EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(08 Jun 2016, 15:08)

übers radio hörte ich soeben ein interview mit den NL und ehemaligen finanzminister Hans Hoogervorst. er ist jetzt vorsitzende des International Accounting Standards Boards in london. er sagte, daß die finanzielle welt in london in bange abwartung ist.
sie fürchtet sehr für die konsequenzen und versteht kaum daß menschen für phrasen so anfällig sind.
Vielleicht hat sich ja auch in GB eine Stimmung gegen die Finanzwirtschaft entwickelt, die sich so viele grobe Betrügereien geleistet hat, so daß die britischen Normalverbraucher mit innerer Schadenfreude dieser Kaste einen Denkzettel verpassen möchte? Daß den Leuten ganz bewußt ist, was da nach dem BREXIT geschehen wird, sie sich aber davon nicht betroffen fühlen?
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Nomen Nescio
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2016, 15:46)

Vielleicht hat sich ja auch in GB eine Stimmung gegen die Finanzwirtschaft entwickelt, die sich so viele grobe Betrügereien geleistet hat, so daß die britischen Normalverbraucher mit innerer Schadenfreude dieser Kaste einen Denkzettel verpassen möchte? Daß den Leuten ganz bewußt ist, was da nach dem BREXIT geschehen wird, sie sich aber davon nicht betroffen fühlen?
das könnte sogar noch mitspielen. dumm von mir daß ich nicht daran dachte. fast sicher wird das mitspielen bei den »gefühlen» der briten auf der insel. denn beim kontinent liegt das wahrscheinlich anders.
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H2O
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(08 Jun 2016, 15:54)

das könnte sogar noch mitspielen. dumm von mir daß ich nicht daran dachte. fast sicher wird das mitspielen bei den »gefühlen» der briten auf der insel. denn beim kontinent liegt das wahrscheinlich anders.
Nein, dieser innere Ärger ist auch in Deutschland zu fühlen; die Prozesse der Deutschen Bank wegen mehrerer Betrügereien, das Verhalten der Bankmanager der Commerzbank in der Frage von Bonuszahlungen trotz staatlicher Rettungsgelder, Betrügereien und leichtfertiger Umgang mit Kundeneinlagen in Landesbanken, so etwas läßt den "kleinen Mann" nicht kalt, der bei einem aufgelesenen Pfandbon seinen guten Ruf und seine Stellung verliert oder sich bei einer Firmenpleite schlicht bei der Bundesanstalt für Arbeit einfinden muß.

Dazu kommt, auch das muß man sehen, daß ein Herr Ackermann im Kanzleramt ein und aus gehen konnte als hochgeschätzter Berater in Wirtschaftsfragen... aber alle diese krummen Sachen in seiner Zeit als Bankchef möglich waren. Hinzu kommt eine unnachahmliche Arroganz dieser Kaste... nicht nur in London! Glaubt wirklich noch jemand, daß irgendein Normalverbraucher dieser Kaste über den Weg traut?

Ein alter Spruch: "Macht verdirbt den Charakter!" hat eine gleichrangige Spielart: "Geld verdirbt den Charakter!". Der Spruch ist bestimmt nicht jemandem im Übermut eingefallen.
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Nomen Nescio
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2016, 16:09)

Ein alter Spruch: "Macht verdirbt den Charakter!" hat eine gleichrangige Spielart: "Geld verdirbt den Charakter!". Der Spruch ist bestimmt nicht jemandem im Übermut eingefallen.
wieder die paraphrase: drei sachen kann man nicht kombinieren »ehrlichkeit, reichtum und soziales gefühl«.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Wasteland »

Julian hat geschrieben:(08 Jun 2016, 11:27)

Dasselbe hatte man ja gedacht, als Frankfurt das EWI bzw. die EZB zugeschlagen bekam, und als sich dann noch herausstellte, dass die Briten nicht Mitglied im Euroraum werden würden. Es mag ja sein, dass Frankfurt seine Stellung gegenüber Luxemburg oder Paris gestärkt hat, allerdings ist es gegen London eine kleine Nummer. London wurde ja gerade in den letzten Jahrzehnten zum Finanzplatz Nr. 1 der Welt. Selbst die Deutsche Börse hält es nicht mehr im hässlichen Provinznest Frankfurt aus, sondern will endlich in eine Stadt mit globaler Ausstrahlung.

Wenn man in Deutschland ernsthaft London hätte Konkurrenz machen wollen, hätte man die EZB nach Berlin bringen sollen, nicht nach Frankfurt. Im folgenden hätte man dann auf eine Sogwirkung auf zunächst deutsche Banken und die Deutsche Börse hoffen müssen. Berlin ist im Gegensatz zu Frankfurt als Stadt auch für Engländer und Amerikaner attraktiv. Natürlich hätte man dazu dort auch einen Flughafen mit weltweiten Direktverbindungen gebraucht, und nicht nur ein Touristendrehkreuz für Mallorca und eine Bauruine.

So wird eben alles beim Alten bleiben; Deutschlands Wirtschaft wird nach wie vor unvollständig sein. Für globale Finanzgeschäfte wird man nach wie vor nach London gehen müssen, weil dieses Marktsegment in Deutschland nicht ausreichend bedient wird.
Nur, London wird als Finanzplatz abstürzen, sollte UK aus der EU austreten. Einige Großbanken planen schon den Umzug, andere versinken in Ungewissheit und das Pfund stürzt gerade ab.
UK hat dann keinen freien Zugang mehr zum grössten Markt der Welt, nämlich der Euro-Zone. Erst durch diesen Zugang ist London groß geworden. Es hätte das Wallstreet der EU werden können. Könnte es auch immer noch. Es hängt davon ab was die Engländer abstimmen werden. Wenn sie dagegen stimmen, werden andere, unter anderem wir davon profitieren. Was solls, müssen sie selber wissen.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

Wasteland hat geschrieben:(08 Jun 2016, 23:16)

Nur, London wird als Finanzplatz abstürzen, sollte UK aus der EU austreten. Einige Großbanken planen schon den Umzug, andere versinken in Ungewissheit und das Pfund stürzt gerade ab.
UK hat dann keinen freien Zugang mehr zum grössten Markt der Welt, nämlich der Euro-Zone. Erst durch diesen Zugang ist London groß geworden. Es hätte das Wallstreet der EU werden können. Könnte es auch immer noch. Es hängt davon ab was die Engländer abstimmen werden. Wenn sie dagegen stimmen, werden andere, unter anderem wir davon profitieren. Was solls, müssen sie selber wissen.
was icxh gestern von unserem ex-minister hörte, ist daß sich langsam aber stetig das pendel bewegt richtung brexit. vor drei/vier wochen gab es noch eine pattstellung. heute führt brexit mit um den 3%. immerhin gibt es noch eine gruppe zweifler. die wird vermutlich entscheidend sein.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Wildermuth »

Nomen Nescio hat geschrieben:(09 Jun 2016, 04:34)

was icxh gestern von unserem ex-minister hörte, ist daß sich langsam aber stetig das pendel bewegt richtung brexit. vor drei/vier wochen gab es noch eine pattstellung. heute führt brexit mit um den 3%. immerhin gibt es noch eine gruppe zweifler. die wird vermutlich entscheidend sein.
http://www.20min.ch/ausland/news/story/ ... n-13131663
Die Quoten für einen Austritt liegen bei rund vier zu eins, diejenigen für einen Verbleib in der EU bei eins zu sechs.


Ich würde sagen, du kannst dein cash vervierfachen!

Dann kannste aber ordentlich einen ausgeben!

Am besten single malt. Schottland will ja in der eu bleiben...
odiug

Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von odiug »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2016, 15:46)

Vielleicht hat sich ja auch in GB eine Stimmung gegen die Finanzwirtschaft entwickelt, die sich so viele grobe Betrügereien geleistet hat, so daß die britischen Normalverbraucher mit innerer Schadenfreude dieser Kaste einen Denkzettel verpassen möchte? Daß den Leuten ganz bewußt ist, was da nach dem BREXIT geschehen wird, sie sich aber davon nicht betroffen fühlen?
Das ist aber so, als wuerde an Selbstmord begehen, um als Konsument den Marketingstrategen die Suppe zu versalzen.
Nach dem Motto:"Ha Ha ... verauf mir mal einen VW Golf, wenn ich tot bin!"
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

odiug hat geschrieben:(09 Jun 2016, 07:18)

Das ist aber so, als wuerde an Selbstmord begehen, um als Konsument den Marketingstrategen die Suppe zu versalzen.
Nach dem Motto:"Ha Ha ... verauf mir mal einen VW Golf, wenn ich tot bin!"
Sie haben ja Recht; mit nüchternem Verstand ist die Stimmungslage auf der Insel nicht zu begreifen.

Aus vielen vorangehenden Beiträgen läßt sich ableiten, daß es einigen Gesprächsteilnehmern und auch mir fast sicher erscheint, daß es den Briten in der BREXIT-Frage nur um Gefühle gehen kann. Aufrufe zur wirtschaftlichen Vernunft strömen täglich/stündlich national und international auf sie ein, können aber die Stimmungslage der britischen Wortführer in keiner Weise beeindrucken. Dieses Bild widerspricht in jeder Hinsicht der Selbstdarstellung der Briten als nüchtern abwägendem Volk von Kaufleuten. Diesem Bild hing ich auch an, werde aber zur Zeit eines Besseren belehrt!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

Wildermuth hat geschrieben:(09 Jun 2016, 05:44)

http://www.20min.ch/ausland/news/story/ ... n-13131663
Die Quoten für einen Austritt liegen bei rund vier zu eins, diejenigen für einen Verbleib in der EU bei eins zu sechs.


Ich würde sagen, du kannst dein cash vervierfachen!

Dann kannste aber ordentlich einen ausgeben!

Am besten single malt. Schottland will ja in der eu bleiben...
Hm, als ich einstieg, war es noch 3,3:1 oder so, obwohl Remain deutlich führte. Papa braucht neue Schuhe.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(09 Jun 2016, 08:07)

Sie haben ja Recht; mit nüchternem Verstand ist die Stimmungslage auf der Insel nicht zu begreifen.

Aus vielen vorangehenden Beiträgen läßt sich ableiten, daß es einigen Gesprächsteilnehmern und auch mir fast sicher erscheint, daß es den Briten in der BREXIT-Frage nur um Gefühle gehen kann. Aufrufe zur wirtschaftlichen Vernunft strömen täglich/stündlich national und international auf sie ein, können aber die Stimmungslage der britischen Wortführer in keiner Weise beeindrucken. Dieses Bild widerspricht in jeder Hinsicht der Selbstdarstellung der Briten als nüchtern abwägendem Volk von Kaufleuten. Diesem Bild hing ich auch an, werde aber zur Zeit eines Besseren belehrt!
Vielleicht ist die Flut an Fakten und Aussagen auch auf viele abschreckend. So im Sinne von "mir doch egal, was diese(r) Obama/Cameron/Lagarde/Gulliver/O’Leary uns da einreden will; denen zeigen wir's jetzt mal". Juncker, Tusk und Schulz halten sich aus dem Wahlkampf ja auch raus und werben nicht auf der Insel, weil das manch einen auf die Palme bringen würde.
Labskaus!

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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(09 Jun 2016, 13:44)

Vielleicht ist die Flut an Fakten und Aussagen auch auf viele abschreckend. So im Sinne von "mir doch egal, was diese(r) Obama/Cameron/Lagarde/Gulliver/O’Leary uns da einreden will; denen zeigen wir's jetzt mal". Juncker, Tusk und Schulz halten sich aus dem Wahlkampf ja auch raus und werben nicht auf der Insel, weil das manch einen auf die Palme bringen würde.
Auch das ist denkbar; eines meiner ansonsten wohlgeratenen Kinder hatte auch diese Macke, hinter jedem Ratschlag nur Schläge zu vermuten. Hat lange gedauert, bis sich Trotzköpfchens riesige Hörner zu netten kleinen Knubbelchen zurück gebildet hatten. ;) Des Lebens harte Schule wird am Ende auch die Briten lehren, Freund und Feind gut zu unterscheiden. Schade um die viele vergebliche Mühe!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(09 Jun 2016, 14:01)

Auch das ist denkbar; eines meiner ansonsten wohlgeratenen Kinder hatte auch diese Macke, hinter jedem Ratschlag nur Schläge zu vermuten. Hat lange gedauert, bis sich Trotzköpfchens riesige Hörner zu netten kleinen Knubbelchen zurück gebildet hatten. ;) Des Lebens harte Schule wird am Ende auch die Briten lehren, Freund und Feind gut zu unterscheiden. Schade um die viele vergebliche Mühe!
Das stimmt wohl. Aber apropos Kinder: der Jungspunde Großbritanniens sind da auch nicht auf einer Linie mit ihren Eltern und Großeltern. Dass die Jugend etwas proeuropäischer eingestellt ist, war mir ja bekannt, aber dass der Unterschied dann doch so eklatant ist, überrascht mich dann doch:
Alter: 18-24
Für Europa: 59%
Gegen Europa: 20%

Alter: 25-49
Dafür: 49%
Dagegen: 34%

Alter: 50-64
Dafür: 35%
Dagegen: 53%

Alter: über 65
Dafür: 33%
Dagegen 57%
http://www.spiegel.de/politik/ausland/b ... 96158.html

Dabei sollte man annehmen, dass sich die Älteren eher noch daran erinnern, wie die Briten bei ihrem Beitritt noch der kranke, alte Mann Europas war, der seine Kolonien und Handlungsbeziehungen verlor -- und letztere eben auch nicht reaktivieren konnten (mit den vorherigen Privilegien). Der Artikel bzw. die Quelle unter den Umfragewerten ist übrigens ganz interessant. Da geht's unter anderem darum, dass die Antieuropäer primär mit Ängsten spielen, um die Bevölkerung zu verunsichern ("EU-Mitgliedschaft bedeutet Hunderte Millionen von Menschen mit EU-Pässen, die nach Großbritannien kommen dürfen.").
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Ja, das ist schon sehr schade insgesamt; auch diese Zerrissenheit wird dem Land nicht gut tun, wenn der BREXIT erwartungsgemäß zu großen wirtschaftlichen Rückschlägen führen wird. Aber noch schlimmer wäre wohl ein knappes Abstimmungsergebnis für den Verbleib in der EU, weil das die EU weiter lähmen dürfte. Der Streit in GB ist damit ja auch nicht beendet. Doppelt schlimm!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

frems hat geschrieben:(09 Jun 2016, 16:47)

"EU-Mitgliedschaft bedeutet Hunderte Millionen von Menschen mit EU-Pässen, die nach Großbritannien kommen dürfen.".
nee, es bedeutet daß wir einen strom afrikaner, albanier, türken, usw kommen sehen. die nehmen unsere bahnen weg; die müssen wir sonst finanziell unterstützen; sie vergewaltigen unsere mädchen/frauen (vide germany !! ); usw.
so denken viel briten

übrigens erinnere mich daß unter magareth thatcher das gesetz daß eine in GB geborene person automatisch die britische nationaltität hat aufgehoben wurde. damals klagte man schon über einen zustrom an »ausländer« (meist pakistani und indier soweit ich weiß).
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Kibuka »

Es ist ziemlich erschütternd, dass die Brexit-Befürworter nun laut Umfragen vorne liegen.

Europa hat den Rückwärtsgang eingelegt. Ich hätte vor einigen Jahren so eine Entwicklung nicht vorhergesehen. Dass die Briten schon immer schwierig waren, ist seit 30 Jahren nichts neues. Dennoch waren sie immer am Integrationsprozess beteiligt. Jetzt könnten sie sich endgültig verabschieden.

Die EU steuert damit auf turbulente Zeiten zu. Auch in Frankreich ist FN auf dem Vormarsch. Das könnte der Beginn einer Erosion sein, an deren Ende eine EU steht, die nur noch ein Schatten vergangener Visionen ist.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

unser statistisches amt hat beziffert daß am meisten durch einen brexit geschadet werden: irland, belgien und NL.

bei uns beträgt der schaden ± 10 milliarden euro.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von King Kong 2006 »

Schäuble mahnt von einer weiteren "Vertiefung" in Sachen EU ab.
Wie würde die EU auf einen Ausstieg Großbritanniens reagieren? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt eine weitere Vertiefung der Union ab. "Wir könnten als Antwort auf einen Brexit nicht einfach mehr Integration fordern", sagte der CDU-Politiker dem SPIEGEL. "Das wäre plump, viele würden zu Recht fragen, ob wir Politiker noch immer nicht verstanden haben." Auch wenn die Briten mit knapper Mehrheit gegen den Brexit stimmten, "müssen wir das als Mahnung und Weckruf verstehen, nicht einfach so wie bisher weiterzumachen", sagte Schäuble.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/w ... 96854.html
Halte ich auch für angebracht. Manchmal ist weniger auch mehr. Man sieht auch an den östlichen EU-Mitgliedsstaaten, daß die feste Umklammerung durch EU-Gesetzgebung kontraproduktiv ist.

Auch in Deutschland ist das vielen nicht geheuer. Man sollte vielleicht evaluieren, wohin die Reise geht und wie das zu bewerkstelligen ist. Mir kommt es manchmal so vor, daß gerade Deutschland manches mal zuerst darüber nachdenkt, was europäisch zu machen wäre, bevor man für die Leute nachdenkt, die einen gewählt haben und für die man einen Eid abgelegt hat. Nämlich fürs deutsche Volk. Auch das befeuert die Rechten. In England oder Polen denkt man zuerst an die eigenen Leute, bevor man an so etwas abstraktes wie die EU denkt. In der Flüchtlingsfrage war Merkel eher bemüht europäisch zu denken, denn national. Das mag als weitsichtig zu beurteilen sein, aber was nützt es, wenn es dafür als Reaktion an der eigenen Basis brodelt? Zuerst sollte man das eigene Fundament im Auge haben und pflegen (Deutschland) bevor man sich um "das andere", den supranationalen Überbau kümmert. Ist das Fundament und tragende Säulen vernachlässigt, nützen mir schöne Regenrinnen und Solarzellen auch nichts. Das eine bedingt das andere. Ich war früher ein großer Befürworter der EU, das hat sich relativiert. Der einzige Sinn die große Anzahl Flüchtlinge hereinzulassen, wäre der schwinden Demografie zu schulden. Was man nie offen kommunizieren würde. Dann lieber, weil das Gesetz es - so wird es von einigen Seiten argumentiert - so verlangt.

GB war stets kein Kontinentaleuropäer. Wundert mich gar nicht, daß Brexit möglich wäre. Das sollte tatsächlich ein Weckruf sein, wie Schäuble es auch versteht.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Kibuka »

King Kong 2006 hat geschrieben:(10 Jun 2016, 23:57)

Schäuble mahnt von einer weiteren "Vertiefung" in Sachen EU ab.



Halte ich auch für angebracht. Manchmal ist weniger auch mehr. Man sieht auch an den östlichen EU-Mitgliedsstaaten, daß die feste Umklammerung durch EU-Gesetzgebung kontraproduktiv ist.

Auch in Deutschland ist das vielen nicht geheuer. Man sollte vielleicht evaluieren, wohin die Reise geht und wie das zu bewerkstelligen ist. Mir kommt es manchmal so vor, daß gerade Deutschland manches mal zuerst darüber nachdenkt, was europäisch zu machen wäre, bevor man für die Leute nachdenkt, die einen gewählt haben und für die man einen Eid abgelegt hat. Nämlich fürs deutsche Volk. Auch das befeuert die Rechten. In England oder Polen denkt man zuerst an die eigenen Leute, bevor man an so etwas abstraktes wie die EU denkt. In der Flüchtlingsfrage war Merkel eher bemüht europäisch zu denken, denn national. Das mag als weitsichtig zu beurteilen sein, aber was nützt es, wenn es dafür als Reaktion an der eigenen Basis brodelt? Zuerst sollte man das eigene Fundament im Auge haben und pflegen (Deutschland) bevor man sich um "das andere", den supranationalen Überbau kümmert. Ist das Fundament und tragende Säulen vernachlässigt, nützen mir schöne Regenrinnen und Solarzellen auch nichts. Das eine bedingt das andere. Ich war früher ein großer Befürworter der EU, das hat sich relativiert. Der einzige Sinn die große Anzahl Flüchtlinge hereinzulassen, wäre der schwinden Demografie zu schulden. Was man nie offen kommunizieren würde. Dann lieber, weil das Gesetz es - so wird es von einigen Seiten argumentiert - so verlangt.

GB war stets kein Kontinentaleuropäer. Wundert mich gar nicht, daß Brexit möglich wäre. Das sollte tatsächlich ein Weckruf sein, wie Schäuble es auch versteht.
Wenn man ständig die Integration oder andere Entscheidungen ohne Bürgerbeteiligung durchpeitscht, dann ist eben irgendwann das Ende erreicht.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von freigeist »

Kibuka hat geschrieben:(10 Jun 2016, 23:38)

Es ist ziemlich erschütternd, dass die Brexit-Befürworter nun laut Umfragen vorne liegen.

Europa hat den Rückwärtsgang eingelegt. Ich hätte vor einigen Jahren so eine Entwicklung nicht vorhergesehen. Dass die Briten schon immer schwierig waren, ist seit 30 Jahren nichts neues. Dennoch waren sie immer am Integrationsprozess beteiligt. Jetzt könnten sie sich endgültig verabschieden.

Die EU steuert damit auf turbulente Zeiten zu. Auch in Frankreich ist FN auf dem Vormarsch. Das könnte der Beginn einer Erosion sein, an deren Ende eine EU steht, die nur noch ein Schatten vergangener Visionen ist.
Ich kenne Umfragen, da liegen die Brexiteers hinten.

Die Briten haben gerne den Integrationsprozess gebremst, selbst die Remainer sind ja im Grunde auch EU-skeptisch oder vorsichtig. Deswegen haben sie auch den Britenrabatt bekommen und weitere Ausnahmeregelungen erstritten.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von aleph »

Im Spiegel Online erscheint auch gerade ein Artikel, der um das Verbleiben der Briten in der EU wirbt:
Die Worte werden in diesen Tagen wuchtig, die EU-Gegner vergleichen Brüssel mit Hitler und lügen gefährliche Zahlen herbei, während Pathos in die Texte der EU-Befürworter fließt; denn es geht um Großes und Grundsätzliches. Großbritannien ist eine Brücke zwischen Europa und den USA. Steigt diesseits des Atlantiks Großbritannien aus der EU aus und wird auf der anderen Seite Donald Trump Präsident, werden scheinbar ewige Bündnisse wackeln, und ein geschwächtes Europa kann einsam werden, hilflos inmitten von Weltkrisen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/b ... 96123.html

Ich halte das für unsinnig: es ist nicht gesagt, ob Trump Präsident wird und das transatlantische Bündnis heißt Nato und nicht Eu und die Kontinentaleuropäer können auch ohne Großbritannien starke Partner der Usa sein. Oder anders herum: Die USA haben ein Eigeninteresse daran, Europa zu schützen.

Europa leidet ja gerade an solchen Ländern wie Großbritannien, die nur nörgeln und abzocken wollen, sich aber nicht konstruktiv einbringen. Mit Ländern wie Großbritannien wird eine EU natürlich nie gelingen. Die Britin Thatcher sagte einmal, dass die EU so lange bestehen bleibt, bis den Deutschen das Geld ausgehe. Ja, wenn man Europa nur als eine einseitige Verteilungsmaschine sieht, dann ist klar, dass man gegen Europa ist.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Nomen Nescio »

ein deutliches bild der evt alternativen sieht man auf diesem bild.
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Kibuka hat geschrieben:(10 Jun 2016, 23:38)

Es ist ziemlich erschütternd, dass die Brexit-Befürworter nun laut Umfragen vorne liegen.

Europa hat den Rückwärtsgang eingelegt. Ich hätte vor einigen Jahren so eine Entwicklung nicht vorhergesehen. Dass die Briten schon immer schwierig waren, ist seit 30 Jahren nichts neues. Dennoch waren sie immer am Integrationsprozess beteiligt. Jetzt könnten sie sich endgültig verabschieden.

Die EU steuert damit auf turbulente Zeiten zu. Auch in Frankreich ist FN auf dem Vormarsch. Das könnte der Beginn einer Erosion sein, an deren Ende eine EU steht, die nur noch ein Schatten vergangener Visionen ist.
Da gibt es doch gar nichts zu rätseln mehr; die EU ist schon ein Schatten ihrer selbst geworden. Jetzt muß die Bundesregierung höllisch aufpassen, wie sie aus der Euro-Nummer heraus kommt. Denn der Euro sollte ja die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit fördern. Wenn nun die Rückkehr zu nationalen Sonderwegen zu erkennen ist, dann hat diese Maßnahme leider nicht gewirkt. Diese Erkenntnis finde ich bedauerlich und schmerzlich.

Des weiteren müssen die Zahlungsströme in der EU überprüft werden. Auch die waren so angelegt, daß in Europa Regionen zusammenwachsen können zu gemeinsamen Wohlstandsgebieten. Welchen Sinn hat das aber, wenn die Hauptstädte wieder innerhalb ihrer Grenzen den Takt schlagen wollen?

Wer das Zusammenwachsen der Regionen grenzübergreifend fördern möchte, der kann das mit seinen Nachbarn ohne den Umweg über Brüssel verabreden und auch gemeinsam mit seinen Nachbarn Mittel dafür einplanen. Mit 9 Nachbarn ist Deutschland da in größeren Schwierigkeiten als andere Nachbarn. Vielleicht bildet sich auf diese Weise ein innerer Kreis, der das alte europäische Projekt auf Gegenseitigkeit weiter voran bringt, vielleicht sogar mit einem Euro-Ableger, der tatsächlich auf Vertrauen aufbauen kann.
Zuletzt geändert von H2O am Sa 11. Jun 2016, 09:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(11 Jun 2016, 08:59)

ein deutliches bild der evt alternativen sieht man auf diesem bild.
Mit Sicherheit wird es weitere Möglichkeiten geben, die den Briten offen stehen. Die werden den Kontinent ganz einfach von GB abschneiden... und dann werden wir sehen, was wir davon haben!
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Rautenberger
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Rautenberger »

Der Ärger über die EU mag verständlich sein. Verantwortlich für alle Mängel Brüssels - inklusive Demokratiedefizit - ist aber nicht Brüssel selbst, sondern die nationalen Regierungen. Das Demokratiedefizit erklärt sich ja gerade daraus, dass die Regierungen so wenig Macht wie möglich abgeben wollen und die Kompetenzen des EU-Parlaments deshalb klein halten.

Wegen dieser Mängel gleich austreten zu wollen und damit alle unbestreitbaren Vorteile der EU wegzuwerfen, ist aber eine riesengroße Dummheit. Und es ist auch geopolitisch hirnverbrannt und darüber hinaus fahrlässig. Denn in Moskau und beim IS wird man sich bei jeder Schwächung der EU und des Westens allgemein die Hände reiben. Dass sich ausgerechnet das traditionell Putin-kritische Britannien hier quasi als Agent des Kreml betätigt, ist doch ein Witz sondergleichen!

Inzwischen wünsche ich mir, dass die Briten austreten und die Konsequenzen zu spüren bekommen. Die britischen Politiker - weit über UKIP hinaus -, die sich jahrelang als Populisten betätigt und ein exzessives, völlig überzogenes EU-Bashing betrieben haben, verdienen eine Abreibung. Und die Bevölkerung wird verdutzt feststellen, dass man mit der Austreibung des Beelzebub Europa noch lange nicht vor den Toren des Garten Eden steht - womöglich sogar im Gegenteil.

Schottland soll uns als neuer EU-Beitrittskandidat hochwillkommen sein! :D
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

freigeist hat geschrieben:(11 Jun 2016, 08:32)

Ich kenne Umfragen, da liegen die Brexiteers hinten.

Die Briten haben gerne den Integrationsprozess gebremst, selbst die Remainer sind ja im Grunde auch EU-skeptisch oder vorsichtig. Deswegen haben sie auch den Britenrabatt bekommen und weitere Ausnahmeregelungen erstritten.
Das ist richtig. Cameron, aber auch der Sozi Blair, Major und Thatcher sowieso haben sich gerne auf Kosten Europas profiliert, wenn sie nicht gerade ein Land in der arabischen Welt ins Chaos stürzten. Dass antieuropäische Aussagen daher in allen Schichten und Spektren zum guten Ton gehören, gilt schon als selbstverständlich, um sich nicht sozial zu isolieren. Komisch find ich nur, dass Europahasser wie Farage nun eine Märchenwelt präsentieren und denken, sie würden noch mehr Vorteile auf Kosten Europas kriegen, wenn sie den Europäern mal den Mittelfinger zeigen und für Leave stimmen. Hab gestern erst mit einem norwegischen Bekannten einige Stunden über Europa diskutiert und er meint auch, dass niemand in Norwegen verstehen könne, warum die Briten raus wollen und häufig auf ihr Land als Vorbild zeigen.
The pro-Brexit camp is pointing to Switzerland and Norway as models for how Britain could take advantage of the common European market without being an EU member. Experts say those prospects are a "fantasy."

For Nigel Farage, the situation is simple. "The people of Norway (and) Switzerland ... are happy," says the head of the United Kingdom Independence Party (UKIP). "Those countries have their own deals, to maintain the type of trading relationship they want." [...]

But when they invoke Norway, Brexit campaigners decline to mention the price Oslo must pay to access the single market: EEA members are required to pay into the European Cohesion Fund, which offsets social disparities within the EU. Norway also takes part in a range of other EU programs and pays the same amounts for those as member states do.

All told, this adds up to over €850 million per year. If one takes into account how much money the UK currently receives from the EU, Norway pays almost the same amount per capita as the United Kingdom.

Furthermore, Norway must adhere to countless EU guidelines, like the free movement of workers, without having a voice in EU institutions. Were the UK to leave the EU and join the EEA, the country would continue paying and continue accepting guidelines from Brussels -- but it would no longer have the opportunity to be part of the negotiations that shape the European market.

"The British would lose their influence in the EU, but would have to follow all the rules," says Dennis Snower, head of the Institute of World Economy in Kiel. Originally from the US, Snower lived and researched in London for about 20 years and he describes the "economic irrationality of the Brexit advocates" as "frightening."
http://www.spiegel.de/international/eur ... 96952.html
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Rautenberger hat geschrieben:(11 Jun 2016, 14:20)

Der Ärger über die EU mag verständlich sein. Verantwortlich für alle Mängel Brüssels - inklusive Demokratiedefizit - ist aber nicht Brüssel selbst, sondern die nationalen Regierungen. Das Demokratiedefizit erklärt sich ja gerade daraus, dass die Regierungen so wenig Macht wie möglich abgeben wollen und die Kompetenzen des EU-Parlaments deshalb klein halten.

Wegen dieser Mängel gleich austreten zu wollen und damit alle unbestreitbaren Vorteile der EU wegzuwerfen, ist aber eine riesengroße Dummheit. Und es ist auch geopolitisch hirnverbrannt und darüber hinaus fahrlässig. Denn in Moskau und beim IS wird man sich bei jeder Schwächung der EU und des Westens allgemein die Hände reiben. Dass sich ausgerechnet das traditionell Putin-kritische Britannien hier quasi als Agent des Kreml betätigt, ist doch ein Witz sondergleichen!

Inzwischen wünsche ich mir, dass die Briten austreten und die Konsequenzen zu spüren bekommen. Die britischen Politiker - weit über UKIP hinaus -, die sich jahrelang als Populisten betätigt und ein exzessives, völlig überzogenes EU-Bashing betrieben haben, verdienen eine Abreibung. Und die Bevölkerung wird verdutzt feststellen, dass man mit der Austreibung des Beelzebub Europa noch lange nicht vor den Toren des Garten Eden steht - womöglich sogar im Gegenteil.

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Nein, so viel Galle muß nicht sein; inzwischen wird verbreitet, daß 55% der Briten für den BREXIT stimmen wollen:

http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... er-eu.html

Daran finde ich erfreulich, daß die Mehrheit dann wenigstens klar wäre und man nicht von einem Zufallstreffer ausgehen muß. Mir wäre die gegenteilige Mehrheit genau so willkommen, denn dann wäre mit gleicher Klarheit das Thema erst einmal vom Tisch.

In beiden Fällen ermuntere ich zur Nüchternheit im Umgang mit unseren Briten. Den Leuten nun für ihr Gemeckere auch noch übel mitspielen wollen, das ist wohl kein Nachweis europäischen Selbstbewußtseins. Aber an den Regeln der EU führt kein Weg vorbei, auch wenn's weh tut.

Vermutlich werden nach dem BREXIT die Karten in der EU neu gemischt für ein neues Spiel, denn man muß davon ausgehen, daß Dänen und Niederländer sich ebenfalls von der EU abkehren werden. Man kann nur hoffen, daß die nationalen Politiker dieses Mal ihre Mitbürger an der Konzeptsuche für eine bessere EU beteiligen. Ein neues Projekt der Eliten wäre ja nicht besser als das alte.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von yogi61 »

H2O hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:16)

Nein, so viel Galle muß nicht sein; inzwischen wird verbreitet, daß 55% der Briten für den BREXIT stimmen wollen:

http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... er-eu.html

Daran finde ich erfreulich, daß die Mehrheit dann wenigstens klar wäre und man nicht von einem Zufallstreffer ausgehen muß. Mir wäre die gegenteilige Mehrheit genau so willkommen, denn dann wäre mit gleicher Klarheit das Thema erst einmal vom Tisch.

In beiden Fällen ermuntere ich zur Nüchternheit im Umgang mit unseren Briten. Den Leuten nun für ihr Gemeckere auch noch übel mitspielen wollen, das ist wohl kein Nachweis europäischen Selbstbewußtseins. Aber an den Regeln der EU führt kein Weg vorbei, auch wenn's weh tut.

Vermutlich werden nach dem BREXIT die Karten in der EU neu gemischt für ein neues Spiel, denn man muß davon ausgehen, daß Dänen und Niederländer sich ebenfalls von der EU abkehren werden. Man kann nur hoffen, daß die nationalen Politiker dieses Mal ihre Mitbürger an der Konzeptsuche für eine bessere EU beteiligen. Ein neues Projekt der Eliten wäre ja nicht besser als das alte.

An den Regeln der EU führt sehr wohl ein Weg vorbei. David Cameron har ordentlich Zugeständnisse mit nach Hause gebracht, sonst wäre die Sache wohl eindeutig.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von John Galt »

Was passiert, wenn die Briten für den EU-Austritt stimmen? Brexit-Befürworter schwärmen von den Modellen der Norweger und der Schweizer. Dabei taugen beide Länder nicht als Vorbild für Großbritannien.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/b ... 96667.html

Was für eine Lügengeschichte.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

John Galt hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:31)

http://www.spiegel.de/politik/ausland/b ... 96667.html

Was für eine Lügengeschichte.
Welche Lüge meinst Du denn genau?
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

yogi61 hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:19)

An den Regeln der EU führt sehr wohl ein Weg vorbei. David Cameron har ordentlich Zugeständnisse mit nach Hause gebracht, sonst wäre die Sache wohl eindeutig.
Geld stinkt nicht; die Briten zahlen mehr in die EU und ihre Projekte ein als sie zurück bekommen. Offenbar wurmt das die Briten noch immer, trotz der Zugeständnisse. Unter dieser Voraussetzung sind 55% für BREXIT doch klar genug!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von John Galt »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:35)

Welche Lüge meinst Du denn genau?
Die Schweiz ist kein Mitglied im EWR, sondern handelte in den vergangenen rund 25 Jahren mehr als 120 bilaterale Abkommen mit der EU aus. So können die Schweizer weitgehend vom EU-Freihandel profitieren - allerdings zum Beispiel nicht bei Finanzdienstleistungen. Das wäre für Großbritannien ein großes Problem, schließlich hat der Finanzsektor eine tragende Bedeutung für die britische Volkswirtschaft. Außerdem übernimmt auch die Schweiz fortlaufend europäische Regeln, um die Kompatibilität zur EU zu gewährleisten, hat aber kein Mitspracherecht.
Das Land mit dem besten Finanzplatz der Welt taugt nicht als Vorbild für ein Land mit gigantischem Finanzsektor. Au weia, da sind die Journalisten mal wieder gewaltig auf den Kopf gefallen oder verbreiten einfach ihre Lügen.

Die EU-Staaten sind so kopflos, die kann man in Verhandlungen leicht über den Tisch ziehen. Siehe Türkei-Deal.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

yogi61 hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:19)

An den Regeln der EU führt sehr wohl ein Weg vorbei. David Cameron har ordentlich Zugeständnisse mit nach Hause gebracht, sonst wäre die Sache wohl eindeutig.
Die Zugeständnisse haben aber primär symbolischen Charakter und deshalb wurde er auch in den britischen Medien mehrheitlich als Verhandlungsverlierer dargestellt, so im Sinne von "Seht Ihr? Da kann man nichts erreichen. Wussten wir doch".

Nach einem EU-Austritt werden die EU-Regeln auch bestehen bleiben. Da machen sich Farage und co. halt was vor. Aber natürlich können die Briten auch auf den gemeinsamen Binnenmarkt verzichten und einen Seeminengürtel um ihre Insel ziehen. Dann wären sie souverän und können ihr Geld behalten.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

John Galt hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:47)

Das Land mit dem besten Finanzplatz der Welt taugt nicht als Vorbild für ein Land mit gigantischem Finanzsektor. Au weia, da sind die Journalisten mal wieder gewaltig auf den Kopf gefallen oder verbreiten einfach ihre Lügen.

Die EU-Staaten sind so kopflos, die kann man in Verhandlungen leicht über den Tisch ziehen. Siehe Türkei-Deal.
Vielleicht haben die britischen Finanzkonzerne andere Tätigkeiten und Felder als die der Schweiz? HSBC sagte ja schon, dass sie ihren Hauptsitz vermutlich nach Paris verlagern werden, wenn die Briten austreten, da sie ansonsten nicht mehr ihr Geschäftsmodell weiterführen können. Und die letzten Verhandlungen Camerons waren nicht gerade erfolgreich; abgesehen davon will ja niemand das Land bestrafen wie z.B. mit den Russlandsanktionen, wo man von Verhandlungsschwäche oder Zerstrittenheit nicht sprechen kann.

Davon abgesehen ging es ja im Kern darum, dass die Schweizer heute unsouveräner sind als die Briten, wenn es um die EU geht. Volle Freizügigkeiten, u.a. für Unionsbürger, voller Mitgliedsbeitrag ohne Rabatt und Übernahme fast aller EU-Regeln ohne Mitgestaltung oder gar Blockade. Ich versteh da nicht, wieso manch einer glaubt, die Briten könnten für lau alle Vorteile auf Kosten anderer mitnehmen, wenn sie austreten, statt so behandelt zu werden wie andere europäische Drittstaaten auch.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:47)

Die Zugeständnisse haben aber primär symbolischen Charakter und deshalb wurde er auch in den britischen Medien mehrheitlich als Verhandlungsverlierer dargestellt, so im Sinne von "Seht Ihr? Da kann man nichts erreichen. Wussten wir doch".

Nach einem EU-Austritt werden die EU-Regeln auch bestehen bleiben. Da machen sich Farage und co. halt was vor. Aber natürlich können die Briten auch auf den gemeinsamen Binnenmarkt verzichten und einen Seeminengürtel um ihre Insel ziehen. Dann wären sie souverän und können ihr Geld behalten.
Die verweigerten sozialen Leistungen für EU-Bürger, die in GB einer ganz normalen Erwerbstätigkeit nachgehen, sind aber schon ein harter Einschnitt. Die sind erst einmal 5 Jahre nach der Arbeitsaufnahme in GB benachteiligt, obwohl EU-Regeln das untersagen. Das tut Familien weh, deren Väter/Mütter in GB arbeiten, um zu Hause ihre Kinder besser versorgen zu können.

Das trifft die Polen und Ungarn besonders, weil sie gleich nach Aufnahme ihrer Länder in die EU in GB und NL die Freizügigkeit in der EU ausnutzen konnten. Uns Deutsche läßt das natürlich kalt... warum eigentlich?
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:57)

Die verweigerten sozialen Leistungen für EU-Bürger, die in GB einer ganz normalen Erwerbstätigkeit nachgehen, sind aber schon ein harter Einschnitt. Die sind erst einmal 5 Jahre nach der Arbeitsaufnahme in GB benachteiligt, obwohl EU-Regeln das untersagen. Das tut Familien weh, deren Väter/Mütter in GB arbeiten, um zu Hause ihre Kinder besser versorgen zu können.

Das trifft die Polen und Ungarn besonders, weil sie gleich nach Aufnahme ihrer Länder in die EU in GB und NL die Freizügigkeit in der EU ausnutzen konnten. Uns Deutsche läßt das natürlich kalt... warum eigentlich?
Die Einschränkungen der Sozialleistungen werden aber nicht viel ändern, zumal es nur um Arbeitslosengeld ging. Zuschüsse für Geringverdiener, Kindergeld und andere umstrittene Dinge bleiben wie sie sind. Und Sozialhilfe soll es nach vier statt zwei Jahren geben. Das wird kaum jemanden davon abhalten, ein Arbeitsangebot in Großbritannien anzunehmen, wenn man z.B. in Polen arbeitslos war. Und: Nahles: Hartz IV für EU-Bürger erst nach fünf Jahren Arbeit (http://www.sueddeutsche.de/news/leben/s ... -99-751175)
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:01)

Die Einschränkungen der Sozialleistungen werden aber nicht viel ändern, zumal es nur um Arbeitslosengeld ging. Zuschüsse für Geringverdiener, Kindergeld und andere umstrittene Dinge bleiben wie sie sind. Und Sozialhilfe soll es nach vier statt zwei Jahren geben. Das wird kaum jemanden davon abhalten, ein Arbeitsangebot in Großbritannien anzunehmen, wenn man z.B. in Polen arbeitslos war. Und: Nahles: Hartz IV für EU-Bürger erst nach fünf Jahren Arbeit (http://www.sueddeutsche.de/news/leben/s ... -99-751175)
Ich meine, daß das Kindergeld sehr wohl auf den Betrag gekürzt wird, der am Wohnort der Familie gewährt wird.

Sozialhilfe/Hartz IV ist nicht der Knackepunkt, weder hier in D noch in GB. Sondern mutwillige Einschränkungen für ganz biedere Leute, die sich mit Arbeit den Tag versauen. Dieses Verhalten finde ich engherzig!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von John Galt »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 18:53)

Vielleicht haben die britischen Finanzkonzerne andere Tätigkeiten und Felder als die der Schweiz? HSBC sagte ja schon, dass sie ihren Hauptsitz vermutlich nach Paris verlagern werden, wenn die Briten austreten, da sie ansonsten nicht mehr ihr Geschäftsmodell weiterführen können. Und die letzten Verhandlungen Camerons waren nicht gerade erfolgreich; abgesehen davon will ja niemand das Land bestrafen wie z.B. mit den Russlandsanktionen, wo man von Verhandlungsschwäche oder Zerstrittenheit nicht sprechen kann.

Davon abgesehen ging es ja im Kern darum, dass die Schweizer heute unsouveräner sind als die Briten, wenn es um die EU geht. Volle Freizügigkeiten, u.a. für Unionsbürger, voller Mitgliedsbeitrag ohne Rabatt und Übernahme fast aller EU-Regeln ohne Mitgestaltung oder gar Blockade. Ich versteh da nicht, wieso manch einer glaubt, die Briten könnten für lau alle Vorteile auf Kosten anderer mitnehmen, wenn sie austreten, statt so behandelt zu werden wie andere europäische Drittstaaten auch.
Wie kann man nur so leicht darauf hineinfallen?

HSBC schickt nur eine Drohung an die Britische Regierung, damit diese ihre eigenen Regulierungen dann nach der Gunst von HSBC und anderen Finanzkonzernen gestalten. Das ist auch schon alles was dahinter steckt. Die können ihre Geschäfte weiterhin problemlos tätigen.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:09)

Ich meine, daß das Kindergeld sehr wohl auf den Betrag gekürzt wird, der am Wohnort der Familie gewährt wird.

Sozialhilfe/Hartz IV ist nicht der Knackepunkt, weder hier in D noch in GB. Sondern mutwillige Einschränkungen für ganz biedere Leute, die sich mit Arbeit den Tag versauen. Dieses Verhalten finde ich engherzig!
Primär wollte Cameron doch über diesen Hebel (Sozialleistungen) die Zuwanderung eindämmen, aber er kann keinem Europäer verbieten, sich in Großbritannien niederzulassen. Und die Zahlen zeigten auch, dass Britannien für "Sozialtourismus" unattraktiv ist, da es Einschränkungen schon heute gibt und weil die Arbeitslosenquote von Europäern extrem niedrig ist. Da sind UKIP und co. radikaler, da sie feste Kontingente und Kriterien wollen -- was sie aber nicht kriegen werden.

Das mit dem Kindergeld find ich aber auch vernünftig. Wenn jemand von Bulgarien nach Luxemburg zieht und dort arbeitet, dann wäre es doch komisch, wenn die in Bulgarien gebliebenen Kinder ein Kindergeld eines luxemburgischen Kindes bekommen, obwohl die Lebenskosten (und um diese Aufwände geht's ja bei der Höhe des Kindergeldes) dort so viel niedriger sind. Wären die Kinder dann in Luxemburg wohnhaft, würden sie natürlich den Standardsatz kriegen wie alle Luxemburger auch. Aber auch da gibt's beim Deal Einschränkungen, da diese EU-weite Regelung erst 2020 kommen soll und nur jene Arbeiter betrifft, die nach diesem Datum in ein anderes Land ziehen. Wer folglich jetzt in Großbritannien lebt und arbeitet, ist davon nicht betroffen und wird es auch nach 2020 nicht, falls die Briten in der EU bleiben.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

John Galt hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:11)

Wie kann man nur so leicht darauf hineinfallen?

HSBC schickt nur eine Drohung an die Britische Regierung, damit diese ihre eigenen Regulierungen dann nach der Gunst von HSBC und anderen Finanzkonzernen gestalten. Das ist auch schon alles was dahinter steckt. Die können ihre Geschäfte weiterhin problemlos tätigen.
Sicher, wenn die Briten weiterhin im Binnenmarkt bleiben oder man seinen Sitz eben in die EU verlegt. Aber das ist ungewiss, genau wie die Harmonisierung der EU-weiten Lizenzen im Bankenwesen. Zu den vier Grundfreiheiten gehören eben auch Finanzdienstleistungen. Außerdem weiß man nicht, was eine EU-27 ohne Britannien so zukünftig beschließen wird. Bisher waren Maßnahmen, die die Finanzkonzerne belasten könnten, nie näher in Betracht gezogen, weil es für das drittgrößte Land der EU eine heilige Kuh ist. Aber nach einem Austritt sitzen keine britischen Vertreter mehr am Verhandlungstisch und es können keine Verordnungen blockiert werden. Es ist doch niemand so naiv und glaubt, die EU ohne London würde bei jeder neuen Regelung darauf schauen, dass London möglichst profitiert. Das wird einfach ignoriert. Fatal wären auch Trotzreaktionen.

France’s plan for a bloody Brexit
Paris wants to cut cord quickly if Britain votes to leave the EU.

http://www.politico.eu/article/france-p ... d-cameron/
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von John Galt »

Man wird schon eine Lösung finden.

Ansonsten bietet man seine Finanzdienstleistungen eben illegal an. Wen juckt es? Die EU wird so schnell nachgeben, so schnell kann man gar nicht schauen.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

John Galt hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:28)

Man wird schon eine Lösung finden.

Ansonsten bietet man seine Finanzdienstleistungen eben illegal an. Wen juckt es? Die EU wird so schnell nachgeben, so schnell kann man gar nicht schauen.
Ist extrem unwahrscheinlich. Wenn die Briten austreten und dann teure Geschenke kriegen ohne Gegenleistung, werden noch mehr Länder austreten und Vorteile auf Kosten anderer genießen wollen. Das werden Paris und Berlin nicht zulassen.

Das wahrscheinlichste Szenario ist jenes, wo die ca. zweijährigen Austrittsverhandlungen so abschließen, dass Großbritanniens EU-Mitgliedschaft um 23 Uhr 59 endet und sie ab Mitternacht Mitglied des EWR oder zumindest EFTA sein werden. Alles andere wäre ökonomischer Selbstmord. Dass sie aber besser gestellt sind als andere Drittstaaten, ist unwahrscheinlich. Manch Europapolitiker war recht froh darüber, als die Schweizer ankündigten, die Bilateralen aufzukündigen, da man dem Land sehr viele Zugeständnisse damals gemacht hat, die man heute niemandem mehr machen würde. Nun beißen sich die Schweizer seit einer Weile die Zähne aus.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von Adlerauge »

https://de.wikipedia.org/wiki/Britenrabatt

Ich denke, dass die Briten seinerzeit bei ihrem Beitritt zur EU die besten Bedingungen ausgehandelt haben.
Darum dürfte ein Austritt aus der EU den anderen nicht sonderlich weh tun.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

Adlerauge hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:40)

https://de.wikipedia.org/wiki/Britenrabatt

Ich denke, dass die Briten seinerzeit bei ihrem Beitritt zur EU die besten Bedingungen ausgehandelt haben.
Darum dürfte ein Austritt aus der EU den anderen nicht sonderlich weh tun.
Wird's ja auch nicht. Für die Briten ist es dann natürlich doof, dass der Britenrabatt ebenfalls wegfällt. Wenn sie wie die Schweizer und Norweger im Binnenmarkt bleiben wollen, müssen sie den normalen Beitrag ohne Rabatt zahlen. Das werden ein paar Milliarden extra im Jahr, aber immerhin ist dann niemand mehr bevorzugt, sondern alle gleichgestellt (je nach wirtschaftlicher Stärke).

Die Briten haben zudem eine miserable Verhandlungsposition, da sie unter Zeitdruck stehen. Da können alle anderen, ob nun Brüssel, Washington, Peking, Neu-Delhi, Brasilia, Moskau, Kairo etc. relativ entspannt die Beine hochlegen, da ein (aus Sicht der Briten) schlechtes neues Abkommen besser ist als gar keins.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:16)

Primär wollte Cameron doch über diesen Hebel (Sozialleistungen) die Zuwanderung eindämmen, aber er kann keinem Europäer verbieten, sich in Großbritannien niederzulassen. Und die Zahlen zeigten auch, dass Britannien für "Sozialtourismus" unattraktiv ist, da es Einschränkungen schon heute gibt und weil die Arbeitslosenquote von Europäern extrem niedrig ist. Da sind UKIP und co. radikaler, da sie feste Kontingente und Kriterien wollen -- was sie aber nicht kriegen werden.

Das mit dem Kindergeld find ich aber auch vernünftig. Wenn jemand von Bulgarien nach Luxemburg zieht und dort arbeitet, dann wäre es doch komisch, wenn die in Bulgarien gebliebenen Kinder ein Kindergeld eines luxemburgischen Kindes bekommen, obwohl die Lebenskosten (und um diese Aufwände geht's ja bei der Höhe des Kindergeldes) dort so viel niedriger sind. Wären die Kinder dann in Luxemburg wohnhaft, würden sie natürlich den Standardsatz kriegen wie alle Luxemburger auch. Aber auch da gibt's beim Deal Einschränkungen, da diese EU-weite Regelung erst 2020 kommen soll und nur jene Arbeiter betrifft, die nach diesem Datum in ein anderes Land ziehen. Wer folglich jetzt in Großbritannien lebt und arbeitet, ist davon nicht betroffen und wird es auch nach 2020 nicht, falls die Briten in der EU bleiben.
Eigentlich wollte ich das Thema vermeiden; aber nun geht es nicht anders. Die Kanzlerin hatte das Thema "Kindergeld für EU-Wanderarbeiter" aufgegriffen und als überlegenswert bezeichnet. Daraufhin kam im Deutschlandfunk vor einigen Monaten eine rumänische Familie mit 3 Kindern zu Wort. Der Familienvater arbeitet in Deutschland auf dem Bau als Bauhandwerker. Das Kindergeld bedeutet für die Familie in Rumänien, daß sie fast einen vollen rumänischen Monatslohn als Kindergeld erhält. Die Töchter der Familie können so weiterführende Schulen besuchen, die älteste Tochter studiert in Bukarest. Das würde entfallen, wenn man das Kindergeld auf das rumänische Kindergeld zurück schnitte.

Für mich ist dieser Geldstrom aus Deutschland endlich einmal etwas, von dem wir als Europäer alle etwas haben: Wir beschäftigen einen Menschen, der hier Werte schafft, der seiner Familie ein besseres Leben ermöglicht, und wir bekommen die gebildeten Menschen in Europa, die wir so bitter benötigen. Das ganze dann auch noch ohne Korruption und Unterschleif, gleich in den Händen von Menschen, denen damit geholfen wird.

Besser wäre es doch, auf Staatsebene die Gelder zurück zu schneiden und dafür von Mensch zu Mensch Europa zu entwickeln; so kommt unsereiner auf seine alten Tage doch noch ins Grübeln!
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(11 Jun 2016, 19:59)

Eigentlich wollte ich das Thema vermeiden; aber nun geht es nicht anders. Die Kanzlerin hatte das Thema "Kindergeld für EU-Wanderarbeiter" aufgegriffen und als überlegenswert bezeichnet. Daraufhin kam im Deutschlandfunk vor einigen Monaten eine rumänische Familie mit 3 Kindern zu Wort. Der Familienvater arbeitet in Deutschland auf dem Bau als Bauhandwerker. Das Kindergeld bedeutet für die Familie in Rumänien, daß sie fast einen vollen rumänischen Monatslohn als Kindergeld erhält. Die Töchter der Familie können so weiterführende Schulen besuchen, die älteste Tochter studiert in Bukarest. Das würde entfallen, wenn man das Kindergeld auf das rumänische Kindergeld zurück schnitte.

Für mich ist dieser Geldstrom aus Deutschland endlich einmal etwas, von dem wir als Europäer alle etwas haben: Wir beschäftigen einen Menschen, der hier Werte schafft, der seiner Familie ein besseres Leben ermöglicht, und wir bekommen die gebildeten Menschen in Europa, die wir so bitter benötigen. Das ganze dann auch noch ohne Korruption und Unterschleif, gleich in den Händen von Menschen, denen damit geholfen wird.

Besser wäre es doch, auf Staatsebene die Gelder zurück zu schneiden und dafür von Mensch zu Mensch Europa zu entwickeln; so kommt unsereiner auf seine alten Tage doch noch ins Grübeln!
Für die rumänische Familie wäre die Regelung ja gar nicht effektiv, sondern für jene, die nach 2020 migrieren. Und sicherlich wäre es dann ärgerlich für die Einzelpersonen. Aber schauen wir uns doch an, wofür das Kindergeld da ist: um junge Familien bei ihren kinderbedingten Mehrausgaben zu unterstützen, also Lebensmittel, Kleidung, Ausflüge, Schulbücher etc., aber nicht, um ein zusätzliches Monatseinkommen zu kriegen, für das andere Staaten zahlen. Für die Bildung ist eben der rumänische Staat zuständig. Wenn der Vater in Rumänien nicht genug Geld verdient, um diese Privilegien zu finanzieren, dann geht er halt (wie jetzt) ins Ausland und überweist der Familie einen Teil seines Einkommens. Oder er holt die Kinder halt zu sich auf die Insel. Für Schulen muss man da nichts zahlen (außer halt Privatschulen, aber auf deren Besuch gibt es ja nirgends ein Recht). Davon abgesehen kriegen die ärmeren Staaten doch Mittel aus den EU-Töpfen, um bessere Lebensbedingungen zu gewährleisten. Mittlerweile fließt da auch wieder mehr in Regionalentwicklung, wozu neben technischen auch soziale Infrastrukturen gefördert werden, wie eben Schulen und Hochschulen. Da klebt gefühlt an jedem Bauschild der Hinweis, dass mit EFRE-Mittel eine Förderung stattfindet.

Mit einem europäischen Kindergeld könnte ich mich auch anfreunden; mal unabhängig von der Höhe. Eine "Sozialunion" ist noch in weiter Ferne. Hab letztens erst von der Schwester eines Arbeitskollegen gehört. Sie ist in Österreich geboren mit einem griechischen Pass, lebt aber in Baden-Württemberg und arbeitet für eine Schweizer Firma in Frankreich. Alles nur wenige Kilometer, aber wie das mit Sozialversicherungen, Steuern etc. aussieht, ob ein Umzug finanziell sinnvoll ist (oder ein Zweitwohnsitz) und an wen sie sich später bei der Rente wendet, ob sie sich ggf. einen Teil auszahlen lässt usw., alles ziemlich intransparent (im Vergleich zu einer Migration innerhalb eines Nationalstaats, in dem man auch für eine einheimische Firma arbeitet). Wie das mit dem Kindergeld aussieht, hatte ich aber nicht gefragt, da ich nicht weiß, ob da Kinder vorhanden sind und wo die leben. :?
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

Mir ging es darum, daß die deutsche Kanzlerin diesen Gedanken "Kindergeld zurückstutzen auf Herkunftsland" aufgegriffen hatte. Mich läßt seitdem der Gedanke nicht los, daß wir Europa auf dieser menschlichen Seite ohne Not beschädigen, obwohl in diesem Falle Deutschland einen Dienst erhält und bezahlt (hoffentlich angemessen!) und in Rumänien den Kindern dieser Familie eine gute Bildung vermittelt wird... völlig ohne Bürokratie.

Mir kommt der Verweis auf die staatliche Verantwortung Rumäniens für Bildung und Ausbildung sehr kalt vor. Unser Land gibt da keine Almosen, sondern gerechten Lohn für gute Arbeit, mit dem etwas Gutes geschieht. Solche Nebenwirkungen sollte man schon stets im Auge behalten.

Den Gedanken an eine europäische Sozialunion können wir wohl für die nächsten 100 Jahre auf den Stapel für Unerledigtes legen. Die EU treibt gerade krachend auf die Klippen. Der BREXIT ist nur eine Erscheinungsform dieses Scheiterns.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(11 Jun 2016, 20:26)

Mir ging es darum, daß die deutsche Kanzlerin diesen Gedanken "Kindergeld zurückstutzen auf Herkunftsland" aufgegriffen hatte. Mich läßt seitdem der Gedanke nicht los, daß wir Europa auf dieser menschlichen Seite ohne Not beschädigen, obwohl in diesem Falle Deutschland einen Dienst erhält und bezahlt (hoffentlich angemessen!) und in Rumänien den Kindern dieser Familie eine gute Bildung vermittelt wird... völlig ohne Bürokratie.

Mir kommt der Verweis auf die staatliche Verantwortung Rumäniens für Bildung und Ausbildung sehr kalt vor. Unser Land gibt da keine Almosen, sondern gerechten Lohn für gute Arbeit, mit dem etwas Gutes geschieht. Solche Nebenwirkungen sollte man schon stets im Auge behalten.

Den Gedanken an eine europäische Sozialunion können wir wohl für die nächsten 100 Jahre auf den Stapel für Unerledigtes legen. Die EU treibt gerade krachend auf die Klippen. Der BREXIT ist nur eine Erscheinungsform dieses Scheiterns.
Meine Meinung über Merkel ist auch ziemlich schlecht. Sie inszeniert sich gerne als die große Europäerin, die als einzige wirklich handeln kann und will, dabei hat sie viel Vertrauen aus populistischen Gründen zerschlagen, was ihre Vorgänger niemals getan hätten. Da ist eine ziemlich lange Liste.

Und der Verweis mag kalt sein, aber ich finde ihn gerecht. In Großbritannien ist ein Studium mittlerweile ziemlich teuer und nicht alle Schulabgänger wollen sich verschulden; noch können alle Eltern die Gebühren einfach stemmen. Wenn diese Eltern aber über ihre Steuern rumänischen Kindern einen Standard finanzieren, den sie ihren eigenen Kindern nicht anbieten können, dann läuft da doch etwas verkehrt. Natürlich kann man den britischen Kindern dann sagen: lernt Rumänisch! Geht in Rumänien studieren! Da habt Ihr mehr vom Kindergeld! Aber dann kann man den rumänischen Kindern bei Volljährigkeit auch sagen, dass sie doch nach Britannien ziehen können und dort die normale Kindergeldhöhe bekommen. Ein rumänisches Kind ist doch weniger, noch mehr "wert" als ein britisches. Die Zeiten haben wir doch zum Glück lange zurückgelassen.

Ob das mit der Sozialunion so lange dauern wird, weiß ich nicht. Wir waren da schon mal ziemlich dicht dran, aber u.a. Deutschland blockierte. Vor zwei Jahren hat der ungarische EU-Kommissar Laszlo Andor auch wieder das Thema auf die Tagesliste gesetzt. Blöderweise ging kurz danach der Ukraine-Krieg los und man hatte andere dominierende Themen, was dann aber auch dazu führte, dass man bei der Energie-Union mit einem bisher unbekannten Tempo vorkam bzw. -kommt. Und als dann 2015 die Chose mit den Flüchtlingen losging, konnte man es gleich in die Ablage stecken. Aber aus der Welt ist es nicht. Letztendlich erwartet man da auch keine Revolution, sondern einfach nur Vereinfachungen, die es teilweise schon gibt, z.B. dass Deutschland mit Frankreich ein Rentenabkommen hat. Wenn ein Deutscher dann dort einige Jahre arbeitet und Rentenansprüche erwirbt, aber den Rest seines Lebens wieder in Deutschland arbeitet, dann werden seine französischen Ansprüche automatisch über die deutsche RV eingezogen und zusammen mit den deutschen Beiträgen an ihn überwiesen. Das gibt vielen Arbeitern schon mal eine gute Sicherheit, um auch in anderen Ländern nach Jobs Ausschau zu halten und mit ihrer Anwesenheit den Kontinent ein klein wenig mehr zusammenwachsen zu lassen.
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Re: EU-Mitgliedsschaft Großbritanniens

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(11 Jun 2016, 20:40)

Meine Meinung über Merkel ist auch ziemlich schlecht. Sie inszeniert sich gerne als die große Europäerin, die als einzige wirklich handeln kann und will, dabei hat sie viel Vertrauen aus populistischen Gründen zerschlagen, was ihre Vorgänger niemals getan hätten. Da ist eine ziemlich lange Liste.

Und der Verweis mag kalt sein, aber ich finde ihn gerecht. In Großbritannien ist ein Studium mittlerweile ziemlich teuer und nicht alle Schulabgänger wollen sich verschulden; noch können alle Eltern die Gebühren einfach stemmen. Wenn diese Eltern aber über ihre Steuern rumänischen Kindern einen Standard finanzieren, den sie ihren eigenen Kindern nicht anbieten können, dann läuft da doch etwas verkehrt. Natürlich kann man den britischen Kindern dann sagen: lernt Rumänisch! Geht in Rumänien studieren! Da habt Ihr mehr vom Kindergeld! Aber dann kann man den rumänischen Kindern bei Volljährigkeit auch sagen, dass sie doch nach Britannien ziehen können und dort die normale Kindergeldhöhe bekommen. Ein rumänisches Kind ist doch weniger, noch mehr "wert" als ein britisches. Die Zeiten haben wir doch zum Glück lange zurückgelassen.

Ob das mit der Sozialunion so lange dauern wird, weiß ich nicht. Wir waren da schon mal ziemlich dicht dran, aber u.a. Deutschland blockierte. Vor zwei Jahren hat der ungarische EU-Kommissar Laszlo Andor auch wieder das Thema auf die Tagesliste gesetzt. Blöderweise ging kurz danach der Ukraine-Krieg los und man hatte andere dominierende Themen, was dann aber auch dazu führte, dass man bei der Energie-Union mit einem bisher unbekannten Tempo vorkam bzw. -kommt. Und als dann 2015 die Chose mit den Flüchtlingen losging, konnte man es gleich in die Ablage stecken. Aber aus der Welt ist es nicht. Letztendlich erwartet man da auch keine Revolution, sondern einfach nur Vereinfachungen, die es teilweise schon gibt, z.B. dass Deutschland mit Frankreich ein Rentenabkommen hat. Wenn ein Deutscher dann dort einige Jahre arbeitet und Rentenansprüche erwirbt, aber den Rest seines Lebens wieder in Deutschland arbeitet, dann werden seine französischen Ansprüche automatisch über die deutsche RV eingezogen und zusammen mit den deutschen Beiträgen an ihn überwiesen. Das gibt vielen Arbeitern schon mal eine gute Sicherheit, um auch in anderen Ländern nach Jobs Ausschau zu halten und mit ihrer Anwesenheit den Kontinent ein klein wenig mehr zusammenwachsen zu lassen.
Ja, das wäre einmal eine Maßnahme: Briten dazu bringen, Rumänisch zu erlernen, um dort ein Studium durch zu ziehen. Dabei dann aber auch nach rumänischen Standards zu wohnen und zu leben.

Was Sie zur Sozialunion erklären, das sind aber Verträge zwischen zwei Staaten. Die gibt es weltweit, nicht nur in der EU, etwa auch mit den USA und anderen Ländern. Dort erworbene Rentenansprüche gelten fort, auch wenn der Anspruchsberechtigte seit Jahrzehnten nicht mehr dort lebt. Ich meine, daß türkische Rentenansprüche gemindert werden, wenn der Empfänger längere Zeit seinen ersten Wohnsitz nicht mehr in Deutschland hatte. Ob das nun innerhalb der EU anders ist, etwa wenn ein Rentner ganzjährig in Spanien lebt, das kann ich nicht sagen.

Auch solche großzügigere Regelungen wären ein Stück mehr Europa, wohl wahr. Aber unter Sozialunion verstand ich schon einheitliche Bestimmungen über Rentenleistungen, Krankenversicherungen, Pflegeversicherungen... usw. Ohne Wirtschafts- und Währungsunion und Finanzunion als politischem Überbau ist so etwas kaum vorstellbar.
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