Begriff selbst direkt in den Mund zu nehmen. ....

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnt außerdem davor, dass das deutsch-französische Tandem in der EU scheitern könnte. Das wäre ein „historischer Fehler“, sagt er. Nach Finanz- und Migrationskrise hätten viele Menschen den Glauben an die Demokratie verloren. Die EU - und auch das deutsch-französische Tandem - müsse Antworten darauf geben, wie die Perspektive in 20 oder 30 Jahren sei . Nachdem es auf seine Vorschläge der vergangenen Jahre häufig keine Antwort aus Berlin gegeben habe, sei er nicht frustriert, aber ungeduldig ." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/mac ... 46700.html

Vielleicht sollte Macron versuchen mit anderen EU-Staaten das Projekt Europa voranzutreiben wenn von Deutschland weiter keine Bereitschaft besteht sich da einzubringen. Möglicherweise hat er aber auch inzwischen die richtigen Ansprechpartner in Deutschland gefunden. Die können aber erst nach der Bundestagswahl aktiv werden.

"Rund drei Stunden hat sich der französische Präsident Zeit genommen , um sich am Vorabend seines Auftritts bei der Sicherheitskonferenz mit den Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck in München zu einem ausgiebigen Abendessen zu treffen . „Es war ein langes, intensives, zugewandtes Gespräch über die deutsch-französischen Zusammenarbeit und die unterschiedlichsten europäischen Fragen“, sagte eine Grünen-Sprecherin dem Tagesspiegel. Über alles Weitere sei Stillschweigen vereinbart worden."
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Orbiter1 hat geschrieben:(15 Feb 2020, 13:07)

"Rund drei Stunden hat sich der französische Präsident Zeit genommen , um sich am Vorabend seines Auftritts bei der Sicherheitskonferenz mit den Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck in München zu einem ausgiebigen Abendessen zu treffen . „Es war ein langes, intensives, zugewandtes Gespräch über die deutsch-französischen Zusammenarbeit und die unterschiedlichsten europäischen Fragen“, sagte eine Grünen-Sprecherin dem Tagesspiegel. Über alles Weitere sei Stillschweigen vereinbart worden."
Die Grünen wollen Amtomwaffen?

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Senexx hat geschrieben:(15 Feb 2020, 13:27)

Die Grünen wollen Amtomwaffen?

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Wo steht da was von Atomwaffen?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Orbiter1 hat geschrieben:(15 Feb 2020, 13:07)Vielleicht sollte Macron versuchen mit anderen EU-Staaten das Projekt Europa voranzutreiben wenn von Deutschland weiter keine Bereitschaft besteht sich da einzubringen. Möglicherweise hat er aber auch inzwischen die richtigen Ansprechpartner in Deutschland gefunden. Die können aber erst nach der Bundestagswahl aktiv werden.
Andere EU-Staaten einzubinden, ist auf jeden Fall eine gute Idee. Es gibt ja auch einige, die bei einem "Projekt Kern-Europa" mitmachen würden oder es in Ansätzen schon tun. Aber ohne Deutschland wird das nicht gehen. Deutschland und Frankreich sind das "Herz" der EU. Ohne diese beiden geht gar nichts. Mir ist nicht ganz klar, warum Italien da nicht als "Dritter" dazugekommen ist, aber es ist halt so. Macron ist jedenfalls auf Unterstützung aus Deutschland angewiesen. Und die wird er leider nicht bekommen, solange in Berlin eine große Koalition regiert. Diese Koalition mag in Deutschland einige Erfolge erreicht haben, aber bezüglich Außen- und Europapolitik ist die Groko eine Katastrophe. Da sind die Interessen von SPD und CDU schon fast gegensätzlich. Die können sich nur auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Es wird Zeit, dass diese Groko endlich endet.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

@ Orbiter1:

Sie müssen einfach sehen, daß DIE GRÜNEN auch weitaus mehr von einem Gestaltungswillen getrieben sind als die konservative CDU. DIE GRÜNEN sind auf ihre Weise auch "en marche". Den Konservativen muß man zugute halten, daß sie die deutsch-französische Aussöhnung als Teil ihrer Lebensgeschichte sehen, ohne sie aber mit einer Vorwärtsstrategie zu verbinden.

Leider sind DIE GRÜNEN im Bundestag noch zu schwach, um über den guten Willen hinaus etwas Europäisches bewegen zu können. Ich selbst habe auf meine Weise einiges ganz erfolgreich mit Franzosen angeschoben. Als das dann ganz gut lief, gab es eine Firmenübernahme... und damit eine Konkurrenzsituation im eigenen Hause, und schon war wieder Funkstille. Aus der Erfahrung heraus weiß ich aber, daß ganz grundsätzlich eine freundliche und offene Zusammenarbeit mit französischen Partnern möglich ist... ganz ohne gegenseitige Beherrschungsgelüste.

Eine weitere Erfahrung war dabei, daß die sichere Beherrschung der französischen Sprache im persönlichen Bereich wahre Wunder wirkt. Darum steht es heute wohl nicht mehr so gut wie in der guten alten Zeit... auf beiden Seiten des Rheins versucht man sich mit dem Englischen... wie auch in Polen. Aber das ist etwas seelenfern, wenn Leute sich in einer beiden Seiten nicht sehr vertrauten Sprache begegnen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

SZ 15. Februar Es ist eine Tour d'Horizon über Europas Rolle in der Welt, die Frankreichs Präsident seinen Zuhörern auf der Sicherheitskonferenz bietet
https://www.sueddeutsche.de/politik/mue ... duced=true
"Europa müsse seine Souveränität in der Informationstechnologie zurückgewinnen, fordert Macron mit Blick auf den Streit über die Beteiligung chinesischer Konzerne am Aufbau der neuen, schnellen 5G-Mobilfunknetze. Gemeinsame Antworten brauche es auch auf die Fragen des Klimawandels, bei der Migration und eben auch bei der Verteidigung Europas...
Macron verlangt, die Entscheidungsmechanismen in der EU zu reformieren und sich für weitere Politikbereiche vom Prinzip der Einstimmigkeit zu verabschieden - ein Problem, auf das Macron seit seiner Rede vor der Sorbonne im September 2017 immer wieder hinweist."

Wird es eine angemessene Antwort erst während der deutschen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte geben?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Die Aufnahme der Westbalkanstaaten in die EU wird sich evtl im Rahmen der Coronavirus-Pandemie von selbst erledigen. Denen bietet sich China an.

"Es war ein bizarrer Auftritt, als der serbische Präsident Aleksandar Vucic am 15. März den Ausnahmezustand erklärte. Tränen in den Augen, zwischen Rührung und Wut schwankend, rief er die Bürger auf, zu Hause zu bleiben. Dann setzte er nach: Der europäische Traum sei ausgeträumt. Jetzt, in der Zeit der Not, sei es klar. «Es gibt keine Solidarität Europas. Es ist ein Märchen auf Papier.

Die EU sitze auf ihren Medikamenten und dem Material, das vor dem Virus schützen soll. Helfen könne jetzt nur einer: «Ich habe einen Brief an Xi Jinping geschrieben, ich habe ihn nicht Freund genannt, sondern Bruder, nicht meinen persönlichen Freund, sondern den Freund und Bruder meines Landes. Nur China kann uns helfen!» ....

Der Kontrast könnte nicht grösser sein. Während Tschechien Lieferungen von Schutzmasken an Italien für sich abzweigt und die europäischen Länder Schutzmasken und Beatmungsgeräte horten, landet in Athen der Flug CA 863 und bringt chinesische Hilfsgüter. Gleichzeitig spenden chinesische Firmen in Belgrad Hunderttausende von Masken. Im Fernsehen sieht man das chinesische Fahnenmeer und Vucic, der dem «Bruder» dankt und die «stählerne Freundschaft» hochleben lässt." Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/china-nutzt- ... ld.1547994

Na hoffentlich kommt es auch so. Dann können sich die Westbalkanstaaten die Mühen eines EU-Beitritts sparen und so korrupt, nationalistisch und nach Autokratie strebend bleiben wie sie sind. Und die EU spart sich viel Geld und jede Menge Ärger.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Frodobert »

Die Nationalisten haben eben den vollen Durchblick. Vir kurzen tönte es noch so in Serbien. Aber nun ist natürlich die EU schuld. Ich werde freudig zum Abschied winken.
Zuerst war es "das lächerlichste Virus in der Weltgeschichte". Der Autor dieses in Serbien berühmten Satzes, Prof. Dr. Branimir Nestorović, machte während einer Pressekonferenz Witze über das Coronavirus, riet Männern sogar, ihren Frauen Geld fürs Shopping in Mailand zu geben, da nun alles so günstig sei. Der Kinder- und Lungenarzt meinte, das Coronavirus existiere vor allem auf Facebook. Die Beschaffung zusätzlicher Schutzmasken und Virustests sei überflüssig.
https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de ... 0~amp.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von sünnerklaas »

Frodobert hat geschrieben:(24 Mar 2020, 09:38)

Die Nationalisten haben eben den vollen Durchblick. Vir kurzen tönte es noch so in Serbien. Aber nun ist natürlich die EU schuld. Ich werde freudig zum Abschied winken.



https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de ... 0~amp.html
Nationalisten galten ja schon immer als die nicht allerhellsten Leuchten am Firmament. Und natürlich wird herumgeopfert und die Schuld bei anderen gesucht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Mar 2020, 08:48)

Die Aufnahme der Westbalkanstaaten in die EU wird sich evtl im Rahmen der Coronavirus-Pandemie von selbst erledigen. Denen bietet sich China an.

"Es war ein bizarrer Auftritt, als der serbische Präsident Aleksandar Vucic am 15. März den Ausnahmezustand erklärte. Tränen in den Augen, zwischen Rührung und Wut schwankend, rief er die Bürger auf, zu Hause zu bleiben. Dann setzte er nach: Der europäische Traum sei ausgeträumt. Jetzt, in der Zeit der Not, sei es klar. «Es gibt keine Solidarität Europas. Es ist ein Märchen auf Papier.

Die EU sitze auf ihren Medikamenten und dem Material, das vor dem Virus schützen soll. Helfen könne jetzt nur einer: «Ich habe einen Brief an Xi Jinping geschrieben, ich habe ihn nicht Freund genannt, sondern Bruder, nicht meinen persönlichen Freund, sondern den Freund und Bruder meines Landes. Nur China kann uns helfen!» ....

Der Kontrast könnte nicht grösser sein. Während Tschechien Lieferungen von Schutzmasken an Italien für sich abzweigt und die europäischen Länder Schutzmasken und Beatmungsgeräte horten, landet in Athen der Flug CA 863 und bringt chinesische Hilfsgüter. Gleichzeitig spenden chinesische Firmen in Belgrad Hunderttausende von Masken. Im Fernsehen sieht man das chinesische Fahnenmeer und Vucic, der dem «Bruder» dankt und die «stählerne Freundschaft» hochleben lässt." Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/china-nutzt- ... ld.1547994

Na hoffentlich kommt es auch so. Dann können sich die Westbalkanstaaten die Mühen eines EU-Beitritts sparen und so korrupt, nationalistisch und nach Autokratie strebend bleiben wie sie sind. Und die EU spart sich viel Geld und jede Menge Ärger.
Die Chinesen sind clever! Conquer and divide!

Dieser Aleksandar Vucic ist ein Beispiel eines unfaehigen machtbesessenen Idioten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Bobo »

Dieter Winter hat geschrieben:(01 Feb 2020, 18:12)

Das kann man jetzt glauben, oder auch nicht:

https://causa.tagesspiegel.de/politik/b ... -2010.html
Gut geschrieben und definitiv zutreffend. :thumbup: Man muss nur erkennen, dass der Kaiser nackt ist.
Orks raus aus der Ukraine!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Dieter Winter hat geschrieben:(01 Feb 2020, 18:12)

Das kann man jetzt glauben, oder auch nicht:

https://causa.tagesspiegel.de/politik/b ... -2010.html
Mich hinterläßt der Artikel ziemlich ratlos: Rein wissenschaftlich gesehen ist diese tiefgreifende Reform der Vorsorgung Arbeitsloser also ein Flop. Praktisch gesehen beschäftigt die Wirtschaft unseres Landes heute mehr Menschen als je zuvor. Da muß doch im bestehenden System ein ziemlich dummer Fehler verborgen sein.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Polen und Ungarn nutzen die Coronakrise um den Umbau in Richtung Autokratie massiv voranzutreiben. Die EU erwartungsgemäß im Tiefschlaf. https://www.sueddeutsche.de/politik/pol ... 860970!amp und https://www.sueddeutsche.de/politik/ung ... 862238!amp Mal sehen welche weiteren EU-Mitglieder die Gelegenheit nutzen um das Demokratie-Gedöns loszuwerden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben die Europaminister nun den Beginn der Beitrittsverhandlungen für Albanien und Nordmazedonien genehmigt. Ab jetzt heißt es Augen fest verschließen und durchwinken damit maximal korrupte und nationalistische Staaten die EU weiter nach unten ziehen. Die EU ist nicht bereit aus Fehlern zu lernen und manövriert sich in die totale Handlungsunfähigkeit da viele Entscheidungen Einstimmigkeit erfordern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

"Polen, Ungarn und Tschechien haben nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Flüchtlingskrise gegen EU-Recht verstoßen. 2015 hatten die EU-Staaten in zwei Mehrheitsentscheidungen die Umverteilung von bis zu 160.000 Asylbewerbern aus Italien und Griechenland in andere EU-Staaten entschieden. Ungarn, Polen und Tschechien Länder hatten sich geweigert, den Beschluss der EU-Staaten zur Umverteilung umzusetzen. Die drei Länder hätten sich nicht weigern dürfen, urteilten jetzt die Luxemburger Richter." Quelle: https://www.zeit.de/amp/politik/ausland ... verstossen

Das interessiert kein Schwein. In der EU darf jeder Staat nach Belieben gegen die Verträge verstoßen. Folgen hat es keine. Wann kommt endlich das Ende der Schrott-EU?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von unity in diversity »

Das Urteil des EuGH widerspricht jeder Lebenswirklichkeit.
Echte Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, hätten sich vielleicht "umverteilen" lassen.

Denen ist ein Dach über dem Kopf, saubere Sanitäranlagen, saubere Kleidung und Verpflegung wichtig.
Hauptsache keine Bomben und Geborgenheit vor den Schergen des Regimes, dem sie entkommen sind.

Anders verhält es sich mit Migranten. Die lassen sich nicht umverteilen, weil sie ein Ziel haben.
Die werden den Teufel tun, Verzögerungen und Umwege hinzunehmen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von sünnerklaas »

unity in diversity hat geschrieben:(02 Apr 2020, 13:21)

Das Urteil des EuGH widerspricht jeder Lebenswirklichkeit.
Leider berücksichtigen Recht und Gesetz nicht eine irgendwie geartete "Lebenswirklichkeit", weil die "Lebenswirklichkeit" eines jeden Individuums anders aussieht und niemand genau und explizit definieren kann, was "Lebenswirklichkeit" überhaupt genau ist.

Es ist im Grunde so, wie beim Corona-Virus. Der wurde von einigen als "Schnupfen" bezeichnet, der von irgendwelchen "finsteren Mächten" nur hochdramatisiert wurde, um bestimmten Leuten politisch zu schaden.

Allerdings vermute ich einmal, dass sich einige osteuropäische Länder demnächst aus der EU verabschieden werden. In Polen und Ungarn werden gerade von den dortigen Regierungen die Grundlagen dafür geschaffen, zur Not auch ohne Votum der eigenen Bevölkerung die EU notfalls zu verlassen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

...vermute ich einmal, dass sich einige osteuropäische Länder demnächst aus der EU verabschieden werden. In Polen und Ungarn werden gerade von den dortigen Regierungen die Grundlagen dafür geschaffen, zur Not auch ohne Votum der eigenen Bevölkerung die EU notfalls zu verlassen.
Diese Entwicklung würde mich persönlich schwer treffen, weil ich mich auf meine alten Tage im Westpommern niedergelassen habe... mit Dauerwohnrecht in Polen aufgrund der EU-Verträge. Und ich fühle mich dort sehr wohl unter den polnischen Nachbarn.

Ich glaube nicht, daß Polen sich politisch eingraben will zwischen Deutschland und Rußland. Auch sind die wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeiten so vielfältig, daß einem solchen völlig irrwitzigen politischen Plan eine schreckliche wirtschaftliche Pleite folgen würde.
https://polen.diplo.de/pl-de/02-themen/ ... eziehungen

Weiterhin vermute ich, daß die polnischen Mitbürger immer noch von allen EU-Partnern die höchste Zustimmungsrate zur Zusammenarbeit in Europa und zur EU vorweisen können. Zuletzt waren es stolze 80%. Diese Überzeugung würde eine polnische Regierung sehr schnell aus dem Amt fegen, die ernsthafte Anstalten machte, sich von der EU zu lösen.

Ich vermute auch, daß nur die schafsköpfige Geduld der EU-Kommission und des EU-Ministerrats die polnische Regierung ermutigen, die in Europa bewährte Gewaltenteilung der demokratischen Systeme parteipolitisch an zu tasten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Inzwischen hat die Pandemie unsere Völker in der EU in unterschiedlicher Weise heraus gefordert. Dadurch sind auch unterschiedliche Lösungswege aus der Gefahrenzone der Seuche eingeschlagen worden.

Auch war zu erkennen, daß unsere Völkergemeinschaft unterschiedlich gut vorbereitet in diese Krise hinein geraten ist. Dadurch entstand bei noch offenen Handelswegen die sehr unerfreuliche Lage, daß sich die einzelnen Staaten in ihrer Verantwortung für ihre Bürger die Schutz- und Hilfsmittel gegenseitig weg kauften. Schließlich waren die Regierungen ja dafür gewählt worden, daß sie zuerst das Wohl ihrer Wähler im Blick halten. Oder man sperrte die Ausfuhr der Schutz- und Hilfsmittel ganz schlicht, ohne den sehr kurzfristigen Bedarf zu überprüfen.

Diese Vorgehensweisen sind inzwischen als ziemlich kurzsichtige Selbstschutzmaßnahmen erkannt worden. Höchste Zeit also, daß die Gemeinschaft bessere Wege zu robusteren gemeinschaftsfördernden Maßnahmen sucht. Für den Fall einer Pandemie sind wir alle in gleiche Weise betroffen; wir sollten also für große Schieflagen gemeinsam vorsorgen, etwa um Seuchen, Erdbeben, Sturmfluten, Überschwemmungen und große Waldbrände rasch und wirksam gemeinsam bekämpfen zu können. Wenn dort jeder Mitgliedsstaat einen angemessenen Beitrag leistet, dann kommt da im Einzelfall mehr zusammen, um einen wirksamen Einsatz zu ermöglichen. Und nicht jedes Land muß sich allein auf sich gestellt gegen solche großen Unglücke vorbereiten. Natürlich muß es auch einen angemessenen örtlichen Schutz geben, der der gemeinsamen Kontrolle unterliegt. Aber viele Einsatzmittel könnten auch zentral beschafft und ihr Zusammenwirken gemeinsam organisiert werden.

Darin sehe ich eine sehr wichtige Gemeinschaftsaufgabe, die ganz dringend an die Stelle des beängstigenden "Rette sich wer kann!" treten muß!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.

https://www.sueddeutsche.de/politik/cor ... -1.4830581
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Apr 2020, 14:15)
Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/cor ... -1.4830581
Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Apr 2020, 14:15)

Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.

https://www.sueddeutsche.de/politik/cor ... -1.4830581
Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 05:18)

Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
Hier versagt mein Sprachverständnis! Könnten Sie den einen oder anderen Ihrer abstrakten Gedanken bitte mit einem Inhalt füllen? Ich ahne dumpf, was Sie mitteilen möchten, aber verstanden habe ich so gut wie nichts!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:04)

Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
Die Gemeinschaft muß den italienischen Freunden vermitteln, daß sie erarbeiten müssen, was sie verteilen wollen. Oder, wie der eine oder andere deutsche oder niederländische Politiker das ausdrückt, Handeln und Verantwortung nicht getrennt werden können.

Ich würde einen Schritt weiter gehen: Wenn wir Europa als gemeinsame Verantwortung verstehen, dann müssen auch gemeinsame Beschlüsse vor dem Handeln liegen. Anders herum: Man könnte die EU als Wertegemeinschaft voran bringen, indem Wirtschafts- und Finanzbeschlüsse und [so viele wie irgend möglich] mehr Themen von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene verlagert werden... wenigstens in der Euro-Gruppe. Dann könnte man auch über gemeinsame Verantwortung reden. Die polnische Rzeczpospolita schreibt dazu treffend: "Deutschland beabsichtigt nicht den Erpressungsversuchen [seiner Partner] nach zu kommen."

Immerhin sollte unser Land einen konstruktiven Vorschlag machen, der nationalen Eigenbröteleien ein Ende setzt. Es reicht! Dann wird sich zeigen, ob Europa an Gelbwesten und Populisten vorbei gestaltet werden kann. Und wenn nicht: Nicht schön, aber man kann damit leben... und diese Art von Europäischer Union billiger haben!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Trutznachtigall »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:04)

Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:47)

Ich würde einen Schritt weiter gehen: Wenn wir Europa als gemeinsame Verantwortung verstehen, dann müssen auch gemeinsame Beschlüsse vor dem Handeln liegen. Anders herum: Man könnte die EU als Wertegemeinschaft voran bringen, indem Wirtschafts- und Finanzbeschlüsse und [so viele wie irgend möglich] mehr Themen von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene verlagert werden... wenigstens in der Euro-Gruppe. Dann könnte man auch über gemeinsame Verantwortung reden.
Der Vorschlag der EU-Kommission geht in die Richtung dass die EU-Kommission 1 Billion € verteilt für den alle 27 EU-Staaten haften. Das ist nichts anderes als Coronabonds und was bei der Verteilung rauskommt konnte man ja bereits in den letzten Tagen besichtigen.

"Am 13. März fiel in der EU-Kommission ein schwer nachvollziehbarer Beschluss, schreibt der Spiegel. Wegen eines komplizierten Verteilungsschlüssels entfallen auf Ungarn 5,6 Milliarden Coronahilfe aus dem EU-Soforthilfeprogramm CRII. Das sind 3,8 Prozent des ungarischen BIP. Und das, obwohl Ungarn zu diesem Zeitpunkt noch kaum von der Coronakrise betroffen ist. Italien, das am härtesten getroffene EU-Land, erhält 2,3 Milliarden, was 0,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung entspricht. Das EU-Parlament hat diese Regelung abgesegnet." Quelle: https://kurier.at/politik/ausland/orban ... /400816385

Wie in der EU-Kommission gedacht wird lässt sich einem Interview des Währungskommissars Gentiloni (ehemaliger italienischer Ministerpräsident) entnehmen.

".... SPIEGEL: Von deutscher Seite heißt es immer wieder, es sei gar nichts dagegen zu sagen, gemeinsam Schulden zu machen, wenn dies mit der entsprechenden Kontrolle einhergehe, wenn also etwa ein EU-Finanzminister dann auch kontrollieren könnte, wie Länder wie Italien oder Griechenland das Geld ausgeben. Was halten Sie von diesem Argument?

Gentiloni: Mit Verlaub, aber das ist genau die Diskussion der vergangenen zehn Jahre. Die Argumente sind alle ausgetauscht. Die einen wollen Risiko verhindern, die anderen Risiko teilen. Genug davon! ....

SPIEGEL: Die Eurogruppe hat vorgeschlagen, dass Länder wie Italien eine besondere Kreditlinie aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM bekommen können – ohne die sonst üblichen strengen Auflagen. Dennoch sträubt sich Italien, Geld des ESM zu nehmen. Können Sie das verstehen?

Gentiloni: Die Kreditlinien beim ESM können nützlich sein, um den Mitgliedern zu helfen, aber natürlich entscheidet jede Regierung für sich, ob es diese Hilfe in Anspruch nehmen will. ...

SPIEGEL: Sie sind als Währungskommissar ja auch dafür zuständig zu überwachen, dass sich die Euromitglieder an den Stabilitäts- und Wachstumspakt halten. Glauben Sie wirklich, dass man jemals wieder zu den vor der Krise gültigen Defizitregeln zurückkehren kann?

Gentiloni: Das ist im Moment nicht meine größte Sorge. ..." Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/paolo ... 211fac82e7

Bei dieser extrem einseitigen Positionierung der EU-Kommission und dem Totalversagen bei der Verteilung von Hilfsgeldern wird dieser Plan der Finanzierung einer EU-weiten Wiederaufbauhilfe hoffentlich scheitern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Bei dieser extrem einseitigen Positionierung der EU-Kommission und dem Totalversagen bei der Verteilung von Hilfsgeldern wird dieser Plan der Finanzierung einer EU-weiten Wiederaufbauhilfe hoffentlich scheitern.
Diese Empfindungen teile ich. Europäer der ersten Stunde wollten nie wieder Krieg miteinander führen, und sie wollten ihr Schicksal gemeinsam tragen. So, wie sich die EU-Kommission hier äußert, wollen die üblichen Verdächtigen unter den EU-Partnerstaaten die Verantwortung für ihre nationalen Entscheidungen auf die Gemeinschaft abwälzen und das auch zukünftig genau so weiter betreiben. Auf klare Fragen gibt es ausweichende Antwort. Diese EU ist das eingeforderte Geld nicht wert.

Finanzminister Scholz verteidigt als würdiger Nachfolger des Finanzministers Schäuble die Steuergelder der deutschen Steuerzahler gegen dauerhaft sehr einseitigen Zugriff. Er macht alles richtig: Er sagt, wo er mit gutem Gewissen mitspielen will, und sonst gar nichts, so oft diese Traumtänzer ihr Ansinnen auch wiederholen möchten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 05:18)
Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:31)
Hier versagt mein Sprachverständnis! Könnten Sie den einen oder anderen Ihrer abstrakten Gedanken bitte mit einem Inhalt füllen? Ich ahne dumpf, was Sie mitteilen möchten, aber verstanden habe ich so gut wie nichts!
Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:25)

Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung

Vielleicht ist beides richtig: Der Ansatz, möglichst viel und zentral vor zu halten, und der Ansatz über Nachbarschaftshilfe? Etwa so: Das ganz grobe Geschütz steht zentral überall dort zur Verfügung, wo es angefordert wird, aber die geschulten einheimischen Bedienmannschaften sind nah am Einsatzort. Ich denke da an Löschflugzeuge oder mobile Krankenhausschiffe mit geschultem Stammpersonal. Oder massenhaftes Einsatzmaterial, etwa Schutzkleidung und Beatmungsgerät in unserem Fall Corvir19.

Dann muß nicht jeder Partner für den schlimmsten Fall eigene Kräfte und Materialien vorhalten, die viele Jahre (hoffentlich) keine Aufgabe haben, aber dann plötzlich benötigt werden.

Oder eben die unabhängige Versorgung mit Medikamenten aus europäischer Produktion. Wir haben gelernt, daß globale Lieferketten nur für eitel Sonnenschein einen Vorteil bieten. Europa muß in der Lage sein, ganz schnell um zu schalten, ohne in größere Verlegenheit zu geraten. So etwas geht am preiswertesten zentral organisiert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:25)
Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:41)
Vielleicht ist beides richtig: Der Ansatz, möglichst viel und zentral vor zu halten, und der Ansatz über Nachbarschaftshilfe? Etwa so: Das ganz grobe Geschütz steht zentral überall dort zur Verfügung, wo es angefordert wird, aber die geschulten einheimischen Bedienmannschaften sind nah am Einsatzort. Ich denke da an Löschflugzeuge oder mobile Krankenhausschiffe mit geschultem Stammpersonal. Oder massenhaftes Einsatzmaterial, etwa Schutzkleidung und Beatmungsgerät in unserem Fall Corvir19.
Dann muß nicht jeder Partner für den schlimmsten Fall eigene Kräfte und Materialien vorhalten, die viele Jahre (hoffentlich) keine Aufgabe haben, aber dann plötzlich benötigt werden.
Oder eben die unabhängige Versorgung mit Medikamenten aus europäischer Produktion. Wir haben gelernt, daß globale Lieferketten nur für eitel Sonnenschein einen Vorteil bieten. Europa muß in der Lage sein, ganz schnell um zu schalten, ohne in größere Verlegenheit zu geraten. So etwas geht am preiswertesten zentral organisiert.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 2eae86f643
Corona-Tote weltweit in ausgewählten Ländern
Land Tote je Mio. Einwohner Tote absolut
Belgien 452 5.163
Spanien 427 20.002
Italien 376 22.745
Frankreich 279 18.703
Großbritannien 220 14.607
Niederlande 201 3.471
Schweiz 156 1.327
Schweden 138 1.400
Deutschland 52 4.352
Österreich 49 431
Quelle: Johns Hopkins CSSE (Stand 18.04.2020, 2.00 Uhr)

Mir gibt diese Statistik sehr zu denken. Auch wenn es Unterschiede in der statistischen Erhebung gibt, sind Unterschiede in einer Größenordnung 10fach mehr erschreckend. Die Gründe sind sicherlich vielfältig. Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:59)

https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 2eae86f643
Corona-Tote weltweit in ausgewählten Ländern
Land Tote je Mio. Einwohner Tote absolut
Belgien 452 5.163
Spanien 427 20.002
Italien 376 22.745
Frankreich 279 18.703
Großbritannien 220 14.607
Niederlande 201 3.471
Schweiz 156 1.327
Schweden 138 1.400
Deutschland 52 4.352
Österreich 49 431
Quelle: Johns Hopkins CSSE (Stand 18.04.2020, 2.00 Uhr)
Man stelle sich mal vor, Österreich hätte frühzeitig Ischgl und andere Skiorte unter Quarantäne gestellt.
Dann wären viele der Skiurlauber, die angesteckt wurden, in Österreich geblieben, hätten dort die Krankenhäuser überlastet und zu massiv höheren Zahlen in der dortigen Sterbestatistik geführt.

EU-Bezug: Solche nationalen Vergleiche sind nicht ganz gerecht, zumal im Schengenraum mit Reisefreiheit.
Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
Nein, die Qualität nimmt man natürlich nicht vom Durchschnitt, sondern von Deutschland. Und wenn andere Länder es nicht schaffen, entsprechende Finanzmittel aufzubringen ..., na, wer zahlt dann wohl?
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:59)Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
Warum nicht? Die "Europäisierung" könnte doch dazu beitragen, dass die Zahlen für Italien und Spanien nicht so vernichtend ausfallen würden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von DerExperte »

Kohlhaas hat geschrieben:(20 Apr 2020, 18:54)

Warum nicht? Die "Europäisierung" könnte doch dazu beitragen, dass die Zahlen für Italien und Spanien nicht so vernichtend ausfallen würden.
Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von zollagent »

DerExperte hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:05)

Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
Das wäre das Ideal. Das Dumme an Idealen ist, man sich ihnen annähern, aber höchst selten erreichen.
Wer an Absurditäten glaubt, wird Abscheulichkeiten begehen. (Voltaire)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

zollagent hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:24)

Das wäre das Ideal. Das Dumme an Idealen ist, man sich ihnen annähern, aber höchst selten erreichen.
Vielleicht sollte man es in diesen Fragen des Überlebens getrost auf einen bitteren Streit um vernünftige Daseinsvorsorge ankommen lassen. Meinetwegen sogar sehr hochnäsig nach deutschem Muster. Ich kann mir gut vorstellen, daß die Menschen in Italien, Frankreich oder Spanien kampfbereit an unserer Seite stehen, was immer die Politik dieser Länder ihnen erzählen mag. Die Rechnung für nationalen Eigensinn ist doch allzu deftig angeschwollen.

Aus Polen kann ich berichten, daß Leserkommentare in der Rzeczpospolita nahezu ausnahmslos die Haltung der deutschen Politik zur Finanzierung des Wiederaufbaus nach der Corvir19-Pandemie vertreten.

Es gibt eine Gelegenheit für "mehr Europa"... und dazu ist "deutsches Geld" gut angelegtes Geld, wenn die Quängelei denn gar nicht aufhören will.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

DerExperte hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:05)

Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
Ich wüsste nicht, warum die Lage in Deutschland schlechter werden sollte, wenn Deutschland zum Beispiel die jetzt existierenden freien Kapazitäten in Intensivstationen nutzen würde, um Patienten aus besonders betroffenen Ländern zu behandeln. Das würde sogar unseren Kliniken helfen, die derzeit über die Einführung von Kurzarbeit nachdenken müssen, weil sie fast alle ihre Kapazitäten für Corona-Patienten frei halten müssen. Ich weiß, in geringem Umfang geschieht das schon. Das sollte aber ausgeweitet und durch die EU koordiniert werden.

Das ist aber nur ein Beispiel. Ein anderes: Der hessische Heizungsbauer Viessmann hat einen Teil seiner Produktion umstellt und fertigt nun auch Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung. Auch solche Maßnahmen könnten und sollten durch die Bundesregierung angeregt und gefördert und möglichst EU-weit koordiniert werden.

Es geht auch nicht darum, andere Staaten "auf deutsches Niveau" zu heben. Es geht darum, die in Deutschland vorhandenen Mittel und Möglichkeiten soweit wie möglich auch anderen EU-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Es ist ja wohl unstreitig, dass Deutschland mehr "Mittel und Möglichkeiten" hat als alle anderen EU-Mitglieder. Wenn dies gelingt, dann kann die Pandemie dazu führen, dass auch die Skeptiker quasi "am eigenen Leib erfahren", welchen Nutzen die Mitgliedschaft in der EU hat.

Die Kommission denkt in diese Richtung. Das kommt in den Mitgliedsländern aber noch nicht so richtig an. Da denkt im Moment jeder nur an sich und glaubt, dass damit dann an jeden gedacht ist. Europa könnte in der Corona-Krise viel mehr leisten, wenn man sich endlich mal von den "nationalen Egoismen" lösen würde. Corona ist kein "nationales" Problem. Das Virus pfeift auf Grenzen. Deshalb ist das Problem auch nicht national zu lösen. Ich persönlich bin sehr zufrieden mit den Maßnahmen die in Deutschland ergriffen worden sind. Ich finde aber, dass die "europäische Dimension" der Pandemie nur sehr unzureichend berücksichtigt wird. Das ist ein Webfehler der EU. Derzeit steht es den Mitgliedsländern frei, irgendwelche auftretenden Probleme ganz "egoistisch" entsprechend ihrer eigenen Interessen lösen zu wollen. Ohne Rücksicht auf die anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten. Corona lehrt uns, dass das so nicht funktioniert.

Nur ein Beispiel: Schutzmasken. Im Moment ist es so, dass diese Art von Schutzausrüstung vorwiegend in China und Indien hergestellt wird. Dieses System der Internationalisierung des Handels erweist sich jetzt als tödlich. Deswegen sterben hier in unserem Land Menschen. Künftig muss es so sein, dass dieses Zeug wieder unter unserer direkten Kontrolle gefertigt wird. Es wäre aber ziemlich bescheuert, das jetzt wieder in jedem einzelnen EU-Land für jedes einzelne EU-Land lösen zu wollen. Das muss EU-weit koordiniert werden. Dann ist es für jedes einzelne Mitglied preisgünstiger und vor allem ist dann die Versorgungssicherheit gewährleistet. Sollte ein winziges Mitgliedsland wie Slowenien (nur ein Beispiel!) mal Probleme mit irgendwas bekommen, könnte es auf die kumulierte Kraft der ganzen Gemeinschaft vertrauen. Das muss halt nur koordiniert werden. Und die Koordination kann nur in Brüssel erfolgen (mir persönlich wäre Straßburg viel lieber, aber das nur am Rande...).

Wir brauchen nicht "weniger Europa". Wir brauchen MEHR DAVON! Solche Vorstellungen passen den Nationalisten natürlich gar nicht. Ist mir aber egal. Als Patriot bin ich der Meinung, dass es Deutschland besser gehen wird, wenn Deutschland sich auf die Solidarität von 26 anderen EU-Mitgliedern verlassen kann. Dafür nehme ich gerne auch die "unschöne" Tatsache in Kauf, dass die anderen EU-Mitglieder sich im Moment gern auf Deutschland (Niederlande etc...) verlassen würden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von DerExperte »

Ich habe die Aussage so verstanden, dass künftig ein europäisches Gesundheitssystem geschaffen werden solle.
Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)

Das ist aber nur ein Beispiel. Ein anderes: Der hessische Heizungsbauer Viessmann hat einen Teil seiner Produktion umstellt und fertigt nun auch Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung. Auch solche Maßnahmen könnten und sollten durch die Bundesregierung angeregt und gefördert und möglichst EU-weit koordiniert werden.
Soweit ich weiß, wird genau dies gerade von der Bundesregierung forciert.
Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)
Es geht auch nicht darum, andere Staaten "auf deutsches Niveau" zu heben. Es geht darum, die in Deutschland vorhandenen Mittel und Möglichkeiten soweit wie möglich auch anderen EU-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Es ist ja wohl unstreitig, dass Deutschland mehr "Mittel und Möglichkeiten" hat als alle anderen EU-Mitglieder. Wenn dies gelingt, dann kann die Pandemie dazu führen, dass auch die Skeptiker quasi "am eigenen Leib erfahren", welchen Nutzen die Mitgliedschaft in der EU hat.


Das muss aber auch stets mit Vorsicht genossen werden. Wir dürfen selbst nicht so viele aufnehmen, dass unser System keinen Spielraum mehr hat.

Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)
Wir brauchen nicht "weniger Europa". Wir brauchen MEHR DAVON! Solche Vorstellungen passen den Nationalisten natürlich gar nicht. Ist mir aber egal. Als Patriot bin ich der Meinung, dass es Deutschland besser gehen wird, wenn Deutschland sich auf die Solidarität von 26 anderen EU-Mitgliedern verlassen kann. Dafür nehme ich gerne auch die "unschöne" Tatsache in Kauf, dass die anderen EU-Mitglieder sich im Moment gern auf Deutschland (Niederlande etc...) verlassen würden.
Ich bin d'accord, aber ich sehe, dass auf der EU-Ebene davon sehr verschiedene Vorstellungen existieren, was mehr Europa ist. Frankreich und Italien wollen im Wesentlichen sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch weiterhin freie Hand haben, aber dafür die gesamte EU mithaften lassen. Das ist nicht das Mehr an Europa, was dir vorschwebt. Italien wird um die Troika nicht herumkommen, und das wollen sie nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Merkel will offenbar dass aus Deutschland der Super-Nettozahler der EU wird. Selbstverständlich ohne einen Hauch von zusätzlichem Mitspracherecht. Schließlich gilt in der EU nicht "Wer zahlt schafft an" sondern "Wer zahlt ist der Dumme".

"Deutschland muss nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel auch den anderen EU-Staaten in der Corona-Krise wieder auf die Beine helfen. Als Exportnation sei man darauf angewiesen, dass es auch den anderen EU-Partnern gut gehe, sagte Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf die Beratungen über ein EU-Wiederaufbauprogramm. Offen seien dabei sowohl die Größenordnung als auch die Finanzierung, fügte Merkel hinzu. Sie stimmte die Unions-Abgeordneten wie zuvor schon CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus darauf ein, dass man erheblich mehr Geld nach Brüssel überweisen müsse. Es sei in niemandes Interesse, wenn nach der Krise nur Deutschland stark sei. Der Bundestag werde an der Entscheidung über die Finanzhilfen beteiligt." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/wissen/coro ... 60996.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Beitrag verschoben, da nur am Rande mit Macron in Verbindung...
LiberalKonservativ hat geschrieben:(28 May 2020, 19:08)

Zunächst einmal Gratulation zu der Erkenntnis, dass bisher schlicht die demokratische Legitimation der "ever closer union" fehlt. Dieses top-down überstülpen funktioniert nicht und ist anti-demokratisch.

Allerdings offenbaren Sie gerade wieder eine Arroganz, welche sich häufig bei United States of Europe Anhängern wiederfindet. In Ihrer Gedankenwelt kann es gar nicht sein, dass die Bevölkerungsmehrheiten diese ach so tolle "ever closer union" ablehnen. Daher schreiben Sie die Ausgänge der Referenda einfach als "innenpolitische Denkzettel" ab, ohne zu reflektieren und anzuerkennen, dass nicht jeder so Feuer und Flamme von Ihren Visionen ist. Dies ist genau das Vorgehen der Politik. Verfassung von den Bürgern abgelehnt? Sche**** egal, wir schwächen soweit ab, dass wir neue Referenda umgehen können, nennen es nicht mehr Verfassung sondern Verträge von Lissabon und ratifizieren durch die Parlamente. Der Bürger ist eh so blöd, dass er das nicht checkt...

Die "Nagelprobe" wird nicht durchgeführt, da der hohen Politik sehr wohl bewusst ist, dass ihr eingeschlagener Weg vermutlich keine Mehrheiten in den Bevölkerungen hat. Zudem kommt hinzu, dass die Mehrheit der Mitgliedsländer eben nicht davon träumt, die Nationalstaaten zu "überwinden" und in einem Großeuropäischen Reich aufzugehen. Dieser Träumerei existiert nur in der Deutschen Politik (Leider von CDU/CSU bis zu den Linken), hat aber vermutlich (abgesehen von ein paar Gruenen und Linken Zirkeln) nicht einmal einen mehrheitlichen Rückhalt in der Deutschen Bevölkerung. Ein Referendum müsste daher nicht abgehalten werden über EU vs. Austritt, sondern viel mehr darüber, was die EU überhaupt sein soll. Angelehnt an das Weißbuch der letzten EU Komission:
1. United States of Europe
2. Engerer Staatenbund als Vertragsgemeinschaft mit gegenseitiger Haftung
3. Loser Staatenbund ohne gegenseitige Haftung, aber mit ausgewählten Feldern der Kooperation (z.B. Verteidigung, Forschung, etc.)
4. Reine Wirtschaftliche Kooperation

Ihr Vorgehen, aus der Zustimmung für die derzeitige EU als Vertragsgemeinschaft eine Zustimmung für die weitere Integration zu einem integrierten Bundesstaat mit gegenseitiger Haftung etc. abzuleiten, ist mit Verlaub Mumpitz, da zwischen beiden Sachen Welten liegen.

Was wir aber derzeit erleben ist, dass die Politik die EU genau in diese Richtung weiterentwickelt und das ohne jegliche Befragung der Bevölkerung. Nur mal zum Grössen Vergleich: Griechenland "1. Rettungspaket" €110bn und jetzt reden wir ueber €750bn

Ausgehend von Ihren Posts sind Sie bereits in Rente und Ihnen kann das egal sein. Ich hingegen zahle jeden Monat vermutlich mit die höchsten Steuer- und Abgabensätze zwischen Lissabon und Bukarest und das noch c. 40 Jahre. Und nein, ich sehe das nicht als gerecht an. Aber ich erkenne an, dass die Länder unterschiedlich sind. Es ist und bleibt utopisch allen europäischen Ländern das gleiche System überzustülpen, was Sie als "harmonisieren" bezeichnen. Dafür sind die Unterschiede viel zu massiv. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass es aus Gerechtigkeitsgründen eben keine gemeinsame Haftung und massive Transferzahlungen geben sollte.

Und noch ein Nachtrag bzgl. wer Deutschland daran hindern würde, Art. 50 in Kraft zu setzen. Gäbe es Tendenzen in die Richtung würde wohl Folgendees passieren:
1. Sämtliche europäische Botschafter angefuehrt von dem französischen laufen Sturm und erinnern Deutschland freundlich an die "historische Verantwortung"
2. Erneut wird die Reparationskarte gezogen
3. Zu guter letzt wird nicht mehr ganz so freundlich daran erinnert, dass Deutschland nur unter der Praemisse der Einbettung in den Europäischen Rahmen seine Einheit und Souveränität zurueck erlangte, welche sogleich durch eben jene Einbettung wieder teilweise beschnitten wurde. (zur deutschen Souveränität siehe u.a. Schöllgen Deutsche Außenpolitik von 1945 bis zur Gegenwart) Sollte die Erinnerung nicht fruchten, würde wohl ein Drohung daraus, die Souveränität Deutschlands nach einem Austritt wieder in Frage zu stellen, da die Prämisse der europäischen Einbettung nicht mehr gegeben wäre.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(12 May 2020, 19:28)

Merkel will offenbar dass aus Deutschland der Super-Nettozahler der EU wird. Selbstverständlich ohne einen Hauch von zusätzlichem Mitspracherecht. Schließlich gilt in der EU nicht "Wer zahlt schafft an" sondern "Wer zahlt ist der Dumme".

"Deutschland muss nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel auch den anderen EU-Staaten in der Corona-Krise wieder auf die Beine helfen. Als Exportnation sei man darauf angewiesen, dass es auch den anderen EU-Partnern gut gehe, sagte Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf die Beratungen über ein EU-Wiederaufbauprogramm. Offen seien dabei sowohl die Größenordnung als auch die Finanzierung, fügte Merkel hinzu. Sie stimmte die Unions-Abgeordneten wie zuvor schon CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus darauf ein, dass man erheblich mehr Geld nach Brüssel überweisen müsse. Es sei in niemandes Interesse, wenn nach der Krise nur Deutschland stark sei. Der Bundestag werde an der Entscheidung über die Finanzhilfen beteiligt." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/wissen/coro ... 60996.html
Ich unterstütze die Kanzlerin in ihrer Absicht, daß unser Land auf dem Wege zur europäischen Einigung mehr Lasten zur Entwicklung der EU tragen sollte als andere. Wenn sich das Konzept verfestigt hat, dann kann man auch mit gutem Grund meckern, wenn Partner sich in der einen oder anderen Art hängen lassen wollen. Finanz- und Wirtschaftsunion ist nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Etwa Sozialunion, Sicherheitsunion. Damit haben wir ja auch schon begonnen. Man denke an Kindergeld für Arbeitnehmer in der EU. Aus solchen Wohltaten entwickeln sich Forderungen zu Hause.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(29 May 2020, 09:32)

Ich unterstütze die Kanzlerin in ihrer Absicht, daß unser Land auf dem Wege zur europäischen Einigung mehr Lasten zur Entwicklung der EU tragen sollte als andere.
Das war ja in der Vergangenheit schon so. Deutschland war der größte Nettozahler. 2018 waren das ca 13 Mrd. €. Wenn die Briten nicht mehr dabei sind wird es in einer Größenordnung zwischen 20 und 30 Mrd € liegen, bei einem gesamten EU-Budget von ca. 100 Mrd. € pro Jahr. Und jetzt will die Kanzlerin weitere 135 Mrd € deutsche Steuergelder verschenken. Das ist vollkommen inakzeptabel.
Wenn sich das Konzept verfestigt hat, dann kann man auch mit gutem Grund meckern, wenn Partner sich in der einen oder anderen Art hängen lassen wollen.
Italien lässt sich seit 20 Jahren hängen und drückt sich vor Reformen. Passiert ist gar nichts. Konsequenzen? Selbstverständlich keine.
Finanz- und Wirtschaftsunion ist nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Etwa Sozialunion, Sicherheitsunion. Damit haben wir ja auch schon begonnen. Man denke an Kindergeld für Arbeitnehmer in der EU. Aus solchen Wohltaten entwickeln sich Forderungen zu Hause.
Manchmal frage ich mich in welcher Welt sie leben. So etwas wie Finanzunion, Wirtschaftsunion, Sozialunion und Sicherheitsunion gibt es nicht. Offenbar ist das für sie schon eine Sozialunion wenn jedes Land für sich ein Kindergeld einführt. Mit Union hat das absolut Null zu tun.

Was die EU-Unterstützung für besonders durch die Corona-Pandemie betroffene Staaten anbelangt gibt es gemäß ZDF Politbarometer eine klare Positionierung der Deutschen. 56% wollen sie nur per Kredit gewähren, lediglich 37% über zusätzliche Finanzhilfen. Aber welche Politiker interessiert hierzulande schon die Meinung der Wähler? Ich werde jedenfalls keine Partei mehr wählen die sich für zusätzliche Finanzhilfen (Geschenke) ausspricht. Da ist eine rote Linie überschritten. Italien profitiert bei seiner Staatsverschuldung wie kein zweites Land von den niedrigen Zinsen. Die wenden bezogen auf das Bruttosozialprodukt heute weitaus weniger für den Schuldendienst auf als vor der Finanzkrise 2007. Kann man alles den Bundesbankberichten entnehmen. Aber aktuell geben sie den sterbenden Schwan und wollen für ihre Reformverweigerung mit hohen 2-stelligen Mrd-Beträgen belohnt werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 May 2020, 14:32)
Was die EU-Unterstützung für besonders durch die Corona-Pandemie betroffene Staaten anbelangt gibt es gemäß ZDF Politbarometer eine klare Positionierung der Deutschen. 56% wollen sie nur per Kredit gewähren, lediglich 37% über zusätzliche Finanzhilfen.
Ich meine, das Entscheidende ist nicht, ob die Hilfen als Kredit oder als Finanzhilfe gewährt werden. Schließlich ist es in der EU ja üblich, das massiv Geld an "hilfsbedürftige" Länder verteilt wird.

Den Dammbruch, und AFAIK entgegen der EU-Verträge, sehe ich darin, daß die EU als EU Kredite aufnimmt. Leider ist das im Vorschlag von Österreich, NL usw. auch vorgesehen.
Die EU als EU kann nicht für diese Kredite haften, das fällt auf die Mitgliedsländer zurück, im Zweifelsfall auf die finanzstärksten.
(Wie) werden die EU-Schulden auf die Staatsschuldenquoten der Mitgliedsstaaten angerechnet? Oder wird darauf gesetzt, daß diese zusätzlichen Schulden "durchrutschen", weil nirgendwo vorgesehen ist, daß Organisationen wie die EU Schulden machen?

Mal angenommen, die Hilfen würden tatsächlich nur als Kredite ausgegeben. Was passiert, wenn ein Land diesen Kredit nicht zurückzahlen "kann" bzw. sich weigert? Wer haftet dann?

Vermutlich kann die EU direkte Finanzhilfen besser mit Bedingungen verknüpfen, und auf deren Einhaltung pochen, als bei Krediten.
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Maikel hat geschrieben:(29 May 2020, 18:20)

Ich meine, das Entscheidende ist nicht, ob die Hilfen als Kredit oder als Finanzhilfe gewährt werden. Schließlich ist es in der EU ja üblich, das massiv Geld an "hilfsbedürftige" Länder verteilt wird.

Den Dammbruch, und AFAIK entgegen der EU-Verträge, sehe ich darin, daß die EU als EU Kredite aufnimmt. Leider ist das im Vorschlag von Österreich, NL usw. auch vorgesehen.
Die EU als EU kann nicht für diese Kredite haften, das fällt auf die Mitgliedsländer zurück, im Zweifelsfall auf die finanzstärksten.
(Wie) werden die EU-Schulden auf die Staatsschuldenquoten der Mitgliedsstaaten angerechnet? Oder wird darauf gesetzt, daß diese zusätzlichen Schulden "durchrutschen", weil nirgendwo vorgesehen ist, daß Organisationen wie die EU Schulden machen?
Genau darum geht es ja. Durch diese Aktion kommt es zu keiner Erhöhung der Staatsschuldenquoten.
Mal angenommen, die Hilfen würden tatsächlich nur als Kredite ausgegeben. Was passiert, wenn ein Land diesen Kredit nicht zurückzahlen "kann" bzw. sich weigert? Wer haftet dann?
Haften muß die EU. Falls es tatsächlich zu einem Ausfall kommen sollte muss die EU eben den entsprechenden Betrag aus ihrem Budget entnehmen und andere Ausgaben entsprechend kürzen.
Vermutlich kann die EU direkte Finanzhilfen besser mit Bedingungen verknüpfen, und auf deren Einhaltung pochen, als bei Krediten.
Das wird, wie auch schon in der Vergangenheit, Betrug bei den Fördergeldern aber auch nicht verhindern können.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Was sollen nur diese so künstlichen Aufregungen? Wo es doch so einfach ist, sich wieder zurück zu regeln anhand der platten Tatsachen:
Mit durchschnittlich 206 Euro pro Kopf zahlte 2018 niemand so viel an die EU wie die Bürgerinnen und Bürger Dänemarks. An zweiter und dritter Stelle standen Deutschland (161 Euro) und Österreich (152 Euro). Gefolgt von Schweden (149 Euro) und den Niederlanden (142 Euro).
https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen- ... empfaenger

Diese Darstellung kann man gar nicht oft genug auf den Tisch des Hauses legen. Derzufolge selbst Italien, das hier so viel geschmähte, immer noch 5 Mrd mehr in die EU einzahlt als es aus der EU zurück bekommt.

Pro Italiener sind das immer noch 84 €, die das Land für die Freude bezahlt, daß es einem Friedensprojekt beteiligt ist. Der Trost aller Wutknochen: Die Italiener halten mit 55% Zustimmung sehr wenig von der EU, wenn man die Zustimmungsdaten heran zieht.

https://de.statista.com/statistik/daten ... -laendern/

Diese Aufstellungen wollen so gar nicht zur hier zur Schau getragenen Ablehnung der EU passen. Eine große Mehrheit der Deutschen findet diese ungerechte und verfehlte EU ganz schlicht vernünftig und gut: 83%. Nur treten die verbliebenen 16 % Gegner der EU hier arg geräuschvoll auf. Die Dänen sehen mit 79% Zustimmung die EU auch nicht als Faß ohne Boden und sinnloses Unterfangen an... und das sind die Leute, die die Höchststrafe je Kopf der Mitbürger entrichten: 206 € jährlich.

Wenn's nicht so traurig wäre, dann sollte man unsere lieben Wutknochen auslachen!
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Die spanische Regierung hat heute ein Grundeinkommen beschlossen. Vielleicht kann man zur Finanzierung schon bald auf den Wiederaufbaufonds der EU zugreifen. Die Empfänger werden das Grundeinkommen sicher zum großen Teil verkonsumieren. Damit könnte zweifellos die Wirtschaft angekurbelt werden.
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