Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Deutschland steht in der NATO am Pranger, weil wir zu wenig Mittel für unsere Verteidigungsbereitschaft aufwenden. Tatsächlich hat die Bundeswehr große Schwierigkeiten, das dazu notwendige qualifizierte Personal zu finden und zu halten. Weiterhin scheint die Forderung nach 2% des Brutto-Sozialprodukts für Verteidigung reichlich übertrieben zu sein, weil damit allein Deutschland durch seinen wirtschaftlichen Erfolg bedingt mehr Mittel aufwenden würde als Rußland, das ja als mutwilliger Aggressor in Schach gehalten werden soll.

Wie wäre es denn, wenn die Bundeswehr eine Art Patenschaft für Truppenteile in EU-Partnerstaaten übernähme, die unter der Verteidigungslast ächzen? Eine vertraglich zugesicherte Beteiligung an deren Kosten hätte auch wegen der wirtschaftlichen Lage dieser Länder einen weitaus höheren Wirkungsgrad... der Wehrsold dürfte dort weitaus geringer ausfallen als bei einer Aufstockung der Bundeswehr. Weiterhin könnte die deutsche wehrtechnische Industrie sich dort einen Absatzmarkt schaffen, der allein unserer Verteidigung zu gute kommt. Das zu liefernde wehrtechnische Material bezahlt eben der Bundesverteidigungsminister.

Über solche Partnerschaften und auch Durchmischungen (Ausbildung in Deutschland, Dienst danach "zu Hause") ließen sich auch enge persönliche Bindungen auf allen Ebenen der verbündeten Streitkräfte und Vertragspartner aufbauen. Die NATO und oder die EU müßten dann eine Art Qualitätskontrolle über die bereit gestellte Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit der Vertragspartner entwickeln.
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Beitrag von Kohlhaas »

Das Problem liegt nicht allein in den zu niedrigen Verteidigungsausgaben der meisten europäischen Staaten. Meines Wissens erfüllen nur vier von ihnen das Zwei-Prozent-Ziel. Es gibt vielmehr ein strukturelles Problem: Von dem Geld, das die europäischen Staaten für Verteidigung/Militär ausgeben, fließt zu wenig tatsächlich in die Ausrüstung der Truppen. Das hängt mit der gegenwärtig noch vorherrschenden Zersplitterung bei der Beschaffung von Waffensystemen zusammen. Die einzelnen Nationen der EU entwickeln zum Beispiel Ausrüstung und Waffen immer noch vorwiegend für den Eigenbedarf. Sie stellen also in der Regel nur kleine Stückzahlen her, was die Stückkosten dann erhöht (Entwicklungskosten müssen ja auf die zahl der produzierten Systeme umgelegt werden). Eine Lösung wäre es, Waffensysteme gemeinsam zu entwickeln und zu beschaffen. Dazu gibt es mittlerweile gute Ansätze.

An den Personalproblemen der Bundeswehr lässt sich auf die Weise natürlich nichts ändern. Es erweist sich jetzt als fataler Fehler, die Wehrpflicht abzuschaffen und die Bundeswehr auf unter 200.000 Mann abzurüsten. In den 4-plus-2-Gesprächen war seinerzeit mit Russland eine Personalstärke von 370.000 Mann als Obergrenze vereinbart.

Im Übrigen bin ich auch der Ansicht, dass die 2-Prozent-Marke nicht erreicht werden muss. Fasst man die Verteidigungsausgaben aller EU-Staaten zusammen, kommt man auf den zweithöchsten Militäretat der Welt. Schon jetzt. Das sollte eigentlich ausreichen, um in Europa schlagkräftige Truppen mit guter Durchhaltefähigkeit zu unterhalten.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

@ Kohlhaas:

Dieser Gedanke läßt sich bestimmt umsetzen: Die befreundeten Nationen entwickeln ihr gemeinsames Verteidigungskonzept, Deutschland baut auf eigene Kosten das Material für die Gemeinschaft und beliefert sie zu weniger als Fertigungskosten. Dann könnte man die industrielle Fähigkeit Deutschlands für die Verteidigung kostengünstig nutzen, und alle hätten das Material, das sie sich gemeinsam überlegt und gewünscht haben. So käme man vielleicht auch um die immer wieder ärgerliche Exportfrage herum: Der Eigenbedarf ist damit groß genug.

Klar, die Abschaffung der Wehrpflicht war ein Schildbürgerstreich. Nicht etwa deshalb, weil Wehrpflichtige einen besonders aufregenden Beitrag zur Verteidigung in unseren hochtechnisierten Armeen leisten, sondern weil sie die Mitverantwortung für den Schutz unserer Gesellschaft vor fremder Bedrückung übernehmen und die Bundeswehr damit an die ganz gewöhnlichen Mitbürger anschließt. Es war ab zu sehen, daß sich allein mit der Aussicht, sich mit einem ganz guten Gehalt im bunten Rock zu betätigen, genau diese ganz gewöhnlichen Mitbürger sich dort nicht einfinden werden. Aus meiner Sicht muß eine Armee das Vertrauen der Mitbürger verdienen, und das geht am ehesten, wenn dort die eigenen Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern, Onkel und Tanten dafür sorgen. Nur so hat die Bundeswehr Zugriff auf die Menschen, die sie idealerweise braucht.

Nebenbei: 370.000 deutsche Soldaten wären gar nicht erforderlich, wenn man das Partnerschaftsverfahren mit allseits gutem Willen durchzöge.

In Summe hätte die EU dann schon mehr Soldaten im Dienst als ihre möglichen Gegner. Man muß eben dafür sorgen, daß die Summe ihrer Anteile auch wirklich mehr ist als die einfache Summe!
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(08 Apr 2019, 12:01)Dieser Gedanke läßt sich bestimmt umsetzen: Die befreundeten Nationen entwickeln ihr gemeinsames Verteidigungskonzept, Deutschland baut auf eigene Kosten das Material für die Gemeinschaft und beliefert sie zu weniger als Fertigungskosten.
Dann würde die Wirtschaft der anderen Mitgliedsstaaten nicht profitieren und Deutschland müsste das Militär der Partner "mitfinanzieren". Die Verteidigungsausgaben reichen aber schon jetzt nicht, um die eigenen Streitkräfte angemessen auszurüsten.
Klar, die Abschaffung der Wehrpflicht war ein Schildbürgerstreich. Nicht etwa deshalb, weil Wehrpflichtige einen besonders aufregenden Beitrag zur Verteidigung in unseren hochtechnisierten Armeen leisten, sondern weil sie die Mitverantwortung für den Schutz unserer Gesellschaft vor fremder Bedrückung übernehmen und die Bundeswehr damit an die ganz gewöhnlichen Mitbürger anschließt.
Der "Staatsbürger in Uniform". Genau so sehe ich das auch. Von hoher Bedeutung ist aber vor allem auch der Umstand, dass die Bundeswehr zu Wehrpflichtzeiten die Mehrzahl ihrer Zeit- und Berufssoldaten aus dem Kreis der Wehrpflichtigen rekrutieren konnte. Viele junge Leute, die zu Schulzeiten nie darauf gekommen wären, Soldat zu werden, haben erst in der Wehrdienstzeit festgestellt, dass diese Laufbahn für sie interessant sein könnte.
Nebenbei: 370.000 deutsche Soldaten wären gar nicht erforderlich, wenn man das Partnerschaftsverfahren mit allseits gutem Willen durchzöge.

In Summe hätte die EU dann schon mehr Soldaten im Dienst als ihre möglichen Gegner. Man muß eben dafür sorgen, daß die Summe ihrer Anteile auch wirklich mehr ist als die einfache Summe!
Ob es unbedingt 370.000 sein müssten, mag ich gar nicht beurteilen. 200.000 sind aber definitiv zu wenig, um alle Aufgaben zu erfüllen, die dem Militär von der Politik übertragen werden. Mehr Soldaten als ihre möglichen Gegner hat die EU übrigens schon jetzt unter Waffen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

@Kohlhaas:

Eine Wirtschaft "profitiert" doch nicht, wenn sie Wehrmaterial nur für den eigenen Bedarf herstellt. Unter anderen Zielen ist dieser Gedanke in meinen Vorschlag eingeflossen. Da werden eine ganze Menge Leute zu Lasten der Steuerzahler mit teuren Technologien und Fertigungen befaßt. Was bringt das, wenn niemand das Zeug abkaufen soll, sondern er es zu Herstellungskosten erwerben kann? Dann ist eine Menge deutsches Geld für Verteidigung angelegt, und Präsident Trump darf sich beruhigen.

Ja, das "Mitfinanzieren" sollte Deutschland durchaus als Aufgabe annehmen; dazu muß natürlich vorausgesetzt werden, daß diese Kosten als deutscher Beitrag gelten. Wir wollten doch ohnehin auf eine europäische Streitmacht hinarbeiten. So könnte man sich diesem Ziel Schritt für Schritt nähern und das Vertrauen schaffen, das heute noch nicht so weit entwickelt ist.

Ja, in Sachen Wehrpflicht sind wir uns völlig einig. Ich sah auch den Vorteil, daß in einer Wehrpfichtarmee das Interesse der jungen Leute an der Verteidigung unserer Gesellschaft geweckt werden könnte, die von allein gar nicht auf den Gedanken gekommen wären, sich dort als Lebensaufgabe ein zu bringen.

Um Himmelswillen! ich bin gedanklich weder auf 370.000 Soldaten noch auf 200.000 Soldaten festgelegt. Meine Überlegung setzt immer wieder bei der gemeinsamen Streitmacht an und den Aufgaben, denen sich diese Streitmacht stellen muß. Auch da schüfe die Wehrpflicht eine vernünftige Notreserve, die man bei dringendem Bedarf abrufen könnte. Man stelle sich die Zeitverluste heute vor, wenn ein solcher Notfall einträte und man solche Kräfte ausbilden und überhaupt erst einmal ansammeln müßte.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(08 Apr 2019, 19:57)

@Kohlhaas:

Eine Wirtschaft "profitiert" doch nicht, wenn sie Wehrmaterial nur für den eigenen Bedarf herstellt.
Stimmt. Aber alle Beteiligten profitieren davon, wenn sie Waffensysteme gemeinsam entwickeln und gemeinsam fertigen. Bei Großprojekten (Schiffe, Eurofighter, Meteor-Rakete etc....) ist das ja in kleineren Kreisen schon eingeübt. Auch bei Kleinwaffen wird es auch zunehmend "hoffähig". So haben Frankreich und Norwegen ein deutsches Sturmgewehr als Standardwaffe eingeführt, Deutschland beschafft britische Scharfschützengewehre... Es wollen eben alle nicht nur Abnehmer von Produkten der deutschen Rüstungsindustrie sein, sondern solche Waffen auch im eigenen Land fertigen. Ist ja auch gar kein Problem. Teuer wird die Sache nur, wenn unterschiedliche Systeme im Einsatz sind, die nicht miteinander kompatibel sind.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben:(08 Apr 2019, 20:13)

Stimmt. Aber alle Beteiligten profitieren davon, wenn sie Waffensysteme gemeinsam entwickeln und gemeinsam fertigen. Bei Großprojekten (Schiffe, Eurofighter, Meteor-Rakete etc....) ist das ja in kleineren Kreisen schon eingeübt. Auch bei Kleinwaffen wird es auch zunehmend "hoffähig". So haben Frankreich und Norwegen ein deutsches Sturmgewehr als Standardwaffe eingeführt, Deutschland beschafft britische Scharfschützengewehre... Es wollen eben alle nicht nur Abnehmer von Produkten der deutschen Rüstungsindustrie sein, sondern solche Waffen auch im eigenen Land fertigen. Ist ja auch gar kein Problem. Teuer wird die Sache nur, wenn unterschiedliche Systeme im Einsatz sind, die nicht miteinander kompatibel sind.
Ja, warum nicht; dann sind die Spendierhosen eben etwas enger genäht. Ich dachte auch an weniger gut aufgestellte Partner, denen man mit derartigen Geschenken einen wirklichen Gefallen tut, daß sie in Menge und Qualität das Material bekommen, das sie sich wünschen. Den USA würde ich das Verfahren nicht anbieten... :)
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

Okay, dann habe ich Deine Aussagen falsch interpretiert. Ja, diese Art der "Subventionierung" ist dann natürlich sinnvoll und nutzt beiden Seiten. Wenn mich nicht alles täuscht, ist mit den Niederlanden etwas ähnliches sogar schon vereinbart worden. Deren Panzertruppen werden mit Leopard-Panzern ausgerüstet, die im Eigentum der Bundesrepublik verbleiben. Wenn die Niederlande die Panzer mal für eigene "nationale" Zwecke benötigen sollten, können sie sie von der Bundeswehr "leasen"...
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von zollagent »

H2O hat geschrieben:(08 Apr 2019, 20:59)

Ja, warum nicht; dann sind die Spendierhosen eben etwas enger genäht. Ich dachte auch an weniger gut aufgestellte Partner, denen man mit derartigen Geschenken einen wirklichen Gefallen tut, daß sie in Menge und Qualität das Material bekommen, das sie sich wünschen. Den USA würde ich das Verfahren nicht anbieten... :)
So weit ich weiß, gab es das auch schon in der Vergangenheit, verbrämt benannt unter "NATO-Auftrag". Da bekamen die Türken, die Griechen, die Portugiesen Fregatten und Zerstörer, auch die Bundesmarine bekam ihre ersten Zerstörer (Fletchers) auf diese Weise. Sie hat sie dann am Ende der Dienstzeit letztlich von den Amerikanern gekauft. Nur so durfte sie sie verschrotten oder an andere NATO-Marinen weitergeben.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Ja, das Geld für die Aufrüstung der Bundeswehr ist wohl grundsätzlich vorhanden; aber es geht uns allen doch um die gemeinsame Verteidigung. Wir bekommen den Personalaufwuchs nicht ohne böse Verrenkungen hin. Unsere weniger wohlhabenden Partner hätten vielleicht die Menschen, aber nicht die Mittel oder die Ausrüstung. Wenn das gegenseitige Vertrauen gewiß ist, dann sind diese Soldaten so wichtig wie unsere eigenen jungen Leute.

Man muß das alles ja nicht lupenrein inszenieren, aber wenn unsere europäische Verteidigungsfähigkeit sich damit verbessern läßt... warum nicht! Auch so kommt man der europäischen Armee näher... wenn man sich gleichgesinnte Partner sucht.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

https://augengeradeaus.net/2019/06/weit ... rzeichnet/

Frankreich und Deutschland gehen einen weiteren Schritt in Richtung gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik. In Paris wurden Verträge über die gemeinsame Entwicklung eines europäischen Kampfflugzeugs (samst Luftverteidigungssystem; unter französischer Führung) und eines neuen Kampfpanzers (ebenfalls als Teil eines Gesamtsystems zu betrachten; unter deutscher Führung) unterzeichnet worden. Spanien ist dem Projekt zur Flugzeugentwicklung offiziel beigetreten. Belgien soll Interesse bekundet haben. Ein ähnliches Entwicklungsprojekt für Artilleriewaffen ist wohl in der Planung.

Die jetzt vereinbarte deutsch-französische Zusammenarbeit geht wohl auf das Aachener Abkommen aus dem Januar zurück, mit dem Deutschland und Frankreich eine weitgehende "Integration" beider Nationen vereinbart haben, die über die Ziele der Europäischen Union deutlich hinausgeht. Da zeichnet sich für mich die Basis der "europäischen Armee" ab. Auch ein Zeithorizont wird jetzt klarer: Gut 20 Jahre.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Genau so geht schrittweise Integration der Verteidigung: Zuerst harmonisiert man die Waffensysteme, Stück für Stück, danach schafft man gemeinsame Ausbildungs- und Übungsprogramme und ganz am Ende steht dann eine gemeinsame Streitmacht aus einem Guß.

In der Zeit hat sich auch die EU als Gemeinschaft weiter entwickelt, so daß vermutlich auch die gemeinsame politische Führung der europäischen Streitkräfte kein Traum bleiben muß.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

Was Deutschland und Frankreich im Aachener Abkommen vereinbart haben, geht deutlich über die Integration innerhalb der EU hinaus. Wenn das ernst gemeint ist. Weiß man ja nicht. Auch die beiden vereinbarten Militärprojekte sind weitaus größer und tiefgreifender als alles, was es bisher gab. Auch dabei gilt natürlich: Wenn das ernst gemeint ist.... Gab ja schon früher gemeinsame Projekte, die dann geplatzt sind. Ich hoffe, diesmal läuft es anders. Das würde Europa einen großen Schritt voran bringen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Tom Bombadil »

I have a dream: Aachen, Weihnachten 2050: 1250 Jahre nach der Krönung Karls des Großen in Rom, verkünden Frankreich und Deutschland die Vereinigung zu einem Staat.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

Hatten wir ja schonmal. 9. Jahrhundert. Karl der Große. Und wenn man das Aachener Abkommen so liest, dann ist genau das der Plan. Würde ich voll begrüßen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(23 Jun 2019, 18:41)

I have a dream: Aachen, Weihnachten 2050: 1250 Jahre nach der Krönung Karls des Großen in Rom, verkünden Frankreich und Deutschland die Vereinigung zu einem Staat.
Nichts dagegen; auch nicht, wenn Polen mit von der Partie wäre.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Schlettow »

Die USA wollen ein weltweites Bündnis gegen den Iran aufbauen. US-Außenminister Mike Pompeo sprach von "einer Koalition, die sich nicht nur über die Golfstaaten erstreckt, sondern auch über Asien und Europa".

Diese solle bereit sein, den "größten Sponsor des Terrors auf der Welt" zurückzudrängen, sagte Pompeo vor einer Reise nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Mit beiden Ländern will er über eine gemeinsame strategische Linie reden.

Deutschland wurde bisher noch nicht offiziell zur Beteiligung an der Koalition aufgefordert. Man habe die Initiative Pompeos lediglich "über die Medien zur Kenntnis genommen", sagte der stellvertretende Sprecher des Auswärtigen Amts, Christopher Burger.

Der US-Plan erinnert an die "Koalition der Willigen", die den Angriff der Vereinigten Staaten auf den Irak im März 2003 unterstützte. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein.
https://www.tagesschau.de/ausland/usa-iran-153.html

Diese neue "Koalition der Willigen" würde erneut offenbaren, daß es weder eine europäische Außen- noch eine europäische Verteidigungspolitik gibt.

Europa ist eben ein Kontinent der Nationalstaaten, die zwar teilweise gemeinsame, aber eben auch vielfach unterschiedliche Interessen haben.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Ger9374 »

Na was hätte die Bundeswehr auch zu bieten, fliegen tut kaum noch was, schwimmfähiges auch schwach.
Und Soldaten sind doch auch schon genug in Internationalen Einsätzen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(25 Jun 2019, 11:08)

Na was hätte die Bundeswehr auch zu bieten, fliegen tut kaum noch was, schwimmfähiges auch schwach.
Und Soldaten sind doch auch schon genug in Internationalen Einsätzen.
Für ein Land mit 80 Mio Einwohnern und der Wirtschaftskraft Deutschlands ist unsere Bundeswehr arg unterentwickelt... praktisch eine fette Beute, die noch von einem Hegemon geschützt wird.

Also, wenn das niemand erkennt, dann muß er mit Blindheit geschlagen sein. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten leistet die Bundeswehr erhebliche Beiträge zur Sicherheit in Unruhegebieten. Unsere Soldaten sollten wir in ihrer Lage deshalb nicht verspotten.

Ich sehe im Zustand der Bundeswehr ganz einfach Politikversagen, mindestens seit dem russischen Aufmarsch in Georgien vor 10 Jahren. Da war schon klar, daß Rußland erneut imperiale Pläne entwickelt.

Zum Material, das nicht fliegt, schwimmt oder rollt: Zumindest bei Großgerät ist in Friedenszeiten vorgesehen, daß 1/3 in der Generalüberholung geparkt ist und ein weiteres Drittel in ganz normalen Wartungsdiensten steckt. Im Kriegsfall würde das Material ungeschmälert bereit stehen. So diese Theorie.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Schlettow »

Deutschland würde unter der aktuellen Bundesregierung auch sicher nicht an der US-geführten Koalition gegen den Iran teilnehmen. Aber Polen und Ungarn wären sicher dabei. Möglicherweise auch Tschechien und die baltischen Staaten. Vielleicht auch noch ein paar andere Osteuropäer oder Italien.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von zollagent »

Schlettow hat geschrieben:(25 Jun 2019, 16:54)

Deutschland würde unter der aktuellen Bundesregierung auch sicher nicht an der US-geführten Koalition gegen den Iran teilnehmen. Aber Polen und Ungarn wären sicher dabei. Möglicherweise auch Tschechien und die baltischen Staaten. Vielleicht auch noch ein paar andere Osteuropäer oder Italien.
Die würden dann allerdings unter nationalem Kommando stehen, und nicht als EU-Armee antreten.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

Ger9374 hat geschrieben:(25 Jun 2019, 11:08)

Na was hätte die Bundeswehr auch zu bieten, fliegen tut kaum noch was, schwimmfähiges auch schwach.
Und Soldaten sind doch auch schon genug in Internationalen Einsätzen.
Das war jetzt irgendwie widersprüchlich. Wie können unsere Soldaten denn in internationalen Einsätzen bestehen, wenn kaum was fliegt, schwimmt oder rollt?

Im Kern gebe ich Dir aber recht. Die Bundeswehr ist durch politische Fehler schwer beschädigt worden. Das liegt letztlich an den Entwicklungen Anfang der 90er Jahre. Fall des eisernen Vorhangs. Damals dachten (fast) alle Menschen in Europa, dass es keinen Bedarf mehr gibt für große Panzerarmeen. Russland wirkte unter Gorbi plötzlich nicht mehr wie ein "Feind". Es war nur folgerichtig, damals die Militärausgaben zurückzuschrauben. Aber Deutschland ist da über das Ziel hinausgeschossen. Dafür bezahlen wir jetzt den Preis.

In einem so katastrophalen Zustand, dass man sagen müsste, bei der Bundeswehr fliegt, schwimmt und rollt nichts mehr, ist das Militär aber nicht. Wie weiter oben schonmal geschrieben, wurden die finanziellen Mittel in den vergangenen 30 Jahren nach dem Prinzip "Breite statt Tiefe" eingesetzt. Alle Fähigkeiten sind noch da. Jetzt wird nur langsam auch wieder "Tiefe" gebraucht. Das scheint die Politik ja sogar kapiert zu haben.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

Schlettow hat geschrieben:(25 Jun 2019, 16:54)

Deutschland würde unter der aktuellen Bundesregierung auch sicher nicht an der US-geführten Koalition gegen den Iran teilnehmen. Aber Polen und Ungarn wären sicher dabei. Möglicherweise auch Tschechien und die baltischen Staaten. Vielleicht auch noch ein paar andere Osteuropäer oder Italien.
Das wage ich mal zu bezweifeln. Polen? Ungarn? Tschechien? Die Balten? Gar Italien? Woran haben die sich denn jemals autonom beteiligt? Gerade diese von Dir genannten Nationen (vielleicht mit Ausnahme Italiens) haben immer vollständig auf die Einbindung in die NATO und die EU geachtet. Weil sie sich sehr bewusst sind, dass sie allein nicht bestehen könnten. Gerade diese Nationen werden kein Abenteuer gegen den Iran mittragen. Das käme nur in Frage, wenn auch Deutschland, Frankreich und Spanien mitmachen. Großbritannien ist ja sowieso was ganz "eigenes"....
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben:(25 Jun 2019, 17:42)

Das wage ich mal zu bezweifeln. Polen? Ungarn? Tschechien? Die Balten? Gar Italien? Woran haben die sich denn jemals autonom beteiligt? Gerade diese von Dir genannten Nationen (vielleicht mit Ausnahme Italiens) haben immer vollständig auf die Einbindung in die NATO und die EU geachtet. Weil sie sich sehr bewusst sind, dass sie allein nicht bestehen könnten. Gerade diese Nationen werden kein Abenteuer gegen den Iran mittragen. Das käme nur in Frage, wenn auch Deutschland, Frankreich und Spanien mitmachen. Großbritannien ist ja sowieso was ganz "eigenes"....
Der Kampf gegen Al Kaida in Afghanistan kann nicht als Beispiel für eine Koalition der Willigen betrachtet werden. Al Kaida hatte einen NATO-Staat angegriffen, und für deren Mitglieder mußte das als Verteidigungsfall gewertet werden. Die Bundeswehr ist noch immer dort im Einsatz; andere NATO-Partner ebenfalls.

Das Musterbeispiel für die "Koalition der Willigen" war der Irak-Krieg gegen Saddam Husseins Regime. Dazu werden etwas unklare Angaben in Wiki gemacht, wer sich denn nur mit Worten und wer mit Soldaten vor Ort an diesem Krieg beteiligt war. Aber man kann mit etwas Geduld heraus finden, wer vor Ort am Krieg beteiligt war:

https://de.wikipedia.org/wiki/Koalition_der_Willigen

Folgende Länder hatten im Juni 2006 Truppen im Irak stationiert:

USA: 138.000
Großbritannien: 8.900
Südkorea: 3.200
Italien: 2.754
Polen: 2.500
Ukraine: 1.650
Niederlande: 1.260
Australien: 1.300
Rumänien: 865
Georgien: 850
Japan: 550
Fidschi: 500
Thailand: 443
Bulgarien: 418
Dänemark: 409
Honduras: 378
El Salvador: 380
Tschechien: 317
Ungarn: 300
Aserbaidschan: 150
Lettland: 136
Litauen: 150
Portugal: 128
Mongolei: 100
Philippinen: 100
Slowakei: 85
Albanien: 120
Armenien: 46
Estland: 43
Dominikanische Republik: 42
Bosnien und Herzegovina: 37
Mazedonien: 33
Kasachstan: 29
Moldau: 12
Mikronesien: 15
Neuseeland: 9

Diese sind mittlerweile alle zurückgekehrt.
Sie erkennen, daß Sie Ihre Aussage zum Thema "Koalition der Willigen" überarbeiten müssen. Wobei ich Ihnen zustimme, daß wohl nirgendwo besondere Lust besteht, sich in Iran gegen das Mullah-Regime zu engagieren. Dazu hat Präsident Trump zu viel "America first" ausgesandt.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 20:11)

Der Kampf gegen Al Kaida in Afghanistan kann nicht als Beispiel für eine Koalition der Willigen betrachtet werden. Al Kaida hatte einen NATO-Staat angegriffen, und für deren Mitglieder mußte das als Verteidigungsfall gewertet werden. Die Bundeswehr ist noch immer dort im Einsatz; andere NATO-Partner ebenfalls.
Das halte ich auch - trotz aller Schmerzen! - nach wie vor für richtig.
Das Musterbeispiel für die "Koalition der Willigen" war der Irak-Krieg gegen Saddam Husseins Regime. Dazu werden etwas unklare Angaben in Wiki gemacht, wer sich denn nur mit Worten und wer mit Soldaten vor Ort an diesem Krieg beteiligt war. Aber man kann mit etwas Geduld heraus finden, wer vor Ort am Krieg beteiligt war:
Zweifellos. Deine Auflistung zeigt ja auch, dass es eine treibende Kraft gab und andere sich (aus unterschiedlichen Gründen) angeschlossen haben. Aus eigenem Antrieb gehandelt hat jedenfalls nur eine der genannten Nationen. Die anderen haben sich an "starke Partner" angehängt.

Wobei ich die Bezeichnung "Koalition der Willigen" immer als eher abwertend empfunden habe. Ich finde, es war eine der größten Leistungen der Regierung Schröder, sich dieser Koalition der "Willigen" nicht anzuschließen. Die Regierung Schröder hat damit eine eigenständige Haltung vertreten. Dieser Haltung konnten sich damals bloß nicht alle "Willigen" anschließen, weil Deutschland in jener Zeit keine Alternativen angeboten hat - und allein auch keine anbieten konnte. Im Konzert mit der EU könnte das anders aussehen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben:(26 Jun 2019, 21:08)

Das halte ich auch - trotz aller Schmerzen! - nach wie vor für richtig.
Dann sind wir schon einmal zu zweit!
Zweifellos. Deine Auflistung zeigt ja auch, dass es eine treibende Kraft gab und andere sich (aus unterschiedlichen Gründen) angeschlossen haben. Aus eigenem Antrieb gehandelt hat jedenfalls nur eine der genannten Nationen. Die anderen haben sich an "starke Partner" angehängt.
Damals hat wohl auch ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber den USA das Denken bestimmt. Immerhin hat deren Standhaftigkeit die Macht der Sowjetunion gebrochen, die viele Jahre lang mit der Auslöschung Europas gedroht hatte. Diese Motivation erwarte ich im Fall Iran überhaupt nicht mehr... das wäre eine ziemliche Überraschung aus meiner Sicht! Es sei denn, der Iran ginge auch gegen Europa vor. Dann sähe die Sache völlig anders aus.
Wobei ich die Bezeichnung "Koalition der Willigen" immer als eher abwertend empfunden habe. Ich finde, es war eine der größten Leistungen der Regierung Schröder, sich dieser Koalition der "Willigen" nicht anzuschließen. Die Regierung Schröder hat damit eine eigenständige Haltung vertreten. Dieser Haltung konnten sich damals bloß nicht alle "Willigen" anschließen, weil Deutschland in jener Zeit keine Alternativen angeboten hat - und allein auch keine anbieten konnte. Im Konzert mit der EU könnte das anders aussehen.
Na ja, der Hegemon hat sich zu einer robusten Umgangsweise mit seinen Verbündeten entschieden... etwa das Alte Europa und das Neue Europa mit Spaltungsversuch der EU. Ja, diese Haltung der Regierung Schröder/Fischer war schon ein harter Brocken, beruhte aber auf sorgfältiger Bewertung der Bedrohungslage durch Irak. Um Himmelswillen, niemals eine deutsche Führungsfunktion in einem außenpolitischen Abenteuer! Unser Land sollte sich immer durch friedfertige Vertretung seiner Interessen bewähren.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Schlettow »

An dem Militäreinsatz in Libyen 2011 zum Sturz von Gaddafi haben auch einige EU-Mitgliedstaaten teilgenommen, andere wollten nicht in den Konflikt hineingezogen werden.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Schlettow hat geschrieben:(26 Jun 2019, 21:52)

An dem Militäreinsatz in Libyen 2011 zum Sturz von Gaddafi haben auch einige EU-Mitgliedstaaten teilgenommen, andere wollten nicht in den Konflikt hineingezogen werden.
Genau genommen waren die USA, GB, und F beteiligt, zuerst, um eine Flugverbotszone durch zu setzen, später dann zur Bekämpfung afrikanischer Söldner Gaddhafis. Und heute haben wir dort den Salat; Rußland versucht ein solches Ende im Chaos in Syrien zu verhindern... mit fragwürdigen Einsätzen und auch noch dem Iran im Spiel.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Schlettow »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 22:09)
Genau genommen waren die USA, GB, und F beteiligt, zuerst, um eine Flugverbotszone durch zu setzen, später dann zur Bekämpfung afrikanischer Söldner Gaddhafis.
Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Bulgarien, Griechenland, Belgien und die Niederlande waren auch beteiligt.

Der damaligen deutsche Außenminister Westerwelle erklärte im Bundestag:"Wir wollen nicht auf eine schiefe Ebene geraten, an deren Ende dann deutsche Soldaten Teil eines Krieges in Libyen sind."

https://de.wikipedia.org/wiki/Internati ... ibyen_2011

Ein weiteres Beispiel dafür, daß es keine europäische Außen- und Verteidigungspolitik.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Schlettow hat geschrieben:(26 Jun 2019, 23:22)

Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Bulgarien, Griechenland, Belgien und die Niederlande waren auch beteiligt.

Der damaligen deutsche Außenminister Westerwelle erklärte im Bundestag:"Wir wollen nicht auf eine schiefe Ebene geraten, an deren Ende dann deutsche Soldaten Teil eines Krieges in Libyen sind."

https://de.wikipedia.org/wiki/Internati ... ibyen_2011

Ein weiteres Beispiel dafür, daß es keine europäische Außen- und Verteidigungspolitik.
Die genannten Länder sind mir bis auf die USA, Frankreich und Großbritannien nicht als bombardierende und schießende Einheiten aufgefallen. Wiki ist da auch etwas verwirrend verfaßt.

Richtig: In Europa wollen sich Regierungen im Glanz von G7 und G20 sonnen, wollen bedeutend sein. Wenn man Gockelhähne und -hennen als Beispiel nähme, dann würde meine Kritik ungerecht ausfallen. Das wird noch ein langer Weg in Europa werden, bis nationale Regierungen ins 2. Glied zurück treten und die EU-Kommission als gemeinsame Regierung gewähren lassen. Das Ziel ist aber doch klar.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Gen_Y »

H2O hat geschrieben:(27 Jun 2019, 08:52)

Richtig: In Europa wollen sich Regierungen im Glanz von G7 und G20 sonnen, wollen bedeutend sein. Wenn man Gockelhähne und -hennen als Beispiel nähme, dann würde meine Kritik ungerecht ausfallen. Das wird noch ein langer Weg in Europa werden, bis nationale Regierungen ins 2. Glied zurück treten und die EU-Kommission als gemeinsame Regierung gewähren lassen. Das Ziel ist aber doch klar.
Sie verwirren mich. Einerseits treten Sie hier als grüner Alt-68er auf und auf der anderen Seite vertreten Sie immer die Positionen der Union bzw. der FDP.
Alle deutschen linken Parteien wollen die EU demokratischer und transparenter machen und die illegitime EU-Kommissions-Oligarchie beenden.
https://ze.tt/europawahl-2019-was-forde ... er-europa/

Ich bin ca. 30 Jahre jünger als Sie und lehne eine EU-Armee ab, da große europäische Armeen immer Krieg bedeutet haben. Die NATO ist ein völlig ausreichendes Instrument. Ich möchte nicht, dass mein einjähriger Sohn irgendwann für einen illegitime und seelenlose "EU-Nation" in den Krieg ziehen muss. Komisch, dass die Babyboomer so scharf darauf sind. Aber gut, dass meine Generation gerade daran arbeitet die Gerontokratie zu beenden.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Gen_Y hat geschrieben:(27 Jun 2019, 10:36)

Sie verwirren mich. Einerseits treten Sie hier als grüner Alt-68er auf und auf der anderen Seite vertreten Sie immer die Positionen der Union bzw. der FDP.
Alle deutschen linken Parteien wollen die EU demokratischer und transparenter machen und die illegitime EU-Kommissions-Oligarchie beenden.
https://ze.tt/europawahl-2019-was-forde ... er-europa/

Ich bin ca. 30 Jahre jünger als Sie und lehne eine EU-Armee ab, da große europäische Armeen immer Krieg bedeutet haben. Die NATO ist ein völlig ausreichendes Instrument. Ich möchte nicht, dass mein einjähriger Sohn irgendwann für einen illegitime und seelenlose "EU-Nation" in den Krieg ziehen muss. Komisch, dass die Babyboomer so scharf darauf sind. Aber gut, dass meine Generation gerade daran arbeitet die Gerontokratie zu beenden.
Vermutlich wird der Zustand Ihrer Verwirrung noch eine ganze Weile anhalten. Dann legt sich auch der Größenwahn, daß Ihre Stimme mehr zählt als meine, oder Ihre Zielsetzungen vernünftiger sind als meine. Ich habe keine Neigung, mich über ernste Zukunftsfragen in dieser Weise aus zu tauschen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Ger9374 »

Der zusammenschluss von europäischen Armeen ist eine reine logische weiterentwicklung des sich vereinenden Europa.Wirtschaft,Politik,Verteidigung
Alles auf einen Europäischen Staat ausgerichtet.Spart kosten,MACHT effizienter und stärkt verhandlungspositionen gegenüber anderen Staaten/Blöcken.
Die Nato als Verteidigungsbündnis mit auch anderen Mitgliedern hat anders liegende Prioritäten.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(27 Jun 2019, 14:49)

Der zusammenschluss von europäischen Armeen ist eine reine logische weiterentwicklung des sich vereinenden Europa.Wirtschaft,Politik,Verteidigung
Alles auf einen Europäischen Staat ausgerichtet.Spart kosten,MACHT effizienter und stärkt verhandlungspositionen gegenüber anderen Staaten/Blöcken.
Die Nato als Verteidigungsbündnis mit auch anderen Mitgliedern hat anders liegende Prioritäten.
Die USA als Hegemon wollen sich die EU als Partner möglichst vom Halse halten, weil damit auf mittlere Sicht ein gleichwertiger Partner heran wächst, der womöglich eigene Vorstellungen vom Weltgeschehen haben könnte. Darum bemühen die USA den Gegensatz von NATO und EU-Armee. Man könnte von Anfang an die EU-Armee als NATO-Partner festlegen. In der EU haben wir die alte Hürde, daß Finnland, Schweden, Österreich (.... wer noch?) nie Teil der NATO waren. Aber nationale Streitkräfte wird es dann ja nicht mehr geben, also auch keine Konzept- und Vertragsbrüche von Mitgliedsstaaten.

Ihre "andersliegenden Interessen" von EU-Verteidigung und NATO-Verteidigung sind gar kein Problem, wenn wir uns auf gegenseitigen Beistand im NATO-Bündnis verständigen. Sicher wird der derzeitige Hegemon, die USA, irgendwann von seinem Sockel steigen müssen, von Extratouren in Asien absehen müssen, weil der andere große Partner ihm nicht mehr auf jeden Pfiff folgt. Damit könnte die Welt ein wenig sicherer werden!
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 21:38)
Um Himmelswillen, niemals eine deutsche Führungsfunktion in einem außenpolitischen Abenteuer! Unser Land sollte sich immer durch friedfertige Vertretung seiner Interessen bewähren.
In dieser Hinsicht bin ich anderer Ansicht. Ich denke, Europa wird nie zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kommen, wenn Deutschland weiterhin nicht bereit ist, auch mal die Führung und die Verantwortung zu übernehmen. Führung und Verantwortung in Europa (damit meine ich in erster Linie die EU, aber keineswegs nur sie) werden nie so ungleichgewichtig sein wie in der Nato. In Europa gibt es keinen "Hegemon", der eine Aktion beschließen kann, an der sich dann "Willige" beteiligen dürfen/müssen. Hier wird selbstverständlich nicht ein deutscher "großer Generalstab" über Krieg und Frieden entscheiden. Es gibt nur leider in der EU noch keine Einrichtung, die als europäischer Generalstab fungieren könnte.

Ich will jetzt aber auch nicht undifferenziert den USA vorwerfen, dass sie als "Hegemon" reine Machtentscheidungen treffen und uns Europäer dann vor die Wahl stellen, ob wir mitmachen wollen oder nicht. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die USA haben immer wieder Geld und Menschenleben "investiert", um Interessen durchzusetzen, die eigentlich ureigene europäische Interessen waren. Zum Beispiel bin ich mir nicht sicher, ob sich die Europäer im jüngsten Balkankrieg (Kosovo etc...) zu einer gemeinsamen Haltung hätten durchringen können, wenn die USA nicht als starke Kraft dabei gewesen wäre. Genau an der Stelle müssen die Europäer zu einer ganz anderen Sichtweise kommen.

Damit meine ich nicht, dass Deutschland die "Führung" in der EU übernehmen soll. Aber Deutschland wird nicht umhin kommen, zu erkennen und "tatkräftig" zu akzeptieren, dass Deutschland die ökonomisch, demografisch und geografisch wichtigste Kraft in "Europa" ist. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass Deutschland im militärischen Bereich VIEL MEHR Verantwortung übernehmen muss! Wir können es nicht den Franzosen und Briten überlassen, die Hauptlast der Verteidigung Europas zu tragen. Die Hauptlast im Bereich der KONVENTIONELLEN Verteidigung muss Deutschland tragen. Deutschland hat nämlich keine Nuklearwaffen und muss auch nicht bis zu einem Drittel seines Militär-Etats aufwenden, um diese Waffen einsatzbereit zu halten.

Wenn die EU funktionieren soll, dann wird Deutschland seine Haltung "immer durch friedliche Vertretung seiner Interessen" ändern müssen. Dieses Paradigma der "friedlichen Vertretung" hat zu ganz furchtbaren Folgen geführt. Syrien als Beispiel. Hätte es zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs in Europa eine ernsthafte Bereitschaft gegeben, dem Schlachten ein Ende zu bereiten, dann wäre das alles nicht so blutig geworden....

Was hätte die EU tun können? Sie hätte in enger Absprache mit den Kurden im Norden Syriens eine Flugverbotszone erklären können. Sie hätte (mit UNO-Mandat) in den Kurdengebieten Bodentruppen stationieren und eine "sichere Zone" einrichten können. In dieser sicheren Zone hätte sich Flüchtlinge schützen können.

Was wäre uns alles erspart geblieben, wenn die EU das gemacht hätte? Es wären nicht Millionen von Flüchtlingen nach Europa geströmt. Es hätte keine unkontrollierte Ausbreitung des IS gegeben. Die Türkei hätte nicht den Friedensprozess mit den Kurden abbrechen und auch die bis dahin friedlichen Kurdengebiete in Kriegsgebiete verwandeln können. Es wäre nicht zu einem Konflikt zwischen Türkei und Russland gekommen. Es wäre nicht dazu gekommen, dass jetzt Russland im Nahen Osten mitmischt und mit seinem Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat alle möglichen Lösungsversuche abblockt.

Und das alles wäre möglicherweise sogar zu verhindern gewesen, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Allein durch bloße glaubwürdige Anwesenheit. Dazu war die EU bloß nicht in der Lage. Weil es in der EU niemanden gab, der bereit war, "die Hosen anzuziehen" und notfalls auch ein "Abenteuer" zu riskieren. Von den USA erwarten wir dauernd, dass sie "Abenteuer" riskieren, wenn es uns in den Kram passt....

Der Beitrag wurde jetzt länger, als ich es beabsichtigt habe. Fällt mir halt schwer, mich kurz zu fassen. Im Grundsatz ging es mir um Deine Aussage, dass Deutschland immer nur friedliche Mittel anwenden darf. Ich sehe das anders. Deutschland muss auch für den Einsatz von Machtmitteln fähig und zum Einsatz von Machtmitteln bereit sein. Im Rahmen der europäischen Integration! Nur dann hat die EU eine Chance, zu dem zu werden, was sie "statistisch" gesehen schon ist: Größte Volkswirtschaft der Welt, ordnende Kraft in der Region.

Dass Europa dazu noch nicht bereit ist, zeigt das Beispiel "Libyen". Dazu in meinem nächsten Beitrag noch ein paar Anmerkungen.

Insgesamt bin ich aber guter Hoffnung. Ich halte die Vereinbarungen, die Anfang des Jahres zwischen Deutschland und Frankreich getroffen wurden (Aachener Vertrag) und die weiter oben genannte Vereinbarung über Rüstungskooperation für einen wunderbaren Anfang.

Nebenbei glaube ich nicht, dass es diesen "Anfang" gegeben hätte, wenn wir nicht gleichzeitig über den Brexit diskutieren würden. Die Briten haben solchen Entwicklungen immer entgegengearbeitet. Aber das ist ein anderes Thema....
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(26 Jun 2019, 22:09)

Genau genommen waren die USA, GB, und F beteiligt, zuerst, um eine Flugverbotszone durch zu setzen, später dann zur Bekämpfung afrikanischer Söldner Gaddhafis. Und heute haben wir dort den Salat; Rußland versucht ein solches Ende im Chaos in Syrien zu verhindern... mit fragwürdigen Einsätzen und auch noch dem Iran im Spiel.
Und genau da liegt das Problem:

Da haben sich einige europäische Staaten an einer Militäraktion gegen Syrien beteiligt. Aus guten Gründen. Aber sie haben es bei ein paar Luftangriffen belassen. Dahinter stand kein militärisches, geschweige denn politisches Konzept. Die Luftangriffe haben das Regime gestürzt. Sonst nichts. Es wurde nichts als Alternative an die Stelle des Regimes gesetzt. Das war auch nie der Plan bei der Aktion. Den US-Truppen reichte es aus, die rein militärischen Ziele durchzusetzen. Ist ihnen gelungen. Dafür brauchte Europa schon die USA. Nur: Politischen Ziele in Libyen hatten die USA nicht. Die waren nur hier, weil wir uns nicht selbst helfen konnten!

Auch hier gilt wieder: Europa hätte es nicht bei diesem Luftkrieg belassen dürfen. Da ging es um "unsere" Interessen. Und wir haben nichts getan, was geeignet gewesen wäre, die "Machtverhältnisse" in diesem Land zu ändern.

Deshalb steigen immer noch täglich Menschen an der libyschen Küste in irgendwelche Schlauchboote, schippern Richtung Europa, werden aufgefischt und vor der europäischen Grenze aufgehalten - oder sie ersaufen.

Das Flüchtlingsproblem kann Europa nicht innerhalb der Mitgliedsstaaten oder an seinen Außengrenzen lösen! Solange die Verhältnisse in Libyen so sind wie sie sind, werden immer wieder Menschen in marode Schlauchboote steigen und dann entweder blockiert werden oder ersaufen.

Fass das jetzt bitte nicht als persönlichen Angriff auf!

Ich will damit im Grunde nur sagen, dass die EU auch auf militärischer Ebene die Bereitschaft entwickeln muss, an ihren Grenzen "tätig" zu werden. Genau wie die USA. Es war nicht hinreichend, einfach nur den Herrn Gaddafi wegzubomben. Da hätte mehr kommen müssen. Bodentruppen, geschützte Flüchtlingslager....
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

@Kohlhaas.

Mit Ihren beiden Beiträgen kann ich durchaus etwas anfangen. Das erste Stück Weg sollte allerdings die gemeinsame Streitmacht Europas sein.

Im Grunde habe ich schon Bauchschmerzen, daß wir dazu gedrängt werden, unsere Streitkräfte zu verstärken in Material und vor allem in Kopfzahl. Wenn dieser Aufwuchs dann dazu dienen soll, daß die Deutschen die Vorkämpfer stellen sollen, wenn es blitzt und knallt und stinkt, dann ahne ich schon was daraus folgt. Noch mehr Bundeswehr, eine deutsche Führungsstruktur und vielleicht auch noch der Stolz auf errungene Erfolge.

Das möchte ich umlenken auf europäische Streitkräfte, ein europäisches Einsatzzentrum. Darin könnten und sollten auch Deutsche eine führende Rolle übernehmen, aber eben auch Franzosen, Italiener, Spanier, Dänen... Polen...

Und dann sehe ich durchaus genau die Funktionen, die Sie als "nicht ausgefüllt" beklagen. Da sind Ihre Klagen ja völlig ein zu sehen. Dahin sollten wir unsere Anstrengungen richten. Aber bitte: Keine autonome Streitmacht Deutschland, die schon aufgrund der möglichen Stärke "überall" für geordnete Abläufe sorgt. Diese Stärke führt uns erneut ins Verderben... und deshalb war auch die Schrumpfung der Bundeswehr nicht die schlechteste Maßnahme.

Jetzt allerdings heißt es umsteuern, nachdem sich in geopolitisch nächster Nähe mit Rußland, Iran und Türkei Herrschaftssysteme mit imperialen Gelüsten heraus gebildet haben. Aber bitte möglichst viel europäische Gemeinsamkeit und möglichst wenig nationale Autonomie... siehe oben.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben:(27 Jun 2019, 19:35)Im Grunde habe ich schon Bauchschmerzen, daß wir dazu gedrängt werden, unsere Streitkräfte zu verstärken in Material und vor allem in Kopfzahl.
Ich kann Ihre Bauchschmerzen verstehen. Die sind nur unbegründet. Es geht nicht darum, dass wir unsere Streitkräfte zahlenmäßig oder sonstwie verstärken sollen. Es geht um die bloße Bereitschaft, sie einzusetzen, wenn ein Einsatz erforderlich erscheint.

In der öffentlichen Diskussion wird gerade Russland immer wieder als "Großmacht" behandelt. Ist Russland wirklich eine "Großmacht"? Oder ist Russland vielleicht nur eine Macht, die ihre Machtmittel bloß ganz rücksichtslos einsetzt und auf die Weise den Eindruck erweckt, eine Großmacht zu sein? DAS ist der entscheidende Unterschied zwischen der EU und Russland. Der hängt zusammen mit dem Grundprinzip, dass Entscheidungen in Europa demokratisch gefällt werden, in Russland hingegen nicht. Die Zahlen, Daten und Hintergründe dazu sind im Internet ganz leicht zu finden! Man muss nur den Wunsch haben, sie auch finden zu wollen, nicht nur Hinweise zur Bestätigung eigener vorgegasster Meinung finden zu wollen.

Auch das bezieht sich jetzt wieder nicht auf Sie persönlich!
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(27 Jun 2019, 19:35)

Das möchte ich umlenken auf europäische Streitkräfte, ein europäisches Einsatzzentrum. Darin könnten und sollten auch Deutsche eine führende Rolle übernehmen, aber eben auch Franzosen, Italiener, Spanier, Dänen... Polen...
26% der Bundeswehrsoldaten mit einfachem Dienstgrad haben doch sowieso einen Migrationshintergrund.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 Jun 2019, 19:57)

26% der Bundeswehrsoldaten mit einfachem Dienstgrad haben doch sowieso einen Migrationshintergrund.
Das sind auf lange Sicht gesehen doch gute Voraussetzungen für europäische Streitkräfte. Ich erinnere an die für Preußen sehr vorteilhafte Zuwanderung französischer Hugenotten und ihre tiefe Verbundenheit mit diesem seinerzeit fortschrittlichen Gemeinwesen... bis hinein in die Führungsfunktionen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von Ger9374 »

Wenn man realistisch die Bundeswehr betrachtet ist ihre Sinnhaftigkeit nur noch als Teil einer europäischen Armee zu verstehen. Mannstärke, sowie jetzt schon ihre ausgereizten Kapazitäten in Auslandsmissionen zeigen klar die Grenzen
ihrer Möglichkeiten auf. Grosse Sprünge sind einsatztechnisch nur noch im Verbund mit Alliierten möglich.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(27 Jun 2019, 19:55)

Ich kann Ihre Bauchschmerzen verstehen. Die sind nur unbegründet. Es geht nicht darum, dass wir unsere Streitkräfte zahlenmäßig oder sonstwie verstärken sollen. Es geht um die bloße Bereitschaft, sie einzusetzen, wenn ein Einsatz erforderlich erscheint.

In der öffentlichen Diskussion wird gerade Russland immer wieder als "Großmacht" behandelt. Ist Russland wirklich eine "Großmacht"? Oder ist Russland vielleicht nur eine Macht, die ihre Machtmittel bloß ganz rücksichtslos einsetzt und auf die Weise den Eindruck erweckt, eine Großmacht zu sein? DAS ist der entscheidende Unterschied zwischen der EU und Russland. Der hängt zusammen mit dem Grundprinzip, dass Entscheidungen in Europa demokratisch gefällt werden, in Russland hingegen nicht. Die Zahlen, Daten und Hintergründe dazu sind im Internet ganz leicht zu finden! Man muss nur den Wunsch haben, sie auch finden zu wollen, nicht nur Hinweise zur Bestätigung eigener vorgegasster Meinung finden zu wollen.

Auch das bezieht sich jetzt wieder nicht auf Sie persönlich!
Da ist viel dran.

Der entscheidende Unterschied liegt darin, ob man operative Inhalte hat oder ob es um interne Symbolik geht.
Man kann beispielsweise irgendeine Brigade umbenennen, dann aber das gleiche tun lassen wie bisher auch. Das hätte symbolische Bedeutung.
Man könnte eine Doppelstruktur zur NATO haben wollen, wobei aber wiederum die NATO für alles ernste zuständig ist. Usw.

Entscheidend sind derzeit die E3-Mächte Frankreich, GB und Deutschland, nicht Belgien, EU-Parlament oder EZB.
Und diese drei Mächte haben schon damit zu tun, einen Plan B zu entwickeln.
Kurz, Fähnchen schwingen ist das eine, auf Situationen reagieren das andere.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben:(27 Jun 2019, 19:55)

Ich kann Ihre Bauchschmerzen verstehen. Die sind nur unbegründet. Es geht nicht darum, dass wir unsere Streitkräfte zahlenmäßig oder sonstwie verstärken sollen. Es geht um die bloße Bereitschaft, sie einzusetzen, wenn ein Einsatz erforderlich erscheint.

In der öffentlichen Diskussion wird gerade Russland immer wieder als "Großmacht" behandelt. Ist Russland wirklich eine "Großmacht"? Oder ist Russland vielleicht nur eine Macht, die ihre Machtmittel bloß ganz rücksichtslos einsetzt und auf die Weise den Eindruck erweckt, eine Großmacht zu sein? DAS ist der entscheidende Unterschied zwischen der EU und Russland. Der hängt zusammen mit dem Grundprinzip, dass Entscheidungen in Europa demokratisch gefällt werden, in Russland hingegen nicht. Die Zahlen, Daten und Hintergründe dazu sind im Internet ganz leicht zu finden! Man muss nur den Wunsch haben, sie auch finden zu wollen, nicht nur Hinweise zur Bestätigung eigener vorgegasster Meinung finden zu wollen.

Auch das bezieht sich jetzt wieder nicht auf Sie persönlich!
Nein, da verniedliche ich Rußland lieber nicht. Da ist erklärtermaßen ein Herrschaftssystem an der Macht, das unübersehbar an die imperiale Herrlichkeit des Zarenreichs und der Sowjetunion anknüpft. Dagegen muß Europa eine Streitmacht aufbieten, die dann ziemlich überzeugend das Risiko für Rußland erhöht, wenn dieser Staat seine baltischen Nachbarn so bedrängt wie derzeit die Ukraine. Immerhin könnte ein bekannter Chaot sich in diesen Fragen einen "deal" vorstellen.

Über die Türkei Erdogans mache ich mir auch keine Illusionen. Aus Versehen hängen die Karten der Osmanischen Reiche jedenfalls nicht in Vorstandsetagen herum und nicht etwa Szenen aus dem Leben Atatürks.

Und Iran trägt sich mit ähnlichen Träumen als Vormacht ideologisch und wirtschaftlich im arabischen Raum. Immerhin kreuzen sich die Interessen Erdogans und die der Iraner. Diese Tatsache sollte uns aber besser nicht froh stimmen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von DarkLightbringer »

Ger9374 hat geschrieben:(27 Jun 2019, 20:13)

Wenn man realistisch die Bundeswehr betrachtet ist ihre Sinnhaftigkeit nur noch als Teil einer europäischen Armee zu verstehen. Mannstärke, sowie jetzt schon ihre ausgereizten Kapazitäten in Auslandsmissionen zeigen klar die Grenzen
ihrer Möglichkeiten auf. Grosse Sprünge sind einsatztechnisch nur noch im Verbund mit Alliierten möglich.
Das will man ja, spart Kosten. Das ist das Konzept von "Smart Defense".
Nicht jeder Alliierte muss alles können, aber jeder sollte etwas können. Im Verbund kann man dann alles und zwar möglichst gut.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(27 Jun 2019, 20:24)

Das will man ja, spart Kosten. Das ist das Konzept von "Smart Defense".
Nicht jeder Alliierte muss alles können, aber jeder sollte etwas können. Im Verbund kann man dann alles und zwar möglichst gut.
Diesen Gesichtspunkt kann ich gut verstehen bei unseren kleineren Partnern. Ein Land mit Wirtschaft und Bevölkerungszahl Deutschlands sollte "alles" können, und selbstverständlich auch möglichst gut. Übertragen auf vereinigte europäische Streitkräfte gilt dies umso mehr.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(27 Jun 2019, 21:30)

Diesen Gesichtspunkt kann ich gut verstehen bei unseren kleineren Partnern. Ein Land mit Wirtschaft und Bevölkerungszahl Deutschlands sollte "alles" können, und selbstverständlich auch möglichst gut. Übertragen auf vereinigte europäische Streitkräfte gilt dies umso mehr.
Es ist halt nicht nötig. Wenn man eine moderne Fregatte zum Geleitschutz braucht und einen ABC-Spürtrupp, dann braucht man das halt nicht hundertfach.
Und wenn man das 10-fach braucht, dann nicht 1000-fach.

"Es können" bedeutet, ein Missionsziel effektiv und gut ausgerüstet umzusetzen.
Parität ist nur für Paraden von Bedeutung.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(27 Jun 2019, 21:38)

Es ist halt nicht nötig. Wenn man eine moderne Fregatte zum Geleitschutz braucht und einen ABC-Spürtrupp, dann braucht man das halt nicht hundertfach.
Und wenn man das 10-fach braucht, dann nicht 1000-fach.

"Es können" bedeutet, ein Missionsziel effektiv und gut ausgerüstet umzusetzen.
Parität ist nur für Paraden von Bedeutung.
Das ist so schon ganz vernünftig; dennoch muß man die schiere Größe eines Landes bedenken. Ich sehe in der EU nicht 10 Länder mit den Möglichkeiten Deutschlands. Diese Möglichkeiten muß unser Land auch auf dem Gebiet der Verteidigung ausschöpfen, national und noch viel lieber sehr eng eingebunden in eine europäische Streitmacht..
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(27 Jun 2019, 21:47)

Das ist so schon ganz vernünftig; dennoch muß man die schiere Größe eines Landes bedenken. Ich sehe in der EU nicht 10 Länder mit den Möglichkeiten Deutschlands. Diese Möglichkeiten muß unser Land auch auf dem Gebiet der Verteidigung ausschöpfen, national und noch viel lieber sehr eng eingebunden in eine europäische Streitmacht..
Wir haben nicht einen einzigen Flugzeugträger, moderne Fregatten aber schon.

Die entscheidende Frage bleibt, was man damit machen kann.
Und das ist ja letztlich eine politische Frage. Zur Durchsetzung des Chemiewaffenverbots ist dem französischen Partner Geleitschutz gewährt worden, ob man im Persischen Golf ähnliches machen will, steht in den Sternen.
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von DarkLightbringer »

Die Frage ist doch, soll eine "Europäische Armee" im Vergleich zum Gegebenen gleich viel können, mehr, weniger oder soll man das nicht wissen?
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Re: Zusammenschluss aller Streitkräfte zur europäischen Armee?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(28 Jun 2019, 02:07)

Die Frage ist doch, soll eine "Europäische Armee" im Vergleich zum Gegebenen gleich viel können, mehr, weniger oder soll man das nicht wissen?
Aus meiner Sicht sollte man das jetzt noch nicht festlegen, sondern überhaupt erst einmal zu einer gemeinschaftlich aufgebauten europäischen Armee, einem europäischen Führungsstab, einem europäischen Verteidigungsminister und einer homogenen europäischen Außenpolitik kommen. Die Hoheit über Armeeeinsätze sollte beim europäischen Parlament liegen... das hat sich doch in Deutschland bewährt. Na ja, weniger sollte die Gemeinschaft sicher nicht können als die heutigen nationalen Streitkräfte zusammengefaßt... dafür aber besser geführt.
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