Sicherheitssituation der EU könnte sich mittelfristig im Kontext Afghanistans ändern. Die USA überlegen auch unter Biden sich aus Afghanistan zurückzuziehen. Jedenfalls wenniger Engagement als vorher. Es ist kein unwahrscheinliches Szenario, daß die Taliban früher oder später stärkste Kraft in Afghanistan werden.
Die Biden-Administration hat einen netten Brief an den Präsidenten in Kabul geschrieben.
Washington brüskiert Kabul
Verloren seid ihr so oder so
Die Taliban sind in Afghanistan weiter auf dem Vormarsch. US-Außenminister Blinken hat der Regierung in Kabul derweil einen Brief geschrieben. Die Kernbotschaft – fatal.
Der Brief des neuen US-Außenministers Antony Blinken an den Präsidenten Afghanistans, Ashraf Ghani, liest sich wie eine Anweisung: Ghani solle schnell Frieden machen mit den Taliban – sonst zögen sich die USA zum 1. Mai aus dem Land zurück, so wie Washington es mit den Taliban bereits vereinbart hat. Ghani und seine Regierung wären sich selbst überlassen.
Im Palast von Kabul ist man empört über den befehlsartigen Ton des geleakten Schreibens. Ghani erlebt die größte Demütigung seiner Amtszeit.
Wird Afghanistan bald wieder ein islamisches Emirat?
Der Staatschef kontert zwar, mit ihm werde es keine Machtübergabe durch »Pläne anderer« geben, gemeint sind die Taliban. Die Radikalislamisten wollen eine Interimsregierung installieren. Das wäre Ghanis politisches Ende, wohl aber auch das Ende der Demokratischen Republik Afghanistan.
Auch unklar ist, ob bald nur noch eine einzige, radikale Interpretation des Islam dominiert und ob Minderheiten noch Schutz genießen, die schiitischen Hazara zum Beispiel, von denen heute viele zur Bildungselite gehören.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 0176230918
Nicht nur die USA unterhalten Kontakte zu den Taliban, auch der Iran, trotz einer Erzfeindschaft. Die Taliban sind nicht kleinzukriegen. Nach dem orientalischen Motto "Wessen Hand du nicht abschlagen kannst, mußt du schütteln" scheint die Maxime zu sein.
Der Iran hat seit der Revolution 1979 eine Politik betrieben Minderheiten um sich zu scharen. Weniger der Nationalismus, wie unter dem Schah war ein wichtiger Parameter, sondern die Konfession bzw. die Tatsache eine Minderheit darzustellen. So sah man jüngst in Syrien, daß Alawiten, Schiiten und Christen gezielt Arbeitsbündnisse mit dem Iran eingegangen sind. Auch die Kurden haben im vergleich zu Arabern und Türken mit Iranern weniger Probleme. Als Minderheiten, da der schiitische Iran selbst in seinem Gedächtnis eine Minderheitheit konfessionell darstellt.
In Afghanistan war/ist es ähnlich. Auch dort unterstützte Teheran die Minderheiten, so gesehen in der Nordallianz. Dort waren ethnische und konfessionelle Minderheiten der Tadschiken, Usbeken und Hazara vereinigt. Gegen die Mehrheit der paschtunisch geprägten viel radikalieren Taliban. Die Wiederum auf Pakistan und Saudi-Arabien zählen konnten und können.
Speziell die Hazara, die auch zu den 12er Schia gehören und turko-mongolischer Abstammung sind waren nahe eines Genozids in den Neunzigern. Das kulminierte sich soweit, daß 1998 der Iran bereit für einen massiven Zugriff war, zu dem 70 000 Soldaten und Kampfhubschrauber an der Grenze zusammengezogen wurden. Nachdem die Taliban sich bei der UN beschwerten, wie bedauernswert sie wären wurde das abgeblasen. Die Tatsache, daß iranische Diplomaten, die bei den Massakern der Taliban an den Hazara gekidnappt wurden freigelassen wurden und sich die Taliban jetzt dann doch mehr beim massakrieren zurückhielten war wohl eher der Grund, daß es nicht zum Krieg kam.
Hazara sind neben der falschen Konfession sicher auch nicht gerade in Bildungs- und Frauenfragen Sympathieträger für die Taliban.
Es hat sehr große Fortschritte in der Schulbildung – auch von Mädchen – gegeben, die teilweise sogar als Bildungswunder bezeichnet werden.[15] Lediglich aufgrund einer regional anknüpfenden Quotenregelung der afghanischen Regierung, welche sich zu Lasten der diskriminierten Minderheit der Hazara auswirkt, hat sich der Anteil der Hazara in der Studentenschaft verringert. Frauen haben bei den Hazara mehr Freiheiten als bei anderen Volksgruppen Afghanistans.[8] Die Hazara Habiba Sarabi ist als Gouverneurin der Provinz Bamiyan landesweit die einzige Frau in diesem Amt. Eine weitere bekannte Hazara ist die Ärztin und Politikerin Sima Samar.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hazara
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Taliban als stärkste Kraft in Afghanistan zurückmelden. Was das dann für die Minderheiten bedeutet und somit als heißer Konfliktherd ist auch von Bedeutung für die EU. Die Sperrforts und Sperranlagen Irans an der Grenze jedenfalls haben Millionen Afghanen nicht aufgehalten in den Iran zu kommen und in die EU. Neben Tonnen von Rauschgift. Die laschen EU-Grenzen dagegen sehen da noch schlechter aus.