Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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unity in diversity
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von unity in diversity »

Das Urteil des EuGH widerspricht jeder Lebenswirklichkeit.
Echte Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, hätten sich vielleicht "umverteilen" lassen.

Denen ist ein Dach über dem Kopf, saubere Sanitäranlagen, saubere Kleidung und Verpflegung wichtig.
Hauptsache keine Bomben und Geborgenheit vor den Schergen des Regimes, dem sie entkommen sind.

Anders verhält es sich mit Migranten. Die lassen sich nicht umverteilen, weil sie ein Ziel haben.
Die werden den Teufel tun, Verzögerungen und Umwege hinzunehmen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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sünnerklaas
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von sünnerklaas »

unity in diversity hat geschrieben:(02 Apr 2020, 13:21)

Das Urteil des EuGH widerspricht jeder Lebenswirklichkeit.
Leider berücksichtigen Recht und Gesetz nicht eine irgendwie geartete "Lebenswirklichkeit", weil die "Lebenswirklichkeit" eines jeden Individuums anders aussieht und niemand genau und explizit definieren kann, was "Lebenswirklichkeit" überhaupt genau ist.

Es ist im Grunde so, wie beim Corona-Virus. Der wurde von einigen als "Schnupfen" bezeichnet, der von irgendwelchen "finsteren Mächten" nur hochdramatisiert wurde, um bestimmten Leuten politisch zu schaden.

Allerdings vermute ich einmal, dass sich einige osteuropäische Länder demnächst aus der EU verabschieden werden. In Polen und Ungarn werden gerade von den dortigen Regierungen die Grundlagen dafür geschaffen, zur Not auch ohne Votum der eigenen Bevölkerung die EU notfalls zu verlassen.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

...vermute ich einmal, dass sich einige osteuropäische Länder demnächst aus der EU verabschieden werden. In Polen und Ungarn werden gerade von den dortigen Regierungen die Grundlagen dafür geschaffen, zur Not auch ohne Votum der eigenen Bevölkerung die EU notfalls zu verlassen.
Diese Entwicklung würde mich persönlich schwer treffen, weil ich mich auf meine alten Tage im Westpommern niedergelassen habe... mit Dauerwohnrecht in Polen aufgrund der EU-Verträge. Und ich fühle mich dort sehr wohl unter den polnischen Nachbarn.

Ich glaube nicht, daß Polen sich politisch eingraben will zwischen Deutschland und Rußland. Auch sind die wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeiten so vielfältig, daß einem solchen völlig irrwitzigen politischen Plan eine schreckliche wirtschaftliche Pleite folgen würde.
https://polen.diplo.de/pl-de/02-themen/ ... eziehungen

Weiterhin vermute ich, daß die polnischen Mitbürger immer noch von allen EU-Partnern die höchste Zustimmungsrate zur Zusammenarbeit in Europa und zur EU vorweisen können. Zuletzt waren es stolze 80%. Diese Überzeugung würde eine polnische Regierung sehr schnell aus dem Amt fegen, die ernsthafte Anstalten machte, sich von der EU zu lösen.

Ich vermute auch, daß nur die schafsköpfige Geduld der EU-Kommission und des EU-Ministerrats die polnische Regierung ermutigen, die in Europa bewährte Gewaltenteilung der demokratischen Systeme parteipolitisch an zu tasten.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Inzwischen hat die Pandemie unsere Völker in der EU in unterschiedlicher Weise heraus gefordert. Dadurch sind auch unterschiedliche Lösungswege aus der Gefahrenzone der Seuche eingeschlagen worden.

Auch war zu erkennen, daß unsere Völkergemeinschaft unterschiedlich gut vorbereitet in diese Krise hinein geraten ist. Dadurch entstand bei noch offenen Handelswegen die sehr unerfreuliche Lage, daß sich die einzelnen Staaten in ihrer Verantwortung für ihre Bürger die Schutz- und Hilfsmittel gegenseitig weg kauften. Schließlich waren die Regierungen ja dafür gewählt worden, daß sie zuerst das Wohl ihrer Wähler im Blick halten. Oder man sperrte die Ausfuhr der Schutz- und Hilfsmittel ganz schlicht, ohne den sehr kurzfristigen Bedarf zu überprüfen.

Diese Vorgehensweisen sind inzwischen als ziemlich kurzsichtige Selbstschutzmaßnahmen erkannt worden. Höchste Zeit also, daß die Gemeinschaft bessere Wege zu robusteren gemeinschaftsfördernden Maßnahmen sucht. Für den Fall einer Pandemie sind wir alle in gleiche Weise betroffen; wir sollten also für große Schieflagen gemeinsam vorsorgen, etwa um Seuchen, Erdbeben, Sturmfluten, Überschwemmungen und große Waldbrände rasch und wirksam gemeinsam bekämpfen zu können. Wenn dort jeder Mitgliedsstaat einen angemessenen Beitrag leistet, dann kommt da im Einzelfall mehr zusammen, um einen wirksamen Einsatz zu ermöglichen. Und nicht jedes Land muß sich allein auf sich gestellt gegen solche großen Unglücke vorbereiten. Natürlich muß es auch einen angemessenen örtlichen Schutz geben, der der gemeinsamen Kontrolle unterliegt. Aber viele Einsatzmittel könnten auch zentral beschafft und ihr Zusammenwirken gemeinsam organisiert werden.

Darin sehe ich eine sehr wichtige Gemeinschaftsaufgabe, die ganz dringend an die Stelle des beängstigenden "Rette sich wer kann!" treten muß!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.

https://www.sueddeutsche.de/politik/cor ... -1.4830581
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Apr 2020, 14:15)
Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.
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Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Apr 2020, 14:15)

Corona stellt die EU auf eine härtere Probe als wir uns bislang eingestanden haben. Das könnte die Union zerreißen.

https://www.sueddeutsche.de/politik/cor ... -1.4830581
Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 05:18)

Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
Hier versagt mein Sprachverständnis! Könnten Sie den einen oder anderen Ihrer abstrakten Gedanken bitte mit einem Inhalt füllen? Ich ahne dumpf, was Sie mitteilen möchten, aber verstanden habe ich so gut wie nichts!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:04)

Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
Die Gemeinschaft muß den italienischen Freunden vermitteln, daß sie erarbeiten müssen, was sie verteilen wollen. Oder, wie der eine oder andere deutsche oder niederländische Politiker das ausdrückt, Handeln und Verantwortung nicht getrennt werden können.

Ich würde einen Schritt weiter gehen: Wenn wir Europa als gemeinsame Verantwortung verstehen, dann müssen auch gemeinsame Beschlüsse vor dem Handeln liegen. Anders herum: Man könnte die EU als Wertegemeinschaft voran bringen, indem Wirtschafts- und Finanzbeschlüsse und [so viele wie irgend möglich] mehr Themen von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene verlagert werden... wenigstens in der Euro-Gruppe. Dann könnte man auch über gemeinsame Verantwortung reden. Die polnische Rzeczpospolita schreibt dazu treffend: "Deutschland beabsichtigt nicht den Erpressungsversuchen [seiner Partner] nach zu kommen."

Immerhin sollte unser Land einen konstruktiven Vorschlag machen, der nationalen Eigenbröteleien ein Ende setzt. Es reicht! Dann wird sich zeigen, ob Europa an Gelbwesten und Populisten vorbei gestaltet werden kann. Und wenn nicht: Nicht schön, aber man kann damit leben... und diese Art von Europäischer Union billiger haben!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Trutznachtigall »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:04)

Ist doch für Italien eine großartige Gelegenheit die schlimmsten Feinde loszuwerden und sich den neuen Freunden zuzuwenden. Na hoffentlich machen sie das auch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:47)

Ich würde einen Schritt weiter gehen: Wenn wir Europa als gemeinsame Verantwortung verstehen, dann müssen auch gemeinsame Beschlüsse vor dem Handeln liegen. Anders herum: Man könnte die EU als Wertegemeinschaft voran bringen, indem Wirtschafts- und Finanzbeschlüsse und [so viele wie irgend möglich] mehr Themen von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene verlagert werden... wenigstens in der Euro-Gruppe. Dann könnte man auch über gemeinsame Verantwortung reden.
Der Vorschlag der EU-Kommission geht in die Richtung dass die EU-Kommission 1 Billion € verteilt für den alle 27 EU-Staaten haften. Das ist nichts anderes als Coronabonds und was bei der Verteilung rauskommt konnte man ja bereits in den letzten Tagen besichtigen.

"Am 13. März fiel in der EU-Kommission ein schwer nachvollziehbarer Beschluss, schreibt der Spiegel. Wegen eines komplizierten Verteilungsschlüssels entfallen auf Ungarn 5,6 Milliarden Coronahilfe aus dem EU-Soforthilfeprogramm CRII. Das sind 3,8 Prozent des ungarischen BIP. Und das, obwohl Ungarn zu diesem Zeitpunkt noch kaum von der Coronakrise betroffen ist. Italien, das am härtesten getroffene EU-Land, erhält 2,3 Milliarden, was 0,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung entspricht. Das EU-Parlament hat diese Regelung abgesegnet." Quelle: https://kurier.at/politik/ausland/orban ... /400816385

Wie in der EU-Kommission gedacht wird lässt sich einem Interview des Währungskommissars Gentiloni (ehemaliger italienischer Ministerpräsident) entnehmen.

".... SPIEGEL: Von deutscher Seite heißt es immer wieder, es sei gar nichts dagegen zu sagen, gemeinsam Schulden zu machen, wenn dies mit der entsprechenden Kontrolle einhergehe, wenn also etwa ein EU-Finanzminister dann auch kontrollieren könnte, wie Länder wie Italien oder Griechenland das Geld ausgeben. Was halten Sie von diesem Argument?

Gentiloni: Mit Verlaub, aber das ist genau die Diskussion der vergangenen zehn Jahre. Die Argumente sind alle ausgetauscht. Die einen wollen Risiko verhindern, die anderen Risiko teilen. Genug davon! ....

SPIEGEL: Die Eurogruppe hat vorgeschlagen, dass Länder wie Italien eine besondere Kreditlinie aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM bekommen können – ohne die sonst üblichen strengen Auflagen. Dennoch sträubt sich Italien, Geld des ESM zu nehmen. Können Sie das verstehen?

Gentiloni: Die Kreditlinien beim ESM können nützlich sein, um den Mitgliedern zu helfen, aber natürlich entscheidet jede Regierung für sich, ob es diese Hilfe in Anspruch nehmen will. ...

SPIEGEL: Sie sind als Währungskommissar ja auch dafür zuständig zu überwachen, dass sich die Euromitglieder an den Stabilitäts- und Wachstumspakt halten. Glauben Sie wirklich, dass man jemals wieder zu den vor der Krise gültigen Defizitregeln zurückkehren kann?

Gentiloni: Das ist im Moment nicht meine größte Sorge. ..." Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/paolo ... 211fac82e7

Bei dieser extrem einseitigen Positionierung der EU-Kommission und dem Totalversagen bei der Verteilung von Hilfsgeldern wird dieser Plan der Finanzierung einer EU-weiten Wiederaufbauhilfe hoffentlich scheitern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Bei dieser extrem einseitigen Positionierung der EU-Kommission und dem Totalversagen bei der Verteilung von Hilfsgeldern wird dieser Plan der Finanzierung einer EU-weiten Wiederaufbauhilfe hoffentlich scheitern.
Diese Empfindungen teile ich. Europäer der ersten Stunde wollten nie wieder Krieg miteinander führen, und sie wollten ihr Schicksal gemeinsam tragen. So, wie sich die EU-Kommission hier äußert, wollen die üblichen Verdächtigen unter den EU-Partnerstaaten die Verantwortung für ihre nationalen Entscheidungen auf die Gemeinschaft abwälzen und das auch zukünftig genau so weiter betreiben. Auf klare Fragen gibt es ausweichende Antwort. Diese EU ist das eingeforderte Geld nicht wert.

Finanzminister Scholz verteidigt als würdiger Nachfolger des Finanzministers Schäuble die Steuergelder der deutschen Steuerzahler gegen dauerhaft sehr einseitigen Zugriff. Er macht alles richtig: Er sagt, wo er mit gutem Gewissen mitspielen will, und sonst gar nichts, so oft diese Traumtänzer ihr Ansinnen auch wiederholen möchten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 05:18)
Dieses Jahr wird sich das Subsidiaritätsprinzip innerhalb der EU bewähren müssen. Da die Kernfamilien vor großen Herausforderungen, Umorganisation des Arbeitsalltages, der Kinder- und Jugendlichenbetreuung, Verhältnis zu den Senioren, stehen, kann ich mir eine Umstrukturierung der Gesellschaft nur von unten nach oben vorstellen. Die Politiker sollten sich also noch viel mehr, als sonst, genau den gesellschaftlichen Mikrokosmos anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dieser Prozess wird sehr dynamisch und erfordert Innovation im Sinne von Verlangsamung und Nachhaltigkeit.
H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 07:31)
Hier versagt mein Sprachverständnis! Könnten Sie den einen oder anderen Ihrer abstrakten Gedanken bitte mit einem Inhalt füllen? Ich ahne dumpf, was Sie mitteilen möchten, aber verstanden habe ich so gut wie nichts!
Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:25)

Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung

Vielleicht ist beides richtig: Der Ansatz, möglichst viel und zentral vor zu halten, und der Ansatz über Nachbarschaftshilfe? Etwa so: Das ganz grobe Geschütz steht zentral überall dort zur Verfügung, wo es angefordert wird, aber die geschulten einheimischen Bedienmannschaften sind nah am Einsatzort. Ich denke da an Löschflugzeuge oder mobile Krankenhausschiffe mit geschultem Stammpersonal. Oder massenhaftes Einsatzmaterial, etwa Schutzkleidung und Beatmungsgerät in unserem Fall Corvir19.

Dann muß nicht jeder Partner für den schlimmsten Fall eigene Kräfte und Materialien vorhalten, die viele Jahre (hoffentlich) keine Aufgabe haben, aber dann plötzlich benötigt werden.

Oder eben die unabhängige Versorgung mit Medikamenten aus europäischer Produktion. Wir haben gelernt, daß globale Lieferketten nur für eitel Sonnenschein einen Vorteil bieten. Europa muß in der Lage sein, ganz schnell um zu schalten, ohne in größere Verlegenheit zu geraten. So etwas geht am preiswertesten zentral organisiert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:25)
Die Gesundheitspolitik ist nach den Verträgen keine EU-Angelegenheit. In Deutschland werden viele wichtige Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf kommunaler Ebene getroffen. Das macht auch Sinn, weil die Coronakrise massiv unser Alltagsleben verändert. Die EU sollte sich daher erst einmal zurückhalten und eine mögliche Kooperation sollte zwischen benachbarten EU-Regionen stattfinden. Das verlangt von der EU-Kommission einen völlig anderen Politikansatz, Subsidiarität, die den Weg von unten nach oben geht.
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_v ... abgrenzung
H2O hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:41)
Vielleicht ist beides richtig: Der Ansatz, möglichst viel und zentral vor zu halten, und der Ansatz über Nachbarschaftshilfe? Etwa so: Das ganz grobe Geschütz steht zentral überall dort zur Verfügung, wo es angefordert wird, aber die geschulten einheimischen Bedienmannschaften sind nah am Einsatzort. Ich denke da an Löschflugzeuge oder mobile Krankenhausschiffe mit geschultem Stammpersonal. Oder massenhaftes Einsatzmaterial, etwa Schutzkleidung und Beatmungsgerät in unserem Fall Corvir19.
Dann muß nicht jeder Partner für den schlimmsten Fall eigene Kräfte und Materialien vorhalten, die viele Jahre (hoffentlich) keine Aufgabe haben, aber dann plötzlich benötigt werden.
Oder eben die unabhängige Versorgung mit Medikamenten aus europäischer Produktion. Wir haben gelernt, daß globale Lieferketten nur für eitel Sonnenschein einen Vorteil bieten. Europa muß in der Lage sein, ganz schnell um zu schalten, ohne in größere Verlegenheit zu geraten. So etwas geht am preiswertesten zentral organisiert.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 2eae86f643
Corona-Tote weltweit in ausgewählten Ländern
Land Tote je Mio. Einwohner Tote absolut
Belgien 452 5.163
Spanien 427 20.002
Italien 376 22.745
Frankreich 279 18.703
Großbritannien 220 14.607
Niederlande 201 3.471
Schweiz 156 1.327
Schweden 138 1.400
Deutschland 52 4.352
Österreich 49 431
Quelle: Johns Hopkins CSSE (Stand 18.04.2020, 2.00 Uhr)

Mir gibt diese Statistik sehr zu denken. Auch wenn es Unterschiede in der statistischen Erhebung gibt, sind Unterschiede in einer Größenordnung 10fach mehr erschreckend. Die Gründe sind sicherlich vielfältig. Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
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Maikel
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:59)

https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 2eae86f643
Corona-Tote weltweit in ausgewählten Ländern
Land Tote je Mio. Einwohner Tote absolut
Belgien 452 5.163
Spanien 427 20.002
Italien 376 22.745
Frankreich 279 18.703
Großbritannien 220 14.607
Niederlande 201 3.471
Schweiz 156 1.327
Schweden 138 1.400
Deutschland 52 4.352
Österreich 49 431
Quelle: Johns Hopkins CSSE (Stand 18.04.2020, 2.00 Uhr)
Man stelle sich mal vor, Österreich hätte frühzeitig Ischgl und andere Skiorte unter Quarantäne gestellt.
Dann wären viele der Skiurlauber, die angesteckt wurden, in Österreich geblieben, hätten dort die Krankenhäuser überlastet und zu massiv höheren Zahlen in der dortigen Sterbestatistik geführt.

EU-Bezug: Solche nationalen Vergleiche sind nicht ganz gerecht, zumal im Schengenraum mit Reisefreiheit.
Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
Nein, die Qualität nimmt man natürlich nicht vom Durchschnitt, sondern von Deutschland. Und wenn andere Länder es nicht schaffen, entsprechende Finanzmittel aufzubringen ..., na, wer zahlt dann wohl?
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
Kohlhaas
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

Wähler hat geschrieben:(20 Apr 2020, 17:59)Eine Europäisierung der nationalen Gesundheitswesen auf Grundlage eines so schlechten Durchschnittes möchte ich mir aber nicht vorstellen.
Warum nicht? Die "Europäisierung" könnte doch dazu beitragen, dass die Zahlen für Italien und Spanien nicht so vernichtend ausfallen würden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von DerExperte »

Kohlhaas hat geschrieben:(20 Apr 2020, 18:54)

Warum nicht? Die "Europäisierung" könnte doch dazu beitragen, dass die Zahlen für Italien und Spanien nicht so vernichtend ausfallen würden.
Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von zollagent »

DerExperte hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:05)

Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
Das wäre das Ideal. Das Dumme an Idealen ist, man sich ihnen annähern, aber höchst selten erreichen.
Wer an Absurditäten glaubt, wird Abscheulichkeiten begehen. (Voltaire)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

zollagent hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:24)

Das wäre das Ideal. Das Dumme an Idealen ist, man sich ihnen annähern, aber höchst selten erreichen.
Vielleicht sollte man es in diesen Fragen des Überlebens getrost auf einen bitteren Streit um vernünftige Daseinsvorsorge ankommen lassen. Meinetwegen sogar sehr hochnäsig nach deutschem Muster. Ich kann mir gut vorstellen, daß die Menschen in Italien, Frankreich oder Spanien kampfbereit an unserer Seite stehen, was immer die Politik dieser Länder ihnen erzählen mag. Die Rechnung für nationalen Eigensinn ist doch allzu deftig angeschwollen.

Aus Polen kann ich berichten, daß Leserkommentare in der Rzeczpospolita nahezu ausnahmslos die Haltung der deutschen Politik zur Finanzierung des Wiederaufbaus nach der Corvir19-Pandemie vertreten.

Es gibt eine Gelegenheit für "mehr Europa"... und dazu ist "deutsches Geld" gut angelegtes Geld, wenn die Quängelei denn gar nicht aufhören will.
Kohlhaas
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Kohlhaas »

DerExperte hat geschrieben:(20 Apr 2020, 19:05)

Dafür würden sie in Deutschland wohl steigen. Ehe man alle gleichmacht sollte man lieber versuchen, die anderen auf deutsches Niveau zu heben?
Ich wüsste nicht, warum die Lage in Deutschland schlechter werden sollte, wenn Deutschland zum Beispiel die jetzt existierenden freien Kapazitäten in Intensivstationen nutzen würde, um Patienten aus besonders betroffenen Ländern zu behandeln. Das würde sogar unseren Kliniken helfen, die derzeit über die Einführung von Kurzarbeit nachdenken müssen, weil sie fast alle ihre Kapazitäten für Corona-Patienten frei halten müssen. Ich weiß, in geringem Umfang geschieht das schon. Das sollte aber ausgeweitet und durch die EU koordiniert werden.

Das ist aber nur ein Beispiel. Ein anderes: Der hessische Heizungsbauer Viessmann hat einen Teil seiner Produktion umstellt und fertigt nun auch Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung. Auch solche Maßnahmen könnten und sollten durch die Bundesregierung angeregt und gefördert und möglichst EU-weit koordiniert werden.

Es geht auch nicht darum, andere Staaten "auf deutsches Niveau" zu heben. Es geht darum, die in Deutschland vorhandenen Mittel und Möglichkeiten soweit wie möglich auch anderen EU-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Es ist ja wohl unstreitig, dass Deutschland mehr "Mittel und Möglichkeiten" hat als alle anderen EU-Mitglieder. Wenn dies gelingt, dann kann die Pandemie dazu führen, dass auch die Skeptiker quasi "am eigenen Leib erfahren", welchen Nutzen die Mitgliedschaft in der EU hat.

Die Kommission denkt in diese Richtung. Das kommt in den Mitgliedsländern aber noch nicht so richtig an. Da denkt im Moment jeder nur an sich und glaubt, dass damit dann an jeden gedacht ist. Europa könnte in der Corona-Krise viel mehr leisten, wenn man sich endlich mal von den "nationalen Egoismen" lösen würde. Corona ist kein "nationales" Problem. Das Virus pfeift auf Grenzen. Deshalb ist das Problem auch nicht national zu lösen. Ich persönlich bin sehr zufrieden mit den Maßnahmen die in Deutschland ergriffen worden sind. Ich finde aber, dass die "europäische Dimension" der Pandemie nur sehr unzureichend berücksichtigt wird. Das ist ein Webfehler der EU. Derzeit steht es den Mitgliedsländern frei, irgendwelche auftretenden Probleme ganz "egoistisch" entsprechend ihrer eigenen Interessen lösen zu wollen. Ohne Rücksicht auf die anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten. Corona lehrt uns, dass das so nicht funktioniert.

Nur ein Beispiel: Schutzmasken. Im Moment ist es so, dass diese Art von Schutzausrüstung vorwiegend in China und Indien hergestellt wird. Dieses System der Internationalisierung des Handels erweist sich jetzt als tödlich. Deswegen sterben hier in unserem Land Menschen. Künftig muss es so sein, dass dieses Zeug wieder unter unserer direkten Kontrolle gefertigt wird. Es wäre aber ziemlich bescheuert, das jetzt wieder in jedem einzelnen EU-Land für jedes einzelne EU-Land lösen zu wollen. Das muss EU-weit koordiniert werden. Dann ist es für jedes einzelne Mitglied preisgünstiger und vor allem ist dann die Versorgungssicherheit gewährleistet. Sollte ein winziges Mitgliedsland wie Slowenien (nur ein Beispiel!) mal Probleme mit irgendwas bekommen, könnte es auf die kumulierte Kraft der ganzen Gemeinschaft vertrauen. Das muss halt nur koordiniert werden. Und die Koordination kann nur in Brüssel erfolgen (mir persönlich wäre Straßburg viel lieber, aber das nur am Rande...).

Wir brauchen nicht "weniger Europa". Wir brauchen MEHR DAVON! Solche Vorstellungen passen den Nationalisten natürlich gar nicht. Ist mir aber egal. Als Patriot bin ich der Meinung, dass es Deutschland besser gehen wird, wenn Deutschland sich auf die Solidarität von 26 anderen EU-Mitgliedern verlassen kann. Dafür nehme ich gerne auch die "unschöne" Tatsache in Kauf, dass die anderen EU-Mitglieder sich im Moment gern auf Deutschland (Niederlande etc...) verlassen würden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von DerExperte »

Ich habe die Aussage so verstanden, dass künftig ein europäisches Gesundheitssystem geschaffen werden solle.
Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)

Das ist aber nur ein Beispiel. Ein anderes: Der hessische Heizungsbauer Viessmann hat einen Teil seiner Produktion umstellt und fertigt nun auch Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung. Auch solche Maßnahmen könnten und sollten durch die Bundesregierung angeregt und gefördert und möglichst EU-weit koordiniert werden.
Soweit ich weiß, wird genau dies gerade von der Bundesregierung forciert.
Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)
Es geht auch nicht darum, andere Staaten "auf deutsches Niveau" zu heben. Es geht darum, die in Deutschland vorhandenen Mittel und Möglichkeiten soweit wie möglich auch anderen EU-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Es ist ja wohl unstreitig, dass Deutschland mehr "Mittel und Möglichkeiten" hat als alle anderen EU-Mitglieder. Wenn dies gelingt, dann kann die Pandemie dazu führen, dass auch die Skeptiker quasi "am eigenen Leib erfahren", welchen Nutzen die Mitgliedschaft in der EU hat.


Das muss aber auch stets mit Vorsicht genossen werden. Wir dürfen selbst nicht so viele aufnehmen, dass unser System keinen Spielraum mehr hat.

Kohlhaas hat geschrieben:(21 Apr 2020, 13:58)
Wir brauchen nicht "weniger Europa". Wir brauchen MEHR DAVON! Solche Vorstellungen passen den Nationalisten natürlich gar nicht. Ist mir aber egal. Als Patriot bin ich der Meinung, dass es Deutschland besser gehen wird, wenn Deutschland sich auf die Solidarität von 26 anderen EU-Mitgliedern verlassen kann. Dafür nehme ich gerne auch die "unschöne" Tatsache in Kauf, dass die anderen EU-Mitglieder sich im Moment gern auf Deutschland (Niederlande etc...) verlassen würden.
Ich bin d'accord, aber ich sehe, dass auf der EU-Ebene davon sehr verschiedene Vorstellungen existieren, was mehr Europa ist. Frankreich und Italien wollen im Wesentlichen sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch weiterhin freie Hand haben, aber dafür die gesamte EU mithaften lassen. Das ist nicht das Mehr an Europa, was dir vorschwebt. Italien wird um die Troika nicht herumkommen, und das wollen sie nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Merkel will offenbar dass aus Deutschland der Super-Nettozahler der EU wird. Selbstverständlich ohne einen Hauch von zusätzlichem Mitspracherecht. Schließlich gilt in der EU nicht "Wer zahlt schafft an" sondern "Wer zahlt ist der Dumme".

"Deutschland muss nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel auch den anderen EU-Staaten in der Corona-Krise wieder auf die Beine helfen. Als Exportnation sei man darauf angewiesen, dass es auch den anderen EU-Partnern gut gehe, sagte Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf die Beratungen über ein EU-Wiederaufbauprogramm. Offen seien dabei sowohl die Größenordnung als auch die Finanzierung, fügte Merkel hinzu. Sie stimmte die Unions-Abgeordneten wie zuvor schon CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus darauf ein, dass man erheblich mehr Geld nach Brüssel überweisen müsse. Es sei in niemandes Interesse, wenn nach der Krise nur Deutschland stark sei. Der Bundestag werde an der Entscheidung über die Finanzhilfen beteiligt." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/wissen/coro ... 60996.html
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Beitrag verschoben, da nur am Rande mit Macron in Verbindung...
LiberalKonservativ hat geschrieben:(28 May 2020, 19:08)

Zunächst einmal Gratulation zu der Erkenntnis, dass bisher schlicht die demokratische Legitimation der "ever closer union" fehlt. Dieses top-down überstülpen funktioniert nicht und ist anti-demokratisch.

Allerdings offenbaren Sie gerade wieder eine Arroganz, welche sich häufig bei United States of Europe Anhängern wiederfindet. In Ihrer Gedankenwelt kann es gar nicht sein, dass die Bevölkerungsmehrheiten diese ach so tolle "ever closer union" ablehnen. Daher schreiben Sie die Ausgänge der Referenda einfach als "innenpolitische Denkzettel" ab, ohne zu reflektieren und anzuerkennen, dass nicht jeder so Feuer und Flamme von Ihren Visionen ist. Dies ist genau das Vorgehen der Politik. Verfassung von den Bürgern abgelehnt? Sche**** egal, wir schwächen soweit ab, dass wir neue Referenda umgehen können, nennen es nicht mehr Verfassung sondern Verträge von Lissabon und ratifizieren durch die Parlamente. Der Bürger ist eh so blöd, dass er das nicht checkt...

Die "Nagelprobe" wird nicht durchgeführt, da der hohen Politik sehr wohl bewusst ist, dass ihr eingeschlagener Weg vermutlich keine Mehrheiten in den Bevölkerungen hat. Zudem kommt hinzu, dass die Mehrheit der Mitgliedsländer eben nicht davon träumt, die Nationalstaaten zu "überwinden" und in einem Großeuropäischen Reich aufzugehen. Dieser Träumerei existiert nur in der Deutschen Politik (Leider von CDU/CSU bis zu den Linken), hat aber vermutlich (abgesehen von ein paar Gruenen und Linken Zirkeln) nicht einmal einen mehrheitlichen Rückhalt in der Deutschen Bevölkerung. Ein Referendum müsste daher nicht abgehalten werden über EU vs. Austritt, sondern viel mehr darüber, was die EU überhaupt sein soll. Angelehnt an das Weißbuch der letzten EU Komission:
1. United States of Europe
2. Engerer Staatenbund als Vertragsgemeinschaft mit gegenseitiger Haftung
3. Loser Staatenbund ohne gegenseitige Haftung, aber mit ausgewählten Feldern der Kooperation (z.B. Verteidigung, Forschung, etc.)
4. Reine Wirtschaftliche Kooperation

Ihr Vorgehen, aus der Zustimmung für die derzeitige EU als Vertragsgemeinschaft eine Zustimmung für die weitere Integration zu einem integrierten Bundesstaat mit gegenseitiger Haftung etc. abzuleiten, ist mit Verlaub Mumpitz, da zwischen beiden Sachen Welten liegen.

Was wir aber derzeit erleben ist, dass die Politik die EU genau in diese Richtung weiterentwickelt und das ohne jegliche Befragung der Bevölkerung. Nur mal zum Grössen Vergleich: Griechenland "1. Rettungspaket" €110bn und jetzt reden wir ueber €750bn

Ausgehend von Ihren Posts sind Sie bereits in Rente und Ihnen kann das egal sein. Ich hingegen zahle jeden Monat vermutlich mit die höchsten Steuer- und Abgabensätze zwischen Lissabon und Bukarest und das noch c. 40 Jahre. Und nein, ich sehe das nicht als gerecht an. Aber ich erkenne an, dass die Länder unterschiedlich sind. Es ist und bleibt utopisch allen europäischen Ländern das gleiche System überzustülpen, was Sie als "harmonisieren" bezeichnen. Dafür sind die Unterschiede viel zu massiv. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass es aus Gerechtigkeitsgründen eben keine gemeinsame Haftung und massive Transferzahlungen geben sollte.

Und noch ein Nachtrag bzgl. wer Deutschland daran hindern würde, Art. 50 in Kraft zu setzen. Gäbe es Tendenzen in die Richtung würde wohl Folgendees passieren:
1. Sämtliche europäische Botschafter angefuehrt von dem französischen laufen Sturm und erinnern Deutschland freundlich an die "historische Verantwortung"
2. Erneut wird die Reparationskarte gezogen
3. Zu guter letzt wird nicht mehr ganz so freundlich daran erinnert, dass Deutschland nur unter der Praemisse der Einbettung in den Europäischen Rahmen seine Einheit und Souveränität zurueck erlangte, welche sogleich durch eben jene Einbettung wieder teilweise beschnitten wurde. (zur deutschen Souveränität siehe u.a. Schöllgen Deutsche Außenpolitik von 1945 bis zur Gegenwart) Sollte die Erinnerung nicht fruchten, würde wohl ein Drohung daraus, die Souveränität Deutschlands nach einem Austritt wieder in Frage zu stellen, da die Prämisse der europäischen Einbettung nicht mehr gegeben wäre.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(12 May 2020, 19:28)

Merkel will offenbar dass aus Deutschland der Super-Nettozahler der EU wird. Selbstverständlich ohne einen Hauch von zusätzlichem Mitspracherecht. Schließlich gilt in der EU nicht "Wer zahlt schafft an" sondern "Wer zahlt ist der Dumme".

"Deutschland muss nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel auch den anderen EU-Staaten in der Corona-Krise wieder auf die Beine helfen. Als Exportnation sei man darauf angewiesen, dass es auch den anderen EU-Partnern gut gehe, sagte Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf die Beratungen über ein EU-Wiederaufbauprogramm. Offen seien dabei sowohl die Größenordnung als auch die Finanzierung, fügte Merkel hinzu. Sie stimmte die Unions-Abgeordneten wie zuvor schon CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus darauf ein, dass man erheblich mehr Geld nach Brüssel überweisen müsse. Es sei in niemandes Interesse, wenn nach der Krise nur Deutschland stark sei. Der Bundestag werde an der Entscheidung über die Finanzhilfen beteiligt." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/wissen/coro ... 60996.html
Ich unterstütze die Kanzlerin in ihrer Absicht, daß unser Land auf dem Wege zur europäischen Einigung mehr Lasten zur Entwicklung der EU tragen sollte als andere. Wenn sich das Konzept verfestigt hat, dann kann man auch mit gutem Grund meckern, wenn Partner sich in der einen oder anderen Art hängen lassen wollen. Finanz- und Wirtschaftsunion ist nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Etwa Sozialunion, Sicherheitsunion. Damit haben wir ja auch schon begonnen. Man denke an Kindergeld für Arbeitnehmer in der EU. Aus solchen Wohltaten entwickeln sich Forderungen zu Hause.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(29 May 2020, 09:32)

Ich unterstütze die Kanzlerin in ihrer Absicht, daß unser Land auf dem Wege zur europäischen Einigung mehr Lasten zur Entwicklung der EU tragen sollte als andere.
Das war ja in der Vergangenheit schon so. Deutschland war der größte Nettozahler. 2018 waren das ca 13 Mrd. €. Wenn die Briten nicht mehr dabei sind wird es in einer Größenordnung zwischen 20 und 30 Mrd € liegen, bei einem gesamten EU-Budget von ca. 100 Mrd. € pro Jahr. Und jetzt will die Kanzlerin weitere 135 Mrd € deutsche Steuergelder verschenken. Das ist vollkommen inakzeptabel.
Wenn sich das Konzept verfestigt hat, dann kann man auch mit gutem Grund meckern, wenn Partner sich in der einen oder anderen Art hängen lassen wollen.
Italien lässt sich seit 20 Jahren hängen und drückt sich vor Reformen. Passiert ist gar nichts. Konsequenzen? Selbstverständlich keine.
Finanz- und Wirtschaftsunion ist nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Etwa Sozialunion, Sicherheitsunion. Damit haben wir ja auch schon begonnen. Man denke an Kindergeld für Arbeitnehmer in der EU. Aus solchen Wohltaten entwickeln sich Forderungen zu Hause.
Manchmal frage ich mich in welcher Welt sie leben. So etwas wie Finanzunion, Wirtschaftsunion, Sozialunion und Sicherheitsunion gibt es nicht. Offenbar ist das für sie schon eine Sozialunion wenn jedes Land für sich ein Kindergeld einführt. Mit Union hat das absolut Null zu tun.

Was die EU-Unterstützung für besonders durch die Corona-Pandemie betroffene Staaten anbelangt gibt es gemäß ZDF Politbarometer eine klare Positionierung der Deutschen. 56% wollen sie nur per Kredit gewähren, lediglich 37% über zusätzliche Finanzhilfen. Aber welche Politiker interessiert hierzulande schon die Meinung der Wähler? Ich werde jedenfalls keine Partei mehr wählen die sich für zusätzliche Finanzhilfen (Geschenke) ausspricht. Da ist eine rote Linie überschritten. Italien profitiert bei seiner Staatsverschuldung wie kein zweites Land von den niedrigen Zinsen. Die wenden bezogen auf das Bruttosozialprodukt heute weitaus weniger für den Schuldendienst auf als vor der Finanzkrise 2007. Kann man alles den Bundesbankberichten entnehmen. Aber aktuell geben sie den sterbenden Schwan und wollen für ihre Reformverweigerung mit hohen 2-stelligen Mrd-Beträgen belohnt werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 May 2020, 14:32)
Was die EU-Unterstützung für besonders durch die Corona-Pandemie betroffene Staaten anbelangt gibt es gemäß ZDF Politbarometer eine klare Positionierung der Deutschen. 56% wollen sie nur per Kredit gewähren, lediglich 37% über zusätzliche Finanzhilfen.
Ich meine, das Entscheidende ist nicht, ob die Hilfen als Kredit oder als Finanzhilfe gewährt werden. Schließlich ist es in der EU ja üblich, das massiv Geld an "hilfsbedürftige" Länder verteilt wird.

Den Dammbruch, und AFAIK entgegen der EU-Verträge, sehe ich darin, daß die EU als EU Kredite aufnimmt. Leider ist das im Vorschlag von Österreich, NL usw. auch vorgesehen.
Die EU als EU kann nicht für diese Kredite haften, das fällt auf die Mitgliedsländer zurück, im Zweifelsfall auf die finanzstärksten.
(Wie) werden die EU-Schulden auf die Staatsschuldenquoten der Mitgliedsstaaten angerechnet? Oder wird darauf gesetzt, daß diese zusätzlichen Schulden "durchrutschen", weil nirgendwo vorgesehen ist, daß Organisationen wie die EU Schulden machen?

Mal angenommen, die Hilfen würden tatsächlich nur als Kredite ausgegeben. Was passiert, wenn ein Land diesen Kredit nicht zurückzahlen "kann" bzw. sich weigert? Wer haftet dann?

Vermutlich kann die EU direkte Finanzhilfen besser mit Bedingungen verknüpfen, und auf deren Einhaltung pochen, als bei Krediten.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Maikel hat geschrieben:(29 May 2020, 18:20)

Ich meine, das Entscheidende ist nicht, ob die Hilfen als Kredit oder als Finanzhilfe gewährt werden. Schließlich ist es in der EU ja üblich, das massiv Geld an "hilfsbedürftige" Länder verteilt wird.

Den Dammbruch, und AFAIK entgegen der EU-Verträge, sehe ich darin, daß die EU als EU Kredite aufnimmt. Leider ist das im Vorschlag von Österreich, NL usw. auch vorgesehen.
Die EU als EU kann nicht für diese Kredite haften, das fällt auf die Mitgliedsländer zurück, im Zweifelsfall auf die finanzstärksten.
(Wie) werden die EU-Schulden auf die Staatsschuldenquoten der Mitgliedsstaaten angerechnet? Oder wird darauf gesetzt, daß diese zusätzlichen Schulden "durchrutschen", weil nirgendwo vorgesehen ist, daß Organisationen wie die EU Schulden machen?
Genau darum geht es ja. Durch diese Aktion kommt es zu keiner Erhöhung der Staatsschuldenquoten.
Mal angenommen, die Hilfen würden tatsächlich nur als Kredite ausgegeben. Was passiert, wenn ein Land diesen Kredit nicht zurückzahlen "kann" bzw. sich weigert? Wer haftet dann?
Haften muß die EU. Falls es tatsächlich zu einem Ausfall kommen sollte muss die EU eben den entsprechenden Betrag aus ihrem Budget entnehmen und andere Ausgaben entsprechend kürzen.
Vermutlich kann die EU direkte Finanzhilfen besser mit Bedingungen verknüpfen, und auf deren Einhaltung pochen, als bei Krediten.
Das wird, wie auch schon in der Vergangenheit, Betrug bei den Fördergeldern aber auch nicht verhindern können.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Was sollen nur diese so künstlichen Aufregungen? Wo es doch so einfach ist, sich wieder zurück zu regeln anhand der platten Tatsachen:
Mit durchschnittlich 206 Euro pro Kopf zahlte 2018 niemand so viel an die EU wie die Bürgerinnen und Bürger Dänemarks. An zweiter und dritter Stelle standen Deutschland (161 Euro) und Österreich (152 Euro). Gefolgt von Schweden (149 Euro) und den Niederlanden (142 Euro).
https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen- ... empfaenger

Diese Darstellung kann man gar nicht oft genug auf den Tisch des Hauses legen. Derzufolge selbst Italien, das hier so viel geschmähte, immer noch 5 Mrd mehr in die EU einzahlt als es aus der EU zurück bekommt.

Pro Italiener sind das immer noch 84 €, die das Land für die Freude bezahlt, daß es einem Friedensprojekt beteiligt ist. Der Trost aller Wutknochen: Die Italiener halten mit 55% Zustimmung sehr wenig von der EU, wenn man die Zustimmungsdaten heran zieht.

https://de.statista.com/statistik/daten ... -laendern/

Diese Aufstellungen wollen so gar nicht zur hier zur Schau getragenen Ablehnung der EU passen. Eine große Mehrheit der Deutschen findet diese ungerechte und verfehlte EU ganz schlicht vernünftig und gut: 83%. Nur treten die verbliebenen 16 % Gegner der EU hier arg geräuschvoll auf. Die Dänen sehen mit 79% Zustimmung die EU auch nicht als Faß ohne Boden und sinnloses Unterfangen an... und das sind die Leute, die die Höchststrafe je Kopf der Mitbürger entrichten: 206 € jährlich.

Wenn's nicht so traurig wäre, dann sollte man unsere lieben Wutknochen auslachen!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Die spanische Regierung hat heute ein Grundeinkommen beschlossen. Vielleicht kann man zur Finanzierung schon bald auf den Wiederaufbaufonds der EU zugreifen. Die Empfänger werden das Grundeinkommen sicher zum großen Teil verkonsumieren. Damit könnte zweifellos die Wirtschaft angekurbelt werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(29 May 2020, 21:27)

Was sollen nur diese so künstlichen Aufregungen? Wo es doch so einfach ist, sich wieder zurück zu regeln anhand der platten Tatsachen:



https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen- ... empfaenger

Diese Darstellung kann man gar nicht oft genug auf den Tisch des Hauses legen.
Das stimmt. Da ist ihnen sicherlich aufgefallen dass die sparsamen Vier auch jene Staaten sind die pro Kopf die höchsten Beiträge zahlen. Und die haben keinen Bock sich noch mehr aufs Auge drücken zu lassen und bestehen deswegen ausschließlich auf Kredite als Hilfsleistung.
Derzufolge selbst Italien, das hier so viel geschmähte, immer noch 5 Mrd mehr in die EU einzahlt als es aus der EU zurück bekommt.

Pro Italiener sind das immer noch 84 €, die das Land für die Freude bezahlt, daß es einem Friedensprojekt beteiligt ist.
Nö, Italien bezahlt dass weil es (s.o.) selbst massiv von Binnenmarkt und Zollunion sowie durch niedrige Zinsen profitiert.
Der Trost aller Wutknochen: Die Italiener halten mit 55% Zustimmung sehr wenig von der EU, wenn man die Zustimmungsdaten heran zieht.

https://de.statista.com/statistik/daten ... -laendern/

Diese Aufstellungen wollen so gar nicht zur hier zur Schau getragenen Ablehnung der EU passen. Eine große Mehrheit der Deutschen findet diese ungerechte und verfehlte EU ganz schlicht vernünftig und gut: 83%. Nur treten die verbliebenen 16 % Gegner der EU hier arg geräuschvoll auf. Die Dänen sehen mit 79% Zustimmung die EU auch nicht als Faß ohne Boden und sinnloses Unterfangen an... und das sind die Leute, die die Höchststrafe je Kopf der Mitbürger entrichten: 206 € jährlich.
Jetzt machen sie aus der recht unverbindlichen Frage "Sie fühlen sich als ein Bürger der EU?" mal eben eine Zustimmung zur EU. Das ist aber etwas anderes. Wenn dann schon etwas konkreter gefragt wird ob man der Institution EU eher vertraut oder eher nicht vertraut antworten nur 37% der Italiener mit eher vertraut.
Wenn's nicht so traurig wäre, dann sollte man unsere lieben Wutknochen auslachen!
Ja es ist traurig dass ihre Wahrnehmung sehr einseitig ist und sie viele Fakten ignorieren.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 May 2020, 22:55)

Das stimmt. Da ist ihnen sicherlich aufgefallen dass die sparsamen Vier auch jene Staaten sind die pro Kopf die höchsten Beiträge zahlen. Und die haben keinen Bock sich noch mehr aufs Auge drücken zu lassen und bestehen deswegen ausschließlich auf Kredite als Hilfsleistung.Nö, Italien bezahlt dass weil es (s.o.) selbst massiv von Binnenmarkt und Zollunion sowie durch niedrige Zinsen profitiert. Jetzt machen sie aus der recht unverbindlichen Frage "Sie fühlen sich als ein Bürger der EU?" mal eben eine Zustimmung zur EU. Das ist aber etwas anderes. Wenn dann schon etwas konkreter gefragt wird ob man der Institution EU eher vertraut oder eher nicht vertraut antworten nur 37% der Italiener mit eher vertraut.

Ja es ist traurig dass ihre Wahrnehmung sehr einseitig ist und sie viele Fakten ignorieren.
Meine Empfindungen gegenüber dem Jahrtausendprojekt "europäische Einigung" sind schon völlig anders als Ihre. Kein Anlaß zu Trauer, sondern zum steten Drängen, daß dieses Projekt gelingt.

Ihr Argument: "Italien profitiert und findet deshalb die EU gut" mache ich mir doch glatt zu eigen: "Deutsche haben so viele Vorteile durch die EU, daß die bisherigen Opfer auf dem Altar "europäische Einigung" eher als Trinkgeld denn als wirkliches Opfer zu sehen sind!" Die Kanzlerin hat das endlich auch erkannt. Die "sparsamen Vier" haben aber auch Recht, auf mehr Ausgabendisziplin durch Schuldzinsen zu drängen. Und so wird die EU-Kommission mit dem EU-Parlament um einen bestmöglichen Kompromiß ringen.

Ein erster Trippelschritt zur weiter vertieften Gemeinschaft ist gemacht. Niemand von politischem Gewicht sagt, daß die EU in der Krisenbewältigung völlig fehl am Platz ist.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 May 2020, 21:37)

Die spanische Regierung hat heute ein Grundeinkommen beschlossen. Vielleicht kann man zur Finanzierung schon bald auf den Wiederaufbaufonds der EU zugreifen. Die Empfänger werden das Grundeinkommen sicher zum großen Teil verkonsumieren. Damit könnte zweifellos die Wirtschaft angekurbelt werden.
Ich habe das Vorgehen der spanischen Regierung so verstanden, daß Spanien die Sozialhilfe einführt, die es zuvor nicht gab. Also keine milde Gabe, sondern ein Rechtsanspruch, den weiter fortgeschrittene Gemeinwesen längst als sozialen Besitzstand betrachten. Ein Einzelschritt zu mehr Gemeinsamkeit in einer Sozialunion. Das Wort "Grundeinkommen" hatte die Kanzlerin für die deutsche Sozialhilfe auch schon benutzt. Ganz falsch ist das sicher nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(29 May 2020, 23:16)

Meine Empfindungen gegenüber dem Jahrtausendprojekt "europäische Einigung" sind schon völlig anders als Ihre. Kein Anlaß zu Trauer, sondern zum steten Drängen, daß dieses Projekt gelingt.
Das Projekt EU kann nur gelingen wenn sich die EU-Staaten vertragskonform verhalten. Hier vorhandene Probleme nicht zu lösen sondern mit Geld zuzuschütten führt nur dazu dass die erforderliche Geldsumme immer größer wird.
Ihr Argument: "Italien profitiert und findet deshalb die EU gut" mache ich mir doch glatt zu eigen: "Deutsche haben so viele Vorteile durch die EU, daß die bisherigen Opfer auf dem Altar "europäische Einigung" eher als Trinkgeld denn als wirkliches Opfer zu sehen sind!" Die Kanzlerin hat das endlich auch erkannt.
Merkel hat erkannt dass ihr die EU um die Ohren fliegt wenn sie ihre Position beibehält. Und sie will gegen Ende ihrer Kanzlerschaft nicht als die Person in die Geschichte eingehen die die EU einer Zerreißprobe ausgesetzt hat. Also schüttet sie in bewährter Weise vorhandene Probleme mit Geld zu, anstatt sie zu lösen. Ändert aber nichts daran dass sie mit der EU während ihrer Kanzlerschaft nicht wirklich was anfangen konnte. Sie hat sich darauf fokussiert den Status Quo zu halten, nicht darauf etwas zu ändern. Vertiefen schon gar nicht.
Die "sparsamen Vier" haben aber auch Recht, auf mehr Ausgabendisziplin durch Schuldzinsen zu drängen. Und so wird die EU-Kommission mit dem EU-Parlament um einen bestmöglichen Kompromiß ringen.
Die einzigen die ringen sind die Regierungschefs.
Ein erster Trippelschritt zur weiter vertieften Gemeinschaft ist gemacht. Niemand von politischem Gewicht sagt, daß die EU in der Krisenbewältigung völlig fehl am Platz ist.
Ich kann hier keine Vertiefung erkennen, nur eine (angeblich ausgeschlossene) noch offensichtlichere Transferunion.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ich kann hier keine Vertiefung erkennen, nur eine (angeblich ausgeschlossene) noch offensichtlichere Transferunion.
Das sehen Sie völlig richtig. Nur kann man eben diese EU von mehreren Seiten aus betrachten. Ich sehe das so, daß die gegenseitigen Abhängigkeiten aus guten Gründen wachsen werden, wie das in einem Gemeinwesen immer ist. An der Ausgestaltung des Gemeinwesens werden wir noch sehr lange arbeiten. Der große Donnerschlag, und das Wunder ist geschehen, der wird uns wohl nicht zur Hilfe kommen.

Meine Wahrnehmung der Kanzlerin ist deckungsgleich mit Ihrer. Ich hatte gehofft, daß sie auf Präsident Macrons Werben für die Ausgestaltung der EU konstruktiv eingehen würde. Da kam aber nur Schweigen und schlechte Laune Dritter von wegen Zahlmeister Europas. Wenn sich dieser Wind zum Ende ihrer Kanzlerschaft drehen sollte, dann ist mir das Ergebnis ganz recht. Vielleicht wird demnächst Präsident Macron in tiefes Schweigen verfallen. :D
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 May 2020, 00:29)

Das sehen Sie völlig richtig. Nur kann man eben diese EU von mehreren Seiten aus betrachten. Ich sehe das so, daß die gegenseitigen Abhängigkeiten aus guten Gründen wachsen werden, wie das in einem Gemeinwesen immer ist.
So groß sind die gegenseitigen Abhängigkeiten offenbar nicht. Die Briten sind erst vor 4 Monaten aus der EU ausgestiegen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2020, 00:49)

So groß sind die gegenseitigen Abhängigkeiten offenbar nicht. Die Briten sind erst vor 4 Monaten aus der EU ausgestiegen.
Auch richtig; nur, ob der Schritt klug war, das wird erst die Zukunft zeigen. Ich bin ziemlich überzeugt davon, daß den Briten dieser Schritt sehr zu schaffen machen wird. Einen Vorteil haben die Briten natürlich: Wenn einmal etwas schrecklich schief geht im Lande, dann müssen sie nicht mehr lange suchen, wer dafür die Verantwortung trägt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Orbiter1 hat geschrieben:(29 May 2020, 14:32)
Was die EU-Unterstützung für besonders durch die Corona-Pandemie betroffene Staaten anbelangt gibt es gemäß ZDF Politbarometer eine klare Positionierung der Deutschen. 56% wollen sie nur per Kredit gewähren, lediglich 37% über zusätzliche Finanzhilfen. Aber welche Politiker interessiert hierzulande schon die Meinung der Wähler? Ich werde jedenfalls keine Partei mehr wählen die sich für zusätzliche Finanzhilfen (Geschenke) ausspricht. Da ist eine rote Linie überschritten.
Bei der nächsten Bundestagswahl können die Deutschen über die Europapolitik der gewählten und amtierenden Großen Koalition abstimmen und sich mehrheitlich für Herrn Merz und konservativliberale Kräfte entscheiden. ;) Ob die Kredite direkt national von den hauptsächlich von der Corona-Epidemie betroffenen EU-Staaten oder indirekt und zum großen Teil auch von den weniger betroffenen Ländern bezahlt werden sollen, kann dann zur nachträglichen Begrenzung im Sinne einer "Söderschen Obergrenze" zur Abstimmung gestellt werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 07:53)

Bei der nächsten Bundestagswahl können die Deutschen über die Europapolitik der gewählten und amtierenden Großen Koalition abstimmen und sich mehrheitlich für Herrn Merz und konservativliberale Kräfte entscheiden. ;)
Die Hilfe in Form von Geschenken, und damit eine weitere 180°-Wende, hat die CDU doch schon längst durchgewunken. Merz steht hier auf einen einsamen Posten und kann seine Kanzlerkandidatur schon beerdigen wenn er sich nicht ebenfalls um 180° dreht. Selbst von der CSU kommt kein Widerspruch.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 07:53)
Bei der nächsten Bundestagswahl können die Deutschen über die Europapolitik der gewählten und amtierenden Großen Koalition abstimmen und sich mehrheitlich für Herrn Merz und konservativliberale Kräfte entscheiden. ;) Ob die Kredite direkt national von den hauptsächlich von der Corona-Epidemie betroffenen EU-Staaten oder indirekt und zum großen Teil auch von den weniger betroffenen Ländern bezahlt werden sollen, kann dann zur nachträglichen Begrenzung im Sinne einer "Söderschen Obergrenze" zur Abstimmung gestellt werden.
Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2020, 08:02)
Die Hilfe in Form von Geschenken, und damit eine weitere 180°-Wende, hat die CDU doch schon längst durchgewunken. Merz steht hier auf einen einsamen Posten und kann seine Kanzlerkandidatur schon beerdigen wenn er sich nicht ebenfalls um 180° dreht. Selbst von der CSU kommt kein Widerspruch.
Dann scheint die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und Parteifunktionäre der Großen Koalition und Teilen der Opposition die finanzielle Gefahr für beherrschbar zu halten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Dann scheint die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und Parteifunktionäre der Großen Koalition und Teilen der Opposition die finanzielle Gefahr für beherrschbar zu halten.
Meine Einschätzung: Die Regierungsparteien und die Opposition der DIE GRÜNEN, DIE LINKE und Teile der FDP verstehen sehr gut, worum es im europäischen Projekt geht. Ich vermute eine sichere 2/3-Mehrheit für den Kompromiß, den die EU aus dem Vorschlag Macron-Merkel und dem Vorschlag der sparsamen Vier entwickelt. Keine Seite wird ihr Gesicht verlieren. Die AfD ist in ihrer Kurzsichtigkeit gar nicht zu überbieten... die will heim ins Reich.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 08:42)

Dann scheint die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und Parteifunktionäre der Großen Koalition und Teilen der Opposition die finanzielle Gefahr für beherrschbar zu halten.
Es geht nicht um die finanzielle Gefahr durch das Geschenkepaket, den deutschen Steuerzahlern lässt sich auch noch viel mehr Geld wegnehmen und an reformunwillige Staaten verschenken. Es geht um den Tabubruch. Mit welcher Begründung will man das nächste Geschenkepaket eines in Not geratenen EU-Staates verweigern? Und ein finanzieller Notstand ist ganz schnell erreicht wenn es ein Staat darauf anlegt. Für Italien gibt es doch nun wirklich gar keinen Grund mehr Reformen durchzuführen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 08:42)
Dann scheint die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und Parteifunktionäre der Großen Koalition und Teilen der Opposition die finanzielle Gefahr für beherrschbar zu halten.
Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2020, 09:19)
Es geht nicht um die finanzielle Gefahr durch das Geschenkepaket, den deutschen Steuerzahlern lässt sich auch noch viel mehr Geld wegnehmen und an reformunwillige Staaten verschenken. Es geht um den Tabubruch. Mit welcher Begründung will man das nächste Geschenkepaket eines in Not geratenen EU-Staates verweigern? Und ein finanzieller Notstand ist ganz schnell erreicht wenn es ein Staat darauf anlegt. Für Italien gibt es doch nun wirklich gar keinen Grund mehr Reformen durchzuführen.
Es geht nicht um einen Tabubruch, sondern um die Frage nach einer finanzpolitischen Vertiefung der Europäischen Union. Die gemeinsamen Schulden sollen laut Plan durch neue EU-Steuern zurückbezahlt werden. Dadurch kommt es auch nicht zu einer Erhöhung der EU-Budgets für die nächsten 7 Jahre.
Wer diese finanzpolitische Vertiefung der EU nicht möchte, sollte realistische und mehrheitsfähige Gegenvorschläge machen, um der Gefahr einer zweiten Euro-Krise vorzubeugen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2020, 09:19)

Es geht nicht um die finanzielle Gefahr durch das Geschenkepaket, den deutschen Steuerzahlern lässt sich auch noch viel mehr Geld wegnehmen und an reformunwillige Staaten verschenken. Es geht um den Tabubruch. Mit welcher Begründung will man das nächste Geschenkepaket eines in Not geratenen EU-Staates verweigern? Und ein finanzieller Notstand ist ganz schnell erreicht wenn es ein Staat darauf anlegt. Für Italien gibt es doch nun wirklich gar keinen Grund mehr Reformen durchzuführen.
Italien wird schon wieder zu einem vernünftig regierten Land werden. Und bis dahin wird der Rest der EU genau so scharf hinsehen, was dort vor sich geht, wie bisher auch. Genau so wird das auch in Polen laufen. Vielen Polen ist sehr bewußt, welchen Ärger ihre PiS-Regierung mit ihren EU-Partnern erzeugt. Der inzwischen aufgestellte
Präsidentschaftsbewerber Rafal Trzaskowski (derzeit liberaler Bürgermeister von Warschau) hat guten Umgang mit Polens Nachbarn zum Merkmal seiner Kandidatur gemacht. Zwar führt als Manager der Pandemiebekämpfung der national-konservative
Bewerber Andrzej Duda in den Umfragen... nicht anders als hier unsere Kanzlerin, aber immerhin ist erkennbar, daß der Umgang mit den Nachbarn ein Thema ist, das Polen umtreibt.

Italien ist eine Demokratie, Polen auch. Beide haben ihre Macken, wie wohl jede Demokratie. Da menschelt es in allen Variationen... schauen wir uns im eigenen Lande um.

Mir täte es leid, wenn Italien oder Polen hierzulande zum Ziel eines Exempels gewählt werden. Ich würde auf die verständigen Kräfte dieser Länder setzen!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wer diese finanzpolitische Vertiefung der EU nicht möchte, sollte realistische und mehrheitsfähige Gegenvorschläge machen, um der Gefahr einer zweiten Euro-Krise vorzubeugen.
Damit erheben Sie eine gar nicht so leicht zu erfüllende Forderung. Der hier in der Luft liegende Vorschlag betrifft eher die Auflösung der EU als ihre Vertiefung... sozusagen den Briten nach zu eifern, damit es uns als Land und Volk endlich einmal besser geht, uns armen, armen ausgebeuteten Deutschen. Wieviel schöner könnte doch die Welt sein, wenn wir uns auf uns selbst in stiller nationaler Größe besännen. Oder wenigstens so ähnlich... ;)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 09:31)

Es geht nicht um einen Tabubruch, sondern um die Frage nach einer finanzpolitischen Vertiefung der Europäischen Union. Die gemeinsamen Schulden sollen laut Plan durch neue EU-Steuern zurückbezahlt werden. Dadurch kommt es auch nicht zu einer Erhöhung der EU-Budgets für die nächsten 7 Jahre.
Sie meinen jetzt sollen neben der Kommune, dem Bundesland, dem Bund auch zusätzlich noch die EU direkt in die Tasche der Steuerzahler greifen? So bescheuert werden die Staaten ja wohl nicht sein und sich eine Einnahmequelle wegnehmen lassen.
Wer diese finanzpolitische Vertiefung der EU nicht möchte, sollte realistische und mehrheitsfähige Gegenvorschläge machen, um der Gefahr einer zweiten Euro-Krise vorzubeugen.
Dazu müssen die üblichen Verdächtigen nur das tun was EU-Kommission und EZB seit 20 Jahren von ihnen fordern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2020, 09:31)
Es geht nicht um einen Tabubruch, sondern um die Frage nach einer finanzpolitischen Vertiefung der Europäischen Union. Die gemeinsamen Schulden sollen laut Plan durch neue EU-Steuern zurückbezahlt werden. Dadurch kommt es auch nicht zu einer Erhöhung der EU-Budgets für die nächsten 7 Jahre.
Wer diese finanzpolitische Vertiefung der EU nicht möchte, sollte realistische und mehrheitsfähige Gegenvorschläge machen, um der Gefahr einer zweiten Euro-Krise vorzubeugen.
Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2020, 10:02)
Sie meinen jetzt sollen neben der Kommune, dem Bundesland, dem Bund auch zusätzlich noch die EU direkt in die Tasche der Steuerzahler greifen? So bescheuert werden die Staaten ja wohl nicht sein und sich eine Einnahmequelle wegnehmen lassen.
Was ist denn bitte schön daran bescheuert, auf EU-Ebene sachbezogenen Abgaben zu erheben? Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie wirklich wollen, mehr finanzpolitische Kooperation auf EU-Ebene, wozu auch gemeinsame sachbezogenen Abgaben gehören, oder weniger Kooperation und damit eine gewisse Renationalisierung. Alles beim Alten zu belassen, dürfte keine tragfähige Lösung sein.
Zuletzt geändert von Wähler am So 31. Mai 2020, 07:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Liberty »

Die linksradikale Regierung in Spanien führt das lange geplante "Grundeinkommen" ein.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/grund ... 470dcaa7f1

Freibier für alle. Die dummen Deutschen zahlen. :thumbup:
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Liberty hat geschrieben:(30 May 2020, 23:12)

Die linksradikale Regierung in Spanien führt das lange geplante "Grundeinkommen" ein.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/grund ... 470dcaa7f1

Freibier für alle. Die dummen Deutschen zahlen. :thumbup:
In Deutschland heißt das weniger romantisch "Sozialhilfe" oder "Hartz II". Spanien vollzieht also einen Schritt hin zur Sozialunion. Wie aufregend! :thumbup:
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Liberty »

H2O hat geschrieben:(31 May 2020, 07:24)
Spanien vollzieht also einen Schritt hin zur Sozialunion.
Ja und der deutsche Steuerzahler darf es finanzieren. Aber hey, wenn bezahlen ja auch den Italienern den Renteneintritt mit 62. :thumbup:
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